Aufenthaltsrechtliche Angelegenheit der Familie Kazan - Kinderhilfe ...
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Wiesbaden, den 23. September 2008<br />
<strong>Aufenthaltsrechtliche</strong> <strong>Angelegenheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Familie</strong> <strong>Kazan</strong><br />
Der Hessische Landtag hat am 27. August beschlossen, die Petition für die<br />
<strong>Familie</strong> <strong>Kazan</strong> zur Berücksichtigung <strong>der</strong> Landesregierung zu überweisen.<br />
Innenminister Volker Bouffier hat dem Landtag zugesagt, diesen<br />
Sachverhalt zu prüfen und Stellung zu nehmen.<br />
Zum Hintergrund: Die <strong>Familie</strong> war 1993 nach Deutschland eingereist und<br />
die Asylanträge wurden für Eltern und Kin<strong>der</strong>n mehrfach abgelehnt. Ebenso<br />
wurde eine Aufenthaltserlaubnis nach <strong>der</strong> Bleiberechtsregelung durch die<br />
Verwaltung des Main-Kinzig-Kreises untersagt. Am 13.2 2007 wurde die<br />
<strong>Familie</strong> durch die Auslän<strong>der</strong>behörde des Main-Kinzig-Kreises abgeschoben.<br />
Der Kreistag des Main Kinzig-Kreises hat in seiner Sitzung vom 30. Mai 2008<br />
beschlossen, sich für die Wie<strong>der</strong>einreise <strong>der</strong> <strong>Familie</strong> <strong>Kazan</strong> (Frau und<br />
Kin<strong>der</strong>) einzusetzen.<br />
Im Folgenden erhalten Sie die Stellungnahme des Hessischen Ministers des<br />
Innern und für Sport, Volker Bouffier, zum Beschluss des Hessischen<br />
Landtags:<br />
Die <strong>Familie</strong> <strong>Kazan</strong> ist im Jahr 1993 nach Deutschland eingereist und erhielt seither<br />
öffentliche Leistungen. Noch im gleichen Jahr und später noch einmal im Jahr 2002 stellte<br />
die <strong>Familie</strong> Asylanträge, die beide abgelehnt wurden. Asylanträge <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> wurden<br />
gleichfalls abgelehnt. Der Main-Kinzig-Kreis hat eine Aufenthaltserlaubnis nach <strong>der</strong><br />
Bleiberechtsregelung im Januar 2007 abgelehnt und in den entsprechenden Verfügungen<br />
unter an<strong>der</strong>em die erhebliche Straffälligkeit des Vaters sowie die fehlende Integration <strong>der</strong><br />
Mutter als Gründe angeführt. Die <strong>Familie</strong> war damit vollziebar ausreisepflichtig.
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Die Auslän<strong>der</strong>behörde des Main-Kinzig-Kreises hat daraufhin die <strong>Familie</strong> am 13.2.2007 in<br />
die Türkei abgeschoben. Seither leben die Mutter und die Kin<strong>der</strong> in Istanbul und werden<br />
durch einen Unterstützerkreis finanziert. Dieser gibt auch an, <strong>der</strong> Vater habe sich von seiner<br />
<strong>Familie</strong> getrennt und nach islamischem Recht neu geheiratet.<br />
Im Juli 2007 wurde <strong>der</strong> jetzt vom Landtag zur Berücksichtigung abgegebene Petitionsantrag<br />
eingereicht.<br />
Am 10. März 2008 traf das Verwaltungsgericht Frankfurt die Entscheidung, dass Frau und<br />
Kin<strong>der</strong>n die Wie<strong>der</strong>einreise zu gestatten sei. Das Gericht hat sich dabei im Wesentlichen auf<br />
Artikel 8 <strong>der</strong> Menschrechtskonvention bezogen, aber auch festgestellt, dass die Eltern in<br />
Deutschland nicht integriert waren. Allerdings seien die Kin<strong>der</strong> in Deutschland integriert. Sie<br />
hätten in <strong>der</strong> Türkei aber keine Integrationsperspektive, weil sie nur kurdisch und nicht<br />
türkisch sprächen.<br />
Gerade die Zulassung <strong>der</strong> Berufung durch das Verwaltungsgericht Frankfurt macht deutlich,<br />
dass auch das Gericht davon ausgeht, dass es sich nicht nur um einen Einzelfall, son<strong>der</strong>n um<br />
eine grundsätzliche Fragestellung handelt. Zudem wi<strong>der</strong>sprechen die Feststellungen des<br />
Verwaltungsgerichts Frankfurt <strong>der</strong> bisherigen Rechtssprechung.<br />
Die Berufung beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) in <strong>der</strong> Sache hat das<br />
Regierungspräsidium Darmstadt als Aufsichtsbehörde für den Landrat des Main-Kinzig-<br />
Kreises eingereicht, weil dieser einer entsprechenden Weisung nicht nachgekommen ist. Der<br />
Kreistag hat später in seiner Sitzung vom 30. Mai 2008 beschlossen, sich für die<br />
Wie<strong>der</strong>einreise <strong>der</strong> <strong>Familie</strong> <strong>Kazan</strong> (Frau und Kin<strong>der</strong>) einzusetzen.<br />
Insgesamt ist eine Endentscheidung des VGH unverzichtbar, um einen einheitlichen<br />
Prüfmaßstab zu erhalten, wie in künftige Fällen Artikel 8 <strong>der</strong> Europäischen
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Menschenrechtskonvention Anwendung findet. Insbeson<strong>der</strong>e wird die Frage zu prüfen sein,<br />
ob mangelnde Kenntnis <strong>der</strong> Sprache des Abschiebelandes zu einem dauerhaften<br />
Abschiebehin<strong>der</strong>nis führt. Zudem muss entschieden werden, ob Kin<strong>der</strong>, die durch Schule<br />
o<strong>der</strong> Vereine in unsere Gesellschaft integriert sind, auf Dauer hier bleiben dürfen. Dies hat<br />
zur Folge, dass allein <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> wegen Eltern in Deutschland bleiben dürfen. Unabhängig<br />
davon, ob diese beispielsweise straffällig geworden sind.<br />
Abschließend ist festzuhalten, dass die Ausweisungen und Abschiebung <strong>der</strong> <strong>Familie</strong> <strong>Kazan</strong><br />
rechtmäßig erfolgte und die <strong>Familie</strong> nicht in existenzieller Not o<strong>der</strong> Bedrohung lebt.<br />
Gleichwohl sind für den Fall <strong>der</strong> <strong>Familie</strong> <strong>Kazan</strong> mehrere Sachverhalte zu beachten. Der<br />
Landtag hat eine Petition, die eine Wie<strong>der</strong>einreise befürwortet, zur Berücksichtigung<br />
abgegeben. Es gibt zudem eine außergewöhnliche notarielle Zusage des Helferkreises, für die<br />
Kosten nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einreise aufzukommen. Es wird zudem davon ausgegangen, dass <strong>der</strong><br />
Landkreis für etwaige Kosten aufkommt, da er sich für die Wie<strong>der</strong>einreise ausgesprochen hat.<br />
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass <strong>der</strong> straffällige Vater <strong>der</strong> <strong>Familie</strong> in <strong>der</strong> Türkei<br />
verbleibt. Grundvoraussetzung dafür ist die Scheidung von Vater und Mutter. Diese<br />
Scheidung ist zu vollziehen, um sicherzustellen, dass nicht zu einem späteren Zeitpunkt <strong>der</strong><br />
straffällige Vater unter Bezugnahme auf Artikel 6 des Grundgesetzes seine Wie<strong>der</strong>einreise<br />
durchsetzt. Entsprechende Dokumente hat <strong>der</strong> Helferkreis jetzt vorgelegt.<br />
Vor dem Hintergrund dieser Sachlage und <strong>der</strong> ausstehenden Grundsatzentscheidung des<br />
Hessischen Verwaltungsgerichtshofes ist eine zeitlich befristete Wie<strong>der</strong>einreise <strong>der</strong> <strong>Kazan</strong>s zu<br />
ermöglichen. Die Auslän<strong>der</strong>behörde kann ein Visum erteilen, das erlischt, wenn <strong>der</strong> VGH <strong>der</strong><br />
Berufung stattgibt und das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt aufhebt. Zu diesem<br />
Zeitpunkt erlischt auch die Aufenthaltserlaubnis nach § 5 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz. Wenn das<br />
Visum diese auflösenden Bedingung enthält, wird das Ministerium des Innern und für Sport<br />
diesem Visum zustimmen.