Deutsches PDF - Stresemann Stiftung
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André Freudenberg – Rechts von der CDU?<br />
Diskussions-Papier<br />
EINLEITUNG<br />
Parteigründungen rechts von der Mitte sind zwar ein Dauerbrenner<br />
in Hinterzimmern und Internetforen, dass große Zeitungen<br />
das Thema aufgreifen ist hingegen eher eine Ausnahmeerscheinung.<br />
Doch im Spätsommer 2010 war genau dies der Fall. Entscheidenden<br />
Anteil daran hatte die im Vorfeld stattgefundene<br />
Debatte über das Buch Deutschland schafft sich ab des damaligen<br />
Bundesbank-Vorstandsmitglieds Thilo Sarrazin. Kurz danach<br />
zeigte eine repräsentative Umfrage, dass sich rund jeder fünfte<br />
Befragte die Wahl einer neuen Partei, angeführt von Persönlichkeiten<br />
wie Thilo Sarrazin, Friedrich Merz oder Joachim Gauck,<br />
vorstellen könnte (zitiert nach Spiegel 2010). Die schon länger<br />
grassierende und stetig wachsende Unzufriedenheit der Konservativen<br />
in der Union rückte kurze Zeit darauf so stark in den<br />
Blickpunkt des medialen Interesses, wie selten zuvor. Angeheizt<br />
wurde dies zusätzlich durch die Ankündigung von Erika Steinbach<br />
im September 2010, den CDU-Bundesvorstand zu verlassen.<br />
Gleichzeitig können wir sehen, dass alle bisherigen Parteigründungen<br />
des im weitesten Sinne bürgerlichen Lagers bislang gescheitert<br />
sind. Dies liegt zum einen an intrinsischen Problemen,<br />
aber auch am deutschen Parteiensystem. Im Folgenden sollen<br />
deshalb die real vorhandenen Handlungsoptionen von dezidiert<br />
freiheitlich und christlich orientierten Konservativen analysiert<br />
und daraus Schlussfolgerungen gezogen werden.<br />
Dafür geht es in Teil I zunächst darum, die Möglichkeiten innerhalb<br />
der CDU auszuloten. Im zweiten Teil wird sowohl das deutsche<br />
Parteiensystem auf seine diesbezüglichen Defizite hin untersucht,<br />
als auch ein internationaler wie historischer Rahmen gege-<br />
3<br />
ben. Teil III widmet sich schließlich den konkreten Anforderungen<br />
zur Überwindung des festgestellten Repräsentationsdefizits.<br />
Zahlenmäßig fallen vor dabei allem diejenigen ins Gewicht, die<br />
der Union als Mitglieder und Wähler bisher die Treue gehalten<br />
haben. 2 Nicht unberücksichtigt sollen jene Mitglieder anderer<br />
(etablierter) Parteien bleiben, die sich in einer ähnlichen<br />
»Zwangslage« befinden: Hier wären die Nationalliberalen in der<br />
FDP zu nennen, ebenso wie jene Sozialdemokraten, die ähnlich<br />
denken und empfinden wie Sarrazin und in ihrer Partei oft keinen<br />
leichten Stand haben. Auch auf sie treffen die hier dargelegten<br />
Sachverhalte in vergleichbarer Form zu.<br />
Nicht zuletzt geht es um die vielen »Ehemaligen«, die sich aus<br />
einer (etablierten) Partei zurückgezogen haben. Auch die ehemaligen<br />
Mitglieder konservativer Kleinparteien, deren Rückzugsgründe<br />
anderer Natur sind, wären zu berücksichtigen. Schließlich<br />
kommen noch jene dazu, die gar nicht erst in eine Partei eingetreten<br />
sind, weil das für sie passende Angebot nicht vorhanden war.<br />
Diese vielen oft unfreiwillig »Inaktiven« bilden zahlenmäßig<br />
ebenfalls ein beachtliches Potential für eine neue Partei. 3<br />
2 Wenn in den folgenden Ausführungen vorrangig von der CDU die Rede ist,<br />
bezieht sich dies auf die quantitative Relevanz. Die CSU ist in der Regel mit<br />
gemeint, da die dortigen Verhältnisse sich nicht mehr gravierend von jenen in<br />
der CDU unterscheiden.<br />
3 Quantitativ überschätzen sollte man allerdings nicht das Lager der »parteiverdrossenen<br />
Nichtwähler«, denn aktuelle Studien zeigen, dass diese sich relativ<br />
gleich über das politische Spektrum verteilen. Demzufolge würden sich bei<br />
Mobilisierung nur die absoluten Stimmen ändern, nicht aber die prozentualen<br />
Stimmanteile (Neu 2012).<br />
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