Euro-Info Nr. 01/2015
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Annahme und Durchführung der Reformen beinhalten. Die Reformen<br />
müssen zudem breit angelegt sein, zur Steigerung des<br />
potenziellen Wachstums des Mitgliedstaats beitragen und langfristig<br />
positive Auswirkungen auf den Haushalt haben.<br />
Neben Strukturreformen sollen auch öffentliche Investitionen im<br />
Rahmen des SWP zukünftig begünstigt behandelt werden. Einzahlungen<br />
in den geplanten <strong>Euro</strong>päischen Fonds für Strategische<br />
Investitionen (EFSI) werden bei der Festlegung der haushaltspolitischen<br />
Anpassung eines Mitgliedstaats nicht mitgerechnet<br />
werden. Sollte ein Mitgliedstaat lediglich aufgrund seiner<br />
gezahlten Beträge in den EFSI ein Haushaltsdefizit von<br />
über 3 % aufweisen, kann von der Einleitung eines Defizitverfahrens<br />
abgesehen werden. Auch andere öffentliche Investitionsausgaben<br />
– unabhängig vom EFSI – sollen stärker berücksichtigt<br />
werden. Mitgliedstaaten, die nicht gegen die<br />
3 %-Defizitgrenze verstoßen, dürfen vorübergehend vom vereinbarten<br />
Konsolidierungskurs abweichen, wenn ihr Wirtschaftswachstum<br />
negativ ist oder weit hinter seinem Potenzial<br />
zurückbleibt.<br />
Die deutsche Wirtschaft begrüßt den Ansatz der neuen<br />
EU-Kommission, Investitionen, Wachstum und Jobs höchste<br />
Priorität einzuräumen. Die Ankündigung, nationale Beiträge<br />
zum EFSI bei der Bewertung der Haushaltslage eines Mitgliedstaats<br />
nicht zu berücksichtigen und unter bestimmten Voraussetzungen<br />
Pläne für Strukturreformen als ausreichend für Fristenverlängerungen<br />
zu bewerten, kommt jedoch einer Aufweichung<br />
der Stabilitätskriterien gleich. Die EU-Kommission sollte<br />
nun auf eine stärkere Verbindlichkeit bei den Reformzusagen<br />
der Mitgliedstaaten pochen, damit der SWP nicht weiter verwässert<br />
wird.<br />
<strong>Euro</strong>päisches Investitionspaket<br />
Martin Kumstel<br />
EU-Kommission legt Rechtsgrundlage für<br />
<strong>Euro</strong>päischen Investitionsfonds vor<br />
Die EU-Kommission hat am 13. Januar 2<strong>01</strong>5 die Details für das<br />
im vergangenen November angekündigte Investitionspaket in<br />
Höhe von 315 Mrd. € vorgestellt. Im Zentrum des Pakets steht<br />
die Errichtung eines <strong>Euro</strong>päischen Fonds für strategische Investitionen<br />
(EFSI), für den die EU-Kommission nun einen Verordnungsvorschlag<br />
vorgelegt hat. Der Vorschlag umfasst außerdem<br />
den Aufbau einer <strong>Euro</strong>päischen Plattform für Investitionsberatung<br />
(<strong>Euro</strong>pean Investment Advisory Hub - EIAH) sowie<br />
eines europäischen Investitionsprojektverzeichnisses. Damit<br />
soll die Ermittlung und Durchführung von Projekten erleichtert<br />
werden, das <strong>Info</strong>rmationsangebot für potentielle Investoren<br />
soll verbessert werden.<br />
Der Fonds wird innerhalb der <strong>Euro</strong>päischen Investitionsbank<br />
(EIB) errichtet und soll zur Förderung strategischer Investitionen,<br />
z. B. in Energie- und Breitbandnetze sowie von Unternehmen<br />
mit weniger als 3 000 Beschäftigten eingesetzt werden.<br />
Die EU stellt dafür 16 Mrd. € in Form von Garantien aus dem<br />
EU-Haushalt zur Verfügung, weitere 5 Mrd. € kommen von der<br />
EIB. Mit dem 21 Mrd. € schweren Fonds soll mittels Hebelwirkung<br />
15-mal so viel Privatkapital bis Ende 2<strong>01</strong>7 für Investitionen<br />
mobilisiert werden. Dafür soll der Fonds Bürgschaften<br />
übernehmen können, einen Teil des Verlustrisikos bei Investitionsprojekten<br />
absichern oder Kredite vergeben können. Die<br />
Mitgliedstaaten können sich ebenfalls am Fonds beteiligen,<br />
ebenso nationale Förderbanken und der private Sektor in und<br />
außerhalb der EU.<br />
Um die Beteiligung der Mitgliedstaaten am Fonds zu fördern,<br />
werden nationale Beiträge bei der Bewertung der Haushaltskonsolidierung<br />
im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts<br />
(SWP) nicht gezählt. Dies hat die EU-Kommission in ihrer<br />
Mitteilung zu den Anwendungen der SWP-Regelungen zeitgleich<br />
präzisiert. Zudem bekommen Staaten, die einen Beitrag<br />
zum EFSI geleistet haben, ein stärkeres Mitspracherecht bei<br />
der Verteilung der Mittel. Solange noch kein Mitgliedstaat zum<br />
Fonds beiträgt, entscheidet ein Lenkungsrat aus<br />
EU-Kommission und EIB-Repräsentanten über die Mittelverwendung<br />
sowie über die allgemeine Ausrichtung und das Risikoprofil<br />
des Fonds. Die Prüfung der einzelnen Projekte übernimmt<br />
ein Investitionsausschuss aus sechs unabhängigen<br />
Wirtschaftsfachleuten und einem von der EU-Kommission und<br />
der EIB ernannten geschäftsführenden Direktor.<br />
Der Vorschlag der EU-Kommission muss vom Rat und vom <strong>Euro</strong>päischen<br />
Parlament angenommen werden. Eine Einigung soll<br />
bis Juni 2<strong>01</strong>5 erzielt werden, damit die ersten Investitionsprojekte<br />
bereits Mitte 2<strong>01</strong>5 gestartet werden können.<br />
Mit ihrem Investitionspaket legt die Kommission wichtige Weichen<br />
für die Stärkung der Investitionstätigkeit in der EU insgesamt,<br />
setzt dabei jedoch zu Recht den Schwerpunkt auf die<br />
Mobilisierung privater Investitionen. Die BDA begrüßt das ambitionierte<br />
zeitliche Vorgehen der EU-Kommission ebenso wie ihr<br />
Bestreben, für maximale Transparenz mithilfe eines Verzeichnisses<br />
für Investitionsprojekte zu sorgen.<br />
Problematisch ist dagegen die Entscheidung der<br />
EU-Kommission, nationale Beiträge der Mitgliedstaaten zum<br />
EFSI im Rahmen des SWP wohlwollend zu berücksichtigen.<br />
Der dadurch kurzfristig gewonnene Freiraum steht dem nachhaltig<br />
wirkenden Risiko einer Aufweichung des Stabilitäts- und<br />
Wachstumspakts entgegen. Wichtiger ist eine Stärkung der<br />
Rahmenbedingungen für private Investitionen auf nationaler<br />
und europäischer Ebene sowie die haushaltsneutrale Stärkung<br />
der öffentlichen Investitionen in den Mitgliedstaaten. Ebenfalls<br />
kritisch ist die vorgesehene Anpassung der Stimmverteilung im<br />
Lenkungsrat entsprechend der Beiträge zum Fonds. Dies birgt<br />
das Risiko einer politisierten Entscheidungsfindung über die<br />
Mittelvergabe nach dem Motto "I want my money back".<br />
Elisaveta Gomann<br />
BDA | euro-info <strong>Nr</strong>. <strong>01</strong> | 30. Januar 2<strong>01</strong>5 4