Miri<strong>am</strong> EgelerDiplom Sozialpädagog<strong>in</strong> B.A.Koord<strong>in</strong>ation des FachbereichsStationäre HilfenIch arbeitefür dieJugendhilfeOberbayernIn unserer <strong>Schutzstelle</strong> <strong>am</strong> <strong>Westpark</strong> betreuen wir männlicheJugendliche zwischen dem 13. und 17. Lebensjahr,die sich <strong>in</strong> akuten Krisen- bzw. Notsituationen bef<strong>in</strong>deno<strong>der</strong> durch das Jugend<strong>am</strong>t <strong>in</strong> Obhut genommen wurden.Auch unbegleitete m<strong>in</strong><strong>der</strong>jährige Flüchtl<strong>in</strong>ge sowie Jugendliche,die nach e<strong>in</strong>er Ingewahrs<strong>am</strong>nahme von <strong>der</strong>Polizei gebracht werden, und sogenannte Selbstmel<strong>der</strong>,die um Obhut bitten, werden <strong>in</strong> unserer <strong>Schutzstelle</strong> aufgenommenund erfahren hier Schutz und Sicherheit z. B.vor Gewalt o<strong>der</strong> Vernachlässigung. Wir bieten den JugendlichenGeborgenheit und emotionale Zuwendung,e<strong>in</strong>e geregelte <strong>Tag</strong>esstruktur, Unterstützung bei <strong>der</strong> alltäglichenSelbstversorgung u. v. m. Neben <strong>der</strong> Erstellunge<strong>in</strong>er sozialpädagogischen, psychologischen und ggf.k<strong>in</strong><strong>der</strong>- und jugendpsychiatrischen Diagnose leisten wiraufsuchende Eltern- und F<strong>am</strong>ilienarbeit, sodass ggf. e<strong>in</strong>eRückführung des Jugendlichen <strong>in</strong> die Herkunftsf<strong>am</strong>iliemöglich wird o<strong>der</strong> aber wir vermitteln e<strong>in</strong>e weiterführendeHilfe.Arbeitsbeg<strong>in</strong>n ist um 07.00 Uhr. Kaum im Haus angekommen,unterstützt die frisch ausgeschlafene Kolleg<strong>in</strong> die Kolleg<strong>in</strong> ausdem Nachtdienst, die acht Jungs im Haus aufzuwecken undauf den Weg <strong>in</strong> die Schule zu schicken. Die Gruppe steht imMoment gut auf und ist sehr motiviert, bis auf zwei Jungshaben alle e<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Regelschule.Die meisten Jugendlichen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Übergangsklassen, da siebenvon ihnen im Moment unbegleitete m<strong>in</strong><strong>der</strong>jährige Flüchtl<strong>in</strong>geaus Afghanistan und dem Irak s<strong>in</strong>d. Der Kle<strong>in</strong>ste mit elfJahren tut sich schwer mit dem Aufstehen und muss e<strong>in</strong>wenig motiviert werden. Dann gibt es die gewohnten Engpässeim Bad und den Ansturm auf das vorbereitete Frühstücksangebotwie Toast, Müsli o<strong>der</strong> Obst und dann verlassendie sechs Jungs nache<strong>in</strong>an<strong>der</strong> die <strong>Schutzstelle</strong>. Die zwei imHaus verbleibenden Jungs beschäftigen sich im Haus. Um08.30 Uhr werden die Zimmer dann von den beiden Dienstenkontrolliert und abgeschlossen. Dann kehrt e<strong>in</strong> wenig Ruhee<strong>in</strong>. Aber nur, was die Jugendlichen angeht! Vormittags ist e<strong>in</strong>esehr lebendige Zeit, was das Telefon betrifft, da die meistenAnsprech- und Kooperationspartner jetzt <strong>am</strong> besten zu erreichens<strong>in</strong>d. Die Kolleg<strong>in</strong> im Dienst nutzt die ruhigere Zeit, umnotwendige Telefonate zu erledigen und schreibt an ihrer Diagnosefür ihren Bezugsjugendlichen. Im Rahmen <strong>der</strong> bis zudrei Monate an- dauernden Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schutzstelle</strong>erstellen wir <strong>in</strong> Zus<strong>am</strong>menarbeit mit unserem psychologischenFachdienst und e<strong>in</strong>er kooperierenden nie<strong>der</strong>gelassenenK<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendpsychiater<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e umfassende Diagnose,wobei sich die Kollegen <strong>der</strong> <strong>Schutzstelle</strong> auf die sozialpädagogischeDiagnose (nach Staub-Bernasconi) beziehen, umdie Bezirkssozialarbeit bei <strong>der</strong> Falle<strong>in</strong>gabe <strong>in</strong>s regionale Fachte<strong>am</strong>zu unterstützen. Die Kolleg<strong>in</strong> ist schon fast fertig mitihrer Diagnose und bespricht sie dann mit ihrer Bereichsleitung.In <strong>der</strong> Zwischenzeit ist es kurz nach 10.00 Uhr und die Hauswirtschafter<strong>in</strong>ist im Haus angekommen, trägt mit den beidenJungs die <strong>E<strong>in</strong></strong>käufe <strong>in</strong>s Haus und verstaut die Lebensmittel <strong>in</strong>den Schränken, im Vorratsraum o<strong>der</strong> im Kühlschrank. Dannbeg<strong>in</strong>nt sie mit <strong>der</strong> Vorbereitung des Mittagessens. Das Telefonkl<strong>in</strong>gelt, es ist die Sprengelschule mit guten Nachrichten.Nach den Osterferien haben auch die beiden letzten Jugendlichenaus dem Haus e<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Übergangsklasse.Da werden sich die beiden Jungs später sehr darüber freuen,auch wenn es noch drei Wochen dauert, sie bekommen e<strong>in</strong>ePerspektive. Die Bereichsleitung ist ebenfalls <strong>in</strong>s Haus gekommen,da sie e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>em Jugendlichen hat, <strong>der</strong> <strong>in</strong>e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiven <strong>E<strong>in</strong></strong>zelbetreuung vom Te<strong>am</strong> <strong>der</strong> <strong>Schutzstelle</strong>betreut wird. Da <strong>der</strong> Jugendliche sehr schwierig im Umgangmit an<strong>der</strong>en Jugendlichen ist, darf er nur mit bestimmten zusätzlichenKollegen zu e<strong>in</strong>em Term<strong>in</strong> o<strong>der</strong> zu Besuch <strong>in</strong> die<strong>Schutzstelle</strong> kommen. Um 13.00 Uhr tritt die nächste Kolleg<strong>in</strong>ihren Dienst an. Der Jugendliche aus <strong>der</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong>zelbetreuung istlei<strong>der</strong> nicht gekommen und so setzen sich alle gegen 13.30Uhr an den Mittagstisch zum Mittagessen. Es gibt Tortell<strong>in</strong>imit Käsesoße.
<strong>E<strong>in</strong></strong> paar <strong>der</strong> Schüler s<strong>in</strong>d schon zurück vom Unterricht, an<strong>der</strong>ekommen erst <strong>am</strong> Nachmittag. Das Mittagessen nehmen alle,die im Haus s<strong>in</strong>d, geme<strong>in</strong>s<strong>am</strong> e<strong>in</strong>.Die Sprache <strong>am</strong> Tisch istDeutsch, das ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Grundregeln. Immer wie<strong>der</strong> müssendie Jungs darauf angesprochen werden, denn es ist für siee<strong>in</strong>facher, kurz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Muttersprache mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu kommunizieren.Die Bereichsleitung verlässt dann das Haus, ume<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> mit an<strong>der</strong>en evangelischen Trägern, die Hilfe zurErziehung anbieten, wahrzunehmen. Die beiden Kolleg<strong>in</strong>nenim Haus räumen mit den Jungs zus<strong>am</strong>men den Mittagstischauf und beg<strong>in</strong>nen die Liste für die PC-Zeiten anzufertigen,d<strong>am</strong>it sich die Jungs e<strong>in</strong>tragen können. Um 14.00 Uhr beg<strong>in</strong>ntdie Hausaufgabenzeit. Alle Jungs s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwischenzeitvon <strong>der</strong> Schule zurück und setzen sichan den Esstisch im Wohnzimmer. Wer ke<strong>in</strong>e Hausaufgabenhat, bekommt Arbeitsblätter von den Mitarbeiter<strong>in</strong>nen.Die Stunde geht sehr schnell zu Endeund die Jungs s<strong>in</strong>d sehr motiviert, <strong>am</strong> liebstenmöchte je<strong>der</strong> se<strong>in</strong>e eigene Mitarbeiter<strong>in</strong> zum Lernenhaben. Es wird Deutsch und Mathe gelernt, obdas Längene<strong>in</strong>heiten s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> deutsche Wörter, esgeht sehr lebendig zu. Nach <strong>der</strong> Hausaufgabenzeithaben die Jungs Freizeit und die Kolleg<strong>in</strong>nen dieZeit, die Term<strong>in</strong>e für den heutigen <strong>Tag</strong> zu koord<strong>in</strong>ieren.Die Kolleg<strong>in</strong> aus dem Frühdienst baut e<strong>in</strong>Bett im ersten Stock auf. Das alte Bett aus diesemZimmer hatten wir dem Jugendlichen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong>zelbetreuungmitgegeben, und nachdem e<strong>in</strong>en <strong>Tag</strong>zuvor e<strong>in</strong>e Anfrage auf Unterbr<strong>in</strong>gung e<strong>in</strong>gegangenist, müssen wir das Zimmer wie<strong>der</strong> vervollständigen.Nachdem das Bett aufgebaut ist, beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong>kle<strong>in</strong>er Umzug im Haus. <strong>E<strong>in</strong></strong> Jugendlicher, <strong>der</strong> schonlänger im Haus ist, hat sich gewünscht, dass er <strong>in</strong>das frei gewordene <strong>E<strong>in</strong></strong>zelzimmer umziehen darf.Dadurch wird e<strong>in</strong> Platz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Doppelzimmer fürdie mögliche Neuaufnahme frei. Nach diesemUmzug verlässt die Kolleg<strong>in</strong> aus dem Frühdienst die<strong>Schutzstelle</strong>. Für e<strong>in</strong>e Stunde ist die Kolleg<strong>in</strong> im Mitteldienstalle<strong>in</strong>e, dann kommt auch schon <strong>der</strong> Kollegefür den Spätdienst. Jetzt wird es e<strong>in</strong> wenighektisch. Die Neuaufnahme ist etwas zu spät gekommenund d<strong>am</strong>it zeitgleich im Haus wie die Beteiligten<strong>am</strong> Elterngespräch e<strong>in</strong>es Jugendlichen, <strong>der</strong>seit e<strong>in</strong> paar <strong>Tag</strong>en <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schutzstelle</strong> wohnt. DieBereichsleitung kommt von ihrem Term<strong>in</strong> gegen17.00 Uhr zurück und kümmert sich um dieGruppe, d<strong>am</strong>it die Kolleg<strong>in</strong>se<strong>in</strong>er Mutter und <strong>der</strong>Bezirkssozialarbeit das Aufnahmegespräch im Büromachen kann. In diesem werden dem Jugendlichendie Hausregeln und Abläufe im Haus erklärt undFragen beantwortet. Man versucht e<strong>in</strong>en ersten<strong>E<strong>in</strong></strong>druck zu bekommen, um welche Art von KriseWer ke<strong>in</strong>e Hausaufgaben hat, bekommt Arbeitsblätter von den Mitarbeiter<strong>in</strong>nen.DieStunde geht sehr schnell zu Ende und die Jungs s<strong>in</strong>d sehr motiviert, <strong>am</strong> liebsten möchteje<strong>der</strong> se<strong>in</strong>e eigene Mitarbeiter<strong>in</strong> zum Lernen haben.es sich handelt, ob <strong>der</strong> Jugendliche nur e<strong>in</strong> paar <strong>Tag</strong>e bleibto<strong>der</strong> ob e<strong>in</strong> Clear<strong>in</strong>g notwendig ist. Die Bezirkssozialarbeitwünscht <strong>in</strong> diesem Fall e<strong>in</strong> Clear<strong>in</strong>g, da ihr nicht klar ist, ob<strong>der</strong> Jugendliche wie<strong>der</strong> nach Hause zurück kann. Gleichzeitigkommen die Eltern e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en Jugendlichen zum Term<strong>in</strong>mit dem Bezugsbetreuer, <strong>der</strong> heute Spätdienst hat. Das Gesprächf<strong>in</strong>det im ersten Stock im Mitarbeiterzimmer statt. Zuerstohne den Jugendlichen, weil er noch im Praktikum ist,dann aber, als er im Haus ist, wird er dazu geholt. Die an<strong>der</strong>enJungs genießen die Sonne im Garten, e<strong>in</strong>er geht mit demHund <strong>der</strong> Bereichsleitung spazieren, e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er sitzt <strong>am</strong> PCund schreibt se<strong>in</strong>en Freunden auf Facebook. Es kl<strong>in</strong>gelt an <strong>der</strong>Tür, e<strong>in</strong> Kollege kommt von e<strong>in</strong>em Außenterm<strong>in</strong> zurück.Er war mit e<strong>in</strong>em Jugendlichen bei e<strong>in</strong>emVorstellungsgespräch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en <strong>E<strong>in</strong></strong>richtung,<strong>in</strong> die dieser vielleicht nach se<strong>in</strong>em Aufenthalt <strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>Schutzstelle</strong> ziehen könnte. Das Gespräch warwohl sehr schwierig für den Jugendlichen, er istnach dem Gespräch auch nicht mit zurückgefahren,son<strong>der</strong>n <strong>am</strong> Hauptbahnhof bei Freunden geblieben.Der Kollege übergibt <strong>der</strong> Bereichsleitungdie notwendigen Informationen und geht dann <strong>in</strong>se<strong>in</strong>en Feierabend. Das Aufnahmegespräch ist zuEnde, dem neuen Jugendlichen werden die Jungsvorgestellt und se<strong>in</strong> Zimmer gezeigt. Er zieht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>Doppelzimmer mit dem Jüngsten im Haus. Die beidenmachen sich bekannt und <strong>der</strong> Jugendlicheräumt se<strong>in</strong>e Sachen <strong>in</strong> den Schrank. Die Mitarbeiter<strong>in</strong>nenim Haus lassen ihn e<strong>in</strong> paar M<strong>in</strong>uten alle<strong>in</strong>e,d<strong>am</strong>it er e<strong>in</strong> wenig zur Ruhe kommen kann.Aber bereits nach zehn M<strong>in</strong>uten ist er unten imWohnzimmer und sucht Kontakt. Die Bereichsleitunghat dem jüngsten Jugendlichen versprochen,mit ihm Pizza zu machen und den Teig selbst zumachen.