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INSUMED: Kommentierte Fachartikel von J. Reichhardt

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<strong>INSUMED</strong><br />

Ernährungskonzepte<br />

Ernährung im Alter<br />

Mit den Jahren steigt der Proteinbedarf.<br />

Was Experten empfehlen<br />

Muskel-Fitness bei Senioren<br />

Mit BCAA und körperlichem Training gegen den<br />

Schwund funktioneller Fähigkeiten<br />

Sarkopenie-Risiko erkennen<br />

Die BIA gilt als beste Methode zur Messung<br />

körperlicher Leistungsfähigkeit<br />

Zusammengefasst und kommentiert <strong>von</strong> Johann <strong>Reichhardt</strong><br />

Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie<br />

<strong>Kommentierte</strong> <strong>Fachartikel</strong>


Willkommen bei der <strong>INSUMED</strong>


In einer alternden Gesellschaft wird die Frage, wie wir Senioren möglichst langfristig<br />

mobil und geistig rege halten, immer drängender. Zahlreiche Veröffentlichungen beschäftigen<br />

sich inzwischen mit der Frage, welche Bedeutung der Gabe <strong>von</strong> Protein bei<br />

Prophylaxe und Behandlung altersbedingter Sarkopenie zukommt. Zu Recht: Die teils<br />

schwerwiegenden medizinischen Folgen des Verlusts <strong>von</strong> Muskelmasse, wie Gebrechlichkeit,<br />

Sturzgefahr, verzögerte Rekonvaleszenz, Infektionsgefahr – um nur einige zu<br />

nennen – gehen mit exzessiven Folgekosten fürs Gesundheitssystem einher.<br />

Dabei steht uns mit der medizinischen Ernährungsberatung und begleitender Bioelektrischer<br />

Impedanzanalyse (BIA) heute eine der effektivsten und dabei kostengünstigsten<br />

ärztlichen Maßnahmen zur Prävention <strong>von</strong> Morbidität und Mortalität zur Verfügung.<br />

Internist und Pneumologe Johann <strong>Reichhardt</strong>, Langen (Hessen), hat wissenschaftliche<br />

Übersichtsartikel und aktuelle Empfehlungen zum Thema gesichtet, die relevanten Inhalte<br />

exzerpiert und deren Bedeutung für Ihre medizinische Praxis hervorgehoben. In dieser<br />

Broschüre finden Sie seine kommentierten Zusammenfassungen folgender Beiträge:<br />

Evidence-based recommendations for optimal dietary protein intake in older people.<br />

A Position Paper From the PROT-AGE Study Group<br />

Protein intake and exercise for optimal muscle function with aging.<br />

Recommendations from the ESPEN Expert Group<br />

Validity and Reliability of Tools to Measure Muscle Mass, Strength, and Physical Performance<br />

in Community-Dwelling Older People<br />

A Systematic Review<br />

und<br />

Sarcopenia With Limited Mobility<br />

An International Consensus<br />

Unser herzlicher Dank geht an Johann <strong>Reichhardt</strong>, der die zugrunde liegenden<br />

Veröffentlichungen kurz und klug komprimiert hat.


Ernährung im Alter<br />

Mit den Jahren steigt der Proteinbedarf. Experten empfehlen<br />

bis zu 1,5 Gramm pro Kilo Körpergewicht und Tag<br />

Neuere Daten belegen: Ältere Menschen brauchen mehr Protein als bislang<br />

bekannt, um guter Gesundheit zu sein. Eine multinationale Expertengruppe<br />

hat dementsprechend neue Ernährungsempfehlungen fürs Alter aufgestellt.<br />

Eine kommentierte Zusammenfassung.<br />

Situation<br />

In der Frage, wie viel Nahrungsprotein Menschen<br />

brauchen, hieß die generelle Empfehlung bisher für<br />

alle Erwachsenen: 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm<br />

Körpergewicht und Tag. Neuere Daten zeigen jedoch,<br />

dass ältere Menschen (> 65 Jahre) im Vergleich<br />

zu jüngeren mehr Nahrungsprotein brauchen, um<br />

einen guten Gesundheitszustand zu halten bzw. zu<br />

erreichen, sowie um sich schneller <strong>von</strong> Krankheiten zu<br />

erholen und ihre funktionellen Fähigkeiten zu erhalten.<br />

Das hängt mit mehreren Faktoren zusammen. Zum einen<br />

ist das eine altersabhängig veränderte intestinale<br />

Funktion, zum anderen ein vermehrter Bedarf an Proteinen,<br />

etwa bei chronisch entzündlichen Erkrankungen.<br />

Vor allem steigt der Eiweißbedarf aber aufgrund des<br />

verminderten anabolischen Stimulationseffekts auf<br />

normale Mengen an Nahrungsproteinen (anabolische<br />

Resistenz). Alters- oder krankheitsbedingte katabole<br />

Zustände können dann nicht mehr ausgeglichen<br />

werden. Die Folgen: Sarkopenie, Osteoporose, Sturzgefährdung,<br />

Infektionen, auch Todesgefahr.<br />

Epidemiologische Studien haben auf der Basis <strong>von</strong><br />

Messungen der Knochendichte (DEXA) eindeutig<br />

einen positiven Zusammenhang zwischen höherer<br />

Aufnahme <strong>von</strong> Nahrungsprotein und höherer Knochendichte<br />

sowie auch höherer Muskelmasse und<br />

Muskelkraft belegt.<br />

Auf dieser Basis hat die multinationale Expertengruppe<br />

PROT-AGE Study Group im Auftrag internationaler<br />

Fachgesellschaften neue, evidenzbasierte Empfehlungen<br />

entwickelt.<br />

Empfehlungen<br />

Die PROT-AGE Study Group empfiehlt jetzt für gesunde<br />

ältere Erwachsene zur Erhaltung der Muskulatur<br />

eine Tages-Proteinmenge <strong>von</strong> 1,0 bis 1,2 g/kg Körpergewicht.<br />

Die anabolische Schwellenmenge <strong>von</strong><br />

Nahrungsprotein bzw. Aminosäuren sollte pro Mahlzeit<br />

25-30 g Protein betragen, wobei diese 2,5 bis<br />

2,8 g Leucin enthalten sollte. Fehlt es an natürlichen<br />

Proteinquellen sollte durch mit Leucin angereicherte<br />

Aminosäuremischungen substituiert werden.


Die Aufnahme <strong>von</strong> Proteinen/Aminosäuren sollte<br />

immer gleichzeitig mit einer normalen Mahlzeit erfolgen.<br />

Am effektivsten ist die gleichmäßige Verteilung<br />

der Protein-/Aminosäuremenge auf Frühstück,<br />

Mittagessen und Abendessen.<br />

Spezielle Empfehlungen für Proteinmengen werden<br />

darüber hinaus für akute und chronische Krankheitszustände<br />

gegeben, wobei diese natürlich zusätzlich<br />

<strong>von</strong> der Schwere der Krankheit selbst und dem aktuellen<br />

Ernährungszustand des Kranken abhängig<br />

sind. Konkret raten die Experten der PROT-AGE Study<br />

Group zu 1,2 bis 1,5 Gramm<br />

pro Kilogramm Körpergewicht<br />

und Tag. Sie weisen exemplarisch<br />

auf die Chronisch Obstruktive<br />

Lungenkrankheit (COPD)<br />

als Prototyp einer chronisch entzündlichen<br />

Erkrankung mit konsekutivem<br />

Proteinkatabolismus,<br />

Untergewicht und Verminderung<br />

der Fettfreien Masse hin. Hier<br />

wird eine Hoch-Protein-Substitution<br />

empfohlen, wobei 20 Prozent<br />

der Kalorien über die Proteinaufnahme<br />

gedeckt werden sollten.<br />

Bei Diabetes mellitus ohne Nephropathie<br />

wird keine Einschränkung<br />

für eine Hoch-Protein-Substitution<br />

angegeben. In diesem Fall<br />

sollten 30 Prozent des Kalorienbedarfs aus Proteinen<br />

stammen. Bei Diabetes mellitus mit Nephropathie<br />

sind die Empfehlungen bezüglich einer Hoch-<br />

Protein-Substitution noch nicht einheitlich. Beim<br />

Diabetes mellitus wird besonders die Problematik<br />

der Sarkopenischen Obesitas erwähnt.<br />

Effekt<br />

Der anabole Effekt wird über eine Kombination aus<br />

Protein-/Aminosäuren-Aufnahme und körperlicher Aktivität<br />

eindeutig und zusätzlich verbessert. Dabei sind<br />

schon 10 bis 15 Minuten Aktivität zwei- bis dreimal<br />

pro Woche wirksam.<br />

Die Proteinzufuhr sollte wegen der optimalen anabolischen<br />

Stimulation unmittelbar nach dem Training erfolgen.<br />

Die Anreicherung der Nahrung mit Leucin oder<br />

einer Mischung aus BCAA kann zur Vergrößerung der<br />

Muskelmasse und der Muskelfunktion beitragen.<br />

Kommentar<br />

Die Empfehlungen haben eine hohe Bedeutung insbesondere<br />

für die ambulante Praxis, denn sie geben<br />

erstmalig konkrete Handlungsempfehlungen. Die<br />

ESPEN und ASPEN-Guidelines sind schon lange<br />

nicht mehr aktuell und basierten auf unzulänglichen<br />

Studien.<br />

Auffällig ist jetzt die besondere Betonung der Wichtigkeit<br />

<strong>von</strong> essentiellen Aminosäuren (EAA = Essential<br />

Amino Acids) in der Substitution und in der Therapie.<br />

Somit bewegt sich die Ernährungsberatung<br />

weg <strong>von</strong> der einfachen Substitutionsberatung hin<br />

zur differenzierten ärztlichen Substitutionstherapie.<br />

Diese lässt sich gerade im Hinblick auf die individuell<br />

erforderlichen Mengen an Proteinen-/EAA-<br />

Mischungen hervorragend mit der Bioelektrischen<br />

Impedanz-Messung (BIA) kontrollieren, steuern und<br />

im Erfolg objektiv belegen.<br />

Quelle<br />

Journal of the American Medical<br />

Directors Association.<br />

Originalartikel: http://dx.doi.org/10.1016/<br />

j.jamda.2013.05.021<br />

Grafiken: ebenda


Muskel-Fitness im Alter<br />

Mit BCAA und körperlichem Training gegen den Schwund funktioneller Fähigkeiten<br />

Nachdem die Forschergruppe PROT-AGE Study Group 2013 ihre Empfehlungen zur<br />

Proteinaufnahme im Alter revidiert hat, zieht jetzt auch die Expertengruppe der ESPEN<br />

(European Society for Parenteral and Enteral Nutrition) nach. Ergänzend formuliert sie<br />

Empfehlungen zur Bedeutung der Substitution mit Leucin-angereicherten BCAA und<br />

des anabolen (additiven) Effekts <strong>von</strong> regelmäßiger körperlicher Aktivität. Eine kommentierte<br />

Zusammenfassung.<br />

Situation<br />

Der natürliche Alterungsprozess des Menschen<br />

ist verbunden mit einem unterschiedlich ausgeprägten,<br />

aber kontinuierlichen Verlust an Muskelmasse,<br />

Muskelkraft und Ausdauer. Zusätzlich<br />

zum Alterungsprozess können folgende Faktoren<br />

Ursache für die Verschlechterung sein: mitochondriale<br />

Dysfunktion, verminderte Insulinsensitivität<br />

und verminderte Leistungsfähigkeit durch fehlende<br />

physische Aktivität und durch die Zunahme <strong>von</strong><br />

Aminosäuren, verminderte Perfusion der Muskulatur,<br />

Sarkopenie durch Alter und durch krankheitsbezogenen<br />

Proteinkatabolismus mit krankheitsassoziierter<br />

Sarkopenie.<br />

Inaktivität oder Bettlägerigkeit <strong>von</strong> mehr als zehn<br />

Tagen führt zu einer signifikanten anabolischen<br />

Resistenz der Muskelprotein-Synthese. Diese ist<br />

die Hauptursache für die Entwicklung <strong>von</strong> Sarkopenie.<br />

Auch schon eine verminderte Schrittzahl<br />

über wenige Wochen verursacht bei Älteren anabolische<br />

Resistenz mit Abnahme der Muskelmasse<br />

und damit einhergehend eine Verminderung<br />

der Insulinsensitivität.<br />

Eine adäquate Proteinaufnahme kann helfen,<br />

den altersbezogenen Abfall der Muskelmasse,<br />

der Muskelkraft und der funktionellen Fähigkeiten<br />

zu begrenzen.<br />

Empfehlungen<br />

Adipositas. Gute Ernährung in Kombination mit<br />

körperlichem Training wird als optimal für den Erhalt<br />

der Muskelfunktion angesehen.<br />

Ursache der veränderten Proteinaufnahme im<br />

Alter ist teilweise die geringe Gesamt-Nahrungsaufnahme<br />

älterer Menschen. Bei einer täglichen<br />

Proteinmenge <strong>von</strong> unter 0,7 g/kg Körpergewicht<br />

pro Tag ist eine ausgeglichene Proteinbalance<br />

nicht mehr gesichert. Diese minimale Proteinmenge<br />

ist für eine ungestörte Muskelfunktion <strong>von</strong> Erwachsenen<br />

jedes Alters erforderlich. Der Bedarf<br />

älterer Menschen liegt deutlich darüber.<br />

Die praktischen Handlungsempfehlungen der<br />

PROT-AGE Gruppe zum Proteinbedarf bei Älteren<br />

werden <strong>von</strong> ESPEN übernommen. Für gesunde<br />

ältere Menschen sollte die Tagesproteinmenge<br />

bei 1,0 bis 1,2 Gramm pro Kilogramm<br />

Körpergewicht liegen. Für ältere Personen mit<br />

Faktoren für einen höheren Proteinbedarf im Alter<br />

sind: Verminderte anabolische Stimulationsfähigkeit,<br />

niedrige postbrandiale Verfügbarkeit <strong>von</strong>


Mangelernährung oder einem Risiko für Mangelernährung<br />

sollte die Protein-Tagesmenge bei<br />

1,2 bis 1,5 g / kg Körpergewicht liegen; und<br />

noch höher bei schweren chronischen Erkrankungen<br />

wie COPD, Folgen eines Tumorleidens<br />

oder kardialen Erkrankungen.<br />

Die ESPEN-Gruppe empfiehlt darüber hinaus<br />

tägliche physische Aktivität oder ein Training<br />

für alle Altersgruppen, was möglichst lebenslang<br />

erfolgen sollte. Weil der alternde Muskel<br />

jedoch nur noch in begrenztem Maße auf<br />

Training reagiert, wird besonders ein resistives<br />

Training empfohlen, das mit Zunahme der Muskelmasse<br />

und Muskelkraft verbunden ist und<br />

konsekutiv mit einer verbesserten Insulinsensitivität<br />

und Glukose-Utilisation einhergeht.<br />

Bezüglich des zunehmend häufigen Phänomens<br />

der Sarkopenischen Adipositas bei Älteren<br />

(niedrige Muskelmasse, hohe Fettinfiltration<br />

der Muskulatur, Adipositas) wird ebenfalls eine<br />

Behandlungsstrategie empfohlen, bestehend<br />

aus moderater Kalorienreduktion, erhöhter Proteinaufnahme<br />

oder Substitution mit BCAA und<br />

körperlichem Ausdauer- und resistivem Training.<br />

Proteinquellen und Wirkung<br />

Molkeprotein gilt als schnell resorbierbares Protein<br />

wegen seiner schnellen Freisetzung <strong>von</strong><br />

Aminosäuren, Casein ist ein langsames Protein.<br />

In der Gesamt-Proteinsynthese unterscheiden<br />

sie sich aber nicht, sofern die Proteinaufnahme<br />

unmittelbar nach einer körperlichen Aktivität erfolgt.<br />

Verzweigtkettige Aminosäuren („Branched<br />

Chain Amino Acids“, BCAA) und da<strong>von</strong> speziell<br />

Leucin regulieren positiv die Signalwege der<br />

Muskelprotein-Synthese. Bei älteren Menschen<br />

benötigt man eine deutlich höhere Leucin-Menge<br />

für eine optimale Stimulation der Proteinsynthese<br />

als bei jüngeren.<br />

Effekt<br />

Die Substitution <strong>von</strong> mit Leucin angereicherten<br />

BCAA in Kombination mit körperlichem Training<br />

führte in Studien zu einer signifikanten Zunahme<br />

<strong>von</strong> Muskelmasse und Muskelkraft. Durch<br />

Training wird die myofibrilläre Proteinsynthese<br />

stimuliert.<br />

Aber auch die alleinige Substitution durch mit<br />

Leucin angereichten BCAA führte zu einer signifikanten<br />

Zunahme <strong>von</strong> Muskelmasse und Muskelkraft,<br />

wie verschiedene aktuelle randomisierte<br />

Studien belegen.<br />

Kommentar<br />

Die Empfehlungen der PROT-AGE Group werden<br />

<strong>von</strong> ESPEN übernommen und ergänzt. Erstmalig<br />

liegen damit jetzt auch offizielle Empfehlungen<br />

der Europäischen Ernährungsgesellschaft<br />

vor. Sie haben nicht nur unmittelbare Bedeutung<br />

für die Ernährungsberatung, Ernährungsprävention<br />

und Ernährungsintervention, sondern lassen<br />

sich auch einfach anwenden.<br />

Außerdem unterstützen die Empfehlungen die<br />

Richtigkeit und den Wert des <strong>INSUMED</strong> Konzepts.<br />

Dieses ist dadurch noch einmal durch<br />

klinisch-wissenschaftliche Evidenz bestätigt.<br />

Quelle<br />

Clinical Nutrition Journal<br />

Originalartikel: http://dx.doi.org/<br />

10.1016/j.clnu.2014.04.007<br />

Grafiken: ebenda


Sarkopenie-Risiko erkennen<br />

Die BIA gilt als beste Methode zur Messung körperlicher Leistungsfähigkeit<br />

In einer Analyse aus 62 validen Veröffentlichungen beurteilten Experten die Validität<br />

und Reliabilität* <strong>von</strong> Methoden zur Messung <strong>von</strong> Muskelmasse, Muskelkraft und körperlicher<br />

Leistungsfähigkeit bei älteren Menschen. Die Bioimpedanzanalyse erwies sich<br />

wegen ihrer hohen Praktikabilität und Zuverlässigkeit im Vergleich zu teuren und nur<br />

stationär anzuwendenden Methoden als gleichwertig in der frühzeitigen Diagnose eines<br />

Sarkopenie-Risikos. Eine kommentierte Zusammenfassung.<br />

Situation<br />

Im Hinblick auf die Definition einer Sarkopenie<br />

reicht die alleinige Messung der Muskelmasse als<br />

Kriterium nicht aus, weshalb im Jahr 2009 zwei<br />

Konsensus-Definitionen auch die Muskelkraft und<br />

die körperliche Leistungsfähigkeit einbezogen.<br />

2011 nahm eine weitere Expertengruppe zusätzlich<br />

die Mobilität als Maß der körperlichen Leistung<br />

in die Definition der Sarkopenie auf.<br />

Daraus ist zu verstehen, dass in Abhängigkeit <strong>von</strong><br />

der Definition der Sarkopenie die Prävalenz beispielsweise<br />

bei über 60-Jährigen zwischen drei<br />

Prozent und 52 Prozent angegeben wird.<br />

Es bedarf also einer validen Messmethode zur<br />

objektiven Definition einer Sarkopenie, aber auch<br />

zur frühzeitigen Diagnose bei Risikopersonen wegen<br />

der damit verbundenen hohen klinischen Relevanz.<br />

Bei der Auswahl und Anwendung einer Methode<br />

zur Analyse der Body Composition und zur Diagnose<br />

einer Sarkopenie ist eine der zentralen Fragen,<br />

ob die Methode für diese<br />

Fragestellung tauglich und zuverlässig<br />

ist. Sie sollte einfach<br />

anzuwenden und leicht verfügbar<br />

sein.<br />

Dieses Fragenkomplexes nahm sich eine europäische<br />

Expertengruppe an. Sie erstellte ein systematisches<br />

Literatur-Review bis Anfang 2012 mit<br />

dem Ziel, die Instrumente für die Messung <strong>von</strong><br />

Muskelmasse, Muskelkraft und körperlicher Leistungsfähigkeit<br />

zu bewerten und zu vergleichen.<br />

Vorgehen<br />

Aus medizinischen Datenbanken wurden insgesamt<br />

993 Arbeiten, in denen verschiedene<br />

Methoden zur Anwendung kamen, strengen<br />

wissenschaftlichen Kriterien unterzogen und<br />

unabhängig <strong>von</strong> drei Gutachtern beurteilt. Am<br />

Ende konnten nur 62 Veröffentlichungen in die<br />

zusammenfassende Bewertung einbezogen<br />

werden.<br />

Alle anderen Arbeiten genügten entweder nicht<br />

den erforderlichen wissenschaftlichen Standards<br />

oder hatten keine ausreichenden Angaben zur<br />

Methodik oder zu den Untersuchungsergebnissen<br />

gemacht und mussten deshalb ausgesondert<br />

werden.<br />

Nicht zuletzt und besonders<br />

im ambulanten Bereich spielen<br />

auch die Kosten eine erhebliche<br />

Rolle. Eine weitere Frage<br />

ist, ob sich die Ergebnisse einer<br />

Methode auch im Vergleich mit<br />

einer Referenzmethode oder<br />

sogar mit einem Goldstandard<br />

als richtig und hinreichend genau<br />

beweisen lassen.<br />

Biavector © und Biagram © eines Sarkopenie-Patienten


In die vergleichende Bewertung wurden zehn<br />

diagnostische Instrumente eingeschlossen, mit<br />

denen muskuläre Eigenschaften unterschiedlicher<br />

Art und Funktion gemessen werden können,<br />

u.a.: Bioimpedanzanalyse (BIA; als SF-BIA<br />

= Single-Frequency BIA oder als MF-BIA = Multi-<br />

Frequency BIA), Messung des Wadenumfangs,<br />

Computertomografie, Dual-Röntgen-Absorptiometrie<br />

(DEXA), Magnetresonanztomografie,<br />

Hautfaltendicke sowie Messung der Handkraft<br />

(Dynamometrie).<br />

Ergebnisse<br />

Die Dynamometrie erwies sich als sehr zuverlässige<br />

Methode für die Messung der Muskelkraft,<br />

ermöglichte aber keine Aussage zur vorhandenen<br />

Muskelmasse. Die Dynamometrie ist aber<br />

im Screening eine kostengünstige und gute Alternative<br />

für andere Instrumente.<br />

Ausdrücklich wird auf die DEXA-Methode eingegangen,<br />

weil sie häufig als Goldstandard<br />

bezeichnet wird. DEXA ist eine häufig angewendete<br />

Referenzmethode, aber kein wirklicher<br />

Goldstandard. Auch DEXA zeigt eine Fehlerhaftigkeit,<br />

die in der Methode selbst begründet ist<br />

und ebenso wie die Bioimpedanzmessung abhängig<br />

vom Hydratationszustand und <strong>von</strong> der<br />

Fettmasse ist.<br />

Für den Methodenvergleich wurde als Goldstandard<br />

die Computertomografie und die Magnetresonanztomografie<br />

und ein 4-Kompartiment-Modell<br />

(**) des Körpers definiert.<br />

Für die Bioimpedanzanalyse ergab sich eine<br />

hohe Validität in der Konkurrenz zu den anderen<br />

Methoden. Im Vergleich mit DEXA als Referenzmethode<br />

wurden aber signifikante Unterschiede<br />

gefunden bei der Bestimmung der mittleren Fettfreien<br />

Masse und der Muskelmasse.<br />

Anthropometrische Werte wie Wadenumfang<br />

und Hautfaltendicke zeigten eine schlechte Korrelation<br />

zu DEXA. Auf die Vergleiche mit den<br />

Physical-Performance-Instrumenten wird hier<br />

nicht eingegangen, sondern auf die Originalarbeit<br />

verwiesen.<br />

Im Hinblick auf die Bestimmung der Muskelmasse<br />

sind für ein ambulantes Setting mehrere Methoden<br />

geeignet, wenn auch mit eingeschränkter<br />

Zuverlässigkeit.<br />

Für die BIA wurde eine bessere Validität aufgezeigt,<br />

wobei diese allerdings starke Abhängigkeiten<br />

aufweist vom Alter, Geschlecht,<br />

ethnischen Einflüssen und medikamentösen<br />

Einwirkungen. Zusammenfassend wird die BIA<br />

aber als beste Option für Feldmessungen beurteilt.<br />

Eine Kombination aus mehreren Instrumenten<br />

zur Messung <strong>von</strong> Muskelmasse, Muskelkraft<br />

und körperlicher Leistung für ein Screening oder<br />

für die Diagnose einer Sarkopenie ist bisher<br />

nicht validiert.<br />

Eine internationale Expertengruppe der Society<br />

of Sarcopenia, Cacexie and Wasting Disorders<br />

definierte im Jahr 2011 die Sarkopenie als reduzierte<br />

Muskelmasse mit begrenzter Mobilität.<br />

In diesem Konsensus-Statement wird ebenfalls<br />

auf die Wertigkeit und den Vergleich <strong>von</strong> Methoden<br />

zur Messung <strong>von</strong> Muskelmasse eingegangen.<br />

Die apparativen Methoden werden<br />

differenziert nach Präzision, Strahlenexposition,<br />

Verfügbarkeit, Kosten und technischer Schwierigkeit<br />

in der Durchführung.<br />

Für die Präzision der Methoden werden folgende<br />

Fehlerquoten angegeben:<br />

DEXA: 1 – 4 %<br />

CT: 1 – 3 %<br />

MRT: 1 – 3 %<br />

Ultraschall: 2 %<br />

BIA: 2 – 4 %<br />

* Validität = Aussagekraft, Gültigkeit<br />

Reliabilität = Zuverlässigkeit<br />

** Ein 4-Kompartiment-Modell beinhaltet<br />

die Bestimmung <strong>von</strong> Fettmasse, Wasser, Knochenmineralien<br />

und dem Rest (Protein etc.).<br />

Die Bestimmung erfolgt als Kombination aus<br />

DEXA, Hydrodensitometrie und Dilutionsmethoden


Kommentar<br />

Die Bioimpedanzanalyse (BIA) zur quantitativen<br />

Bestimmung der Körperkompartimente ist insbesondere<br />

für den ambulanten Bereich als valide,<br />

nicht invasive und gleichzeitig sehr kostengünstige<br />

Methode zu betrachten. Dies gilt sowohl<br />

für die Diagnostik der Körperzusammensetzung<br />

bei Sarkopenie als auch für präventive Untersuchungen<br />

<strong>von</strong> Personen mit einem höheren<br />

Lebensalter oder besonderen Risiken für eine<br />

Sarkopenie.<br />

Unter der Voraussetzung einer standardisierten<br />

Anwendung und einer validen Software<br />

ist die Bioimpedanzanalyse in der Präzision<br />

den Referenzmethoden nicht unterlegen. Die<br />

Anwendung der BIA-Methode zur Beurteilung<br />

der Körperanalyse bei chronischen Krankheitszuständen<br />

setzt natürlich voraus, dass valide<br />

klinische Daten für diese Fälle vorliegen.<br />

Es muss hier auch unbedingt erwähnt werden,<br />

dass sich die Ergebnisse der obigen Ausführungen<br />

ausschließlich auf die „klassische BIA“<br />

beziehen, mit der die Körperkompartimente<br />

quantitativ über Regressionsformeln errechnet<br />

werden und so einen immanenten Fehler haben<br />

können. Diese Fehlerhaftigkeit ist aber jedem<br />

System eigen.<br />

Der zusätzliche Wert der Bioimpedanzanalyse<br />

mit BIAVECTOR (als halbquantitative Analyse)<br />

und BIAGRAM (als rein qualitative Analyse)<br />

und deren immense prognostische Bedeutung<br />

im Hinblick auf Krankheitsverlauf und Intervention<br />

ist in diesen Vergleichen nicht Gegenstand<br />

der Untersuchung gewesen.<br />

Die vektorielle Betrachtung der BIA-Messwerte<br />

und deren Beziehung zueinander haben inzwischen<br />

einen hohen klinischen Stellenwert<br />

erreicht. Eine ähnlich herausragende prognostische<br />

Bedeutung wie die des Phasenwinkels ist<br />

für andere Methoden zur Körperanalyse bisher<br />

nicht beschrieben.<br />

Quellen<br />

1. Validity and Reliability of Tools to Measure Muscle<br />

Mass, Strength, and Physical Performance<br />

in Community-Dwelling Older People: A Systematic<br />

Review. JAMDA 2012; 14: 170-178<br />

2. Sarcopenia With Limited Mobility: An International<br />

Consensus. J Am Med Dir Assoc 2011;<br />

12: 403-409<br />

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