Leistung rauf, Kosten runter - Schweizerbauer.ch

Bilder: Fritz Oppliger
L o h n u n t e r n e h m e r l e g e n M ä h d r u s c h z u s a m m e n
L e i s t u n g r a u f , K o s t e n r u n t e r
Unter Lohnunternehmern herrscht generell harter
Wettbewerb. Drei Lohnunternehmer aus dem
Oberaargau überspringen diesen Schatten und
organisieren den Mähdrusch gemeinsam. Sie können
damit die Leistung verbessern und die Kosten senken.
VON FRITZ OPPLIGER
W
enn sich zwei Mähdrescher
in der Region Langenthal–
Gäu treffen, grüssen sich die
Fahrer überschwänglicher als anderswo.
Dies hat weniger mit oberaargauischer
Freundlichkeit zu tun
als mit der Seltenheit eines solchen
Ereignisses. Denn seit die drei Lohnunternehmer
Markus Schneider,
Thunstetten BE, Fritz Keller, Fulenbach
SO, und Markus Bösiger, Roggwil
BE, vor gut einem Jahr das Mähdreschen
gemeinsam organisieren,
sind ihre Mähdrescher generell seltener
auf der Strasse, und vor allem
kreuzen sich ihre Wege kaum mehr.
Die Mähdreschereinsätze des
Lohnunternehmer-Trios werden von
einer Stelle aus organisiert. Die Zusammenarbeit
ergibt gegenüber der
vorherigen Situation beträchtliche
Optimierungsmöglichkeiten. «Die Kunden
waren bereits im ersten Jahr mit
unserer Arbeit sehr zufrieden. Weniger
Strassenfahrten und mehr produktive
Arbeit zeigt sich aber auch
am insgesamt deutlich geringeren Dieselverbrauch:
Wir konnten rund
10 000 l Diesel einsparen», erklärt
Fritz Keller. Pro Hektare sind das gut
5 l, was 15 Minuten Strassenfahrt bedeutet.
«Die Kunden können zügiger
bedient werden, denn die einzelne
Maschine ist in einem kleineren Radius
im Einsatz», erwähnt Lohnunternehmer
Keller weitere Vorteile der
Zusammenarbeit.
Kunden können den Tarif
beeinflussen
Profitieren die Kunden auch von tieferen
Tarifen? Die drei Lohnunternehmer,
die alle vorher Flächentarife
anwendeten, stellten mit der Reorganisation
des Mähdreschergeschäfts
auf ein zweiteiliges Tarifsystem um:
einen einheitlichen Grundtarif und einen
Zeittarif, abgestuft nach der Mähdrescherleistung.
«Wir wollen Tarife,
die dem engagierten Verhalten der
Kunden gerecht werden», begründet
Markus Schneider die Umstellung auf
Zeittarif. «Wir mussten im letzten
Jahr nie auf einen Wagen warten.
Einzelne nutzten sogar die Möglichkeit,
während des Dreschens abzutanken,
wodurch sie auch wieder
rund 10 Minuten pro Hektare einsparen
konnten». Dabei sind die Tarife so
angesetzt, dass ein Richtband von 3
bis 4Fr./a entstand. «Bei den Abrech-
nungen lässt sich eine Häufung bei
3.50 bis 3.70 Fr./a feststellen.»
Neu auch Getreideabfuhr
im Angebot
Für kleinere Parzellen wird wegen
der Grundpauschale von 130 Franken
und häufiger Wendemanöver das
Dreschen teurer. Sparmöglichkeiten
haben jedoch alle: sich auf ein- oder
zwei Getreidesorten beschränken,
Parzellen zusammenfassen, Getreideanbau
und vor allem die Ernte
mit Nachbarn koordinieren und gemeinsamer
Dreschauftrag. Selbst
grössere Getreideproduzenten sollten
die Getreideernte nicht splitten, son-
Drei Lohnunternehmen
– ein Wissensstand:
Die
Fahrer an der
gemeinsamen
Schulung mit
Klaus Semmler
von Agrartraining
(ganz rechts).
Markus Bösiger,
Fritz Keller und
Markus Schneider
(von links) erneuern
Organisation,
Tarifsystem und
Drescher.
LANDFREUND · 7/2008
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Paradepferd auf
Raupen: Claas
Lexion 570 Terra
Trac mit 7,5-m-
Schneidwerk.
«Landfreund»: Welche
Rechtsform ist für eine Zusammenarbeit
unter Lohnunternehmern
geeignet?
Philipp Nellen, BDO-Visura:
Wichtig ist, dass der gemeinsame
Bereich sauber vom
übrigen Geschäft der einzelnen
Lohnunternehmer getrennt
wird. Deshalb ist die
Bildung einer Gesellschaft
oder einer eigenständigen
juristischen Person zu empfehlen.
Jede Gesellschaftsund
Rechtsform hat ihre
Vor- und Nachteile. Die Kollektivgesellschaft
ist am einfachsten.
Sie kann jedoch
ungerecht sein, weil der Gewinn
gleichmässig auf die
beteiligten Gesellschafter
aufgeteilt wird. Die GmbH
ist mit der Unternehmenssteuerreform
attraktiver geworden.
Die zweifache Besteuerung
erzielter Gewinne
wurde gemindert. Allerdings
wird unter gewissen Umständen
eine Revisionsstelle
verlangt. Die spätere Auflö-
42 LANDFREUND · 7/2008
dern bei zu geringen Transportkapazitäten
den Abfuhrservice der Lohnunternehmer
in Anspruch nehmen.
«Anhänger kommen auf einem Betrieb
vielfach nur ein paar wenige
Male im Jahr zum Einsatz. Es soll
durch unser Tarifsystem niemand zu
solchen Investitionen gezwungen
sein», findet Markus Schneider. Damit
avancieren die Lohnunternehmer
in der Getreideernte zum Fullliner.
Stangen und Schächte auszumähen
ist ein jährlich wiederkehrende
Empfehlung. Wer meint, der
Lohnunternehmer empfehle dies nur
GMBH IST ATTRAKTIVER GEWORDEN
sung ist mit
Schuldenruf, Liquidation
und
Löschung im
Handelsregister
ebenfalls relativ
aufwendig.
Soll das Maschinenkapital
in die
Gesellschaft eingebrachtwerden?
Nein, das ist nicht nötig. Die
heikle Bewertung der Maschinen
lässt sich so umgehen.
Wenn die Maschinen
nicht eingebracht werden,
müssen sich die Gesellschafter
über die zu verrechnenden
Entschädigungen einigen.
Diese müssen so festgesetzt
werden, dass sich Investitionen
lohnen, sonst gerät
der gemeinsame Geschäftsbereich
früher oder später
technisch ins Hintertreffen
und verliert an Konkurrenzfähigkeit.
Verbleiben die
Drescher bei den einzelnen
aus Eigennutz, wird bei Bösiger, Keller
und Schneider eines Besseren belehrt:
«Mit dem Zeittarif haben wir
überhaupt kein Interesse mehr,
schnell zu fahren. Der Produzent entscheidet
über die Fahrgeschwindigkeit,
indem er die Dreschverlust-Toleranz
vorgibt», so Markus Schneider.
Hektik bleibt auch nach
dem Zusammenschluss
Im Zentrum des geschäftigen Treibens
befinden sich Markus Schneider
und seine Frau Nicole, die ruhig und
Philipp Nellen
Unternehmen, ist
die Flexibilität
grösser.
Was müssen die
Lohnunternehmer
vorkehren,
damit die Zusammenarbeit
ein Erfolg
wird?
Die Gesellschafter
müssen ein gutes
Einvernehmen
haben. Sie müssen sich gegenseitig
helfen wollen.
Dann sind klare Abmachungen
in einem schriftlichen
Vertrag zu treffen. Hier
lohnt es sich, einen Berater
beizuziehen. Unter den Gesellschaftern
sind Koordinationsbesprechungendurchzuführen.
Inhaltlich unterstützen
wir sie als neutrale
Berater mit Empfehlungen.
Dabei ist ein gegenseitiges
Vertrauensverhältnis wichtig.
Die Entscheide werden
jedoch allein durch die Gesellschafter
gefällt.
routiniert Telefonanrufe der vom
Wetter getriebenen Landwirte entgegennehmen.
«Ideal für uns sind Aufträge,
die bis spätestens am Vortag
um 18.00 Uhr eingehen, denn anschliessend
teile ich die Aufträge zu»,
erklärt Markus Schneider zum Vorgehen.
Fritz Keller erhält für «sein» Gebiet
die Auftragsliste, mit welcher er
dann für die ihm zugeteilten Maschinen
den detaillierten Tages-Einsatzplan
erstellt. Diese Einsatzpläne erfahren
im Verlauf des Tages vielfach
noch Anpassungen. Dazu Markus
Schneider: «Es gibt immer Spätmelder.
Auch solche, die am Vormittag
anrufen und erstaunt sind, wenn der
Mähdrescher nicht nach dem Mittagessen
auf ihrem Feld erscheinen
kann.» Solche Aufträge richtig einzuteilen,
ist nicht einfach. Aus Kostengründen
sollte er im Einsatzplan
dort eingeschoben werden, wo es
dem nächsten Drescher in die Route
passt. Konsequent wäre es, den Auftrag
an den Schluss zu stellen.
Eigenständigkeit
in der Zusammenarbeit
Der Grat zwischen Eigenständigkeit
und Zusammenarbeit ist schwierig zu
begehen. Die drei Lohnunternehmer
wollten nicht unnötig Eigenständigkeit
aufgeben und haben deshalb auf
gemeinsames Eigentum verzichtet.
Jeder stellt seine Ressourcen zur Verfügung.
Aus den Einnahmen des gemeinsamen
Geschäftsbereichs werden
nach Abzug der variablen Kosten
wie Diesel, Reparaturkosten, Fahrerlöhne
auch die fixen Mähdrescherkosten
und die Arbeit der Lohnunternehmer
entschädigt.
Das Trio benutzt dabei die elektronische
Erfassung des Arbeitsrapportes
mit Palm-Taschencomputer, wie
dies bei Schneider Agrar-Service bereits
seit Längerem geschieht. «Ohne
dieses Hilfsmittel wäre eine korrekte
Abrechnung kaum zu machen», bestätigt
der Lohnunternehmer die Notwendigkeit
zuverlässiger Aufzeichnungen.
Doch detaillierte Angaben allein
sind noch kein Garant für eine gerechte
Abrechnung. Markus Schneider
differenziert: «Die fixen Kosten
der Maschinen entschädigen wir aufgrund
der Kalkulation von Abschreibung,
Zins, Gebäude, Versicherungen
und Steuern und nicht nach gedroschener
Fläche.» Welcher Drescher
welche und wie viele Kunden bedient,
darf keine Rolle spielen. «Sonst können
wir die Auftragsabwicklung nicht
optimal gestalten.» ■