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Von vorzüglicher Monumentalität

ISBN 978-3-86859-338-9

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<strong>Von</strong> <strong>vorzüglicher</strong> <strong>Monumentalität</strong><br />

Georg Ludwig Friedrich Laves<br />

Lavesstiftung (Hg.)


8<br />

10<br />

Zum Geleit<br />

Wolfgang Schneider<br />

Vorwort<br />

Wilhelm Krull<br />

Klassizismus im Fokus:<br />

Laves und die Folgen<br />

————<br />

Übergreifende kultur- und sozialgeschichtliche Aspekte<br />

15<br />

27<br />

35<br />

Der „Einfluss der Baukunst auf den Menschen überhaupt“; die „Oeconomie des Ganzen“<br />

und die „Sittlichkeit der Verhältnisse“: veränderte Sichtweisen und Bedingungen<br />

der Architektur um 1800<br />

Werner Oechslin<br />

Eine Welt im Umbruch: Vom Ancien Régime zur Moderne.<br />

Gesellschaft und Wirtschaft zur Zeit Laves’<br />

Günther Schulz<br />

Gartenkunst als stadtplanerische Aufgabe in Hannover als Königssitz 1814 bis 1866 –<br />

mit einem Blick von Potsdam-Sanssouci und Berlin<br />

Michael Rohde<br />

Zur Positionierung des Werkes von Laves<br />

42<br />

Varianten und Versuchsreihen.<br />

Georg Laves in seinem Umfeld<br />

Ulrich Maximilian Schumann<br />

Laves in Hannover<br />

50<br />

57<br />

Nachwirken von Studium, Lektüre und Reisen in den Bauten<br />

Georg Ludwig Friedrich Laves’<br />

Sid Auffarth<br />

Zwischen Tradition und Innovation –<br />

Die Bauten von Georg Ludwig Friedrich Laves in Hannover<br />

Bernd Adam


Professionalisierung des Architektenberufs (Architektenausbildung) /<br />

von der Bauplanung zur Bauordnung<br />

66<br />

75<br />

84<br />

Ordnung und Methode.<br />

Das polytechnische Architekturstudium<br />

Hans-Georg Lippert<br />

Architektenausbildung zwischen Baukunst und Polytechnik<br />

Klaus Jan Philipp<br />

Landbaukunst<br />

Ludwig Schwab<br />

Laves im europäischen Vergleich<br />

91<br />

101<br />

Überall Säulen.<br />

Das Ende der klassischen Architekturrede durch die Ästhetisierung ihrer Formen<br />

Michael Hesse<br />

Laves’ Palmenhaus im Berggarten:<br />

Ein Blick auf die Architektur von Glasfassaden<br />

Jörg Trempler<br />

Rezeptionsgeschichte bis heute<br />

111<br />

113<br />

124<br />

Tradition/en des Klassizismus<br />

Wolfgang Schneider<br />

Todesglanz - Zum Wesen der NS-Architektur<br />

Dieter Bartetzko<br />

Schauwert und Gefühlswert.<br />

Über die gewandelten Ansprüche an architektonische Rekonstruktionen<br />

Michael Mönninger


Architektur im Dialog:<br />

Rekonstruktion und Authentizität<br />

————<br />

Architektur im Dialog<br />

135<br />

138<br />

Einführung zur Veranstaltung „Architektur im Dialog“ der Lavesstiftung<br />

am 24. Februar 2014 im Schloss Herrenhausen in Hannover<br />

Wolfgang Schneider<br />

<strong>Von</strong> Herrenchiemsee nach Herrenhausen:<br />

Über „falsche“ Schlösser und „kritische“ Rekonstruktionen<br />

Adrian von Buttlar<br />

Podiumsdiskussion<br />

155<br />

Ein Parcours durch die Baugeschichte des Unzeitgemäßen<br />

Zusammenfassung der Podiumsdiskussion<br />

Jochen Stöckmann mit Beiträgen von Adrian von Buttlar, Andreas Denk<br />

und Sven Kotulla<br />

Anhang<br />

————<br />

165<br />

170<br />

Georg Ludwig Friedrich Laves – eine Auswahl seiner Bauten 1817-1852<br />

Zusammengestellt, chronologisch geordnet und kommentiert von Sid Auffarth<br />

Die Autoren


Zum Geleit<br />

————<br />

Wolfgang Schneider<br />

Vorstandsvorsitzender der Lavesstiftung<br />

Präsident der Architektenkammer Niedersachsen<br />

————


Georg Ludwig Friedrich Laves (1788–1864), der Namensgeber der Lavesstiftung, war als königlicher<br />

Baumeister fast 50 Jahre für den Hannoverschen Hof tätig und wird mit Schinkel (Berlin), von Klenze<br />

(München), Weinbrenner (Karlsruhe) und Moller (Darmstadt) zu den großen Baumeistern des Klassizismus<br />

in Deutschland gezählt. Laves prägte das Gesicht Hannovers bis heute nachhaltig. Mit seinen<br />

Bauten und städtebaulichen Planungen wie der nördlichen Stadterweiterung mit ihren Platzfolgen wurde<br />

der Schritt zur modernen Großstadt vorbereitet und vollzogen.<br />

1814 kam Laves nach Hannover und plante neben seiner Tätigkeit am Königshof für einflussreiche<br />

Privatleute. 1822 heiratete er die aus einer solchen Familie stammende Wilhelmine Kestner und ließ im<br />

selben Jahr sein eigenes Wohnhaus bauen – heute Sitz der Architektenkammer und der Lavesstiftung. In<br />

Hannover sind neben dem Portikus des Leineschlosses, der Oper und der Waterloosäule vor allem sein<br />

Wirken in Herrenhausen mit zahlreichen Bauten wie der Überformung des Herrenhäuser Schlosses oder<br />

dem Mausoleum der Königin Friederike im Berggarten als wichtige Arbeiten zu nennen. Dazu kommen<br />

zahlreiche Bauten auf dem Lande.<br />

Für die Überbrückung des Stadtgrabens entwickelte er den „Laves-Balken“, den er patentieren ließ und<br />

der in der Folgezeit sowohl als Holz- als auch als Eisenträger Anwendung fand. Damit ist Laves einer der<br />

ersten „Ingenieur-Architekten“ und mit seinem Schaffen vom Städtebau bis hin zum Möbelentwurf gleichzeitig<br />

prototypisch für das noch heute gültige generalistische Berufsbild des Architekten.<br />

Unsere Stiftung führt Laves’ Namen, denn kaum ein anderer würde so gut verkörpern, was die Entwicklung<br />

von Baukultur auch heute ausmacht: Reflexion unserer Traditionen, visionäres Denken, umfassendes<br />

Handeln und technische Intelligenz.<br />

Das Jubiläumsjahr 2014 bot die einmalige Gelegenheit, sich in einem breiten sozial- und wissenschaftshistorischen<br />

Kontext der Person Georg Ludwig Friedrich Laves zu widmen. Wir haben die Idee der VolkswagenStiftung,<br />

ein zweitägiges Symposium im wieder errichteten Schloss Herrenhausen durchzuführen,<br />

mit Freude aufgenommen und die Unterstützung der Lavesstiftung angeboten. In fruchtbarer Zusammenarbeit<br />

der beiden Stiftungen haben wir zu einem Abend in unserer Veranstaltungsreihe „Architektur im<br />

Dialog“ während des Symposiums in Herrenhausen eingeladen und fungieren darüber hinaus als Herausgeber<br />

des vorliegenden Tagungsbandes.<br />

Mein Dank gilt an dieser Stelle insbesondere Herrn Dr. Wilhelm Krull und der VolkswagenStiftung, die<br />

mit der Durchführung des Symposiums „ , … von <strong>vorzüglicher</strong> <strong>Monumentalität</strong>.‘ Georg Ludwig Friedrich<br />

Laves in Hannover“ ihrem Engagement für diesen Ort nachhaltigen Ausdruck verliehen hat. Ich freue<br />

mich, dass die VolkswagenStiftung seinerzeit dem Vorschlag der Architektenkammer Niedersachsen<br />

gefolgt ist und für das innere Raumgefüge des Neubaus einen Architektenwettbewerb durchgeführt hat,<br />

dessen Ergebnis das Schloss zu einem positiven Rekonstruktionsbeispiel macht.<br />

Darüber hinaus bin ich allen an der Realisierung des Symposiums und des Tagungsbandes Beteiligten zu<br />

aufrichtigem Dank verpflichtet – allen voran den namhaften Referenten, die ihre Vorträge für den vorliegenden<br />

Band bereitwillig überarbeitet und zur Verfügung gestellt haben. Der Tagungsband fasst die Beiträge<br />

des Symposiums zusammen und gibt einen aktuellen Überblick über den Forschungsstand zum bedeutendsten<br />

niedersächsischen Architekten des Klassizismus, zur Klassizismus-Diskussion und -Rezeption in<br />

Deutschland sowie zu aktuellen Fragestellungen wie der Rekonstruktionsdebatte. Ich bin davon überzeugt,<br />

mit dem Band die Inhalte des Symposiums auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen und<br />

damit eine kontinuierliche Auseinandersetzung zu befördern.<br />

© Architektenkammer Niedersachsen<br />

9


Vorwort<br />

————<br />

Dr. Wilhelm Krull<br />

Generalsekretär der VolkswagenStiftung<br />

————


Erst ein gutes Jahr steht es wieder, das Schloss in Herrenhausen, in der seinerzeit durch Georg Ludwig<br />

Friedrich Laves geschaffenen Fassade und den Umbauten für den damaligen Besuch des Königs von<br />

England, Georg IV., der gleichzeitig auch König von Hannover war. So feiern wir 2014 gleich zwei wichtige<br />

Jubiläen, nämlich das des 300-jährigen Bestehens der Personalunion zwischen Hannover und England<br />

und den 150. Todestag von Georg Ludwig Friedrich Laves.<br />

Laves war vielseitig: Er wirkte als Architekt, Stadtplaner und Bauingenieur, Staatsdiener und Privatunternehmer,<br />

Statiker und Erfinder. Er gilt als einer der führenden Vertreter des Klassizismus. Seine<br />

Architektur wurde durch Studienreisen nach Frankreich, Italien und England beeinflusst. Später flossen<br />

Formvorstellungen des Berliner Klassizismus mit ein. Ab 1817 beeinflusste Laves im Auftrag der Krone<br />

maßgeblich die städtebauliche Entwicklung Hannovers und gestaltete Hannover zur Residenzstadt um.<br />

Viele Laves-Bauten wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Manche wurden alsbald rekonstruiert, andere<br />

erst im Laufe der Zeit wiederaufgebaut und einer neuen Nutzung zugeführt.<br />

Pläne, das zerstörte Herrenhäuser Schloss wiederaufzubauen, hat es seit Kriegsende immer wieder<br />

gegeben. Die Rekonstruktion im Kriege zerstörter Bauten stieß und stößt in der Öffentlichkeit und in Fachkreisen<br />

nicht überall auf einhellige Zustimmung. Beim Wiederaufbau von Schloss Herrenhausen ging es<br />

jedoch nicht vorrangig darum, nur die schöne Laves-Fassade wieder zu errichten. Mit dem Schloss wird<br />

auch den weithin bekannten Herrenhäuser Gärten ihr zentraler architektonischer Bezugspunkt zurückgegeben.<br />

Mit der Wiedererrichtung als wissenschaftliches Tagungszentrum und Museum ist das Schloss<br />

zugleich ein Ort geworden, an dem der oft beschworene „Geist von Herrenhausen“ neu belebt werden<br />

kann, indem hier an die Tradition der gelehrten Kommunikation um 1700 angeknüpft sowie Internationalität<br />

und Innovation vorangetrieben werden. An jährlich rund 100 Tagen führt die VolkswagenStiftung<br />

im Schloss Veranstaltungen durch, die national und international führende Forscher zu kreativen wissenschaftlichen<br />

Diskursen inspirieren und auch die interessierte Öffentlichkeit für aktuelle wissenschaftliche<br />

Fragestellungen begeistern.<br />

Mit dem Symposium zu Laves ging es der VolkswagenStiftung nicht darum, die Rekonstruktion dieses<br />

Gebäudes noch einmal nachträglich zu legitimieren, sondern vielmehr darum, Laves und sein architektonisches<br />

Wirken historisch-kritisch zu würdigen und zugleich neue Sichtachsen zu schaffen, die wiederum<br />

zukunftsorientierte Reflexionsräume für wissenschaftliches Forschen und architektonisches Handeln<br />

eröffnen.<br />

Die VolkswagenStiftung konnte in der Vorbereitungsphase des Symposiums sehr vom Wissen ausgewiesener<br />

Laves- und Hannover-Experten profitieren, für deren Mitwirkung im Steering Committee ich<br />

ihnen an dieser Stelle herzlich danken möchte: Es sind dies der Architektur- und Bauhistoriker Dr. Sid<br />

Auffarth, Professor Dr. Thomas Schwark vom Historischen Museum am Hohen Ufer, Dr. Walter Röhrbein,<br />

sein Vorgänger als Museumsdirektor, und Professor Dr. Klaus Jan Philipp von der Universität Stuttgart.<br />

Ein herzlicher Dank geht auch an Wolfgang Schneider und die Lavesstiftung, die aus gegebenem Anlass<br />

ihre Veranstaltung „Architektur im Dialog“ zu „falschen“ Schlössern und „kritischen“ Rekonstruktionen<br />

mit unserem Symposium zusammengelegt haben und die zudem den vorliegenden, großzügig bebilderten<br />

Tagungsband publizieren.<br />

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine anregende Lektüre, die hoffentlich zu neuen Einsichten und<br />

Ausblicken auf eine für Hannover überaus bedeutende Epoche und eine wirkmächtige Persönlichkeit einlädt.<br />

© Dennis Börsch<br />

11


Erst ein gutes Jahr steht es wieder, das Schloss in Herrenhausen, in der seinerzeit durch Georg Ludwig<br />

Friedrich Laves geschaffenen Fassade und den Umbauten für den damaligen Besuch des Königs von<br />

England, Georg IV., der gleichzeitig auch König von Hannover war. So feiern wir 2014 gleich zwei wichtige<br />

Jubiläen, nämlich das des 300-jährigen Laves Bestehens und der Personalunion die zwischen Folgen Hannover und England<br />

und den 150. Todestag von Georg Ludwig<br />

————<br />

Friedrich Laves.<br />

Laves war vielseitig: Er wirkte als Architekt, Stadtplaner und Bauingenieur, Staatsdiener und Privatunternehmer,<br />

Statiker und Erfinder. Er gilt als einer der führenden Vertreter des Klassizismus. Seine<br />

Architektur wurde durch Studienreisen nach Frankreich, Italien und England beeinflusst. Später flossen<br />

Formvorstellungen des Berliner Klassizismus mit ein. Ab 1817 beeinflusste Laves im Auftrag der Krone<br />

maßgeblich die städtebauliche Entwicklung Hannovers und gestaltete Hannover zur Residenzstadt um.<br />

Viele Laves-Bauten wurden im Krieg zerstört. Manche wurden alsbald rekonstruiert, andere erst im Laufe<br />

der Zeit wiederaufgebaut und einer neuen Nutzung zugeführt.<br />

Pläne, das zerstörte Herrenhäuser Schloss wiederaufzubauen, hat es seit Kriegsende immer wieder<br />

gegeben. Die Rekonstruktion im Kriege zerstörter Bauten stieß und stößt in der Öffentlichkeit und<br />

in Fachkreisen nicht überall auf einhellige Zustimmung. Beim Wiederaufbau von Schloss Herrenhausen<br />

ging es jedoch nicht vorrangig darum, nur die schöne Laves-Fassade wieder zu errichten. Mit dem<br />

Schloss wird auch den weithin bekannten Herrenhäuser Gärten ihr zentraler architektonischer Bezugspunkt<br />

zurückgegeben. Mit der Wiederrichtung als wissenschaftliches Tagungszentrum und Museum ist<br />

das Schloss zugleich ein Ort geworden, an dem der oft beschworene „Geist von Herrenhausen“ neu<br />

belebt werden kann, indem hier an die Tradition der gelehrten Kommunikation um 1700 angeknüpft<br />

sowie Internationalität und Innovation vorangetrieben werden. An jährlich rund 100 Tagen führt die<br />

VolkswagenStiftung im Schloss Veranstaltungen durch, die national und international führende Forscher<br />

zu kreativen wissenschaftlichen Diskursen inspirieren und auch die interessierte Öffentlichkeit für aktuelle<br />

wissenschaftliche Fragestellungen begeistern.<br />

Mit dem Symposium zu Laves ging es der VolkswagenStiftung nicht darum, die Rekonstruktion dieses<br />

Gebäudes noch einmal nachträglich zu legitimieren, sondern vielmehr darum, Laves und sein architektonisches<br />

Wirken historisch-kritisch zu würdigen und zugleich neue Sichtachsen zu schaffen, die wiederum<br />

zukunftsorientierte Reflexionsräume für wissenschaftliches Forschen und architektonisches Handeln<br />

eröffnen.<br />

Die VolkswagenStiftung konnte in der Vorbereitungsphase des Symposiums sehr vom Wissen ausgewiesener<br />

Laves- und Hannover-Experten profitieren, für deren Mitwirkung im Steering Committee ich<br />

ihnen an dieser Stelle herzlich danken möchte: Es sind dies der Architektur- und Bauhistoriker Dr. Sid<br />

Auffarth, Professor Dr. Thomas Schwark vom Historischen Museum am Hohen Ufer, Dr. Walter Röhrbein,<br />

sein Vorgänger als Museumsdirektor, und Professor Dr. Klaus Jan Philipp von der Universität Stuttgart.<br />

Ein herzlicher Dank geht auch an Wolfgang Schneider und die Lavesstiftung, die aus gegebenem<br />

Anlass ihre Veranstaltung „Architektur im Dialog“ zu „falschen“ Schlössern und „kritischen“ Rekonstruktionen<br />

mit unserem Symposium zusammengelegt haben und die zudem den vorliegenden, großzügig<br />

bebilderten Tagungsband publizieren.<br />

Ich wünsche allen Lesern eine anregende Lektüre, die hoffentlich zu neuen Einsichten und Ausblicken<br />

auf eine für Hannover überaus bedeutende Epoche und eine wirkmächtige Persönlichkeit einlädt.<br />

Dr. Wilhelm Krull<br />

Generalsekretär der VolkswagenStiftung<br />

Klassizismus im Fokus:<br />

13


Werner Oechslin<br />

————<br />

Der „Einfluss der Baukunst auf den<br />

Menschen überhaupt“; die „Oeconomie<br />

des Ganzen“ und die „Sittlichkeit der<br />

Verhältnisse“: veränderte Sichtweisen<br />

und Bedingungen der Architektur<br />

um 1800<br />

————<br />

<strong>Von</strong> der kunstgeschichtlichen Stilgeschichte mit ihrem vereinheitlichenden Zwang im Zeichen ästhetischer<br />

Prärogative und moderner Sehnsucht nach Stil haben wir uns, so kann man nur hoffen, endlich verabschiedet.<br />

In seiner bei Heinrich Wölfflin erarbeiteten Dissertation wollte Siegfried Giedion 1922 unter dem Titel<br />

Spätbarocker und romantischer Klassizismus die Frage beantworten, „wie es möglich war, daß sich im Klassizismus<br />

zwei Weltanschauungen trennen konnten“, für die dann die Begriffe von Barock und Romantik<br />

stehen sollten. 1 Es ging, wie Giedion selbst betonte, darum, für die eigene, moderne Zeit und ihrem Drang<br />

nach Klärung von Form und Stil eine Grundlage zu schaffen. Man hatte sich längst in den „Grundbegriffen“<br />

und in den idealtypischen Stilbegriffen verfangen und den Reigen der herausragenden Monumente ganz im<br />

Sinne der von Karl Ernst Osthaus als Folie von Geschichtsbetrachtung 1919 beschworenen, im Zeichen eines<br />

ausgeprägten Harmoniebedürfnisses verfassten Grundzüge der Stilentwicklung auf die Reihe gebracht. 2 Paul<br />

Klopfer hatte 1911 unter dem Titel <strong>Von</strong> Palladio bis Schinkel immerhin eine „Charakteristik der Baukunst<br />

des Klassizismus“ angestrebt, bei der die Bauaufgaben in den Vordergrund gerückt waren. Allein, auch hier<br />

herrschte die übliche kunstgeschichtliche Neigung der Herauslösung hervorragender Bauleistungen vor.<br />

Sein Rahmenthema lautete deshalb „Der Klassizismus in seinem Verhalten zu den Kulturaufgaben“. 3<br />

Und der Rest? Kultur ist ein sehr viel weiterer Begriff, als dass er sich auf besondere Kunstdenkmäler<br />

einengen ließe. 4 Kultur ist, folgt man dem repräsentativen Versuch einer Geschichte der Cultur, die<br />

Adelung 1782 in Leipzig veröffentlichte, eine Angelegenheit der „Menschheit“ und noch weit mehr; er<br />

beschreibt insbesondere den „Uebergang aus dem mehr sinnlichen und thierischen Zustande in enger<br />

verschlungene Verbindungen des gesellschaftlichen Lebens.“ 5 Deshalb, weil es um die Gesellschaft und<br />

um ihre facettenreichen Verschlingungen geht, sind enger gefasste Kriterien kaum ausreichend. Dazu<br />

Adelung: „Verfeinerung, Aufklärung, Entwickelung der Fähigkeiten, sagen alle etwas, aber nicht alles.“ 6<br />

Man muss näher an die Geschichte heranrücken, und diese ist nicht nur Hintergrund eines Kulturschaffens,<br />

sondern die alles umfassende Wirklichkeit!<br />

Es ist eine wechselvolle Geschichte, die sich mit der Jahrhundertwende „um 1800“ verschwistert hat.<br />

Und es scheint sich damit auch ein ausgesprochenes Bewusstsein vom Wandel und von der notwendigen<br />

Entwicklung der Kultur verbunden zu haben. Man scheint den Fluss der Zeit und mit ihm den Gang der<br />

15


ñ Alarcos. Ein Trauerspiel von<br />

Friedrich Schlegel. Berlin 1802<br />

– Titel mit dem geflügelten<br />

Medusenhaupt als Vignette<br />

© Bibliothek Werner Oechslin<br />

ï Voch, Lukas: Wirkliche<br />

Baupraktik der bürgerlichen<br />

Baukunst. Ausgburg 1780 –<br />

Titel<br />

© Bibliothek Werner Oechslin<br />

î Succov, Laurenz Johann<br />

Daniel: Erste Gründe der<br />

Bürgerlichen Baukunst in einem<br />

Zusammenhange. Jena 1751 –<br />

Titel der Erstausgabe<br />

© Bibliothek Werner Oechslin<br />

schen Kaiserjahrhunderten studiert, wobey der totalirrige Wahn ihn umschwebt zu haben scheint: die<br />

Römer oder selbst die neuern Griechen hätten vermogt sie zu erweiterr [sic!], was man ehedem in<br />

Korinth und Athen fand. Die Griechen kannte Schlüter unstreitig, und scheint ihrer Bildhauerei die ihr<br />

gebührende Huldigung gebracht zu haben, was man seinem Gothensinn sonst gar nicht hätte zutrauen<br />

sollen. Dagegen aber musste er wohl höchst unrichtig meinen, die Baukunst der Hellenen passe mehr<br />

für ein einfaches republikanisches Volk, Königsgebäude in Königstädten würden in dem neuen Zeitalter<br />

eher nach Römischen oder Florentinischen Ideen ausgeführt werden müssen.<br />

[…] Wer blickt wohl jetzt noch Schlütersche Schöpfungen an, so wenig als noch jemand Wielanden<br />

lesen wird.“ 15<br />

Julius von Voss hängt also der neuen ästhetischen, an Axiomen orientierten Lehre an und lässt mittelbar<br />

erfahren, mit welchen Gegensätzen sich die damalige Diskussion auseinanderzusetzen hatte. In provokativer<br />

Weise beschreibt er das spät hinzugebaute Türmchen der Werderschen Kirche unter solch philosophierenden<br />

Gesichtspunkten: „Durchaus Zweckmäßigkeit. Keine Verzierung ohne Absicht, aber jeder<br />

einzelne Theil so zierlich es der Zweck duldet. […] Keine sogenannte Haube, die immer als gothischer<br />

Schnörkel zu betrachten ist.“ 16 Der ästhetisch-philosophische Exkurs endet dann in dunkler Anspielung:<br />

„Kurz es spricht sich alles rein aus an diesem höchst neuästhetischen Thurm. Wegen dieses<br />

Reinaussprechens in allen Theilen wird man völlig geneigt, ihn den Alarcos der Architektur zu nennen.“ 17<br />

Wen? Den Turm, oder gar Schlüter, der am Anfang dieser Geschichte steht? „Alarcos der Architektur“?<br />

Zwei Jahre zuvor, 1802, war in Berlin bei Johann Friedrich Unger das Trauerspiel Alarcos von Friedrich<br />

Schlegel erschienen, in dem schon in der ersten Szene Solisa ihre Laute zerbricht und spricht: „Du<br />

schuldlos Werkzeug mußt es mir nun büßen, / Dass ich dem Silberklange hoffend traute.“ 18 Und 60<br />

Seiten später verabschiedet sich Alarcos selbst von der Bühne und aus dem Leben: „Es tobt die wilde<br />

Furie siedend mir im Haupt / Und laut und immer lauter schreit es in der Brust. / Verzweiflung stößt den<br />

grimm’gen Arm ins eigne Herz, / Sich selbst zerschlagend in verworrner Todeslust.“ 19<br />

So wirr sind damals Gedanken und Diskussionen. Es fehlt an klarer Orientierung im weiten Feld<br />

von Norm, Theorie und Erfahrung. Und doch scheint alles möglich und verfügbar. Steht hellenisch für<br />

republikanisch und römisch für klassisch? Julius von Voss situiert sich im Vorwort seines „kritischen“<br />

Werkleins zwischen der „preisenden Manier“ des Domherrn, hinter dem sich Friedrich Johann Lorenz<br />

Meyer versteckt, dem „mehr oder weniger verlarvten Jacobinismus“, und, noch mehr Aufmerksamkeit<br />

erheischend, zwischen dem „kosmopolitischen Geist des Zeitalters“ und dem – von Voss noch<br />

18


vermissten – „wahren Deutschen Patriotismus“. 20 Was sich auf den ersten Blick nur als ein „Fortschreiten“<br />

und als ein Vorher und ein Nachher zu erkennen gibt, verlangt umso mehr nach konkreter<br />

„qualitativer“ Ausgestaltung. Erfahrung gegen Norm und Ästhetik gegen Praxis? Bei aller Vielfalt der<br />

Meinungen und Interessen scheint man sich in einer Sache, der Notwendigkeit einer alles ordnenden,<br />

die gemeinsame Zielsetzung garantierenden Instanz einig zu sein. Und das ist es wohl, was sich mit<br />

dem Ruf nach Patriotismus verbindet.<br />

Auch dazu fließt das Schrifttum reichlich und verlangt auch diesbezüglich nach einem „Reinaussprechen<br />

in allen Theilen“. 21 Für Paul Ferdinand Friedrich Buchholz ist es klar, dass sich dies – „durch irgend eine<br />

Wendung des Völkerschicksals begünstigt“ – auf dem Weg der Erhebung „zu der Einheit“ ergeben muss,<br />

zumal es doch „in ganz Europa kein Volk [gäbe], das mehr zur Kunst und Wissenschaft berufen wäre, als das<br />

Deutsche“. 22 Buchholz’ Gemählde des gesellschaftlichen Zustandes im Königreiche Preussen sind auf die<br />

Katastrophe des „14ten Oktober des Jahres 1806“ ausgerichtet, in der Hoffnung, es könnte später an die<br />

zuvor in Gang gesetzten und jetzt jäh unterbrochenen Entwicklungen angeknüpft werden. „Auf die Beschaffenheit<br />

des gesellschaftlichen Zustandes zurück gehen, die allgemeine Formel aufzufinden wissen, durch<br />

die sich alles von selbst erklärt“, sei dabei Aufgabe des Philosophen. 23 In diesem Rahmen soll und kann<br />

sich der Künstler umso besser einrichten und verwirklichen. Buchholz schwebt – auch baulich – Größeres<br />

vor. Entscheidend ist, dass er die Kunst als „Gegenstand des Luxus“ ablehnt, um sie „ein Bedürfniß des<br />

Preussischen Staates“ werden zu lassen. 24 Sie soll „eine bleibende Unterlage in dem ganzen gesellschaftlichen<br />

Zustande“ finden. 25 Folgerichtig zeigt sich Buchholz in besonderer Weise an den institutionellen<br />

Einrichtungen, am Schulwesen, am „Geist und Charakter der öffentlichen Institute“, wie er das zweite Buch<br />

des ersten Teils seines „Gemäldes“ betitelt, interessiert. Dort kritisiert er beiläufig den Mangel an „polytechnischen<br />

Lehranstalten geleitet von Männern, welche die Wichtigkeit der Handwerke kennen“ würden. 26<br />

Das Bauen selbst hat sich derweil längst dem Erfahrungswissen verschrieben, und die entsprechenden,<br />

„polytechnischen“ Impulse aus Paris verstärken dies nun. Diese Entwicklung hatte sich – durch<br />

Pragmatismus oder eben durch „Not“ bewirkt – längst angebahnt. 27 Lukas Voch betitelt deshalb 1780<br />

seine „bürgerliche Baukunst“ als „wirkliche Baupraktik“, um die Ausrichtung nicht nur generell auf „Bauwissenschaft“,<br />

sondern ganz konkret zugunsten derer, „welche mit dem Bauwesen beschäfftiget“ sind,<br />

zu verdeutlichen. 28 Längst hat sich die spezifische Kompetenz des Bauenden auch in den Lehrbüchern<br />

niedergeschlagen, das métier hat sich herausgebildet und gegenüber allen rein ästhetischen Betrachtungsweisen<br />

selbstständig gemacht. Voch führt entlang dem ausführlich dargelegten Bauprozess von<br />

Grund und Festigkeit zu Material und Mauerwerk und zu den weiteren Bauteilen, um dann doch noch zu<br />

„Bequemlichkeit“ und „Zierlichkeit“ zu gelangen. Bezüglich seines Titels einer „wirklichen Baupraktik“<br />

schreibt er schon im „Vorbericht“, er „glaube mehreres und besseres Recht zu haben“ als die, die mit<br />

architectura practica die Säulenordnungen und Verzierungen verbinden würden. 29<br />

Genau diesen Gedanken setzt auch Andreas Christian Mayer 1782 in die Vorrede seiner Kurzen<br />

Anweisung zur practischen bürgerlichen Baukunst. Der Leser würde bald erkennen, „dass ich nicht<br />

blos die Säulen-Ordnungen, welche der Haupt-Inhalt der meisten Schriften von der Baukunst sind,<br />

geschrieben, sondern mir vorgenommen habe, die Baukunst pracktisch abzuhandeln.“ 30 Deshalb wird<br />

schon im Titel ausdrücklich auf die bevorzugte Behandlung „der Vestigkeit und Dauerhaftigkeit der<br />

Gebäude“ hingewiesen.<br />

Radikaler als alle andern hat schon 1751 Laurenz Johann Daniel Succov diese Ausrichtung auf den tatsächlichen<br />

Bauprozess seiner „auf Verlangen“ verfassten Darstellung zu den Ersten Gründen der Bürgerlichen<br />

Baukunst betont. 31 Ganz offensichtlich entsprach eine solche Betrachtungsweise einem besonderen<br />

Bedürfnis. Und so setzt Succov an den Beginn seiner Ausführungen eine Definition, die den Vorgang<br />

des Bauens und nicht eine Gebäude- oder Formenlehre betont – und steht damit natürlich gleichwohl in<br />

einer langen Tradition. Alberti sprach im Prolog seines De Re Aedificatoria von dem Gebäude als „corpus<br />

quoddam“ und beschrieb den Bauvorgang als Bewegen und Zusammenfügen von Körpern. Succov<br />

19


ñ Die sogenannte Schlosswende<br />

vor der Herrenhäuser<br />

Allee, seit 1845 Königsworther<br />

Platz. Lithographie von Wilhelm<br />

Kretschmer um 1850<br />

© Historisches Museum<br />

Hannover<br />

ï Georg Ludwig Friedrich<br />

Laves, Skizze zur Vereinheitlichung<br />

vom Großen Garten und<br />

Wallmoden-Garten, 1817<br />

© StadtAH, LN 252 (1.1. Hannover,<br />

Georgspalais, Lageplan)<br />

bildenden Künsten, der Wirtschaft, des Bildungs- und Gesundheitswesens, des Handels und des Gewerbes<br />

entstehen. In der gesamten Landschaft, den Städtebau einbeziehend, wurde das Schöne und das Nützliche<br />

von Ort zu Ort durch Obstanlagen, Baumpflanzungen, verbindende Wege und Brückenbauten, Gebäude und<br />

moderne Parkanlagen bei gleichzeitiger Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion erreicht. Vor<br />

allem durch Bau- und Gartenkunst wurde das progressive humanistische Ideengut verwirklicht.<br />

Architekten griffen das Thema auf; so Gustav von Vorherr (1778–1847) aus Bayern, der diese Idee 1808<br />

mit seiner Schrift Verschönerung Deutschlands verbreitete. Nach dem Wiener Kongress wurde die Landesverschönerung<br />

definiert, sogar als neue Wissenschaft bezeichnet. Mit dem aufkommenden Nationalgefühl<br />

verband Vorherr nach 1820 die Aufgabe nun mit sozialer Betonung „als ein verbindendes Werk über alle<br />

Grenzen hinweg“. „Die wahre Landesverschönerung oder Verschönerung der Erde entsteht nur dadurch,<br />

daß Agricultur, Gartenkunst und Architektur in größter Reinheit, ungetrennt […] für das Gemeinsame wirken.“<br />

Sie stehe an der Spitze aller Künste und müsse lehren, „sich besser und vernünftiger anzusiedeln“.<br />

Sie würde dadurch ein „Fundament zu einem verbesserten Kunst- und Gewerbewesen“ legen. 2<br />

In Hannover könnte die schrittweise Verschönerung und Ausgestaltung der Landschaft beidseitig<br />

der barocken Allee zwischen Hannover und Herrenhausen als Tendenz der Landesverschönerung<br />

angesehen werden.<br />

Als Laves 1817 ein Gutachten für das zum Verkauf an die Krone anstehende, ehemalige Areal des Wallmodengartens<br />

anfertigte, sah er einen großen Vorteil, „wenn besonders demnächst daran gedacht werden<br />

sollte, den Herrenhäuser Garten zu einem Park auszugestalten“ 3 . Die von Laves beigefügte, nicht ausgereifte<br />

Skizze zeigt seine Idee zur Umgestaltung des gesamten Areals. Die vorhandenen barocken Gutsanlagen, der<br />

frühlandschaftliche Wallmodengarten, aber auch kleinere Privatgrundstücke sollten in einen Landschaftspark<br />

verwandelt werden. Dazu kam es nicht, der Große Garten blieb erhalten, die anderen Flächen wurden<br />

erst Mitte des 19. Jahrhunderts durch Christian Schaumburg nach dieser Idee verschönert. Es war auch eine<br />

Zeit, in der das Bewusstsein für die Erhaltung von Kunstgütern reifte. 1815 legte Schinkel das Memorandum<br />

zur Erhaltung „aller Denkmäler und Alterthümer“ und forderte Schutzbehörden, was 1843 mit der Berufung<br />

von Ferdinand von Quast zum ersten hauptamtlichen Konservator in Preußen erfüllt wurde. So forderte<br />

folgerichtig auch der spätere Hofgartendirektor Hermann Wendland bereits 1852, den Großen Garten „als<br />

ehrwürdiges Zeugnis einer […] längst vergangenen Zeit, gleichsam als redendes Denkmal von der Anschauungsweise<br />

und den Sitten unserer Vorfahren, soviel als möglich […] zu erhalten“ 4 .<br />

In Preußen förderten die Fürsten persönlich die Landesverschönerung. So König Friedrich Wilhelm IV.,<br />

der Peter Joseph Lenné um einen Plan nach dem Vorbild des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches aufforderte.<br />

Lennés „Verschönerungsplan“ zeigt schon 1833, dass die Stadt Potsdam, von ihrer Einwohnerzahl<br />

nahezu identisch mit Hannover, in eine parkähnliche Landschaft eingebettet werden sollte. Alte und<br />

neue königliche Gärten sollten, auch mit städtebaulichen Grünstrukturen und Sichtbeziehungen, in der<br />

36


weiteren Umgebung miteinander verbunden werden – die heutige Potsdam-Berliner Kulturlandschaft.<br />

Bornstedt mit seinen von Hecken, Gehölzstreifen und Alleen gefassten Ackerflächen am Nordhang des<br />

Ruinenberges gilt hier als Paradebeispiel der Landesverschönerung im Kleinen. Lenné nutzte vielfältig<br />

Waldpartien, fügte Obstpflanzungen und Baumschulen ein. 1843 legte Lenné einen zweiten Plan „Zur<br />

Verschönerung der Insel Potsdam“ vor.<br />

Einfluss der Gartenkünstler im Städtebau. Der reife Stil des Landschaftsgartens führte rund 70<br />

Jahre nach der Barockzeit wieder zu einer künstlerischen Anerkennung der Gartenkunst. Aus dem von<br />

Repton initiierten und um 1820 in Deutschland zum Beispiel von Fürst Pückler-Muskau und Lenné übernommenen<br />

Prinzip formaler und funktionaler „Zonierung“ hatte sich eine Tendenz zur „Integration“,<br />

freien Kombination bzw. Durchdringung oder Überlagerung gleichwertiger, „architektonisch“ und „landschaftlich“<br />

geprägter Elemente oder Partien entwickelt. 5<br />

Damit wurde auch der Stand der Gartenkünstler aufgewertet. Auf dem Weg zur Gründung einer ersten<br />

Hochschule für die damaligen Gartenkünstler gelang es Lenné mit Hilfe des Kultusministers Karl<br />

Freiherr von Stein zum Altenstein 1822, den „Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den königlichen<br />

preußischen Staaten“ zu gründen. Christian Schaumburg aus Hannover wurde Mitglied, gründete<br />

1829 sogar einen ähnlichen „Gartenbau-Verein für das Königreicht Hannover“, in dem wiederum Laves<br />

Mitglied war. Mit Unterstützung der preußischen Vereins-Gesellschaft konnte 1823 die Gründung einer<br />

Gärtnerlehranstalt erfolgen. „Die preußische Schule“ sei damals nicht nur „einzigartig“, sie sei sogar<br />

Inspiration für Verbesserungen der Ausbildung von Gartenkünstlern in Großbritannien gewesen. 6<br />

Auch die Gärten und die später sogenannte „Lenné-Meyer’sche Schule“ erzielten eine Vorbildwirkung<br />

in ganz Europa. Lenné schreibt 1848 in seinem Gutachten für die Abfassung der neuen Preußischen Verfassung,<br />

dass es keiner weiteren Begründung bedürfe, dass die Bildende Gartenkunst „ein besonderes<br />

und eigenthümliches Kunstgebiet zu beanspruchen berechtigt ist.“ Ihre Aufgabe sei, „wie die übrigen<br />

Künste den Sinn für das Schöne zu erwecken, und gleich diesen, als Bildungs und Erziehungs Mittel für<br />

das Volk zu dienen.“ Sie sei deshalb auch als „öffentliches Kunstwerk“ zu erhalten. 7<br />

Lenné, Peter Joseph (Entwurf),<br />

Koeber, Gerhard (Zeichner):<br />

Potsdam, Verschoenerungsplan,<br />

1833<br />

© Stiftung Preußische Schlösser<br />

und Gärten Berlin-Brandenburg,<br />

GK II (1) 3639 / Fotograf:<br />

Daniel Lindner<br />

37


Ulrich Maximilian Schumann<br />

————<br />

Varianten und Versuchsreihen.<br />

Georg Laves in seinem Umfeld<br />

————<br />

Die bedeutende Rolle ist unbestritten, die Georg Ludwig Friedrich Laves in der Kunst- und Kulturgeschichte<br />

seiner Zeit spielte, im Besonderen für das Königreich Hannover, als dessen oberster Architekt<br />

er über Jahrzehnte für öffentliche wie private Bauaufgaben Verantwortung trug. Mit welchen architektonischen<br />

Qualitäten sich diese Bedeutung verbindet, scheint jedoch schwieriger zu bestimmen<br />

zu sein. Es ist immer eine Herausforderung, Worte für das Werk eines Architekten zu finden, der sich<br />

seinerseits mit eigenen Erklärungen zurückhielt, auch keine Traktate oder Lehrmittel hinterließ. Umso<br />

mehr gilt dies in einer Zeit, die man – wie eben das frühe 19. Jahrhundert – nicht nur als eine solche<br />

der leisen Töne, sondern zugleich des Umbruchs und der Suche nach neuen oder alten Orientierungen<br />

wahrnimmt. Deshalb wurden Laves gleich mehrere Begriffe zugeordnet, die hierin Ordnung schaffen<br />

sollen, wie Klassizismus, Historismus, Eklektizismus, Neorenaissance oder Rundbogenstil. Um ein<br />

Profil zu schärfen, sind sie wenig geeignet.<br />

Ohnehin gestaltet sich der zeitliche Kontext noch komplexer. Quer zur Stilfrage traten gerade in der<br />

Architektur der Zeit Paradoxien offen zutage: zwischen einer Professionalisierung des Berufs und einem,<br />

vor allem über die Auftraggeber einfließenden Dilettantismus, zwischen dem Wunsch nach künstlerischer<br />

Autonomie und dem Zwang zur Begründung des eigenen Tuns, damit auch zwischen einer erratischen<br />

Geschlossenheit des Entwurfs und seiner Aufladung mit Botschaften, zwischen Vereinfachung und Komplexität<br />

sowie weiteren Alternativen, die immer schon präsent waren, aber unter dem Licht der Aufklärung<br />

sichtbarer und spürbarer wurden und dies für mehr Menschen, verbreitet durch die aufkommenden<br />

Fach- und Massenmedien. 1 Hinein spielen die allgemeinen Spannungen, welche die Zeit beschäftigten,<br />

wie diejenige zwischen „Sinn und Sinnlichkeit“, mithin zwischen Verstand und Gefühl. 2 All dies müsste<br />

in den Versuch einer umfassenden Analyse und Verortung von Laves’ Beitrag zu seiner Zeit einfließen.<br />

Laves befand sich immer schon mittendrin in einem vielschichtigen, überregionalen Geflecht der Positionen<br />

und Traditionen. Als Neffe sowohl des Landbaumeisters Johann Friedrich Laves wie auch Heinrich<br />

Christoph Jussows, Architekt Landgraf Wilhelms IX. von Hessen-Kassel und Laves’ Lehrer an der Kunstakademie,<br />

öffnete sich ihm früher als anderen der Blick auf die praktische Seite des Bauens. Gerade das<br />

Leben, Lernen und Arbeiten zwischen Hannover und Kassel gewährte ihm andererseits auch Einsichten<br />

in wechselnde politische Konstellationen und die Abhängigkeiten der Architektur. Hautnah verfolgte er<br />

das langwierige Ringen um die Vollendung des Schlosses auf der Kasseler Wilhelmshöhe mit und damit<br />

die Herausforderung eines professionellen Selbstverständnisses durch fürstlichen Dilettantismus. Auf<br />

Wunsch Wilhelms IX. entwarf Jussow 1791 sogar den noch fehlenden Mitteltrakt als Ruine und baute<br />

ab 1793 die ruinöse Löwenburg, die bald schon als Gründungsbau der Neugotik in deutschen Ländern<br />

angesehen wurde, allerdings auch als „ein konfuses Ungetüm des frühromantischen Enthusiasmus“. 3<br />

Zudem weitete sich Laves’ professioneller Horizont durch Kontakte mit auswärtiger Praxis und Theorie<br />

– vermittelt über Architekten wie Leo von Klenze aus der Nähe Wolfenbüttels, der seit 1808 in<br />

42


Kassel für den Bau zweier Marstallflügel und des Theaters auf der Wilhelmshöhe angestellt und so mit<br />

Laves bekannt wurde, oder Georg Moller aus Diepholz, der bereits 1800 seine Laufbahn in der Bauverwaltung<br />

Hannovers begann und dort seitdem beratend tätig war – was zu eigenen Projekten wie das<br />

Wangenheim-Palais, 1829–1832, führte. 4 Über diese Verbindungen vertiefte sich auch seine Kenntnis<br />

von den jeweils dahinter stehenden Schulen und Theorien, über Klenze etwa zur Lehre Jean-Nicolas-<br />

Louis Durands an der Pariser École Polytechnique sowie über Moller zur Schule Friedrich Weinbrenners<br />

in Karlsruhe. Dieser entstammten neben anderen auch August Heinrich Andreae, Friedrich August Ludwig<br />

Hellner und Ernst Ebeling, die später neben Laves in Hannover wirkten.<br />

Kontakte wie diese halfen ihm, seine persönliche Gratwanderung zwischen den widersprüchlichen Herausforderungen<br />

seines Berufs und seiner Zeit zu gehen. Wirklich stieg Laves gleich hoch ein, fühlte sich<br />

bereit für große Aufträge. Schon allein, dass er mit einem Projekt debüttierte, zu dem er weder aufgefordert<br />

noch angeregt worden war, zeugt von Zutrauen in die eigene Fähigkeit. Gleich im November 1815,<br />

unmittelbar nach seiner Rückkehr aus Italien und Frankreich und vor dem Stellenantritt als Hofbaumeister,<br />

erarbeitete Laves den Entwurf zu einem neuen Residenzschloss, das außerhalb des Clever Tors am<br />

Beginn der Herrenhäuser Allee entstanden wäre, zwischen dem Leine- und dem Herrenhauser Schloss<br />

und noch vor beider Umbau. Nicht minder aber verblüfft die Kühnheit des Projektes selbst, das von einem<br />

doppelten Kontrast der monumentalen Fassadenwand lebt: vertikal zu den tief und dicht gesetzten Fensterreihen<br />

und horizontal zu den großflächigen Kolonnadenmotiven. Der Blick hinter die Fassade zeigt, dass<br />

diese hervorgehobenen Partien mit eigenständigeren Raumgruppen im Innern korrespondieren, Laves<br />

damit also auf die Gliederung reagierte und das Verhältnis zwischen innen und außen kontrollierte.<br />

Mit der Beschränkung auf wenige Motive reduziert sich der Entwurf zugleich auf die individuellen,<br />

subtilen Entscheidungen des Architekten. Die Suche nach konkreten Vorbildern führt deshalb nicht weit,<br />

im Wechsel von Wand und Säulenhalle etwa in die Kasseler Traditionslinie von Ledoux’ Entwurf für das<br />

Fridericianum über die Ausführung durch Simon Louis du Ry hin zu dessen Nachfolgern Jussow und<br />

Johann Conrad Bromeis. Noch geschlossener zeigt sich dabei die Außenwand an Leo von Klenzes Münchener<br />

Glyptothek, 1816–1830. Deren Konzeption begann genau zur selben Zeit, angefangen mit dem<br />

sogenannten Pariser Entwurf aus dem Jahr 1815. Hier war die Geschlossenheit bereits in der Nutzung als<br />

Museum angelegt. Konsequenter und anders als in beiden Referenzen spielt sich die Dynamik von Laves’<br />

Entwurf auf der Fassade und nicht zwischen Baumassen ab und bildet dieser Kontrast das Hauptmotiv<br />

des Äußeren.<br />

Doch lenkt dasselbe Motiv auf eine andere Fährte, die enger an seinem eigenen Werdegang entlang<br />

führt, nämlich zurück zu den Entwurfsaufgaben, die ihm sein Onkel Jussow in den Jahren um<br />

1805/1806 an der Kasseler Kunstakademie stellte. Laves’ Lösungen für Wohnhäuser bezeichnete<br />

Georg Ludwig Friedrich Laves,<br />

Residenzschloß für Hannover,<br />

1816, Hauptfassade<br />

© StadtAH, LN 3045 (1.1. Hannover,<br />

Residenzschloss)<br />

43


Sid Auffarth<br />

————<br />

Nachwirken von Studium, Lektüre<br />

und Reisen in den Bauten<br />

Georg Ludwig Friedrich Laves’<br />

————<br />

<strong>Von</strong> Georg Ludwig Friedrich Laves (1788–1864) gibt es keine grundlegenden Aussagen zur Architektur.<br />

Die wenigen knappen und oft nur beschreibenden Äußerungen zu seinen Bauten sind in Memoranden,<br />

Bauanträgen und Briefen versteckt. Deshalb lassen sich mögliche Entwurfsprinzipien nur aus seinen<br />

Werken ableiten. Lassen Sie mich das an einem frühen Beispiel aufzeigen:<br />

Die Gartenmeisterwohnung im Berggarten Herrenhausen – später nach der 1852 dort aufgestellten<br />

Wendlandschen Gartenbibliothek Bibliothekspavillon genannt – wurde 1817–1820 nach Plänen von Laves<br />

errichtet. Der 43 Meter lange Bau bildet mit seiner hohen Rotunde einen markanten Blickabschluss der<br />

zwei Kilometer langen Herrenhäuser Allee und nimmt zugleich als Gelenk die zweite Achse des Großen<br />

Gartens auf, eine Achse, die von der Rotunde ausgehend die Mitte von Orangerie- und Galeriegebäude<br />

sowie des Gartentheaters schneidet. Der gegliederte Baukörper setzt sich zusammen aus den Raumfiguren<br />

Kubus, Zylinder und Halbkugel. Die Mitte besteht aus einem Sockelquader, über dem sich ein<br />

Tambour mit zwölf hohen Rundbogenfenstern in Pilastergliederung erhebt. Eine flache kupferbedeckte<br />

Kuppel bildet den Abschluss. Zwei Seitenflügel verbinden mit den beiden Eckpavillons.<br />

Ursprünglich sollte Laves für den zweiten Gartenmeister, der bisher in kleinen Gemächern untergebracht<br />

war, im Berggarten ein neues Wohngebäude entwerfen. Aus einer eher belanglosen Bauaufgabe<br />

machte der junge Hofbaumeister ein gut sichtbares architektonisches Meisterwerk. Die vorgegebenen<br />

20 Quadratmeter wurden zu zwei Wohnungen von je 100 Quadratmeter vergrößert, und in die Mitte<br />

platzierte er ein zweigeschossiges Belvedere, „wohin man sich bey plötzlich eintretendem schlechten<br />

Wetter retiriren könne“. 1 Sein Förderer in London, der Minister Ernst Graf zu Münster, billigte stillschweigend<br />

den im Antrag kaum angedeuteten wahren Zweck – Laves sprach nur von „einem zu Herrenhausen der<br />

Allee gegenüber zu errichtendem Gartengebäude“. 2 Dass dabei die Kosten die eingereichte Aufstellung<br />

um 60 Prozent überschritten, wundert dann kaum.<br />

Die geometrischen Körper Kubus, Zylinder, Kugel und Pyramide bildeten in der Architektur um 1800<br />

das Ausgangsmaterial des Entwerfens, mit dessen Hilfe man sich von Säulenordnungen und dekorativem<br />

Apparat befreien wollte. Es war die Zeit der Revolutionsarchitektur eines Étienne-Louis Boullée (1728–<br />

1799) und Claude-Nicolas Ledoux (1736–1806). Boullée hatte bemerkt, dass Regelmäßigkeit, Symmetrie<br />

und Vielfalt die Form der regelmäßigen Körper bestimmten, und erkannte, dass im Zusammentreffen<br />

dieser Eigenschaften die Proportion begründet lag. 3 Und auch die Architektur von Ledoux war immer<br />

strenger, einfacher und kolossaler geworden und mündete zuletzt in reine geometrische Körper. Damit<br />

ist ein Entwurfsgrundsatz benannt, der sich im gesamten Werk von Laves auffinden lässt. Die zweite<br />

Ordnungsregel geht auf den konstruktiven Rationalismus zurück, dessen wichtigster Vertreter Jean-Nico-<br />

50


las-Louis Durand (1760–1834) war, ein Schüler Boullées. Bei Überprüfung der Grundriss-Maße der Gartenmeisterwohnung<br />

stößt man auf das Längenmaß „Hannoverscher Fuß“, dem im metrischen System<br />

29,2 Zentimeter entsprechen. Breite und Länge des mittleren Gebäudeteils messen 30 Fuß, die Flügel<br />

sind jeweils 40 Fuß und die Pavillons 20 Fuß lang, insgesamt sind das 150 Fuß oder 43,8 Meter. Das<br />

Prinzip einer modularen Ordnung im Gebäudeentwurf hatte erstmals Durand entwickelt und in einem<br />

zweibändigen Lehrbuch 1802 und 1805 veröffentlicht: dem Précis des leçons d‘architecture données à<br />

l‘École Polytechnique – ein Abriss der Architekturvorlesungen an der Polytechnischen Schule in Paris. Er<br />

führte ein auf die Konstruktion bezogenes Ordnungsraster ein, das auf Einfachheit, Regelmäßigkeit und<br />

Symmetrie gegründet ist. Und darauf entwickelte er dann Vertikalkombinationen, die von den Benutzern<br />

unterschiedlich eingesetzt werden konnten. Durands struktives Denken, das jedes dekorative Element<br />

zurückweist, soweit es sich nicht zwingend aus der Konstruktion selbst ergibt, lässt ihn als einen extremen<br />

Vertreter eines architektonischen Purismus erscheinen. Dazu sagte er: „Der wahre Schmuck<br />

einer Wand liegt im Sichtbarmachen ihrer Konstruktion.“ 4 Eine Ausgabe des Précis studierte Laves eifrig<br />

während seiner Ausbildung an der Bauakademie in Kassel und kopierte daraus Pläne von Gebäuden und<br />

Denkmälern. Eine Ausgabe von 1809 befand sich später auch in seiner privaten Bibliothek.<br />

Aber wie kam Laves nach Kassel? Der Pastorensohn wurde 1788 in Uslar am Solling geboren, zeigte<br />

schon früh Interesse am Baugeschehen und hoffte auf einen Studienplatz in Kassel, wo sein Onkel<br />

Heinrich Christoph Jussow 1800 zum Oberbaudirektor und zugleich Direktor der Bauakademie ernannt<br />

worden war. 1804 war es endlich so weit. Nach dem Tod seines Vaters konnte er das Studium an der<br />

Bauakademie in Kassel aufnehmen. Das Studium war kostenlos und stand prinzipiell jedem frei. Denn<br />

das erklärte Ziel der Ausbildung war es, Bauhandwerker „akademisch“ zu unterrichten und Künstler, die<br />

am Hofe benötigte Berufe ergriffen, zu fördern. 5 Deshalb waren von den etwa 90 Schülern, die in sechs<br />

Klassen unterrichtet wurden, ein großer Teil Handwerker: „Man hört von ‚Tapezierern, Schreinern, Weißbindern,<br />

Zinngießern, Töpfern, Gürtlern, Schlossern‘, selbst ‚in der Bauklasse erscheinen ein Weißbinder<br />

und ein Vergolder, ein Zimmermann und mehrere Schreiner‘.“ 6<br />

In der Ausbildung wurde er mit den Werken der französischen Architekten Ledoux und Charles de<br />

Wailly vertraut gemacht. Beide waren 1775 bzw. 1782 in Kassel gewesen, zudem hatte Jussow zwei<br />

Jahre lang als Stipendiat im Pariser Atelier von de Wailly gearbeitet. Laves schloss nach drei Jahren sein<br />

Gartenmeisterwohnung, Hannover.<br />

Georg Ludwig Friedrich<br />

Laves (1820), Foto 2011<br />

© Fotoarchiv Auffarth<br />

51


Gegenüberliegende Seite<br />

ï „Facade des Königl[ich]<br />

Churfürstl[ichen] Schloßgebäudes<br />

zu Hannover nach<br />

der West- oder Leine-Seyte“,<br />

Bestandsplan vor dem Umbau<br />

durch Laves (oben), Benjamin<br />

Hase, 1793<br />

© NLA Hannover Kartensammlung<br />

13c Hannover 11/59 pm<br />

î „Facade des Königlichen<br />

Schlosses zu Hannover nach<br />

dem Mühlenplatze“, vom<br />

Prinzregenten zur Ausführung<br />

genehmigter Entwurf zur Umgestaltung<br />

der Südwestfassade<br />

des Leineschlosses (unten),<br />

Georg Ludwig Friedrich Laves,<br />

1816<br />

© NLA Hannover Kartensammlung13c<br />

Hannover 11/31 pm<br />

õ „Situations-Plan des königlichen<br />

Schlosses zu Hannover<br />

nach Vollendung der zu machenden<br />

Veränderungen desselben<br />

und seiner Umgebung“,<br />

Entwurf zur städtebaulichen<br />

Einbindung des Leineschlosses<br />

(nicht realisiert), Georg Ludwig<br />

Friedrich Laves, 1816<br />

© NLA Hannover Kartensammlung<br />

12c Hannover 4/27 pm<br />

Der schließlich vom Prinzregenten grundsätzlich zur Ausführung bestimmte Entwurf (siehe Beitrag Auffarth,<br />

Abbildung Seite 53) zeigt eine Zusammenfassung des Nordwestbereichs der Leinstraßenseite hinter einer<br />

durchlaufenden Fassade mit hoher Pilasterordnung, kräftiger Attika und gequadertem Erdgeschoss. 5 Dem<br />

Fensterraster lag die Struktur der Schlosskirche zugrunde, die hinter der Fassade erhalten bleiben sollte.<br />

Wesentlich war für Laves die städtebauliche Einbindung seines Schlossentwurfs: Um diese zu gewährleisten,<br />

schlug er umfangreiche Durchbrüche gerader Straßenachsen sowie die Anordnung gliedernder<br />

Schmuckplätze vor. Durch Konzentration des neuen Straßensystems auf das Schloss sollte somit der Charakter<br />

des Leineschlosses als fürstliche Residenz mit städtebaulichen Mitteln herausgearbeitet werden.<br />

Hier zeigt sich bereits ein raumbildendes Prinzip, das Laves bei der Mehrzahl seiner späteren städtebaulichen<br />

Konzepte verfolgt hat: Ordnung durch gerade, monumentale Wegachsen, die markante Gebäude<br />

als Ziel erhalten. Diesem städtebaulichen Leitbild folgte zuvor bereits der Entwurf für ein riesiges neues<br />

Residenzschloss am stadtseitigen Ende der Herrenhäuser Allee 6 , den Laves im Januar 1816 ohne direkten<br />

Auftrag vorgelegt hatte. Es ist zu vermuten, dass er mit diesem Projekt der Instandsetzung des Leineschlosses<br />

zuvorkommen wollte, einer undankbaren Aufgabe, die ihn in mehreren Ausbauschritten die nächsten<br />

40 Jahre verfolgen sollte. Die Große Allee nach Herrenhausen, die seit 1726 ohne architektonischen<br />

Bezugspunkt in einem gewissen Abstand zur Stadt am Rand der Gartengrundstücke weit vor dem barocken<br />

Festungsgürtel begann, hätte mit dem Schloss einen monumentalen Startpunkt erhalten. Da für Hannover<br />

jedoch keine dauerhafte Residenzfunktion vorgesehen war, gab es weder für das große Schlossprojekt<br />

noch für die vorgeschlagenen Straßendurchbrüche im Gebiet der Altstadt eine Hoffnung auf Realisierung.<br />

Auch am Leineschloss gingen die Arbeiten wegen langsamer Mittelzuweisung nur schleppend voran.<br />

1819 war der Abbruch des alten Leineflügels bereits zur Ausführung gekommen, sodass der dortige Neubau<br />

bis 1825 vollendet werden konnte. Gestalterisch ließen diese Arbeiten Laves wenig Spielraum, da er<br />

gehalten war, sich eng am Vorbild des Kammerflügels aus den 1740er Jahren zu orientieren. Nicht einmal<br />

mit seinem Vorschlag zur Abnahme des unmodernen alten Mansarddachs konnte er sich durchsetzen.<br />

<strong>Von</strong> der Leineseite her betrachtet, erweckt das Schloss dadurch bis heute fälschlich den Eindruck eines<br />

einheitlichen spätbarocken Baukomplexes.<br />

1826 legte Laves einen neuen Schlossentwurf vor, in dem er sich vorrangig mit einer mittenzentrierten<br />

Gestaltung der Leinstraßenfassade auseinandersetzte. 7 Gegenüber dem sogenannten Alten Palais,<br />

das 1752 für den Geheimen Rat von dem Bussche errichtet worden war, kam nun ein mächtiger Portikus<br />

in Vorschlag. Hier ist die Schlossfassade erstmals nicht mehr separat, sondern als Teil des zu gestaltenden<br />

Straßenraums betrachtet, was Laves mit aufwendigen Perspektivzeichnungen anschaulich machte.<br />

Um die Straße nicht zu weit einzuengen, schlug Laves vor, den Mittelbau mit Portikus gegenüber der<br />

übrigen Fassadenfläche zurückspringen zu lassen. Eine Lösung, die er 1816 bei seiner ersten Englandreise<br />

am Carlton House, dem zwischen 1783 und 1793 vom Architekten Henry Holland in die damalige<br />

Form gebrachten Wohnsitz des Prinzregenten an der Londoner Pall Mall, gesehen hatte.<br />

Zwar erreichte der Hofbaumeister auf einer zweiten Englandreise 1826 die Genehmigung dieser Pläne,<br />

doch standen auch in den folgenden Jahren stets nur bescheidene Mittel für die schrittweise Realisierung<br />

bereit. Begonnen wurde mit der Erneuerung des nordöstlichen Eckrisalits, der die neue Wache enthielt<br />

und bis 1830 fertiggestellt werden konnte. Für Laves war dies der bisher wichtigste Ausbauschritt, zu<br />

dem er äußerte: „Mit dieser Construction fängt der für die Hauptansicht des Schlosses angenommene<br />

Bau Styl an, der augenscheinlich von dem bisherigen nach der Architektur des Cammerflügels bestimmten,<br />

bedeutend abweicht.“ 8<br />

Auch an dem seit 1638 in mehreren Ausbauschritten aus einem Wirtschaftshof entstandenen Herrenhäuser<br />

Schloss gab es bei Laves’ Dienstantritt umfangreichen Instandsetzungsbedarf. Die ehemals<br />

aufwendige Putzdekoration des Barock war bereits 1780 entfernt und durch einen schlichten Verputz der<br />

Fachwerkwände ersetzt worden. Als Hannover 1814 zum Königreich erklärt wurde, hoffte man dort auf<br />

einen baldigen Besuch des Prinzregenten und späteren Königs Georg IV. Um hierauf vorbereitet zu sein,<br />

58


Hans-Georg Lippert<br />

————<br />

Ordnung und Methode.<br />

Das polytechnische Architekturstudium<br />

————<br />

„If one approaches a problem with order and method, there should be<br />

no difficulty in solving it – none whatever,“ said Poirot severely.<br />

„Oh, I see,“ said Jane, who didn’t. 1<br />

Gleich mit ihrem ersten Kriminalroman schuf die englische Schriftstellerin Agatha Christie 1921 eine der<br />

populärsten literarischen Figuren des 20. Jahrhunderts, den Detektiv Hercule Poirot. Dem Lesepublikum<br />

wird er als frankophoner Belgier vorgestellt, der während des Ersten Weltkriegs nach England geflohen ist<br />

und seitdem in London lebt. Christie beschreibt Poirot als einen dandyhaften kleinen Mann, der die 50<br />

schon überschritten hat und seine Umgebung immer wieder durch ein Auftreten befremdet, das alles in<br />

sich vereint, was nach britischen Maßstäben besonders französisch wirkt. Dazu gehört auch die Vorliebe<br />

für „Ordnung und Methode“ – ein Begriffspaar, das nicht nur Poirots Vorgehensweise als Detektiv charakterisiert,<br />

sondern geradezu als seine Lebensmaxime gelten darf. In einer 1936 geschriebenen fiktionalen<br />

Autobiografie bekennt Hercule Poirot sogar: „Order and method are my gods.“ 2 Der Detektiv erlebt die Welt<br />

wie ein Puzzle, in dem alles seinen eindeutigen Platz hat. Jedes Detail wird an der richtigen Stelle verortet,<br />

und zwar im Alltag genauso wie beim Lösen von komplexen Kriminalfällen. Aus A folgt B, und aus B folgt C,<br />

und wenn irgendwo in dieser Kette eine Unregelmäßigkeit erkennbar wird, müssen die einzelnen Glieder so<br />

lange neu sortiert werden, bis die Gesamtgleichung, in der selbst die Psychologie der Beteiligten berücksichtigt<br />

wird, widerspruchsfrei aufgeht. Die dem zugrunde liegende Botschaft ist unmissverständlich: Nur<br />

rational-mathematische Logik stiftet Ordnung in einer unübersichtlichen Welt und ermöglicht am Ende<br />

sogar wenigstens ausschnitthaft die Erkenntnis letztgültiger Wahrheit. Im England der 1920er Jahre war das<br />

eine Vision, die nur im Kriminalroman Gestalt annehmen konnte, und um sie zu veranschaulichen, bedurfte<br />

es eines französisch geschulten Ermittlers. Agatha Christie hat ihrem Detektiv deshalb Eigenschaften<br />

verliehen, die ihn in vieler Hinsicht als typischen Vertreter der französischen polytechnischen Tradition<br />

erscheinen lassen. Poirot ist eine auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zugeschnittene literarische Verkörperung<br />

einer Denktradition, die im 17. Jahrhundert entstand und alle Grundelemente der europäischen<br />

Aufklärung in sich trägt. Ihre wichtigsten Ziele liegen in der Zurückdrängung der Metaphysik und in einer<br />

vernunftgeleiteten Welterklärung, ihr wichtigstes Werkzeug ist die kohärente Erfassung, Klassifizierung und<br />

Systematisierung aller Phänomene, und ihre wichtigste Voraussetzung ist ein möglichst umfassendes und<br />

auf die Darstellung von Zusammenhängen gerichtetes Wissen.<br />

Eine der frühen Manifestationen dieser Haltung zur Welt ist die ab 1751 von Denis Diderot und Jean<br />

Baptiste Le Rond d’Alembert herausgegebene Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des<br />

arts et des métiers. Konsequenterweise präsentiert sie sich als ein Werk mit mehrfacher Zielsetzung:<br />

„Als Enzyklopädie soll es […] Aufbau und Zusammenhang der menschlichen Kenntnisse aufzeigen; als<br />

Methodisches Sachwörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe soll es […] die allgemeinen<br />

66


Prinzipien enthalten, auf denen diese beruhen, und darüber hinaus über die wichtigsten Einzelheiten<br />

berichten, die […] ihren Gehalt bestimmen.“ 3 Der interessierte Leser bekommt gezeigt, „was er einem<br />

Handwerker bei der Arbeit hätte absehen können“, der Handwerker erfährt, „was er Wissenswertes<br />

zur fortschreitenden Vervollkommnung beim Philosophen lernen könnte“ 4 , und zugleich sollte die<br />

Encyclopédie ein Speichermedium, „eine geheiligte Stätte werden, in der das Wissen der Menschen<br />

vor den Zeitläufen und Revolutionen gesichert wird“ 5 .<br />

Ihrem normativen Anspruch gemäß beruht die Encyclopédie auf einer strikt rationalen Wissensordnung,<br />

dargestellt in Form eines systême figuré des conoissances humaines, also einer grafischen<br />

Denis Diderot und Jean Baptiste<br />

d’Alembert, Encyclopédie<br />

(1751), System der Wissensordnung<br />

© encyclopedie.uchicago.edu<br />

(Wikimedia Commons)<br />

67


Ludwig Schwab<br />

————<br />

Landbaukunst<br />

————<br />

Für die Bauplanung und die entstehenden Bauordnungen zwischen der Mitte des 18. und dem Anfang<br />

des 19. Jahrhunderts spielten mit der Oekonomie und der Polizey zwei Motive der aufgeklärten Staatsraison<br />

eine entscheidende Rolle. Als Bindeglied fungierte hierbei die Landbaukunst, deren Begriff im<br />

deutschen Sprachraum durch Veröffentlichungen wie Johann Christian Friedrich Kefersteins Anleitung<br />

zur Landbaukunst 1 , David Gillys Handbuch der Land-Bau-Kunst 2 oder Friedrich Meinerts Schöne Landbaukunst<br />

3 Verbreitung erlangt hatte. Der Ausdruck Landbaukunst korrespondierte mit dem englischen<br />

rural architecture und dem französischen architecture rurale und war vermutlich diesen entlehnt. Ulrich<br />

Schütte beschreibt die Entstehung der Landbaukunst in seiner Schrift Ordnung und Verzierung als Gattungsunterteilung<br />

der bürgerlichen Baukunst. 4 In diesem Zeitraum fielen militärische, gesellschaftliche<br />

und wirtschaftliche Grenzen zwischen Stadt und Land, es kam zu einem regional starken Bevölkerungswachstum<br />

und in dessen Zuge zu einer beruflichen Diversifizierung der Landbevölkerung. 5 Aufgeklärte<br />

Landesherren erkannten das Entwicklungspotenzial und wollten das Land mit neuen Gesetzen und qualifizierten<br />

Landbeamten weiterentwickeln. Auch Intellektuelle beschäftigten sich mit dem Land: Claude-<br />

Nicolas Ledoux beispielsweise träumte Anthony Vidler zufolge von der Reform der Gesellschaft durch<br />

das Landleben. 6 Oder der französische Arzt François Quesnay, der anhand des Blutkreislaufs den Gedanken<br />

eines Wirtschaftskreislaufs entwickelte. In der Landwirtschaft sah Quesnay – neben der Rohstoffproduktion<br />

– die einzige Quelle von Mehrwert, um den staatlichen Reichtum zu steigern.<br />

Auch der Nachfrageboom nach landwirtschaftlichen Produkten nährte um 1800 die Beachtung des<br />

Landes. 7 Parallel zur Ausbildung der Territorialstaaten wurde eine Durchsetzung der Souveränität des<br />

Staates nach unten angestrebt – die Herrschaft auf dem Land sollte neu wahrgenommen werden, da ihre<br />

Autorität infolge gesellschaftlicher Umbrüche und Revolutionen sowie der Auflösung der Lehensordnung<br />

mit der Bauernbefreiung zunehmend infrage gestellt wurde.<br />

Mit dem Ziel der zivilen und militärischen Erschließung und Sicherung des Landes wurde an dessen<br />

Vermessung und Gestaltung gearbeitet. Hierfür bildeten Schulen Ideen und Fachkräfte aus. Nach dem<br />

Vorbild der französischen École des Ponts et Chaussée 8 wurde in den deutschen Ländern beispielsweise<br />

die Berliner Bauakademie von 1799 tätig. Bauherren und Bauaufgaben der Landbaukunst kamen sowohl<br />

aus dem herrschaftlichen Bereich als auch der baulichen Alltagskultur.<br />

Unter den herrschaftlichen Landbauanlagen dominierte in den deutschen Ländern noch bis zum letzten<br />

Viertel des 18. Jahrhunderts die neopalladianische Pavillonanlage mit zentralem Herrenhaus und<br />

präsentierte sich in der sogenannten pyramidal composition mit abgestuft dargestellten landwirtschaftlichen<br />

Funktionsgebäuden. Dieses Hofkonzept fand bis ins 19. Jahrhundert Anwendung, wobei jüngere<br />

Anlagenplanungen zum Teil Funktionsbauten in den Mittelpunkt rückten – beispielsweise Gestüte wie<br />

Friedrich Weinbrenners Hof Ritterheck (1803) und das Königlich-Württembergische Hofgestüt Weil bei<br />

Esslingen (1818/1819) von Giovanni Salucci. Ab den 1770er Jahren tendierten die Hofplanungen dann zu<br />

einer großförmigeren Gestaltung. Die vom Mainzer Kurfürsten Friedrich Carl Joseph von Erthal rund um<br />

den Park Schönbusch bei Aschaffenburg errichteten Hofanlagen waren zunächst von englischen Vorbil-<br />

84


dern inspiriert. Als der für die Umsetzung verantwortliche Wilhelm Friedrich Graf von Sickingen durch den<br />

vermutlich an der École des Ponts et Chaussée ausgebildeten Emanuel Joseph von Herigoyen abgelöst<br />

worden war, wurden dann aber Höfe geplant und gebaut, die das Thema der Großform aufgriffen. Eine<br />

frühe Planung Herigoyens beispielsweise zeigt die Hofanlage nur durch einen flachen Flügel abgeschlossen<br />

und noch mit ausgreifenden Flügeln. Die Planung des Hofs an der Straße nach Stockstadt zeigt den<br />

additiv-ungelenken Versuch, eine palladianisch geprägte Anlage mittels Scheunenbauten abzuschließen.<br />

Erst mit der jüngsten Planung des Nilkheimer Hofs 9 gelang Herigoyen dann die Ausbildung einer Großform<br />

– wenngleich nur im Grundriss und nicht bauplastisch durchgeformt. Kurz vor 1800 entstanden<br />

dann Planungen großförmiger geometrischer Hofanlagen wie die Ferme Parée de la Roche Bernard von<br />

Claude-Nicolas Ledoux. 10 Ihnen folgten vergleichbare Planungen in den deutschen Ländern. Darunter<br />

fanden sich nicht nur rechteckige Formate, sondern auch große polygonale Höfe wie der Bethmannsche<br />

Riedhof bei Frankfurt am Main. 11 Funktional begründeten sich die geometrischen Großformen mit der<br />

Kurzwegigkeit und schützenden Abgeschlossenheit der Anlagen. Sie erklärten sich aber auch plastischkonzeptionell:<br />

So wurde Herrschaft bildlich nicht mehr als Pyramide – analog zur Lehenspyramide –,<br />

sondern als Einheit und Großform dargestellt. Die Großformen wiesen häufig eine wehrhafte Fassadengestaltung<br />

mit plastischer Hervorhebung von Steinquadern und Windlöchern auf, die wie Schießscharten<br />

wirkten. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu einem Rückgang konzeptionell zusammenhängend<br />

gestalteter Hofanlagen, der herrschaftliche Landsitz wurde zunehmend von der landwirtschaftlichen Produktion<br />

getrennt. Gleichwohl fanden konzeptionell zusammenhängende neopalladianische Hofanlagen<br />

als Konzept für herrschaftliche Landsitze bis dahin weiter Anwendung, insbesondere nach der Niederlage<br />

der Franzosen 1813 – so auch bei den Höfen Bredenbeck (1822), Walshausen (1829) und dem<br />

Widdergut Vier Eichen (1844) von Georg Ludwig Friedrich Laves.<br />

Die herrschaftlichen Hofanlagen waren aber nicht nur Landmarken oder Symbole. Sie galten auch als<br />

Motoren einer agrarischen Landesentwicklung. Ausgangspunkt der großen Hofanlagen war unter anderem<br />

der Erfolg der verbesserten Dreifelderwirtschaft, die die Brache zum Anbau von Futtermittel nutzte<br />

und damit eine Stallviehhaltung ermöglichte. Sie brachte eine grundlegende Veränderung der Konzeption<br />

landwirtschaftlicher Hofanlagen mit sich. Die Stallungen wurden immer größer und gleichzeitig mit<br />

einer Bevorratung von Futtermitteln und Stroh ausgestattet. Auch wurde mit der Nitratanreicherung des<br />

Bodens durch Rotklee die natürliche Düngung während der Brache eingeführt. Sogenannte Musterhöfe<br />

setzten seit Mitte des 18. Jahrhunderts auf eine Vielfalt pflanzlicher und tierischer Produktion – sie<br />

glaubten, darüber eine qualitative Verbesserung der Produkte und der Landschaft zu erreichen. 12 In der<br />

ó Entwurf Hofanlage am Park<br />

Schönbusch bei Aschaffenburg.<br />

Emanuel Joseph von Herigoyen,<br />

ca. 1780<br />

© Hofbibliothek Aschaffenburg/<br />

Schönbuschplan Delin Ib, 49<br />

ñ Bethmannscher Riedhof,<br />

1803–07. Grundriss EG<br />

© Institut für Stadtgeschichte<br />

(Frankfurt am Main),<br />

Bethmann archiv, W1-9/VI C<br />

Planmappe Riedhof, Nr. 4<br />

85


102


studierte. Äußerlich am nächsten kommt Laves seinem Berliner Kollegen in der Ausführung des Hoftheaters<br />

für Hannover. 6 Im Vorfeld der Planungen zeichnete er das Berliner Schauspielhaus Schinkels, um<br />

sich dessen Entwurf zu vergegenwärtigen. 7<br />

Es ist aber nicht das Theater, sondern das Palmenhaus, das hier im Folgenden im Fokus stehen<br />

soll. Die beiden erhaltenen Entwurfsvarianten des Glashauses haben die prägende Idee der Durchdringung<br />

von Kreis und Rechteck gemeinsam. Wie für ein Palmenhaus zu erwarten, sind an den<br />

West-, Süd- und Ostfassaden zwischen den Mauerwerkspfeilern große jeweils untergliederte Glasflächen.<br />

„Die Fundamentarbeiten werden noch im gleichen Jahr begonnen, 1847 ist der Bau soweit<br />

fortgeschritten, daß aus London Pläne und eine Beschreibung des neuen Palmenhauses in Kew angemahnt<br />

werden, von denen man sich wichtige Hinweise für den Hannoverschen Neubau, namentlich<br />

für die Heizungsanlage verspricht.“ 8<br />

Der Kontakt nach England diente in erster Linie der Gebäudetechnik in Bezug auf die Bedürfnisse<br />

der Pflanzen. Das Palmenhaus ist ein Funktionsgebäude, und über diese Funktion wurde es auch<br />

bisher in der Geschichte der Glashäuser eingeordnet. Innerhalb dieser nimmt das Palmenhaus eine<br />

Schwellenstellung ein, da es noch deutlich einer architektonischen Gliederung folgt. „Das Palmenhaus<br />

in Kew gilt als eine der fortschrittlichsten konstruktiven und zugleich funktionalen Lösungen des<br />

modernen Glashausbaus der Zeit, das Herrenhäuser Palmenhaus ist in seiner Auffassung demgegenüber<br />

ausgesprochen konventionell angelegt, vermeidet peinlich jede Integration von Ingenieurwesen<br />

und Architektur und beschwört in seinem Traditionalismus noch ein (letztes) Mal die Bindung an die<br />

architektonische Lösung des Typus Orangerie.“ 9<br />

Diese häufig vorgetragene Darstellung entspricht insofern einer Gewinnergeschichte, als das Palmenhaus<br />

in Kew Gardens, das nach 1848 von Decimus Burton unter Mitwirkung des Eisengießers Richard<br />

Turner errichtet wurde und noch heute als eine Ikone der Eisen- und Glasarchitektur gilt, zum Zielpunkt<br />

der allgemeinen Entwicklung innerhalb der Gewächshäuser wird. Mit seinen gigantischen Ausmaßen von<br />

110 Metern Länge, 30 Metern Breite und 20 Metern Höhe und seiner zeltartigen Erscheinungsform löst<br />

es die konventionelle architektonische Gliederung vollständig ab. Die Gestaltung wurde durch die Funktion<br />

geprägt, und in dieser Sichtweise konnten gerade Glashäuser schon sehr früh moderner erscheinen<br />

als andere Bauaufgaben, die stärker von Konventionen geleitet waren.<br />

An dieser Schwelle zwischen Hochkunst und angewandter Kunst liegt die Grundsteinlegung des Palmenhauses<br />

im Berggarten in Hannover exakt auf dem Punkt des Zeitstrahls, an dem Funktionsbauten<br />

Ikonen der Architekturgeschichte werden. Blickt man aus dieser Perspektive auf die Architekturgeschichte,<br />

erscheint Laves als Traditionalist, doch könnte sich in der Rezeption von formalen Details aus<br />

der Kunst Schinkels durch Laves ein moderner Aspekt offenbaren.<br />

Gegenüberliegende Seite<br />

ò Georg Ludwig Friedrich<br />

Laves: Vordere Ansicht des<br />

Entwurfes eines zu Herrnhausen<br />

im Königlichen Berggarten<br />

zu erbauenden Palmenhauses,<br />

Federzeichnung, 1846, aquarelliert<br />

auf Karton, bezeichnet<br />

unten rechts „Laves“ (46,6 x<br />

60 cm)<br />

© StadtAH, LN 405 Palmenhaus<br />

(1.1. Herrenhausen,<br />

Palmenhaus, Projekt 1)<br />

ô Georg Theodor Schirrmacher<br />

(1833–1864) nach Karl<br />

Friedrich Schinkel: Neue Wache,<br />

1854, Tusche, aquarelliert<br />

auf Karton (76,8 x 59,6 cm)<br />

© Architekturmuseum TU<br />

Berlin, Inv. Nr. 15441<br />

ö Georg Ludwig Friedrich<br />

Laves: Schauspielhaus, Berlin,<br />

nach Karl Friedrich Schinkel,<br />

nach 1821, Bleistift<br />

© StadtAH, LN 2684 (1.3.<br />

Verschiedenes, Theaterstudien,<br />

Nachzeichnungen)<br />

Große Glasflächen<br />

Beim Gedanken an große Glasflächen in der Gartenarchitektur liefern Orangerien bzw. Glas- oder Palmenhäuser<br />

durch ihre Anforderungen als Wintergärten zweifellos die ergiebigste Anzahl an Beispielen.<br />

Orientierte sich Laves auch für diese Bauaufgabe, wie beim bereits erwähnten Theater, ebenfalls an<br />

Berlin, so könnte für das Palmenhaus Schinkels nicht mehr erhaltener Bau auf der Pfaueninsel als Vorbild<br />

infrage kommen. 10 Aber noch ein zweites Beispiel könnte von Bedeutung gewesen sein: Unter dem Einfluss<br />

Schinkels legte Ludwig Persius für Groß Glienicke einen wuchtig geschossenen Bau vor, 11 der dann<br />

1839 in einer geänderten Form von dem Schinkelschüler ausgeführt wurde. 12 Dieser Entwurf zeigt einen<br />

zentralen Mittelrisalit, der drei gleichgroße Türöffnungen aufweist und giebelartig bekrönt ist. Zu beiden<br />

Seiten wird das Gewächshaus von kleineren massiven Eckgebäuden flankiert, zwischen denen sich ein<br />

Gitter aus acht mal drei Feldern spannt, die jeweils drei mal drei Scheiben umschließen. Dieses Gebäude<br />

trägt den Charakter einer soliden Symmetrie. Blieben Glashäuser zu dieser Zeit noch stärker dem Funktionsbau<br />

verhaftet, so ist die Beziehung des Palmenhauses zum Schloss in Glienicke etwas Besonderes:<br />

103


ab 1938 als ein von 16 Bunkern umgebener, mit einem Militärflughafen ausgestatteter Höhepunkt des<br />

„Westwalls“ zu erscheinen.<br />

Das zweite Hauptmotiv der NS-Ideologie, die Forderung nach Opfer und Todesbereitschaft, war in<br />

Vogelsang mittels der sogenannten „Kunst am Bau“ allgegenwärtig. Sie gipfelte in der Ausgestaltung<br />

des Hauptversammlungsraums im Palas. Der Saal, alltags als Schulungsraum genutzt, wandelte sich bei<br />

Bedarf zur pathetischen Ehren- und Festhalle. Deshalb beauftragte man 1936 den Kirchenmaler Peter<br />

Hecker mit Entwürfen für zwei großformatige Gobelins. Ihr Thema: „Siegfrieds Tod“ und „Der Kampf in<br />

Etzels Saal“ – zwei Schlüsselszenen heroischen Sterbens, die seit Fritz Langs beiden Nibelungen-Filmen<br />

(die 1933 eine erfolgreiche Wiederaufführung erlebt hatten) jedem Deutschen als Inbegriff heldischen<br />

Lebens und Sterbens vor Augen standen.<br />

Die Forderung zu Nibelungentreue gipfelte in der stirnseitigen Kultnische des Saals, in der die hölzerne<br />

Kolossalstatue eines nackten „Deutschen Mannes“ als stummer Protagonist des wichtigsten<br />

Totenrituals des NS-Regimes fungierte: Das Standpodest der Figur trug die Aufschrift „Hier“. Genau das<br />

antworteten, stellvertretend für die Toten, jährlich am 9. November Bataillonsführer während der nächtlichen<br />

Gedenkfeiern, die an den Sarkophagen in den „Ehrentempeln“ der „Blutzeugen der Bewegung“ auf<br />

dem Münchner Königsplatz zelebriert wurden. Folgerichtig standen in Vogelsang auf der Rückwand der<br />

Nische die Namen der 16 Mitverschwörer Hitlers und Ludendorffs zu lesen, die beim „Marsch auf die<br />

Münchner Feldherrnhalle“ 1923 erschossen worden waren. Ergänzend waren in der Bogenlaibung Horst<br />

Wessel und Leo Schlageter verewigt.<br />

Die Besatzungen der Ordensburgen als Stellvertreter der „Gefallenen der Bewegung“, sozusagen als<br />

Lebende auf Abruf. Auch Sonthofen impfte seinen Mannschaften diese Botschaft diskret, aber nachhaltig<br />

ein: Am 23. Oktober 1937, zur Einweihung des zweiten Bauabschnitts der von Hermann Giesler<br />

entworfenen Anlage, erklang erstmals das Glockenspiel der Ordensburg. Kurz zuvor waren dessen 16<br />

Bronzeglocken eingetroffen, eine jede verziert mit Hoheitszeichen der NSDAP und dem Namen eines der<br />

„16 Blutzeugen“ samt Geburts- und Sterbedatum. Das erste Lied, das fortan jeden Morgen gespielt werden<br />

sollte, war die 1931 entstandene NS-Hymne „Siehst du im Osten das Morgenrot?“, deren furchtbare<br />

Schlusszeilen „für Hitler, für Freiheit, für Arbeit und Brot. Deutschland, erwache Juda den Tod“ 11 jeder<br />

„Volksgenosse“ im Ohr hatte.<br />

Auch in Krössinsee war der Münchner Totenkult ein Leitmotiv der Kunst am Bau: Die Ehrenhalle der<br />

Burg nämlich, platziert auf einem dramatischen hohen Stufensockel, ließ Giesler als eine Art germanisches,<br />

rundum offenes Parthenon aufführen. 14 stämmige, aus Findlingen gemauerte Säulen an einer<br />

und 16 an der anderen Langseite sowie je eine Säule an den Stirnseiten trugen ein reetgedecktes Satteldach<br />

auf einer derben hölzernen Attika. In der ringsum gepflasterten Halle wurde ein zwei Meter hoher,<br />

steinerner Reichsadler mit Hakenkreuz aufgestellt. Sein Standort war nahe an die 16 Säulen der einen<br />

Längswand gerückt, Diese trugen in halber Höhe Fackelhalter, in die die Namen der 16 „Blutzeugen“<br />

graviert waren.<br />

Wie über so unter der Erde – NS-Architektur als Todesglanz<br />

„Der deutsche Faschismus war praktisch und mental ein Tötungsritual.“ 12 So kategorisch und treffend<br />

wie 1982 der Literaturhistoriker Karl Heinz Bohrer haben wenige den Wesenskern der NS-Diktatur auf<br />

den Begriff gebracht. Dank seiner „Ästhetik des Schreckens“ 13 war Bohrer auch einer der Ersten, die<br />

Verbindungen zogen zwischen der Politik, der Psyche und der Kunst des NS Regimes, zwischen dessen<br />

bewussten Tötungsplänen und dessen unterbewusstem Todestrieb. Beides sprach wiederum der<br />

eingangs erwähnte Kunst- und Architekturhistoriker Hubert Schrade schon 1937 unumwunden aus:<br />

„Es offenbart einen Wesenszug des Nationalsozialismus, dass er, zur Macht gekommen, sofort daran<br />

ging, das Gedächtnis auch seiner Toten zur mahnend gestaltenden Wirklichkeit im Leben des Volkes zu<br />

machen.“ 14 Mit diesem Satz beginnt Schrade eine Lobeshymne auf die sogenannten „Ehrentempel der<br />

118


Gefallenen der Bewegung“. Entworfen von Paul Troost, Hitlers architektonischem Mentor und Leibarchitekten,<br />

waren sie 1934 auf dem Münchner Königsplatz errichtet worden.<br />

Diesen Fanatikern, die mit der pathetischen Benennung „Blutzeugen“ und alljährlichen öffentlichen<br />

Totenkulten zu modernen Märtyrern verklärt wurden, hatte auch die erste Bauaktivität des Regimes<br />

überhaupt gegolten. Wenige Tage nach seinem Amtsantritt im Januar 1933 ließ Hitler unter den Bögen<br />

der Münchner Feldherrnhalle eine Gedenkplatte aus Granit aufrichten. Das martialische Gebilde war<br />

eher Architektur denn Epitaph: <strong>Von</strong> Troost und dem Bildhauer Kurt Schmid-Ehmen entworfen, bestand<br />

es aus vier pyramidenartig gestapelten Granitplatten, auf denen drei längsrechteckige Kuben den senkrecht<br />

aufgerichteten, ebenfalls als Platte geformten und beschrifteten Gedenkstein trugen. Ihn krönte<br />

ein weiterer Kubus, der seinerseits einen bronzenen Eichenlaubkranz trug, der ein Hakenkreuz umgab,<br />

über dem sich wiederum ein Bronzeadler mit halb geöffneten Schwingen im Laub festzukrallen schien.<br />

Das im Vergleich zu den späteren architektonischen Megalomanien des NS-Regimes geradezu lächerlich<br />

kleine Gebilde ist dennoch der Prototyp des Bauens im „Dritten Reich“. Denn in ihm sind dessen<br />

Grundmotive und -formen – steinerne, starr symmetrische und betont feierliche Rampen, Podeste, Freitreppen<br />

und Kuben – beispielhaft vorgebildet. Vor allem aber erweist sich das Mal mit seiner Bestimmung<br />

als Manifestation und Stätte eines Totenkults, der mitten im zentralen städtischen Leben installiert<br />

wurde, als Schlüsselwerk der unterschwelligen Todessucht des Regimes, die sich im Bauen des „Dritten<br />

Reichs“ vergegenständlichte.<br />

In diesem Sinne buchstäblich „Worte in Stein“, signalisierten die NS-Repräsentationsbauten über<br />

ihre jeweilige individuelle Bestimmung hinaus Nekrophilie. In ihnen gewann suggestive Gestalt, was die<br />

Gedenktafel der Feldherrnhalle behauptete, auf der zu lesen stand, die Putschisten von 1923 seien „in<br />

treuem Glauben an die Wiederauferstehung ihres Volkes gefallen“, und was Hitler von allen Deutschen<br />

forderte, wenn er erklärte, die „deutsche Jugend soll mir in den schwierigsten Proben die Todesfurcht<br />

besiegen lernen.“ 15<br />

So wie die Machthaber eine todesmutige, mit anderen Worten sterbefreudige Jugend forderten, umgaben<br />

sie die Unterdrückten mit ausdrucksstarken, sozusagen sterbefreudigen Architekturen, deren Stil<br />

sie als „Heldisches Bauen“ charakterisierten, das seine Wurzeln im Bauen des antiken Griechenland<br />

der todesmutigen Marathon Kämpfer habe und nun von gesinnungstreuen Architekten der neuen Zeit<br />

angepasst werde. Tatsächlich erweisen sich zentrale Bauwerke des Regimes als perfekte Synthesen aus<br />

damals allgemein bekannten antiken und populären zeitgenössischen Architekturmotiven: Die Münchner<br />

„Ehrentempel“ beispielsweise mischten Formen griechisch und römisch antiker Ehrenmale mit denen<br />

des (seinerseits neoantik grundierten) Kantgrabmals am Königsberger Dom, das der Architekt Friedrich<br />

Lahrs 1924, finanziert von dem Großindustriellen und „Inflationskönig“ Hugo Stinnes, als halbiertes Pfeilerquadrat<br />

aus grauem Granit und rotem Porphyr geschaffen hatte.<br />

Erfunden haben die Diktatoren und ihre willfährigen Architekten dieses „Heldische Bauen“ nicht. Sie<br />

vereinten und vereindeutigten lediglich längst vorhandene Stiltendenzen, die, beginnend im Monumentalismus<br />

der Jahrhundertwende, sich ausbreitend während der 1920er Jahre, auf antike Sakral- und Sepulkralarchitektur<br />

zurückgriffen: Was als Götterdämmerungsstimmung der Eliten in herrischen Großbauten<br />

wie der Petersburger Deutschen Botschaft von Peter Behrens oder dem Berliner Pergamonmuseum von<br />

Alfred Messel und Ludwig Hoffmann begonnen und im steinernen Pathos der Ehrenfriedhöfe und Gefallenenmale<br />

des Ersten Weltkriegs fortgesetzt worden war, kulminierte in den knapp 15 Bestandsjahren<br />

der Weimarer Republik.<br />

Trotz aller politischen und sozialen Fortschritte empfand das Gros der Deutschen seine neue Verfasstheit<br />

als eine von der Kriegsniederlage bedingte Demütigung und Strafe, gipfelnd in dem unerträglichen<br />

Gedanken, dass Millionen junger deutscher Männer umsonst gestorben sein sollten. So wuchs<br />

ein Dickicht der Sehnsüchte, Traumata und Neurosen, das auch die Architektur einschloss: Der Streit,<br />

wie die Gedenkstätten für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs gestaltet werden sollten, bewegte die<br />

119


Michael Mönninger<br />

————<br />

Schauwert und Gefühlswert.<br />

Über die gewandelten Ansprüche<br />

an architektonische Rekonstruktionen<br />

————<br />

Die gängige Kritik an heutigen Rekonstruktionen wie die von Schloss Herrenhausen lautet, dass es sich<br />

um Häuser ohne Schatten und ohne Verfallsdatum handle. Solche Repliken ohne Originalsubstanz seien<br />

nur Ausdruck des technischen Positivismus von Fotogrammetrien und Bauakten. Aufgrund der völligen<br />

Freiheit vom Materiellen würden sämtliche Unregelmäßigkeiten und Schleifspuren des Gebrauchens fehlen;<br />

die Zufälle des Wachsens und der Überlagerung älterer Zustände seien ausradiert. Herrenhausen<br />

sei ein modernes Haus im historischen Mantel, geschlagen von ereignisloser Stummheit, kurz: ein Haus<br />

ohne Alterswert, in dem die Steine nicht reden.<br />

Aber Steine reden nicht, und auch die Originalsubstanz lebt nicht – das tun die Menschen. Aus dieser<br />

Perspektive, die nicht nur den Objekten, sondern vor allem den Subjekten der Architektur gilt, also ihren<br />

Urhebern und Rezipienten, möchten die folgenden Ausführungen die gegenwärtige Situation des nachmodernen<br />

Bauens unter besonderer Beachtung von Rekonstruktionen beleuchten.<br />

Eine der bemerkenswertesten Kontroversen um die Rekonstruktion zerstörter Gebäude in Deutschland<br />

entbrannte nach der Wiedervereinigung 1989 um das zerstörte Berliner Stadtschloss. Auf dem<br />

langen Weg zum Bundestagsbeschluss 2002, das 1950 gesprengte Schloss originalgetreu wiederaufzubauen,<br />

gab es einen Zwischenfall, der kaum über Berlin hinaus bekannt wurde, aber dennoch alle<br />

Energien und Erzählmuster in Streitfragen der baulichen Rekonstruktion bündelte.<br />

Im Herbst 1996 hatten der Kunsthistoriker Tilmann Buddensieg und der Architekt Axel Schultes<br />

einen angeblich verschollenen Entwurf des preußischen Generalbaumeisters Karl Friedrich Schinkel wiederentdeckt.<br />

Unter der Schlagzeile „Schinkels Traum“ präsentierten sie im Berliner Tagesspiegel das<br />

unbekannte Meisterwerk, das den Kampf zwischen Schlossfreunden und den damaligen Anhängern des<br />

Palastes der Republik auf einer höheren Ebene schlichten sollte. 1<br />

Das Fundstück war ein kleines Gipsmodell Schinkels, das nach Angaben von Buddensieg und Schultes<br />

von den Sowjets 1945 als Beutekunst nach Moskau verschleppt und nach dem Mauerfall auf diplomatischen<br />

Umwegen nach Berlin zurückgegeben worden war. Schinkels Entwurf zeigte die Berliner „Île de<br />

la Cité“ radikal umgekrempelt: Aus der dunklen Masse des Schlosses war der Freiraum eines majestätischen<br />

„Platzes der Verfassung“ geworden, gerahmt von den umlaufenden Platzwänden einer neuen<br />

„Akademie“ und eines „Landtages“.<br />

Tilmann Buddensieg erklärte in seiner Beschreibung des Sensationsfunds die stadträumliche Neuordnung<br />

sogar zur politischen Tat: „Dieser Entwurf zwingt uns, Schinkels Nachdenken über eine Residenz des<br />

Königs in der Mitte Berlins im Spannungsfeld einer beharrenden Monarchie und eines fortschrittlichen<br />

Verfassungsstaates zu überprüfen.“ Die Analogie zu den deutschen Hauptstadtängsten der Jahre nach<br />

1990 war überdeutlich. Plötzlich hatte die Autorität der Baugeschichte über die Aktualität der Schloss-<br />

124


ñ Der Tagesspiegel<br />

(08.09.1996)<br />

© Schultes Frank Architekten,<br />

Berlin<br />

ò Schinkel-Modell<br />

© Schultes Frank Architekten,<br />

Berlin<br />

125


Adrian von Buttlar<br />

————<br />

<strong>Von</strong> Herrenchiemsee nach Herrenhausen:<br />

Über „falsche“ Schlösser<br />

und „kritische“ Rekonstruktionen<br />

————<br />

Um den Neubau des Herrenhäuser Laves-Schlosses angemessen würdigen zu können, reicht es nicht,<br />

der weit verbreiteten Freude darüber Ausdruck zu verleihen, dass es als Fokus des berühmten Großen<br />

Gartens zu Hannover seit 2013 wieder erlebbar ist und diesen gleichsam als Bild vervollständigt. Das<br />

war zweifellos seitens der Akteure ein zentraler Grund für die Entscheidung zugunsten der getreuen<br />

Rekonstruktion des 1943 zerstörten Sommerschlosses der Welfen, das seinerseits bereits eine klassizistische<br />

Überformung des nüchternen Vorgängerbaus aus dem frühen 18. Jahrhundert darstellte. Insofern<br />

obsiegte nach einer langen Unterbrechung, während derer moderne Alternativen zur Fortschreibung<br />

des prominenten Gesamtensembles präsentiert, diskutiert und verworfen wurden, am Ende eine annähernde<br />

formale Kontinuität. 1<br />

Freilich ist Neuherrenhausen, wie einige Schlösser, die nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges<br />

in jüngster Zeit rekonstruiert wurden, ein „falsches“ Schloss. Damit meine ich nicht den denkmalpflegerisch<br />

verantworteten Wiederaufbau einer beschädigten Hülle, der sich als extensive Reparatur<br />

definiert und als Museum seiner selbst an die bereits musealen Vorkriegsnutzungen anknüpft. Noch<br />

meine ich einen modernen Ersatz-, Ergänzungs- oder Ausbau mit neuem Inhalt, der als „kritische“ Rekonstruktion<br />

einen fragmentierten Altbau erkennbar fortschreibt. Über beide Wege kann man sich im Rahmen<br />

denkmaltheoretischer Debatten trefflich streiten, doch wird im ersten Falle hartnäckig Kontinuität<br />

behauptet, im letzteren Divergenz programmatisch vorgezeigt – jeweils ohne Täuschungseffekt.<br />

„Falsche“ Schlösser sind vielmehr vollständige Neubauten, deren neue Funktionen und Existenzgründe<br />

gezielt einen historischen Schlosskörper bzw. sein getreues Abbild für andere Zwecke usurpieren. Es mag<br />

– wie im Falle des Warschauer Schlosses, dem Referenzfall aller jüngeren Rekonstruktionen – gute moralische<br />

Gründe dafür geben: nämlich den, ein zentrales Monument der polnischen Geschichte nach der<br />

brutalen Zerstörung als Symbol nationaler Kontinuität und Identität wieder aufzubauen. Doch bei aller<br />

Genauig keit der materiellen Simulation des Äußeren und Inneren entstand aus der Divergenz zwischen<br />

dem verlorenen Monument und der Motivation seines Nachbaus auch in Warschau eine „Tragik denkmalpflegerischer<br />

Fälschung“, wie der für den Wiederaufbau verantwortliche polnische Generalkonservator<br />

Jan Zachwatowicz 1946 einräumte. 2<br />

Eine Fälschung liegt vor, definierte Umberto Eco 1990, „wenn ein Gegenstand in der Absicht hergestellt<br />

– oder nach der Herstellung verwendet oder zur Schau gestellt – wird, jemanden glauben zu<br />

machen, er sei identisch mit einem Unikat…“. Dabei komme es nicht einmal auf die Fälschungsabsicht<br />

des Autors oder seiner Interpreten an, die subjektiv durchaus von der Identität des Urbildes und des<br />

Abbildes überzeugt sein könnten. Vielmehr sei objektiv unwiderlegbar, dass in solchen Fällen eine falsche<br />

Identifikation vorgenommen werde. 3 Nachdem man am Anfang der Debatten tatsächlich verlorene<br />

138


ò Vogelschauplan des Großen<br />

Gartens in Hannover Herrenhausen.<br />

Stich von Joost van<br />

Sasse (um 1725)<br />

© http://de.wikipedia.org/<br />

wiki/Gro%C3%9Fer_Garten_<br />

(Hannover)#mediaviewer/<br />

File:M%C3%BCller%2BSasse_<br />

HhsenGroGar_Prosp_1725.jpg<br />

(Wikimedia Commons)<br />

ö Luftbild Herrenhausen 2013<br />

© www.webbaviation.de /<br />

Jonathan Webb<br />

139


von ganz rechts bis ganz links, von oben bis unten.“ 11 Seine couragierte, ebenso anschaulich belegte<br />

wie durchdachte Philippika erscheint in Deutsche Kunst und Denkmalpflege. Im selben Heft geht es<br />

immerhin um „Hannovers Ballhof. Umnutzung mit Tradition“ und „Die Umgestaltung des Opernhauses<br />

in Hannover“. Im barocken Theaterbau wird entgegen ersten Annahmen und Augenschein „gediegene<br />

Zimmermannsarbeit“ aus dem 17. Jahrhundert für erhaltenswert erachtet. Über das von Laves erbaute<br />

Opernhaus schreibt Cord Meckseper: „Daß man sich im Innern zu einer modernen Formensprache<br />

entschloß, wurde […] auch mit der Ehrfurcht vor der Unwiederholbarkeit der Formenwelt Laves’ begründet.<br />

Programmatisch wurde dagegen die neue Gestalt des Zuschauerraumes formuliert. Man wollte<br />

eindeutig und bewußt vom Typus eines standesmäßig höfisch orientierten Logen- und Rangaufbaus<br />

abkehren.“ 12 Soviel zu Bautechnik, Materialien, Grundrissen usw. Alles bedenkenswerte und diskussionsbedürftige<br />

Themen. <strong>Von</strong> der Fassade ist selten die Rede.<br />

Bentmann übrigens führt als Muster- und Gegenbeispiel die Rückgewinnung des Prinzipalmarktes im<br />

kriegszerstörten Münster an: „Hier wurde nicht unter den trügerischen Zeichen einer Authentizität, die<br />

ohnehin nicht wiederzugewinnen war, sklavisch kopiert, sondern mit dem gestalterischen Kanon des Untergegangenen<br />

frei und schöpferisch neugestaltet, in der Art, wie die Malerei schöpferischer Epochen sich<br />

mit dem Vorgefundenen kanonischen Material auseinandersetzte, ein Rubens zum Beispiel mit Tizian, das<br />

französische 18. Jahrhundert mit Veronese.“ 13<br />

Der Architekt als autonomer Künstler also, kann er – ohne allzu viel Rücksicht auf Technik, Kunsthistorie<br />

oder Wissenschaft – die Geschichte zurückbringen, reaktivieren?<br />

Andreas Denk: Nimmt man Leon Battista Albertis Entwurfsfolge als Grundlage, die von der Topografie<br />

ausgeht, über den Grundriss, die Wand, bis hin zu Öffnungen und Dachform alles einbezieht, also eine<br />

ganzheitliche Betrachtung des Gebäudes zum Zentrum des architektonischen Entwurfs macht – dann<br />

dürfte sich Laves, dem solche Entwurfstheorien bekannt gewesen sind, nicht besonders gut gefühlt<br />

haben, als er vor barocke Fachwerkkonstruktion Herrenhausens eine klassizistische Fassade setzen<br />

musste. Er hätte vermutlich viel lieber etwas grundlegend Neues gebaut, was dem integralen Architekturverständnis<br />

seiner Zeit mehr entsprochen hätte.<br />

Deswegen ist es schade, dass die VolkswagenStiftung, die für Wissenschaft und Forschung einsteht,<br />

an dieser Stelle den Begriff der Architektur zu einseitig gefasst hat: Architektonische Forschung hätte an<br />

dieser Stelle bedeuten können, dass man einem Architekturbüro die Chance gegeben hätte, im Entwurf<br />

zu erforschen, welche zeitgenössische Architektursprache sich eignet, mindestens ein Pendant zu Laves’<br />

Schöpfung zu sein. Das wäre architektonische Forschung, wie wir sie verstehen müssten und wie sie bei<br />

diesem der Forschung im weitesten Sinne gewidmeten Gebäude angemessen gewesen wäre.<br />

Dass es bei einem solchen hybriden Gebäude wie hier technische und energetische Momente gibt,<br />

die – finanziell aufwendig – erforscht werden, ist schön und gut. Aber die eigentliche Forschung der<br />

160


Architektur besteht in der Arbeit am Typus, an der Form, die Architektur annehmen kann, und welche<br />

Aussagekraft sie für unsere Gesellschaft haben. Insofern möchte ich dafür plädieren, einer architektonischen<br />

Haltung Platz zu schaffen, die experimentell sein darf, ohne ins Beliebige auszustrahlen. Und<br />

deshalb ist die Rekonstruktion von Herrenhausen eine vertane Chance.<br />

Sven Kotulla: Über 60 Jahre haben Architekten doch versucht, diesen Ort zu besetzen. Es war vielleicht<br />

nicht der richtige Entwurf dabei, zumindest hat er nicht die Akzeptanz der Öffentlichkeit gefunden.<br />

Arne Jacobsen hat auf die „Leerstelle“ dann nicht mehr mit einem Baukörper, sondern mit einer<br />

Skulptur geantwortet. Aus meiner Sicht wäre auch das eine mögliche Lösung. Aber moderne Ansätze,<br />

moderne Bauten sind eben immer Versuche, die ihre Stärke erst nach der Vollendung beweisen. Das<br />

erfordert einiges Vertrauen darauf, dass moderne Architektur diese Aufgaben lösen kann. Und dieses<br />

Vertrauen scheint nicht vorhanden zu sein. Das historische Gebäude hat es in der Öffentlichkeit<br />

natürlich einfacher, weil die Bilder in der Bevölkerung noch präsent sind, weil jeder weiß, auf was er<br />

sich einlässt.<br />

Andreas Denk: Die Bilder sind nicht a priori vorhanden, sie werden erzeugt. Und es ist schon sehr<br />

bedenklich, wenn sich die Diskussion über Architektur, eines unserer wichtigsten Kulturgüter, auf Bilder<br />

reduziert. Wer hat denn das Herrenhäuser Schloss in seiner ursprünglichen Form tatsächlich noch<br />

gesehen, vor seiner Zerstörung? Ich vermute: kaum jemand. Ein gutes Beispiel für diese oberflächliche<br />

Betrachtungsweise ist die Berliner Schlossdebatte: Allein die Nennung des Namens Schinkel reicht schon<br />

aus, um einen hohen Prozentsatz der überhaupt an Architektur und Stadt interessierten Bevölkerung in<br />

die Knie zu zwingen und von der Notwendigkeit einer Rekonstruktion des Schlosses zu überzeugen. Das<br />

Berliner Schloss ist schließlich keine sakrosankte Meisterleistung gewesen, sondern ein collagiertes<br />

Werk mehrerer Architekten verschiedener Zeiten. Mit dem Rekonstruktionsbeschluss ist auch in Berlin<br />

an einer ganz entscheidenden Stelle der Bundesrepublik die Chance vertan worden, auszuprobieren,<br />

welche Form von Architektur und welcher Zweck eine funktionale Neuerung hätte sein können. Stattdessen<br />

müssen Bauherren und Architekten jetzt mühsam darum kämpfen, das dort entstehende Humboldt-<br />

Forum mit irgendeiner Funktion zu füllen – und müssen darüber hinaus mit diesen alten, durchaus nicht<br />

immer großartigen architektonischen Formen zurechtkommen.<br />

161


Zusammengestellt, chronologisch geordnet und kommentiert von Sid Auffarth<br />

————<br />

Georg Ludwig Friedrich Laves –<br />

eine Auswahl seiner Bauten 1817–1852<br />

————<br />

1817<br />

ließ die Kammerfrau Charlotte Beckendorf neben dem Jägerhof im Georgengarten (heute: Lodyweg) ein<br />

Gartenhaus als Fachwerkbau errichten. Danach wurde es mehrfach verändert, schließlich 1883 abgetragen<br />

und im Limmerbrunnen 11 wieder aufgebaut. Laves legte für seinen ersten hannoverschen Bau<br />

drei Fassaden vor: zwei in romantisch-gotischen Formen und eine klassizistische, die dann zur Ausführung<br />

bestimmt wurde. Die zweigeschossige, sachlich-kubische Grundform, der ein Mittelrisalit bis in die<br />

Dachzone vorgelegt ist, wo er mit einem Dreiecksgiebel abschließt, bildete das Grundmodell seiner späteren<br />

Wohnhäuser. Bei der Restaurierung nach 1980 wurde die geschossweise horizontale Gliederung<br />

aufgegeben und durch eine senkrechte Verbretterung ersetzt, wodurch die ausgewogene klassizistische<br />

Schichtung verloren ging. 1<br />

1817–1820<br />

Der Bibliothekspavillon, so genannt nach dem Einzug der Wendland’schen Gartenbibliothek 1852,<br />

schließt den Berggarten zur Herrenhäuser Straße ab. Zunächst nur als kleine Wohnung für den<br />

zweiten Gartenmeister geplant, machte Laves daraus zwei Wohnungen und ein zweigeschossiges<br />

Belvedere. Der gestreckte Bau setzt sich in Anlehnung an die Kompositionslehre der französischen<br />

Revolutionsarchitekten aus geometrischen Körpern zusammen: Kubus, Zylinder und Halbkugel. Der<br />

überhöhte Mittelbau bildet mit seiner Kuppel den markanten Blickabschluss der Herrenhäuser Lindenallee<br />

und nimmt zugleich eine Achse des Großen Gartens auf, die von Orangerie, Galeriegebäude<br />

und Gartentheater gebildet wird. Dadurch stellte er einen strukturellen Zusammenhang zwischen<br />

Großem Garten, Berggarten und Stadt her und überführte die barocke Axialität in eine neue, mehrdeutige<br />

Ordnung. 2<br />

1817–1843<br />

Das alte Leineschloss wurde von Laves in zwei Zeitabschnitten umfassend umgebaut, wodurch es zu<br />

unterschiedlichen Hauptfassaden kam. Zunächst entstand entlang der Leine eine Fassade in den barocken<br />

Formen des vorhandenen Kammerflügels mit Rustikageschoss und Mansarddach; 1840–1843<br />

kam der Wintergarten als Schmuckelement hinzu. Dagegen bietet sich die Fassade an der Leinstraße<br />

in reinem Klassizismus dar, der 1829 mit dem Bau der Wache begann und 1834 mit dem korinthischen<br />

Säulenportikus abschloss. Laves schuf in der engen Straße durch den Rücksprung der Fassade und dem<br />

Säulenvorbau eine wirkungsvolle Eingangssituation, die durch die Freitreppe nach 1957 verändert wurde.<br />

Mit dem Umbau zum Niedersächsischen Landtag 1957–1962 wahrte der Architekt Dieter Oesterlen die<br />

stadträumlichen Bindungen und schuf für das neue Regierungsviertel und um den Waterlooplatz einen<br />

Bezugspunkt, der die über 370 Jahre währende Landesherrschaft symbolisiert. 3<br />

165


Die Autoren<br />

————<br />

Autorenbilder, sofern nicht<br />

anders vermerkt:<br />

© Agata Szymanska-Medina für<br />

VolkswagenStiftung<br />

Bernd Adam (Dr.-Ing.)<br />

ist seit 1990 als freiberuflicher Bauforscher tätig und hat in diesem Zusammenhang die Rekonstruktion<br />

zum Wiederaufbau des Herrenhäuser Schlosses erarbeitet. Nach dem Architekturstudium an<br />

der Universität Hannover war er von 1992 bis 2002 Akademischer Rat am dortigen Institut für Bauund<br />

Kunstgeschichte und hat 2003 in Hannover zur Architektur des 17. und 18. Jahrhunderts in Norddeutschland<br />

promoviert. <strong>Von</strong> 2003 bis 2009 war er als Lehrbeauftragter an der HAWK Hildesheim und<br />

von 2003 bis 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrstuhlvertretung Baugeschichte an der<br />

Universität Dortmund tätig. Seit 2008 ist er neben seiner freiberuflichen Tätigkeit wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter im DFG-Forschungsprojekt „Lüneburger Rathaus“ am Institut für Geschichte und Theorie<br />

der Architektur der Leibniz Universität Hannover.<br />

Sid Auffarth (Dr.-Ing.)<br />

ist Bauhistoriker. Nach einer Maurerlehre und einem Architekturstudium an den Universitäten Hannover<br />

und Zürich lehrte und forschte er über 30 Jahre lang an der Universität Hannover zur Stadtbaugeschichte.<br />

Seine Arbeitsschwerpunkte sind: Stadtbaugeschichte und Stadtbaugeschichten der jüngeren<br />

und jüngsten Zeit.<br />

© Lavesstiftung<br />

Dieter Bartetzko (Dr.)<br />

studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Soziologie in Frankfurt am Main, Berlin und Marburg. Bei<br />

Hans-Joachim Kunst promovierte er zum Thema Theatralik der NS-Architektur. <strong>Von</strong> 1983 bis 1993 arbeitete<br />

er regelmäßig als freier Mitarbeiter in Kulturredaktionen des Hessischen Rundfunks, bei Architekturfachzeitschriften<br />

und der Frankfurter Rundschau. Seine Themenschwerpunkte umfassen Architekturkritik,<br />

Denkmalpflege und alles, was mit dem vordergründig so leichtgewichtigen Unterhaltungsgeschäft<br />

zu tun hat: von Schlager bis Chanson, von Show bis Musical. <strong>Von</strong> 1993 bis 1994 hatte er eine Vertretungsprofessur<br />

für Kunstgeschichte an der Fachhochschule Mainz inne. Seit Juli 1994 ist er Architekturkritiker<br />

der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. 2006 bekam Dieter Bartetzko den Preis für Architekturkritik<br />

des Bundes Deutscher Architekten.<br />

170


Andreas Denk (Prof. für Architekturtheorie, FH Köln)<br />

ist Architekturtheoretiker und -historiker. Er studierte Kunst geschichte, Städtebau und Geschichte in<br />

Bochum, Freiburg/Br. und Bonn. Seit 2000 ist er Chefredakteur der Zeitschrift der architekt, seit 2014<br />

Professor für Architekturtheorie an der FH Köln. Er lehrt unter anderem im Master-Studiengang „Strategien<br />

des Entwerfens und Konstruierens“. Neben vielen Konzepten für Ausgaben der Zeitschrift der<br />

architekt hat Andreas Denk Bücher, Essays, Aufsätze und Kritiken zur Architekturtheorie, zur Architekturgeschichte<br />

des 18., 19. und 20. Jahrhunderts sowie zur Architektur und zur Kunst der Gegenwart<br />

geschrieben. Seit 2002 konzipiert er das „Berliner Gespräch“ des Bundes Deutscher Architekten. 2014<br />

fanden unter seiner Regie der Kongress „100 Jahre Werkbund-Ausstellung Cöln 1914–2014. Zwischen<br />

Kunst und Industrie“ in der FH Köln sowie das BDA-Symposium „Der Ort des Volkes“ im deutschen<br />

Pavillon auf der Architekturbiennale Venedig statt.<br />

Michael Hesse (Prof. Dr.)<br />

studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie, Geschichte und Philosophie in Bochum, Münster<br />

und Paris. 1979 Promotion mit einer Dissertation zur Gotikrezeption in der Sakralarchitektur der französischen<br />

Klassik. 1986 Habilitation mit einer Arbeit über Platzanlagen des Absolutismus. 1979 bis<br />

1986 Assistent, 1986 bis 1992 Professor an der Ruhr-Universität Bochum, Lehrbeauftragter am Institut<br />

für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften Bochum und in der Abteilung Bauwesen der Universität<br />

Dortmund. Seit 1992 Professor am Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg<br />

und Direktor des Zentrums für Europäische Geschichts- und Kulturwissenschaften. Veröffentlichungen<br />

zu Architektur, Urbanismus und bildender Kunst in Neuzeit und Gegenwart, insbesondere zur Auseinandersetzung<br />

der Moderne mit der klassischen Tradition.<br />

Sven Kotulla (Architekt Dipl.-Ing.)<br />

studierte von 1993 bis 2001 Architektur an der TU Braunschweig. Während und nach dem Studium<br />

arbeitete er als freier Mitarbeiter im Büro Sunder-Plassmann, Kappeln, bevor er 2003 sein eigenes<br />

Büro, JK Jastrzembski Kotulla Architekten, in Hamburg gründete. Als Projektleiter verantwortete er<br />

unter anderem folgende Vorhaben: Pommersches Landesmuseum, Greifswald (Konventgebäude/<br />

Guardianhaus/Freianlagen, Projektleitung LP 5, Bauleitung LP 8); Kunstmuseum, Alkersum (Planungs-/Projektleitung<br />

LP 2–5); Stadthaus, Lutherstadt Wittenberg (Projektleitung LP 2–3); Wohnhäuser<br />

Parkstraße, Bochum (Bauleitung LP 8, künstlerische Oberleitung); Wohnhaus, Rissen (Projektleitung<br />

LP 1–4); Sanierung Siedlung Westenfeld, Bochum (Projektleitung LP 1–7); Schloss Herrenhausen,<br />

Hannover (Projektleitung LP 1–8).<br />

Wilhelm Krull (Dr. phil.)<br />

Nach einem Studium der Germanistik, Philosophie, Pädagogik und Politikwissenschaft sowie Stationen<br />

als DAAD-Lektor an der Universität Oxford und in führenden Positionen beim Wissenschaftsrat und in<br />

der Generalverwaltung der Max-Planck-Gesellschaft ist Wilhelm Krull seit 1996 Generalsekretär der<br />

VolkswagenStiftung. Neben seinen beruflichen Tätigkeiten in der Wissenschaftspolitik und Forschungsförderung<br />

nahm und nimmt er zahlreiche Funktionen in nationalen und internationalen Gremien wahr.<br />

2009 wurde er zum Ehrensenator der Universität Konstanz ernannt; Ende November 2010 erhielt er den<br />

Niedersächsischen Staatspreis. Im Juni 2012 wurde er mit einer Honorarprofessur der Faculty of Arts &<br />

Sciences der Washington University in St. Louis geehrt.<br />

© Dennis Börsch<br />

171


Hans-Georg Lippert (Prof. Dr.-Ing. habil.)<br />

Nach seinem Architekturstudium an der Universität Kaiserslautern und der TH Darmstadt war er in<br />

Darmstadt von 1984 bis 1988 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Baugeschichte und wurde<br />

1989 promoviert. <strong>Von</strong> 1990 bis 1997 war er Architekt und Bauhistoriker bei der Dombauverwaltung<br />

Köln, habilitierte sich 1997 an der Universität Dortmund und ist seit 1998 Professor für Baugeschichte<br />

an der TU Dresden. <strong>Von</strong> 2003 bis 2008 war er Leiter des Teilprojekts U (Architektur als Behauptung<br />

von Institutionalität und Geschichtlichkeit) im DFG -Sonderforschungsbereich 537 „Institutionalität und<br />

Geschichtlichkeit“, von 2009 bis 2014 leitete er das Teilprojekt L („Das Planbare und das Unverfügbare.<br />

Modelle von Transzendenz und Gemeinsinn in Architektur und Städtebau des 20. Jahrhunderts“) im<br />

DFG-Sonderforschungsbereich 804 „Transzendenz und Gemeinsinn“.<br />

Michael Mönninger (Prof. Dr. phil.)<br />

studierte von 1980 bis 1985 Germanistik, Philosophie, Soziologie und Kunstgeschichte an der Johann-<br />

Wolfgang-Goethe Universität in Frankfurt am Main und wurde 1995 an der HfG Karlsruhe von Heinrich<br />

Klotz und Hans Belting mit einer Arbeit über Architektur- und Kunsttheorie im 19. Jahrhundert promoviert.<br />

Er arbeitete von 1986 bis 2007 als Redakteur für die F.A.Z., den SPIEGEL, die Berliner Zeitung<br />

und DIE ZEIT. Im akademischen Jahr 1995/1996 war er Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin.<br />

1999/2000 vertrat er den Lehrstuhl von Friedrich Achleitner an der Universität für Angewandte Kunst<br />

in Wien. Seit 2007 ist er Professor für die Geschichte und Theorie der Bau- und Raumkunst an der<br />

Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Er ist Herausgeber der Camillo Sitte Gesamtausgabe<br />

(Böhlau-Verlag Wien/Köln/Weimar, 2003–2014).<br />

Werner Oechslin (Prof. em. Dr. Dr. h. c. mult.)<br />

studierte Kunstgeschichte, Archäologie, Philosophie und Mathematik, promovierte 1970 in Zürich<br />

und habilitierte 1908 an der FU Berlin. Er unterrichtete am MIT Cambridge Mass., RISD Providence,<br />

Harvard und Genf und war 1980–1984 Prof. an der Bonner Universität. <strong>Von</strong> 1985 bis 2010 war er<br />

Ordinarius für Kunst und Architekturgeschichte an der ETH Zürich und von 1987 bis 2006 Vorsteher<br />

des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur (gta). Er war 1981–1998 Mitherausgeber der<br />

Zeitschrift DAIDALOS, Mitglied verschiedener wissenschaftlicher Organisationen (CCA Montréal, CISA<br />

Vicenza, Accademia Mendrisio) und Gründer der Bibliothek Werner Oechslin in Einsiedeln (http://www.<br />

bibliothek-oechslin.ch). Zu den wichtigsten seiner zahlreichen Publikationen gehören „Stilhülse und<br />

Kern“ und „Palladianismus“.<br />

Klaus Jan Philipp (Prof. Dr. phil. habil.)<br />

studierte Kunstgeschichte, Geschichte, Klassische Archäologie in Marburg und Berlin (FU). 1985<br />

wurde er in Marburg mit einer Arbeit über spätmittelalterliche Sakralarchitektur promoviert. <strong>Von</strong><br />

1988 bis 1989 erarbeitete er am Deutschen Architekturmuseum, Frankfurt am Main, die Ausstellung<br />

„Revolutionsarchitektur“. <strong>Von</strong> 1989 bis 1996 war er Assistent am Institut für Architekturgeschichte<br />

der Universität Stuttgart, wo er sich 1996 mit der Arbeit „Um 1800: Architekturtheorie und Architekturkritik<br />

in Deutschland“ habilitierte. Nach einer Vertretungsprofessur in Bonn und einer Hochschuldozentur<br />

in Stuttgart war er von 2003 bis 2008 Professor für Baugeschichte an der Hochschule für<br />

bildende Künste Hamburg. Seit 2008 leitet er als Professor das Institut für Architekturgeschichte der<br />

Universität Stuttgart.<br />

172


Michael Rohde (Prof. Dr.)<br />

Gärtner (Baumschule), Volontär National Trust (Stourhead England), 1990 Dipl.-Ing. Landespflege<br />

(Leibniz Universität Hannover). 1993 Zweites Großes Staatsexamen zum Assessor der Landespflege,<br />

1993–2000 freischaffend als Landschaftsarchitekt (Parkpflegewerke). <strong>Von</strong> 1994 bis 2004 forschte und<br />

lehrte er hauptamtlich in den Bereichen Gartengeschichte und Gartendenkmalpflege an der Leibniz Universität<br />

Hannover, 1998 Promotion. Seit Dezember 2004 ist er Gartendirektor der Stiftung Preußische<br />

Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, seit 2006 ist er Mitglied im Deutschen Nationalkomitee von<br />

ICOMOS und hat seit 2008 eine Professur h.c. an der TU Berlin für Gartendenkmalpflege inne.<br />

Wolfgang Schneider (Architekt Dipl.-Ing.)<br />

Studium und Diplom an der TU Berlin. Danach wissenschaftliche Tätigkeit an den Universitäten TU<br />

Berlin und Hannover. Selbstständige Tätigkeit als Architekt. 1990 bis 2006 Partner/Geschäftsführender<br />

Gesellschafter im Büro Architekten Schweger+Partner/Assoziierte GmbH sowie 2000 bis 2011<br />

Vorstandsmitglied der Hamburgplan AG. Seit 2006 ASP ARCHITEKTEN SCHNEIDER MEYER PARTNER.<br />

Zahlreiche Wettbewerbspreise, Realisierungen, Auszeichnungen und Veröffentlichungen. 1999 bis 2013<br />

Landesvorsitzender Bund Deutscher Architekten BDA Niedersachsen. Seit 2003 Präsident der Architektenkammer<br />

Niedersachsen sowie seit 2007 Vorstandsvorsitzender der Lavesstiftung. 2012 Berufung in<br />

den Konvent zur Baukultur.<br />

Günther Schulz (Prof. Dr. phil.)<br />

ist seit dem Jahr 2000 Leiter der Abteilung für Verfassungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte am<br />

Institut für Geschichtswissenschaft der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Er wurde<br />

1977 mit einer Arbeit über „Die Arbeiter und Angestellten bei Felten & Guilleaume“, einem Kölner Industrieunternehmen,<br />

promoviert. Seine Habilitation im Jahr 1990 trug den Titel: Wiederaufbau in Deutschland.<br />

Die Wohnungsbaupolitik in den Westzonen und der Bundesrepublik Deutschland 1945–57. <strong>Von</strong><br />

1992 bis 2000 war er Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Köln. Seine<br />

Forschungsschwerpunkte umfassen u.a. die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts,<br />

insbesondere die soziale Schichtung und soziale Sicherung, die Wohnungspolitik sowie die<br />

Unternehmer- und Unternehmensgeschichte.<br />

© Architektenkammer Niedersachsen<br />

Ulrich Maximilian Schumann (Dr. habil.)<br />

studierte Kunstgeschichte, Islamwissenschaft und Ägyptologie in Heidelberg und Bonn. Nach der Museumsausbildung<br />

im Deutschen Architektur-Museum in Frankfurt am Main lehrte er an der ETH Zürich, der<br />

Harvard University, der TU Delft, der Universität Karlsruhe und gegenwärtig an der Université de Strasbourg.<br />

Seine Schwerpunkte sind die Geschichte des Städtebaus sowie des Klassizismus und des Traditionalismus<br />

in der modernen Architektur. <strong>Von</strong> Ulrich Maximilian Schumann liegen zahlreiche Veröffentlichungen<br />

zur Kunst- und Architekturgeschichte insbesondere des 19. und frühen 20. Jahrhunderts vor.<br />

173


Ludwig Schwab (Dr.-Ing. Architekt)<br />

1992 bis 1998 Studium der Architektur an der TU Darmstadt und der Architekturgeschichte an der<br />

Università „La Sapienza“ in Rom, Forschungsjahr an der Bibliotheca Hertziana (Max-Planck-Institut) in<br />

Rom. Promotion zu Kollegienbauten des 16. und 17. Jahrhunderts. Tätigkeit als Architekt und Energieberater<br />

im historischen Bestand. Forschungstätigkeit und Veröffentlichungen überwiegend zu architekturtypologischen<br />

Fragen (u.a. für architectura, Zeitschrift für Kunstgeschichte und Zeitschrift für<br />

Kirchengeschichte). 2010 bis 2011 Lehrauftrag an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Lehrtätigkeit<br />

für die Denkmalakademie und die Architektenkammer Hessen. Berufung in den Ausschuss zur<br />

Anerkennung der Nachweisberechtigten für Wärmeschutz in Hessen.<br />

Jochen L. Stöckmann<br />

ist Hörfunkjournalist und Autor, lebt in Berlin. Studium der Soziologie und Sozialpsychologie an der<br />

Universität Hannover, ab 1987 Redakteur der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung im Feuilleton mit<br />

den Schwerpunkten Architektur, Bildende Kunst und Fotografie, Kulturpolitik, Geisteswissenschaften.<br />

Teilnahme an der Journalistenfortbildung des CFPJ in Paris. Seit 2000 freier Journalist, vor allem für den<br />

Hörfunk (Deutschlandradio, WDR, SWR), aber auch für F.A.Z., deutsche bauzeitung, Bauwelt, Focus und<br />

das Internetportal stylepark.com. Redakteur der Zeitschrift Lettre International von 2011 bis Ende 2012.<br />

Seit 1997 außerordentliches Mitglied des BDA Niedersachsen.<br />

© Falk Nordmann<br />

Jörg Trempler (PD Dr.)<br />

studierte Kunstgeschichte und Deutsche Literatur- und Sprachwissenschaften in Passau, Amsterdam<br />

und Erlangen. 1998 Promotion an der Universität Erlangen- Nürnberg. 2004–2007 leitete er das Forschungsprojekt<br />

„Katastrophen als ikonisches ErkenntnismodelI“ der Fritz Thyssen Stiftung. 2007–2008<br />

Post-Doc Stipendiat am Kunsthistorischen Institut in Florenz. 2009–2012 Mitarbeit an der Ausstellung<br />

„Karl Friedrich Schinkel. Geschichte und Poesie“ der Staatlichen Museen zu Berlin. 2010 Venia Legendi<br />

für Kunst- und Bildgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Lehrstuhlvertretungen in Greifswald,<br />

Jena und der LMU München. <strong>Von</strong> Februar bis Mai 2013 Visiting Scholar am Yale Center for British<br />

Art. Ab Sommersemester 2013 Vertretung des Lehrstuhls für Kunstgeschichte/Bildwissenschaften an<br />

der Universität Passau.<br />

Adrian von Buttlar (Prof. Dr. phil. habil.)<br />

1968–1976 Studium der Kunstgeschichte an der LMU München und am Londoner Courtauld Institute,<br />

1977–1984 Assistent und Dozent an den Universitäten München, Trier und Augsburg. 1985–2001 Professor<br />

an der Universität Kiel, 2001–2013 Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der TU Berlin. Schwerpunkte:<br />

Architekturgeschichte der Neuzeit und Moderne, Geschichte der Gartenkunst sowie Denkmalpflege<br />

und Denkmalpolitik. Zahlreiche Publikationen, darunter Der englische Landsitz 1715–1760 (1982),<br />

Der Landschaftsgarten (1989), Historische Gärten in Schleswig-Holstein (1996), Leo von Klenze (1999,<br />

2014²), Architektur der sechziger Jahre (2007), Denkmalpflege statt Attrappenkult (2011), Tod, Glück und<br />

Ruhm in Sanssouci (2012), Baukunst der Nachkriegsmoderne (2013).<br />

174


175<br />

Herrenhäuser Symposium<br />

„ , … von <strong>vorzüglicher</strong> <strong>Monumentalität</strong>.‘<br />

Georg Ludwig<br />

Friedrich Laves in Hannover“<br />

24.–25.02.2014 in Schloss Herrenhausen,<br />

Hannover. Tagungsteilnehmer<br />

und Mitwirkende<br />

© Agata Szymanska-Medina für<br />

VolkswagenStiftung

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