Winkelmann, Constanze - Heilberufe
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Ergebnisse zur Arbeitsorganisation und<br />
deren Auswirkung in der stationären<br />
Krankenpflege<br />
Prof. Dr. Dr. Constance <strong>Winkelmann</strong><br />
Berlin, 25.01.2013
Was sind gestaltbare Arbeitsbedingungen in der<br />
Pflege?
„Magnet Hospitals“ (1)<br />
• der Begriff ‚Magnet Hospitals’ kam in Amerika aufgrund des<br />
Pflegenotstandes sowie des zunehmenden ökonomischen Drucks in<br />
den 80er Jahren auf<br />
• charakterisiert Krankenhäuser, denen es gelingt, Pflegekräften –<br />
trotz aller finanziellen Beschränkungen – aufgrund einer effektiven<br />
Organisation einen attraktiven Arbeitsplatz zu bieten (Kramer &<br />
Schmalenberg, 1988)
„Magnet Hospitals“ (2)<br />
Gemeinsamkeiten sind:<br />
– flexible Arbeitszeiten,<br />
– die Anerkennung einer guten Pflegepraxis,<br />
– ein kooperatives Management mit offener Kommunikation,<br />
– eine gute Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen,<br />
– berufliche Entwicklungsmöglichkeiten der Pflegenden (Sovie, 1984)<br />
– eine flache Hierarchie bei hoher Autonomie der Stationen,<br />
– eine hohe Eigenverantwortung der Pflegenden,<br />
– gut ausgebildete und weitgehend eigenständige Leitungen,<br />
– ausreichend Zuwendungsmöglichkeiten zum Patienten,<br />
– eine hohe Beteiligung der Pflegenden an der Stationsführung<br />
– ganzheitliche orientierte Pflegesysteme auf den Stationen (Aiken, 2002;<br />
Buchan, 1999)
„Magnet Hospitals“ (3)<br />
• Die Umsetzung dieser Gestaltungsmerkmale führt den Autoren zu<br />
Folge zu:<br />
– geringeren Burnout-Raten beim Pflegepersonal,<br />
– einer geringeren Fluktuation der Pflegenden,<br />
– weniger Arbeitsunfällen in pflegerischen Bereichen,<br />
– einer höheren Arbeitszufriedenheit,<br />
– einer höheren Kontinuität und Qualität der Pflege,<br />
– geringeren Mortalitätsraten bei Patienten,<br />
– einer höheren Patientenzufriedenheit
Eigene Ergebnisse zu Arbeitsorganisation<br />
und Auswirkungen in der stationären<br />
Krankenpflege
Hauptfragestellung<br />
Schichtarbeit<br />
Personalsituation<br />
Fehlbeanspruchung<br />
?<br />
Arbeitsorganisation<br />
Krankheitsbilder<br />
Fachgebiet<br />
Umgebungsbedingungen
Fragestellungen<br />
1. Existieren Unterschiede in der Arbeitsorganisation zwischen<br />
Stationen, die Hinweise für die Gestaltung der Pflege liefern?<br />
2. Steht die Güte der Stationsorganisation in Beziehung zu<br />
unterschiedlicher Beanspruchung der Pflegenden?
Was ist Arbeitsorganisation in der Pflege?<br />
Merkmale der Arbeitsorganisation auf Station<br />
• Dienstplan-/Schichtgestaltung,<br />
• Pflegesystem (Funktionspflege vs. patientenzentrierte Pflege;<br />
Stationspflege vs. Bereichspflege),<br />
• Vollständigkeit der Pflege,<br />
• Beteiligung an Patientenaufnahmen, Visiten, Übergaben<br />
• Vorhersehbarkeit des Arbeitsablaufs,<br />
• Informationsfluss auf Station,<br />
• Selbstständige Entscheidungsmöglichkeiten der Pflegenden,<br />
• Zuwendungsmöglichkeiten zu Patienten,<br />
• Wechselseitige Unterstützung im Pflegeteam,<br />
• Zusammenarbeit mit anderen Diensten (z.B. Ärzten),<br />
• Beteiligung der Mitarbeiter an der Stationsorganisation
Wie wurde die Arbeitsorganisation der<br />
Stationen erfasst?<br />
Tab. 1: Organisationsmerkmal „Pflegeprinzip“ als Bestandteil des Beobachtungsleitfadens<br />
Weniger gut gestaltet<br />
Gut gestaltet<br />
Pflegeprinzip__________________________________________________________<br />
[(sequentielle) Arbeitsteilung als Kernmerkmal der Arbeitsorganisation]<br />
Reine Funktionspflege<br />
(FP)<br />
[meist Abarbeitung<br />
einer (zweier) Tätigkeitsgruppen<br />
am<br />
Patienten während<br />
einer Schicht]<br />
Vorwiegend<br />
Funktionspflege<br />
[meist Abarbeitung<br />
weniger Tätigkeitsgruppen<br />
am Patienten<br />
während einer<br />
Schicht]<br />
Vorwiegend patientenzentrierte<br />
Pflege<br />
[meist Abarbeitung<br />
mehrerer/der meisten<br />
Tätigkeitsgruppen am<br />
Patienten während<br />
einer Schicht]<br />
Reine Patientenzentrierte<br />
Pflege (PP)<br />
[meist Abarbeitung<br />
(fast) aller Tätigkeitsgruppen<br />
bei<br />
einem Patienten<br />
während einer<br />
Schicht]<br />
Frühschicht Akfajög S1 kgöajaöa<br />
Fköaglö S2kök aaöga<br />
Spätschicht<br />
Akfajö gS1kgöajaöa Fköaglö S2kö kaaöga<br />
Nachtschicht Akfajö gS1 kgajaöa Fköaglö S2kkalöga
METHODIK – Stichprobe (1)<br />
• n= 34 somatische Stationen/Pflegebereiche<br />
Tab. 2: Klinikspezifische Charakteristika der fünf untersuchten Krankenhäuser<br />
Einrichtung Trägerschaft Bettenzahl Versorgungsstufe Untersuchte<br />
Stationen<br />
Krankenhaus A Frei-gemeinnützig 240 Betten Regelversorgung 8<br />
Krankenhaus B Öffentlich 724 Betten Regelversorgung 3<br />
Krankenhaus C Privat 371 Betten Regelversorgung 11<br />
Krankenhaus D Öffentlich 1399 Betten Maximalversorgung 10<br />
Krankenhaus E Öffentlich 284 Betten Fachkrankenhaus 2<br />
• Fachgebietsübergreifend, geringer bis sehr hoher<br />
Pflegeaufwand
METHODIK – Stichprobe (2)<br />
• n= 244 examinierte Pflegende<br />
• Frauen: 79,7 %<br />
• Alter: ∅ 39 ± 10 Jahre<br />
• Berufsalter: ∅ 17 ±10 Jahre<br />
• Arbeitsplatzalter: ∅ 7 ± 6 Jahre<br />
Abb. 6: Zugehörigkeit der<br />
untersuchten Pflegenden zum<br />
medizinischen Fachgebiet
ERGEBNISSE – Arbeitsorganisation der Stationen<br />
Faktoren (Gesamtvarianz: 63,5%)<br />
F1 „Organisation der Pflege“<br />
(Varianz: 31,4%) **<br />
F2 „Patientenorientierung“<br />
(Varianz: 14,8%) **<br />
F3 „Partizipation“<br />
(Varianz: 7,9%)<br />
F4 „Kooperationsmöglichk. im<br />
Team“ (Varianz: 7,1%) *<br />
F5 „Vorhersehbarkeit/<br />
Planbarkeit“ (Varianz: 5,3%)<br />
F6 „Informationskultur“ (Varianz:<br />
4,8%)<br />
* p < .05<br />
** p < .01<br />
Abb. 7: Mittelwerte der Stationsgruppen je Faktor
Vergleich der Stationsgruppen im tätigkeitsspezifischen<br />
Beanspruchungserleben der Mitarbeiter<br />
Tab. 5: Tätigkeitsspezifisches Beanspruchungserleben der Mitarbeiter der Stationsgruppen ‚weniger gut<br />
gestaltete‘ und ‚gut gestaltete‘ Station<br />
weniger gut gestaltete<br />
Stationen<br />
gut gestaltete<br />
Stationen
Anteil<br />
Pflegender<br />
in Prozent<br />
Ausprägungen emotionaler Erschöpfung für sehr günstige,<br />
günstige und ungünstige gestaltete Stationen<br />
100<br />
80<br />
p < .01<br />
60<br />
62,5<br />
48,9<br />
Ausprägungen<br />
emotionaler<br />
Erschöpfung<br />
kritisch<br />
40<br />
43,4<br />
41,5<br />
neutral<br />
unkritisch<br />
28,7<br />
20<br />
18,8<br />
18,7<br />
13,4<br />
15,1<br />
0<br />
'gut gestaltet' 'bedingt gut gestaltet' 'weniger gut gestaltet'<br />
Abb. 8: Ausprägungen emotionaler Erschöpfung für die Stationsgruppen
Weiterentwicklung des Verfahrens zur<br />
Analyse und Gestaltung der<br />
Stationsorganisation für den Einsatz durch<br />
Stationsteams
BESONDERHEITEN DES VERFAHRENS<br />
Was wird erfasst?<br />
• Arbeitsbedingungen, die durch konkrete organisatorische und<br />
technische Gegebenheiten geprägt sind<br />
• nicht individuell unterschiedliche Eigenarten der arbeitenden Personen<br />
Wie wird erfasst?<br />
bedingungsbezogen<br />
• Stationsleiter bzw. Stationsteams sollen ihre Stationen selbst beurteilen<br />
• Untersuchung liegt nicht in der Hand eines verfahrenskundigen<br />
Untersuchers<br />
Konsequenzen?<br />
Selbsteinschätzung<br />
- Handlungs- und Gestaltungsempfehlungen für defizitäre Bereiche<br />
Gestaltung
VERFAHREN - ERPROBUNGSVERSION (1)<br />
Inhalte/Bausteine<br />
• Dienstplangestaltung<br />
• Pflegesystem<br />
• Pflegeprozess<br />
• Schichtablauf<br />
• Informationskultur<br />
• Zuständigkeitsbereich<br />
• Entscheidungs-/<br />
Beratungsmöglichkeiten<br />
• Einbindung in die ärztliche<br />
Visite<br />
• Patientenplanung<br />
• Voraussetzungen des<br />
Umgangs mit Patienten<br />
• Gestaltung der Teamarbeit<br />
• Anforderungen der<br />
Zusammenarbeit mit<br />
anderen Diensten<br />
• Qualifizierung /Fort- und<br />
Weiterbildung<br />
• Gesundheitsschutz
VERFAHREN - ERPROBUNGSVERSION (2)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!<br />
Kontakt:<br />
Dr. Nicole Stab<br />
Technische Universität Dresden<br />
Fachrichtung Psychologie<br />
Arbeitsgruppe „Wissen-Denken-Handeln“<br />
01062 Dresden<br />
Tel.: +49 351/46336848<br />
E-Mail: stab@psychologie.tu-dresden.de<br />
FAX: +49 351/46337295
Erleben der Arbeit<br />
Erleben der Arbeitsmerkmale<br />
durch die Pflegenden
Emotionale Erschöpfung
Mögliche Einflussgrößen auf die<br />
Arbeitsorganisation der Stationen<br />
Hinsichtlich des ‚Medizinischen Fachgebiets‘, der ‚Krankenhausgröße‘ und der<br />
‚Arbeitsintensität in min je Pflegenden‘ können keine Unterschiede zwischen den<br />
Stationsgruppen gefunden werden!<br />
Tab. 4: Deskriptive Statistik zur Arbeitsintensität der Stationsgruppen<br />
Gruppe<br />
N<br />
Mittelwert<br />
Standardabweich<br />
ung Minimum Maximum<br />
‚gut gestaltet’ 3 620,0 68,6 549,0 686,0<br />
‚bedingt gut<br />
gestaltet’<br />
‚weniger gut<br />
gestaltet’<br />
17 467,4 122,6 244,0 776,0<br />
9 493,4 159,1 252,0 720,0<br />
Gesamt 29 491,2 135,2 244,0 776,0
Mögliche Einflussgrößen auf die emotionale<br />
Erschöpfung und das Erleben der Arbeit<br />
Hinsichtlich folgender (möglicher) Einflussgrößen können<br />
keine Unterschiede zwischen den Stationsgruppen<br />
gefunden werden:<br />
• Alter<br />
• Berufsalter<br />
• Arbeitsplatzalter<br />
• Beschäftigungsverhältnis<br />
• Distanzierungsfähigkeit<br />
• Arbeitsengagement (Bedeutsamkeit der Arbeit,<br />
Beruflicher Ehrgeiz, Verausgabungsbereitschaft,<br />
Perfektionsstreben)