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07 I,VII 05 - MDZ-Moskau

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06<strong>Moskau</strong>erRusslands NachbarnNachrichtenKurz u n d KnappAserbaidschanmacht weitermit AlijewBei der fünften Präsidentenwahl seitder Unabhängigkeit Aserbaidschanswurde Amtsinhaber Ilham Alijewmit offiziell 89 Prozent der Stimmenwiedergewählt. Das staatlicheWahlkomitee vermeldete, dassfast zwei Drittel der 4,8 MillionenStimmberechtigten zur Urne gegangenwaren. Alijew setzte sich gegen sechsHerausforderer durch, die nur geringeChancen hatten. Die fünf wichtigstenOppositionsparteien hatten dieAbstimmung wegen befürchtetenBetrugs boykottiert. Die Organisationfür Sicherheit und Zusammenarbeit inEuropa (OSZE) erklärte, im Vergleichzur Parlamentswahl im Jahr 20<strong>05</strong> habees deutliche Verbesserungen gegeben,obwohl nicht alle internationalenVerpflichtungen eingehalten wordenseien. Sie kritisierte vor allem denMangel an Wettbewerb und dieEinschränkung der Pressefreiheit. DieOpposition spricht außerdem vonDemonstrationsverbot und faktischemHausarrest für ihre Vertreter. DerEU und den USA wirft sie vor, nichtgenügend Druck auf die Regierungauszuüben – aus Rücksicht auf dieeigene Energiesicherheit. NachSchließung der Wahllokale feiertenHunderte Anhänger Alijews in denStraßen der Hauptstadt Baku. Vor dreiJahren hatte es am Wahlabend heftigeAuseinandersetzungen gegeben.Berg-Karabachbaldunumstritten?Der russische Außenminister SergejLawrow ist davon überzeugt, dassder Konflikt um Berg-Karabach kurzvor einer Lösung steht. Es gebe nurnoch wenige unentschiedene Fragenzwischen den betroffenen LändernArmenien und Aserbaidschan,sagte er in einem Interview mit der„Russijskaja Gaseta“ Anfang Oktober,eine grundlegende Vereinbarung wärebereits getroffen. Zu klären sind unteranderem noch Transitfragen. Dieetwa 4 400 Quadratkilometer großeRegion innerhalb Aserbaidschans isthauptsächlich von Armeniern bewohntund erklärte sich nach dem Zerfallder Sowjetunion 1991 für unabhängig.Daraufhin kam es zum Krieg, bei dem dasNachbarland Armenien Berg-Karabachunterstützte. Russland vermittelte1994 einen Waffenstillstand. Lawrowließ offen, worauf sich die Präsidentender Kaukasusländer verständigten.Der Kreml will aber nur eine Lösungakzeptieren, mit der beide Seiten lebenkönnen.Januskopf in OsteuropaGemeinsam standen sie im Schneetreiben der orangenen Revolution:Präsident Viktor Juschtschenko und Regierungschefin Julia Timoschenko.Zusammen wollten sie die Ukraine zu einem starken Land zwischen den einstigenBlöcken des Kalten Krieges ausbauen. Gescheitert sind sie nicht anden großen Fragen der Politik, sondern am Kampf um Macht und Einfluss.Welchen Platz die Ukraine innerhalb der Staatengemeinschaft der Welteinnehmen wird, ist indes immer noch nicht klar. Der Blick geht dabei inbeide Richtungen – Ost und West.Als Julia Timoschenko an einemMorgen Anfang Oktober ohne ihrFlugzeug, mit dem sie gen <strong>Moskau</strong>aufbrechen wollte, auf dem KiewerRollfeld stand, hätte sie es ahnenmüssen. Wenn ein Gentleman, indiesem Fall Viktor Juschtschenko,einer Lady das Transportmittelstreitig macht, dann ist die Zeitdes gegenseitigen Respekts offensichtlichabgelaufen. JuschtschenkosFlieger hatte einen technischenDefekt, weswegen er kurzfristig undohne zu fragen auf ihre Maschineumsattelte. Zum Treffen mit RusslandsPremierminister WladimirPutin wäre die ukrainische Ministerpräsidentindeswegen fast zuspät gekommen. Eine Woche späterleitete Präsident Juschtschenko denvorerst letzten Akt im Beziehungsdramades einstigen Traumpaarsein und löste das Parlament auf. Am7. Dezember werden die Ukrainernun zum dritten Mal innerhalb vondrei Jahren zur Urne gebeten.Anfang September hatte diePräsidenten-Partei Unsere Ukraine– Nationale Selbstverteidigung(NUNS) die Koalition mit demBlock Julia Timoschenko (BJuT) aufgekündigt.Juschtschenko warf derMinisterpräsidentin unter anderemvor, sich mit dem innenpolitischenGegenspieler Viktor Janukowitschzu verbünden. Mit Hilfe von dessenPartei der Regionen hatte sieein Gesetz durchgesetzt, das dieDeutsche Zeitung Nr. 20 (243) Oktober 2008Die Ukraine muss sich nicht entscheiden zwischen Russland und dem WestenDas Volk sagt nein zur Nato.Foto: RIA NowostiJulias und Viktors traute Zweisamkeit ist vorbei: Neuwahlen sind ihr zu teuer undihm nur recht und billig.Von Anne WäschleKompetenzen des Präsidenten einschränkensollte. Diese Entmachtungsbestimmungwurde wiederzurückgenommen. Die Bildungeiner neuen Regierungs koalitionscheiterte trotzdem wegen unüberwindbarerDifferenzen der beidenFührungsfiguren. So machte derPräsident von seinem verfassungsmäßigenRecht Gebrauch und entließdas Parlament.Gestritten wurde zuletzt undimmer wieder über die Russlandpolitik.Während Juschtschenkosich von <strong>Moskau</strong> abwendet undfür den Nato- und EU-Beitritt derUkraine kämpft, vermeidet Timoschenkooffene Kritik am Kreml,wie jüngst in der Kaukasus-Frage,und hat dabei auch die starke russischeBevölkerungsminderheit imOsten und Süden im Blick. „ImLand gibt es keinen Konsens darüber,dass die Zukunft der Ukraineim Westen liegt. Eine einseitigeOrientierung nach Russland willallerdings auch keiner“, sagt GerhardSimon, zuletzt Professor fürOsteuropäische Geschichte an derUniversität Köln. Der Nato-Beitrittist im Moment rein hypothetischerNatur. Laut Meinungsumfragensind zwei Drittel der Bevölkerungdagegen. Auch der Westen zögert.Simon meint, die Beitrittsperspektivesei innerhalb der nächsten vierJahre nicht realistisch, hätte aberVorteile: „Für die Ukraine würde dieAufnahme in den Nordatlantikpaktmehr Sicherheit bedeuten und einePositionsstärkung im Verhältnis zu<strong>Moskau</strong>.“Die Ukraine liegt vor Russlandswestlicher Tür und damit weitvorn in seiner Interessenssphäre.Russische Militäranalytiker fürchten,dass ihr Staat im Kriegsfallnicht mehr zu verteidigen wäre,wenn die Ukraine zur Nato gehörte.Auch pragmatische Fragen spieleneine Rolle, zum Beispiel, was denHandel mit zumeist militärischenGütern betrifft, die Russland nuraus einem ehemaligen Sowjetlandwie der Ukraine beziehen kann.Daher will <strong>Moskau</strong> eine Mitgliedschaftmit aller Macht verhindern.„Russland nimmt ständig Einflussin der Ukraine, verfolgt dabei aberkein eindeutiges Ziel. Der Kremlsollte sich erst einmal klar werden,was er genau von der Ukrainemöchte und erst dann übergeeignete Maßnahmen entscheiden“,urteilt Simon. Mit seinen ÖlundGaslieferungen hat Russlandein mächtiges Manipulationsmittelin der Hand. „Bieten könnte mander Ukraine eine gleichberechtigteAnerkennung. Noch immer nimmt<strong>Moskau</strong> das Land nicht für voll.Keine Voraussetzung für eine gutePartnerschaft.“Auch die Position der EuropäischenUnion ist schwierig. Sie wünschtsich einen wirtschaftlich und politischstabilen Partner im Osten, hataber Angst vor den Kosten, die beieiner Mitgliedschaft entstehen würden.Die Ukraine ist der Fläche nachEuropas zweitgrößtes Land. DieInfrastruktur ist unterentwickelt, esgibt einen starken Landwirtschaftssektor– zwei Bereiche, in denen dieEU traditionell viel subventioniert.Dazu kommen die hausgemachtenSchwierigkeiten. „Solange der interneReformationsprozess der EuropäischenUnion nicht abgeschlossenist, wird es keine Erweiterungengeben. Außerdem wollen einige EU-Länder die Beziehungen zu Russlandnicht gefährden“, sagt HeikoPleines von der ForschungsstelleOsteuropa der Universität Bremen.Deshalb gibt es nach Expertenmeinungeninnerhalb der nächsten fünfJahre auch keine EU-Mitgliedsperspektive.Derweil wird ein Freihandelsabkommenangebahnt.Die Frage nach der Ausrichtungder Ukraine ist für Pleines keineEntweder-Oder-Entscheidung:„Die Ukraine braucht Russlandund den Westen. Ein Staat mussnachbarschaftliche Beziehungen inalle Richtungen pflegen.“ Gleichzeitigbeiden Seiten auf Augenhöhebegegnen – die ernsthafte Verfolgungdieses Vorhabens krankte inden vergangenen Jahren an innenpolitischenQuerelen. Die sogenannteukrainische „Schaukelpolitik“schwankt zwischen den Extremen,je nachdem, wer gerade ander Macht ist. „Außenpolitisch gibtes keinen verlässlichen Ansprechpartner.Wenn man heute Verhandlungenführt mit dem einen, kannman sich nicht darauf verlassen, dassder nächste sich auch an die Vereinbarungenhält“, sagt Pleines. DiesenUmstand stützt auch der Fakt, dassdie ukrainische Verfassung zweiMachtzentren zulässt. Über dieHerrschaftsansprüche der beidenFührungsfiguren ist die Demokratieerneut ins Stolpern geraten. Derehemalige ukrainische ParlamentssprecherWladimir Litwin sagtegegenüber Ria Nowosti, die Schuldan der derzeitigen Krise trügen„Politiker, die bei unterschiedlichenaußenpolitischen Mächten Unterstützungfinden wollen, um darausKapital für die eigene Karriere zuschlagen“. Seit vier Jahren befindetsich das Land fast permanent imWahlkampf und ein Ende ist nicht inSicht. Nach den Parlamentswahlenim Dezember folgt die PräsidentschaftswahlAnfang 2010. Bei einerUmfrage des Kiewer InternationalenInstitutes für So ziologie erhieltJulia Timoschenkos Block im September24,1 Prozent der Stimmenknapp vor der Partei der Regionenmit 23,3 Prozent. Die Partei UnsereUkraine von Viktor Juschtschenkokam auf magere 3,8 Prozent. Fielendie Parlamentswahlen im Dezemberähnlich aus. wäre das Traumpaarder demokratischen Revolutionendgültig Geschichte.Foto: RIA NowostiThemenhefte der <strong>MDZ</strong> für Branchen-Profis!Die <strong>Moskau</strong>er Deutsche Zeitung veröffentlichtregelmäßig Sonderausgaben zu wichtigen Themendes deutsch-russischen Austauschs: Städtepartnerschaften,Finanzen, Energie, Wissenschaft und Bildung,Immobilien und Logistik.Aktuelle Ausgabe:<strong>Moskau</strong> – BayernFolgende Ausgaben:<strong>Moskau</strong> – Düsseldorf, InnovationenBei Interesse und Fragen kontaktieren Sie uns unterTel.: (495) 937 6544 oder per E-mail: gtv@martens.ru

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