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Dr. Dorothea Siems - Friedrich August von Hayek Stiftung

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Dankesrede zur Verleihung des Publizistikpreises der<strong>Friedrich</strong> <strong>August</strong> <strong>von</strong> <strong>Hayek</strong>-<strong>Stiftung</strong> 2013<strong>Friedrich</strong> <strong>August</strong> <strong>von</strong> <strong>Hayek</strong> hat Wirtschaftspolitik – nichtnur in der Theorie, sondern auch in der Praxis – geprägt,wie wenige Ökonomen vor oder nach ihm. Ob MargaretThatcher, Ronald Reagan oder Ludwig Erhard – sie allewaren <strong>von</strong> seinen Ideen einer liberalen Ordnungspolitikinspiriert: Der Staat überwacht als gestrengerSchiedsrichter den Markt, aber er spielt nicht mit.Heutzutage allerdings ist der Zeitgeist antiliberal. Gäbe eseine Börse für Wirtschaftstheorien, so wäre der <strong>Hayek</strong>-Kurs weit <strong>von</strong> seinen Höchstständen entfernt.Neoliberal gilt selbst in bürgerlichen Kreisen alsSchimpfwort. Wachstumskritik ist en vogue.Thatcherismus, Reagonomics oder die deutscheReformpolitik der Agenda 2010 werden als politischeIrrwege kritisiert. Nicht erst seit der Finanzkrise wird demMarkt wahlweise alles oder gar nichts zugetraut.Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass imbundesdeutschen Parlament jetzt erstmals seit dem Kriegkeine liberale Partei vertreten ist. Eine politische Kraft, dieim Zweifelsfall für den Markt eintritt, gilt offenbar alsentbehrlich.Nicht nur in Deutschland, sondern in den meisteneuropäischen Staaten und selbst in den USA sind dieAnhänger <strong>Hayek</strong>s ins Hintertreffen geraten.Konjunkturprogramme, exorbitante Verschuldung,Staatseingriffe bis hin zu Verstaatlichungen, derpermanente Missbrauch der Notenbanken – <strong>von</strong>Ordnungspolitik keine Spur. Der Staat ist auf demVormarsch.


Und wie geht es weiter? Manch einer glaubt an einebevorstehende Renaissance des Liberalismus, sowohl inder Wirtschaft als auch in Politik – mit dem Internet alsPlattform zur Verbreitung freiheitlicher Ideen. Doch dasderzeitige gesellschaftliche Klima lässt im Gegenteilbefürchten, dass die Freiheit des Einzelnen immer weiterabnimmt.Und die Bürger? Sie akzeptieren das nicht nur, vielesehnen sich geradezu danach. Denn Vater Staat versprichtSicherheit und soziale Gerechtigkeit – ein Bollwerk gegendie Unberechenbarkeit und die Härten derMarktwirtschaft. Doch die Realität sieht anders aus, alsuns die Staatsgläubigen einreden wollen. Wir sind auf demWeg in die Knechtschaft: Der Staat begehrt einen immergrößeren Anteil des <strong>von</strong> uns verdienten Geldes, er regelt,wer wie wann arbeiten darf, welche Technologien undEnergien wir nutzen dürfen und zunehmend auch, wie dasFamilienleben zu gestalten ist. Mal steuert Politik mitSteuern und Abgaben, mal über Verbote und Erziehung. Esist keineswegs ein Polizeistaat, der unsere Freiheit aufvielfältige Weise einschränkt. Es ist ein gut meinender, einumsorgender, ein sich omnipotent wähnender Vater Staat.<strong>Hayek</strong> hat uns gewarnt: Politiker die sich nicht anordnungspolitische Grundsätze gebunden fühlen, sondernfallweise politisch entscheiden und in den Markteingreifen, werden zum Spielball <strong>von</strong> Lobbygruppen. DennParteien handeln in der Realität eben nicht nach puremIdealismus, sondern bedienen ihre jeweilige Klientel. Daslehrt die politische Ökonomie.Es ist kein Zufall, sondern fast eine Zwangsläufigkeit, dassdie Interessen künftiger Generationen keine Beachtungfinden; sie sind schließlich heute keine Wähler. Und sowerden zum Preis wachsender Verschuldung die jetzigen


Wähler bedient. Es ist kein Zufall, dass meist dieetablierten, gut organisierten Unternehmen stärkerberücksichtigt werden als die Existenzgründer, die imRegelfall einzeln agieren. Kein Zufall ist es auch, dassBanken, die die staatliche Schuldenpolitik finanzieren,mehr Einfluss auf die Politiker haben, als Millionen <strong>von</strong>Steuerzahlern, die eben keine einheitliche Lobbygruppesind, sondern ein bunt gemischter Haufen.Der englische Spieltheoretiker Ken Binmore beschreibtden Prozess der zunehmenden Staatsaktivität als Spirale.Am Anfang steht eine Gesellschaft, in der sowohl dieindividuelle Freiheit als auch der Einkommensunterschiedin der Bevölkerung groß ist. Der Staat spielt kaum eineRolle.In der zweiten Stufe folgt ein System, das <strong>Hayek</strong>s Ideal amnächsten kommt: eine durch Ordnungspolitik gezähmteMarktwirtschaft. Es gibt einen Sozialstaat, der Armutverhindert, aber ansonsten auf Eigenverantwortung baut.Ludwig Erhard steht ebenfalls für eine solcheMarktordnung. Der Staat dient den Bürgern – nichtumgekehrt.Doch heute sind wir fast überall in Europa mit dem Ausbaustaatlicher Aktivität längst eine Stufe weiter: Es ist einesozialdemokratisierte Marktwirtschaft mit großerUmverteilung und einem Staat, der bis hinein in dieFamilien und tief in die Wirtschaft hineinreguliert.Am Ende dieser Entwicklung gewinnt schließlich der Staatdie Übermacht. Seine Vertreter belohnen diejenigen, dieihn stützen auf Kosten aller anderen. Die wirtschaftlicheKonzentration ist groß, der Handlungsspielraum desIndividuums gering. Abweichungen vom Mainstream sindkaum mehr möglich. „Neofeudal“ nennt Binmore diese„Schöne neue Welt“. Es ist nichts anderes als die <strong>von</strong> <strong>Hayek</strong>


efürchtete Knechtschaft. Das Erschreckende ist, dass esdurchaus in einer Demokratie zu einer derartigenUnfreiheit kommen kann.Zuviel Wohlfahrtsstaat schafft nicht Wohlstand. Vielmehrwird die Freiheit entkernt, bis nur noch die Fassade steht.Den Verfechtern <strong>von</strong> immer mehr Staat geht es in allerRegel um hehre, idealistische Ziele. Heute verspricht mandem Volk die ökologische, die soziale, die europäischeZukunft. Immer neue Bevölkerungsgruppen – inzwischengar ganze Euro-Staaten – werden zu Bedürftigen erklärt.Die real existierende soziale Marktwirtschaft wird zu einerUmverteilungsmaschine, die immer komplexer undintransparenter wird. Da<strong>von</strong> profitieren keineswegs vorallem die Armen. Vater Staat kümmert sich vielmehr umalle – dafür beansprucht er allerdings einen Großteil desEinkommens seiner Bürger und macht zudem nochSchulden.<strong>Friedrich</strong> <strong>August</strong> <strong>von</strong> <strong>Hayek</strong> sah in der Marktwirtschaftviel mehr als nur ein System, das effizienter als jedesandere die Wünsche aller Menschen zum Ausdruck bringtund größtmöglichen Wohlstand erzeugt. Ihm ging es auchum die Verteidigung der Freiheit und um Fairness, um denSchutz vor staatlicher Willkür und vor politischerKlientelwirtschaft. Und um die Würde des Menschen,selbst für sich zu sorgen.<strong>Hayek</strong> Freiheitslehre ist eine großartige Philosophie undAufklärung, da<strong>von</strong> bin ich überzeugt, die wirkungsvollsteWaffe gegen ihre Gegner.<strong>Dorothea</strong> <strong>Siems</strong>

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