BDI/BDA Brüssel Aktuell 03|2015
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März 2015<br />
Europäische Kommission<br />
veröffentlicht Paket zur<br />
Energieunion<br />
Die Europäische Kommission hat am<br />
25. Februar 2015 ihr Paket zur Energieunion<br />
veröffentlicht. Es umfasst drei<br />
nicht-legislative Mitteilungen, in deren<br />
Mittelpunkt die EU-Rahmenstrategie für<br />
eine Energieunion steht.<br />
>> Seite 2<br />
Kapitalmarktunion<br />
Umwelt<br />
Corporate Governance<br />
Chancen für mehr Investitionen<br />
in Europa<br />
Die Europäische Kommission hat ein<br />
Strategiepapier zur Harmonisierung und<br />
Vereinfachung der Kapitalmarktregeln<br />
veröffentlicht.<br />
>> Seite 3<br />
Vorschläge zur Kreislaufwirtschaft<br />
zurückgezogen<br />
Die Europäische Kommission hat wie angekündigt<br />
das im Juli 2014 vorgelegte<br />
Paket zur Kreislaufwirtschaft (Circular<br />
Economy) zurückgezogen.<br />
>> Seite 4<br />
Die Aktionärsrechterichtlinie<br />
nimmt Fahrt auf<br />
Der ECON-Ausschuss hat in seiner Sitzung<br />
am 24. Februar 2015 seine Stellungnahme<br />
zur Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie<br />
abgestimmt.<br />
>> Seite 4<br />
Rat<br />
Weitere Themen<br />
Pressefrühstück zur EU-Pensionsfondsrichtlinie<br />
>> Seite 6<br />
Wettbewerbsfähigkeitsrat<br />
2. – 3. März 2015<br />
Im Fokus des Rates der Wirtschaftsminister<br />
standen die Vollendung des Binnenmarktes<br />
und die Digitalisierung der<br />
Industrie.<br />
>> Seite 5
<strong>BDI</strong>/<strong>BDA</strong> <strong>Brüssel</strong> <strong>Aktuell</strong> März 2015 02<br />
Europäische Kommission veröffentlicht Paket zur Energieunion<br />
auf. Bereits jetzt ist klar, dass das ETS verschärft wird, was bei<br />
den Unternehmen zu größeren Belastungen führen wird. Der<br />
Europäische Rat hatte bereits im Oktober 2014 für die vierte<br />
Handelsperiode (ab 2021) Verschärfungen beim »cap« beschlossen.<br />
Die Gesamtemissionen des ETS-Sektors müssen<br />
noch schneller sinken als bisher, nämlich um 2,2 Prozent pro<br />
Jahr (bis 2020: - 1,74 Prozent pro Jahr). Nach Auffassung des<br />
<strong>BDI</strong> müssen sich Energie- und Klimapolitik auch an ökonomischen<br />
Leitplanken orientieren. Die Wettbewerbsfähigkeit der<br />
europäischen Industrien und die Attraktivität für Investitionen in<br />
Europa müssen verlässlich erhalten bleiben. Konkret brauchen<br />
wir eine ökonomisch überzeugende Reform des europäischen<br />
Emissionshandelssystems für die 4. Handelsperiode.<br />
Schwerpunkt Energieversorgungssicherheit<br />
Die Europäische Kommission hat am 25. Februar 2015 ihr<br />
Paket zur Energieunion veröffentlicht. Es umfasst drei nicht-legislative<br />
Mitteilungen, in deren Mittelpunkt die EU-Rahmenstrategie<br />
für eine Energieunion steht. Das Ziel ist ein gemeinsamer<br />
Markt für Energie in Europa und damit eine engere Strom- und<br />
Gasvernetzung. Das Papier kann als »Energie- und Klimapolitisches<br />
Arbeitsprogramm« der kommenden fünf Jahre verstanden<br />
werden. Das Paket enthält darüber hinaus eine Mitteilung<br />
»Das Paris-Protokoll«, die das Ambitionsniveau der EU mit<br />
Blick auf das UN-Klimaabkommen und COP21 in Paris festlegt<br />
(KOM/2015/81) sowie eine Mitteilung zum 10 Prozent Stromverbundziel<br />
der EU bis 2020 (KOM/2015/82).<br />
Die Mitteilung zur Energieunion<br />
Die Mitteilung (KOM/2015/80) skizziert eine Energieunion, die<br />
auf fünf Dimensionen beruht und die Themen Versorgungssicherheit,<br />
Energiebinnenmarkt, Energieeffizienz, Emissionsreduzierung<br />
sowie Forschung und Innovation umfasst. Neben<br />
den fünf Dimensionen finden sich 15 konkrete Maßnahmen, die<br />
die EU-Kommission in den nächsten Jahren zur Realisierung<br />
der »Energieunion« angehen möchte. Diese reichen von freiwilligen<br />
Maßnahmen bis zur Überarbeitung und Durchsetzung wie<br />
Neuauflage von Gesetzgebung. Bei der Vorstellung der Strategie<br />
betonte der für die Energieunion zuständige EU Vize-Präsident<br />
Maroš Šefčovič, dass es vor allem um Solidarität und Vertrauen<br />
gehen muss und auch ganz ideologisch um den »Free<br />
flow of energy as the fifth freedom«. Zudem erklärte er, von nun<br />
an jährlich einen Bericht zum Umsetzungsstand der Energieunion<br />
vorzulegen. EU Energie- und Klimakommissar<br />
Miguel Arias Cañete betonte, dass Europa jährlich 40 Milliarden<br />
Euro verliere, da es noch keinen echten Energiebinnenmarkt<br />
gebe. Insgesamt werden die nötigen Aufwendungen für den<br />
Ausbau und die Modernisierung der Energieinfrastruktur auf<br />
200 Milliarden Euro bis 2020 geschätzt.<br />
Was ist für Unternehmen in diesem Jahr entscheidend?<br />
Die Rahmenstrategie ist nicht-legislativ und entfaltet folglich<br />
keine unmittelbare Wirkung. Als konkretes Legislativ-Vorhaben<br />
in 2015 führt sie aber die Reform des EU-Emissionshandels<br />
Mit Blick auf die politischen Spannungen zwischen Russland<br />
und der EU setzt die Mitteilung einen Schwerpunkt auf Energieversorgungssicherheit<br />
und den Gasmarkt. Die Kommission<br />
möchte Gaslieferanten diversifizieren und konkret Allianzen mit<br />
Drittländern stärken. Auch möchte sie beim Gaseinkauf der Mitgliedstaaten<br />
stärker mitreden und Möglichkeiten des freiwilligen,<br />
gemeinsamen Gaseinkaufs prüfen. Hier fordert sie mehr Transparenz,<br />
wenn Staaten und Unternehmen langfristige Lieferverträge<br />
für Gas verhandeln. Derzeit darf sie diese zwischenstaatlichen<br />
Abkommen nur im Nachhinein prüfen. Konkret plant die<br />
EU-Kommission hier eine Revision des Beschlusses<br />
Nr. 994/2012/EU über zwischenstaatliche Abkommen, mit dem<br />
Ziel, die Konformität mit EU-Recht ex-ante prüfen zu können<br />
und so Verträge über gewerbliche Gaslieferungen transparenter<br />
zu machen. Im Zuge der Überprüfung der Verordnung zur Gewährung<br />
der sicheren Gasversorgung (SoS-Verordnung,<br />
Nr. 994/2010/EU) möchte die Kommission ebenfalls Transparenzmaßnahmen<br />
über gewerbliche Gaslieferungen einflechten.<br />
Aus Sicht des <strong>BDI</strong> sind diese Vorschläge kritisch zu bewerten.<br />
Hier gehen die Vorstöße der Kommission über das Prinzip der<br />
Solidarität und des Vertrauens hinaus und stehen im Widerspruch<br />
zu marktwirtschaftlichen Grundsätzen und freiem Unternehmertum.<br />
Das Prinzip der Freiwilligkeit mit Blick auf Transparenzmaßnahmen<br />
sollte auch in Zukunft das Leitprinzip sein.<br />
Den Plänen der Kommission müssten EU-Parlament und Rat<br />
zustimmen.<br />
Weitere Schwerpunkte der Mitteilung<br />
Die Mitteilung enthält neue Vorstöße in Richtung EU-Strommarktdesign<br />
sowie zu Kapazitätsmechanismen und die Verknüpfung<br />
des Großhandels- und Endkonsumentenmarktes, für<br />
die 2016 Legislativtexte geplant sind. Die Kommission hat<br />
neben der Revision der Energieeffizienzrichtlinie auch ein Erneuerbaren-Paket<br />
in petto, für das 2016 - 2017 Vorschläge für<br />
die Zeit nach 2020 vorgelegt werden sollen. Mit Blick auf das<br />
Thema Governance spricht die Kommission von einer dynamischen<br />
Lenkung, die über die 2030 Energie- und Klima Ziele hinausgeht<br />
und alle Elemente der Energieunion umfassen soll.<br />
Auch hier wird eine Mitteilung im Laufe des Jahres erwartet.
<strong>BDI</strong>/<strong>BDA</strong> <strong>Brüssel</strong> <strong>Aktuell</strong> März 2015 03<br />
Neu ist ebenfalls die Stärkung und damit Ausweitung der Zuständigkeit<br />
von ACER und ENTSO-E, um die EU-weite Binnenmarktregulierung<br />
besser zu koordinieren.<br />
Aus Sicht des <strong>BDI</strong> kann es bei der Energieunion nicht um staatliche<br />
Einkaufsgemeinschaften gehen, sondern um die konsequente<br />
Vollendung des Europäischen Energiebinnenmarktes.<br />
Deutsche Energiepolitik muss mit der europäischen Energiestrategie<br />
und den Nachbarländern koordiniert werden. Versorgungssicherheit<br />
und Energiewende sind nur europäisch zu<br />
meistern. Ein möglicher schrittweiser Weg der Umsetzung besteht<br />
in anfänglichen Kooperationen auf regionalen, grenzüberschreitenden<br />
Märkten, die schließlich in einen europäischen<br />
Strommarkt zusammengeführt werden.<br />
Wie geht es weiter?<br />
Den Auftakt der Diskussion bildete die Ministerkonferenz in<br />
Riga am 6. Februar 2015. Das Strategiepapier wurde auf dem<br />
Energieministerrat am 5. März 2015 in <strong>Brüssel</strong> erstmals formal<br />
von den Ministern diskutiert. Auf dem »EU-Gipfel« am 19./20.<br />
März 2015 sollen die Staats- und Regierungschefs Ratsschlussfolgerungen<br />
zur Energieunion verabschieden, deren<br />
Einzelheiten von der Ratsarbeitsgruppe Energie im April/Mai erarbeitet<br />
und schließlich am 8. Juni 2015 vom Energieministerrat<br />
beschlossen werden sollen. Das Verfahren zur Energieunion<br />
wird als sogenannter »Riga Prozess« bezeichnet.<br />
Ansprechpartnerin:<br />
Dörte Schramm (<strong>BDI</strong>), d.schramm@bdi.eu<br />
Kapitalmarktunion: Chancen für mehr Investitionen in Europa<br />
Kommission vor allem die Schaffung eines Marktes für hochwertige<br />
Verbriefungen, die Vereinfachung der Prospektrichtlinie<br />
sowie einheitliche Regeln für Privatplatzierungen. Auf längere<br />
Sicht ist eine stärkere Vereinheitlichung des Gesellschafts-, Insolvenz-<br />
und Steuerrechts geplant.<br />
Die Kommissionspläne gehen grundsätzlich in die richtige Richtung.<br />
Gut geregelte Verbriefungsmärkte können wichtige Impulse<br />
für die Finanzierung von Investitionen mittelständischer<br />
und großer Unternehmen schaffen. Sie eröffnen auch neue<br />
Wege in der Infrastrukturfinanzierung. Zudem braucht Europa<br />
mehr Risiko- und Beteiligungskapital, um die Herausforderungen<br />
der digitalen Wirtschaft zu meistern.<br />
Die Kapitalmarktunion nimmt Konturen an. Die Europäische<br />
Kommission hat ein Strategiepapier zur Harmonisierung und<br />
Vereinfachung der Kapitalmarktregeln veröffentlicht. Ziel ist, die<br />
Integration der europäischen Finanzmärkte weiter voranzutreiben<br />
und grenzüberschreitende Investitionen in Europa attraktiver<br />
zu machen. Eine effektive Kapitalmarktunion wäre ein wichtiger<br />
Schritt zur Komplettierung des Binnenmarktes. Denn die<br />
Unternehmen brauchen zukünftig in stärkerem Maße Zugang<br />
zu einem integrierten Kapitalmarkt, um ihre Finanzquellen auf<br />
ein breites Fundament zu stellen.<br />
Die Kapitalmarktunion muss jedoch mit Augenmaß erfolgen.<br />
Eine Benachteiligung der traditionellen Hausbankfinanzierung<br />
durch eine regulatorische Privilegierung kapitalmarktorientierter<br />
Finanzierungsformen würde den Erfolg der Kommissionsinitiative<br />
in Frage stellen. Letztlich muss es darum gehen, bank- und<br />
kapitalmarktbasierte Finanzierungsmodelle auf intelligente<br />
Weise zu verzahnen. So könnte die geplante Kapitalmarktunion<br />
einen positiven Beitrag zu mehr Investitionen, Wachstum und<br />
Beschäftigung in Europa leisten.<br />
Ansprechpartner:<br />
Dr. Reinhard Kudiß (<strong>BDI</strong>), r.kudiss@bdi.eu<br />
Offenkundige Inkonsistenzen zwischen diversen Regulierungsvorhaben,<br />
falsche Steuerungsanreize, Mehrfachbelastungen<br />
des Bankensektors und eine zunehmende Risikoverschiebung<br />
auf die kreditnehmenden Unternehmen stellen hohe Hürden für<br />
eine funktionierende Kapitalmarktunion dar. Kurzfristig plant die
<strong>BDI</strong>/<strong>BDA</strong> <strong>Brüssel</strong> <strong>Aktuell</strong> März 2015 04<br />
Kommission zieht Vorschläge zur Kreislaufwirtschaft zurück<br />
Die Europäische Kommission hat wie angekündigt das im<br />
Juli 2014 vorgelegte Paket zur Kreislaufwirtschaft (Circular Economy)<br />
einschließlich der Vorschläge zur Änderung einiger Abfallrichtlinien<br />
zurückgezogen.<br />
Der angekündigte Prozess bietet jetzt die Chance, den bisherigen<br />
engen Ansatz zu erweitern und etwa die Bezüge zur Rohstoffnutzung<br />
stärker herauszuarbeiten. Außerdem muss die<br />
Umsetzung bestehender Regelungen und Ziele stärker in den<br />
politischen Fokus gerückt werden. Diese werden bislang in vielen<br />
Mitgliedstaaten bei weitem nicht erreicht. So ist zum Beispiel<br />
die Deponierung von Abfällen vielfach nach wie vor die<br />
Entsorgungsmethode Nummer Eins. Während hier wertvolle<br />
Ressourcen verschwendet werden, gelingt es anderen Mitgliedstaaten<br />
wie Deutschland, diese Abfälle dem Recycling und anderen<br />
Formen der Verwertung zuzuführen. Die Vorschläge der<br />
Kommission müssen den Abbau der Unterschiede bei der Abfallentsorgung<br />
in Europa in den Mittelpunkt rücken und hier<br />
neue Lösungsansätze bieten. Dies schließt auch eine Prüfung<br />
eines effizienteren Einsatzes von Strukturfonds-Mitteln sowie<br />
der Verwendung von Mitteln aus dem neuen europäischen Investitionsfonds<br />
ein.<br />
Ansprechpartner:<br />
Dr. Alexander Kessler (<strong>BDI</strong>), a.kessler@bdi.eu<br />
Bis Ende 2015 sollen nun auf der Grundlage einer umfangreichen<br />
Analyse und einer öffentlichen Konsultation neue Vorschläge<br />
erarbeitet werden, die nicht nur die Abfallpolitik, sondern<br />
auch andere Bereiche im Lebenszyklus von Produkten<br />
umfassen sollen. Erklärtes Ziel ist es, Europa in eine wettbewerbsfähigere<br />
ressourceneffiziente Wirtschaft zu verwandeln.<br />
Die im Arbeitsprogramm für das Jahr 2015 angekündigte Rücknahme<br />
war in den letzten Wochen Gegenstand heftiger Kritik.<br />
Die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments<br />
sowie die Umweltminister der Mitgliedstaaten hatten die Kommission<br />
aufgefordert, die Vorschläge beizubehalten und ihnen<br />
damit die Möglichkeit zu geben, ihrerseits Verbesserungen im<br />
Rahmen des Legislativverfahrens vorzunehmen.<br />
Die Aktionärsrechterichtlinie nimmt Fahrt auf<br />
Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) und der<br />
Rechtsausschuss (JURI) im Europäischen Parlament haben jeweils<br />
ihre Anmerkungen zur Änderung der Richtlinie<br />
2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Einbeziehung<br />
der Aktionäre (COM(2014)213 final) vorgelegt. Der<br />
ECON-Ausschuss hat bereits eine Stellungnahme<br />
verabschiedet.<br />
Der ECON-Ausschuss hat in seiner Sitzung am<br />
24. Februar 2015 seine Stellungnahme zur Überarbeitung der<br />
Aktionärsrechterichtlinie mit 38 Stimmen dafür, 16 dagegen und<br />
5 Enthaltungen abgestimmt. Der Abstimmung waren intensive<br />
Verhandlungen über Kompromissanträge zwischen dem Berichterstatter<br />
Olle Ludvigsson (S&D) und den Schattenberichterstattern<br />
anderer Fraktionen vorausgegangen. Hierbei konnte<br />
Herr Ludvigsson seine als wenig unternehmensfreundlich zu<br />
bezeichnenden Vorstellungen weitgehend umsetzen.<br />
Durch die Abschaffung des »comply or explain« Prinzips in der<br />
Einbeziehungspolitik der Aktionäre verpflichtet der Berichterstatter<br />
alle institutionelle Anleger und Vermögensverwalter, zu<br />
denen auch Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge<br />
(EbAV) gehören, sehr detaillierte Vorgaben zur angestrebten<br />
Engagementpolitik zu erfüllen. Die meisten EbAV investieren in<br />
Aktien über Fonds bzw. Fondsmandate, die sich häufig an<br />
Marktindexen orientieren. Diese bestehen ihrerseits aus einer<br />
Vielzahl von Einzelwerten (z.B. der europäische Stoxx Europe<br />
600 mit 600 Einzelwerten). So müsste also eine EbAV, dem jeweiligen<br />
dafür zuständigen Fondsmanager eine Weisung erteilen,<br />
wie er bei Hauptversammlungen der Einzeltitelunternehmen<br />
abstimmen soll. Dieser wirklichkeitsfremde Verpflichtungskatalog<br />
hätte eine teure Lenkungswirkung für die EbAV zur Folge,<br />
was zulasten des Arbeitgebers und auch der begünstigten<br />
Arbeitnehmer und Rentner gehen könnte.
<strong>BDI</strong>/<strong>BDA</strong> <strong>Brüssel</strong> <strong>Aktuell</strong> März 2015 05<br />
Hinblick auf neue Offenlegungs- und Auditierungspflicht für<br />
große Unternehmen in Bezug auf a) Firma, Art der Tätigkeiten<br />
und Belegenheitsort, b) Umsatz, c) Anzahl der Lohn- und Gehaltsempfänger<br />
in Vollzeitäquivalenten, d) Gewinn oder Verlust<br />
vor Steuern, e) Steuern auf Gewinn oder Verlust, f) erhaltene<br />
staatliche Beihilfen. Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern<br />
und einer Bilanzsumme von 86 Millionen Euro oder einem<br />
Nettoumsatz von 100 Millionen Euro sollen von dieser Verpflichtung<br />
ausgenommen werden. Zusätzlich wird die Kommission<br />
beauftragt bis zum 1. Juli 2016 einen Bericht zu den möglichen<br />
negativen ökonomischen Auswirkungen dieser Regelungen an<br />
Rat und Parlament zu übermitteln. Die üblicherweise vor der<br />
Einführung neuer Regelungen vorzunehmende Folgenabschätzung<br />
wird hier als eine »ex-post« Bewertung ausgestaltet und<br />
stellt damit die Grundsätze der Besseren Rechtsetzung in<br />
Frage.<br />
Im Bereich der Vergütungspolitik wird der Vorschlag der Kommission<br />
konzeptuell beibehalten. Danach soll die Hauptversammlung<br />
mindestens alle drei Jahre oder bei wesentlichen Änderungen<br />
über die Vergütungspolitik abstimmen. Vergütungszahlungen<br />
außerhalb der genehmigten Vergütungspolitik (bei<br />
der Einstellung neuer Vorstandsmitglieder) sollen nur ausnahmsweise<br />
möglich sein und stehen unter dem Vorbehalt der<br />
Zustimmung der Hauptversammlung.<br />
Das Verhältnis der Vergütung für Mitglieder der Unternehmensleitung<br />
und der Vergütung für Vollzeitbeschäftigte ist bei den<br />
Vergütungsgrundsätzen zu berücksichtigen. Den Mitgliedstaaten<br />
wird das Recht eingeräumt eine maximale Obergrenze dieses<br />
Verhältnisses einzuführen. Die Abstimmung über den Vergütungsbericht<br />
wurde als Mitgliedstaatenwahlrecht ausgestaltet.<br />
Im Bereich der Transaktionen mit nahestehenden Personen<br />
und Unternehmen nimmt der Ausschuss nur geringfügige Abänderungen<br />
zum Kommissionsvorschlag vor. Neu eingeführt wird<br />
eine Änderung der Rechnungslegungsrichtlinie 2013/34/EU im<br />
Der Berichterstatter Sergio Gaetano Cofferati (S&D/Italien) im<br />
federführenden Rechtsausschuss hat ebenfalls seinen<br />
Berichtsentwurf vorgelegt. Er unterstützt grundsätzlich die von<br />
der Kommission beabsichtigten Zielstellungen und schlägt ähnliche<br />
Änderungen wie der Berichterstatter der Stellungnahme im<br />
ECON-Ausschuss vor. Derzeit wird auch im Rechtsausschuss<br />
an einer Kompromissfindung zu insgesamt 487 eingereichten<br />
Änderungsvorschlägen gearbeitet. Die Abstimmung ist für den<br />
24. März 2015 geplant.<br />
<strong>BDI</strong> und <strong>BDA</strong> setzen sich aktiv in den Beratungen im Europäischen<br />
Parlament im Sinne der gemeinsamen Stellungnahme<br />
von <strong>BDA</strong>, <strong>BDI</strong> und DIHK dafür ein, dass der europäische Ansatz<br />
die deutsche Unternehmenspraxis nicht mit weiteren Risiken<br />
überzieht.<br />
Ansprechpartnerinnen:<br />
Sevérine Féraud (<strong>BDA</strong>), s.feraud@arbeitgeber.de<br />
Carolina Müller (<strong>BDI</strong>) , c.mueller@bdi.eu<br />
Wettbewerbsfähigkeitsrat 2. – 3. März 2015<br />
Im Fokus des Rates der Wirtschaftsminister standen die Vollendung<br />
des Binnenmarktes und die Digitalisierung der Industrie.<br />
Der Wettbewerbsfähigkeitsrat fasste Beschlüsse zum EU-Binnenmarkt.<br />
Damit lieferte der Rat einen wichtigen Input für die<br />
angekündigte Binnenmarktstrategie der Juncker-Kommission,<br />
die im zweiten Halbjahr 2015 vorgelegt werden soll.<br />
Die Mitgliedstaaten fordern zu Recht, bei allen neuen Legislativvorschlägen<br />
für einen wirklich funktionierenden Binnenmarkt<br />
unnötige Bürokratiekosten zu vermeiden. Dabei wird die Bedeutung<br />
integrierter Gesetzesfolgeabschätzungen unter frühzeitiger<br />
Einbeziehung von Stakeholdern betont. Zudem spricht sich der<br />
Rat für eine starke Agenda zur Um- und Durchsetzung von Binnenmarktregeln<br />
als ein Kernelement der geplanten Binnenmarktstrategie<br />
aus.<br />
Ferner einigten sich die Wirtschaftsminister auf Ratsschlussfolgerungen<br />
zum Digitalen Binnenmarkt und diskutierten die Bedeutung<br />
der Digitalisierung für industrielle Wettbewerbsfähigkeit,<br />
Wachstum und Jobs in Europa. Im Rahmen der Diskussion<br />
wurde zu Recht die Bedeutung eines Höchstmaßes an IT-Sicherheit<br />
und von Standards für eine erfolgreiche digitale Vernetzung<br />
unterstrichen.
<strong>BDI</strong>/<strong>BDA</strong> <strong>Brüssel</strong> <strong>Aktuell</strong> März 2015 06<br />
der EU-Kommission für einen Digitalen Binnenmarkt zu liefern,<br />
die Anfang Mai 2015 vorgelegt werden soll.<br />
Die Ratsdiskussion zur Zukunft der EU-Industriepolitik zeigte erneut,<br />
dass eine neue industriepolitische Kommissionsinitiative<br />
für Wachstum und Jobs notwendig ist. Die europäische Industrie<br />
fordert mit Nachdruck einen klaren Fahrplan, wie die<br />
Juncker-Kommission die Berücksichtigung der industriellen<br />
Wettbewerbsfähigkeit in allen Politikbereichen sicherstellen will.<br />
Ansprechpartner:<br />
Joscha Ritz (<strong>BDI</strong>), j.ritz@bdi.eu<br />
Positiv zu bewerten ist auch, dass dieser industriepolitische<br />
Austausch beim informellen Wettbewerbsfähigkeitsrat vom<br />
26. – 27. März 2015 in Riga mit Blick auf die Umsetzung von Industrie<br />
4.0 vertieft werden soll. Ziel ist es, Input für die Strategie<br />
Pressefrühstück im Europäischen Parlament zur EU-Pensionsfondsrichtlinie<br />
(EbAV-Richtlinie)<br />
Im Vorfeld der Aufnahme der Beratungen im parlamentarischen<br />
Ausschuss für Beschäftigung und Soziale Angelegenheiten<br />
(EMPL) zur EU-Pensionsfondsrichtlinie luden die Europaabgeordneten<br />
Thomas Mann (CDU) und Joachim Schuster (SPD)<br />
zahlreiche Pressevertreter am 4. März 2015 ein, um die wesentlichen<br />
Prinzipien der deutschen betrieblichen Altersversorgung<br />
(bAV) zu bekräftigen.<br />
Dazu gehören vor allem die kollektive Organisation durch die<br />
Tarifsvertrags- bzw. Betriebsparteien und der arbeitsrechtliche<br />
Schutzrahmen. Betriebsrenten sind demnach eine freiwillige<br />
Sozialleistung und kein Finanzprodukt, entgegen der Definition<br />
der EU-Kommission, aus der sich die regulatorischen Bestimmungen<br />
des EU-Kommissionsvorschlags zur Überarbeitung der<br />
EbAV-Richtlinie ableiten. Es darf daher keine Anwendung der<br />
quantitativen Eigenmittelvorgaben nach den Grundsätzen von<br />
Solvency II auf Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung<br />
vorgesehen werden. Die fortlaufenden regulatorischen Arbeiten<br />
an einem Bilanzierungsmodell müssen mit sofortiger Wirkung<br />
eingestellt werden.<br />
Unterstützt in ihren Statements wurden die MdEPs von Vertretern<br />
der deutschen Sozialpartner, Florian Swyter (<strong>BDA</strong>) und<br />
Claudia Menne (Europäischer Gewerkschaftsbund). Beide<br />
bAV-Experten wiesen auf die Gefahr der von der EU-Kommission<br />
angestrebten Vollharmonisierung der aufsichtsrechtlichen<br />
Regelungen auf EU-Ebene hin, die Pensionskassen und Pensionsfonds<br />
mit erheblicher zusätzlicher Bürokratie und Mehrkosten<br />
belasten würde, ohne zusätzlichen Nutzen für die Begünstigten.<br />
Entgegen diesem »one-size-fits-all«-Ansatz ist eine<br />
Berücksichtigung der europaweiten bAV-Vielfalt nur über mehr<br />
Flexibilität für die Mitgliedstaaten bei der Richtlinienumsetzung<br />
zu gewährleisten.<br />
Ansprechpartnerin:<br />
Séverine Féraud (<strong>BDA</strong>), s.feraud@arbeitgeber.de<br />
Bildnachweise:<br />
Fotolia/mhp (1,2), Fotolia/Gina Sander (1,3),<br />
Fotolia/shadow (1,4), Fotolia/Sonia Boukaia-Murari (1,5),<br />
adpic/H.Dora (1,6)<br />
Redaktion: Leonie Dack, Joscha Ritz (V.i.S.d.P.)<br />
Herausgeber: Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.<br />
Breite Straße 29; 10178 Berlin; www.bdi.eu