Belastungsentwicklung 94 - Ortholine - Studiengemeinschaft ...
Belastungsentwicklung 94 - Ortholine - Studiengemeinschaft ...
Belastungsentwicklung 94 - Ortholine - Studiengemeinschaft ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>94</strong><br />
<strong>Belastungsentwicklung</strong><br />
während der Eingewöhnungsphase<br />
beim Tragen von MBT-Schuhen<br />
1 2 1 3<br />
S. Müller , J. Natrup , K. Peikenkamp , OSM M. Möller<br />
1<br />
Fachbereich Physikalische Technik, FH Münster<br />
2<br />
Gesellschaft für Biomechanik Münster mbH, Münster<br />
3<br />
Fa. Möller Orthopädieschuhtechnik, Münster<br />
Hintergrund<br />
Der MBT-Schuh kam 1996 auf den Markt<br />
und hat seitdem zunehmend an Popularität<br />
Stephan Müller, FH Münster<br />
gewonnen. Er soll das Gehen auf weichem,<br />
natürlichem Untergrund imitieren und damit eine Instabilität erzeugen, die<br />
durch aktive Muskelarbeit vom Körper ausgeglichen werden muss.<br />
Dadurch werden die Muskeln in Bein und Rumpf vermehrt trainiert, was<br />
eine verbesserte Haltung und damit auch eine Verminderung typischer<br />
Zivilisationsleiden wie z.B. Rückenschmerzen zur Folge haben soll. Auch<br />
die Belastung von Knie- und Hüftgelenk soll beim Gehen mit MBT-Schuhen<br />
reduziert werden [3].<br />
Ziel der Studie war es, die Veränderung der Gangparameter Druck, Kraft,<br />
Kraftrate und Impuls während der ersten vier Wochen des Tragens von MBT-<br />
Schuhen zu untersuchen.<br />
Der MBT-Schuh besteht aus dem Schaft, der Innensohle, die einer<br />
Abb. 1: Aufbau eines MBT-Schuhs (Quelle: www.swissmassai.de)<br />
Brandsohle entspricht, und dem Shank als Sohlenversteifung. Darunter<br />
folgt die PU-Sohle mit dem in der Abb. 1 gekennzeichnetem<br />
Balancierbereich, der eine aktive Abrollung über seinen Scheitelpunkt<br />
provoziert [2]. Der vordere Bereich der PU-Sohle entspricht einer<br />
Workshop: Freitag 29. Februar 2008
Sohlenrolle, die das Abrollen über den Vorfuß erleichtert. Unter der Ferse<br />
liegt der Masai Sensor, ein sehr weicher Fersenpuffer, der die Instabilität<br />
erzeugt. Den Abschluss bildet die Außensohle mit Profil.<br />
Methode<br />
Die Untersuchung wurde mit dem Druckmesssystem GP Mobil Data der<br />
Gesellschaft für Biomechanik Münster mbH (GeBioM) durchgeführt. Über<br />
Druckmesssohlen wurden mittlerer und maximaler plantarer Druck [N/cm²]<br />
gemessen. Das Messsystem unterteilte den Fuß in sechs Fußzonen: Ferse,<br />
Mittelfuß, drei Ballenbereiche und Zehenbereich. Außerdem wurden die<br />
Parameter Kraftmaximum [N] (1. und 2. Peak der Kraftkurve), Kraftrate<br />
[kN/s] (maximaler Anstieg der Kraftkurve in einem Punkt) und Impuls [Ns]<br />
ermittelt.<br />
An der Untersuchung nahmen 15 Probanden teil (8 Frauen, 7 Männer,<br />
Durchschnittalter 43 ± 19,5 Jahre). Das wesentliche Ausschlusskriterium<br />
der Studie lag in einer erlittenen Verletzung der unteren Extremität während<br />
des letzten Jahres, da hierdurch eine Veränderung der Gangparameter<br />
hervorgerufen werden kann. Keiner der Teilnehmer hatte zuvor MBT-Schuhe<br />
getragen.<br />
Es wurden insgesamt vier Messungen mit jedem Teilnehmer durchgeführt.<br />
Am Tag des Schuhkaufs fand zuerst eine Barfußmessung als<br />
Referenzmessung statt. Hierbei trug der Proband die Messsohlen in<br />
Sportsocken. Danach fand die erste Messung mit MBT-Schuhen statt. Die<br />
zweite und dritte MBT-Messung folgten nach einer bzw. vier Wochen<br />
Tragezeit. Bei jeder der vier Messungen pro Proband wurden jeweils zehn<br />
Messwiederholungen über eine Stecke von fünf Metern aufgezeichnet. Eine<br />
gleichbleibende Ganggeschwindigkeit wurde mit dem Messsystem<br />
überwacht. Die Teilnehmer waren angehalten die Schuhe täglich zu tragen<br />
und hierüber ein Stundenprotokoll zu führen. Nach einer und nach vier<br />
Wochen Tragezeit beurteilten die Teilnehmer zusätzlich den Tragekomfort<br />
der MBT-Schuhe und eine Veränderung ihrer Körperhaltung.<br />
Die Auswertung der einzelnen Parameter erfolgte durch eine einfaktorielle<br />
Anova mit Messwiederholung. Bei einer Signifikanz von p < 0,05 wurden<br />
paarweise Vergleiche der vier Stufen durchgeführt. Den abgefragten<br />
subjektiven Empfindungen zu Tragekomfort und Körperhaltung wurden<br />
ganze Zahlen zugeordnet um ein Ranking zu ermöglichen. Über diese<br />
ordinalskalierten Werte wurde der Median gebildet und auf Unterschiede<br />
mit dem Wilcoxon-Test überprüft (p < 0,05).<br />
Ergebnisse<br />
Stephan Müller: <strong>Belastungsentwicklung</strong> bei MBT<br />
95
96<br />
In Vergleich zur Barfußmessung zeigt sich beim Tragen des MBT-Schuhs<br />
unter Ferse und Vorfuß eine Verringerung sowohl des maximalen, als auch<br />
des mittleren Drucks. Unter dem Mittelfuß steigt der mittlere Druck im<br />
Verhältnis zur Barfußmessung signifikant an. Beim maximalen Druck zeigt<br />
sich diese Tendenz ebenfalls, wird hier aber nicht statistisch signifikant.<br />
Auch innerhalb der Messungen mit MBT-Schuh nimmt der maximale und<br />
mittlere Druck unter allen Fußzonen - mit Ausnahme des Mittelfußes -<br />
während des Tragens der Schuhe weiter ab (Abb. 2). Signifikant ist die<br />
Abnahme des mittleren Druckes jedoch nur im Bereich der Ferse.<br />
Der Tragekomfort der Schuhe wird von den Teilnehmern als angenehm<br />
Abb. 2: Veränderung von Kraftmaximum, Impuls und Kraftrate während der<br />
vierwöchigen Tragezeit<br />
bewertet. Nach einer Woche bewerten die Probanden eine Veränderung der<br />
Körperhaltung als „neutral“, nach vier Wochen im Median als „verbessert“.<br />
Dies stellt aber keine statistisch nachweisbare Veränderung dar.<br />
Diskussion<br />
Beim Bodenkontakt sinkt die Ferse in den Masai Sensor ein und der feste<br />
Balancierbereich in der PU-Sohle erzeugt einen Widerstand unter dem<br />
Mittelfuß. Es kommt zu einer Druckverlagerung von der Ferse auf den<br />
Mittelfußbereich.<br />
Die Sohlenrolle der PU-Sohle bewirkt eine Abnahme des Druckes im<br />
Vorfußbereich [1].<br />
Da alle gemessenen Parameter mit Ausnahme des Druckes im<br />
Workshop: Freitag 29. Februar 2008
Mittelfußbereich über die drei MBT-Messungen sinken, kann man eine<br />
Einstellung des Körpers auf die Situation mit dem MBT-Schuh annehmen.<br />
Dieser Effekt ist für den Impus und den mittleren und maximalen Druck im<br />
Bereich Ferse statistisch nachweisbar. Auch die Abnahme des maximalen<br />
Druckes im Bereich Ballen Mitte ist signifikant.<br />
Das Einsinken der Ferse in den Masai Sensor und das Aufkommen des<br />
Mittelfußes auf dem Balancierbereich verhindern die natürliche<br />
Plantarflexion im Sprunggelenk während der Belastungsantwort. Das obere<br />
Sprunggelenk befindet sich beim Tragen von MBT-Schuhen in dieser Phase<br />
des Gangzyklus sogar in Dorsalextension [3]. Die dämpfende Wirkung der<br />
Plantarflexion [4] entfällt dadurch beim Tragen des MBT-Schuhs. Zusätzlich<br />
wirkt der Balancierbereich bei dorsalextendiertem Fuß wie ein Stopper der<br />
Vorwärtsbewegung. Beide Effekte können eine Erhöhung von Impuls,<br />
Kraftrate und Kraftmaximum nach sich ziehen.<br />
Literatur<br />
[1] Drerup B; Der Einfluss der Fußbettung und Schuhzurichtung auf die plantare<br />
Druckverteilung. Medizinisch-Orthopädische Technik; 2000 (3), 84-90<br />
[2] MBT Deutschland; Sechs Fragen, sechs Antworten zur Masai Barefoot Technologie; 2007<br />
[3] Nigg B, Hintzen S, Ferber R; Effect of an unstable shoe construction on lower extremity gait<br />
characteristics. Clinical Biomechanics; 2006 (21), 82-88<br />
[4] Perry J; Ganganalyse; Urban & Fischer, 1. Auflage 2003<br />
Stephan Müller: <strong>Belastungsentwicklung</strong> bei MBT<br />
97
98<br />
Quantifizierung der<br />
Ganglinie<br />
bei Orthesenapplikation während<br />
Alltagsbelastungen<br />
1 1 2<br />
S. Werner , K. Peikenkamp , OSM M. Möller<br />
1 Fachbereich Physikalische Technik, FH Münster<br />
2 Institut für Sportmedizin, Universitätsklinikum Münster<br />
Einleitung<br />
Simone Werner, FH Münster<br />
Verletzungen des Sprunggelenks zählen zu<br />
den häufigsten Verletzungen. Diese werden heute in der Regel primär<br />
funktionell behandelt. Im Rahmen dieser Methode findet eine Vielzahl auf<br />
dem Markt befindlicher Sprunggelenkorthesen ihre Verwendung. Sie<br />
werden eingesetzt, um das Gelenk extern zu stabilisieren und eine erneute<br />
Verletzung zu verhindern.<br />
In der Vergangenheit untersuchten verschiedene Studien den Einfluss von<br />
Sprunggelenksorthesen auf Leistung und Bewegung. Das Ergebnis dieser<br />
Untersuchungen war, dass der Einfluss auf die Probanden von der<br />
Interaktion, Orthesenkonstruktion und Bewegungsart zusammenhängt. Es<br />
ließen sich Leistungseinschränkungen, keine Einflüsse und Leistungssteigerungen<br />
nachweisen. Den unterschiedlichen Orthesen konnten<br />
Bewegungsausmaße zugeordnet werden. [1, 2, 3, 4]<br />
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen die vorangegangenen Studien<br />
ergänzt werden. Es werden die Einflussnahme einer Orthese auf das<br />
Abrollverhalten untersucht und eine präzise, quantitative Beschreibung der<br />
Ganglinie entwickelt.<br />
Methode<br />
Für die vorliegende Arbeit wurden bei insgesamt 14 Probanden mit<br />
gesunden Sprunggelenken, Knien und Hüften zur Ermittlung der Ganglinien<br />
Fußdruckmessungen mit dem Medilogic® Fußdruckmesssystem (Firma<br />
T&T Medilogic) durchgeführt. Dabei mussten die Probanden eine Gerade<br />
und eine Treppe auf und ab, jeweils ohne und mit der Sprunggelenkorthese<br />
Aircast Air-Stirrup® (Firma DJO), begehen. Die Orthese wurde dabei stets<br />
auf der rechten Seite getragen.<br />
Für die Auswertung wurden in Form von Exceldateien Masken entwickelt, in<br />
die sich die gewonnenen Daten des Messsystems importieren lassen. Bei<br />
Workshop: Freitag 29. Februar 2008
der Auswertung der Daten-sätze werden Parameter berechnet, die den<br />
Verlauf der Ganglinie beschreiben: Länge der Ganglinie (lGL), die erste und<br />
letzte Koordinate der Ganglinie (IBKX/IBKY und TStX/TStY), Dauer der<br />
Standphase (tStPh), minimale und maximale seitliche Abweichungen der<br />
Ganglinie an Vorfuß (MinXVF und MaxYVF), Mittelfuß (MinXMF und MaxYMF)<br />
und Rückfuß (MinXRF und MaxYRF). Die Ergebnisse werden mit den<br />
zugehörigen Einheiten in Form von Tabellen und Diagrammen angezeigt.<br />
Mit einer drei-faktoriellen Varianzanalyse wurden die Ergebnisse auf<br />
Signifikanzen überprüft. Das Signifikanzniveau wurde bei 5 % festgesetzt.<br />
Ergebnisse<br />
Da Excel ein weit verbreitetes Programm ist, sind die Masken ohne<br />
zusätzliche Kosten für ein neues Programm und ohne aufwendige<br />
Installationen auf fast jedem Computer einsetzbar.<br />
Die Daten werden nach dem Import in eine Maske automatisch<br />
ausgewertet. Es sind keine weiteren Arbeitsschritte für das Auswerten der<br />
Daten nötig. Die Masken sind modifizierbar und können variierenden<br />
Versuchbedingungen, z. B. durch Hinzufügen weiterer Parameter, optimal<br />
angepasst werden.<br />
Die Auswertung der durchgeführten Messungen liefert eine quantifizierte<br />
räumliche und zeitliche Beschreibung der Ganglinien in den Richtungen<br />
medial-lateral und anterior-posterior.<br />
Auf Grund der Möglichkeiten zur quantifizierten räumlichen und zeitlichen<br />
Beschreibung der Ganglinie bieten die Masken auf Basis des Medilogic®<br />
Fußdruckmesssystems eine sinnvolle Ergänzung des Systems. Die<br />
Ganglinienparameter des Systems Länge der mittleren Ganglinie und Breite<br />
der Ganglinie werden durch die Länge, die erste und letzte Koordinate, den<br />
zeitlichen Verlauf sowie minimale und maximale seitliche Abweichungen<br />
an Vorfuß, Mittelfuß und Rückfuß für jede einzelne Ganglinie ergänzt.<br />
Beeinflussungen des Abrollverhaltens durch die Sprunggelenkorthese<br />
lassen sich nur im Hinblick auf die Parameter Länge und zeitlicher Verlauf<br />
der Ganglinie feststellen. Diese Ergebnisse sind signifikant. Bei der<br />
Interaktion Seite-Versorgung verkürzen sich Länge und zeitlicher Verlauf der<br />
Ganglinie am rechten Fuß, durch die Applikation der Orthese am rechten<br />
Sprunggelenk. Gleichzeitig vergrößern sich die beiden Parameter auf der<br />
linken, nativen Seite. Der Fuß rollt durch das Tragen der Orthese verstärkt<br />
über die native Extremität ab. Es kommt zu einer Verlagerung der Belastung.<br />
(Bild 1 und Bild 2)<br />
Simone Werner: Quantifizierung der Ganglinie<br />
99
100<br />
l [mm]<br />
200,00<br />
150,00<br />
100,00<br />
50,00<br />
0,00<br />
-50,00<br />
-100,00<br />
lGL<br />
IBKX<br />
IBKY<br />
TStX<br />
TStY<br />
MaxXVF<br />
MinXVF<br />
MaxXMF<br />
MinXMF<br />
MaxXRF<br />
MinXRF<br />
nativ re<br />
mit Orthese re<br />
nativ li<br />
mit Orthese li<br />
Bild 1: Auswirkungen von Interaktionen zwischen Seite und Versorgung auf<br />
die räumlichen Parameter<br />
t [ms]<br />
0,80<br />
0,70<br />
0,60<br />
0,50<br />
0,40<br />
0,30<br />
0,20<br />
0,10<br />
0,00<br />
nativ re mit Orthese re nativ li mit Orthese li<br />
nativ re<br />
mit Orthese re<br />
nativ li<br />
mit Orthese li<br />
Bild 2: Auswirkungen von Interaktionen zwischen Seite und Versorgung auf<br />
die Dauer der Standphase<br />
Workshop: Freitag 29. Februar 2008
Im Zusammenspiel von Bewegung und Versorgung lässt sich eine weitere<br />
Signifikanz feststellen. Dort verlängert sich bei Orthesenapplikation der<br />
zeitliche Verlauf der Ganglinie beim Gehen treppauf, während er sich beim<br />
Gehen sowie beim Gehen treppab verkürzt. (Bild 3) D. h. neben der Orthese<br />
nimmt auch die Art der Bewegung Einfluss auf Änderungen der Ganglinie.<br />
Dieser Zusammenhang wird auch durch andere Studien belegt. [1, 3]<br />
t [ms]<br />
0,80<br />
0,70<br />
0,60<br />
0,50<br />
0,40<br />
0,30<br />
0,20<br />
0,10<br />
0,00<br />
Gang<br />
nativ<br />
Gang m.<br />
Orth.<br />
Treppe<br />
auf nativ<br />
Treppe<br />
auf m.<br />
Orth.<br />
Treppe<br />
ab nativ<br />
Treppe<br />
ab m.<br />
Orth.<br />
Gang nativ<br />
Gang m. Orth.<br />
Treppe auf nativ<br />
Treppe auf m. Orth.<br />
Treppe ab nativ<br />
Treppe ab m. Orth.<br />
Bild 3: Auswirkungen von Interaktionen zwischen Bewegung und Versorgung<br />
auf die Dauer der Standphase<br />
Durch das Tragen der Orthese werden bei den Probanden gleiche<br />
Änderungen mit unterschiedlichen Ausmaßen sowie Veränderungen in<br />
entgegen gesetzter Richtung bewirkt. So wird z. B. die Ganglinienlänge im<br />
Gang und im Gang treppab bei Probanden 5 durch das Tragen der Orthese<br />
(mA) verkürzt, während sie sich beim Gehen treppauf verlängert. Bei<br />
Probandin 6 verhält es sich genau umgekehrt. (Bild 4)<br />
Simone Werner: Quantifizierung der Ganglinie<br />
101
102<br />
l (mm)<br />
l (mm)<br />
200,00<br />
180,00<br />
160,00<br />
140,00<br />
120,00<br />
100,00<br />
80,00<br />
60,00<br />
40,00<br />
20,00<br />
0,00<br />
160,00<br />
140,00<br />
120,00<br />
100,00<br />
80,00<br />
60,00<br />
40,00<br />
20,00<br />
0,00<br />
Proband 5<br />
Gang Gang mA Treppe<br />
auf<br />
Probandin 6<br />
Treppe<br />
auf mA<br />
Gang Gang mA Treppe auf Treppe auf<br />
mA<br />
Treppe ab Treppe ab<br />
mA<br />
Treppe ab Treppe ab<br />
mA<br />
Bild 4: Durchschnittliche Längen der Ganglinien von Proband 5 und<br />
Probandin 6<br />
Workshop: Freitag 29. Februar 2008
Fazit<br />
Die Art des Einflusses durch die hier verwendete Sprunggelenkorthese wird<br />
von dem Zusammenspiel mit der Bewegung sowie dem Individuum selbst<br />
bestimmt. Für eine ganzheitliche Beschreibung des Einflusses der<br />
Sprunggelenkorthese auf die Bewegung bedarf es der Berücksichtigung<br />
weiterer ganganalytischer Parameter, wie z.B. Schrittlänge oder<br />
Winkelverläufe sowie der Durchführung weiterer Untersuchungen.<br />
Die Masken auf der Basis des Fußdruckmesssystems ermöglichen durch<br />
eine präzise Beschreibung der Ganglinien eine verbesserte Beurteilung des<br />
Abrollverhaltens.<br />
Literatur:<br />
[1] Beriau Mark R.; Cox, William B.; Manning, James: Effects of Ankle Braces Upon Agility<br />
Course Performance in High School Athletes. In: Journal of Athletic Training, 29, (19<strong>94</strong>), 3, S.<br />
224-230<br />
[2] Eils, Eric; Demming, Christina; Kollmeier, Guido; et al.: Comprehensive testing of 10<br />
different ankle braces. Evaluation of passive and rapidly induced stability in subjects with<br />
chronic ankle instability. In: Clinical Biomechanics, (2002), 17, S. 526-535<br />
[3] Jerosch, J.; Thorwesten, L.; Frebel, Th.: Beeinträchtigung von sportspezifischen<br />
Fähigkeiten durch das Tragen von externen Stabilisierungshilfen am oberen Sprunggelenk.<br />
In: Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 47, (1996), 10, S. 511-516<br />
[4] Georgantas, Themistokles: Pedobarographische Unter-suchung von<br />
Sprunggelenksorthesen unter dynamischer Sprungbelastung. Berlin, Freie Universität<br />
Berlin; Medizinische Fakultät, Dissertation, 2005<br />
Simone Werner: Quantifizierung der Ganglinie<br />
103
104<br />
Ganganalytische Untersuchung<br />
bei Patienten mit Charcotfuß<br />
1 2 1<br />
H. Burgwal , M. Jahn , K. Peikenkamp<br />
1<br />
Fachbereich Physikalische Technik, FH Münster<br />
2 IETEC<br />
Hintergrund<br />
Heute ist die Hauptursache für die<br />
Holger Burgwal, FH Münster<br />
Entstehung des Charcotfußes der Diabetes<br />
Mellitus. Begünstigt durch eine Polyneuropathie (PNP) können Frakturen<br />
die Entstehung eines Charcotfußes auslösen. Untersuchungen haben<br />
gezeigt, dass die kurze Fußmuskulatur um bis zu 50-75 Prozent atrophiert<br />
ist. Muskelermüdung kann die Entstehung von Stressfrakturen<br />
begünstigen. Bei Patienten mit einem Charcotfuß zeigt das kontralaterale<br />
„medial longitudinal arch“ (MLA) eine stärkere Bewegung, wobei die<br />
Extension des Großzehengrundgelenks stark reduziert ist.<br />
Ursachen für die Entstehung des Charcotfußes<br />
Allein in Deutschland gibt es 6-9 Millionen Diabetiker. Etwa 320.000 von<br />
ihnen leiden an dem „Diabetischen Fußsyndrom“ (DFS). 70 Prozent der<br />
Amputationen pro Jahr werden bei Diabetikern durchgeführt. Das sind pro<br />
Jahr ca. 28.000 Amputationen. Daher stellt das DFS eine Einschränkung der<br />
Lebensqualität dar und kann sich lebensbedrohend bzw. verkürzend<br />
auswirken. So sterben nach einer Majoramputation 20% der Patienten<br />
noch im Krankenhaus.<br />
Heute ist die Hauptursache für die Entstehung eines Charcotfußes der<br />
Diabetes Mellitus und die daraus entstehende PNP. Das Krankheitsbild des<br />
Charcotfußes wird auch als „DiabetischeNeuroOsteoArthropathie“<br />
(DNOAP) bezeichnet. In der Vergangenheit haben andere Erkrankungen wie<br />
z.B. Lepra oder Syphilis einen Charcotfuß hervorrufen.<br />
Grundvoraussetzung für die DNOAP ist eine schwere Polyneuropathie, von<br />
der sowohl sensorische als auch motorische Nerven betroffen sind. Der<br />
Verlust des peripheren sensorischen Empfindens bedeutet eine fehlende<br />
oder verminder te Vibrationsempfindung, Propriozeption,<br />
Temperaturwahrnehmung und Schmerzwahrnehmung.<br />
Eine wichtige Erklärung des Krankheitsbildes ist die Neurotraumatische<br />
Workshop: Freitag 29. Februar 2008
Theorie. Sie stützt sich auf klinische Beobachtungen und Fallstudien. Diese<br />
Theorie geht davon aus, dass jedes extrinsische Trauma an einem<br />
neuropathischen Gelenk das Potential hat, ein neuroarthropathisches<br />
Gelenk hervor zurufen und letztendlich die gesamte Fußintegrität zerstören<br />
kann. Einem Mikrotrauma folgt bei weiterer Belastung eine atrophische<br />
destruktive Phase des Fußes, bei der entzündliche Veränderungen<br />
stattfinden. Dislozierte Gelenkflächen reiben an angrenzende Knochen und<br />
verursachen osteochondrale Frakmentierung und schwere Degeneration<br />
der Gelenke. Im Bereich der Fraktur ist die Durchblutung erhöht, was zu<br />
einer Resorbierung des Knochens führt. Durch die Frakturheilung versteifen<br />
die Knochenareale und verlieren ihre stoßdämpfenden Eigenschaften.<br />
Stand der Forschung<br />
Die diabetische Neuropathie kann eine motorische Dysfunktion, die durch<br />
progressive Muskelatrophie verursacht wird, hervorrufen. Die<br />
Muskelatrophie zeigt eine signifikante Reduzierung des Muskelvolumens<br />
am Unterschenkel sowie der maximalen Muskelkraft der langen<br />
Dorsalextensoren und Plantarflexoren. Das Volumen der intrinsischen<br />
Fußmuskulatur ist halbiert, bzw. das weit distale intrinsische<br />
Muskelgewebe sogar um 73% reduziert. Dadurch kommt es zwangsläufig<br />
zu einer starken Verminderung der Muskelkraft. Viele Bewegungen wie Ab-<br />
/Adduktion der Zehen oder Erhaltung der Vorfußstabilität und -integrität<br />
werden durch die intrinsische Muskulatur gewährleistet. Folglich gibt es<br />
einen großen Unterschied in der mechanischen Aktion bei Neuropathikern<br />
und Nicht-Neuropathikern sowie eine höhere mechanische Belastung der<br />
passiven Strukturen bei einer Muskelatrophie.<br />
Aus der Mechanik ist bekannt, dass bei zunehmenden Belastungszyklen<br />
ein Ermüdungsbruch bereits bei einer Spannung unterhalb der maximal<br />
zulässigen auftreten kann, wobei die Bruchspannung mit zunehmender<br />
Zahl der Belastungszyklen absinkt. Im Anschluss an Übungsmärsche<br />
können bei Rekruten bzw. häufig trainierenden Athleten Stressfrakturen an<br />
den unteren Extremitäten diagnostiziert werden. Es kommt zu hoher<br />
Belastung in kurzer Zeit, so dass es zu keiner Reparatur der Mikroschäden<br />
kommen kann.<br />
Risikofaktoren für Mikrofrakturen sind weibliches Geschlecht, höheres<br />
Alter und geringe Muskelkraft. Höhere Muskelkraft kann den Effekt von<br />
Dehnung und Dehnungsgeschwindigkeit auf den Knochen vermindern und<br />
zudem für spätere Ermüdung der Muskulatur sorgen. Die Muskelermüdung<br />
ist wiederum für ein höheres Verletzungsrisiko der Knochen verantwortlich.<br />
Holger Burgwal: Ganganalytische Untersuchungen<br />
105
106<br />
Ziel der Diplomarbeit und Versuchsaufbau<br />
Mit dieser Arbeit sollen mögliche Änderungen von kinematischen und<br />
pedographischen Parametern bei der DNOAP untersucht werden.<br />
Insbesondere Änderungen von Dämpfungsmechanismen auf der Nicht-<br />
Charcotseite der Patienten sind von besonderem Interesse.<br />
Die Fußdruckmessung wurde mit FASTSCAN und die Videoaufnahme mit<br />
COVILAS durchgeführt. Die Probanden gingen dazu einen Weg von 6<br />
Metern. Dabei wurden die Druckverteilungsmessung mit 100Hz und die<br />
Videoaufnahme mit 50Hz durchgeführt. Die Videoanalyse wurde mit 4<br />
parallelen Kameras in Frontal- und Sagittalebene durchgeführt. Insgesamt<br />
standen 5 Probanden in der Kontrollgruppe sowie 7 Patienten mit einem<br />
Charcotfuß zur Verfügung. Die Patienten hatten einen Charcotfuß, wobei<br />
die kontralaterale Seite nicht betroffen war.<br />
Aus den Daten der Druckverteilungsmessungen werden Kraftkurve, Kraft-<br />
Zeit-Intregal und die Kraftrate ausgewertet. In der Videoanalyse werden<br />
Winkelverläufe vom OSG, Großzehengrundgelenk (MTPI), sowie mediale<br />
Längsgewölbe (MLA) und Fersenbeinwinkel ausgewertet.<br />
Mit dem MLA-Winkel kann die Bewegung des medialen Längsgewölbes<br />
beurteilt werden. Er berechnet sich aus einem Dreieck. Dieses Dreieck wird<br />
durch mediale Ferse, Metatarsophalangealgelenk und dem Naviculare<br />
gebildet. Der Scheitelwinkel liegt beim Naviculare.<br />
Bild 1: Erste Ergebnisse<br />
Workshop: Freitag 29. Februar 2008
Erste Ergebnisse und Diskussion<br />
Bei der Kontrollgruppe zeigt der Winkelverlauf (siehe Abb. A) des MTPI-<br />
Gelenks zu Beginn der Standphase (Belastungsantwort) eine<br />
Dorsalextension von ca. 7°. Während der mittleren Standphase verläuft der<br />
Extensionswinkel gegen 0°, um dann mit dem Anfang der terminalen<br />
Standphase leicht anzusteigen. Während der Vorschwungphase steigt der<br />
Extensionswinkel bis etwa 28° stark an, um am Ende der Phase wieder<br />
abzuflachen.<br />
Die Nicht-Charcotseite der Patienten zeigt einen anderen Winkelverlauf.<br />
Während der Belastungsantwort zeigt sich ein Extensionswinkel von etwa<br />
5°. Dieser fällt während der mittleren Standphase auf 0° ab und steigt nicht<br />
während der terminalen Standphase. Die MPTI-Extension steigt während<br />
der Vorschwungphase auf etwa 8° an.<br />
Der Winkelverlauf des medialen Längsgewölbes (siehe Abb. B) hat einen<br />
Bewegungsumfang von etwa 5° bei der Kontrollgruppe. Während der<br />
Belastungsantwort liegt der MLA-Winkel bei etwa 141° um dann konstant<br />
auf etwa 146° während der Vorschwungphase anzusteigen. Daraus<br />
resultiert eine Abflachung des MLA um 5°.<br />
Die Nicht-Charcotseite der Patienten hat während der Belastungsantwort<br />
einen MLA-Winkel von etwa 141°. Dieser steigt konstant auf etwa 152°<br />
während der Vorschwungphase an. Der Bewegungsumfang beträgt daher<br />
etwa 9°. Die Abflachung der Nicht-Charcotseite ist um 80 Prozent nämlich<br />
4° stärker als bei der Kontrollgruppe.<br />
Aus dem MLA- und MTPI-Winkelverlauf wird ersichtlich, dass es nicht zu<br />
einer Anhebung des MLA durch eine MTPI-Extension kommt. Allerdings<br />
kann man beim Vergleich von der Kontrollgruppe und der Nicht-<br />
Charcotseite sehen, dass bei einer stärkeren Dorsalextension des MTPI-<br />
Gelenks zu einer schwächeren Abflachung des MLA kommt.<br />
Holger Burgwal: Ganganalytische Untersuchungen<br />
107
108<br />
Literatur<br />
[1] Andersen H, Gjerstad MD, Jakobsen J; Atrophy of foot muscles: a measure of diabetic<br />
neuropathy: Diabetes Care. 2004 October; 27(10): 2382-5<br />
[2] Donahue S.W., Sharkey N.A.; Strains in the metatarsals during the stance phase of gait:<br />
Implications for stress fractures: The Journal of bone and joint surgery; Volume 81-A, No. 9,<br />
September 1999<br />
[3] H. Reike; Diabetisches Fuß-Syndrom: Diagnostik und Therapie der Grunderkrankung und<br />
Komplikationen. Berlin, New York: de Gryter 1998<br />
[4] Frykberg RG; Charcot Foot: an Update on Pathogenesis and Management. In: The Foot in<br />
Diabetes 3rd ed. Boulton AJM (Ed.) John Wiley & Sons Ltd. 2000 235-260<br />
[5] Andersen H, Nielsen S, Mogensen CE, Jakobsen J; Muscle strength in type 2 diabetes:<br />
Diabetes. 2004 Jun;53(6):1543-8<br />
[6] Bus SA, Yang QX, Wang JH, Smith MB, Wunderlich R, Cavanagh PR; intrinsic muscle<br />
atrophy and toe deformity in the diabetic neuropathic foot: a magnetic resonance imaging<br />
study: Diabetes Care. 2002 Aug;25(8):1444-50.<br />
[7] Mattila VM, Niva M, Kiuru M, Pihlajamäki H; Risk factors for bone stress injuries: A followup<br />
study of 102,515 person-years: Medicine & Science in Sports & Exercise. 39(7):1061-6;<br />
Juli 2007<br />
Notizen:<br />
Workshop: Freitag 29. Februar 2008
Holger Burgwal: Ganganalytische Untersuchungen<br />
109