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Wahrnehmung

Eine kurze Zusammenfassung über die Entstehung der Wahrnehmung und WIE wir mit unserer Umwelt in Kontakt treten.

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<strong>Wahrnehmung</strong><br />

Entwicklung & Überraschung


Kristin Abraham<br />

Sommersemester 2013 (6. Semester)<br />

Kommunikationsdesign<br />

Fachhochschule München<br />

bei Prof. Ralph Buchner


Die<br />

Entwicklung<br />

der <strong>Wahrnehmung</strong>


ich erfahre<br />

die Welt<br />

die Umwelt<br />

umfasst<br />

mich<br />

ich berühre die Welt - die Welt berührt mich<br />

Das Wort „Kontakt“ bedeutet ursprünglich „mitspüren“!<br />

Widerstände sind meine Umwelt, darin<br />

bewege ich mich. Zu Berühren ist für Kinder der<br />

erste Zugang zur Welt. Ein fester Untergrund gibt<br />

uns Geborgenheit, z.B. eine Badewanne.<br />

Verschiedene Spürinformationen durch unterschiedliche<br />

Widerstände sind wichtig für die Entwicklung<br />

von Neugeborenen - Was ist Holz, Plastik,<br />

Stoff...?<br />

Innerhalb der ersten Wochen unterscheidet ein<br />

Säugling nicht zwischen Unterlage und Seite, durch<br />

viel Bewegung lernt er, diese Unterschiede zu erkennen<br />

- so formen sich Erkenntnisse über die Welt<br />

„unter und neben mir“ während sich der Körper<br />

bewegt. Manche Unterlagen stellen sich als stabil,<br />

andere als wackelig heraus.<br />

In Situationen mit festen Seiten befindet man sich<br />

in einer sog. „Nische“ - zwei Seiten halten den<br />

Säugling in einer konstanten Lage. Ist die Nische<br />

eher breit, erkennt der Säugling die Seiten erst<br />

durch Untersuchen seiner Umwelt - Bewegenungen<br />

zu allen Seiten, um zu erkennen wann er auf einen<br />

Widerstand trifft.<br />

Kleinkinder schaffen sich oft ihre eigene Nische,<br />

indem sie gern in Eimer oder Kartons hineinsteigen -<br />

feste Seiten bieten Sicherheit.


ich erspüre<br />

die Welt<br />

ich nehme<br />

die Welt<br />

ich umfasse einen Gegenstand<br />

Um die Beschaffenheit von Gegenständen kennenzulernen<br />

sind besonders Hände, Finger, Mund und<br />

Lippen gefragt! Bereits beim Säugling kann man<br />

beobachten, wie ständig Arme, Hände und Finger in<br />

Bewegung sind - an der Unterlage entlang oder von<br />

oben herab, bis die Hände auf Widerstand stoßen.<br />

Ergreift der Säugling einen Gegenstand, wird er<br />

auf Stabilität geprüft, Kanten und die Oberfläche<br />

erspürt.<br />

Die Mundexploration gibt konkret Aufschluss über<br />

Material und die Oberflächenstruktur. Beißen ist<br />

wesentlicher Bestandteil dieser Erforschungsmethode.<br />

ich schaue - höre - spüre<br />

In den ersten Wochen lernt der Säugling, in seinen<br />

Bewegungen innezuhalten und immer länger sich<br />

mit sinnesspezifischen Reizen zu beschäftigen.<br />

Innerhalb von 2 Monaten entwickeln sich die eigenen<br />

Körperbewegungen von „ruckartig“ zu „fließend“<br />

- dies gilt ebenso für die Augenbewegungen.<br />

Ab dem dritten Monat beginnt der Säugling Koordinantionen<br />

zwischen Erspürtem und Gesehenem<br />

zu erkennen. Das Kind liegt im Bett, spürt etwas am<br />

Arm und sieht dann zum Arm, um zu erkennen dass<br />

es die Mutter berührt.


Berühren<br />

Erkennen<br />

Verstehen


Die taktile<br />

Kommunikation<br />

Der Tastsinn<br />

Der taktile Kommunikationskanal ist phylogenetisch<br />

der älteste animalische <strong>Wahrnehmung</strong>skanal. Aus<br />

diesem haben sich alle höheren <strong>Wahrnehmung</strong>skanäle,<br />

die auch die <strong>Wahrnehmung</strong> auf Distanz<br />

erlauben, entwickelt. Die Leistungsfähigkeit dieses<br />

Kanals ist relativ gering. Taktile <strong>Wahrnehmung</strong>en<br />

lassen immer auch ein anschließendes Handeln<br />

erwarten. Die unmittelbare Nähe der Partner lässt<br />

nur die dichotome (zweigeteilte) Interpretation zu:<br />

Aggression oder Affektion (Zuneigung, Wohlwollen).<br />

Somit erzwingt die taktile <strong>Wahrnehmung</strong> aggressives<br />

oder affektives Handeln und lässt keinerlei<br />

Freiraum für Indifferenzen. Die affektive Berührung<br />

bewirkt Nähe, Vertrauen und Beruhigung.<br />

Die soziale Komponente<br />

Streicheln, tätscheln, kraulen, Auflegen der flachen<br />

Hand, Herzen und Umarmen gehören zu den universellen<br />

tonischen, den dauerwirksamen Signalen.<br />

Sie entstammen dem Repertoire der Mutter-Kind-<br />

Signale und wurden auch in das Repertoire der<br />

Erwachsenen übernommen.<br />

Um Trost zu spenden nehmen Erwachsene den<br />

Verzweifelten in die Arme. Im Allgemeinen gewährt<br />

der Ranghöhere dem Rangniedrigeren Schutz und<br />

Kontakt. Dies hat auch in die Benimmregeln nach<br />

Knigge Eingang gefunden. Dort ist die Anleitung zu<br />

finden, dass der Ranghöhere die Hand zum Gruße<br />

zuerst reicht. Körperlicher Kontakt kann beruhigen,<br />

dies wird auch bei Schimpansen beobachtet.<br />

Körperliche Berührung drückt Ranglichkeit zugleich<br />

aus.


Bewertung<br />

körperlicher<br />

Berührung<br />

Schauspieler, die ihre Partner berühren, wurden vom Zuschauer als<br />

selbstbewusster, dominanter und herzlicher eingeschätzt. Weibliche<br />

Zuschauer beurteilen die „Berührenden“ als attraktiver als den<br />

„Berührungsmuffel“. Männer beurteilten die „Berührungsmeider“ wiederum<br />

als attraktiver. „Heterosexuelle Berührende“ wirken herzlicher<br />

als Gleichgeschlechtliche. Die einseitige Berührung bringt dem, der<br />

berührt mehr Ansehen als dem Berührten. Dies liegt möglicherweise<br />

an der ursprünglich beschützenden Funktion der Berührung. Frauen<br />

werden von Männern beschützt, Mütter beschützen ihre Kinder.<br />

Der Akt des Berührens rahmt den Beschützenden als dominant, den<br />

Beschützten als unterlegen ein, daraus ergibt sich ein Statusunterschied.<br />

Frauen sind eher bindungsorientiert, akzeptieren deshalb<br />

Schutz und sind sich nicht bewusst, dass sie deshalb unterlegen<br />

wirken.<br />

Verschiedene Formen von Handkontakt<br />

Der Handkontakt wurde beim Menschen in Rituale bindender Funktion<br />

einbezogen, meist in kulturspezifischer Form. Mitteleuropäer reichen<br />

einander die Hand zum Gruß – dies ist eine Kombination von freundlichen<br />

Kontaktgewähren und einem abschätzenden Händedruck, weil<br />

die Hand quasi als Kraftmesser fungiert. In verschiedenen anderen<br />

Grußritualen fassen sich die Begrüßenden am Unterarm oder legen<br />

die Hand auf verschiedenen Regionen des Körpers (Lenden, Schultern,<br />

Haupt) auf. Die Gebärden des Segnen sind vom Handauflegen abgeleitet,<br />

man kann sie als Handauflegen auf Distanz deuten. Betätscheln,<br />

Streicheln und Umarmen sind Verhaltenselemente freundlichen Grüßens<br />

und Muster der heterosexuellen Kontaktanbahnung.


M von W<br />

W vo<br />

?


Vermeidung oder Suche von Berührungen<br />

Eine Befragung von 208 Studenten in den USA<br />

zeigte, dass die Berührung durch einen nahen<br />

Freund des Gegengeschlechts stets als angenehm<br />

empfunden wird. Frauen und Männer beurteilen die<br />

Berührung durch eine fremde Person des Gegengeschlechts<br />

unterschiedlich: Frauen beurteilen<br />

dies als unangenehm und zudringlich, für Männer<br />

ist ein Kontakt eher angenehm. Bei Frauen ist die<br />

Bedeutung der Berührung primär durch den Grad<br />

der Bekanntschaft mit dem Berührenden bestimmt.<br />

Für das Urteil der Männer gilt, dass die Bedeutung<br />

der Berührung durch das Geschlecht des Berührenden<br />

bestimmt ist. Die Tabuzonen sind dabei deutlich<br />

ersichtlich.<br />

Soziale Hautpflege wurde zum bindenden Ritual.<br />

Vor allem weibliche Personen zeigen ein starkes<br />

Bedürfnis, ihren Partner das Haupthaar und die<br />

Körperoberfläche nach Unreinheiten abzusuchen.<br />

Das Lausen spielt bereits bei nicht menschlichen<br />

Primaten eine gruppenbindende Rolle. Bei Naturvölkern<br />

leitet soziale Körperpflege oft das Paarungsvorspiel<br />

ein. Sie kann mit der Hand und mit dem<br />

Mund (Beißen, zärtliches Beknabbern, Ablecken)<br />

durchgeführt werden.<br />

Verhaltensweisen zärtlicher Kontaktpflege leiten<br />

sich davon ab. Die soziale Hautpflege unterliegt in<br />

der Öffentlichkeit kulturellen Tabus. Diese Kontaktvermeidung<br />

hat sich wohl zum Schutz der Gruppenharmonie<br />

entwickelt. Über körperliche Kontakte<br />

können allzuleicht sexuelle Beziehungen außerhalb<br />

der Ehe angebahnt werden – so ist der „Small Talk“<br />

die fortgeschrittene und zeitsparendere Entwicklung<br />

des „Lausens“ geworden.


Bekannte<br />

Person Bekannte<br />

Person<br />

angenehm<br />

angenehm<br />

teils, teils<br />

teils, teils<br />

M M von von M M W W von von W W M M von von W W W W von von M<br />

M<br />

unangenehm<br />

unangenehm<br />

Unbekannte<br />

Person Unbekannte<br />

Person<br />

Bekannte<br />

Person<br />

Bekannte<br />

Person<br />

angenehm<br />

Bekannte<br />

Person<br />

angenehm<br />

teils, teils<br />

angenehm<br />

teils, teils<br />

unangenehm<br />

Unbekannte


Der Kuss<br />

(aus der Sicht der Verhaltensforschung)<br />

Orale Formen der Zärtlichkeit sind der Kuss und<br />

das Saugen, ersteres eine betreuende mütterliche<br />

Verhaltensweise (Brutfürsorgefüttern), letzteres ein<br />

Infantilismus. Küssen ist ein ritualisiertes Füttern. Es<br />

ist eine einfache Verhaltensweise, deren Ursprung<br />

durch den Kulturen- und den Tier-Mensch-Vergleich<br />

einsichtig wird. Der Verhaltensforscher Irenäus Eibl-<br />

Eibesfeldt zeigte in einem interkulturellen Vergleich,<br />

dass in allen bekannten Kulturen Mütter ihre Kinder<br />

zärtlich küssen und „kussfüttern“. Der Säugling wird<br />

von der Mutter mit vorgekauter Nahrung gefüttert.<br />

Diese Art der Säuglingsernährung war auch bei<br />

uns vor der Einführung des „Milupa“ Fertigbreis<br />

üblich. Der Kuss ist also ein universaler Ausdruck<br />

zärtlicher Zuwendung zwischen Mutter und Kind.<br />

Er kann aber auch in heterosexuellen Beziehungen<br />

beobachtet werden. Der Kuss ist ein Ausdrucksverhalten<br />

sozialer Kontaktbereitschaft, das sich von<br />

Brutpflegehandlungen ableitet, wie übrigens auch<br />

das Streicheln, Umarmen, Wiegen und die „Babysprache“.<br />

Allgemein gilt, dass das Anbieten von<br />

Nahrung ein angeborener Ausdruck freundlicher<br />

Kontaktbereitschaft ist. Das gegenseitige Füttern<br />

ist gruppenbindend. Die Nahrungsmittelindustrie<br />

nützt deswegen auch die bandstiftende Funktion der<br />

Lebensmittel und Getränke für die Werbung.<br />

Küssen im Mensch-Tier-Vergleich<br />

Singvögel füttern sich während der Balz. Bei Schabrakenschakelen<br />

stößt das Junges die Eltern mit<br />

der Schnauze an. Bei erwachsenen Tieren ist dies<br />

eine Begrüßungsgebärde. Jeder kann die Schnauzenzärtlichkeit<br />

bei den Wölfen und Hunden beobachten.<br />

Bei Ohrenrobben ist das Schnauzenstoßen<br />

und –reiben ein Begrüßungsritual. Seehundbullen<br />

verwenden das Schnauzenstoßen um ausbrechende<br />

Streitigkeiten zwischen Weibchen zu schlichten.<br />

Sowohl beim Menschenaffen und beim Menschen


gibt es Mund-zu-Mund-Fütterung des unselbständigen<br />

Nachwuchses durch die Mutter. Schimpansen<br />

begrüßen sich auch als Erwachsene mit einem<br />

Kuss, der unserem „Bussi“ überaus ähnelt.<br />

Es gibt aber auch bei unserem nächsten Verwandten<br />

das Zärtlichkeitsfüttern der Erwachsenen, bei<br />

dem Futterbrocken von Mund zu Mund ausgetauscht<br />

werden. Es ist eine freundliche und beruhigende<br />

Geste. Der mütterliche Kuss ist universal, d.h.<br />

wir finden ihn in allen Kulturen! Über die Verbreitung<br />

des Kusses als Ausdruck sexueller Zärtlichkeit<br />

weiß man wenig: es wird vielfach behauptet, diese<br />

Form des Kusses fehle in bestimmten Kulturen (Papua,<br />

Polynesiern, Indonesiern und Eskimo, die den<br />

Kuss durch zärtliches Nasereiben ersetzten). Der<br />

Kuss kann in diesen Völkern nicht als Ausdruck von<br />

Zärtlichkeit beobachtet werden. Aber der Humanethologe<br />

Irenäus Eibl-Eibesfeldt konnte beweisen,<br />

dass das nicht stimmt. Alle Mütter herzten, küssten<br />

und kussfütterten ihre Kinder!<br />

Das bei vielen Völkern als Grußgeste entwickelte<br />

Nasereiben dürfte keine Abwandlung des Kusses<br />

sein, sondern einen anderen Ursprung haben. Beispielsweise<br />

in Bali besteht die Begrüßung Verliebter<br />

darin, sich zu beschnüffeln. Der Mensch unterdrückt<br />

vielfach angeborene Verhaltensweisen. Es sind also<br />

in diesem Falle nicht das Bewegungsmuster „Kuss“<br />

angeboren, sondern die Bereitschaft zu küssen. Es<br />

liegen aber nur wenige Beobachtungen über den<br />

sexuellen Kuss vor, denn der Mensch schirmt den<br />

Intimbereich im Allgemeinen ab. Mit den Handlungsschritten<br />

Umarmen, Streicheln und Küssen<br />

wird in unserer Kultur bereits die Intimbarriere<br />

überschritten. Sie gelten bereits als Einleitung zum<br />

sexuellen Vorspiel, mit dem dann die Schambarriere<br />

überwunden wird, z.B. von den Japanern wurde<br />

behauptet, sie hätten den Kuss von den Europäern<br />

gelernt. Aber in einem alten japanischen Zitat wird<br />

der Liebhaber davor gewarnt, während des Geschlechtsverkehrs<br />

die Zunge zwischen die Lippen<br />

der Geliebten zu stecken, da es schon vorkam, dass<br />

Frauen während des Orgasmus dem Liebhaber die<br />

Zungenspitze abgebissen hätten.


Was passiert, wenn wir<br />

nix hören,<br />

nix sehen,<br />

nix sagen ?!


Der<br />

olfaktorische<br />

Sinn<br />

Wesentlicher Bestandteil unserer <strong>Wahrnehmung</strong><br />

ist unser olfaktorischer Sinn – das Riechen. Oft<br />

unterschätzt, beeinflusst uns die geruchliche Kommunikation<br />

im Hinblick auf soziale Kontakte weitaus<br />

mehr, als bisher geahnt.<br />

Unsere feine Nase ist mit bis zu 30 Millionen<br />

Riechzellen, in etwa 350 verschiedenen Rezeptoren,<br />

ausgestattet. Der olfaktorische ist mit dem gustatorischen<br />

Sinn durch das Limbische System eng verbunden.<br />

Die Zunge kann in den seitlichen, vorderen<br />

Dritteln zwischen süß, salzig und sauer unterscheiden,<br />

während wir mittig des hinteren Drittels bitter<br />

schmecken. Geschmacksknospen, enthalten in sog.<br />

Faden-, Pilz- und Wallpapillen, können wiederum<br />

zwischen 50 und 150 Sinneszellen in sich tragen.<br />

Bei der Geburt verfügen wir über die größte Anzahl<br />

an Geschmacks-Rezeptoren, die im Laufe des<br />

Lebens absterben. Daher kann sich unsere gustatorische<br />

<strong>Wahrnehmung</strong> ändern, womöglich mögen<br />

wir Brokkoli als junger Erwachsener, obwohl wir<br />

ihn zu Kindertagen lieber mit dem Breilöffel an die<br />

Wand katapultiert hätten?! Im geschätzten Alter<br />

von 40-50 Jahren vermindert sich die Anzahl jener<br />

Sinneszellen soweit, dass unser Gedächtnis uns<br />

beim Schmecken unterstützt.<br />

Bekanntlich bildet sich die Anzahl dieser Geschmacks-Sinneszellen<br />

bei aktiven Rauchern zurück,<br />

gustatorische Zellen regenerieren sich jedoch<br />

wieder nach Beenden einer Raucher-Periode.<br />

Bestimmte Geschmäcker und Gerüche können in<br />

uns positive sowie auch negative Emotionen<br />

auslösen, gebunden an Erfahrungen die wir bereits<br />

im Leben gemacht haben. Grund dafür ist das<br />

Limbische System, anatomisch zum Teil getrennt ist<br />

es einmal erbsengroß, nahe des Thalamus, inmitten<br />

unseres Gehirns und ein anderer Teil in unserem<br />

Brustkorb angesiedelt. Es ist der Teil des menschlichen<br />

Körpers, das noch am wenigsten erforscht<br />

ist! Das Limbische System steuert unseren Antrieb,<br />

Lernen, Gedächtnis, Fortpflanzung, Emotionen, Nahrungsaufnahme<br />

und die Verdauung.


Fadenpapille<br />

Pilzpapille<br />

Wallpapille<br />

Geschmacksknospen<br />

bitter<br />

sauer<br />

salzig<br />

süß<br />

Die Leistung unserer Spür-Nase im Überblick:<br />

• Steuerung von Sympathie & Antipathie<br />

• erotisch-sexuelle Attraktion zwischen<br />

Mann und Frau<br />

• Unterscheidung von bis zu 10.000 Gerüchen<br />

• Langzeit-Gedächtnis (bekannte Gerüche werden ein<br />

Leben lang gespeichert und abgerufen)<br />

• schnellste Informationsverarbeitung<br />

(60 Mal pro Sekunde)<br />

• Gefahren erkennen<br />

Bsp. zum Lernen: Falls vor Jahren<br />

ein verdorbenes Produkt gegessen<br />

wurde wie z.B. Paprika so<br />

erinnert sich der Körper daran,<br />

sobald er wieder Paprika riecht.<br />

Eine chemische Reaktion im<br />

Gehirn löst dann Ekel aus, eine<br />

Schutzreaktion des Körpers damit<br />

man nicht wieder verdorbene<br />

Ware zu sich nimmt.


Wenn<br />

die Chemie<br />

stimmt,<br />

ist es<br />

Damenwahl<br />

Sympathie/ Antipathie – wird bis hin zur körperlichen<br />

Anziehung zwischen Mann und Frau vom<br />

Geruchssinn gesteuert. Biologen bzw. Verhaltensforscher<br />

haben herausgefunden, dass sich jedes<br />

Kind zwischen 5 und 8 Jahren sein Geruchs-Umfeld<br />

durch soziale Kontakte wie Familie und Freunde<br />

einprägt und im weiteren Leben beibehält. Die erste<br />

soziale Bindung zwischen Mutter und Kind entsteht<br />

innerhalb der ersten 2 Tage nach der Geburt – auch<br />

der erste direkte Kontakt sollte innerhalb der ersten<br />

30 bis 60 Minuten stattfinden. Diese ersten Tage<br />

bilden bereits die Basis für das spätere Sozialverhalten<br />

des Kindes mit anderen.<br />

Der körpereigene Geruch ist genetisch bedingt –<br />

z.B. ist der Geruch von Zwillingen für Spürhunde<br />

nicht zu unterscheiden, er gleicht einem Fingerabdruck.<br />

Von Mensch zu Mensch sind jedoch<br />

Riechempfinden und Eigengeruch unterschiedlich<br />

ausgeprägt.


Genetik ist das richtige Stichwort – vertraute<br />

Gerüche sind maßgeblich für unsere Partnerwahl,<br />

die Immunsysteme beider Partner sollten möglichst<br />

übereinstimmen, aber nicht zu 100%! Durch<br />

diese kleinen aber feinen Unterschiede wird für die<br />

Fortpflanzung sicher gestellt, dass sich Krankheiten<br />

nicht an Nachkommen vererben.<br />

Diese Unterscheidung sitzt auf dem kleinen Arm des<br />

6. Chromosoms, auch MHC (Major Histocompatibility<br />

Complex) genannt. Nur Frauen können den MHC<br />

unbewusst wahrnehmen und richten danach ihre<br />

Partnerwahl. Allerdings kann eine Schwangerschaft<br />

oder die Einnahme der Pille diese <strong>Wahrnehmung</strong><br />

manchmal soweit beeinflussen, dass der Körpergeruch<br />

des Partners plötzlich als unangenehm<br />

empfunden wird.<br />

Grundsätzlich ist das männliche Pheromon „Androstenol“<br />

vorgesehen, Frauen sexuell zu reizen<br />

bzw. zu erregen. Dies funktioniert bei ovulierenden/<br />

empfängnisbereiten Frauen (ca. 10. - 16. Zyklustag).<br />

Nach dem Ausschwitzen wird das Androstenol<br />

durch Enzyme und Bakterien in Androstenon umgewandelt<br />

– dieses Pheromon ist für Frauen nicht<br />

besonders wohlriechend und erinnert fast schon an<br />

Urin. Nachteil: Andere Männer können Androstenol/<br />

Androstenon auch unbewusst riechen, werten dies<br />

jedoch als negativ, manchmal sogar aggressiv. Bei<br />

Männern löst das weibliche Pheromon, die Kopuline,<br />

Attraktion aus.


Schweißrituale<br />

Schweißrituale sind weltweit verbreitet. Z.B. kümmern sich bei den<br />

„G/wi“ Trancetänzer um Kranke, die ihren Gesichts- und Achselschweiß<br />

auf sie übertragen – sie glauben an dessen Heilkraft.<br />

Bei den Gidjingali in Australien verabschieden sich die Männer, indem<br />

sie ihren Achselschweiß mit ihren Handflächen abreiben und auf den<br />

Körperseiten des Grußpartners abstreifen. Ein vergleichbares Zeichen<br />

des Respekts ist auch der traditionelle Trikot-Tausch nach einem Fußballspiel<br />

– Anstrengungen, Technik und Stärke werden durch dieses<br />

Ritual von den Spielern beider Mannschaften gewürdigt.<br />

Beim Sirtaki, einem traditionellen griechischen Tanz, war es bei den<br />

Männern früher üblich, dass sie eine Woche lang ein kleines Tuch in<br />

der Achsel trugen bis es den Schweißgeruch intensiv angenommen<br />

hatte. Am Tanzabend wurde dieses getränkte Tuch dann vor der Nase<br />

der angebeteten Frau umhergewedelt, um ihr Interesse zu gewinnen.<br />

So wurde es zu Shakespeares Zeiten auch von Frauen getan, die einen<br />

sog. Liebesapfel schälten und ihn so lange unter den Achseln trugen,<br />

bis er ihren Geruch angenommen hatte und übergaben ihn an ihren<br />

Liebsten.


Disfunktionen des Geruchsinnes<br />

quantitative Störungen<br />

• Anosmie - das völlige Fehlen des Geruchssinnes<br />

• Hyposmie - die zu geringe Riechleistung<br />

• Hyperosmie - die übermäßige Riechleistung<br />

Unterscheidung der quantitativen Störungen<br />

• Kakosmie - neurologisch<br />

• Parosmie - im psychiatrischen Bereich<br />

• Phantosmie - olfaktorische Halluzination<br />

Mögliche Ursachen für Beeinträchtigung<br />

des Geruchssinnes<br />

• Infektionen<br />

• neurologische Erkrankungen<br />

• posttraumatische Hirnschäden<br />

• Tumore des zentralen Nervensystems<br />

• Allergien<br />

• Alzheimer<br />

• Schilddrüsen-Erkrankungen


Riechst du noch<br />

oder denkst du<br />

schon?!<br />

Manipulation durch Gerüche.<br />

Da uns Gerüche beeinflussen, können wir diese tatsächlich zu<br />

unserem Vorteil nutzen. Manchen olfaktorischen Eindrücken werden<br />

positive Eigenschaften für Konzentration, Gelassenheit, Entspannung<br />

und Fitness zugesprochen.<br />

Für Konzentration: Rosmarin, Sassafras, Bergamotte, Nelke,<br />

Koriander, Basilikum, Lavendel<br />

Für Entspannung: Lavendel, Geranium, Grapefruit-Öl<br />

Für Fitness: Nelke, Ylang-Ylang, Kardamon, Eukalyptus<br />

Für Gelassenheit: Orange, Rosmarin, Majoran, Vanille, Neroli-Öl<br />

Diese unterschwellige Geruchsmanipulation wird bereits seit geraumer<br />

Zeit zu Werbezwecken verwendet – so nutzen Kaufhäuser<br />

Meeresbriesen, um bei den Kunden die Kauflust zu fördern. Negative<br />

Emotionen wie Angst, können ebenso durch bestimmte Pheromone<br />

hervorgerufen werden – wenige Kreditinstitute beträufeln Rechnungen<br />

damit.


Die<br />

auditive<br />

<strong>Wahrnehmung</strong>


Der<br />

Gehörsinn<br />

Die auditive ist eine direkte phylogenetische Weiterentwicklung taktiler<br />

<strong>Wahrnehmung</strong>. Die geringe Reizschwelle erlaubt die <strong>Wahrnehmung</strong><br />

weit außerhalb der physischen Reichweite. Sie ist damit ökonomisch<br />

und schnell. Die akustische Emission ist flüchtig und hinterlässt keine<br />

Spuren. Die Rezeption ist richtungsdifferent, sie erfordert keine besondere<br />

Zuwendung. Die Stimuli werden durch die Variation der Tonhöhe,<br />

des Klanges und der zeitlichen Strukturierung zu einer großen Anzahl<br />

leicht voneinander zu unterscheidender Signale. Die <strong>Wahrnehmung</strong><br />

über das Ohr dient primär zur kognitiven Bewältigung der Umwelt und<br />

der Verständigung über sachliche Information.


Die vokale<br />

Kommunikation<br />

beim Menschen<br />

Der Ursprung der Sprache liegt im Dunklen, aber<br />

Affektäußerungen, die in den meisten Kulturen sehr<br />

ähnlich hervorgebracht werden, weisen auf den Ursprung<br />

unserer sprachlichen Vokalisation hin. Durch<br />

Informationen, die unabhängig von der Satzbedeutung<br />

sind, wie Tonfall, Stimmhöhe u.a. signalisieren<br />

wir unserem Gesprächspartner Intention, Gemütszustand<br />

und Einstellungen.<br />

Sprache – die soziale Komponente der auditiven<br />

Kommunikation<br />

Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden<br />

Die Wortflüssigkeit ist bei Frauen besser ausgeprägt.<br />

Frauen finden eher Wörter, die einer bestimmten<br />

Bedingung genügen (z.B. Worte mit dem<br />

gleichen Anfangsbuchstaben). Außerdem verfügen<br />

Frauen über bessere verbale Fähigkeiten als<br />

Männer. Sie legen mehr Wert auf Kommunikation<br />

und damit auf persönliche Beziehungen. Mädchen<br />

lernen früher Sprechen als Jungen.<br />

Andere Worte – andere Welten<br />

Männer und Frauen lernen ihre Sprache in verschiedenen<br />

Mädchen- und Jungenwelten. Jede Gruppe<br />

interpretiert die Sprechweise der anderen nach den<br />

Regeln ihrer eigenen Welt.<br />

Die Welt der Männer: In seiner Welt ist ein Mann<br />

ein Individuum in einer hierarchisch sozialen<br />

Ordnung, in der er entweder unter- oder überlegen<br />

ist. Gespräche sind Verhandlungen, bei denen man<br />

die Oberhand gewinnen und behalten will und sich<br />

gegen andere verteidigt, die einen herabsetzen und<br />

herum schubsen wollen. Das Leben ist ein Wettkampf,<br />

bei dem es um die Bewahrung von Unabhängigkeit<br />

und die Vermeidung von Niederlagen<br />

geht. D.h. soziale Interaktionen basieren auf Macht<br />

und Leistungshierarchien. Männer sind deshalb<br />

nicht darauf fixiert Verbundenheit herzustellen und<br />

Isolation zu vermeiden. Männer neigen eher zu<br />

einer Berichtssprache. Sie führen Gespräche, um<br />

über Besonderheiten zu berichten. Deshalb weiiss<br />

ein Mann, der zu Hause sitzt, nichts zu berichten,<br />

aber sobald er mit drei oder vier anderen Leuten<br />

zusammenkommt, steigt sein Adrenalinspiegel und<br />

ihm fällt alles Mögliche ein, über das er sich verbreiten<br />

könnte. Vielen Männern fällt es leichter in der<br />

Öffentlichkeit zu reden.


Die Welt der Frauen: Innerhalb der Welt der<br />

Frauen ist jede ein Individuum in einem Netzwerk<br />

zwischenmenschlicher Bindungen. Gespräche<br />

sind Verhandlungen über Nähe, bei denen man<br />

Bestätigung und Unterstützung geben und erhalten<br />

möchte und Übereinstimmung erzielen will. Das<br />

Leben einer Frau ist eine Gemeinschaft, ein Kampf<br />

um die Bewahrung der Intimität und die Vermeidung<br />

von Isolation. D.h. soziale Interaktionen basieren<br />

auf Freundschaftshierarchien, Frauen sind nicht<br />

darauf fixiert Status zu gewinnen und Niederlagen<br />

zu vermeiden. Frauen sprechen daher eher eine<br />

Beziehungssprache. Sie führen Gespräche, um<br />

die Gemeinsamkeiten zwischen zwei Menschen<br />

hervorzuheben.<br />

Die Sprache der Frauen: Sie neigen mehr dazu<br />

Fragen zu stellen, leisten aktive Zuhörarbeit. Frauen<br />

zeigen mehr bestätigende Reaktionen („hmm“, „ja“)<br />

und sorgen für fortlaufendes Feedback. Gemeinsamkeiten<br />

werden unterstrichen, der andere wird zum<br />

Weitererzählen ermuntert. „Ja“ wird als Ausdruck<br />

benutzt für „ich bin bei dir, ich kann dir folgen“, als<br />

Feedback für den Zuhörer/Gesprächspartner.<br />

Die Sprache der Männer: Männer zeigen ihr<br />

Interesse anders als Frauen. Sie zeigen insgesamt<br />

weniger Reaktionen, neigen mehr zu Behauptungen<br />

als zu Fragen und ziehen eher etwas in Zweifel, als<br />

Zustimmung zu äußern. Männer sagen nur „ja“,<br />

wenn sie dem Sprecher zustimmen.<br />

Die Sprache in gemischten Gruppen: Wenn<br />

Frauen und Männer zusammenkommen, folgt die Interaktion<br />

männlichen und nicht weiblichen Normen.<br />

Frauen passen sich stärker an als Männer. Mädchen<br />

unter sich besprechen Beziehungsprobleme<br />

– Jungen unter sich unterhielten sich über gemeinsame<br />

Aktivitäten. Jungen und Mädchen zusammen<br />

sprachen über gemeinsame Aktivitäten und Pläne,<br />

und gaben Kommentare über Freunde ab.


Das Klischee der nörgelnden Frau ist die Folge<br />

des Wechselspiels der geschlechterspezifischen<br />

Gesprächshaltung: Frauen tun oft das, wozu man<br />

sie auffordert, während Männer sich oft schon der<br />

leisesten Andeutung, dass irgendjemand, insbesondere<br />

eine Frau, ihnen Anweisungen geben<br />

könnte, widersetzen. Eine Frau neigt dazu, eine<br />

Bitte, die unbeantwortet bleibt zu wiederholen,<br />

weil sie überzeugt ist, dass der Mann ihrer Aufforderung<br />

nachkommen wird, sobald er nur begriffen<br />

hat, wieviel ihr daran liegt. Ein Mann, der nicht das<br />

Gefühl haben will, Anordnungen zu befolgen, zögert<br />

die Erfüllung der Bitte vielleicht instinktiv hinaus, um<br />

sich selbst zu überzeugen, dass er nur aus freien<br />

Stücken handelt. Nörgelei ist das Ergebnis, denn<br />

jedes Mal, wenn die Frau ihre Forderung wiederholt,<br />

schiebt der Mann die Erfüllung erneut hinaus.<br />

Schwerpunkte in Gesprächen: Männer sind<br />

in Gesprächen eher auf Statusregeln konzentriert<br />

– Versucht der andere mich zu übertrumpfen?<br />

Versucht er eine überlegenere Position einzunehmen,<br />

indem er Anweisungen gibt?<br />

Frauen sind häufiger stärker auf das Aushandeln<br />

von Bindungen eingestimmt – Versucht der andere,<br />

mir näherzukommen oder will er sich distanzieren?<br />

Frauen und Männer legen verschiedene<br />

Schwerpunkte in ein und demselben Gespräch.<br />

Bewältigung von Problemen – Frauen erzählen<br />

von ihren Problemen, von ähnlichen Erfahrungen,<br />

stellen Fragen. Probleme zu erzählen, dient der<br />

Festigung von Beziehungen.<br />

Männer haben für jedes Problem eine Lösung<br />

parat, ziehen das ganze ins Lächerliche, streiten<br />

ab, das der andere ein Problem habe oder sie<br />

wechseln das Thema. Erteilung von Ratschlägen<br />

ist ein Zeichen von Überlegenheit.


Zuhören<br />

Es ist nicht entscheidend was man sagt, sondern<br />

WIE man etwas sagt! Frauen sind im Nachteil, weil<br />

sie Beiträge häufig als Fragen formulieren, weniger<br />

Zeit auf ihre Fragen verwenden und leiser und<br />

schneller sprechen. Fragen bedeutet, um Information<br />

zu bitten und mangelnde Kompetenz zu haben.<br />

Männer beschreiben ihre Ideen länger und ausführlicher,<br />

sprechen langsam und lauter. Sie geben erst<br />

Information ab und wirken deshalb selbstsicherer.


Visuelle<br />

<strong>Wahrnehmung</strong>


Der<br />

Gesichtssinn<br />

Die visuelle <strong>Wahrnehmung</strong> hat von der taktilen nur<br />

die räumliche Komponente übernommen. Sie ist<br />

im Hinblick auf Distanzwahrnehmung, d.h. für stark<br />

lokomobil orientierte Organismen in noch stärkerem<br />

Maße als die auditive <strong>Wahrnehmung</strong> von Vorteil,<br />

da die geringe Reizschwelle die <strong>Wahrnehmung</strong><br />

von Objekten in außerordentlicher Distanz erlaubt.<br />

Die <strong>Wahrnehmung</strong> über die Augen ist schnell und<br />

vergänglich. Der Gesichtssinn ist den anderen<br />

Kanälen überlegen, weil er als einziger die <strong>Wahrnehmung</strong><br />

von Bewegungen bzw. Lokomotion auf<br />

Distanz erlaubt. Dieser „mühelose“ Sinn lässt sich<br />

beliebig lange, also ununterbrochen einsetzen. Die<br />

Emission ist gerichtet. Die funktionale Bedeutung<br />

des visuellen Kanals bezieht sich auf die Emotion,<br />

Stimmungen und Motivation. Der Einsatz anderer<br />

Kanäle ist oft erst möglich, wenn schon der visuelle<br />

Kanal in Aktion getreten ist, d.h. der visuelle Kanal<br />

kontrolliert als Metasinn die anderen Sinne. Das<br />

nichtsprachliche Verhalten ist nur schwer unterdrückbar<br />

oder steuerbar.<br />

Die visuelle Kommunikation<br />

bei Menschen<br />

Viele wichtige Mitteilungen werden über mehrere<br />

Übertragungskanäle gleichzeitig übermittelt. Gesten,<br />

Mimik und Blickkontakte vermitteln Informationen<br />

über den jeweiligen emotionalen Zustand, regeln die<br />

Sprecherrollenübergabe, betonen oder verstärken<br />

Teile des Gesprochenen und lassen sich nur schwer<br />

unterdrücken oder willentlich steuern.


4<br />

2<br />

1<br />

4<br />

7<br />

6<br />

1. Hochheben der inneren Augenbraue<br />

2. Hochheben der äußeren Augenbraue<br />

4. Zusammenziehen der Augenbrauen<br />

6. Heben der Wangen<br />

7. Anspannen der Augenlider


Visuelle<br />

Signalsysteme<br />

Kinesik:<br />

• Gesichtsausdruck/ Mimik<br />

• Blickkontakt<br />

• Gestik<br />

• Körperhaltung, Körperbewegung<br />

Ausdrucksbewegungen –<br />

kinetische Signale<br />

Gerade unbewusste und affektive, emotionale<br />

Informationen werden durch sogenannte nonverbale<br />

Signalsysteme ausgedrückt. Allgemein fasst<br />

man diese affektiven Signalsysteme unter dem<br />

Begriff „Kinesik“ zusammen. Kinetische Signale<br />

sind ausgesprochen wichtig, da sie als visuelle<br />

Signale stark mit den Emotionen verknüpft werden<br />

und zudem direkt in den Langzeitspeicher gelangen.<br />

Der potentielle Empfänger von Informationen glaubt<br />

bei gegensätzlichen Informationen (Unterschiede im<br />

Informationsgehalt zwischen nonverbalen und verbalen<br />

Informationen) daher eher den nonverbalen<br />

Informationen – „Ich glaube nur, was ich sehe.“<br />

Wie kommt es überhaupt zum Phänomen<br />

des Ausdrucks?<br />

Man kann die existierenden Theorien in zwei große<br />

Gruppen einteilen. Die der Entladung und die der<br />

Korrespondenz.


a) Korrespondenz: Ausdruck als soziales<br />

Signal<br />

Nach dieser Theorie ist der Ausdruck in jedem<br />

Fall der Versuch, dem anderen etwas mitzuteilen.<br />

Ausdruck ist immer von jemandem für jemanden.<br />

Ein Hinweis für die Richtigkeit dieser Hypothese ist<br />

die Tatsache, dass die positiven und die neutralen<br />

Emotionen durch Anwesenheit anderer Personen<br />

verstärkt, die negativen Emotionen verborgen<br />

werden.<br />

Welche Emotionen gibt es? Zu den Basisemotionen<br />

zählen positive (Freude, Lust), neutrale (Interesse,<br />

Überraschung) und negative (Ärger, Ekel, Trauer,<br />

Geringschätzigkeit, Angst) Emotionen. Diese Emotionen<br />

sind angeborene neurophysiologische Reaktionsmuster,<br />

denen ein entsprechendes Ausdrucksverhalten<br />

zugrundeliegt. Diese Emotionen stellen<br />

quasi das Alphabet unserer Gefühlsausdrücke dar.<br />

Zu den schnellen Ausdrucksbewegungen gehört<br />

Lachen, Lächeln, Gähnen und Spott. Langsame, bzw.<br />

lang anhaltende Ausdrucksbewegungen sind Trauer<br />

und Wut.<br />

b) Entladung: Ausdruck von Emotionen<br />

Die Emotionen bzw. emotionalen Zustände (Basisemotionen)<br />

sind es, die meist mit den nonverbalen<br />

Signalen übermittelt werden. Der Ausdruck ist<br />

lediglich die körperliche Reaktion eines inneren<br />

Geschehens, deren ständige Kopplung wir für den<br />

Rückschluss auf die inneren Vorgänge nutzen.<br />

c) Vereinigung der beiden Theorien<br />

Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte: Ausdrucksbewegungen<br />

sind sowohl Ausdruck von<br />

Emotion als auch ein soziales Signal. Geht jemand<br />

schleppend, ist das gleichzeitig der Ausdruck der<br />

Müdigkeit, gleichzeitig kann man das auch von<br />

außen erkennen.


Trauer<br />

Wut<br />

Freude<br />

Angst<br />

Ekel<br />

Überraschung


Mimik<br />

Menschen haben die ausdrucksvollsten Gesichter im ganzen Tierreich.<br />

Es ist überraschend, wie weitgehend die Gesichtsbewegungen in den<br />

verschiedenen Kulturen bei verschiedenen Rassen einander gleichen,<br />

zumal die Ausdifferenzierung der Gesichtsmuskeln große rassische<br />

Unterschiede aufweisen. Bei Schwarzen, Australiern, Chinesen und<br />

Papuas sind die Muskeln grob gebündelt und wenig differenziert. Die<br />

Muskeln der Europäer sind feiner gebündelt und stärker differenziert.<br />

Ein rein kulturell geformtes Mienenspiel ist relativ selten – wie z.B.<br />

beim Zuzwinkern mit einem Auge als Geste vertrauter Komplizenschaft.<br />

Die menschliche Mimik wird vom limbischen System und dem<br />

Neocortex kontrolliert. Die Mimik ist sowohl soziales Signal als auch<br />

Ausdruck von Emotion. Imitationen mimischer Ausdrücke kann bereits<br />

bei Neugeborenen ausgelöst werden.<br />

Das Gesicht ist einer der wichtigsten Bezugspunkte in der zwischenmenschlichen<br />

Kommunikation. Wir erkennen unsere Mitmenschen<br />

am Gesicht. Es gibt eine Region in der kortikalen Repräsentation der<br />

Sehbahn – wird diese zerstört kommt es zur visuellen physiognomischen<br />

„Seelenblindheit“. Andere Menschen werden zwar als Menschen<br />

erkannt, aber nicht als Person. Das Gesicht ist so etwas wie ein<br />

Signaldisplay. Dank zahlreicher differenzierter Muskeln können wir<br />

Teile der Gesichtsfläche gegeneinander bewegen und auf diese Weise<br />

unsere Gefühle ausdrücken.


Das Auge<br />

im<br />

Visier<br />

Die Augenpartie gehört mit zum auffälligsten Körperausdruck.<br />

Schmachtend, funkelnd, leuchtend, wissend, dankbar, lachend,<br />

durchdringend, hungrig, durstig, gierig … endlos ließe sich diese<br />

Liste weiterführen. Diese Adjektive beschreiben Emotionen, die das<br />

Auge als visuelles Empfangssystem gar nicht auszudrücken vermag.<br />

Das Rezeptionsorgan „Auge“ gewinnt eine sekundäre Funktion als<br />

Emissionsorgan. Ein wahrnehmendes Organ wird damit Gegenstand<br />

der <strong>Wahrnehmung</strong> und hat in der direkten Interaktion für die anlaufenden<br />

Kommunikationsprozesse fundamentale Bedeutung. Es ist<br />

der Gebrauch des Auges und die dazu gehörende Mimik, die es zum<br />

wichtigsten Organ der Informationsübertragung machen und in die<br />

Lage versetzen, selbst die kleinsten Nuancen menschlicher Emotionen<br />

zu übertragen.


Pupillenerweiterung<br />

Die Pupillenweite ändert sich, wenn Menschen etwas<br />

wahrnehmen, das ihr positives Interesse erregt.<br />

Dann erweitert sich die Pupille kurzfristig über den<br />

vom Beleuchtungsgrad bestimmten Adaptionswert.<br />

Nehmen Menschen etwas wahr, was sie ablehnen,<br />

dann verengt sich die Pupille. Zustimmung und<br />

Ablehnung kann man demnach an der Änderung der<br />

Pupillenweite ablesen. Die Aufnahmen mit vergrößerten<br />

Pupillen lösen bei Männern eine stärkere<br />

Pupillenerweiterung aus als jene mit den verkleinerten<br />

Pupillen. Wahrscheinlich verzieren Frauchen<br />

auf der „Jagd“ ihre Augen mit Wimperntusche und<br />

Lidschatten, um ihre Augen größer erscheinen zu<br />

lassen. Aber diese Methode der Manipulation ist<br />

nichts Neues, bereits die Inkadamen tröpfelten sich<br />

den Sagt der Tollkirsche (Atropa belladonna) in die<br />

Augen. Der Artenname bedeutet soviel wie „schöne<br />

Frau“. Der Saft der Tollkirsche enthält Atropin, das<br />

die Pupillen erweitert und den Frauen, die diesen<br />

Trank benutzten, einen sinnlichen, eindringlichen<br />

Blick verleiht. Die Frauen erscheinen dem Betrachter<br />

dadurch attraktiver. Schaut man jemandem, dessen<br />

Pupillen erweitert sind in die Augen, erweitern<br />

sich die eigenen Pupillen. Die Pupillenerweiterung<br />

löst beim Empfänger das Gefühl von Sinnlichkeit<br />

aus. Durch die soziale Rückkopplung wird der<br />

Zustand der Sinnlichkeit von einer Person auf eine<br />

andere übertragen. Durch die interne Rückkopplung<br />

zwischen dem Gesicht und dem Gefühl erreicht<br />

man dann schließlich einen ähnlichen Zustand der<br />

Leidenschaft. Moderne Frauen nutzen Kerzenlicht,<br />

um ihre Pupillen zu erweitern.<br />

Blickverhalten<br />

Schon durch die Dauer der Blicke und die Blickrichtung<br />

bekommen Blicke die verschiedensten<br />

Bedeutungen. Blicke können als Fingerzeig funkgieren<br />

oder als Verstärker, ähnlich wie das Kopfnicken<br />

oder Lächeln. Über Blicke werden Rückkopplungen<br />

und nichtsprachliches Verhalten von anderen gesammelt,<br />

gleichzeitig wird Information gesendet. Die<br />

Bedeutung der „Augensprache“ bei der visuellen<br />

Kommunikation wird durch die Kontrasterhöhung<br />

– Augenweiß und Iris – betont. Das Augenweiß<br />

gestattet die <strong>Wahrnehmung</strong> der Augenbewegung<br />

des Partners.<br />

Der Blickkontakt spielt bereits in der frühen Mutter-<br />

Kind-Beziehung eine entscheidende Rolle. Dank der<br />

weißen Augäpfel können wir die Augensprache unserer<br />

Mitmenschen gut wahrnehmen. Die Gefühle,<br />

die durch den Blickkontakt ausgelöst werden, sind<br />

aber ambivalent. Einerseits ist der Blickkontakt notwendig<br />

zur Kommunikation mit den Mitmenschen,<br />

er ist ein Zeichen, ein Signal dafür, dass die anderen<br />

Kommunikationskanäle offen sind. Andererseits<br />

wird ein zu langer Blickkontakt als Drohstarren<br />

interpretiert. Das Drohstarren ist ein normales<br />

Repertoire aggressiven Verhaltens.


Gesten<br />

Die meisten Gesten sind kulturell geformt. Eine<br />

Ausnahme bildet das „Zeigen mit dem Zeigefinger“,<br />

diese Verhaltensweise findet man überall, bereits<br />

beim Säugling. Gesten untermalen, bilden ab,<br />

weisen hin und halten die Konversation im Fluss. Die<br />

Gesten lassen sich in Embleme, Automanipulationen<br />

und Illustratoren einteilen.<br />

Embleme sind symbolische, sinnbildliche Darstellungen,<br />

bei denen ein Zeichen eine ganz bestimmte<br />

Bedeutung hat. Z.B. das Ausbreiten der Hände,<br />

verbunden mit dem Achselzucken für Ratlosigkeit.<br />

Neben den universellen Emblemen, die in allen Kulturen<br />

verstanden werden, gibt es auch rein kulturell<br />

gestaltete Bewegungsmuster.<br />

Zum Beispiel Lange-Nase-Zeigen, Vogelzeigen,<br />

signalisieren mit dem erhobenen Daumen – diese<br />

kulturell tradierten Bewegungen sind für die Bevölkerung<br />

bestimmter Gebiete genauso kennzeichnend<br />

wie Dialekte.<br />

Heranwinken: In Nordeuropa wird die heranwinkende<br />

Hand mit der Handfläche nach oben gehalten, in<br />

Südeuropa dagegen nach unten. Die südeuropäische<br />

Variante sieht für Nordeuropäer aus wie „geh<br />

zurück“ oder „verschwinde!“.<br />

Ermahnung: Ein gutes Beispiel für ein biologisch<br />

determiniertes Emblem ist der erhobene Zeigefinger<br />

als Ermahnung. Er wurde in Filmdokumenten bei<br />

vielen Kulturen nachgewiesen.<br />

Friedens-/ Sieges-<br />

Symbol<br />

mit Handrücken von<br />

sich weg, in England ein<br />

Beleidigungs-Symbol<br />

Handzeichen für<br />

„telefonieren“


Heranwinken Ablehnung, „Stopp!“ in Ordnung<br />

Automanipulationen<br />

Sie dienen der Erregungsabfuhr, sind oft als „Übersprungsbewegungen“<br />

zu deuten und können bei<br />

allen Menschen beobachtet werden. Automanipulationen<br />

sind alle Verhaltensweisen der Selbstberührung.<br />

Auch in anderen Kulturen kratzen sich die<br />

Menschen bei Verlegenheit am Kopf oder beißen<br />

an Fingernägeln oder Lippen. Automanipulationen<br />

haben oft die Funktion des Tröstens. Selbstadaptoren<br />

erleichtern oder blockieren den sensorischen<br />

Input, gehören zu einnehmenden, ausscheidenden<br />

oder selbsterregenden Tätigkeiten, sind relevant für<br />

Hautpflege, Reinigung oder Attraktivitätserhöhung<br />

des Gesichtes oder des Körpers, erleichtern oder<br />

verhindern Geräusche oder Sprachausgabe oder<br />

stellen eine Aggression gegen sich selbst dar.<br />

Selbstadaptoren kommen an privaten Orten häufiger<br />

vor als an öffentlichen. Dies wird offensichtlich,<br />

wenn sie mal Ihre Mitmenschen im Auto an der<br />

Ampel beobachten. Die Person, die eine Automanipulation<br />

ausführt, wird den Blickkontakt zu anderen<br />

Menschen abbrechen. Die Ausführungsfrequenz<br />

von Selbstberührungen nimmt mit steigender<br />

Unbehaglichkeit oder Angst zu. Verhaltensforscher<br />

wiesen nach, dass ein Geschlechtsunterschied<br />

in dem Gebrauch von Adaptoren besteht. Frauen<br />

benutzen häufiger derartige Bewegungen, die der<br />

Verbesserung des Aussehens dienen, als Männer.<br />

Frauen streichen sich häufiger über die Haare oder<br />

über das Gesicht, korrigieren den Sitz ihrer Kleidung<br />

oder berühren in irgendeiner Art und Weise ihren<br />

Körper.<br />

Illustratoren<br />

Illustratoren sind gesprächsbegleitende Gesten.<br />

Diese sind eng an den Inhalt und Fluss der Rede<br />

gebunden, verleihen Nachdruck, Wort oder akzentuieren<br />

bestimmte Aussagen. Illustratoren helfen,<br />

den Gesprächsablauf – ähnlich wie der Taktstock<br />

eines Dirigenten – zu segmentieren, setzen quasi<br />

Satzzeichen und regeln die Sprecherrollenübergabe.<br />

Der Sprecher sendet Wortführungs-, Fortsetzungs-,<br />

Übergabe- und Unterdrückungssignale, der Zuhörer<br />

sendet Rückmeldungen und Wortmeldungssignale. Auf<br />

ein Objekt deuten oder „Armdeuten“: der Ellbogen oder<br />

das Handgelenk wird plötzlich angezogen und vertikal<br />

auf ein Objekt hinbewegt. (Hinweis)<br />

Für Richtungs- und Entfernungsangaben benutzten<br />

unsere Urahnen bereits ihren gestreckten Zeigefinger.<br />

Mit der Stellung des Fingers wurde damals bereits<br />

sowohl die Richtung, als auch die Entfernung gezeigt.<br />

Der Finger symbolisiert einen Pfeil oder Speer, der je<br />

entfernter das Ziel war, umso höher angelegt werden<br />

musste.


Körperpositionen<br />

und<br />

Körperbewegung<br />

Körperwinkel<br />

Die Abwinkelung von Kopf und Körper aus der<br />

Senkrechten sind Signale der Unterwerfung, die<br />

bedrohende, aufrechte Gestalt des Körperumrisses<br />

wird dadurch aufgehoben. Entweder wird der Kopf<br />

schräg gehalten und gesenkt oder der Körper selbst<br />

wird abgewinkelt. Überall dort, wo Gelenke sind,<br />

können Winkel auftreten. Betrachten wir die Winkel<br />

eines normal stehenden Körpers, dann haben diese<br />

entweder 0, 90 oder 180 Grad. Jede Änderung dieser<br />

Winkel könnte nun Unterwerfung anzeigen. Am Maß<br />

der Verwinkelung eines Körpers kann man die Verhaltenstendenzen<br />

der jeweiligen Person ablesen.<br />

Im Falle der Dominanz ist die Körperlinie wenig<br />

verwinkelt, im Falle der Submission ist die Körperlinie<br />

stark verwinkelt. Obwohl, zumindest beim Hund<br />

die Stellung der Submission vom Futterbetteln der<br />

Welpen abgeleitet werden kann, spricht nichts<br />

gegen ein allgemeines Verwinkelungsprinzip zur<br />

Darstellung von Unterwürfigkeit.


Quellen:<br />

Bilder: eigene Überarbeitung; (Vorlagen über Google)<br />

Texte: S. 17 - 25 eigene Zusammenfassung aus Skript<br />

Nonverbale Kommunikation, Kirsten B. Kruck<br />

S. 3 - 5 eigene Zusammenfassung aus dem Buch<br />

„<strong>Wahrnehmung</strong>, Wirklichkeit und Sprache“ von<br />

Félicie Affolter<br />

Restliche Seiten aus Skript:<br />

Nonverbale Kommunikation, Kirsten B. Kruck

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