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Au s g ab e 03 / 0 8 Ausgabe Enterostomaversorgung

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<strong>Au</strong>sg<strong>ab</strong>e <strong>03</strong>/08<br />

Zukunft<br />

Minimalinvasive Chirurgie –<br />

Große Technik mit kleinen Narben<br />

Entwicklungen in der<br />

Hilfsmittelversorgung<br />

Ist die Stom<strong>ab</strong>eratung noch zu leisten?<br />

<strong>Au</strong>sg<strong>ab</strong>e <strong>Enterostomaversorgung</strong><br />

Im Gespräch<br />

Leben mit Krebs: Stoma für mehr Lebensqualität<br />

Sanitätsfachhandel: Stütze in der Stomatherapie<br />

Ernährungstipps<br />

Was kann ich als Stomapatient essen?<br />

Z E I T S C H R I F T D E R B . B R A U N M E L S U N G E N A G


2<br />

<strong>03</strong>/08<br />

dieses HealthCare Journal ist der<br />

Stomaversorgung gewidmet. Die<br />

Diagnose Stoma betrifft jährlich<br />

etwa 15 000 Menschen. Die Deutsche<br />

ILCO (Selbsthilfeorganisation<br />

für Stomaträger und Menschen<br />

mit Darmkrebs) spricht von rund<br />

100 000 Menschen, die mit einem<br />

künstlichem Darmausgang leben.<br />

Wird von Ärzten entschieden, bei<br />

einem Patienten ein Stoma zu legen,<br />

ist dies meist die letzte Möglichkeit,<br />

unerträgliche Symptome zu lindern<br />

und das Leben des Patienten zu retten.<br />

In vielen Fällen geht dieser Entscheidung<br />

ein langer Leidensweg<br />

voraus oder sie steht im Zusammenhang<br />

mit einer schweren Erkrankung<br />

ungewissen <strong>Au</strong>sganges.<br />

Besonders psychisch ist eine Stomaanlage<br />

für den betroffenen Menschen<br />

sehr belastend und mit vielen Vorur-<br />

teilen verbunden. Dennoch: Sanftere Operationsmethoden, verlässliche,<br />

sichere Produkte in Verbindung mit kompetenten Betreuungs- und Beratungsleistungen<br />

machen es möglich mit einem künstlichen Darmausgang<br />

ein normales Leben zu führen.<br />

Wir möchten mit unserem Heft Mut machen, denn ein Stoma steht auch<br />

für einen neuen Anfang und Zuversicht. Beispiel dafür und vielfältige Anregungen<br />

für Betroffene, Helfer und Mediziner bieten die Berichte dieser<br />

<strong>Au</strong>sg<strong>ab</strong>e.<br />

Ihr<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

Uwe Alter,<br />

Direktor Vertrieb und Marketing<br />

Sparte OPM und HC<br />

Inhalt<br />

<strong>03</strong> B. Braun Inside: Die Zukunft ist grün<br />

04 Große Darmchirurgie mit kleinsten Narben<br />

08 Einmal nach Paraguay: Leben mit Krebs –<br />

Stoma für mehr Lebensqualität<br />

12 Sicherheit dank Sanitätsfachhandel<br />

14 Recht: Hilfsmittelversorgung im Wandel –<br />

Einschränkungen für die Patienten?<br />

17 Kunst als Heilmittel:<br />

Italienreise in die Welt der Theatertherapie<br />

18 Dienstleistungen und Produkte als Plus<br />

20 Irrigation: Ein Stück Freiheit für den Patienten<br />

22 Ernährungstipps für Stomapatienten<br />

I mpressum<br />

HealthCare Journal – Zeitschrift für Fachkreise<br />

Herausgeber<br />

B. Braun Melsungen AG, OPM<br />

Carl-Braun-Straße 1<br />

34212 Melsungen<br />

Redaktion<br />

Andrea Thöne,<br />

Telefon (0 56 61) 71-35 41, Telefax (0 56 61) 75-35 41,<br />

E-Mail: andrea.thoene@bbraun.com,<br />

www.healthcare-journal.bbraun.de<br />

Layout/Satz<br />

Verantwortlich: Tatjana Deus, B. Braun Melsungen AG<br />

Umsetzung: Polymotion Werbeagentur<br />

Fotografi e<br />

B. Braun Melsungen AG<br />

Hinweis<br />

Alle Ang<strong>ab</strong>en erfolgen nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr.<br />

Eine Haftung wird nicht übernommen.


B. Braun Inside<br />

Neue Produkte und interessante Services<br />

bietet die B. Braun Melsungen AG jetzt<br />

aktuell für die Stomaversorgung an.<br />

Hinter „B. Braun StomaCare. Immer an<br />

Ihrer Seite.“ verbirgt sich ein durchdachtes<br />

Paket für Patienten und Professionelle,<br />

die täglich in ihrem Beruf Betroffene<br />

in der Stomaversorgung beraten, betreuen<br />

und pfl egen. Dazu gehören Informationen<br />

zum Produktprogramm (inklusive<br />

Ursprung der Produkte in Frankreich<br />

Wiege der B. Braun-Enterostoma-Versorgungssysteme<br />

ist St. Jean de Luz, ein kleines<br />

Örtchen im Süden von Frankreich direkt<br />

am Golf von Biscaya, nur 15 Kilometer<br />

von Spanien entfernt. Im Winter wohnen<br />

hier 14 000 Menschen, im Sommer können<br />

es mehr als 80 000 sein, von denen die<br />

meisten als Touristen Stadt und Strände<br />

bevölkern.<br />

St. Jean de Luz ist auch ein Städtchen mit<br />

Geschichte. Der berühmte Sonnenkönig<br />

Ludwig XIV. wurde 1660 in der Kirche des<br />

Städtchens getraut. Im Vergleich dazu ist<br />

die Geschichte der Stomaversorgung jung.<br />

Vor 30 Jahren wurde mit der Produktion<br />

einiger Stoma-, Drainage- und Inkontinenz-<br />

Stomaversorgung<br />

Die Zukunft<br />

ist grün<br />

B. Braun startet durch mit neuem<br />

Serviceprogramm rund um die Stomaversorgung<br />

Patienten-Erstversorgungs-Sets für die Zeit<br />

nach dem Klinikaufenthalt), unterstützende<br />

Services für die Patientenbetreuung (die<br />

Informationen für Patienten sind nach den<br />

drei Arten von Stomaanlagen getrennt),<br />

Qualitätsmanagement (Dokumentationsbogen)<br />

sowie zahlreiche Angebote für die<br />

pfl egerische Weiterbildung.<br />

Eine neue gebührenfreie Beratungs-Hotline<br />

berät Betroffene von Montag bis Freitag<br />

in der Zeit von 09.00 bis 16.00 Uhr unter<br />

der Service-Nummer (0800) 22 720 22.<br />

Hier erhalten Patienten und Angehörige<br />

produkte begonnen. Heute ist B. Braun als<br />

einer der Hauptanbieter für Stomaprodukte<br />

weltweit aufgestellt.<br />

Produkte für mehr Lebensqualität<br />

Diskret, komfort<strong>ab</strong>el und sicher – so lassen<br />

sich die Wünsche der Betroffenen zusammenfassen.<br />

Deshalb muss die Entwicklung<br />

von Stomaprodukten an der Praxis orientiert<br />

sein. Bei B. Braun werden die Produkte<br />

in einem Team von Technikern und Ingenieuren<br />

entwickelt. In festen Qualitäts- und<br />

Entwicklungszirkeln wird gemeinsam mit<br />

Stomatherapeuten in den einzelnen Ländern<br />

daran gearbeitet, die Produkte zu verbessern.<br />

Gemeinsam mit Anwendern aus<br />

verschiedenen Ländern wird nach neuen,<br />

noch besseren Lösungen für die Stomaver-<br />

praktische Tipps und Hilfestellungen zu<br />

allen Belangen rund um die <strong>Enterostomaversorgung</strong>.<br />

sorgung gesucht. So schafft B. Braun das<br />

Spagat zwischen lokalen individuellen Patientenwünschen<br />

und weltweitem Produktangebot.<br />

Eine weitere Herausforderung<br />

stellt jede neue Produktionsmaschine dar.<br />

Alle Maschinen, die in St. Jean de Luz eingesetzt<br />

werden, werden individuell entwickelt<br />

und gebaut. „Die innovativen Produktionsanlagen<br />

erfüllen Hightech-Standards“,<br />

sagt Michel F<strong>ab</strong>re, Leiter des Standorts<br />

St. Jean de Luz in der B. Braun-Gruppe. ❚<br />

Beratungs-Hotline<br />

(0800) 22 720 22<br />

Montag – Freitag: 9 – 16 Uhr<br />

<strong>03</strong>/08<br />

3


4<br />

<strong>03</strong>/08<br />

Trend<br />

Mit den Methoden der „Schlüssellochchirurgie“ operierte Gelenkarthrosen oder<br />

entzündete Blinddärme sind heute in deutschen Kliniken chirurgischer Alltag.<br />

Eine Rarität sind jedoch minimalinvasive Eingriffe bei Erkrankungen, welche die<br />

Entfernung von Teilen des Darmes erfordern und bei denen anschließend meist<br />

die Anlage eines künstlichen <strong>Au</strong>sganges (Enterostoma) erfolgt.


Am Heilig-Geist-Hospital im südhessischen<br />

Bensheim hat sich ein Ärzteteam<br />

um Chefarzt Prof. Dr. Thomas Böttger auf<br />

die laparoskopische Bauchchirurgie spezialisiert.<br />

<strong>Au</strong>ch Darmkrebs wird nach diesem<br />

Verfahren operiert, weitere Besonderheiten<br />

sind die Anlage und die Rückverlegung von<br />

Stomata in minimalinvasiver Technik. Im<br />

Interview erklären Prof. Böttger und sein<br />

Oberarzt Dr. Wolfgang Kockrow Einzelheiten<br />

zu dieser Methode.<br />

Große Darmchirurgie minimalinvasiv:<br />

Das klingt wie ein Paradoxon, und tatsächlich<br />

werden in Deutschland erst<br />

zehn Prozent aller Darmkrebsoperationen<br />

in diesem Verfahren vorgenommen.<br />

Trend<br />

Große Darmchirurgie<br />

mit kleinsten Narben<br />

Am Heilig-Geist-Hospital in Bensheim wird minimalinvasiv operiert<br />

Von Heidi Hamdad<br />

Prof. Dr. Thomas Böttger<br />

Chefarzt am Heilig-Geist-Hospital, Bensheim<br />

Prof. Dr. Thomas Böttger studierte<br />

Humanmedizin an der Johann-<br />

Wolfgang-Goethe-Universität in<br />

Frankfurt / Main und <strong>ab</strong>solvierte<br />

1989 seine fachärztliche Prüfung<br />

als Chirurg.<br />

Vor seinem Wechsel zum Heilig-<br />

Geist-Hospital in Bensheim am<br />

1. Juni 2008 war Prof. Böttger zuletzt<br />

von April 2002 an Chefarzt<br />

der Klinik für Viszeral-, Thorax-<br />

und Gefäßchirurgie im Klinikum<br />

Bremerhaven Reinkenheide. Prof.<br />

Böttger ist aktiv in der Deutschen<br />

Gesellschaft für Chirurgie<br />

und der Deutschen Gesellschaft<br />

für Viszeralchirurgie.<br />

Dr. Wolfgang Kockrow<br />

Oberarzt am Heilig-Geist-Hospital, Bensheim<br />

Herr Professor Böttger, wie erklären Sie<br />

diese ausgeprägte Zurückhaltung Ihrer<br />

Kollegen?<br />

Prof. Böttger: Das minimalinvasive Verfahren<br />

ist technisch wesentlich anspruchsvoller<br />

als die sogenannte offene<br />

Bauchchirurgie, bei der ein langer Schnitt<br />

vorgenommen wird. Schließlich kann zum<br />

Beispiel während des Eingriffs das Körperinnere<br />

nicht direkt eingesehen werden,<br />

sondern wird über einen Bildschirm beobachtet.<br />

Die räumliche Vorstellungskraft<br />

ist somit gefordert und die Koordination<br />

zwischen <strong>Au</strong>ge und Hand ist schwieriger.<br />

<strong>Au</strong>ch muss die Handh<strong>ab</strong>ung der speziellen<br />

Instrumente erst trainiert werden. Die<br />

Lernkurve gilt zum Beispiel bei laparosko-<br />

Dr. Wolfgang Kockrow studierte<br />

Humanmedizin am Universitätsklinikum<br />

Heidelberg und legte<br />

im Februar 2004 seine fachärztliche<br />

Prüfung als Chirurg <strong>ab</strong>.<br />

Nach verschiedenen berufl ichen<br />

Stationen übernahm er am<br />

1. Oktober 2007 die Position des<br />

Oberarztes an der Klinik für Allgemein-,<br />

Viszeral- und Gefäßchirurgie<br />

am Heilig-Geist-Hospital<br />

Bensheim.<br />

pischen Kolonresektionen erst <strong>ab</strong> 150 Eingriffen<br />

als überwunden und anschließend<br />

muss der Operateur Routine und Sicherheit<br />

gewinnen. Hier bilden etwa 50 Eingriffe im<br />

Jahr die Richtschnur. In Deutschland beherrschen<br />

erst etwa fünf Prozent aller Viszeralchirurgen<br />

die laparoskopische Technik.<br />

Zu viele in dieser Berufsgruppe scheuen<br />

sich, Neues anzugehen. Doch das wird sich<br />

in den kommenden Jahren ändern, wenn<br />

mehr Gameboy-erfahrene Nachwuchsmediziner<br />

operieren werden.<br />

Eine weitere Voraussetzung sind Investitionen<br />

der Kliniken in personelle Qualifi<br />

kation und in <strong>Au</strong>sstattung. Erkennen<br />

Sie hier ausreichende Bereitschaft?<br />

<strong>03</strong>/08<br />

5


6<br />

Heilig-Geist-Hospital, Bensheim<br />

Das katholische Krankenhaus der Grundversorgung mit<br />

160 Betten in Trägerschaft der Heilig-Geist-Stiftung verfügt<br />

über die haupt- und belegärztlich geführten Fächer<br />

Innere Medizin mit Gastroenterologie und Kardiologie,<br />

Chirurgie mit Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie,<br />

Thorax- sowie Unfallchirurgie, HNO, Urologie, Gynäkologie<br />

und Geburtshilfe. Die Klinik, in der sich darüber hinaus<br />

eine Dialyse<strong>ab</strong>teilung und eine radiologische Praxis<br />

befi nden, ist eine Einrichtung des Katholischen Klinikverbundes<br />

Südhessen GmbH. Im Jahr 2002 wurde am<br />

Heilig-Geist-Hospital aus einer anästhesiologischen Gemeinschaftspraxis<br />

heraus ein Medizinisches Versorgungs-<br />

Zentrum (MVZ) gegründet mit heute zwei Allgemeinärzten,<br />

einem Kinder-Rheumatologen und einer chirurgischen<br />

Praxis mit den drei Chirurgen Prof. Thomas Böttger,<br />

Dr. Wolfgang Kockrow und Dr. Jörg Beardi.<br />

Prof. Böttger: Die Krankenhäuser stehen<br />

unter einem enormen Konkurrenzdruck und<br />

werden langfristig nur durch Innovationen<br />

plus maximale Qualität überzeugen können.<br />

<strong>Au</strong>ch dieser Umstand wird die Laparoskopie<br />

fördern. Das Heilig-Geist-Hospital zum<br />

Beispiel, ein Krankenhaus der Grundversorgung,<br />

ist von sechs Maximalversorgern<br />

umgeben. Da ist es wirtschaftlich sinnvoll,<br />

das Haus auf ein Gebiet zu spezialisieren,<br />

wo bundesweit erst wenig Expertise vorhanden<br />

ist.<br />

Sie h<strong>ab</strong>en Ihre Erfahrungen vor allem<br />

im Klinikum Bremerhaven gesammelt,<br />

wo Sie von 2002 an bis zu Ihrem Wechsel<br />

nach Bensheim am 1. Juni 2008 als<br />

Chefarzt tätig waren. Wie drückt sich<br />

Ihr Know-how in konkreten Zahlen aus?<br />

Prof. Böttger: In meiner jetzt 26-jährigen<br />

Tätigkeit als Chirurg h<strong>ab</strong>e ich bisher mehr<br />

als 2 000 Eingriffe am Dickdarm (Kolon)<br />

vorgenommen, davon über 600 laparoskopisch.<br />

Entfernungen des Afterschließmuskels<br />

(Rektumresektionen) operiere ich<br />

ebenfalls auf diese Weise. Vor<strong>ab</strong> gilt es<br />

jedoch immer sehr sorgfältig <strong>ab</strong>zuwägen,<br />

welche Methode für den Patienten am besten<br />

geeignet ist und der Chirurg darf sich<br />

keinesfalls scheuen, während einer laparoskopisch<br />

begonnenen Operation auf das<br />

<strong>03</strong>/08<br />

Trend<br />

offene Verfahren umzusteigen, wenn zum<br />

Beispiel anatomische Besonderheiten auftauchen.<br />

Hier fehlt allerdings in noch größerem<br />

<strong>Au</strong>smaß Erfahrung unter den Chirurgen.<br />

Zu wenige beherrschen die Technik<br />

der Konversion und schrecken deshalb vor<br />

der gesamten Methode zurück, denn die<br />

zu späte Entscheidung lässt die Komplikationsrate<br />

drastisch ansteigen.<br />

Wie hoch ist Ihre persönliche Konversionsrate?<br />

Prof. Böttger: Sie beträgt nur etwa zwei<br />

Prozent.<br />

Worin liegen die Vorteile der Laparoskopie<br />

für die Patienten?<br />

Prof. Böttger: Bei einer großen offenen<br />

Darmoperation entsteht eine Wunde von<br />

etwa 30 Zentimetern Länge, die natürlich<br />

stärker schmerzt als die insgesamt vier nur<br />

0,5 bis einen Zentimeter langen Laparoskopie-Narben.<br />

Dadurch werden weniger<br />

Schmerzmittel benötigt. Der Patient verliert<br />

außerdem bei der Operation weniger<br />

Blut, das Risiko einer Wundinfektion und<br />

anderer Komplikationen ist deutlich geringer.<br />

Die Dauer des Klinikaufenthalts ist mit<br />

fünf bis sechs Tagen kürzer als bei einem<br />

offenen Eingriff mit zwölf bis 14 Tagen. Besonders<br />

fällt auf, dass minimalinvasiv ope-<br />

rierte Patienten viel schneller wieder auf<br />

den Beinen sind. Schon 14 Tage nach einer<br />

großen Dickdarm-Operation ist ein Patient<br />

fi t genug, um an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren,<br />

zumal wir die elementaren<br />

Teile eines speziellen Reh<strong>ab</strong>ilitationskonzepts,<br />

Fast-Track genannt, anwenden. Eines<br />

Tages wird sich niemand mehr mit einem<br />

Bauchschnitt operieren lassen, wenn<br />

andernorts das minimalinvasive Verfahren<br />

angeboten wird. Da bin ich mir sicher.<br />

Die größte Angst von Patienten bezieht<br />

sich nach Umfrage nicht auf unerträgliche<br />

Schmerzen oder unschöne Narben<br />

sondern auf die Vollnarkose ...<br />

Prof. Böttger: Das ist tatsächlich eine sehr<br />

weitverbreitete Angst. <strong>Au</strong>s diesem Grund<br />

ist es wichtig, dass ein Patient während<br />

der Operation von einem erfahrenen Anästhesisten<br />

betreut wird. Das ist bei uns der<br />

Fall, wir h<strong>ab</strong>en einen Standard wie in einer<br />

Großklinik. Zudem verfügen wir über ein<br />

Qualitätsmanagement und bemühen uns<br />

gegenüber dem Patienten um größtmögliche<br />

Transparenz. Jeder Patient kann von<br />

uns eine CD mit seiner Operation erhalten.<br />

In Deutschland leben schätzungsweise<br />

100 000 Stomaträger. Erfordert eine<br />

minimalinvasive Operation seltener die


Anlage eines Stomas oder fördert diese<br />

neue Technik die Entscheidung für ein<br />

temporäres Stoma, also eines, das nach<br />

einiger Zeit wieder zurückverlegt werden<br />

kann?<br />

Prof. Böttger: Diese Technik beeinfl usst<br />

nicht die Entscheidung für oder gegen ein<br />

Stoma oder die Frage temporäres oder permanentes<br />

Stoma. Entscheidend ist vielmehr<br />

die Erfahrung in der kolorektalen Chirurgie.<br />

Wer eine solche Operation durch den After<br />

beherrscht, kann fast immer das Stoma<br />

verhindern. Musste jedoch ein permanentes<br />

Stoma gelegt werden, ist es möglich,<br />

durch das Hartmann-Operationsverfahren<br />

die Darmenden wieder zurückzuverlegen<br />

und das Stoma zu entfernen.<br />

Internetforen für Stomaträger erwecken<br />

den Eindruck, dass viele Betroffene<br />

nicht interessiert sind, ihren künstlichen<br />

<strong>Au</strong>sgang schnellstmöglich wieder zurückverlegen<br />

zu lassen, selbst wenn dies<br />

möglich wäre. Herr Dr. Kockrow, bestätigen<br />

Sie diesen Eindruck?<br />

Dr. Kockrow: Die Anlage eines Stomas<br />

nach Darmkrebs oder etwa einer chronisch<br />

entzündlichen Darmerkrankung, ist<br />

auch seelisch ein schwerer Eingriff. Werden<br />

Patienten erstmals mit diesem Thema<br />

konfrontiert, sind fast alle schockiert und<br />

lehnen es <strong>ab</strong>. Am Ende kommen etwa 50<br />

Prozent damit gut zurecht. Ein weiteres Indiz<br />

für die recht hohe Zufriedenheit ist die<br />

relativ geringe Zahl von Rückverlegungen.<br />

Während die Zahl der Stoma-Neuanlagen<br />

steigt, vor allem weil häufi ger ein Darmkarzinom<br />

diagnostiziert wird und heute<br />

auch ältere Patienten operiert werden können,<br />

bleibt die Zahl der Rückverlegungen<br />

etwa konstant. Ein Grund dafür ist sicher<br />

die Angst vor einer weiteren Operation,<br />

auch wenn die Rückverlegung der beiden<br />

Darmenden ein kleiner Eingriff ist, der oft<br />

laparoskopisch erfolgen kann. Ein weiterer<br />

Grund ist die Angst vor Inkontinenz. Aber<br />

die Zufriedenheit mit der Situation spielt<br />

sicher die größte Rolle.<br />

Sie bieten demnächst eine ärztliche<br />

Stomasprechstunde an. Das ist an deut-<br />

Trend<br />

schen Krankenhäusern sehr selten. Was<br />

hat Sie dazu veranlasst?<br />

Dr. Kockrow: Diese Sprechstunde wird von<br />

mir als Arzt gemeinsam mit der an unserem<br />

Haus langjährig tätigen Stomatherapeutin<br />

Tatjana Braun besetzt. Somit bieten wir den<br />

Patienten Beratung und Unterstützung bereits<br />

vor dem Eingriff, während seines Klinikaufenthalts<br />

und in der Nachsorge an. Für<br />

uns gehört ein solch umfassendes Angebot<br />

zu unserem Verständnis von Qualität.<br />

Welche sind die häufi gsten Probleme,<br />

unter denen Stomaträger leiden?<br />

Dr. Kockrow: Es gibt eine Vielzahl guter<br />

Stomaprodukte auf dem Markt, <strong>ab</strong>er manchmal<br />

muss man herumprobieren, welches<br />

am besten funktioniert. <strong>Au</strong>s medizinischer<br />

Sicht zählen während der Operation entstehende<br />

Verletzungen, etwa des Darmes oder<br />

von Gefäßen, zu den möglichen Risiken und<br />

Komplikationen. Weitere beziehen sich zum<br />

Beispiel auf Verengungen, Verwachsungen<br />

und Hernien. Was uns <strong>ab</strong>er im Grunde noch<br />

mehr Sorge bereitet, ist die Ethik. Wir sehen<br />

leider zu häufi g nachlässig angelegte Stomata,<br />

die die Lebensqualität des Patienten<br />

sehr einschränken. <strong>Au</strong>ch sehen wir Patienten,<br />

denen kein Stoma angelegt wurde,<br />

obwohl dies angezeigt gewesen wäre. Für<br />

einen Chirurgen ist es faszinierend die Fähigkeit<br />

zu besitzen, zwei lose Darmenden<br />

kunstvoll miteinander zu verbinden. Diese<br />

sogenannte Anastomose ist hohe chirurgische<br />

Kunst. Doch was für den Arzt, der vor<br />

der Wahl Anastomose versus Stoma steht,<br />

einzig wichtig sein muss, sind ethische<br />

Grundsätze. Hier stellen wir leider zu häufi g<br />

Defi zite fest, durch die das Risiko beispielsweise<br />

einer Bauchfellentzündung, einer<br />

Blutvergiftung oder eines Darmverschlusses<br />

für den Patienten steigt, ihm Schmerzen<br />

bereitet und sein Leben gefährden kann. ❚<br />

Kontakt<br />

Heilig-Geist-Hospital Bensheim<br />

Hauptstraße 81-87<br />

64625 Bensheim<br />

Tel.: (0 62 51) 1 32-0<br />

Fax: (0 62 51) 1 32-2 69<br />

E-Mail: info@hgh-mail.de<br />

Stichwort:<br />

Stomatherapeut<br />

Die Stoma-Sprechstunde wird begleitet<br />

von der Stomatherapeutin<br />

und Krankenschwester Tatjana Braun<br />

vom Sanitätshaus Klein in Darmstadt-Dieburg.<br />

Das Care-Team, dem<br />

sie angehört, betreut bereits seit einigen<br />

Jahren Stomaträger, die im Heilig-Geist-Hospital<br />

operiert wurden. Im<br />

Idealfall beginnt die Betreuung schon<br />

vor der Operation mit einem Gespräch<br />

und dem Anzeichnen der Stomaposition.<br />

Nach dem Eingriff bespricht sie<br />

alle Aspekte der modernen Stomapfl ege<br />

und leitet Patienten an, um ihnen<br />

Sicherheit und ein größtmögliches<br />

Maß an Selbstständigkeit wiederzugeben.<br />

<strong>Au</strong>ch weitere Fragen rund um<br />

Ernährung, Freizeit und Beruf können<br />

besprochen werden. Die Stoma-<br />

Sprechstunde soll Anlaufstelle sein für<br />

Patienten mit Komplikationen, etwa<br />

Hautirritationen, Prolaps und Hernie.<br />

<strong>03</strong>/08<br />

Tatjana Braun<br />

7


8<br />

Freche <strong>Au</strong>gen funkeln durch die rote Metallbrille, freche<br />

Locken umrahmen das lebenslustige Gesicht: Was Rena-<br />

te Thuy (53) in den letzten zweieinhalb Jahren durchge-<br />

macht hat, ist ihr kaum anzusehen: furchtbare Qualen,<br />

<strong>ab</strong>er auch – aus ihrer Sicht – kleine Wunder. Denn seit<br />

ein paar Wochen ist das Leben der Darmkrebspatientin<br />

etwas leichter geworden. Kurz lupft sie ihr T-Shirt, da-<br />

mit Stomafachkraft Barbara Kühne einen Blick auf ihren<br />

linken Unterbauch werfen kann. Ein flacher hautfarbe-<br />

ner Beutel klebt da, der unter dem schwarz-weißen Rin-<br />

gelhemd nicht zu sehen, nicht zu ahnen ist. Die 53-Jäh-<br />

rige trägt seit Kurzem einen künstlichen Darmausgang.<br />

Barbara Kühne (44) schaut sich die Haut rundum an und<br />

beruhigt: „Alles bestens, alles ganz normal“.<br />

<strong>03</strong>/08<br />

Im Gespräch<br />

Einmal nach Paraguay<br />

Für Renate Thuy ist der künstliche Darmausgang<br />

kein Hindernis, Reisepläne zu schmieden<br />

Von Irene Graefe<br />

Renate Thuy (rechts) schöpft aus den Gesprächen mit Stomafachkraft Barbara Kühne Foto: Irene Graefe<br />

viel Kraft und praktische Tipps für den Alltag mit ihrem künstlichen Darmausgang.<br />

Bevor ihr vor Kurzem das Kolostoma gelegt wurde, war die agile<br />

Druckereibesitzerin und Mutter dreier erwachsener Kinder<br />

zum Daheimbleiben verdonnert. Dauernd musste sie zur Toilette,<br />

Stuhlgang trat durch die Scheide aus, wunde Stellen und Analfi ssuren<br />

quälten sie. Ihr Leben – seit der Diagnose Darmkrebs Ende<br />

2005 ohnehin großen Veränderungen unterworfen – wurde zur<br />

Qual. Ob ein künstlicher Darmausgang Erleichterung verschaffen<br />

würde? „Ich h<strong>ab</strong>e mehrere Meinungen eingeholt, darunter die von<br />

Frau Kühne: Sie nahm mir die Angst und beantwortete all meine<br />

Fragen – das hat mir Kraft gegeben“, blickt Thuy auf die schwierige<br />

Entscheidung zurück.<br />

Die Fränkin aus Ansbach in der Nähe von Nürnberg hat ihren Schritt<br />

zur Operation nicht bereut. Im Gegenteil, „ich kann jedem in ähnlicher<br />

Situation nur dazu raten“. „Ich gehe wieder shoppen und<br />

spazieren. Meine Lebensqualität ist eine völlig neue“, schwärmt<br />

sie. D<strong>ab</strong>ei hatte sie bei ihrer Mutter schon mögliche Schattenseiten<br />

des Umgangs mit einem künstlichen Darmausgang erlebt, „da<br />

funktionierte nicht alles so gut“. Immerhin, seit der Behandlung<br />

der Mutter kannten sich Thuy und Kühne. Jetzt selbst betroffen,<br />

weiß Renate Thuy, wen sie um Hilfe bitten möchte.<br />

„Ich konnte und kann sie jederzeit anrufen. Wenn ich diese Hilfe<br />

nicht bekommen hätte, hätte ich die Krise gekriegt“, erzählt sie.<br />

„Für mich war es gut zu wissen, dass Frau Kühne selbst Betroffene<br />

ist. Sie weiß einfach, wovon sie spricht und sie ist so lebenslustig!“<br />

Die Stomafachkraft lotst ihren Schützling nun über den weiten


Weg von der Entscheidung zur OP bis zur Nachsorge. Sie gibt Tipps,<br />

welche Kliniken in Betracht kommen, hält Kontakt zu den behandelnden<br />

Ärzten, begleitet Thuy zu Terminen. Sie berät auch, welches<br />

Stomasystem das Passende ist. Seit der Operation im Mai ist<br />

sie Ratgeberin in den praktischen Alltagsfragen der Stomaträgerin.<br />

„Wenn man nach dem Eingriff das Loch in seinem Bauch sieht und<br />

da kommt der Darm heraus, das ist schon gewöhnungsbedürftig.<br />

Da erschrickt man“, erzählt Renate Thuy unbefangen. In der Klinik<br />

war ihr zwar alles erklärt worden, eine Krankenschwester hatte sie<br />

Stichwort: Hyperthermie<br />

Die Hyperthermie (griechisch: hyper = übermäßig, thermos =<br />

Wärme) macht sich die Erkenntnis zu eigen, dass Tumorgewebe<br />

hitzeempfi ndlicher als gesundes ist. Dr. Caius Popa, Leiter der<br />

Abteilung Hyperthermie an der BioMed-Klinik in Bad Bergz<strong>ab</strong>ern,<br />

erläutert drei Säulen der Überwärmungstherapie:<br />

❚ Die Erwärmung bis auf 44 Grad führt im Tumorgewebe zu<br />

einem Hitzestau, in dessen Folge es zur Unterversorgung der<br />

Tumorzellen mit Sauerstoff und Nährstoffen kommt. Die Zellen<br />

sterben schließlich <strong>ab</strong>.<br />

❚ Schon bei der Erwärmung über 42 Grad entwickeln Krebszellen<br />

Hitzeschockeiweiße, die das körpereigene Abwehrsystem<br />

aktivieren und die Krebszellen bekämpfen lassen.<br />

❚ Das elektromagnetische Feld, das im überwärmten Tumorgewebe<br />

entsteht, stört die Kommunikation der bösartigen Zellen<br />

untereinander. Die Zellwände werden durch chemische und<br />

physikalische Vorgänge so beeinfl usst, dass Signale zur Zellteilung<br />

nicht mehr weitergegeben werden und das Wachstum<br />

des Tumorgewebes gestört wird.<br />

Laut Popa „verstärkt die Hyperthermie die Wirkung der konventionellen<br />

Krebsbehandlungen“. Überwärmte Krebszellen reagieren<br />

sensibler auf Chemotherapeutika. Deshalb kann die Dosis<br />

der Chemotherapie in Kombination mit Hyperthermie reduziert<br />

werden. Da die Hyperthermie die Reparaturfähigkeit der Tumorzellen<br />

mindert, kann auch die Strahlendosis geringer angesetzt<br />

werden.<br />

Die BioMed-Klinik setzt auf verschiedene Methoden der Hyperthermie:<br />

Stomaversorgung<br />

Im Gespräch<br />

vorm OP-Termin zum Anzeichnen begleitet. Orientiert an Hautfalten<br />

und am Sitz des Hosenbundes war festgelegt worden, wo der<br />

<strong>Au</strong>sgang liegen soll, damit er die Trägerin so wenig wie möglich<br />

beeinträchtigt und gut zu versorgen und pfl egen ist. „<strong>Au</strong>ch wenn<br />

mir viel erläutert wurde, es war trotzdem noch nicht ausreichend“,<br />

erinnert sich Thuy. „Wenn die Nachsorge zu Hause fehlen würde,<br />

wäre das schrecklich.“<br />

Jetzt fühlt sich die lebensbejahende Frau schon wieder fi t, neue<br />

Reisepläne zu schmieden: nach Paraguay. Die Vorfreude steht ihr<br />

❚ Bei der Ganzkörperhyperthermie, auch als Fiebertherapie<br />

bekannt, wird der ganze Körper in einem Wärmebett auf 39<br />

bis 40 Grad erwärmt. Das mobilisiert die Abwehrkräfte und<br />

erhöht die Wirksamkeit der Chemotherapie. Wenn der Krebs<br />

schon weit metastasiert hat, wird der Körper ergänzend zur<br />

Chemotherapie sogar bis zu 42 Grad aufgeheizt.<br />

❚ Bei der lokoregionalen Hyperthermie wird die Wärme gezielt<br />

auf die vom Tumor betroffenen Gewebe oder Organe (Lunge,<br />

Leber, Knochen, Hirn) <strong>ab</strong>gegeben. Ein schwenkbarer Applikator<br />

gibt Kurzwellen <strong>ab</strong>, die im Tumor als Wärme <strong>ab</strong>sorbiert<br />

werden und ihn auf über 41 Grad erwärmen.<br />

❚ Bei Bauchmetastasen von Eierstock-, Magen- und Darmkrebs<br />

kommt die intrakavitäre Perfusionshyperthermie zum Einsatz.<br />

Beispielsweise der Unterleib wird mit einer 42 bis 43<br />

Grad warmen Flüssigkeit durchspült. Sie enthält Zytostatika,<br />

die bei höheren Temperaturen stärker wirken.<br />

❚ Bei der lokalen Oberfl ächenhyperthermie werden Hauttumore,<br />

Lymphknoten, Hautmetastasen, Melanome und Rezidive<br />

mit einem wassergefi lterten Infrarotstrahl behandelt.<br />

<strong>03</strong>/08<br />

9


10<br />

BioMed-Klinik in Bad Bergz<strong>ab</strong>ern<br />

Unter dem Motto „Leben wagen – macht Hoffnung“ hat sich<br />

die BioMed-Klinik mit 100 Betten in Bad Bergz<strong>ab</strong>ern (Südpfalz)<br />

die nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität von<br />

Krebspatienten zum Ziel gesetzt. Die Fachklinik für Onkologie,<br />

Immunologie und Hyperthermie arbeitet integrativ und<br />

ganzheitlich. Nach ihrem Verständnis ergänzender biomedizinischer<br />

Therapiekonzepte gehören zu einer Krebsbehandlung<br />

neben der operativen Tumorentfernung, der Chemo- und<br />

Strahlentherapie unterstützende und aufbauende Therapien<br />

zur Stärkung und Regeneration der körpereigenen Abwehrkräfte<br />

bis hin zu immunologischen und physikalischen<br />

Methoden mit tumorzerstörenden Effekten.<br />

Die 120 Klinikmitarbeiter arbeiten partnerschaftlich mit den<br />

über 2000 Patienten aus dem In- und <strong>Au</strong>sland pro Jahr zusammen.<br />

„Ärzte und Pfl egepersonal sind sehr herzlich, das<br />

fi nden Sie woanders kaum so“, sagt Renate Thuy (53), Darmkrebspatientin<br />

aus Bayern. „Ich kann hier mitentscheiden, was<br />

gemacht wird“, hebt sie hervor und spricht damit ein Prinzip<br />

der Klinik an: Die Patienten geben ihre Verantwortung nicht<br />

an der Pforte <strong>ab</strong>, sondern bestimmen gemeinsam mit Ärzten,<br />

Psychologen und Physiotherapeuten, wie ihre gesundheitliche<br />

Situation verbessert werden kann.<br />

Die 1989 von Dr. med. Dr. rer. nat. Dipl.-Phys. Erich Dieter<br />

Hager gegründete BioMed-Klinik ist ein Versorgungskrankenhaus<br />

der gesetzlichen Krankenkassen. Die Kosten für eine<br />

stationäre Behandlung werden somit in der Regel von den gesetzlichen<br />

Krankenkassen, Beihilfestellen und Privatkrankenkassen<br />

übernommen.<br />

Informationen zur BioMed-Klinik unter:<br />

www.biomed-klinik.de<br />

<strong>03</strong>/08<br />

Im Gespräch<br />

ins Gesicht geschrieben. „Ich bin noch nie gefl ogen!“ Kurz, nur<br />

ganz kurz, staunt sie über sich selbst, dann ergänzt sie, „das sind<br />

so Träume und Ziele. Nicht erst in fünf Jahren. Oktober ist für mich<br />

erreichbar.“ Doch so zuversichtlich war Renate Thuy nicht immer.<br />

Die gelernte Schriftsetzerin ist voll im Berufsleben im familieneigenen<br />

Betrieb engagiert, da muss sie sich im Dezember 2005 einer<br />

Operation zur Polypenentfernung im Darm unterziehen. Nach dem<br />

Eingriff erfährt sie: Es ist mehr, es ist Darmkrebs. Chemo- und<br />

Strahlentherapie nehmen ihren Lauf. Mitte 2006 denkt sie, „ich<br />

bin wieder gesund“.<br />

Als Renate Thuys Mann im April 2007 nach einer Hüftoperation in<br />

der Druckerei erst einmal ausfällt, steigt ihr Arbeitspensum enorm.<br />

„Zehn Stunden am Tag waren keine Seltenheit“, berichtet sie. Die<br />

Quittung kommt im Sommer bei einer Nachsorgeuntersuchung.<br />

In Lunge und Leber werden Metastasen gefunden. Ohne Chemotherapie<br />

werden ihr zwei bis sechs Monate Lebenszeit prophezeit,<br />

„mit Chemotherapie etwas länger, vielleicht zwei Jahre“. Die<br />

damals 52-Jährige überlegt hin und her, ob sie sich erneut einer<br />

Chemotherapie unterziehen soll, „denn ich wollte nicht wieder so<br />

elendig sein wie bei der letzten“. Sie willigt dennoch ein, „dass es<br />

etwas anderes gibt, wusste ich noch nicht“.<br />

Nach der dritten Chemotherapie erleidet sie einen Darmverschluss,<br />

hängt an der Magensonde. Ihr Mann erzählt später, „ich h<strong>ab</strong>’<br />

schon nichts mehr geplant“. Zwar öffnet sich der Darmverschluss,<br />

doch Renate Thuy sagt: „Nie wieder Chemo!“ Sie berät sich mit<br />

einem Bekannten, der sich mit alternativen Heilmethoden auseinandersetzt.<br />

„Du musst selbst aktiv werden“, lockt er sie aus ihrer<br />

passiven Haltung, nur <strong>ab</strong>zuwarten, was andere ihr empfehlen. Im<br />

Internet fi ndet sie in Bielefeld einen Heilpraktiker, dessen Angebot<br />

sie überzeugt. Bewusst sucht sie sich für die Behandlung die<br />

westfälische Stadt aus, weit weg von der Familie, der sie nicht zur<br />

Last fallen will.<br />

Es wird eine verrückte Geschichte. Von November 2007 bis Februar<br />

2008 lebt sie von Montag bis Freitag im Wohnwagen auf<br />

einem Campingplatz in Bielefeld. Vormittags geht sie zur Therapie,<br />

um ihr Immunsystem zu stärken. Nachmittags macht sie lange<br />

Spaziergänge. Einmal verläuft sie sich sogar. <strong>Au</strong>f einem Parkplatz<br />

trifft sie einen Firmenvertreter, der nimmt sie ein Stück mit zurück<br />

und schenkt ihr einen Eimer voller Pralinen. „Denk’ daran, es gibt<br />

Wunder“, hatte der Therapeut gesagt ...<br />

In Bielefeld tankt die Krebspatientin Kraft und Zuversicht. Endlich<br />

hat sie einmal Zeit für sich. In diesen vier Monaten lernt sie<br />

loszulassen, Verantwortung <strong>ab</strong>zugeben. Beruhigend zu erleben,<br />

„meine Familie kommt auch ohne mich klar“. Für die Zeit nach<br />

ihrem Leben regelt sie wichtige Angelegenheiten beim Notar und<br />

mit ihrer Familie. Sie kommt „super positiv und von allem be-


Im Gespräch<br />

Ab ins Schwimmbad!<br />

Stomaträger können mehr als sie sich manchmal zutrauen<br />

Durch das Tragen eines künstlichen Darmausgangs kommen<br />

nun ganz andere Hautpartien mit den Körperausscheidungen<br />

in Berührung. Muss ich meine Haut besonders<br />

aufwendig pfl egen?<br />

Barbara Kühne: Weniger ist mehr, sage ich immer. Wasser ist<br />

das beste Reinigungsmittel! Seife und Lotionen enthalten<br />

Duftstoffe und anderes, was Hautirritationen auslösen kann.<br />

Bloß nicht zu viel auf die umgebende Haut auftragen!<br />

Meine Bedenken sind groß, meine Mitmenschen könnten<br />

riechen, dass ich Stomaträger bin. Muss ich wirklich Sorge<br />

h<strong>ab</strong>en?<br />

Barbara Kühne: Da riecht man nichts. Es gibt heute so gute<br />

Filtersysteme, dass Sie davor keine Angst zu h<strong>ab</strong>en brauchen.<br />

Reden Sie mit Ihrem Stomatherapeuten oder Ihrer Stomafachkraft<br />

darüber. Das nimmt Ihnen Ihre Sorge und Sie wissen<br />

genau Bescheid.<br />

Wie ist es in der Sexualität: Hindert mich der Stom<strong>ab</strong>eutel<br />

am Bauch? Stößt er meinen Partner <strong>ab</strong>?<br />

Barbara Kühne: Die Unsicherheit ist normal. Aber es gibt spezielle<br />

kleine Stom<strong>ab</strong>eutelchen und -kappen, die kaum auffallen.<br />

Für Frauen und Männer gibt es inzwischen schöne Wäsche<br />

zu kaufen. Ganz wichtig sind vor allem Gespräche mit<br />

dem Partner. Gehen Sie offen miteinander um!<br />

freit“ nach Hause. Dann holt die Panik sie wieder ein, denn der<br />

Lebertumor ist gewachsen. Sie sieht sich nach Alternativen zur<br />

Schulmedizin um. Wegen ihrer Lungenmetastasen bekommt sie<br />

Schwierigkeiten, sich in eine Therapie aufnehmen zu lassen. Sie<br />

geht ins Deutsche Ganzheitliche Krebsinformations- und Beratungszentrum<br />

Buocher Höhe bei Stuttgart. Dort stellt sie unter<br />

anderem ihre Ernährung auf eine Öl-Eiweiß-Kost um und erfährt<br />

von der Behandlung mit Hyperthermie in der BioMed-Klinik in<br />

Bad Bergz<strong>ab</strong>ern.<br />

Die Fachklinik für Onkologie, Immunologie und Hyperthermie hat<br />

sogar eine Kassenzulassung. Für Renate Thuy ein Glücksfall. Im<br />

März 2008 reist die Fränkin in die Pfalz. Sechs Wochen später<br />

ein zweites Mal. Die spezielle Wärmebehandlung des befallenen<br />

Gewebes (siehe Text „Hyperthermie“) bringt bei ihr das Tumorwachstum<br />

zum Stillstand. Alle zwei Tage liegt Renate Thuy eine<br />

Stunde lang auf einer speziellen Liege, ein schwenkbarer Applikator<br />

sendet punktgenau Kurzwellen auf das betroffene Gebiet.<br />

Überwärmung und Kurzwellen entfalten ihre Wirkung. „Unterdessen<br />

spüre ich nichts und ruhe mich anschließend eine Stunde aus“,<br />

berichtet die Patientin. Eine Thymus- und Misteltherapie ergänzt<br />

ihr Behandlungsprogramm.<br />

Gut, <strong>ab</strong>er wie ist das in der Öffentlichkeit: Kann ich mich<br />

noch ins Schwimmbad oder in die Sauna trauen?<br />

Barbara Kühne: Das fragen mich meine Patienten oft. Ich gehe<br />

dann mit ihnen Schwimmen oder in die Sauna. <strong>Au</strong>ch hier gibt es<br />

spezielle, unauffällige Versorgungssysteme, die unter dem Badeanzug<br />

verschwinden. In der Sauna kann ich mir ein schönes<br />

Tuch umbinden.<br />

Das Interview mit Barbara Kühne führte Irene Graefe für HealthCare Journal<br />

Barbara Kühne (44) ist<br />

Stomafachkraft in Roth<br />

nahe Nürnberg und betreut<br />

260 Stomapatienten. Sie berät<br />

bei der Wahl der individuell<br />

passenden Versorgungssysteme<br />

und in den vielen<br />

Fragen des Alltags von Stomaträgern.<br />

So gestärkt geht es im Mai für drei Wochen in den Wohnmobilurlaub<br />

nach Griechenland. Dort will sie unbedingt den Apotheker<br />

treffen, dessen Antikrebsmittel sie seit einem halben Jahr einnimmt.<br />

„Der Tumor soll sich damit satt fressen und dann platzen“,<br />

erklärt Thuy die erhoffte Wirkung. Die Begegnung mit dem<br />

Heilkundler macht ihr Mut. Geduld müsse sie h<strong>ab</strong>en, sagt er ihr.<br />

Im Juli ist sie wieder in Bad Bergz<strong>ab</strong>ern. Die Lebermetastasen<br />

sind weiter gewachsen. „Ich weiß, die sind extrem groß“ – Hoffen<br />

und Bangen angesichts dieser Werte liegen eng beieinander.<br />

Für einen Moment nur das Vogelgezwitscher im Klinikpark,<br />

dann lächelt die drahtige Frau schon wieder: „An manchen Tagen<br />

geht’s mir gut, an manchen Tagen nicht so gut. Aber ich setze<br />

mir Ziele.“<br />

Bevor sie ihr Traumziel Paraguay im Oktober erreicht, lernt Renate<br />

Thuy Tag für Tag, besser mit ihrem Stoma umzugehen. „Noch<br />

wechsele ich die Beutel am liebsten zu Hause“, gesteht sie. Irgendwann<br />

wird sie sich auch trauen, dies auf der Damentoilette<br />

einer Gaststätte oder gar eines Schwimmbades zu tun. „Da gibt’s<br />

so hübsche Dinger“, sagt sie kokett über die Materialien zur Stomaversorgung,<br />

„damit kann ich endlich baden gehen“. Noch so ein<br />

kleines Wunder. ❚<br />

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12<br />

Sicherheit dank<br />

Sanitätsfachhandel<br />

Von Helga Brettschneider<br />

„Wichtig ist, dass die Patienten eine Anlaufstelle<br />

h<strong>ab</strong>en. Und bei Problemen können<br />

sie unser Team des Sanitätshauses<br />

ansprechen“, sagt Christina Mayer. Die<br />

Stomatherapeutin ist Geschäftsführerin<br />

der Firma „Sanitätshaus & Orthopädietechnik<br />

Schneider & Piecha“ in Offenbach<br />

am Main. Seit über 20 Jahren werden<br />

hier Stomapatienten betreut; zurzeit sind<br />

es über 500 in einem Umkreis von rund<br />

50 Kilometern. Dafür sind fünf examinierte<br />

Krankenschwestern, teilweise als ausgebildete<br />

Stomatherapeutinnen, im Einsatz.<br />

Ihre Arbeit beginnt meist schon im Krankenhaus.<br />

„Wir arbeiten mit mehreren Kliniken<br />

zusammen. In manchen werden wir<br />

schon vor der Operation gerufen, um die<br />

passende Lage des Stomas zu markieren,<br />

oft gemeinsam mit dem Chirurgen“, berichtet<br />

sie. Speckfältchen etwa müssen<br />

berücksichtigt werden, denn ein Stoma<br />

ist als Dauereinrichtung gemacht und die<br />

Lage in einer Falte ist eher ungünstig:<br />

Die Pfl ege wird dann komplizierter, weiß<br />

Mayer aus Erfahrung. Für die Wahl der<br />

optimalen Stelle schaut sie sich den Patienten<br />

deshalb im Liegen, im Stehen und<br />

im Sitzen an. Im Liegen allein genügt auf<br />

keinen Fall: Da h<strong>ab</strong>en die meisten einen<br />

fl achen Bauch. Daneben achtet sie auch<br />

auf die Kleidungsvorlieben des Patienten,<br />

damit das Stoma nicht unter dem Hosen-<br />

oder Rockbund platziert wird – der Bund<br />

könnte drücken oder reiben.<br />

Handel<br />

Für die Versorgung von Stomapatienten ist der Sanitätsfachhandel mit seinen Stomatherapeuten<br />

unverzichtbar. D<strong>ab</strong>ei ist sein Engagement dauerhaft und zuverlässig: Oft beginnt<br />

es schon in der Klinik mit der Entscheidung, wo das künftige Stoma liegen soll und kann<br />

danach in wiederholte Hausbesuche münden – über Jahrzehnte.<br />

<strong>03</strong>/08<br />

Das Ziel: Normal weiterleben<br />

Schulung und Beistand gehören mit zum<br />

Service. Das verlangt Einfühlungsvermögen.<br />

Ziel ist, dem Patienten ein möglichst<br />

normales Weiterleben zu ermöglichen. So<br />

trainieren die Mitarbeiter des Sanitätshauses<br />

mit dem Patienten und seinen Angehörigen<br />

die Stomaversorgung. Das fördert<br />

Sicherheit und Selbstständigkeit und kann<br />

auch die Angst mildern.<br />

Und die h<strong>ab</strong>en die meisten. Denn die Anlage<br />

eines Stomas ist für viele erst einmal ein<br />

Schock, der ihre Welt zusammenbrechen<br />

lässt. Zusätzlich sehen sich 80 Prozent der<br />

Patienten wegen Darmkrebs auch noch mit<br />

Chemo- und Strahlentherapie und mit einer<br />

Fülle weiterer Informationen konfrontiert.<br />

„Das überfordert sie völlig“, sagt Christina<br />

Mayer. Vor allem <strong>ab</strong>er fürchten sie, das Stoma<br />

könnte sicht- oder riechbar werden und<br />

dadurch ihre Teilnahme am normalen Leben<br />

gefährden. Dank moderner Produkte ist das<br />

<strong>ab</strong>er nicht mehr zu befürchten. Künstliche<br />

Darmausgänge lassen sich heute unauffällig<br />

versorgen und eingebaute Filter fangen<br />

Gerüche <strong>ab</strong>. Selbst Schwimmen gehen<br />

können die Patienten damit. Bei optimaler<br />

Versorgung ist das Stoma sogar besser <strong>ab</strong>gedichtet<br />

als die Naturvariante – da kommt<br />

nichts durch. Und das, sagt Mayer, ist im<br />

Schwimmbad sogar hygienischer.<br />

Insgesamt erreichen st<strong>ab</strong>ile, ausgeglichene<br />

Patienten mithilfe einer guten Stomaver-<br />

sorgung meist eine gute Lebensqualität,<br />

betont sie. Krebspatienten hilft es oft, sich<br />

klarzumachen, dass das Stoma ein Teil der<br />

lebensrettenden Maßnahmen ist.<br />

Die günstigste Ernährung herausfi nden<br />

Mayer empfi ehlt ihren Patienten zusätzlich,<br />

mithilfe eines Ernährungsplans zu<br />

ermitteln, auf welche Nahrungsmittel<br />

sie mit stärkeren Blähungen reagieren –<br />

Kandidaten sind unter anderem Hülsenfrüchte,<br />

Kohl und Zwiebeln – oder mit<br />

dünnem Stuhl. Denn beides wollen die Patienten<br />

in Gegenwart anderer möglichst<br />

vermeiden.<br />

Bei anderen Lebensmitteln empfi ehlt sich<br />

ein kompletter Verzicht. So sollten Patienten<br />

mit Dünndarm-Stoma keine Pilze essen:<br />

Sie sind zellulosereich und deshalb<br />

allenfalls sehr klein geschnitten verträglich<br />

– sonst blockieren sie das Stoma. Patienten<br />

mit künstlichem Darmausgang im Dickdarmbereich<br />

sind kaum eingeschränkt.<br />

Sorgfältige Reinigung ist das A und O<br />

Die selbstständige Versorgung erlernen<br />

ältere Patienten ebenso gut wie jüngere,<br />

so Mayer. Die sorgfältige Reinigung zum<br />

Beispiel. Sie ist un<strong>ab</strong>dingbar, denn E. coli-<br />

Bakterien sind aggressiv.<br />

Bei zweiteiligen Versorgungssystemen<br />

etwa können Wasser und eine milde Seife<br />

eingesetzt werden. Diese Systeme beste-


hen aus einer Hautschutzplatte – meist<br />

aus Hydrokolloid – mit einem Rastring und<br />

einem getrennten Beutel. Weil die Platte<br />

mehrere Tage am Patienten bleibt und<br />

der Beutel un<strong>ab</strong>hängig davon gewechselt<br />

werden kann, wird die Haut im Vergleich<br />

zu einer einteiligen Versorgung geschont.<br />

Demgegenüber tragen Einteiler am wenigsten<br />

auf, sind also am unauffälligsten.<br />

Die Platte der zweiteiligen Systeme kann<br />

der Patient zwei- bis dreimal wöchentlich<br />

wechseln, bei starkem Schwitzen auch<br />

öfter. Den Beutel tauscht er mindestens<br />

täglich aus. Für den erhöhten Bedarf, etwa<br />

bei Durchfall, stehen <strong>Au</strong>sstreifbeutel zur<br />

Verfügung.<br />

Generell sind zum Reinigen und Abtrocknen<br />

außerdem Kompressen nötig. Die Kosten<br />

dafür muss der Patient selbst tragen, denn<br />

sie werden von den gesetzlichen Krankenkassen<br />

nicht übernommen. Normale Zellstofftücher<br />

sind <strong>ab</strong>er ungeeignet, weil ihre<br />

Fussel die Haut reizen.<br />

Braucht ein Patient spezielle Materialien,<br />

etwa bei aufgeweichter oder sehr empfi<br />

ndlicher Haut, dann muss eine veränderte<br />

Versorgung beantragt werden. Das wird in<br />

der Regel genehmigt, ist <strong>ab</strong>er aufwendig,<br />

berichtet die Stomatherapeutin aus ihren<br />

Erfahrungen: Sie muss das Problem fotografi<br />

sch dokumentieren. Die Bilder reicht<br />

sie dann mit dem Kostenvoranschlag zusammen<br />

ein.<br />

Handel<br />

Komplikationen<br />

Komplikationen können natürlich immer<br />

mal auftreten. Am häufi gsten handelt es<br />

sich d<strong>ab</strong>ei um Hautprobleme, vor allem<br />

um Irritationen oder ein <strong>Au</strong>fquellen der<br />

Haut. Als Ursachen liegen meist Allergien<br />

oder eine nicht dicht <strong>ab</strong>schließende Versorgung<br />

zugrunde. <strong>Au</strong>ch ein hoher Verzehr<br />

von Zitrusfrüchten kann dazu führen, dass<br />

der Stuhl die Haut besonders aggressiv angreift.<br />

„Wichtig ist, dass die Patienten<br />

eine Anlaufstelle h<strong>ab</strong>en.“<br />

Pilzinfektionen sind vergleichsweise selten,<br />

Stomaverschlüsse ebenfalls. Als Folge<br />

zu starker körperlicher Anstrengung kann<br />

es <strong>ab</strong>er zu einem schmerzhaften Stom<strong>ab</strong>ruch<br />

kommen. Die Patienten sollten deshalb<br />

darauf achten, nicht mehr als fünf<br />

Kilogramm zu heben, empfi ehlt Mayer. Bei<br />

anstrengenderen Arbeiten ist eine Stom<strong>ab</strong>andage<br />

sinnvoll.<br />

Die Betreuung wird nicht bezahlt<br />

Christina Mayer ist die enge Beziehung<br />

zu den Patienten wichtig. Einige betreut<br />

sie schon seit über zwei Jahrzehnten. Ihre<br />

Mitarbeiter fahren die Versorgungsmaterialien<br />

meist direkt zu den Empfängern,<br />

damit sie die Betreuerinnen aus dem Sanitätshaus<br />

persönlich kennenlernen. Es fällt<br />

den Patienten dann leichter, Probleme anzusprechen.<br />

Besonders in den ersten vier Wochen nach<br />

der Klinik ist eine engmaschige Betreuung<br />

wichtig. Denn das Stoma, das zu Beginn<br />

„Die Arbeit mit den<br />

Patienten<br />

zahlt uns keiner, …<br />

noch gereizt und geschwollen ist, verkleinert<br />

sich nach der Operation noch etwas.<br />

Das ist normal, muss <strong>ab</strong>er kontrolliert werden,<br />

um früh zu einer dicht <strong>ab</strong>schließenden,<br />

kleineren Versorgung zu wechseln. Zudem<br />

sind die Patienten anfangs oft noch unsicher.<br />

Später erfolgen Stomainspektionen<br />

im Abstand von drei bis vier Monaten und<br />

bei Bedarf, um Komplikationen <strong>ab</strong>zufangen.<br />

Doch das alles kostet Zeit – viel Zeit bei<br />

einem Einzugsbereich von 50 Kilometern.<br />

Und die gesundheitspolitischen Sparmaßnahmen<br />

erschweren die Arbeit immer mehr.<br />

So ist die Leistung der Stomatherapeuten<br />

zwar unverzichtbar für die Patienten: Es<br />

ist praktisch die einzige Berufsgruppe, die<br />

genug Erfahrung mit dieser Therapie hat.<br />

Vergütet wird die Betreuung von den Krankenkassen<br />

<strong>ab</strong>er nicht – die Stomatherapeuten<br />

erhalten dafür nicht einen Cent.<br />

Früher existierte zumindest noch ein Abrechnungsmodus<br />

für die Erstversorgung<br />

und einer für die Umversorgung. Heute<br />

nicht mehr. „Die Arbeit mit den Patienten<br />

bezahlt uns keiner“, stellt Christina Mayer<br />

nüchtern fest, „weder die im Krankenhaus<br />

noch die zu Hause. Wir verdienen ausschließlich<br />

an den Materialien.“ ❚<br />

Kontakt<br />

Schneider & Piecha GmbH<br />

Sanitätshaus & Orthopädietechnik<br />

Sprendlinger Landstraße 9-11<br />

D-63069 Offenbach am Main<br />

Tel.: (0 69) 84-10 23 / -48 35<br />

Fax: (0 69) 83 10 24<br />

E-Mail: schneider-piecha@t-online.de<br />

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Von Andrea Puzyno<br />

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Recht<br />

Hilfsmittelversorgung im Wandel –<br />

Einschränkungen für die Patienten?<br />

Defi nition, Rechtsanspruch und<br />

Verordnung<br />

Produkte zur Versorgung eines Stomas sind<br />

Medizinprodukte und im sozialrechtlichen<br />

Sinne sogenannte Hilfsmittel. Der Anspruch<br />

und die Verordnungsfähigkeit von<br />

Hilfsmitteln wird im SGB V (Sozialgesetzbuch<br />

Fünf) Paragraf 33 festgelegt. Hilfsmittel<br />

müssen geprüft und zugelassen sein,<br />

bevor sie dem Patienten verordnet werden<br />

können. Die zugelassenen Hilfsmittel werden<br />

im sogenannten Hilfsmittelverzeichnis<br />

(§ 139 SGB V) gelistet und erhalten daraufhin<br />

eine Hilfsmittelnummer, die auf der<br />

Verordnung des Arztes vermerkt wird. Der<br />

Patient hat eine Zuzahlung von zehn Prozent<br />

des verordneten Hilfsmittels zu leisten<br />

(§ 61 SGB V). Eine Zuzahlungsbefreiung<br />

kann er durch Nachweis des Erreichens der<br />

Belastungsgrenze nach Paragraf 62 SGB V<br />

bei seiner Krankenkasse beantragen.<br />

Festbeträge für Hilfsmittel<br />

Für verschiedene Hilfsmittelgruppen wie<br />

Stoma- und Inkontinenzprodukte gelten<br />

bundesweite Festbeträge, d. h. die Spitzenverbände<br />

der Krankenkassen legen nach<br />

Anhörung der Verbände die Maximalbeträge,<br />

die für ein Produkt gezahlt werden, fest<br />

(§ 36 SGB V). Teilweise gibt es Maßg<strong>ab</strong>en,<br />

dass nach Möglichkeit nur Hilfsmittel verordnet<br />

werden sollen, die 10 % oder mehr<br />

unter Festbetrag liegen.<br />

Die Leistungserbringer:<br />

Sanitätshaus, Fachhandel, Apotheke<br />

Hilfsmittel dürfen bisher nur von zugelassenen<br />

Leistungserbringern (§ 126 SGB V<br />

alt) an Patienten <strong>ab</strong>gegeben werden. Zur<br />

Erlangung dieser Zulassung gehört auch<br />

der Nachweis der erforderlichen Fachkunde,<br />

Beratung und Service und bei manchen<br />

Produktgruppen der Nachweis besonderer<br />

Räumlichkeiten. Mit der Neufassung des<br />

Paragrafen 126 SGB V ergeben sich andere<br />

Spielregeln in der Versorgung der<br />

Patienten, d. h. es wird jetzt auf Verträge<br />

gesetzt.<br />

<strong>Au</strong>sschreibungen für Hilfsmittel<br />

Seit dem GKV-WSG (Wettbewerbsstärkungsgesetz<br />

der Gesetzlichen Krankenversicherung)<br />

vom 26.<strong>03</strong>.2007 sollen die<br />

Krankenkassen im Verlauf der <strong>Au</strong>sschrei-<br />

bung Verträge mit Hilfsmittellieferanten<br />

<strong>ab</strong>schließen, die das Einsparpotenzial der<br />

einzelnen Krankenkasse nochmals steigern<br />

können (§ 127 Abs. 1 SGB V). Dementsprechend<br />

h<strong>ab</strong>en verschiedene Krankenkassen<br />

bereits <strong>Au</strong>sschreibungen herausgegeben<br />

und nach Losverg<strong>ab</strong>e Zuschläge erteilt.<br />

Die <strong>Au</strong>sschreibungsgewinner h<strong>ab</strong>en dann<br />

sogenannte Exklusivverträge, obwohl<br />

eine Übergangsregelung bis 31.12.2008<br />

besteht, die die bisher zugelassenen<br />

Leistungserbringer berechtigt, die Produkte<br />

mit den Krankenkassen auch weiterhin<br />

<strong>ab</strong>zurechnen.<br />

Des Weiteren können auch Rahmenverträge<br />

nach Paragraf 127 Abs. 2 SGB V<br />

<strong>ab</strong>geschlossen werden, die die einzelnen<br />

Leistungserbringer zu Vertragspartnern der<br />

Krankenkasse machen. Im Vorfeld werden<br />

die Leistungserbringer aufgefordert, ein<br />

Preis- und Leistungsangebot zu machen. Es<br />

ist zu beobachten, dass die Krankenkassen<br />

nur mit den Leistungserbringern Verträge<br />

schließen, die sich einem meist niedrigen<br />

Preisniveau anschließen.


Deutschland versus Europa<br />

Die Krankenkassen sollen auch für die Produktfelder<br />

von Hilfsmitteln, für die bisher<br />

Festbeträge galten, <strong>Au</strong>sschreibungen machen.<br />

Das SGB V sieht hier vor, „die <strong>Au</strong>fforderung<br />

zur Abg<strong>ab</strong>e eines Angebotes<br />

unter Bekanntg<strong>ab</strong>e objektiver <strong>Au</strong>swahlkriterien<br />

an die Leistungserbringer auszuschreiben“.<br />

Durch diese Einräumung<br />

von neuen Wettbewerbsinstrumenten<br />

gerät der „<strong>Au</strong>ftraggeber Krankenkasse“ in<br />

eine neue Ebene der Gesetzgebung. Nun<br />

ist nicht mehr ausschließlich das SGB V<br />

bindend, sondern für <strong>Au</strong>sschreibungen<br />

gelten die Regelungen des Verg<strong>ab</strong>erechts<br />

öffentlicher <strong>Au</strong>ftraggeber nach den Richtlinien<br />

der Europäischen Union. Die Art der<br />

Verg<strong>ab</strong>e müsste demnach nach der Verdingungsordnung<br />

von Leistungen (VOL Teil A)<br />

erfolgen.<br />

Es kollidieren die nationale mit der internationalen,<br />

hier europaweiten Gesetzgebung.<br />

Deutschland bewegt sich nicht im rechtsfreien<br />

Raum, sondern es mangelt an einer<br />

eindeutigen Vorg<strong>ab</strong>e des Gesetzgebers, wie<br />

die Möglichkeiten nach dem GKV-WSG für<br />

die Krankenkassen umzusetzen sind.<br />

Das Bundesversicherungsamt hat bereits<br />

in 2007 in einem Rundschreiben an die<br />

Krankenkassen auf die Regeln nach Verg<strong>ab</strong>erecht<br />

(§§ 97-99 GWB / Gesetz gegen<br />

Wettbewerbsbeschränkungen) bei Arzneimitteln<br />

hingewiesen, wenn es sich um ein<br />

<strong>Au</strong>ftragsvolumen von über 206.000 Euro<br />

(§ 100 GBV i. V. m. Nr. 2 VgV / Schwellenwert<br />

der EU) handelt. Und diesen Schwellenwert<br />

erreichen Krankenkassen je nach<br />

Anzahl ihrer Versicherten und Produktgruppe<br />

sehr schnell.<br />

Am 09.05.2007 hat das Bundeskartellamt<br />

(Verg<strong>ab</strong>ekammer) nach Überprüfung<br />

der derzeitigen Gesetzeslage in Bezug auf<br />

<strong>Au</strong>fg<strong>ab</strong>en, Stellung und Finanzierung der<br />

Krankenkassen diese bereits als öffentliche<br />

<strong>Au</strong>ftraggeber eingestuft.<br />

Der Europäische Gerichtshof<br />

wird entscheiden<br />

Es liegt also im Interesse der Europäischen<br />

Union, ob Krankenkassen öffentliche <strong>Au</strong>ftraggeber<br />

sind, da die Regeln für alle EU-<br />

Länder gleich sein sollen. Die deutsche<br />

Recht<br />

Rechtsprechung hat alle bisherigen Klagen<br />

und Urteile bezüglich <strong>Au</strong>sschreibungen<br />

und Vertragsregelungen ausgesetzt, weil<br />

zunächst der Europäische Gerichtshof diese<br />

brisante Frage zu klären hat.<br />

Die anstehende Entscheidung des EuGH<br />

(Europäischen Gerichtshofes) hat weitreichende<br />

Folgen für die Krankenkassen und<br />

den Markt: sind diese öffentliche <strong>Au</strong>ftraggeber,<br />

so müssen alle benötigten Produkte<br />

und Dienstleistungen europaweit ausgeschrieben<br />

werden, und es gilt das Kartellverg<strong>ab</strong>erecht.<br />

Konsequenzen für den Markt<br />

Neben der Möglichkeit für die Medizin-<br />

und Pharmaindustrie Direktverträge mit<br />

den Krankenkassen <strong>ab</strong>zuschließen, würde<br />

die Entscheidung, dass Krankenkassen<br />

öffentliche <strong>Au</strong>ftraggeber sind, für alle Beteiligten<br />

einen erhöhten Verwaltungs- und<br />

damit auch Personalaufwand bedeuten.<br />

Schließlich müsste für alle Produktgruppen<br />

ausgeschrieben werden und alle <strong>Au</strong>sschreibungen<br />

für Anbieter einheitlich nach<br />

europäischem Verg<strong>ab</strong>erecht zugänglich<br />

gemacht werden. Die <strong>Au</strong>sschreibungen<br />

müssen eine eindeutige und erschöpfende<br />

Leistungsbeschreibung der gewünschten<br />

Produkte und Dienstleistungen enthalten,<br />

um zu verhindern, dass unzulässige Vorg<strong>ab</strong>en<br />

in den Verdingungsunterlagen bestimmte<br />

Anbieter benachteiligen.<br />

Durch Losverg<strong>ab</strong>e und Loslimitierung sollen<br />

Monopolstellungen verhindert werden,<br />

die durch das Kartellamt überwacht werden.<br />

Fraglich sind ebenso noch die Laufzeiten,<br />

wenn ein Anbieter eine <strong>Au</strong>sschreibung<br />

gewonnen hat und den Zuschlag der<br />

Krankenkasse erhält. Was bleiben dem<br />

unterlegenen Anbieter dann noch für Möglichkeiten?<br />

Daneben wird befürchtet, dass der Markt<br />

sich in drei Segmente aufteilen wird: In<br />

einen Billigmarkt, von dem man annimmt,<br />

dass sich hier insbesondere ausländische<br />

Anbieter einbringen. Einen Qualitätsmarkt,<br />

der sich durch eine weiterhin qualitativ<br />

akzept<strong>ab</strong>le Versorgung der Patienten auszeichnen<br />

wird. Und einen Selbstzahlermarkt,<br />

in dem der Patient für ein bestimmtes<br />

Produkt selbst dazuzahlen muss.<br />

Laut einer Umfrage des Kommunikationsforums<br />

Hilfsmittel (KFH) in 2006<br />

hat sich seit Einführung der Festbeträge<br />

für Stoma- und Inkontinenzprodukte im<br />

Jahre 2005 die Versorgungsqualität bereits<br />

deutlich gemindert. Achtzig Prozent<br />

der befragten Unternehmen konnten die<br />

Versorgungsqualität ihrer Patienten hinsichtlich<br />

der zu erbringenden Dienstleistungen<br />

und / oder benötigten Produkte<br />

nicht aufrechterhalten. Nahezu neunzig<br />

Prozent der Unternehmen g<strong>ab</strong>en an, dass<br />

die Festbeträge die Kostenstruktur nicht<br />

mehr <strong>ab</strong>decken. Hausbesuche, Beratung<br />

und individuelle Betreuung können immer<br />

weniger geleistet werden. Verschiedene<br />

Verbände und Selbsthilfegruppen befürchten,<br />

dass eine qualitativ notwendige<br />

Versorgung speziell im Bereich der Inkontinenz-<br />

und Stomaversorgung nicht mehr<br />

stattfi nden kann, eine Qualitätssicherung<br />

und Verbesserung nahezu ausgeschlossen<br />

ist.<br />

Und der Patient?<br />

Patienten müssen sich darauf einstellen,<br />

dass sie ihren Versorger nicht mehr frei<br />

wählen können. Der Kontakt zur Apotheke,<br />

zum Fachhändler oder Sanitätshaus der<br />

eigenen Wahl wird durch das Vertragsver-<br />

<strong>03</strong>/08<br />

15


16<br />

hältnis der Krankenkasse zu bestimmten<br />

Versorgern, die Produkte ausliefern dürfen,<br />

eingeschränkt. <strong>Au</strong>ch eine möglichst<br />

wohnortnahe Versorgung ist dadurch infrage<br />

gestellt. D<strong>ab</strong>ei sind Fehl- und Unterversorgungen<br />

der Patienten nicht mehr<br />

auszuschließen, die Folgekosten durch evtl.<br />

notwendig werdende ärztliche Versorgung<br />

oder Krankenhausaufenthalte sind nicht<br />

<strong>ab</strong>sehbar. Speziell in dem sehr sensiblen<br />

Bereich der Stomaversorgung, bei der es<br />

oft ein <strong>Au</strong>sprobieren von Produkten wegen<br />

des optimalen Sitzes, den Produktwechsel<br />

aufgrund von Reizungen gibt, ist eine individuelle<br />

Beratung und eine große <strong>Au</strong>swahl<br />

notwendig. Aber gerade diese individuelle<br />

Beratung und Betreuung sehen die Patienten<br />

und Selbsthilfegruppen durch das GKV-<br />

WSG noch mehr gefährdet.<br />

Es h<strong>ab</strong>en sich daraufhin mehrere Aktionsbündnisse<br />

gegründet. Patienten und Angehörige<br />

fi nden hier noch einmal die Details<br />

und können dem Bündnis oder der Petition<br />

beitreten.<br />

Das Aktionsbündnis „meine Wahl“ im Zusammenschluss<br />

von Menschen mit Behinderungen,<br />

Selbsthilfevereinigungen, Hilfsmittelherstellern<br />

und Versorgungspartnern<br />

fi ndet sich unter<br />

http://www.buendnis-meine-wahl.de/.<br />

Die Petition an den Deutschen Bundestag<br />

kann eingesehen und noch beigepfl ichtet<br />

werden unter<br />

http://itc3.napier.ac.uk/e-petition/bundestag/view_feedback.asp?PetitionID=466.<br />

Mit einer Entscheidung des Europäischen<br />

Gerichtshofes ist nach Meinung der Experten<br />

nicht vor Mitte 2009 zu rechnen. ❚<br />

Weitere Informationen<br />

Bundesverband Medizintechnologie<br />

(BVMed), 10117 Berlin<br />

www.bvmed.de/publikationen/publ_hilfsmittel/<br />

<strong>03</strong>/08<br />

Recht<br />

Welche Konsequenzen ergeben<br />

sich für die Leistungserbringer?<br />

Ein Kommentar von Norbert Schütze,<br />

Inh<strong>ab</strong>er des Medizinischen Fachhandels Nomamed, Harsum.<br />

Besonders für den Fachhandel hat die gesetzliche Neuregelung eine wirtschaftliche<br />

Bedrohung zur Folge. Bei den <strong>Au</strong>sschreibungen darf dann nur der Gewinner die<br />

Versicherten der jeweiligen Krankenkasse versorgen, alle anderen sind nicht mehr<br />

lieferberechtigt. <strong>Au</strong>ch bei den Vertragsgestaltungen der Krankenkasse gilt, wer keinen<br />

Vertrag hat, darf nicht mehr versorgen. Dies bedeutet, dass viele Unternehmen<br />

vom Hilfsmittelmarkt ausgeschlossen werden. Nur noch wenige Leistungserbringer<br />

werden d<strong>ab</strong>ei übrig bleiben. Es wird zu einer Monopolisierung von Leistungserbringern<br />

kommen. Das kleine Homecare-Unternehmen hat kaum noch Chancen, die<br />

Vielfalt von Verträgen <strong>ab</strong>zuschließen, geschweige denn den Preis im Markt mithalten<br />

zu können. Dieses Gesetz greift in den vorhandenen Mittelstand ein und wird<br />

ihn massiv verändern.<br />

Da der Trend der Kassen dahin geht, bei den Verträgen einen möglichst geringen<br />

Preis zu erzielen, wird es auch Abstriche bei der Versorgungsqualität geben müssen.<br />

Es ist zu befürchten, dass dies bei den Unternehmen zu Entlassungen von Mitarbeitern<br />

führen wird. Die Homecare-Unternehmen werden sich auf die Mindestanforderung<br />

bei der Dienstleistung und des Produkteinsatzes konzentrieren müssen, um<br />

zukünftig noch wirtschaftlich arbeiten zu können.<br />

Dies bedeutet auch, dass die Versicherten nicht mehr so umfassend versorgt werden<br />

können wie heute. Es werden sinnvolle Strukturen des Versorgungsumfeldes<br />

zerstört. Kliniken, Ärzte, Pfl egedienste und Altenheime verlieren ihre vertrauten<br />

Ansprechpartner. Der Patient und die Institutionen werden für jede Produktgruppe<br />

einen anderen Ansprechpartner bekommen. Hierbei wird die Qualität der Dienstleistung<br />

unübersichtlich und somit für den Betroffenen auch schlechter.<br />

Fazit<br />

Es kann keine qualitativ hochwertige Versorgung zum niedrigsten Preis geben. Die<br />

Dienstleistungen müssen bezahlbar bleiben. Die <strong>Au</strong>sg<strong>ab</strong>en im Hilfsmittelbereich<br />

werden durch diese Maßnahmen nicht gesenkt. Es werden in Zukunft an anderen<br />

Stellen wieder Kosten wie Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte entstehen.<br />

Es muss bei der Umsetzung des GKV-WSG faire Vertragsverhandlungen mit den<br />

Leistungserbringern unter Berücksichtigung bezahlbarer Dienstleistungen geben.<br />

Eine <strong>Au</strong>sschreibung bei beratungsintensiven Hilfsmitteln darf es nicht geben. Die<br />

Wahlfreiheit der Betroffenen darf nicht eingeschränkt werden, hierbei sollte es zu<br />

einer kritischen <strong>Au</strong>seinandersetzung mit Patientenverbänden und der Politik kommen.<br />

Die Leistungserbringervielfalt darf nicht eingeschränkt werden. Der Mittelstand<br />

muss weiterhin gestärkt werden.<br />

Kontakt<br />

Norbert Schütze<br />

Kreuzacker 2<br />

31177 Harsum/Asel<br />

Tel.: (0 51 27) 98 57 16<br />

Fax: (0 51 27) 93 11 40<br />

www.nomamed.de


Stomaversorgung<br />

Kunst als Heilmittel:<br />

Italienreise in die Welt der Theatertherapie<br />

Von Francesca Caravello<br />

Eine positive Einstellung zum Leben ist für den Heilungsprozess außerordentlich<br />

wichtig. Mit Mut und Zuversicht lassen sich Symptome und<br />

die durch Krankheit veränderte Lebenssituation besser ertragen, wie ein<br />

Projekt in Turin zeigt.<br />

Theatertherapie hilft sich gut zu fühlen<br />

Kunst entfaltet Kreativität, sie appelliert an die menschliche Intuition<br />

und stimuliert die Vorstellungskraft. Besonders das Theaterspielen<br />

bietet <strong>Au</strong>sdrucksmöglichkeiten, die den Genesungsprozess<br />

in besonderer Weise fördern. Der kranke Mensch muss nicht direkt<br />

seine persönlichen Probleme bearbeiten, sondern wird über eine<br />

stark spielerische Komponente motiviert.<br />

<strong>Au</strong>f dieser Erfahrung basiert das erste Theatertherapieprojekt für<br />

Stoma- und Inkontinenzpatienten. Das Projekt „Acting oneself“<br />

startete am 1. März 2008 in Turin und wird bis zum Spätherbst<br />

laufen. Die Initiative soll die Patienten über das Theaterspielen<br />

und die Interpretation von Theaterrollen unterstützen, ihre Probleme<br />

und Ängste zu bewältigen. Gleichzeitig erhalten sie eine<br />

wertvolle Zeit für sich selbst, in der die Erkrankung in den Hintergrund<br />

rückt und die Theatertherapie zeigt auch nach ihrem Ende<br />

weiterhin Wirkung: Der Patient verinnerlicht die erlebten positiven<br />

Gefühle und Erfahrungen und bindet sie in sein tägliches Leben<br />

ein. Theaterspielen ist ein Instrument, mit dessen Hilfe Menschen<br />

in Problemsituationen ihre gesunde, positive Seite in den Vordergrund<br />

rücken können.<br />

Wieder spielen lernen<br />

Grundsätzlich gliedert sich die Theatertherapie in vier Phasen:<br />

Gruppenfi ndung, Entdecken der eigenen Kreativität durch Improvisation,<br />

Defi nition eines gemeinsamen Gruppenziels und die<br />

<strong>Au</strong>fführung. In den ersten Sitzungen ist es am wichtigsten, dass<br />

innerhalb der Gruppe eine Atmosphäre des Vertrauens und der Zusammenarbeit<br />

aufgebaut wird. Um dieses Ziel zu erreichen, werden<br />

mit allen Teilnehmern einfache Übungen durchgeführt, die<br />

den gesamten Körper einschließen. Denn die Teilnehmer sollen ein<br />

gutes und positives Gefühl für den eigenen Körper wiedererlangen.<br />

So erfahren die Spielenden beispielsweise, welche Gefühle man<br />

durchlebt, wenn man mit verbundenen <strong>Au</strong>gen durch unbekannte<br />

Räume und Gänge geführt wird. Jeweils paarweise erkunden die<br />

Teilnehmer ihre Umgebung, ohne sich auf ihre Sehkraft verlassen<br />

zu können. Im improvisierten Spiel lernen sie wieder sich frei zu<br />

bewegen und Gefühle auszudrücken. Die folgenden Sitzungen<br />

konzentrieren sich zunehmend auf Theaterspielen, dramaturgische<br />

Techniken und Bühnenarbeit. Der Prozess entwickelt sich somit<br />

allmählich von einer Gruppenübung hin zu einer persönlichen,<br />

nach innen gerichteten Selbsterfahrung. ❚<br />

Pilotprojekt in Turin<br />

„Acting oneself“ ist das erste Theatertherapieprojekt für Stoma-<br />

und Inkontinenzpatienten. Die Initiative wurde in Turin von<br />

B. Braun Italia in Zusammenarbeit mit der Aesculap Akademie,<br />

des Piemonter Verbandes für Inkontinenz- und Stomapatienten<br />

A.P.I.STOM. und dem Verband der italienischen<br />

Vereinigungen von Stoma- und Inkontinenzpatienten FAISS<br />

gegründet.<br />

<strong>03</strong>/08<br />

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18<br />

<strong>03</strong>/08<br />

Stomaversorgung<br />

Dienstleistungen und Produkte als Plus<br />

Einteilige Versorgungssysteme für<br />

Stomaanlagen auf oder unter Hautniveau<br />

Ab sofort stehen die einteiligen konvexen Systeme Softima<br />

konvex zur Versorgung von Kolostomie-, Ileostomie-<br />

und Urostomieanlagen zur Verfügung.<br />

Die Softima konvex Versorgungsbeutel sind ergonomisch<br />

geformt mit konvexer Hautschutzfläche im Flower-Design.<br />

Der Tragekomfort entsteht durch das weiche Vlies und die<br />

Dreifach-Gürtelfixierung unterhalb der Hautschutzfläche.<br />

Der Neigungswinkel des konvexen Hautschutzes dient der<br />

optimalen Druckverteilung und reduziert damit das Risiko<br />

von Druckulcera und -nekrosen.<br />

Softima Kolo konvex<br />

Softima Ileo Flow Control konvex<br />

Softima Roll Up konvex<br />

Einteilige Systeme<br />

Softima Uro Silk konvex<br />

Folgende Produktvarianten stehen zur Verfügung:<br />

❚ Softima Kolo konvex<br />

einteiliger geschlossener Beutel<br />

❚ Softima Ileo Flow Control konvex<br />

einteiliger <strong>Au</strong>sstreifbeutel mit Flow-Control-<strong>Au</strong>slasssystem<br />

für eine kontrollierte Entleerung<br />

❚ Softima Roll Up konvex<br />

einteiliger <strong>Au</strong>sstreifbeutel mit Roll-Up-<strong>Au</strong>slasssystem<br />

❚ Softima Uro Silk konvex<br />

einteiliger Urostomiebeutel mit Rückflusssperre,<br />

Easy-Outlet-<strong>Au</strong>slasssystem und Konnektor zur<br />

Verbindung mit Urin-Drainage-System für die<br />

komfort<strong>ab</strong>le Nachtversorgung<br />

Almarys Twin+ Ileo Drainage HF<br />

Softima Key Ileo Drainage<br />

Zweiteilige Systeme


Zweiteilige Systeme<br />

zur Versorgung von Ileostomieanlagen<br />

mit erhöhten<br />

<strong>Au</strong>sscheidungen<br />

Bei besonders starkem Flüssigkeitsverlust<br />

und bei aggressiven <strong>Au</strong>sscheidungen werden<br />

erhöhte Anforderungen an die Produkte gestellt.<br />

Damit Patienten sich auch in diesen<br />

akuten Zuständen sicher fühlen können bietet<br />

B. Braun zwei neue Produkte an:<br />

❚ Almarys Twin+ Ileo Drainage HF<br />

Almarys Twin+ Ileo Drainage HF ist ein zweiteiliges System<br />

zur Versorgung von Ileostomieanlagen, die durch sehr flüssige<br />

und aggressive <strong>Au</strong>sscheidungen in großen Mengen (> 2<br />

Liter pro Tag) charakterisiert sind. Das System ist besonders<br />

zur Versorgung von Jejunostomien sowie für den Einsatz<br />

bei Patienten nach Chemotherapien geeignet. Das Drainage-<br />

System basiert auf der „Almarys Twin+“-Technologie und<br />

erfordert den Einsatz der zugehörigen „Almarys Twin+“-Basisplatten<br />

(plan oder konvex).<br />

❚ Softima Key Ileo Drainage<br />

Softima Key Ileo Drainage ist ein zweiteiliges System zur<br />

Versorgung von Ileostomieanlagen, die durch sehr flüssige<br />

<strong>Au</strong>sscheidungen in erhöhten Mengen charakterisiert sind.<br />

Das System ist besonders zur Versorgung von Patienten<br />

geeignet, die nach Chemotherapien unter erhöhtem Flüssigkeitsverlust<br />

leiden. Das Drainage-System basiert auf der<br />

„Softima Key“-Technologie und erfordert den Einsatz der zugehörigen<br />

„Softima Key“-Basisplatten (plan oder konvex).<br />

❚ Sammelbehälter für mehr Sicherheit<br />

Der angebotene Flow Collector sorgt im Einsatz mit Almarys<br />

Twin+ Ileo Drainage HF oder Softima Key Ileo Drainage<br />

für eine erhebliche Reduzierung des Pflegeaufwands und<br />

schafft eine komfort<strong>ab</strong>le und angenehme Versorgungssituation<br />

für Patienten und Pflegekräfte. ❚<br />

Weitere Informationen erhalten Sie<br />

durch unseren Kundenservice:<br />

Tel.: (0 56 61) 71-33 99 oder Fax: (0 56 61) 75-35 50<br />

Stomaversorgung<br />

Wissen als „Plus“ in der Stomaversorgung<br />

Bei B. Braun wird Kundenbindung großgeschrieben. Seit vielen<br />

Jahren bietet die Firma Seminare zu Pfl ege- und Versorgungsthemen<br />

an. Egal ob für Einzelpersonen und Gruppen,<br />

problem- oder weiterbildungsorientiert – im Trainingsprogramm<br />

fi ndet jeder etwas für seinen Bedarf.<br />

<strong>Au</strong>ch in der Stomaversorgung unterstützt die Firma die<br />

Weiterbildung von Stomatherapeuten und Patienten. Die<br />

Schulungsreferenten sind ausgebildete Stomatherapeuten,<br />

die sich individuell auf die Kundenwünsche einstellen. So<br />

können Interessierte ein Seminar buchen, die Schulung kann<br />

<strong>ab</strong>er auch direkt beim Kunden stattfi nden – entweder als<br />

Kurztraining <strong>ab</strong> zwei Stunden oder Ganztagsveranstaltung.<br />

Im Schulungsumfang enthalten sind Themen wie Ernährung<br />

und Stoma, die prä- und postoperative Versorgung, die Besonderheiten<br />

der verschiedenen Stomatatypen, kontinente<br />

Stomaanlagen, Komplikationen, Irrigation und Drainage-<br />

und Fistelversorgung.<br />

Terminvereinbarung:<br />

B. Braun Melsungen AG<br />

Professional Services<br />

Juliane Blumenstein<br />

Carl-Braun-Straße 1<br />

34212 Melsungen<br />

Tel.: (0 56 61) 71-44 04<br />

Fax: (0 56 61) 75-44 04<br />

www.bbraun.de<br />

<strong>03</strong>/08<br />

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20<br />

Von Heinz Schaefers<br />

Durch die Anlage eines künstlichen Dickdarmausganges geht die natürliche Kontrolle über die<br />

Darmtätigkeit verloren und es kommt zu unkontrollierter Darmentleerung. Zwar hat sich die<br />

medizinische Forschung seit je bemüht, sogenannte kontinente, d. h. schließfähige künstliche<br />

Darmausgänge zu entwickeln, sie h<strong>ab</strong>en jedoch in der Praxis bisher noch nicht den Durchbruch<br />

erzielt.<br />

<strong>03</strong>/08<br />

Stomaversorgung<br />

Irrigation: Ein Stück Freiheit<br />

für den Patienten


Durch die Methode der Irrigation ist eine kontrollierte Darmentleerung<br />

mit nachfolgender ausscheidungsfreier Zeit von bis zu<br />

48 Stunden erreichbar. Diese kontrollierte Darmentleerung und<br />

die lange ausscheidungsfreie Zeit, verbunden mit einer deutlichen<br />

Reduzierung der Darmgasbildung, bedeuten für den Stomaträger<br />

einen großen Gewinn an Lebensqualität, da er sich sowohl berufl<br />

ich als auch gesellschaftlich und sportlich völlig frei bewegen<br />

kann, ohne befürchten zu müssen, dass seine Mitmenschen die<br />

Behinderung bemerken.<br />

Die Irrigation ist keine neue Methode, sondern schon seit vielen<br />

Jahren bekannt und in der Praxis bewährt. Es ist kaum verständlich,<br />

dass dieses einfache und bewährte Verfahren mit einer für<br />

den Betroffenen so positiven Wirkung in vielen Ländern immer<br />

noch relativ wenig Anwender fi ndet. Der hohe Gewinn an Lebensqualität,<br />

Komfort, Diskretion und „maximaler Un<strong>ab</strong>hängigkeit“<br />

sollten für den Betroffenen Anreiz genug sein, dieses Verfahren<br />

der herkömmlichen Beutelversorgung vorzuziehen.<br />

Irrigationsmethode<br />

In der Stomaversorgung versteht man unter dem Begriff Irrigation<br />

eine spezielle Art der Versorgung. Durch das Einspülen von körperwarmem<br />

Wasser in den Darm (ähnlich einem Einlauf) wird die<br />

Darmwand gedehnt und die Darmmuskulatur zur Tätigkeit angeregt.<br />

Dies führt zu einer spontanen Darmentleerung. Je mehr Dickdarm<strong>ab</strong>schnitte<br />

durch die Spülfl üssigkeit angeregt werden, desto<br />

besser ist die Entleerung und umso länger die nachfolgende ausscheidungsfreie<br />

Zeit. Das Wasser kann entweder über ein Schwerkraft-Irrigationssystem<br />

oder mithilfe einer elektrischen Irrigationspumpe,<br />

der Irrimatic, in den Darm gespült werden. Die Irrimatic<br />

bietet den großen Vorteil, dass das Gerät überall aufgestellt werden<br />

kann und gegenüber den Schwerkraftsystemen keine bestimmte<br />

<strong>Au</strong>fhänghöhe des Wasserbehälters erforderlich ist. Darüber hinaus<br />

ist der Spüldruck bei der Irrimatic stufenlos einstellbar, sodass jeder<br />

Anwender den für ihn persönlich optimalen Druck einstellen kann.<br />

Zeitaufwand für die Irrigation<br />

Ist die Irrigation für den Betroffenen zur Routine geworden,<br />

verringert sich auch der zeitliche <strong>Au</strong>fwand. Jeder Stomaträger<br />

muss durch die Beobachtung seines Körpers herausfi nden,<br />

nach welcher Zeit sich der Darm vollständig entleert hat. Dies<br />

ist von Person zu Person unterschiedlich. Für die komplette<br />

Versorgung, einschließlich Irrigation, Reinigung des Stomas<br />

und Abdecken mit einer Stomakappe, wird in der Regel ca.<br />

eine 3⁄4 Stunde benötigt.<br />

Vorteil der Irrigation gegenüber der herkömmlichen<br />

Beutelversorgung<br />

Der große Vorteil der Irrigation liegt im persönlichen<br />

Wohlbefi nden des Betroffenen. Durch die Irrigation wird<br />

die Blähbereitschaft und somit der Gasaustritt deutlich<br />

her<strong>ab</strong>gesetzt und zum Teil über längere Zeit ganz ver-<br />

Stomaversorgung<br />

hindert. Ein sich <strong>Au</strong>fblähen der Stomakappe oder des Minibeutels<br />

gibt es fast nicht.<br />

Hautprobleme durch Kontakt mit <strong>Au</strong>sscheidungen sind dem irrigierenden<br />

Stomaträger weitestgehend fremd, da <strong>Au</strong>sscheidungen<br />

in der Regel nur durch die Irrigation angeregt werden. Ein Wechsel<br />

der Stomakappe oder des Minibeutels während des Tages ist nicht<br />

erforderlich, sodass es hier auch kein Problem mit der Entsorgung<br />

gibt. Eine unauffällige Stomakappe in der Sauna, beim Schwimmen<br />

oder Duschen nach dem Sport verleihen den Betroffenen maximale<br />

Diskretion, Komfort und Un<strong>ab</strong>hängigkeit, die mit einer herkömmlichen<br />

Beutelversorgung in der Form nicht erreicht werden kann.<br />

Irrimatic R für die rektale Irrigation<br />

Nicht nur für Betroffene mit künstlichem Darmausgang, sondern<br />

auch für Personen mit defektem Afterschließmuskel, Darmlähmung,<br />

Spina bifi da und Querschnittslähmung kann durch die<br />

Irrigation eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität erreicht<br />

werden. Das Prinzip der Darmspülung gleicht dem der Stoma-<br />

Irrigation, mit dem Unterschied, dass das Wasser rektal eingespült<br />

wird. Die Irrimatic R ist hierfür mit speziellem Zubehör für die rektale<br />

Spülung ausgestattet.<br />

Ein wichtiger Hinweis zum Schluss<br />

Die Irrigation enthebt den Darm nicht seiner Arbeit. Deshalb ist<br />

auch bei langfristiger Anwendung dieser Methode nicht zu befürchten,<br />

dass der Darm ohne den Anreiz regelmäßiger Spülung<br />

träge wird, und keine Peristaltik mehr stattfi ndet, wie es bei länger<br />

dauernder Einnahme von Abführmitteln der Fall ist. ❚<br />

Kontakt<br />

Dipl.-Ing. Heinz Schaefers<br />

Medizintechnik GbR<br />

Borkener Straße 50<br />

46342 Velen-Ramsdorf<br />

Tel.: (0 28 63) 9 50 24<br />

E-Mail: info@schaefers-medizintechnik.de<br />

<strong>03</strong>/08<br />

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22<br />

Ernährungstipps<br />

Von Andrea Thöne<br />

Nach Anlage eines Stomas fragen<br />

sich Stomaträger häufig: „Was kann<br />

ich essen? Vertrage ich noch alles?“<br />

Es besteht Angst vor Gerüchen, Blähungen<br />

und Durchfall. Grundsätzlich<br />

hängt die Ernährungsverträglichkeit<br />

der Betroffenen von der Art des Stomas,<br />

der Grunderkrankung und der<br />

Empfindlichkeit des Stomaträgers <strong>ab</strong>.<br />

Ebenso entscheidend ist, ob das Stoma<br />

erst angelegt wurde oder bereits<br />

seit langer Zeit besteht. Die postoperative<br />

Ernährung erfolgt parenteral<br />

oder enteral. Die Kost wird in<br />

den ersten sechs Wochen langsam<br />

aufgebaut. Allgemeine Richtlinien<br />

für Diäten gibt es nicht. Die Ernährung<br />

sollte ausgewogen sein und<br />

Nahrungsmittel, die bereits vor den<br />

Anlagen nicht vertragen wurden,<br />

sollten vermieden werden. Es empfiehlt<br />

sich, die Abendmahlzeit nicht<br />

zu spät einzunehmen, um nächtliche<br />

<strong>Au</strong>sscheidungen zu vermeiden.<br />

Bei bestimmten Erkrankungen (zum<br />

Beispiel Gicht, Di<strong>ab</strong>etes mellitus) ist<br />

die ärztlich angeordnete Diät einzuhalten.<br />

<strong>03</strong>/08<br />

Stomaversorgung<br />

für Stomapatienten<br />

Besonderheiten des Kolostoma<br />

Grundsätzlich gilt bei einer Anlage des Stomas<br />

im Dickdarm: Je weiter das Stoma vom<br />

Dünndarm entfernt ist, umso ähnlicher sind<br />

Stuhlbeschaffenheit und Stuhlgewohnheit<br />

denen vor der Operation. Nahrungsmittel<br />

werden in ähnlicher Weise vertragen wie<br />

früher. Litten Betroffene vor dem Stoma<br />

an Verstopfung, werden sie auch mit Stoma<br />

damit konfrontiert sein. Regelmäßige<br />

Mahlzeiten führen zu gleichmäßigem<br />

Darmrhythmus.<br />

Was ist zu beachten?<br />

Kolostomieträger sollten sich ballaststoffreich<br />

ernähren, grob geschrotetes Getreide,<br />

Nüsse, Vollkornbrot, Brot mit Körnern und<br />

Nüssen, Mais, Bohnen, Sellerie, Kohlgemüse,<br />

Sauerkraut, Trockenfrüchte sollten<br />

allerdings vermieden werden. <strong>Au</strong>f eine ausreichende<br />

Flüssigkeitszufuhr ist zu achten.<br />

Die Coecostomie (Stoma im Anfangsteil<br />

vom Dickdarm) und die Transversostomie<br />

(Stoma im quer verlaufenden Dickdarm)<br />

sind in ihrer Funktion eher dem Ileostoma<br />

ähnlich. Der „Nässegrad“ der <strong>Au</strong>sscheidungen<br />

bedingt die diätetischen Maßnahmen.<br />

Besonderheiten des Ileostomas<br />

Die komplette Entfernung des Dickdarms<br />

mit seiner Fähigkeit, dem Darminhalt<br />

Flüssigkeit zu entziehen, führt besonders<br />

anfänglich zu sehr „dünnflüssigen“ Entleerungen.<br />

Störungen im Flüssigkeits- und<br />

Mineralstoffhaushalt können die Folge<br />

sein. Der Ileostomieträger sollte deshalb<br />

regelmäßig die Elektrolyte seines Blutes<br />

kontrollieren lassen. Häufig gewöhnt sich<br />

jedoch der Organismus innerhalb weniger<br />

Monate an die veränderten Gegebenheiten.<br />

Die Verweildauer des Stuhls im Dünndarm<br />

wird länger und die <strong>Au</strong>sscheidungen gehen<br />

von flüssiger in breiige Konsistenz über.<br />

Ein Anhaltspunkt für einen intakten Flüssigkeitshaushalt<br />

ist die Menge des täglich<br />

ausgeschiedenen Urins, die ein Liter nicht<br />

unterschreiten sollte.<br />

Was ist zu beachten?<br />

Bei Medikamentenverordnungen ist darauf<br />

zu achten, dass sie im Magen oder oberen<br />

Dünndarm<strong>ab</strong>schnitten resorbierbar sind<br />

(z. B. Antikonzeptiva). Nach der Operation<br />

sollte parenteral bzw. enteral ernährt werden.<br />

Regelmäßige Vitaminsubstitution (A,<br />

D, E, K, B12) und Elektrolytkontrollen sind<br />

wichtig. Ileostomieträger sollten mehrere<br />

kleine Mahlzeiten zu sich nehmen. Zellulosereiche,<br />

schwer verdauliche Nahrungsmittel<br />

sind nur in begrenztem Maße und<br />

gut zerkleinert zu empfehlen, da Zellulosefasern<br />

nicht verdaut werden können. Das<br />

gilt besonders für Spargel, verschiedene<br />

Obstsorten und Pilze. Bestimmte Obstsorten<br />

wie Zitrusfrüchte verstärken die Aggressivität<br />

des Dünndarmstuhls. Obstsäfte<br />

können <strong>ab</strong>führend wirken. Vermeidung von<br />

hochprozentigem Alkohol. <strong>Au</strong>f eine Flüssigkeitszufuhr<br />

von zwei bis drei Litern pro<br />

Tag (mindestens ein Liter Urinausscheidung)<br />

ist zu achten. Bei starker Transpiration<br />

(Arbeits- oder <strong>Au</strong>ßentemperatur) ist<br />

zusätzliche Kochsalzzufuhr in Form von<br />

gesalzenen Speisen nötig. Bei Verlust von<br />

Gallensäure möglichst fettarm ernähren<br />

und eventuell auf MCT-Fette (Reformhaus)<br />

ausweichen.


Was unterstützt die Eindickung des<br />

Stuhls?<br />

Das ist leider nur begrenzt möglich. Versuchen<br />

kann man Teigwaren, Kartoffeln,<br />

trockenes Brot, Zwieback, eventuell Weizenkleie.<br />

Besonderheiten des Urostomas<br />

Menschen mit künstlicher Harn<strong>ab</strong>leitung<br />

h<strong>ab</strong>en mit häufig wiederkehrenden Harnwegsinfektionen<br />

zu kämpfen. <strong>Au</strong>ch Steinbildung<br />

bedingt durch Infektionen und Abflussbehinderung<br />

ist ein häufiges Problem.<br />

Urostomiepatienten sollten unbedingt auf<br />

eine Trinkmenge von ca. drei Litern achten<br />

(entspricht einer Harnausscheidung von<br />

mindestens 1,5 bis 2 Litern pro Tag), um<br />

Keimvermehrung und Steinbildung entgegenzuwirken.<br />

Der pH-Wert des Urins muss<br />

zwischen 5,5 und 6 liegen, alkalischer Urin<br />

begünstigt die Steinbildung. Nach dem<br />

Sonnenbaden und nach Saun<strong>ab</strong>esuchen<br />

muss der Stomaträger daran denken, dass<br />

dem Körper die entzogene Flüssigkeit durch<br />

eine gesteigerte Flüssigkeitsaufnahme zugeführt<br />

wird. Medikamente und Vitamine<br />

können den Geruch des Urins verändern. Je<br />

nach Problematik ist die Ansäuerung (zur<br />

Infektreduktion und bei Infektsteinen aus<br />

Magnesium-Ammonium-Phosphat) bzw.<br />

Alkalisierung des Harns (Einsatz bei Harnsäuresteinen)<br />

zur Steigerung der Harnsäurelöslichkeit<br />

indiziert. Die Therapie liegt in<br />

der Hand des Hausarztes oder Urologen.<br />

In manchen Fällen darf keine Ansäuerung<br />

durchgeführt werden (zum Beispiel bei<br />

Nierenfunktionseinschränkungen). Alkalischer<br />

Urin und Geruch sprechen für einen<br />

Infekt. Ansäuernd wirken schwarzer Tee,<br />

Kaffee, Nierentee, Preiselbeersaft, tierische<br />

Stomaversorgung<br />

Nahrungsmittel und Johannisbeersaft. Alkalisch<br />

wirken Zitrussäfte, Fruchtsäfte und<br />

pflanzliche Nahrungsmittel.<br />

Verstopfung, Blähungen und was dann?<br />

Stomaträger möchten nicht überall auf<br />

ihr Stoma angesprochen werden. Es soll<br />

unsichtbar sein. Es besteht deshalb Angst<br />

vor Darmgeräuschen und Gerüchen. Mit<br />

kontrolliertem Essen bzw. Weglassen bestimmter<br />

Nahrungsmittel können diese<br />

Unannehmlichkeiten reduziert werden.<br />

Was tun bei Verstopfung?<br />

Stomaträger sollten mindestens zwei bis<br />

drei Liter pro Tag trinken, regelmäßig essen<br />

und sich bewegen. Stopfende Nahrungsmittel<br />

sind zu vermeiden. Zu empfehlen<br />

sind Vollkornprodukte und Müsli, Frisch-<br />

und Trockenobst, rohes Gemüse, Salate,<br />

Fleischbrühe, Kaffee, Säfte (z. B. Pflaumen-<br />

und Sauerkrautsaft), Milchprodukte. Abführmittel<br />

sollten nur eingesetzt werden,<br />

wenn eine natürliche Nahrungsumstellung<br />

nicht zum Erfolg geführt hat.<br />

Was tun bei Durchfall?<br />

Bei Durchfall sollte auf eine fett-, eiweiß-,<br />

zellulose- und gewürzarme Kost umgestiegen<br />

werden. Bei Durchfällen über längere<br />

Zeit ist unbedingt der Arzt zu konsultieren.<br />

Abführende Nahrungsmittel sind t<strong>ab</strong>u; die<br />

Trinkmenge darf nicht reduziert werden.<br />

Probiert werden können Weißbrot, Trockengebäck,<br />

Haferflocken, fein geriebener<br />

Apfel, zerdrückte Banane, trockener Käse,<br />

gekochte Milch, schwarzer Tee, Rotwein,<br />

dunkle Schokolade, Kakao, gekochter Reis,<br />

Kartoffeln, Teigwaren. Bei chronischen<br />

Durchfällen können Fettaufnahmestörun-<br />

gen oder Milchsäureunverträglichkeit der<br />

Grund sein. Hier können MCT-Fette sowie<br />

eine fettreduzierte Ernährung hilfreich sein<br />

(erhältlich in Reformhäusern).<br />

Was tun bei Blähungen?<br />

Eventuell sollte ein Ernährungstagebuch<br />

geführt werden, in dem die Kostart, der<br />

Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme sowie<br />

die <strong>Au</strong>sscheidungsqualität und –quantität<br />

dokumentiert wird. Schnelles Essen und<br />

schlechtes Kauen sowie stressige Nahrungsaufnahme<br />

(im Stehen etc.) können<br />

ebenfalls Gründe für Blähungen sein. Kohl,<br />

Hülsenfrüchte, Zwiebeln, Schwarzwurzeln,<br />

Pumpernickel, Blumenkohl oder Kohlr<strong>ab</strong>i<br />

sind blähende Nahrungsmittel. <strong>Au</strong>ch eine<br />

Milchunverträglichkeit kann der Grund dafür<br />

sein. Gewürze, Aromastoffe, Alkohol<br />

und Bier sowie kohlensäurehaltige Getränke<br />

sind häufig ebenfalls <strong>Au</strong>slöser. Probieren<br />

Sie Fenchel-, Kümmel-, Anistee, Kümmelöl,<br />

Heidelbeer- und Preiselbeersaft, „grünes<br />

Gemüse“, Joghurt.<br />

Wie werden Gerüche vermieden?<br />

Scharfe Gewürze können geruchserzeugend<br />

sein, ebenso Geräuchertes,<br />

Eier, Spargel, Zwiebelgewächse,<br />

Hülsenfrüchte,<br />

Fisch und tierische Fette.<br />

Grüner Salat, Spinat und Petersilie<br />

können unbedenklich<br />

gegessen werden. ❚<br />

<strong>03</strong>/08<br />

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