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PflegeKolleg - Heilberufe

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<strong>PflegeKolleg</strong>Hygienisch arbeitenZERTIFIZIERTEF O R T B3PunkteI L D U N GTeil 1Händedesinfektion –Die 5 Momente verstehen und erkennenRisikofaktor HandTeil 2Personalhygiene – Sicherheit geht vorArbeits- und PatientenschutzTeil 3Flächendesinfektion – Bitte nicht vernachlässigenNachttisch, Türklinke und TastaturZertifizierte Fortbildung in Zusammenarbeit mit© iStockphoto<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)31


<strong>PflegeKolleg</strong>Hygienisch arbeitenRisikofaktor HandDie 5 Momente der Händedesinfektionverstehen und erkennenObwohl die Händedesinfektion zu den wichtigsten Präventivmaßnahmen nosokomialerInfektionen gehört, ist die Compliance nach wie vor mit Raten von 20 bisdurchschnittlich 50% nicht zufriedenstellend. Das Konzept der „5 Momente derHändedesinfektion“ bietet ein multimodales Interventionsmodell mit fünf Indikationenauf Basis konkreter Infektionsrisiken und Pflegesituationen.KEYWORDS„Clean Care isSafer Care“-Kampagne„AKTION SaubereHände“ (ASH)PatientenkontaktPatientenumgebungComplianceNur in circa 40% aller indizierten Situationenführt das Pflegepersonal eine Händedesinfektiondurch. Die Gründe für diese mangelndeCompliance wurden oft diskutiert. Am häufigstenwerden Vergesslichkeit, Angst vor Hautschäden,ungenügende Verfügbarkeit von Produkten undZeitmangel genannt. Ein geringer Personalschlüsselist ebenfalls ein Risikofaktor, der in Studien nachgewiesenund in der Praxis in Zusammenhang mit Hygieneskandalenbestätigt wurde.So verschieden die Gründe für die mangelnde Compliancesind, so vielfältig sind auch die Ansätze, dieHändedesinfektion in der Pflege zu optimieren. MultimodaleInterventionskampagnen, wie die „CleanCare is Safer Care“-Kampagne der WHO und derennationale Umsetzung durch die „AKTION SaubereHände“ (ASH), gelten daher als vielversprechendsteAnsätze, um die Händehygiene zu verbessern.Die Elemente der multimodalen Interventionskampagneder ASH, die 2008 gestartet ist und seit 2011neben Krankenhäusern auch Pflegeeinrichtungen undambulante Einrichtungen einbezieht, sind die Schulungder „5 Momente der Händedesinfektion“, dieÜberwachung des Händedesinfektionsmittelverbrauchs,regelmäßiges Training und ausreichendeVerfügbarkeit von Händedesinfektionsmitteln durchPsychologische Faktorenfür Non-Compliance▶▶Mangelndes Problembewusstsein▶▶Unzureichende Kommunikation▶▶Angst vor zusätzlicher Arbeit▶▶Fehlende Vorbildfunktion der LeitungSpender und Kittelflaschen. Die Messung der Händehygiene-Compliancedurch direkte Beobachtungund Dokumentation ist für die beteiligten Institutioneneine freiwillige Maßnahme. Mit 900 Einrichtungenist die ASH dennoch weltweit eine der größtennationalen Kampagnen zur Verbesserung derHändedesinfektion.Bündelung statt EinzelindikationenIm Fokus der Interventionskampagne steht die Einführungdes WHO-Modells „My 5 Moments of HandHygiene“. Dieses Modell basiert auf den Empfehlungendes Centers for Disease Control (CDC), derWeltgesundheitsorganisation (WHO) und des RobertKoch-Institutes (RKI) und fasst die Indikationen derHändedesinfektion in fünf Indikationsgruppen zusammen:1. VOR Patientenkontakt2. VOR aseptischen Tätigkeiten3. NACH Kontakt mit infektiösen Materialien4. NACH Patientenkontakt5. NACH Kontakt mit der unmittelbarenPatientenumgebungGegenüber früheren, zahlreichen Einzelindikationenstellen die fünf Indikationen zur Händedesinfektioneine Vereinfachung dar und lassen sich vom Pflegepersonalbesser umsetzen. Zudem spielen sich dieMomente überwiegend am „Point of Care“ ab, alsodort, wo Patient und Pflegepersonal zusammentreffenund die größten Risiken für eine Infektion entstehen.Infektionsrisiko des Patienten alsAusgangspunktMit der Fokussierung auf den „Point of Care“ trägtdas 5-Momente-Modell dem zentralen Punkt derHändedesinfektion Rechnung: Dem Schutz des Patientenvor Infektionen. Während die NACH-Indi-© Nikky/Mauritius images; imago; Stephanie Eckgold/Fotolia; Rob Byron/Fotolia; OJO Images/Image SourceDOI: 10.1007/s00058-012-1042-432<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)


kationen auch dem Personalschutz dienen, schütztdie Einhaltung der VOR-Indikationen ausschließlichden Patienten. Gerade diese Indikationen werdenaber Compliance-Studien zufolge am wenigsten befolgt:Die niedrigste Compliance-Rate findet sichVOR aseptischen Tätigkeiten, beispielsweise in Situationen,in denen bei einem Patienten ein Kathetergelegt oder eine Injektion durchgeführt wird. Stelltman einen Zusammenhang her zwischen den fünfIndikationen und den vier häufigsten nosokomialenInfektionen, so fällt auf, dass insbesondere die Einhaltungder VOR-Indikationen das Infektionsrisikominimieren könnte:▶▶Katheter-assoziierte Harnwegsinfektion(30–50%) Indikation: Hygienische HändedesinfektionVOR aseptischen Tätigkeiten (zum Beispielvor dem Legen des Katheters).▶▶Beatmungsassoziierte Atemwegsinfektion(15-17%) Indikation: Hygienische HändedesinfektionVOR aseptischen Tätigkeiten (z.B. vordem Absaugen des Tracheostomas).▶▶Postoperative Wundinfektion(15–23%) Indikation: Hygienische HändedesinfektionVOR aseptischen Tätigkeiten (z.B. vordem Anlegen des neuen, sterilen Verbandes nachEntfernen des alten Verbandes).▶▶Gefäßkatheter-assoziierte Infektion(8–15%) Indikation: Hygienische HändedesinfektionVOR aseptischen Tätigkeiten(z.B. vor Konnektion/Diskonnektion vonKathetern, Drainage- und Infusionssystemen).Die meisten nosokomialen Infektionengehen von der patienteneigenen Floraaus. Bei der Transmission spielen dieHände des Pflegepersonals eine wichtigeRolle. So können Erreger von kolonisiertenArealen des Patienten während einerPflegemaßnahme in oder auf „reine“Körperbereiche desselben Patienten, zumBeispiel vom Perineum zum Trachealtubus,gelangen. Doch nicht nur direkt amPatienten, sondern auch in der Pflegeumgebungbesteht das Risiko, Erreger aufzunehmenund weiter zu tragen.In vielen Studien konnte nachgewiesenwerden, dass Gegenstände innerhalb einerEinrichtung mit potenziell pathogenenKeimen besiedelt sind. InsbesondereOberflächen innerhalb der unmittelbarenPatientenumgebung, zum BeispielInfusomaten, Monitore und Tastaturenam Bettplatz oder Beatmungsgeräte, könnenmit Erregern der Patientenflora kolonisiert sein. Beieinem Hand-Oberflächen-Kontakt kommt es dannzu einem Austausch von Mikroorganismen auf denHänden des Personals und den berührten Oberflächen.Die größten Risikenfür eine Infektionentstehen dort,wo Patient undPflegepersonalzusammentreffen.<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)33


FA ZIT FÜR DIE PFLEGE▶▶Die Händedesinfektion gehört zu den wichtigstenMaßnahmen, um nosokomiale Infektionen zu verhindern.▶▶Mit dem Konzept der „5 Momente“ wird es fürPflegekräfte einfacher, den richtigen Moment derHändedesinfektion zu erkennen.▶▶Psychologische und soziale Faktoren gewinnenbei der Verbesserung der Compliance bezüglichdes Händehygieneverhaltens an Bedeutung.Fähigkeit zur Veränderung als ErfolgsfaktorDamit Infektionsschutzmaßnahmen greifen, ist eineZustimmung der Mitarbeiter aller hygienerelevantenFunktionen notwendig. Compliance in der Händehygieneist kultureller Wandel und erfordert die Bereitschaftzur Veränderung. Das Change-Management-Konzeptdes Sozialpsychologen Kurt Lewin,ein Modell mit dem auch die „AKTION SaubereHände“ arbeitet, beschreibt die wichtigsten Aspekteeines Kulturwandels in Unternehmen:▶▶Die Fähigkeit zur Veränderung zählt zu den Erfolgsfaktoreneines Unternehmens.▶▶Menschen stehen dem Wandel, sobald er sie persönlichbetrifft, skeptisch gegenüber. Die Folge istaktiver und passiver Widerstand.▶▶60–70% aller Veränderungsprojekte in Unternehmenscheitern, weil die Führungsebene nicht aktivhinter der Veränderung steht.Diese neue Sicht auf das Problem der Non-Compliancebietet Ansätze für weitere Bausteine innerhalbder multimodalen Interventions: Die Mitarbeiter inihren Arbeitsprozessen abzuholen, von der Notwendigkeitder Händedesinfektion zu überzeugen undWiderstände aktiv durch schlanke Prozesse und guteVermittlung aus dem Weg zu schaffen.Sabine NiknamSchmilinskystr. 3220099 Hamburgs.niknam@scicom-pr.deAnzeige


<strong>PflegeKolleg</strong>Hygienisch arbeitenArbeits­ und PatientenschutzPersonalhygiene – Sicherheit geht vorImmer wieder die gleiche Diskussion: Künstliche Fingernägel, Nagellack oder Eheringe imDienst – sind sie gestattet oder verboten? Wann muss Schutzkleidung getragen werden?Wann eine Schutzmaske? Besinnt man sich auf einfache aber wirksame Methoden der Infektionsprävention,die mit Semmelweis, dem Erfinder der Händedesinfektion, ihren Anfang nahmenund zu der die Personalhygiene gehört, wird schnell deutlich: Es gibt klare Regeln.KEYWORDSGel­FingernägelMedizinischeSchutzhandschuheSchutzkleidungundhaubenMundschutzHautschutz­ undHandschuhplanDie Hände sind das wichtigste „Arbeitswerkzeug“des medizinisch tätigen Personals, aberauch der häufigste Vektor für Übertragungenvon potenziellen Krankheitserregern. Neben der Desinfektionspielen auch die Gesundheit, Pflege und derSchutz der Hände eine große Rolle bei der Infektionsprävention.Denn schon kleinste Verletzungen derHaut bilden Erregerreservoire und somit eine Eintrittspfortefür pathogene Keime. Ein Hautschutz-Plan– in Zusammenarbeit von Krankenhaushygiene undbetriebsärztlichem Dienst/Betriebsarzt erstellt – gehörtdeshalb zum Standard einer guten Händehygiene.Hautpflegecremes sollen aus Spendern oder auchaus personenbezogenen Tuben entnommen werden,um Kontaminationen zu vermeiden. Grundsätzlichist farb- und parfümstofffreien Produkten der Vorzugzu geben, um das Risiko von Allergien und Hautreizungenzu minimieren. Da Hautpflegemittel die Wirksamkeitvon Desinfektionsmittel beeinträchtigenkönnen, sollte die Hautpflege in erster Linie in Arbeitspausenbeziehungsweise außerhalb der Arbeitdurchgeführt werden. Bei Anzeichen für eine Hautschädigungoder allergischen Erscheinungen an Händenoder Unterarmen, muss der Betriebsarzt hinzugezogenwerden.Immer wieder FingernägelSchön verziert und lackiert – womöglich noch künstlichverlängert – erfreuen Fingernägel vielleicht dasAuge manches Betrachters, aber sie stellen eine Beeinträchtigungeiner guten Händehygiene dar. Dasgilt vor allem für künstliche Fingernägel. Denn: Unterlangen Nägeln sammeln sich Keime an, die durcheine Händedesinfektion nicht beseitigt werden können.In der medizinischen Literatur werden daherkünstliche Fingernägel und Nagellack immer wiederin Zusammenhang mit Ausbrüchen nosokomialerInfektionen gebracht. Und weil Handschuhe durchlange (künstliche) Fingernägel reißen können, istgrundsätzlich auf kurze, rund geschnittene, gepflegteund unlackierte Fingernägel zu achten. Dies dientnicht nur dem Patienten-, sondern auch dem Personalschutz.© bilderstoeckchen /Fotolia.comDOI: 10.1007/s00058-012-1043-336<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)


Das oft verwendete Argument von Befürworten vonGel-Fingernägeln, dass durch das Tragen künstlicherFingernägel Nagelprobleme gelöst werden, muss unterHinzuziehung eines Hautarztes geprüft werden.Gut behandschuht, gut geschütztHandschuhe sollten immer bei erhöhtem Kontaminationsrisikomit erregerhaltigem Material getragenwerden. Dies gilt zum Beispiel beim endotrachealenAbsaugen, bei der Entsorgung von Sekreten, Exkretenund Erbrochenem, bei der Blutentnahme oder beider Versorgung von Patienten mit multiresistentenErregern. Dabei dienen sie hauptsächlich dem Selbstschutz,bei sachgerechtem Gebrauch aber auch demSchutz vor Übertragung von Erregern. Da man nichtvon einer 100%igen Dichtigkeit von Untersuchungshandschuhenausgehen kann, ersetzen Handschuhenicht die Händedesinfektion.Nach Beendigung einer Tätigkeit müssen die Handschuheumgehend ausgezogen werden. Dies kannauch der Fall sein, wenn man von einer Tätigkeit zueiner anderen Tätigkeit am gleichen Patienten wechselt,beispielsweise vom Entleeren des Urinbeutelszum Verbandswechsel des zentralen Venekatheters(ZVK). Nach dem Ausziehen der Handschuhe ist stetseine hygienische Händedesinfektion durchzuführen,da es beim Abstreifen der Handschuhe zu einer Kontaminationder Hände kommen kann. Außerdemmuss bei einem nicht unerheblichen Teil der Handschuhemit Perforationen gerechnet werden. In einerklinischen Untersuchung lag der Anteil unbenutzterperforierter Latex-Handschuhe bei 1%, bei den benutztenHandschuhen waren 8% perforiert, oft durchMikroläsionen. Generell steigt die Zahl an (Mikro-)Perforationen mit der Tragedauer und der Anzahlder ausgeübten Tätigkeiten. Besonders bei notfallmedizinischenTätigkeiten und operativen Eingriffenist die Gefahr von Perforationen der Handschuhegroß. Deshalb wird insbesondere bei Eingriffen mithohem Verletzungsrisiko das „double gloving“, dasTragen von zwei Paar Handschuhen übereinander,als Arbeitsschutzmaßnahme empfohlen.Im medizinischen Bereich wird unterschieden inkeimarme und sterile Handschuhe.Keimarme Handschuhe werden bei Pflegetätigkeitenbeziehungsweise Untersuchungen am Patienten, dienicht unter sterilen Bedingungen durchgeführt werdenmüssen (zum Beispiel Blutentnahmen), oderbeim Umgang mit (potenziell) erregerhaltigem Material(zum Beispiel der Entsorgung von Steckbecken,Abnahme von Trachealsekret) verwendet.Sterile Handschuhe sind paarweise steril verpacktund werden für invasive diagnostische und operativeEingriffe (zum Beispiel ZVK-Anlage, Lumbal- oderKnochenmarkpunktion) eingesetzt.Medizinische Schutzhandschuhe werden in verschiedenenMaterialien angeboten. LatexhandschuheHAUTSCHUTZPLANFolgende Regeln sind zu beachten▶▶Hautschutz mehrmals pro Schicht anwenden.▶▶Schmuck ablegen, bei Feuchtarbeit können gehäuft Metallallergien(Nickel, Kobalt) entstehen.▶▶Fingernägel kurz schneiden, nicht lackieren, keine künstlichen Nägel.▶▶Seife nach Händereinigung vollständig abwaschen und die Händegründlich abtrocknen.▶▶Händedesinfektion nur auf der trockenen Haut durchführen. Cremessollten vor Beginn der Händedesinfektion vollständig eingezogen sein.▶▶Vor Gebrauch medizinischer Einmalhandschuhe sollten die Hände vollständigtrocken und die Handcreme ganz eingezogen sein.▶▶Die Verwendung von Hautschutzcremes ist nur für kurze Handschuhtragezeiten(bis zu 10 Min) vorgesehen und somit für OP-Personal nichtgeeignet.▶▶Cremes richtig dosiert (ca. haselnussgroße Menge) auf den Handrückengeben und gut verteilen, auch um die Nägel, an den Fingerkuppenund zwischen den Fingern.(Quelle: Hautschutz-Plan des Universitätsklinikums Freiburg)sind aufgrund des hohen Tragekomforts und derReißfestigkeit trotz der Allergiegefahr immer nochsehr weit verbreitet. Wegen der Rohstoffknappheitund der dadurch bedingten Preiserhöhung wird inzunehmendem Maße in Billiglohnländern produziertmit der Folge, dass die Qualität der Handschuhe(Dichtigkeit, Reißfestigkeit) sehr gesunken ist. Es istdaher überlegenswert, auch im Hinblick auf das Allergierisikodurch Latex, auf Nitrilhandschuhe umzusteigen.Die Preisunterschiede zwischen Nitril undLatex – früher ein Argument gegen den routinemäßigenGebrauch von Nitril – sind heute weitgehendnivelliert.Werden trotzdem Latex-Handschuhe verwendet,kann das Risiko einer Latex-Allergie durch ungepuderteHandschuhe deutlich vermindert werden. Inder TRGS 540 (Technische Regel für Gefahrstoffe)wird gefordert, dass gepuderte Latexhandschuhedurch puderfreie, allergenarme Latexhandschuheoder andere Handschuhe ersetzt werden. Auf derGrundlage der Gefahrstoffverordnung ist die TRGSrechtsverbindlich.Eine weitere Alternative sind Handschuhe aus Polyvinylchlorid(PVC) und Polyethylen (PE). Allerdingskönnen PVC-Handschuhe aufgrund ihrer geringenReißfestigkeit und aus ökologischen Gründennur bedingt empfohlen werden. PE-Handschuhe sindrecht preisgünstig und umweltverträglich. Da siehäufig undicht und nicht sehr reißfest sind (PE-Handschuhe werden durch Verschweißen zweier PE-Folien hergestellt), sind sie nicht für Tätigkeiten mitFingernägel vonPflegenden müssengrundsätzlich kurz,rund geschnitten,gepflegt und nichtlackiert sein.<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)37


<strong>PflegeKolleg</strong>Hygienisch arbeitenHANDSCHUHPLAN FÜR PFLEGE- UND FUNKTIONSDIENSTTätigkeit Gefährdung des Personals Empfohlener StandardhandschuhUmgang mit Körperausscheidungen/Sekreten(z.B. Blut, Stuhl, Urin)InfektionEinmalhandschuh aus Latex oder NitrilHandschuhe ersetzennicht die Händedesinfektion,da mannicht von einer100%igen Dichtigkeitvon Untersuchungshandschuhenausgehen kann.An-/Abhängen und Entsorgen von Zytostatika Kontamination Einmalhandschuh aus Latex oder NitrilFlächendesinfektionAufbereitung von Instrumenten und PflegeutensilienEinreibungen mit wirkstoffhaltigen Externa (z.B.Cignolin, Kortison, Voltaren) oder Externa mitpflanzlichen Inhaltsstoffen▶▶Sensibilisierung▶▶Feuchtarbeit▶▶Hautreizung▶▶Infektion▶▶Handschuhe mit zu kurzem Schaft▶▶Sensibilisierung▶▶Feuchtarbeit▶▶Hautreizung▶▶Infektion▶▶Handschuhe mit zu kurzem Schaft▶▶Stich-/Schnittverletzungen▶▶Sensibilisierung▶▶Hautreizung▶▶WirkstoffaufnahmeNitrilhandschuhe mit langen Stulpen(Haushalts- oder Chemikalienschutzhandschuhe);wenn hygienisch erforderlich:Einmalhandschuhe aus Nitrilmit verlängertem SchaftNitrilhandschuhe mit langen Stulpen(Haushalts- oder Chemikalienschutzhandschuhe);wenn hygienisch erforderlich:Einmalhandschuhe aus Nitrilmit verlängertem SchaftEinmalhandschuhe aus NitrilWeitere Hinweise▶▶Anwendung von Baumwollunterziehhandschuhen bei starkem Schwitzen unter Schutzhandschuhen in der unmittelbarenPatientenpflege nach individueller Rücksprache mit dem Betriebsärztlichen Dienst▶▶Double Gloving (2 Paar Schutzhandschuhe übereinander) möglich bei besonderen Expositionsmöglichkeiten (z.B. beiumfangreichen Blutkontaktmöglichkeiten)▶▶Körperpflege und Mobilisation: aus Anwendersicht haben sich Latexhandschuhe bewährt▶▶Aufbereitung spitzer/scharfer Instrumente: Keine Durchstichsicherheit von Schutzhandschuhen!Arbeitsmedizinische RechtsgrundlageBiostoffverordnung (BiostoffV), Gefahrstoffverordnung (GerStoff V), Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbmedV V)(Quelle: Handschuh-Plan des Universitätsklinikums Freiburg)Tragen von Schutzhaubenim OP (oben:falsch; unten: richtig)hoher mechanischer Belastung oder für Risikobereichegeeignet.Eine Desinfektion der Handschuhe, um sich denHandschuhwechsel zu ersparen, kann generell nichtempfohlen werden, da das Desinfektionsmittel dasHandschuhmaterial stark angreift, wodurch es zuMikroperforationen kommt. Deshalb darf eine Desinfektionder Handschuhe nur in Ausnahmefällenerfolgen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Handschuhvom Hersteller als desinfizierbar ausgewiesenist.Ein Handschuh-Plan gehört ebenso wie der Hautschutz-Planzu einem guten Standard für die Händehygiene.Schmuck nein, Piercing vielleichtVor Arbeitsbeginn sollte jeglicher Schmuck an denHänden und Unterarmen abgelegt werden. Auch dasTragen von Eheringen ist während der Arbeit amPatienten nicht zu empfehlen. Zum einen werden dieHände seltener und weniger gründlich desinfiziert,um den Schmuck oder die Armbanduhr zu schonen.Zum anderen können sich unter den Ringen Keimreservoiresowie Desinfektionspfützen bilden. Diesist auch in der TRBA 250 (Technische Regel für BiologischeArbeitsstoffe im Gesundheitswesen und inder Wohlfahrtspflege) festgeschrieben: „Bei Tätigkeiten,die eine hygienische Händedesinfektion erfordern,dürfen an den Händen und Unterarmenkeine Schmuckstücke, Uhren und Eheringe getragenwerden. Derartige Gegenstände können die Wirksamkeitder Händedesinfektion vermindern.“Das Tragen von Halsketten oder Ohrringen ist auskrankenhaushygienischer Sicht weniger relevant,kann aber bei langen Schmuckstücken eine Verletzungsgefahrbergen. Auch eine Kontamination vonWunden durch direkten Kontakt beim Verbandswechselist möglich. Im Operationssaal darf allerdingsüberhaupt kein Schmuck getragen werden.Piercings oder Tattoos sind dagegen nur dann eineGefährdung für den Patienten, wenn sie Infektionszeichenzeigen. Ob sie in der Pflege getragen werden© Regina Scholz/IOK38<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)


dürfen, ist reine Geschmacksfrage und obliegt derEntscheidung der Einrichtung (www.rki.de).Unter der HaubeLange Haare sind vor Dienstbeginn zusammenzubinden.Im OP-Bereich müssen Haare durch eineSchutzhaube vollständig bedeckt sein. Schutzhaubenwerden eher zum Schutz des Patienten als zum Selbstschutzgetragen. Sie verhindern, dass Haare oderHautschuppen ins OP-Feld gelangen. Weil auch einBart zum Haarschmuck gehört, müssen Bartträgerim OP einen Bartschutz (spezielle Schutzhauben)tragen. Im Pflegealltag ist das Tragen von Schutzhaubennicht sinnvoll, da sie hier keinen infektionspräventivenWert haben, auch nicht bei der Versorgungvon Patienten mit multiresistenten Erregern.Dienst- und SchutzkleidungDienstkleidung – auch Arbeitskleidung genannt – hatkeinen infektionspräventiven Effekt, sondern dientzum Schutz der Privatkleidung. Dienstkleidung wirdin der Regel als Ersatz für Privatkleidung getragen.Zudem hat sie in vielen Bereichen den Sinn, diesenzu definieren. Somit wird sie zur Bereichskleidung.Dienstkleidung sollte täglich gewechselt werden.Zum Schutz vor Kontamination wird über der Dienstkleidungein Schutzkittel/Schürze getragen. Wenn estrotzdem zur Kontamination der Dienstkleidungkommt, muss diese selbstverständlich sofort gewechseltwerden. Dienstkleidung ist grundsätzlich geschlossenzu tragen.Schutzkleidung. Um eine Kontamination der Arbeitskleidungzu vermeiden, ist es in manchen Situationensinnvoll, zusätzlich einen langärmeligenSchutzkittel, bei Gefahr der Durchfeuchtung zusätzlicheine Schürze oder einen Kittel mit Nässeschutzzu tragen. Im OP-Bereich und bei einigen andereninvasiven Eingriffen, wie der ZVK-Anlage, werdensterile Schutzkittel auch zum Schutz des Patientenvor einer Erregerübertragung von der Kleidung getragen.Prinzipiell ist das Risiko der Übertragungpathogener Erreger über die Kleidung eher als geringeinzustufen.Schutzkittel und Schürzen können beim selbenPatienten auf Station mehrfach verwendet werden.Sie sollten auf Intensivstationen einmal pro Schichtund auf Pflegestationen einmal täglich und immerbei sichtbarer Kontamination gewechselt werden.Schutzkittel sollten in jedem Fall im Patientenzimmerverbleiben und nicht vor der Tür aufgehängt werden,um pathogene Erreger nicht nach draußen zu tragenund eine Kontamination der Kittel durch Dritte zuvermeiden. Um Verwechslungen zu vermeiden hängenim Mehrbettzimmer die Kittel in der Nähe desPatienten. Beim Aufhängen der Kittel sollte die Außenseitegekennzeichnet sein, damit der Kittel bei dernächsten Verwendung richtig angezogen werden kann.FA ZIT FÜR DIE PFLEGE▶▶Personalhygiene dient dem eigenen Schutz und dem Schutz des Patienten/Bewohners.▶▶Hände sind der häufigste Vektor für Übertragun gen von potenziellenKrankheitserregern. Ein Hautschutz- und ein Handschuhplan gehörendeshalb zum Standard einer guten Händehygiene.▶▶Personalhygienemaßnahmen kommen nur dann voll zum Tragen, wennsie vorschriftsgemäß und vollständig durchgeführt werden.Mundschutz und SchutzmaskenZu den Masken, die in der Medizin benutzt werden,zählt der chirurgische Mund-Nasen-Schutz, der keineechte Atemschutzmaske ist, aber die Abgabe voninfektiösen Tröpfchen in die Umgebung verhindert.Er wird in der Regel bei operativen Eingriffen undeinigen anderen Maßnahmen am Patienten (zumBeispiel ZVK-Anlage, endotrachealem Absaugen)getragen, außerdem bei der Pflege von Knochenmarktransplantierten(KMT) Patienten in der Neutropenie.Außerdem bietet die chirurgische Maske Schutz beiinfektiösen Erkrankungen des Patienten, die überrespiratorische Tröpfchen übertragen werden, wiedie klassischen Kinderkrankheiten (Masern, Mumps,Röteln, Keuchhusten, Windpocken), Diphtherie unddie Meningokokkeninfektion. Hier ist die Maske abernur bei engem Kontakt erforderlich (Abstand < 2m).Prinzipiell dienen Masken auch dem Schutz des Patientenvor der Übertragung von Erkältungskrankheitendurch das Personal. Krankenhauspersonal mitrespiratorischen Erkrankungen sollte in der Regelnicht arbeiten oder für die Zeit der Erkrankung inBereichen ohne Patientenkontakt eingesetzt werden.Dies gilt insbesondere für Hochrisikobereiche wieKMT-Stationen.Zum respiratorischen Schutz bei offener Lungentuberkulosewerden Atemschutzmasken der KlasseFFP-2 verwendet. Bei diesen Masken, die einen erheblichenAtemwiderstand bieten, ist es sehr wichtig,auf den korrekten Sitz zu achten.Regina ScholzInstitut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene(IUK)Universitätsklinikum FreiburgBreisacherstr. 115 B, 79106 Freiburgregina.scholz@uniklinik-freiburg.deSven KurzInstitut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene(IUK)Universitätsklinikum FreiburgBreisacherstr. 115 B, 79106 Freiburgsven.kurz@uniklinik-freiburg.de<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)39


<strong>PflegeKolleg</strong> Hygienisch arbeitenNachttisch, Türgriff, TastaturFlächendesinfektion:Bitte nicht vernachlässigenÜber den Stellenwert der Flächendesinfektion für diePrävention nosokomialer Infektionen wird seit vielen Jahrenheftig diskutiert. Dabei werden oft von extrem unterschiedlichenStandpunkten aus Argumentationsketten aufgebaut.Im Rahmen der Multibarrierensysteme zur Infektionspräventionist die Flächendesinfektion, vor allem im patientennahenBereich, aber durchaus von Bedeutung.für Noroviren nur 10–100 infektiöse Einheiten, währendsie für die Erreger der Salmonellen-Enteritis beimehr als 100.000 Erregern liegt. Bei immunsupprimiertenund anderen besonders gefährdeten Patientenkönnen auch sehr viel geringere Erregermengenzu einer Infektion führen. Die Umweltresistenz beschreibtdie Fähigkeit der Erreger, außerhalb ihresgewöhnlichen Lebensraumes zu überleben. So könnenStaphylokokken auf trockenen Oberflächen (z.B.Tischen) monatelang überleben (Tab. 1).Auch in nicht sichtbaren Verunreinigungen könnenInfektionserreger vorhanden sein. Ein Beispiel ist dasHepatitis B-Virus, welches in unsichtbaren Blutrestenmehr als eine Woche infektiös sein kann.KEYWORDSInfektiöse DosisRisikobewertungDesinfektionsmittelTuchspendersystemeScheuer-Wisch-DesinfektionVon unbelebten Flächen geht eine geringereGefahr aus als von belebten Reservoiren wieHaut, Schleimhäuten und Wunden. Sie könnenaber durch Kontakt mit diesen sowie mit Sekretenund Exkreten kontaminiert werden. Somit könnenFlächen ein Vektor beim indirekten Übertragungswegsein. Dabei sind patientennahe Flächen wie Türgriffeeher kontaminiert als patientenferne Flächen wie derFußboden, der als Infektionsquelle eher nebensächlichsind. Trotzdem kann er kontaminiert werden.Eigenschaften von InfektionserregernBei den Eigenschaften von Infektionserregern sindinsbesondere die infektiöse Dosis und die Umweltresistenzzu erwähnen. Die infektiöse Dosis beträgtRisiken bewertenIm Zuge einer Risikobewertung wird daher jederArbeitsbereich einem Risikobereich zugeordnet unddie jeweils notwendigen Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmenfestgelegt. Die Kommission fürKrankenhaushygiene und Infektionsprävention(KRINKO) am Robert Koch-Institut (RKI) nimmteine Einteilung in fünf verschiedene Bereiche vor(Tab. 2). Hier werden die patientennahen Flächenauch als „Flächen mit häufigem Hand-/Hautkontakt“bezeichnet. Dazu zählen solche, die sich zwar nichtin der unmittelbaren Nähe der Patienten befinden,aber häufig von diesen oder dem medizinischen Personalberührt werden (z.B. Türgriffe, Handläufe,Toiletten).Eine Station der Allgemeinen Inneren Medizin istals Bereich einzustufen, der unter die zweite Kategorie„mit möglichem Infektionsrisiko“ fällt. Alle Flächenmit häufigem Hand- und Hautkontakt sollen© ThinkstockDOI: 10.1007/s00058-012-1044-240<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)


<strong>PflegeKolleg</strong> Hygienisch arbeitenTAB. 2 EINTEILUNG IN RISIKOBEREICHEBereiche Beispiele Desinfektion Reinigung1. Ohne Infektionsrisiko Treppenhäuser, Flure, Verwaltung,Büros etc.2. Mit möglichem Infektions risiko Allgemeinstationen, Ambulanzen,Radiologie, Physikalische Therapie,Dialyse, Entbindung, Intensivstation3. Mit besonderem Infektions risiko OP-Abteilungen, Eingriffsräume, Intensivstationen:Brandverletzte, Transplantationseinheiten,Hämatologie/OnkologieNeinJa, aller Flächen mit häufigemHand-/HautkontaktJa, aller Flächen mit häufigemHand-/Hautkontakt und FußbödenJa, aller FlächenJa, aller Fußböden und sonstigenFlächenJa, aller sonstigen Flächen4. Mit Patienten, die Erreger in oderan sich tragen, dass im Einzelfall dieGefahr einer Weiterverbreitung bestehtIsolierbereiche/-pflegeJa, aller Flächen mit häufigemHand-/Hautkontakt und FußbödenJa, aller sonstigen Flächen5. Mit Infektionsrisiko für das Personal Mikrobiologische Labore, Pathologie,Entsorgungs. TRBA* Ja, aller Fußböden und sonstigenFlächen(modifiziert nach: Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz (2004) 47:51–61)Nähere Angaben zur Risikobewertung in diesen Bereichen enthalten die Technischen Regeln Biologische Arbeitsstoffe (z.B. TRBA 250)Auch in nichtsichtbarenVerun reinigungenkönnenInfektionserregervorhanden sein.durch Hygienekommissionen, ggf. unter zu Hilfenahmeder hygienebeauftragten Pflegekraft oder einesKrankenhaushygienikers, festgelegt und in den hauseigenenHygieneplänen dokumentiert. Bei der normalenUnterhaltsreinigung kann in der Regel aufDesinfektionsmaßnahmen verzichtet werden. GezielteMaßnahmen sind aber bei grober Kontaminationmit potentiell infektiösen Materialien angezeigt.Auch bei Bewohnern mit multiresistenten Erregernoder infektiösen Erkrankungen sind ggf. erweiterteReinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen einzuleiten.Umgang mit DesinfektionsmittelnIm Umgang mit Desinfektionsmitteln sollen immerdie Vorgaben der Hersteller und die Angaben imHygieneplan/Reinigungs- und Desinfektionsplänender Einrichtung beachtet werden.Auswahl des Mittels. Es empfiehlt sich, ein Desinfektionsmittelauszuwählen, das in den Listen desVerbandes für Angewandte Hygiene e.V. (VAH) oderdes RKI aufgeführt wird. Zur Flächendesinfektiondürfen keine anderen, z. B. Hände- oder Instrumentendesinfektionsmittel,verwendet werden. In Reinigungs-und Desinfektionsplänen muss festgelegtwerden, was, wann, wie, womit und in welcher Konzentrationund Einwirkzeit, von wem gereinigt und/oder desinfiziert wird. Die Pläne sind allen Mitarbeiternzugänglich zu machen.Dosierung und Konzentration. Da die Desinfektionsmittelnur in den getesteten Konzentrationen ihrevolle Wirksamkeit entfalten, ist auf eine exakte Dosierungzu achten. Bei einer zu geringen Dosierungwerden pathogene Erreger nicht zuverlässig abgetötetund über den Wischvorgang großflächig im Umfeldverteilt. Die Desinfektionsmittellösung selbstkann verkeimen. So kam es zum Beispiel Ende der1990er Jahre zu mehreren Infektionen und Todesfällenauf einer neonatologischen Station der GießenerUniversitätsklinik, bei dem mit Klebsiella oxytocakontaminiertes Desinfektionsmittel als Ursache ausgemachtwerden konnte. Hier war aufgrund vonHautreizungen beim Personal die Konzentration desDesinfektionsmittels von den empfohlenen 0,5% auf© Eric Hood/iStockimage42<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)


<strong>PflegeKolleg</strong> Hygienisch arbeitenCHECKLISTE – TIPPS FÜR DIE PRAXISAuswahl des Mittels▶ Für Desinfektionen, bei denen kleine Flächen oder Gegenständeschnell wieder zum Einsatz kommen sollen, bieten sich alkoholischeDesinfektionsmittel an. Diese wirken und trocknenschnell und es entsteht so gut wie keine Geruchsbelästigung.▶ Achten Sie auf die Materialverträglichkeit der zu desinfizierendenOberflächen. Viele Materialen wie Kunststoffe (Plexiglas),Computertastaturen und Monitore, Ultraschallköpfe u.ä.können stumpf werden. Hier bieten sich Mittel mit einem niedrigerenAlkoholanteil oder Wirkstoffe aus anderen Gruppen an(z.B. quartäre Ammoniumverbindungen).Einsatz von Tuchspendersystemen▶ Spezielle Tuchrollen werden zusammen mit einem Flächendesinfektionsmittelin einen desinfizierten Eimer gegeben.Durch eine Öffnung im Deckel lassen sich die vorgetränktenTücher einzeln entnehmen. Der Deckel der Entnahmeöffnungmuss immer wieder korrekt geschlossen werden und das letzteTuch darf nicht aus der Öffnung heraushängen (Austrocknungund Kontamination durch die Umgebung). Für die Standzeitsind die Herstellerangaben zu berücksichtigen.▶ Die Kombination von Tuch und Desinfektionsmittel muss vomHersteller bestätigt sein. Sie wird von den Herstellern getestet,so dass das Desinfektionsmittel auch noch am letzten Tag derStandzeit in der richtigen Dosierung und mit ausreichenderFeuchtigkeit des Tuchs an die Fläche abgegeben wird. Bei unpassenderKombination können einige Wirkstoffe im Tuch zurückbleibenund in nicht ausreichender Konzentration an diezu desinfizierende Oberfläche abgegeben werden. Es ist alsonicht ratsam, eine Komponente durch ein kostengünstigeresProdukt auszutauschen, ohne zu prüfen, ob die neue Kombinationbestätigt ist.▶ Eine Wiederaufbereitung der Eimer sollte möglich sein, imoptimalen Fall in einem Reinigungs- und Desinfektionsgerätbei Temperaturen von über 70°C. Bei der manuellen Aufbereitungder Eimer ist streng darauf zu achten, dass sie mit frischemFlächendesinfektionsmittel (nicht mit dem im Eimerverbliebenen Rest!) wischdesinfiziert werden und vor demWiederauffüllen komplett abgetrocknet sind. Im Eimer kannsich sonst ein Biofilm bilden, in dem Infektionserreger überlebenkönnen.Desinfektion bei infektiöser Gastroenteritis▶ Die häufigsten Verursacher nosokomialer Durchfälle sind Norovirenund Clostridium difficile. Beide Erreger werden durcheine Reihe von chemischen Desinfektionsmittel nicht erreicht.▶ Bei der Desinfektion von Oberflächen, die mit unbehülltenViren (z.B. Noro-, Rota-, Hepatitis A- und Adenoviren) kontaminiertsein können, werden Mittel eingesetzt, die „voll“ viruzidsind – gelistet in der RKI-Liste mit dem Wirkbereich AB (A: Abtötungvon Bakterien, Pilzen; B: Inaktivierung von Viren). Aufgrundder notwendigen höheren Konzentration und den oftaggressiveren Eigenschaften, bleiben diese Mittel aber besonderenSituationen vorbehalten.▶ Begrenzt viruzide Mittel haben eine nachgewiesene Wirksamkeitgegen behüllte Viren (z.B. Influenza-, RSV-, Varizella-ZosterundHepatitis B-Viren) und decken damit viele Viren ab. DieseMittel sollten in der täglichen Routinezum Einsatz kommen. In der neuestenAuflage der VAH-Liste sind einige dieserMittel mit entsprechender Wirkung gesondertgekennzeichnet.▶ Bakteriensporen sind besonders resistenteDauerformen von bestimmtenBakterien (z.B. Clostridium difficile-Sporen),die sich durch chemische Desinfektionsmittelnur schwer abtöten lassen. Nebender chemischen Wirkung der Desinfektionsmittelsind hier die Mechanik unddas Abspülen der Erreger bzw. der Sporenvon Bedeutung.▶ Am besten wirken sowohl bei Viren alsauch bei Bakteriensporen Mittel mit einem Aldehydanteil oderso genannte Sauerstoffabspalter (Perverbindungen wie Wasserstoffperoxidoder Peressigsäure). In der VAH-Liste sind sieunter Peroxidverbindung, in der RKI-Liste unter Perverbindungenzu finden.▶ Bei Erkrankungen mit Erbrechen und/oder Diarrhoe sindregelmäßige und gründliche Desinfektionsmaßnahmen allerpatientennaher Flächen vorzunehmen.Desinfektion bei resistenten Erregern▶ Eine Resistenz gegenüber Antibiotika ist nicht mit einer Resistenzgegenüber Desinfektionsmittel vergesellschaftet.Während eine Resistenz gegenüber einem Antibiotikum mitseinem spezifischen Angriffsort im Zellstoffwechsel möglichist, ist eine Resistenzentwicklung eines Bakteriums gegen dieunspezifisch toxischen Wirkungen eines Desinfektionsmittelsbei richtiger Anwendung eher unwahrscheinlich.▶ Zur routinemäßigen Desinfektion bei Patienten mit MRSA,VRE oder multiresistenten gramnegativen Stäbchen genügendie normalen VAH-gelisteten Desinfektionsmittel im 1-Stundenwert.Resistente Erreger werden bei einem ordnungsgemäßdurchgeführten Desinfektionsverfahren genauso erfasstwie alle anderen Erreger, die keine Antibiotikaresistenzen aufweisen.PC, Maus, Tastatur, Telefon▶ Schnurlose Telefone, Stationslaptops oder PCs in patientennahenBereichen bieten eine doppelte Problematik. Oft werdensie als Alltagsgegenstände nicht als patientennahe undsomit zu desinfizierende Gegenstände wahrgenommen. Zudemsind sie vom Aufbau und der Beschaffenheit her meistschlecht zu desinfizieren. Auch hier empfiehlt sich eine Risikobewertung.▶ Für herkömmliche Tastaturen gibt es wischdesinfizierbareFolienbezüge, die eine akzeptable Bedienbarkeit zulassen.Viele Hersteller bieten inzwischen auch wischdesinfizierbareTastaturen an, die komplett in Desinfektionsmittel eintauchbarsind (bis hin zur Möglichkeit der maschinellen Aufbereitung).Für diesen Bereich bieten sich auch Tuchspendersysteme an,die mit Desinfektionsmittel für empfindliche Oberflächen ausgestattetsind.© Luis Santos/shutterstock44<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)


0,25% reduziert worden, so dass die Erreger im Desinfektionsmittelüberleben und sich sogar vermehrenkonnten.Bei einer zu hohen Dosierung können einige DesinfektionsmittelMaterialschäden verursachen. Aucheine mögliche Gesundheitsgefährdung des Personalssteigt mit zunehmender Desinfektionsmittelkonzentration.Zudem verursachen zu hohe Mengen unnötigeKosten und belasten die Umwelt.Hinweise zum Ansetzen. Das Ansetzen der Desinfektionsmittellösungenmuss in sauberen und trockenenBehältern erfolgen. Das verwendete Wassersoll kalt sein, denn durch heißes Wasser können inKombination mit einem Desinfektionsmittel gesundheitsschädlicheDämpfe entstehen. Außerdem könnenWirkstoffe inaktiviert werden oder verdampfen. DerEinsatz von Desinfektionsmitteldosierautomaten oderGebinde mit gebrauchsfertiger Lösung ist zu bevorzugen.Werden Desinfektionsmittellösungen vonHand hergestellt, sind eine Dosiertabelle und Dosierhilfenhilfreich. Die „Schussmethode“ ist aus dengenannten Gründen generell abzulehnen.Einhalten der Einwirkzeit. In der Desinfektionsmittellisteder VAH wird empfohlen, für Risikobereiche(zum Beispiel Intensivstationen, OP), im patientennahenUmfeld und bei starker sichtbarer Kontaminationmindestens die Konzentration des 1-Stunden-Wertes für die Desinfektion zu wählen (VAH-ListeS.53 vom 1.4.2012). Zur gezielten Desinfektion kontaminierterOberflächen oder zur Desinfektion kleinerFlächen mit häufiger Nutzung sind schnell wirksameDesinfektionsmittel mit einer Einwirkzeit vonfünf Minuten einzusetzen. Da diese meist einen hohenAlkoholanteil haben, dürfen sie nicht großflächigeingesetzt werden, da dies zu Explosionen oder Brändenführen kann. Desinfizierte Flächen können inder Regel wiederbenutzt werden sobald sie trockensind. Ausnahmen sind u.a. Flächen, die vor weitererBenutzung mit Wasser nachgespült werden müssen(zum Beispiel Badewannen oder Flächen, die mitLebensmitteln in Berührung kommen). Dies gilt auchbei der gezielten Desinfektion punktueller Kontaminationen.Hier muss die volle Einwirkzeit abgewartetwerden.Kombinationen: Reinigungs- und Desinfektionsmitteldürfen nicht wahllos gemischt werden, sie müssenzusammenpassen. Die Herstellerangaben sind zubeachten.Methoden der DesinfektionFür die Flächendesinfektion ist die Scheuer-Wisch-Methode zu bevorzugen. Hierbei wird das Desinfektionsmittelunter Druck mechanisch auf der gesamtenOberfläche verteilt. Grobe VerunreinigungenFA ZIT FÜR DIE PFLEGE▶▶Die Flächendesinfektion, insbesondere vonpatientennahen Gegenständen darf nicht vernachlässigtwerden.▶▶Im Umgang mit Desinfektionsmitteln sind dieVorgaben der Hersteller und die Angaben im Hygieneplanbzw. in den Reinigungs- und Desinfektionsplänender Einrichtung zu beachten.▶▶Beim Umgang mit Chemikalien zur Flächendesinfektionsind geeignete Schutzhandschuhe zutragen. Wenn es zum Verspritzen des Desinfektionsmittelskommen kann, ist eine Schutzbrilleanzulegen.(Erbrochenes, Stuhl) sollten vorher beispielsweise mitdesinfektionsmittelgetränktem Zellstoff entfernt werden.Eine Sprühdesinfektion ist nur einzusetzen,wenn Oberflächen zu desinfizieren sind, die nichtoder nur schwer zugänglich sind. Die Nachteile dieserMethode sind mögliche Benetzungslücken, dasFehlen der mechanischen Komponente und dass auchhier – vor allem bei alkoholischen Desinfektionsmitteln– zusammen mit Luft explosive Gemische entstehenkönnen.Dauer der Verwendung von Desinfektionsmitteln.Zu unterscheiden ist die Standzeit (die Zeit, die dasfrisch angesetzte Desinfektionsmittel unbenutzt undabgedeckt stehen kann) von der Gebrauchszeit (dieZeit, die die einmal benutzte Lösung verwendet werdenkann, maximal ein Arbeitstag). Zu beachten ist,dass gebrauchte Lappen möglichst nicht in das Desinfektionsmitteleingetaucht werden, da sich mitsteigendem Verschmutzungsgrad Desinfektions mittelaufbrauchen und dadurch ihre Wirksamkeit verlieren.Im Desinfektionsmittel überlebende Erreger könntendann durch das Wischtuch verteilt werden.Matthias WürttembergerHygienefachkraft, Dipl. Pflegewirt (FH)MVZ Labor Dr. Limbach und KollegenAbteilung Hygienematthias.wuerttemberger@labor-limbach.deDr. med. Annette Schrauder, MPHMVZ Labor Dr. Limbach und KollegenAbteilung HygieneIm Breitspiel 15, 69126 Heidelbergannette.schrauder@labor-limbach.deLiteratur bei den VerfassernReinigungs- undDesinfektionsmitteldürfen nicht wahllosgemischt werden, siemüssen zusammenpassen.<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)45


<strong>PflegeKolleg</strong> FragebogenHygienisch arbeiten(Es ist jeweils nur eine Antwort richtig.)ZERTIFIZIERTEF O R T B3PunkteI L D U N GFernfortbildungzum MitmachenMit dem HEILBERUFE<strong>PflegeKolleg</strong> können sichalle Pflegekräfte unkompliziertfortbilden. WennSie 9 der 10 Fragen richtigbeantworten, erhalten Sieein anerkanntes Zertifikat,das Ihnen 3 Punkteim Rahmen der Registrierungberuflich Pflegender(RbP – www.regbp.de)beim Deutschen Pflegerat(DPR) sichert.So nehmen Sie teilAm einfachsten füllen Sieden Fragebogen unterwww.heilberufe.deonline aus. Unmittelbarnach der Teilnahme erfahrenSie, ob Sie bestandenhaben und können sichIhr Zertifikat gleich ausdrucken.Per Post senden Sie denFragebogen an:Springer MedizinRedaktion HEILBERUFEHeidelberger Platz 314197 Berlin(Fax: 030 82787 5505)Die Online-Teilnahme istfür Abonnenten der ZeitschriftHEILBERUFEkostenlos; von Nicht-Abonnenten sowie beipostalischer Einsendungwird eine Bearbeitungsgebührerhoben.Teilnahmeschlussist der 31.1.20131. Welche Maßnahme gehört zu den wichtigstenPräventivmaßnahmen nosokomialer Infektionen?A Die Händedesinfektion der Pflegeperson.B Die morgendliche Ganzkörperwäsche des Patienten.C Die Händedesinfektion des Patienten.2. Was gehört NICHT zu den ‚5 Momenten derHändedesinfektion‘?A Händedesinfektion VOR dem Patientenkontakt.B Händedesinfektion VOR Kontakt mit der unmittelbarenPatientenumgebung.C Händedesinfektion NACH dem Kontakt mit infektiösenMaterialien.3. Welche Aussage zu Handschuhen im Bezug aufPersonalhygiene ist richtig?A Handschuhe ersetzen die Händedesinfektion.B Handschuhe dienen hauptsächlich dem Patientenschutz.C Nach dem Ausziehen der Handschuhe ist immereine hygienische Händedesinfektion durchzuführen.4. Welche Kriterien sollten die Fingernägel derPflegenden erfüllen?A Die Fingernägel müssen kurz, rundgeschnitten,gepflegt und unlackiert sein.B Je künstlicher die Fingernägel desto besser.C Fingernägel spielen gar keine Rolle für die Hygiene,da in entscheidenden Situationen Handschuhe getragenwerden.5. Schutzkittel dienen dem Schutz der Dienstkleidung.Welche Aussage zum Umgang ist richtig?A Der Schutzkittel kann von einer Pflegenden beiPflegemaßnahmen an verschiedenen Patientengetragen werden.B Die Außenseite des Kittels ist beim Aufhängen zukennzeichnen, damit er bei der nächsten Verwendungrichtig angezogen werden kann.C Auf der Intensivstation sollte der Schutzkittel 1xtäglich gewechselt werden.6. In welchen Bereichen eines Krankenhauses wirddie Desinfektion von Flächen und Fußböden vonder KRINKO empfohlen?A Im Treppenhaus.B In der Patientencafeteria.C Auf der Intensivstation.7. Ein Patient mit einer Norovireninfektion hat aufseinen Nachttisch erbrochen. Wie gehen Sie vor?A Ich rufe die Putzfrau und verlasse das Zimmer.B Ich lege Handschuhe, Mundschutz und Einmalkittelan und entferne das Erbrochene mit viel Zellstoff.Danach wische ich den Nachttisch mit einem viruswirksamenFlächendesinfektionsmittel ab und wartedie vorgeschriebene Einwirkzeit ab.C Ich rufe die Schülerin, damit sie die Sprühflaschemit dem Flächendesinfektionsmittel bringt.8. Was ist beim Einsatz von Tuchspendersystem zubeachten?A Alle Komponenten sollten von einem Vertreter gekauftwerden.B Die Kombinierbarkeit von Tüchern und Desinfektionsmittelsollte vom Hersteller bestätigt sein.C Man kann bedenkenlos jedes beliebige Tuch mitjedem Desinfektionsmittel kombinieren.9. Zu den patientennahen Flächen, die einer regelmäßigenFlächendesinfektion unterzogen werdensollten, gehören:A Die Deckenlampe.B Die Brille des Patienten.C Die Türklinken.10. Was ist beim Ansetzen einer Desinfektionslösungzu beachten?A Das zum Ansetzen verwendete Wasser sollte kaltsein, damit keine gesundheitsschädigenden Dämpfeentstehen.B Das verwendete Wasser sollte heiß sein, damit essich besser mit dem Desinfektionsmittel verbindet.C Die „Schussmethode“ ist die effektivste Variantezum Ansetzen einer Desinfektionslösung.Name, VornameStraßePLZ/OrtE-Mail⃞ Ich bin Abonnent/in von HEILBERUFE und möchte gegenGebühr (5 €/pro Zertifikat) postalisch teilnehmen.⃞ Ich habe kein HEILBERUFE Abo und möchte gegen Gebühr(7,50 €/ pro Zertifikat) postalisch teilnehmen.Datum/Unterschrift <strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (10)

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