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Larissa und Florian - KGS Kirchweyhe

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● In Rente gegangen


Zeitzeugen InterviewMit Helmut LogemannIch bin 1942, im Krieg, bin ich in die Lehre gegangen hier bei der Norddeutschen Kreditbankdie jetzige Commerzbank. Dann habe ich gelernt <strong>und</strong> dann musste ich im Oktober 1944, zumMilitärdienst. Und dann bin ich anschließend in Gefangenschaft gekommen <strong>und</strong> dann bin ichfast zwei Jahre in Gefangenschaft hinter Stacheldraht gewesen.Frage: Und warum bist du in Gefangenschaft gekommen?Antwort: Wir mussten ja kämpfen gegen die Amerikaner <strong>und</strong> dann hat man unsentwaffnet <strong>und</strong> ins Lager geschickt. Und die ersten die in Gefangenschaft gekommen sind,die wurden nach Amerika abtransportiert. Alle Soldaten die entwaffnet worden sind die hatman eingesperrt .Und dann bin ich zwei Jahre hinter Stacheldraht gewesen.Frage: Wo war denn das?Antwort: Das war in Nordfrankreich, in der Normandie größtenteils in Le Havre das isteine Hafenstadt. Ja <strong>und</strong> bin dann wieder gekommen Ende 1946 <strong>und</strong> dann musste ichweiterlernen.Frage: Was hast du denn gelernt?Antwort: Bankangestellter, Banklehre <strong>und</strong> dann wurde die Prüfung vorgenommen daswar 1948 ja <strong>und</strong> dann bin ich 42 Jahre bei der Firma geblieben. Ja das ist so mein Lebenslauf.Frage: Und wie war das so als die kamen <strong>und</strong> euch in die Gefangenschaft gesteckt haben?Antwort: Ja, das war schlimm, denn wir waren ja nicht so bewaffnet wie die Amerikaner,da kamen so 50 Panzer auf uns zu gefahren <strong>und</strong> das war, kann man sich ja vorstellen wennman dann 17 Jahre alt ist. Und dann haben wir den Rückzug mitgemacht <strong>und</strong> dann bin ich indie Gefangenschaft gekommen.Frage: Und wer war da noch so alles, also Leute die du kanntest?Antwort: Nein wir waren alle zusammen gewürfelt vom Militär also wir kannten unsnicht. Da waren alles 17 Jährige, die gerade eingezogen worden sind. Und davon sind ja auchviele nicht wieder gekommen. Die Gefallen sind, die haben nicht viel vom Leben gehabt. Ja<strong>und</strong> die Gefangenschaft das war nicht einfach aber ich habe es überstanden man wussteauch nicht ob man wieder nach Hause kommt, da sind auch viele gestorben. Und das warenja große Lager zigtausend Leute drin, wir haben auch sehr gehungert, die konnten ja auchgar nicht soviel Essen herbringen. Obwohl die Amerikaner ja nicht so waren das die nicht


liefern wollten. Aber das waren so viele Leute die soviel verbrauchten das konnte man ja garnicht herbringen. Und wie gesagt habe ich dann weitergelernt <strong>und</strong> bin dann da geblieben.Damals war man froh wenn man überhaupt eine Arbeitsstelle hatte waren ja schlechteZeiten nach dem Krieg. Da war es ja sehr schlecht. Da hatten wir ja auch viele Flüchtlinge <strong>und</strong>Vertriebene auch aus den Ostgebieten, die alle ihre Heimat verlassen mussten. Da sind auchviele unterwegs gestorben. Und die anderen mussten hier alle untergebracht werden. Daswaren ja Millionen Leute, die hier untergebracht werden mussten, Z.B hatten wir auch amKuhzaun, haben wir welche aufgenommen <strong>und</strong> die wohnten dann in euer heutigen Küche.Da haben die da drin geschlafen da haben die alles drin gemacht, zwei Personen. Das warnatürlich schwer. Das war eine ganz schwere Zeit. Und hier waren ja auch einige Häuserzerstört, 20/25 Stück um die Kirche herum in <strong>Kirchweyhe</strong> nicht so viel. Die Häuser dieabgebrannt in den letzten Kriegstagen. Und in Bremen war ja alles kaputt im Bremer Westenwar ja alles zerstört da war kein Stein mehr auf dem anderen.Frage: Und wie muss man sich das vorstellen haben die euch da aus der Gefangenschafteinfach raus gelassen oder wie war das?Antwort: Ja da wurden die Leute zum Teil schon früh entlassen, die Älteren wurden zuerstentlassen <strong>und</strong> wir Jüngeren zum Schluss, das ist klar die die verheiratet waren sind eherrausgekommen. Und ich bin dann richtig Menschenscheu geworden wenn man nur hinterStacheldraht lebt, ich bin dann erst nach Münster <strong>und</strong> von da aus dann in einen Zug RichtungBremen. In Eistrupp hatte der Zug einen Halt <strong>und</strong> ist einfach nicht weiter gefahren, ich bindann mit meinen Seesack auf meinem Schoß auf dem Tisch vor mir eingeschlafen <strong>und</strong> als ichaufwachte war ich dann in Bremen. Am Bahnhof kam gerade ein Zug mit meinenVerwandten, erst mal habe ich mich hinter eine Säule versteckt so Menschenscheu war ich.Und als ich dann wieder kam musste ich mir erst mal Zeug holen also was zum anziehen esgab ja nichts das war ja ganz wenig. Die Wochenrationen ergab 1000g Brot für eine ganzeWoche. Die Leute haben gehungert, auf dem Dorf nicht so, weil wir ja auch noch Tierehatten Kühe, Schweine, Milch usw. Aber wo ich in der Stadt gearbeitet habe roheSteckrüben gegessen.Frage: Und was war hier so passiert während du nicht da warst? Was haben andereerzählt?Antwort: Ja es gab Zeiten das habe ich nicht mitgemacht da durften die Leute abendszum teil gar nicht rausgehen. Ausgehverbot.Frage: Und warum hatten die das?Antwort: Ja die Amerikaner waren ja unsere Feinde. Die hatten ja auch Angst. Und dannhabe ich in Bremen gearbeitet, in der Obernstraße, eines Morgens als noch Zeit hatte, ichbin ja immer mit dem Zug zur Arbeit gefahren da standen auf dem Bahnhofsvorplatz ganzviele Leute. Da haben die was zu Essen oder Zigaretten getauscht, aber das war ja verboten.Ich habe dann erst mal geguckt <strong>und</strong> plötzlich ertönte ein Pfiff <strong>und</strong> alle waren weg ,weil das javerboten war <strong>und</strong> dann stand ich da <strong>und</strong> dann kam ein Wachtmeister <strong>und</strong> dachte ich hab daauch was mit zutun aber das hatte ich ja nicht. Und da wo ich gearbeitet habe das istgegenüber von Karstadt jetzt Peek & Cloppenburg <strong>und</strong> die Fassade die steht noch dahinter


da hab ich gearbeitet. In <strong>Kirchweyhe</strong> bin ich ja in die Lehre gekommen da wo jetzt dieApotheke ist in der Bahnhofstraße. Und als ich dann aus der Gefangenschaft wiederkam habich die Lehre fertig gemacht <strong>und</strong> musste dann aber gleich nach Bremen. Das ist ja schon einUnterschied hier so Acht Angestellte <strong>und</strong> in Bremen dann 300. Die eine Hälfte der Fassadestand noch <strong>und</strong> dann mussten wir Wochenweise da helfen die Trümmer wieder aufzubauen<strong>und</strong> Fenster <strong>und</strong> Türen die waren beschädigt, draußen hatte man Pappschilder also Pappevorgemacht. Wir hatten ja kein Glas <strong>und</strong> Heizung ging ja auch nicht. Da hatten wir nur Öfen<strong>und</strong> da wurde mit Torf geheizt <strong>und</strong> wir hatten manchmal da drin auch ein Mantel an anderskonnte man das da gar nicht drin aushalten Das war schlimm.Frage: Wie lange war eigentlich der Zeitraum vom Einzug zum Militär bis zum Anfang derGefangenschaft?Antwort: Ja das ist nicht lange gewesen also ich bin ausgebildet wurden in Gadelegen inSachsen Anfang Februar bin ich in den Westen gekommen in die Kampfeinheit <strong>und</strong> dannkam ich nach ein paar Wochen schon in Gefangenschaft. Zwei Jahre bin ich da gewesen.Frage: Und wie muss man sich so den Alltag in der Gefangenschaft vorstellen?Antwort: Ja wir haben ja manche Tage nichts zu essen bekommen <strong>und</strong> dann nachher warich im Verpflegungslager beschäftigt, in der Küche bin ich auch mal gewesen in derAmerikanischen Küche <strong>und</strong> habe da geguckt <strong>und</strong> geholfen, <strong>und</strong> da wo Leute gebrauchtworden hat man welche geholt. Ja ich war ja in dem großen Lager <strong>und</strong> da kamen immerLeute hin die im Arbeitseinsatz waren, amerikanische Soldaten wo die Kompanieweise dortwaren <strong>und</strong> den ging es ganz gut die hatten genug zu essen gekriegt <strong>und</strong> nun suchten dieauch immer Leute die da arbeiten sollten <strong>und</strong> dann suchte man Zimmerleute <strong>und</strong> Tischler<strong>und</strong> dann habe ich die Hand gehoben <strong>und</strong> wollte dahin aber bin nicht hingekommen. Unddann suchten die Köche <strong>und</strong> Fleischer <strong>und</strong> Küchenpersonal <strong>und</strong> dann war ich dabei <strong>und</strong> damusste ich abends Kakao kochen ich hatte ja von Tuten <strong>und</strong> Blasen keine Ahnung <strong>und</strong> dannsagte der eine Landsmann „was machst du da denn?“ „Ja ich koche Kakao“ Ja aber du kannstdoch nicht so Kakao kochen Mensch mit Wasser <strong>und</strong> Pulver. Und dann musste ich immer soNebenarbeiten machen so Kartoffelschälen <strong>und</strong> so, aber ich saß an der Quelle <strong>und</strong> kriegtewas zu esse <strong>und</strong> das war ja auch schon viel Wert. Wir hatten nur das Bestreben nach Hausezukommen. Und das hat ungefähr 1 Jahr gedauert das ich vom Zuhause Nachrichtbekommen habe oder meine Eltern von mir solange dauerte das die Post <strong>und</strong> die wussten jaauch nicht ob ich noch am Leben bin. Und dann war ja die Währungsreform die Umstellungvon Reichsmark auf D-Mark <strong>und</strong> Deutschland war ja besetzt von ausländischen Truppen. Unddann haben die Russen <strong>und</strong> die Amerikaner sich nicht verstanden <strong>und</strong> haben sich mit denanderen zusammen geschlossen <strong>und</strong> das war dann die B<strong>und</strong>esrepublik <strong>und</strong> die wurde dannunterstützt von den Amerikanern das gab den Marshallplan <strong>und</strong> dadurch wurde unsereIndustrie wieder angekurbelt da wurden wieder Autos gebaut <strong>und</strong> dieses <strong>und</strong> das denn dassah ja sehr schlecht aus. Und dann wurde ja wieder aufgebaut. Der ganze Bremer Westen.Und dann ging es uns ja auch wieder besser. Und hier in <strong>Kirchweyhe</strong> war ja der GrößteGüterbahnhof Norddeutschlands <strong>und</strong> hier kamen immer die ganzen Kohlenzüge <strong>und</strong> habendie Leute da irgendwas gemacht das die Züge halten mussten, haben die Klappenaufgerissen <strong>und</strong> das war hier allgemein bekannt, Kohlenklau nannte man das. Und viele


Leute aus der Stadt sind dann auch hier her gekommen um zu Hamstern oder nach Essen zubetteln die hatten ja nichts in der Stadt.Auswertung des InterviewsFolgendes neues haben wir im Hinblick auf unser Forschungsinteresse herausgef<strong>und</strong>en wieman sich die Kriegsgefangenschaft in der Normandie in Nord Frankreich Le Havré ungefährvorstellen muss <strong>und</strong> wie schlimm es für meinen Opa, der zu der Zeit ein junger Soldat war,(17 Jahre alt) gewesen sein muss. Und wie prägend diese Ereignisse <strong>und</strong> Erinnerungen fürsein weiteres Leben waren. Zusätzlich gab es zu der Zeit Hungersnot <strong>und</strong> es gab eingeteilteWochenrationen (1000 Gramm). Dabei war es auf dem Lande nicht so drastisch, da es dort jaTiere <strong>und</strong> Produkte aus der Landwirtschaft gab.Als er aus der Gefangenschaft wieder kam merkte man ihm einige Veränderung an Z.B ist ertotal menschenscheu geworden. Zudem waren im Bremer Westen <strong>und</strong> <strong>Kirchweyhe</strong> vieleHäuser zerstört. Helmut hat in Bremen bei der Bank gearbeitet, dessen Fassade mussten mitHilfe der Mitarbeiter wieder aufgebaut werden.Für Helmut Logemann war es eine schwere <strong>und</strong> harte Zeit, die ihn sehr geprägt hat weil ernoch sehr jung war <strong>und</strong> hofft, dass ein Krieg nie wieder gibt. Schlimm war es auch das ganzeElend <strong>und</strong> den Tod von einigen seiner Kameraden, zu denen man schon im laufe der Zeit einfre<strong>und</strong>liches Verhältnis aufbaut hat.

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