Dies ist der Titel der Präsentation - akj
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Macht unsere Konsumgesellschaft Bildungsferne<br />
und finanziell Schwache dick?<br />
Thea Rytz lic. phil. I<br />
Zentrum für Adipositas, Ernährungspsychologie und<br />
Prävention von Essstörungen
ZAEP<br />
Thea Rytz 2
ZAEP<br />
Häufigkeit von Adipositas bei Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />
nach sozialem Status (Deutschland)<br />
Thea Rytz 3
ZAEP<br />
Seltener in Bewegung<br />
Thea Rytz 4
ZAEP<br />
Städte Basel, Bern, Zürich<br />
Erhebung <strong>der</strong> Gewichtsdaten <strong>der</strong> Schulkin<strong>der</strong> des<br />
obligatorischen Unterrichts<br />
• jedes fünfte Schulkind <strong>ist</strong> übergewichtig<br />
• jedes zwanzigste <strong>ist</strong> fettleibig<br />
• Mit zunehmendem Alter steigt <strong>der</strong> Anteil übergewichtiger<br />
Kin<strong>der</strong>.<br />
• Knaben sind häufiger übergewichtig als Mädchen.<br />
• Je höher <strong>der</strong> Bildungshintergrund und <strong>der</strong> soziale Status,<br />
desto tiefer <strong>ist</strong> <strong>der</strong> Anteil an übergewichtigen Kin<strong>der</strong>n.<br />
Stamm et al., 2008<br />
Thea Rytz 5
ZAEP<br />
Vierter Gesundheitsbericht Kt. BE, 2010<br />
Sozial benachteiligte Menschen im Kanton Bern haben ein<br />
deutlich höheres Risiko, zu erkranken und frühzeitig zu<br />
sterben. Sowohl Schulbildung wie Einkommen und berufliche<br />
Stellung zeigen einen Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />
Gesundheit <strong>der</strong> Bevölkerung. <strong>Dies</strong>es Muster beginnt schon<br />
vor <strong>der</strong> Geburt und zieht sich durch Kindheit, Jugend,<br />
Erwachsenenalter bis hin zum Lebensende.<br />
Thea Rytz 6
ZAEP<br />
Armut <strong>ist</strong>:<br />
„Wenn man nicht genug zum Anziehen kaufen kann. Wenn man<br />
nicht genug zum Essen hat. Wenn man nichts in seiner Freizeit<br />
machen kann. Wenn man keinen Fotoapparat hat, für<br />
Erinnerungen. Wenn man etwas zur Schule mitbringen muss,<br />
ein Buch o<strong>der</strong> eine CD und man das nicht hat.“<br />
10-jähriges von Armut betroffenes, deutsches Kind<br />
in: UGB-Forum 2008.<br />
Thea Rytz 7
ZAEP<br />
Konsumieren – Haben – Sein<br />
Identität und Selbstwert<br />
„Konsumieren <strong>ist</strong> eine Form des Habens, vielleicht die<br />
wichtigste in den heutigen Überflussgesellschaften.<br />
Konsumieren <strong>ist</strong> etwas Zweideutiges. Es vermin<strong>der</strong>t die<br />
Angst, weil mir das Konsumieren nicht weggenommen<br />
werden kann, aber es zwingt mich auch, immer mehr zu<br />
konsumieren, denn das einmal Konsumierten hört bald auf,<br />
mich zu befriedigen.<br />
Der mo<strong>der</strong>ne Konsument könnte sich mit <strong>der</strong> Formel<br />
identifizieren: Ich bin, was ich habe und was ich<br />
konsumiere.“<br />
Erich Fromm, Haben o<strong>der</strong> Sein, 1980<br />
Thea Rytz 8
ZAEP<br />
Soziale Benachteiligung beeinflusst viele Lebensbereiche<br />
Thea Rytz 9
ZAEP<br />
• wohnen in verkehrsreichen Gegenden, engere Wohnungen,<br />
weniger Spielplätze, weniger Bewegung<br />
• häufiger von Verkehrsunfällen betroffen<br />
• weniger Sozialkontakte, weniger Vereinsaktivitäten<br />
• wesentlich mehr Erfahrungen von Gewalt<br />
• schlechtere Bildungschancen<br />
• grösseres Risiko unter mind. einem psychischen Problem zu<br />
leiden<br />
• Eltern sind mehr von prekären Arbeitssituationen betroffen<br />
• essen weniger Obst und Gemüse,<br />
mehr kalorienreiche, billigere, länger haltbare Nahrungsmittel<br />
Thea Rytz 10
ZAEP<br />
Kontrollüberzeugung als Schlüssel zu gesundem<br />
Verhalten<br />
Erwartung, dass das eigene Verhalten<br />
eine Wirkung auf den Lebensverlauf hat,<br />
dass man selbst über sein Leben<br />
bestimmen kann.<br />
Thea Rytz 11
ZAEP<br />
Vielschichtige, soziale Benachteiligung<br />
Wenig Erfahrungen, Situationen<br />
positiv beeinflussen zu können –<br />
Frustration, Resignation, Ohnmacht<br />
geringe Selbstachtung, soziale Isolation<br />
Langfr<strong>ist</strong>ig schlechtere Zukunftschancen<br />
Soziale Benachteiligung, Armut macht krank<br />
Thea Rytz 12
ZAEP<br />
Kontrollüberzeugungen<br />
Thea Rytz 13
ZAEP<br />
Thea Rytz 14
ZAEP<br />
Zweite nationale Verzehrstudie in Deutschland - 2008<br />
• „Dick und doof?“ – Stern Online<br />
• „Schlechte Bildung führt zu Übergewicht“ Rheinische Post<br />
• „Die dicke Unterschicht“ – taz<br />
• „Armes, dickes Deutschland“ – FOCUS<br />
• „Bildung macht schlank“ – Tagesschau<br />
Warum nicht?<br />
• „Reichtum macht schlank“<br />
• „Wenig Geld macht dick!“<br />
Thea Rytz 15
ZAEP<br />
Eigenverantwortung?<br />
Anhänger <strong>der</strong> Eigenverantwortung behaupten:<br />
Übergewichtige sind übergewichtig, weil sie zu viel bzw.<br />
das Falsche essen und sich zu wenig bewegen. Und arme<br />
Menschen sind oft übergewichtig, weil sie sich keine<br />
Gedanken machen, was sie essen sollten.<br />
Mangelnde Bildung, mangelndes<br />
Kontrollverhalten<br />
mit Blick auf die Kostenfolgen:<br />
Mehr for<strong>der</strong>n, statt för<strong>der</strong>n<br />
Thea Rytz 16
ZAEP<br />
„Nicht Armut <strong>ist</strong> das Hauptproblem <strong>der</strong><br />
Unterschicht, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> massenhafte<br />
Konsum von Fast Food und TV.“<br />
Paul Nolte, Professor für Zeitgeschichte, 2003<br />
Thea Rytz 17
ZAEP<br />
Ethik? Selbstgerechtigkeit?<br />
Im August 2008 for<strong>der</strong>te beispielsweise ein<br />
Zusammenschluss von mehr als 400 britischen<br />
Gemeindevertretern, die Praxis des Sorgerechtsentzugs<br />
massiv auszudehnen, da <strong>der</strong> „Übergewichts-Epidemie“<br />
und <strong>der</strong> mit ihr einhergehenden Kostenlawine für die<br />
Kommunen an<strong>der</strong>s nicht Herr zu werden sei.<br />
Schorb, 2009; Seite 13<br />
Thea Rytz 18
ZAEP<br />
Selbstdisziplin bezogen auf Körper und Gewicht<br />
Ein Präventionsbumerang?<br />
• Le<strong>ist</strong>ungsideal <strong>der</strong> Mittelschicht<br />
= schlank, muskulös und gesund<br />
• Wo ein Wille <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> ein Weg / No pain – no gain<br />
• sozialer Aufstieg wird verkörpert – zu welchem Preis?<br />
• 50% <strong>der</strong> 9-10 jährigen Mädchen möchten dünner sein<br />
• 50% <strong>der</strong> 11-13 Jährige Diäterfahrungen (2007, KiGGS)<br />
Thea Rytz 19
ZAEP<br />
Intensive Beschäftigung mit „gesundem“ Essen<br />
Die SchweizerInnen beschäftigen sich auffällig intensiv mit<br />
„gesundem“ Essen. Orthorexie wird als eine ausgeprägte<br />
Fixierung auf die Auswahl von „gesundem“ und<br />
Vermeidung von „ungesundem“ Essen verstanden.<br />
Ein Drittel <strong>der</strong> CH Bevölkerung erfüllt<br />
alle Kriterien <strong>der</strong> Orthorexie<br />
ca. weitere 40% erfüllen<br />
nicht alle Kriterien aber einige<br />
Lebenszeitprävalenz zu Essstörungen in <strong>der</strong> Schweiz,<br />
Schny<strong>der</strong> et al. 2012 im Auftrag BAG / 10‘000 Telefoninterviews<br />
Thea Rytz 20
ZAEP<br />
Kontrollverhalten bezüglich Gewicht von normal<br />
gewichtigen Jugendlichen während den letzten 12 Mt.<br />
Girls<br />
Prevalence (%)<br />
Boys<br />
Prevalence (%)<br />
USA 56 28<br />
Canada 53 22<br />
Belgium 40 14<br />
Estonia 49 15<br />
Finland 45 10<br />
Greece 60 34<br />
Latvia 45 22<br />
Poland 54 19<br />
Ojala et al. Int J Behav Nutr Phys Act (2007) 4: 50 (Table 3)<br />
Thea Rytz 21
ZAEP<br />
Was <strong>ist</strong> das Problem?<br />
• Übergewicht? Adipositas? Morbide Adipositas?<br />
• Diäten? Angst- und Kontrollverhalten?<br />
• Armut? Ausgrenzung? Verteilungskampf?<br />
• Rigide Le<strong>ist</strong>ungs- und Körperideale?<br />
• Gesellschaftliche Normierung?<br />
• Partizipation von Zielgruppen? Machtpolitik?<br />
• Moralisierende, diskriminierende Debatten?<br />
Thea Rytz 22
ZAEP<br />
Gesellschaftliche Rahmenbedingungen:<br />
Sozial-, Gesundheits-, Bildungs- und<br />
Integrationspolitik<br />
Zum Beispiel:<br />
• Mindestlöhne, Sozialversicherungen<br />
• Höhere Kin<strong>der</strong>zulagen<br />
• Familienexterne Kin<strong>der</strong>betreuung<br />
• Familienfreundliche Arbeitsmarkspolitik und<br />
Arbeitsbedingungen<br />
• Kin<strong>der</strong>- und jugendgerechte Städteplanung<br />
• ...<br />
Thea Rytz 23
ZAEP<br />
O<strong>der</strong> ?<br />
Thea Rytz 24
ZAEP<br />
Bedingungsloses Grundeinkommen?<br />
Mehr Freiheit und Verantwortung<br />
Immer mehr Menschen stehen am<br />
Arbeitsplatz unter Druck, Entlassungen<br />
führen zu Ex<strong>ist</strong>enzängsten.<br />
Je<strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> rechtsmässig in <strong>der</strong><br />
Schweiz lebt, erhält jeden Monat 2‘500<br />
Franken. Kin<strong>der</strong> abgestuft nach Alter.<br />
Egal, ob jemand reich o<strong>der</strong> arm, gesund<br />
o<strong>der</strong> krank, allein lebt o<strong>der</strong> in Gesellschaft,<br />
erwerbstätig <strong>ist</strong> o<strong>der</strong> nicht. Je<strong>der</strong><br />
Mensch erhält die Möglichkeit, über sein<br />
Leben mehr selbst zu bestimmen.<br />
Thea Rytz 25
ZAEP<br />
Vitalität und Resilienz för<strong>der</strong>n – vernetztes Denken<br />
und Handeln – vielfältig gute Zukunftschancen!<br />
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