Storytelling_Belohnungsversprechen - Prof. Dr. Dieter Georg Herbst
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der Mitarbeiter. Die Firmenleitung sagt: »Arbeite härter!«, und<br />
Mitarbeiter reagieren mit: »Ja, es ist besser für das Unternehmen<br />
und mich, wenn ich mehr leiste«, oder: »Jetzt mache ich erst recht<br />
Dienst nach Vorschrift«. Ob die Appelle wirken, hängt davon ab, ob<br />
das Unternehmen aus dem richtigen Ich-Zustand heraus die<br />
passende Haltung der Mitarbeiter anspricht. Hinzu kommt die Art,<br />
in welcher Haltung und in welchem Ton das Unternehmen seine<br />
Appelle vermittelt. Dieses Wechselspiel macht die<br />
Transaktionsanalyse so hilfreich für die Analyse der Wirkung von<br />
Unternehmen auf deren Bezugsgruppen.<br />
Die Transaktionsanalyse zeigt auch, wie wichtig Glaubwürdigkeit<br />
ist: Wie glaubwürdig wirkt ein Vorgesetzter, der einerseits ständig<br />
vorgibt, mit anderen aus dem freien Kind zu kommunizieren, also<br />
betont locker, fröhlich und frei auftritt, aber andererseits ständig<br />
aus dem kritischen Eltern-Ich redet? Wie lange kann jemand in der<br />
Rolle des Freien, Frechen bleiben, wenn er sein anderes,<br />
eigentliches Wesen immer unterdrücken muss? Eine<br />
Finanzbehörde, die mit dem Slogan »Geiz ist geil« in die<br />
Öffentlichkeit träte, hätte es sehr schwer, als glaubwürdig zu gelten.<br />
Ein typischer Fehler, den Unternehmen in ihren PR machen, ist die<br />
Wahl des falschen Ich-Zustandes, aus dem heraus sie reden:<br />
Sprechen sie aus dem Eltern-Ich heraus das Kind-Ich an, könnten<br />
die Bezugsgruppen dies ablehnen, weil sie sich bevormundet fühlen.<br />
Ein Beispiel wäre, wenn ein Firmenchef zum Journalisten sagt:<br />
»Diese Frage dürfen Sie aber nicht stellen.« Eine weitere Erklärung<br />
liefert die Transaktionsanalyse für das Verhältnis von<br />
Unternehmensleitung und Mitarbeitern: Einerseits will das<br />
Unternehmen angeblich Mitarbeiter, die sich an der internen<br />
Kommunikation beteiligen (zum Beispiel durch Beiträge im<br />
Intranet), kritisch und kreativ sind; andererseits erleben die<br />
Mitarbeiter die Firmenleitung im kritischen Eltern-Ich, das nicht<br />
kritisiert werden will und am liebsten ein »angepasstes Kind« in<br />
den Mitarbeitern hätte.<br />
Zum besseren Verständnis der Transaktionsanalyse schauen wir uns<br />
das Muster von Politsendungen aus Opfer, Täter und Retter noch<br />
einmal an: Das Opfer, zum Beispiel ein Anwohner, der sich durch<br />
die geplante Fabrikationshalle bedroht fühlt, erwartet das<br />
fürsorgliche Eltern-Ich des Unternehmens, das ihn beruhigt und<br />
beschützt. Stattdessen erlebt er nur das kritische Eltern-Ich, das<br />
erklärt, die Produktionshalle müsse und werde auch in jedem Fall<br />
gebaut werden. Der Journalist schaltet sich nun mit seinem Eltern-<br />
Ich ein (kritisch zum »Täter«, also dem Unternehmen, und<br />
fürsorglich zum »Opfer«) und will dem Opfer den Platz im<br />
angepassten Kind zuweisen. Deutlich wird hier, dass Beziehungen<br />
höchst komplex sind, dass sich die Handelnden aufeinander<br />
beziehen und dass es viele Wechselwirkungen in den Handlungen<br />
gibt: Menschen nehmen das Unternehmen wahr, sie bewerten es<br />
und reagieren darauf – bewusst und unbewusst. Das Unternehmen<br />
deutet deren Reaktion, es bewertet diese und reagiert. Somit<br />
entstehen dynamische Beziehungen, die durch die gegenseitigen<br />
Programme geprägt sind. Dieses Geschehen läuft überwiegend<br />
unbewusst ab.<br />
Zusammenfassend lässt sich für das <strong>Storytelling</strong> in den PR<br />
festhalten, dass die Transaktionsanalyse ermöglicht, jene<br />
grundsätzliche Haltung zu bestimmen, aus der es seine Geschichten<br />
erzählt: Ist es zum Beispiel ein kritischer Experte oder ein<br />
fürsorglicher? Diese Grundhaltung können alle Geschichten des<br />
Unternehmens verdeutlichen. Überdies ermöglicht die<br />
Transaktionsanalyse, die Grundhaltungen der Bezugsgruppen zu<br />
beschreiben und mit einem angemessenen Konzept hierauf zu<br />
reagieren.<br />
Das Copyright für diesen Text liegt bei <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Dieter</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Herbst</strong>, 10726 Berlin. Der Text darf zitiert werden, wenn der Autor angegeben ist.