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06.12.2009 2. Advent zu Jakobus 5, 7 - 8 von Pfarrerin

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PREDIGT <strong>zu</strong> <strong>Jakobus</strong> 5, 7 - 8 <strong>von</strong> <strong>Pfarrerin</strong> Katharina Falkenhagen<br />

So seid nun geduldig, liebe Brüder, bis <strong>zu</strong>m Kommen des Herrn. Siehe,<br />

der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei<br />

geduldig, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen. 8 Seid auch<br />

ihr geduldig und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist<br />

nahe.<br />

GEBET<br />

Liebe Schwestern und Brüder, der Friede unseres Herrn Jesus Christus<br />

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.<br />

Ein Fernglas ist ein sehr nützliches Ding. Ich habe Ihnen heute eins<br />

mitgebracht. Wenn ich es auf Wanderungen bei mir trage, dann kann ich<br />

damit in der Ferne so allerlei beobachten, was ich mit meinem bloßen<br />

Auge nicht sehen könnte. Es vergrößert mir an der See Schiffe, die am<br />

Horizont auftauchen, in den Bergen beobachte ich damit Tiere auf hohen<br />

Felsklippen. Das Gipfelkreuz kommt ganz dicht heran und ich weiß,<br />

auch wenn ich noch einen weiten Weg vor mir habe, was mich in etwa<br />

dort oben am Ende meiner Wanderung erwartet. Mein Ziel wird<br />

deutlicher, der Weg dorthin allerdings nicht kürzer. Überwinden muss<br />

ich ihn so oder so – Geduld aufbringen bis <strong>zu</strong>m Ziel, doch immerhin<br />

weiß ich etwas genauer, was mich dort am Ziel erwartet, wohin mich<br />

mein Weg führt. Liebe Schwestern und Brüder, dieses Fernglas in<br />

meiner Hand ist mir ein Bild für unsere Existenz als Christinnen und<br />

Christen wie sie z. B. <strong>von</strong> dem Autor des <strong>Jakobus</strong>briefes verstanden<br />

wird. Er weiß – und das möchte er seinen Schwestern und Brüdern<br />

mitteilen – dass es ein Ziel für uns als Gemeinde Jesu Christi gibt: Die<br />

Wiederkunft Jesu Christi, die Erlösung durch ihn, den Retter, den<br />

Heiland. Unser Weg als Gemeinde und als Einzelne führt<br />

unausweichlich <strong>zu</strong> diesem Ziel. Durch die Predigt und das Beispiel der<br />

Propheten, durch die Botschaft Jesu Christi selbst haben wir ein Fernglas


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in die Hand bekommen, das uns dieses Ziel unserer Wanderung, das<br />

Gipfelkreuz deutlich vor Augen stellt. Unser Weg mag weit sein, doch<br />

wir sehen klar und deutlich, worauf alles hinaus läuft. Sicher, manchmal<br />

ist der Blick verstellt durch die Übermacht der Alltäglichkeiten, durch<br />

unseren eigenen Zweifel und unsere Kleingläubigkeit. Manchmal<br />

vergessen wir einfach, dass wir dieses Fernglas am Gürtel tragen.<br />

Manches mal wagen wir gar nicht den Blick <strong>zu</strong> heben, weil der Weg so<br />

steinig und steil ist. Doch die Möglichkeiten haben wir als Christen<br />

immer, durch die Botschaft der Bibel hindurch die Zukunft, unser Ziel,<br />

klar und deutlich vor Augen <strong>zu</strong> bekommen. In der Lesung aus dem<br />

Jesajabuch wird uns dieses Ziel, das Gott für uns bereit hält beschrieben:<br />

Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben<br />

geöffnet werden. 6 Dann werden die Lahmen springen wie ein Hirsch,<br />

und die Zunge der Stummen wird frohlocken. Denn es werden Wasser in<br />

der Wüste hervorbrechen und Ströme im dürren Lande. … 10 Die<br />

Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit<br />

Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und<br />

Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen.<br />

Oder mit den Worten Jesu selbst: Lukas 7, 22: Blinde sehen, Lahme<br />

gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf, Armen<br />

wird das Evangelium gepredigt;<br />

Mit den guten Worten der Propheten und des Evangeliums holen wir uns<br />

unser Ziel ganz nah vor Augen, in unsere Wirklichkeit hinein - Denn<br />

siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch. Und daraus speist sich die<br />

Kraft für die Wanderung, die Kraft <strong>zu</strong>m geduldigen Laufen bis <strong>zu</strong> dem<br />

Ziel das uns bestimmt ist. Gal. 5, 22 Die Frucht aber des Geistes ist<br />

Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue und im<br />

Hebräerbrief 12, 1: Darum auch wir: Weil wir eine solche Wolke <strong>von</strong><br />

Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und


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die Sünde, die uns ständig umstrickt, und lasst uns laufen mit Geduld in<br />

dem Kampf, der uns bestimmt ist,<br />

Wie sieht nun aber die Wanderung eines Christen - Menschen aus, der<br />

um sein Ziel, der durch die Worte der Heiligen Schrift weiß, wohin die<br />

Reise geht? Ja mehr noch: der darum weiß, dass Jesus Christus, der Herr<br />

über sein Leben und Sterben ihm in aller Gnade und Güte entgegen eilt?<br />

Wie sieht ein solches Leben aus? Der <strong>Jakobus</strong>brief gibt darauf eine <strong>von</strong><br />

vielen Antworten. Was ihn eint mit den vielen anderen Stimmen ist<br />

jedoch eins: DIE GEDULD. In Geduld, man kann vielleicht auch sagen:<br />

Gelassenheit, das eigene Leben und das Leben der Gemeinde <strong>zu</strong><br />

gestalten, das ist eine Frucht des erlösenden Wortes der Schrift und der<br />

Gewissheit, dass die Zeit kommen wird, in der Gott selbst seine Welt<br />

erlösen wird. Wann dies sein wird, das wissen wir als Menschen nicht <strong>zu</strong><br />

sagen.<br />

Die Gemeinde des <strong>Jakobus</strong> war sehr <strong>zu</strong>versichtlich, dass die<br />

Wiederkunft Christi ganz nah herbei gekommen war: Seid … geduldig<br />

und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist nahe.<br />

Nach einer zweitausendjährigen Geschichte des Christentums sehen wir<br />

andere Dimensionen der Wanderung vor uns. Wir sprechen nicht mehr<br />

<strong>von</strong> Naherwartung wie es die ersten Christen taten.<br />

Dennoch muss in unserem Bewusstsein das Wort Jesu stets präsent sein:<br />

Matthäus 24, 36 Von dem Tage aber und <strong>von</strong> der Stunde weiß niemand,<br />

auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der<br />

Vater. … 44 Darum seid auch ihr bereit! Denn der Menschensohn<br />

kommt <strong>zu</strong> einer Stunde, da ihr's nicht meint.<br />

Auch wenn uns – durch unser Fernglas betrachtet – das Ziel nah und<br />

doch so fern erscheint, Gott vermag in seiner Kraft aus fern nah <strong>zu</strong><br />

machen, vor ihm sind tausend Jahre wie der Tag der gestern vergangen


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ist und wie eine Nachtwache… und unser Leben ist in diese Ewigkeit<br />

Gottes hinein gewebt.<br />

Nun könnten christliche Gelassenheit und Geduld im Blick auf das<br />

Erlösungshandeln Gottes uns ja verleiten, vollkommen gleichgültig <strong>zu</strong><br />

sein und uns der Verantwortung für diese Welt <strong>zu</strong> entziehen. Wir<br />

könnten sagen: Gott wird schon alles richten und eigentlich ist es<br />

gleichgültig, wie ich mein Leben gestalte. Doch genau vor solch einer<br />

Einstellung müssen wir uns hüten und darauf weist die Schrift – auch der<br />

<strong>Jakobus</strong>brief - immer wieder hin. Wenn ich mich eingebunden weiß in<br />

die Wirklichkeit Gottes, wenn ich seine Herrlichkeit als Ziel vor den<br />

Augen habe, dann bekommt meine Lebensgestaltung daraus ihren tiefen<br />

Sinn und ich komme gar nicht darum herum, Verantwortung für mich<br />

und andere <strong>zu</strong> übernehmen. Diese Verantwortung in der Lebensführung<br />

und –gestaltung ist konkret und an unseren Lebensbedingungen<br />

orientiert. Sie ist vergleichbar mit der Wanderung im Gebirge: Schritt für<br />

Schritt vorwärts gehen, achten auf die Unwegsamkeiten des Geländes,<br />

dem neben mir Wandernden Stütze und Hilfe sein, auch mal Rast<br />

einlegen. Dietrich Bonhoeffer hat in seiner Schrift „Die Geschichte und<br />

das Gute“ da<strong>zu</strong> für mich hilfreiche Gedanken formuliert: Niemand hat<br />

die Verantwortung aus der Welt das Reich Gottes <strong>zu</strong> machen, sondern er<br />

soll den – der Wirklichkeit der Menschwerdung Gottes in Christus<br />

entsprechenden – nächsten notwendigen Schritt tun ... Nicht die Welt aus<br />

den Angeln <strong>zu</strong> heben, sondern am gegebenen Ort das sachlich – im Blick<br />

auf die Wirklichkeit – Notwendige <strong>zu</strong> tun und dieses wirklich <strong>zu</strong> tun,<br />

kann die Aufgabe sein. … es muss Schritt für Schritt gehen und nach dem<br />

Möglichen fragen und den letzten Schritt und damit die letzte<br />

Verantwortung in einer andere Hand legen. …Die Tat … im Augenblick<br />

des Voll<strong>zu</strong>ges allein Gott ausgeliefert. 1<br />

1 Bonhoeffer, Dietrich: Die Geschichte und das Gute


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<strong>Advent</strong>, Zeit des festlichen Wartens auf Gottes Ankunft unter den<br />

Menschen: Das heißt für den einen, dass er nun endlich den<br />

entscheidenden Schritt auf seinen Nachbarn <strong>zu</strong>geht, mit dem er seit<br />

langem zerstritten ist, für manche kann es heißen, auf die neu<br />

Zugezogenen <strong>zu</strong><strong>zu</strong>gehen, die ihnen überheblich oder arrogant<br />

erscheinen, oder auf die eigenen Kinder, deren Lebensansichten uns<br />

fremd geworden sind... Da<strong>zu</strong> haben wir jetzt Zeit. Da<strong>zu</strong> haben wir<br />

<strong>Advent</strong>s-Zeit. <strong>Advent</strong> heißt: Gott kommt. Der Same <strong>zu</strong> seinem Reich ist<br />

ja gelegt, die Zukunft ist bei Gott bereitet. Sein Reich wird aufgehen und<br />

sichtbar blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Daran können und müssen<br />

wir nichts tun. Gelassen dürfen wir darauf <strong>zu</strong>gehen.<br />

<strong>Advent</strong>, Zeit unserer Erwartung, heißt auch: Gott wartet auf uns. Er hat<br />

uns noch Zeit gelassen. Gott gibt uns die <strong>Advent</strong>szeit. Er gibt uns die<br />

Zeit, die wir brauchen, um <strong>zu</strong> reifen und <strong>zu</strong> wachsen im Vertrauen und in<br />

der Liebe. Zeit, um uns auf Sein Kommen in diese Welt vor<strong>zu</strong>bereiten,<br />

Zeit, um auf ihn <strong>zu</strong><strong>zu</strong>wandern. So seid (also) auch ihr geduldig und<br />

stärkt eure Herzen; denn der Herr kommt bald.<br />

Mein Fernglas in der Hand hebe ich gelegentlich den Blick und schaue<br />

auf mein Ziel, das in der Ferne leuchtet. Und dann finde ich wieder die<br />

Kraft einen Schritt vor den anderen <strong>zu</strong> setzen, an meiner Seite meine<br />

Wandergenossen. In Geduld gehe ich vorwärts, tue das Notwendige im<br />

Kopf das Bild <strong>von</strong> der wunderbaren Herrlichkeit Gottes, die auf uns<br />

wartet und die wir erwarten.<br />

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft bewahre<br />

unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.

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