Brief an Bischof Tebartz von Elst - Kinderhilfe-kazan.de
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Kompensation geben muss. Das ist entwe<strong>de</strong>r ein Brautgeld, das Herr Kaz<strong>an</strong> nicht hat, o<strong>de</strong>r<br />
eine Frau aus <strong>de</strong>r eigenen Familie, in <strong>de</strong>r Regel eine unverheiratete Schwester. Um sich <strong>de</strong>m<br />
Druck zu entziehen, <strong>de</strong>n die Sippe seiner neuen Frau auf ihn ausübt, hat Herr Kaz<strong>an</strong> eine<br />
seiner Töchter <strong>an</strong>geboten, die 13‐jährige Beriv<strong>an</strong>, die nach L<strong>an</strong><strong>de</strong>sgepflogenheit als<br />
heiratsfähig gilt. Die Brü<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r neuen Frau Kaz<strong>an</strong> haben auch schon Telefonkontakt zu Frau<br />
Kaz<strong>an</strong> hergestellt, um mit ihr die Übergabe <strong>de</strong>s Mädchens zu vereinbaren. Zum Glück kennen<br />
sie ihre Adresse noch nicht. Aber Frau Kaz<strong>an</strong> lebt seither in großen Ängsten ent<strong>de</strong>ckt zu<br />
wer<strong>de</strong>n, was ihre Isolation noch steigert.<br />
Die Kin<strong>de</strong>r sind seit Februar 2007 nicht mehr zur Schule geg<strong>an</strong>gen. Es waren gute,<br />
lerneifrige Kin<strong>de</strong>r. In eine türkische Schule können sie nicht gehen, da sie die Sprache nicht<br />
können, und die <strong>de</strong>utschen Schulen <strong>de</strong>r Stadt sind ihnen verwehrt, weil sie türkische<br />
Staatsbürger sind.<br />
Sieben liebenswürdige und tüchtige Menschen sind völlig gestr<strong>an</strong><strong>de</strong>t. Wir wollen und<br />
müssen ihnen helfen. Der Hessische Innenminister könnte ihnen wie<strong>de</strong>r ein Leben in<br />
Sicherheit und Wür<strong>de</strong> ermöglichen.<br />
Inzwischen sind vor <strong>de</strong>m Verwaltungsgericht Fr<strong>an</strong>kfurt zwei Entscheidungen zugunsten <strong>von</strong><br />
Frau Kaz<strong>an</strong> und ihren Kin<strong>de</strong>rn gefallen.<br />
1. Am 7.2.08 wur<strong>de</strong> in einem Vergleich mit <strong>de</strong>m Main‐Kinzig‐Kreis (Auslän<strong>de</strong>rbehör<strong>de</strong>) die<br />
Abschiebungsdauer auf <strong>de</strong>n 13.2.08 befristet; d.h. das absolute Einreiseverbot, das mit einer<br />
Abschiebung verbun<strong>de</strong>n ist, wur<strong>de</strong> aufgehoben. Frau Kaz<strong>an</strong> und ihre Kin<strong>de</strong>r könnten als<br />
Besucher für 90 Tage einreisen. Allerdings ist die Erteilung eines entsprechen<strong>de</strong>n Visums <strong>an</strong><br />
Bedingungen geknüpft, die zur Zeit nicht zu erfüllen sind, z.B. müsste Frau Kaz<strong>an</strong> <strong>de</strong>n<br />
Nachweis <strong>von</strong> Besitz in <strong>de</strong>r Türkei führen.<br />
2. Am 10.3.08 hat das Verwaltungsgericht Fr<strong>an</strong>kfurt <strong>de</strong>n Main‐Kinzig‐Kreis zur Erteilung<br />
einer Aufenthaltsgenehmigung für Frau Kaz<strong>an</strong> und die Kin<strong>de</strong>r verpflichtet. Der Urteilsspruch<br />
basiert auf Artikel 8 <strong>de</strong>r Europäischen Menschenrechtskonvention. Sobald dieses Urteil<br />
Rechtskraft erl<strong>an</strong>gt , ist für Frau Kaz<strong>an</strong> und die Kin<strong>de</strong>r die Verb<strong>an</strong>nung in die Türkei<br />
aufgehoben. Diesem glücklichen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Lei<strong>de</strong>ns droht aber Gefahr. Das VG Fr<strong>an</strong>kfurt hat<br />
„wegen <strong>de</strong>r grundsätzlichen Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Rechtssache Berufung zugelassen“, und <strong>de</strong>r<br />
Hessische Innenminister hat bereits <strong>an</strong>gekündigt, dass er wahrscheinlich die Revision<br />
<strong>an</strong>streben wird, sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt.<br />
Ob <strong>de</strong>r hessische Verwaltungsgerichtshof d<strong>an</strong>n das Urteil bestätigen o<strong>de</strong>r aufheben wird, ist<br />
offen. Entschei<strong>de</strong>t er sich gegen die Wie<strong>de</strong>reinreise <strong>von</strong> Frau Kaz<strong>an</strong> und <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn, wäre<br />
das eine Katastrophe . Der Stein <strong>de</strong>s Sisyphos wür<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Abh<strong>an</strong>g hinunterrollen.<br />
Aber selbst wenn das Urteil positiv wäre, wür<strong>de</strong> bis dahin wie<strong>de</strong>r kostbare Zeit verstreichen.<br />
Die Verb<strong>an</strong>nung <strong>von</strong> Frau Kaz<strong>an</strong> und <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn wür<strong>de</strong> sich mit unabsehbarem En<strong>de</strong> in die<br />
Länge ziehen. Wir meinen, das muss nicht sein. So weit darf die Staatsraison nicht gehen.<br />
Welchen Stellenwert hat <strong>an</strong>gesichts <strong>de</strong>r <strong>von</strong> ihm gezeigten Einstellung eigentlich das C im<br />
Namen <strong>de</strong>r Partei, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Herr Innenminister <strong>an</strong>gehört?<br />
Wir sind d<strong>an</strong>kbar, in einem Teil <strong>de</strong>r Welt zu leben, wo sich materielle Not und<br />
Entwürdigung in Grenzen halten und wo Schutz vor willkürlicher Bedrohung <strong>von</strong> Leben und<br />
Gesundheit geboten wird.<br />
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