19.11.2012 Aufrufe

„Das fängt ja gut an“ Für ein Bleiberecht - Flüchtlingshilfe Lippe eV

„Das fängt ja gut an“ Für ein Bleiberecht - Flüchtlingshilfe Lippe eV

„Das fängt ja gut an“ Für ein Bleiberecht - Flüchtlingshilfe Lippe eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

F L Ü C H T L I N G S H I L F E L I P P E<br />

Newsletter<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

Seit der letzten Ausgabe des Newsletters hat sich Vieles getan,<br />

über das wir dieses Mal berichten werden. Dabei stimmen<br />

<strong>ein</strong>ige Artikel sicherlich positiv. So war die erste Mahnwache<br />

von „Wachbleiben“ sehr erfolgreich. Viel mehr Teilnehmer<br />

als erwartet haben die Nacht durchwacht. Ein neuer<br />

Ver<strong>ein</strong> mit Namen „Integrationsperspektive“ steht als<br />

Selbstorganisation von Flüchtlingen unmittelbar vor der<br />

Gründung und auch die Ankündigung der Stadt Detmold<br />

gegenüber der Detmolder Alternative, in diesem Jahr k<strong>ein</strong>e<br />

Roma in den Kosovo abzuschieben zu wollen, dürfte zumindest<br />

<strong>ein</strong>e kurzfristige Erleichterung bringen.<br />

Aber leider gibt es auch wieder andere Nachrichten. Schon<br />

verschiedentlich fiel z.B. in Lage <strong>ein</strong> sehr negativer Umgang<br />

des dortigen Sozialamtes mit Flüchtlingen auf. Auf die Spitze<br />

hat es das Sozialamt getrieben, als es <strong>ein</strong>em Mitarbeiter der<br />

<strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V., Frank Gockel, Hausverbot für das<br />

<strong>ein</strong>zige öffentliche Flüchtlingswohnheim erteilte, weil er<br />

erste Hilfe geleistet hatte.<br />

Ebenfalls bedenklich stimmt die Vermutung, dass bei der<br />

Ausländerbehörde des Kreises <strong>Lippe</strong> geheime Nebenakten<br />

geführt wurden. Ein faires Verfahren für den Betroffenen ist<br />

nur möglich, wenn sowohl das Gericht als auch der Rechtsanwalt<br />

die Möglichkeit bekommt, die gesamte Akte <strong>ein</strong>zusehen.<br />

Neben diesen Themen bietet der vorliegende Newsletter<br />

<strong>ein</strong>e Premiere: Sie halten die erste Doppelausgabe in der<br />

Hand. Die Redaktion freut sich dabei besonders, dass mehrere<br />

Artikel von Koautoren geschrieben wurden. Wer auch<br />

für den nächsten Newsletter <strong>ein</strong>en Beitrag schreiben möchte,<br />

ist hierzu herzlich <strong>ein</strong>geladen.<br />

Ein leidiges Problem bleibt die Finanzierung der Arbeit der<br />

<strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V.. Auch wenn dieses Jahr auf den<br />

ersten Blick finanziell gesichert aussieht, gibt es trotzdem<br />

Schwierigkeiten. Viele Fördergelder fließen erst nach Abschluss<br />

des Jahres, in dem sie ausgegeben werden müssen.<br />

Neues aus der <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V.<br />

Ausgabe 4-5<br />

Juni 2011<br />

Dadurch ergeben sich immer wieder Finanzierungslücken, die<br />

wir füllen müssen. Besonders problematisch erweist sich das<br />

Jahr 2012, wo große Defizite zu erwarten sind. Spenden sind<br />

deswegen weiterhin gerne gesehen.<br />

Auch materielle Spenden können weiterhelfen. So sucht die<br />

<strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e. V. aktuell Kindersitze für Autos in verschiedenen<br />

Größen.<br />

Es gibt zu viele Flüchtlinge,<br />

sagen die Menschen.<br />

(Ernst Ferstl)<br />

In dieser Ausgabe:<br />

Es gibt zu wenig Menschen<br />

sagen die Flüchtlinge<br />

Neues aus der <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V. 1<br />

Wachbleiben 2<br />

43 Menschen am Flughafen Pristina ausgesetzt 4<br />

Sind wir stärker als wir denken?? 4<br />

<strong>„Das</strong> fäng <strong>ja</strong> <strong>gut</strong> <strong>an“</strong> 5<br />

<strong>Für</strong> <strong>ein</strong> <strong>Bleiberecht</strong> 5<br />

Nicht für Akte bestimmt! 6<br />

Stadt Lage wirft Flüchtlingsberater aus Flüchtlingswohnheim 6<br />

Zahlen, Daten, Fakten 7<br />

Kurznachrichten 7<br />

Termine 7<br />

Solidarität kostet Geld 8<br />

Impressum 8<br />

1


Detmold ◊ Zum ersten Mal fand in der Nacht vom 11. auf den<br />

12. April 2011 <strong>ein</strong>e lange Mahnwache in <strong>Lippe</strong> gegen die Ab-<br />

schiebung von Roma in den Kosovo statt.<br />

Bereits <strong>ein</strong>ige Monate vor der ersten Mahnwache traf sich<br />

regelmäßig die Gruppe „wachbleiben“, um die Aktion zu pla-<br />

nen. Aus ganz unterschiedlichen Kreisen setzten sich die Mit-<br />

glieder zusammen. Von Aktiven aus der Flüchtlingsberatung,<br />

über junge Menschen aus der „Alten Pauline“ und aus ver-<br />

schiedenen politischen Gruppierungen bis hin zu Aktiven aus<br />

den Kirchengem<strong>ein</strong>den reichte die Vorbereitungsgruppe. Da<br />

im Vorfeld nicht klar war, wann die nächste Abschiebung von<br />

Roma in den Kosovo erfolgen sollte, stellte sich insbesondere<br />

die Mobilisierung der Teilnehmer als schwierig heraus. Großer<br />

Wert wurde deswegen in <strong>ein</strong>en funktionierenden E-Mail-<br />

Verteiler gelegt.<br />

Am Aktionsabend selber trafen sich die Aktiven der Gruppe<br />

„wachbleiben“ gegen 18:00 Uhr in der Erlöserkirche am Markt<br />

in Detmold. Beim Aufbau fragten sich alle Beteiligten, wie viele<br />

Menschen wohl kommen würden. Geplant waren 100 Besu-<br />

cher in den Abendstunden und 20 Menschen, die die ganze<br />

Nacht durchwachen würden.<br />

Kurz vor 20:00 Uhr machte dann <strong>ein</strong> 15 m langes Transparent<br />

an dem Kirchturm weithin sichtbar, dass sich die Menschen in<br />

der Kirche gegen Abschiebungen aussprechen. Weitere Trans-<br />

parente wiesen konkret auf die Aktion der Gruppe<br />

„wachbleiben“ hin.<br />

Nach und nach füllte sich dann die Kirche. Über 150 Menschen<br />

sind dem Aufruf gefolgt. Dabei war die Zusammensetzung sehr<br />

unterschiedlich. Mit Flüchtlingsvertretern, Vertretern von Par-<br />

wachbleiben<br />

Quelle: www.f2-fotografie.de<br />

teien, Autonomen, Flüchtlingen aus dem Kosovo und aus an-<br />

deren Ländern, Schülern und Menschen, die durch die Abkün-<br />

digung in den Gottesdiensten über die Aktion erfahren hatten,<br />

kam <strong>ein</strong> breites Publikum zusammen. Besonders erfreulich<br />

war, dass viele zum ersten Mal sich mit dem Thema Abschie-<br />

bungen aus<strong>ein</strong>andersetzten.<br />

Zur Begrüßung hielt Pfarrer Dieter Bökemeier <strong>ein</strong>e Andacht<br />

zum Thema „wachbleiben“. Er beschäftigte sich mit dem Text<br />

in der Bibel, in der Jesus kurz vor s<strong>ein</strong>er Verhaftung s<strong>ein</strong>e Jün-<br />

ger aufforderte, wach zu bleiben und mit ihm zu beten. Drei-<br />

mal schliefen die Jünger <strong>ein</strong>, Jesus musste sie wecken. So et-<br />

was soll sich nicht wiederholen. Wir alle sind aufgefordert,<br />

wach zu bleiben und darauf zu achten, dass k<strong>ein</strong> Unrecht ge-<br />

schieht.<br />

Danach wurde <strong>ein</strong> Film über die Situation im Kosovo gezeigt.<br />

Die Bilder schilderten <strong>ein</strong>drücklich, dass es unverantwortlich<br />

ist, Menschen in den Kosovo abzuschieben. Eine extrem hohe<br />

Arbeitslosigkeit, fehlende Unterkünfte, <strong>ein</strong> Sozialstaat, der<br />

nicht in der Lage ist, Rückkehrer zu versorgen und <strong>ein</strong> Versa-<br />

gen der Rückkehrprogramme der Bundesrepublik machen<br />

deutlich, dass es k<strong>ein</strong>e Perspektiven im Kosovo gibt. Selbst der<br />

Sozialminister der kosovarischen Regierung bittet die Bundes-<br />

republik, auf Abschiebungen zu verzichten.<br />

Anschließend berichtete der Flüchtlingsberater Frank Gockel<br />

über die Praxis der Zentralen Ausländerbehörden und der regi-<br />

onalen Ausländerämter bei Abschiebungen in dem Kosovo.<br />

Erschrocken zeigten sich die Zuhörer über den Bericht, wie<br />

sogenannte Direktabschiebungen durchgeführt werden. Un-<br />

fassbar war, dass die Betroffenen, die teilweise über zehn Jah-<br />

ren hier gelebt haben, jede Nacht damit rechnen müssen, ab-<br />

geholt und außer Landes gebracht zu werden.<br />

Ein Flüchtling aus dem neuen Ver<strong>ein</strong> „Integrationsperspektive“<br />

erzählte über die Ziele des Ver<strong>ein</strong>s. Die Selbstorganisation von<br />

Flüchtlingen will sich dafür stark machen, dass auch Menschen<br />

mit <strong>ein</strong>er Duldung und <strong>ein</strong>er Aufenthaltsgestattung stärker in<br />

den Fokus der Integration kommen. Sie verstehen dabei In-<br />

tegration nicht als <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>seitigen Prozess. So sind sie bereit,<br />

mit gem<strong>ein</strong>nützigen Aktionen, wie zum Beispiel Hilfe in Alten-<br />

heimen oder Kindergärten, die Mehrheitsgesellschaft zu un-<br />

2


terstützen. Im Gegenzug sollen mehr Deutschkurse für Flücht-<br />

linge angeboten werden.<br />

Quelle: www.f2-fotografie.de<br />

Irmingard H<strong>ein</strong>e berich-<br />

tete über die Angst, die<br />

Flüchtlinge immer wie-<br />

der erleben. Mit vielen<br />

Beispielen von Einzel-<br />

schicksalen machte sie<br />

deutlich, dass die perma-<br />

nente Angst vor Auslän-<br />

derbehörden,Sozialbe- hörden und Polizei die<br />

Flüchtlinge krank ma-<br />

chen kann. Dass so <strong>ein</strong><br />

Leben in Würde kaum<br />

möglich ist, wurde allen<br />

Zuhörern klar.<br />

Gudrun Rehmann, Detmolder Grüne der ersten Stunde, las<br />

<strong>ein</strong>e bewegende Geschichte vor. Auch an der Orgel setzte sie<br />

Akzente, indem sie <strong>ein</strong> Stück vortrug, das <strong>ein</strong> Musiker während<br />

des Bosnienkrieges nach <strong>ein</strong>em Bombenattentat auf <strong>ein</strong>em<br />

Marktplatz ge-<br />

spielt hatte.<br />

Weiterhin wur-<br />

de die Nacht<br />

musikalisch ge-<br />

staltet durch die<br />

Liedermacher<br />

Ari und Rott,<br />

die neben zahl-<br />

reichensozial- kritischenTex- ten auch Lieder<br />

über ganz alltägliche Dinge, wie zum Beispiel Regen, Lie-<br />

be, Sperrmüll und die Bewältigung des alltäglichen Alltags-<br />

wahnsinns sangen.<br />

Viel spannender als das eigentliche Programm waren jedoch<br />

die vielfältigen Gespräche zwischendurch. Gerade die unter-<br />

schiedliche Zusammensetzung des Publikums sorgte dafür,<br />

dass es immer wieder diverse Anknüpfungspunkte gab. Es<br />

wird wohl kaum <strong>ein</strong>en Menschen geben, der die Erlöserkirche<br />

verlassen hat, ohne neue Eindrücke und Perspektiven gewon-<br />

nen zu haben.<br />

Gegen Mitternacht stärkte die Kochgruppe der alten Pauline<br />

alle Teilnehmer mit <strong>ein</strong>er leckeren veganen Suppe, so das auch<br />

für das leibliche Wohl hinreichend gesorgt war.<br />

So gestärkt ging es dann durch die Nacht weiter. Um 1:30 Uhr<br />

waren noch über 80 Teilnehmer anwesend. Einige legten sich<br />

mit ihren Schlafsäcken auf die Bänke der Kirche und verbrach-<br />

Quelle: www.f2-fotografie.de<br />

ten so die restliche Nacht, damit sie am nächsten Morgen<br />

noch zur Arbeit oder zur Schule gehen konnten. Andere sahen<br />

sich noch <strong>ein</strong>en thematisch passenden Spielfilm an oder unter-<br />

hielten sich.<br />

Gegen 6:00 Uhr wurden dann noch <strong>ein</strong>mal alle richtig munter<br />

in der Kirche. Als die Lautsprecheransage erklang, lugten über-<br />

all aus den Bänken verschlafene Köpfe hervor. Die Aktivisten<br />

der Gruppe wachbleiben konnten verkündigen, dass k<strong>ein</strong>e der<br />

beiden Ausländerbehörden aus dem Kreis <strong>Lippe</strong> in der Nacht<br />

versucht hatten, Menschen in den Kosovo abzuschieben. Die<br />

Erleichterung in der ganzen Kirche war deutlich spürbar.<br />

Um 7:00 Uhr begann das große Aufräumen. Alle Anwesenden<br />

fassten fleißig mit an, so dass bereits <strong>ein</strong>e halbe Stunde später<br />

<strong>ein</strong> gem<strong>ein</strong>sames Frühstück zum Abschluss <strong>ein</strong>genommen<br />

werden konnte. Viele gingen dann direkt von der Kirche zur<br />

Arbeit oder in die Schule, nur wenigen war es vergönnt, sich<br />

schlafen legen zu können. Dennoch war allen Beteiligten be-<br />

wusst, wie wichtig diese Aktion gewesen ist, und alle wollen<br />

auch beim nächsten Mal wieder dabei s<strong>ein</strong>, um so auf die dro-<br />

hende Abschiebung von Roma in den Kosovo aufmerksam zu<br />

machen.<br />

Die erste Mahnwache von „wachbleiben“ war <strong>ein</strong> voller Erfolg.<br />

Sie hat deutlich gemacht, dass es <strong>ein</strong>e große Anzahl von Men-<br />

schen im Kreis <strong>Lippe</strong> gibt, die sich gegen Abschiebungen von<br />

Roma in den Kosovo aussprechen. Dass sich kurzfristig über<br />

150 Menschen bereit erklären, <strong>ein</strong>e ganze Nacht zu protestie-<br />

re, sollte <strong>ein</strong> klares Signal an die Politiker auf regionaler-, Lan-<br />

des- und Bundesebene s<strong>ein</strong>. Abschiebungen in den Kosovo<br />

bringen Menschen in <strong>ein</strong> so großes Elend, dass <strong>ein</strong>e aufgeklär-<br />

te Zivilgesellschaft dieses nicht hinnehmen kann. Deswegen<br />

laufen bereits jetzt die Vorbereitungen für die nächste Mahn-<br />

wache, die höchstwahrsch<strong>ein</strong>lich im Juli stattfinden wird. Wer<br />

in den E-Mail-Verteiler <strong>ein</strong>getragen werden möchte, um früh<br />

genug hierüber informiert zu werden, kann dieses auf der In-<br />

ternetseite www.wachbleiben.Info <strong>ein</strong>tragen.<br />

Quelle: www.f2-fotografie.de<br />

3


Von Janke Waltking<br />

Sind wir stärker als wir denken??<br />

Wach bleiben! Viele sind wach geblieben!<br />

43 Menschen am Flughafen Pristina ausgesetzt<br />

Pristina ◊ Wie wichtig die Mahnwache der Gruppe wachblei-<br />

ben in der Erlöserkirche am 11. April war, machte <strong>ein</strong>e E-Mail<br />

deutlich, die uns zwei Tage später erreichte. Einige Aktivisten<br />

der Gruppe „alle Bleiben“ beobachteten am Flughafen in<br />

Pristina die Ankunft der abgeschobenen Flüchtlinge aus<br />

Deutschland. Hier ihr Bericht:<br />

Gestern *12.4.2011+ gegen 17 Uhr kam das Abschiebeflugzeug<br />

nach <strong>ein</strong>em Zwischenstopp in Wien in Pristina an. Einer unse-<br />

rer Unterstützer vor Ort konnte 43 Personen ausmachen, die<br />

mit dem Flieger ankamen. Somit sind es zumindest weniger als<br />

die geplanten über 100 Passagiere und auch weniger als zu-<br />

nächst am Flughafen Düsseldorf geschätzt wurde. Dennoch ist<br />

jede Abschiebung <strong>ein</strong>e zu viel und verursacht bei den Betroffe-<br />

nen großes Leid! Unser Beobachter berichtete uns von nur<br />

schwer für ihn zu ertragenden Szenen am Flughafen Pristina:<br />

w<strong>ein</strong>ende Kinder, enttäuschte und verzweifelte Menschen auf<br />

der Suche nach <strong>ein</strong>em Platz an dem sie unterkommen können.<br />

Vertreter der deutschen Bot-<br />

schaft und des URA II Projektes<br />

waren auch anwesend und bo-<br />

ten den Abgeschobenen an,<br />

<strong>ein</strong>ige Tage in <strong>ein</strong>em Hotel nahe<br />

des Flughafens abzusteigen.<br />

Dieses Angebot wurde aber<br />

kaum wahrgenommen, da nach<br />

ihrer Ankunft die meisten flucht-<br />

artig den Flughafen verlassen<br />

wollten. Weiterführende Einglie-<br />

derungshilfen stehen sowieso nur "freiwilligen" Rückkehrern<br />

und nicht Abgeschobenen offen.<br />

Sabilje Begani und ihre vier Kinder wurden auch angetroffen.<br />

Ob es für sie <strong>ein</strong>e Möglichkeit zur Rückkehr geben wird ist ungewiss<br />

und wird wahrsch<strong>ein</strong>lich nicht von heute auf morgen<br />

gelingen. Solange wird sie sich im Kosovo <strong>ein</strong>richten müssen,<br />

Und auch die, die nur <strong>ein</strong>en Teil des Abends in der Erlöser-<br />

Kirche dabei gewesen sind, werden noch lange und oft darüber<br />

berichten und mit anderen darüber sprechen.<br />

Die Unterschiedlichkeit der Anwesenden von Jung bis Alt, von<br />

hell bis dunkelhäutig, mit und ohne Migrationshintergrund war<br />

be<strong>ein</strong>druckend.<br />

Wir, wir alle sind Gottes Kinder! Und als Gottes Kinder sind wir<br />

was für <strong>ein</strong>e all<strong>ein</strong>stehende Frau mit vier kl<strong>ein</strong>en Kindern<br />

problematisch s<strong>ein</strong> dürfte. Hinzu kommt die Sorge um ihren<br />

schwer kranken Mann, den sie nun nicht mehr im Krankenhaus<br />

besuchen kann.<br />

Auch die Situation <strong>ein</strong>es Mannes aus Rh<strong>ein</strong>e ist Dramatisch. Er<br />

wurde gem<strong>ein</strong>sam mit s<strong>ein</strong>er 20-jährigen schwangeren Toch-<br />

ter abgeschoben, während s<strong>ein</strong>e Frau gem<strong>ein</strong>sam mit fünf<br />

Kindern in Rh<strong>ein</strong>e geblieben ist. Auch hier wurde wieder rück-<br />

sichtslos <strong>ein</strong>e Familie getrennt! Zuvor hatten sie 21 (!!) Jahre<br />

in Deutschland gelebt.<br />

Wir möchten gerne zumindest Sabilje, unterstützen für die es<br />

besonders schwer s<strong>ein</strong> dürfte, den Lebensunterhalt für sich<br />

und ihre Kinder zu sichern, sowie nach Kräften auch alle anderen,<br />

zu denen wir den Kontakt halten können. Spenden hierfür<br />

sind willkommen! Ein weiterer Schritt kann dann die Suche<br />

nach Möglichkeiten <strong>ein</strong>er Rückkehr s<strong>ein</strong>. Auch hierfür kommen<br />

voraussichtlich Kosten für <strong>ein</strong>e/n Anwalt/Anwältin auf die<br />

Betroffenen zu. Es darf nicht s<strong>ein</strong>, dass diese rücksichtslosen<br />

Abschiebungen weitergehen! Lasst uns zeigen, dass sie nicht<br />

durchzusetzen sind und sich die Betroffenen zur Wehr setzen!<br />

Zuwendungen können auf das folgende Konto überwiesen<br />

werden:<br />

Projekt Roma Center Sparkasse Göttingen<br />

K-Nr. 170 399<br />

BLZ 260 500 01<br />

Verwendungszweck: Kosovo<br />

Sind wir stärker als wir denken??<br />

Geschwister! Wie <strong>gut</strong> ,dass wir <strong>ein</strong>ander haben!<br />

Dankbar bin ich ,dass es diesmal (noch ? ) nicht zu <strong>ein</strong>er Abschiebung<br />

gekommen ist.<br />

Lasst uns wach bleiben und lauter werden, damit unsere Proteste<br />

gegen diese zutiefst beschämende Abschiebepraxis gehört<br />

werden und <strong>ein</strong> baldiges Ende finden.<br />

WIR SIND STÄRKER ALS WIR DENKEN!<br />

4


Von Martina Wehrmann<br />

<strong>„Das</strong> <strong>fängt</strong> <strong>ja</strong> <strong>gut</strong> <strong>an“</strong>, dachte ich. Es war halb sechs, die Stadt<br />

noch voller Menschen. Ich begann unsere Flyer zu verteilen:<br />

WACHBLEIBEN! KEINE ABSCHIEBUNG IN DEN KOSOVO – AUCH<br />

NICHT AUS LIPPE! Mäßiges Interesse. Zu viel Text und zu we-<br />

nig Zeit. Kopfschütteln. Nie was von gehört. Ab und zu <strong>ein</strong><br />

Weiß-Ich –Schon- Ich-Komme-Nachher . Im Park <strong>ein</strong> paar chil-<br />

lende junge Leute. Interesse. Zwar nicht an dem Flyer, aber<br />

wohl an m<strong>ein</strong>er Sicherheit: „Hast Du k<strong>ein</strong>e Angst, die Dinger<br />

hier zu verteilen? Es geht doch um Ausländer, oder? Hier lau-<br />

fen `ne Menge Nazis rum. Könnte´n schmerzhafter Abend für<br />

dich werden“. Das hat mir gerade noch gefehlt. Am Ende<br />

nimmt „Jojo“ mir <strong>ein</strong>en Flyer aus der Hand und bestimmt: Wir<br />

kommen. Mal sehen, was da läuft.<br />

Herzklopfen. Nach Mahnwache für den Atomausstieg und an-<br />

schließendem Gebetsgottesdienst leert sich die Kirche erst<br />

<strong>ein</strong>mal wieder. Als mir <strong>ein</strong> Asylbewerber vorgestellt wird, bin<br />

ich befangen. Ich springe über m<strong>ein</strong>en Schatten – es ist nicht<br />

der erste heute Abend – und werde neugierig auf <strong>ein</strong> Leben,<br />

das so ganz anders verlaufen ist als m<strong>ein</strong>es, auf <strong>ein</strong>en Men-<br />

schen, der uns heute Abend s<strong>ein</strong> Schicksal anvertraut ohne<br />

uns zu kennen- und mir wird deutlich, wie dicht am Menschen<br />

Frank Gockel s<strong>ein</strong>e beratende Arbeit tut, wenn so etwas mög-<br />

Von Irmingard H<strong>ein</strong>e<br />

Gedankt sei all denen, die daran beigetragen haben, die<br />

Marktkirche offen zu machen für die von Abschiebung bedroh-<br />

ten Menschen und ihre „Beschützer“.<br />

Gedankt sei all denen, die gekommen sind, um sich zu infor-<br />

mieren, beizustehen und ihre M<strong>ein</strong>ung zu bekunden.<br />

Niemand hat das Recht, Menschen zum Leiden zu zwingen.<br />

Niemand - auch k<strong>ein</strong>e Behörde - hat das Recht, <strong>ein</strong>em ver-<br />

ängstigten Menschen so sehr mit Abschiebung zu drohen, dass<br />

er sich lieber vor <strong>ein</strong>em Güterzug wirft, als sich abschieben zu<br />

lassen. So geschehen in Gifhorn im März 2011.<br />

Sicher war die lange Nacht in der Erlöserkirche <strong>ein</strong>e <strong>gut</strong>e Er-<br />

fahrung für alle, die dort gewesen sind. Wie <strong>ein</strong>fach es s<strong>ein</strong><br />

kann, menschlich mit<strong>ein</strong>ander umzugehen. Aber täuschen wir<br />

uns nicht. Diese Nacht hat grundsätzlich nichts verändert,<br />

höchstens in den Herzen, gewiss nicht in der offiziellen Poli-<br />

tik. Wachbleiben ist not– wendig und muss geübt werden an<br />

jedem neuen Tag.<br />

Der in der Nacht gezeigte Film über die erbärmliche, men-<br />

<strong>„Das</strong> <strong>fängt</strong> <strong>ja</strong> <strong>gut</strong> <strong>an“</strong><br />

lich ist. In mir wächst so etwas wie Stolz auf diesen Ver<strong>ein</strong> der<br />

<strong>Flüchtlingshilfe</strong>, in dem <strong>ein</strong> tolles Team schon so lange enga-<br />

gierte Arbeit tut- warum bin ich nicht schon vor Jahren darauf<br />

gestoßen? Warum erst jetzt? Vielleicht muss man reif werden<br />

dafür. Vielleicht ist es k<strong>ein</strong>e Aufgabe, die man sich sucht, son-<br />

dern eher <strong>ein</strong>e, die sich Leute sucht, die bereit sind, sich fin-<br />

den zu lassen.<br />

Wie auch immer- die Leute, die dann doch in die Kirche strö-<br />

men könnten unterschiedlicher nicht s<strong>ein</strong>. Singen, Beten, Zu-<br />

hören, Essen, Trinken, Mit<strong>ein</strong>ander ins Gespräch kommen,<br />

Sich <strong>ein</strong>bringen mit dem, was man kann und ist und hat, sich<br />

berühren lassen von Worten und Bildern, von Musik und Men-<br />

schen und Schicksalen, sich verbinden mit dem, der so ganz<br />

anders ist, aus dem gleichen Grund hier s<strong>ein</strong> wie viele, die<br />

Nacht mit<strong>ein</strong>ander teilen und wissen: die geteilte Nacht ist<br />

<strong>ein</strong>e halbe Nacht und nicht mehr ganz so dunkel.<br />

Am Ende erfahren die Kirchenbänke nach Jahrhunderten viel-<br />

leicht zum ersten Mal wie es sich anfühlt, nicht nur besetzt,<br />

sondern auch belegt zu s<strong>ein</strong>- mit Luftmatratzen und Schlafsä-<br />

cken und müden Menschen. Als wir müde, erschöpft aber<br />

glücklich in <strong>ein</strong>en neuen Morgen gehen weiß ich, wie wichtig<br />

diese Nacht für andere war – und wie wichtig für uns selbst.<br />

<strong>Für</strong> <strong>ein</strong> <strong>Bleiberecht</strong><br />

schenverachtende Situation der abgeschobenen Roma im Ko-<br />

sovo veranlasste <strong>ein</strong>eb von der Abschiebung bedrohten<br />

Flüchtling zu der Frage:<br />

„Weiß das Ausländeramt denn nicht, was uns im Kosovo er-<br />

wartet?“ Antwort: „Aber natürlich. Das Ausländeramts weiß<br />

Bescheid. Es ist dazu verpflichtet, sich zu informieren.“ „Und<br />

wenn sie das alles wissen, warum schicken sie dann Menschen<br />

dorthin zurück?“<br />

Ich gebe diese Frage an die Ausländerämter weiter.<br />

Wie lebendig es in <strong>ein</strong>em Gotteshaus zugehen kann, hat diese<br />

Nacht gezeigt. Aus menschlicher Sicht betrachtet, müsste Gott<br />

s<strong>ein</strong>e helle Freude daran gehabt haben.<br />

5


Kreis <strong>Lippe</strong> ◊ Nicht wenig erstaunt schaute <strong>ein</strong>e Rechtsanwältin,<br />

als sie nach wiederholter Einsicht in <strong>ein</strong>er Ausländerakte,<br />

die vom Kreis <strong>Lippe</strong> geführt wurde, plötzlich <strong>ein</strong> Schriftstück<br />

entdeckte, auf dem stand: „Nicht für Akte bestimmt!“<br />

Dazu muss man wissen: Zu <strong>ein</strong>em fairen Verwaltungsverfahren<br />

gehört es, dass Gerichte und Anwälte Einsicht in die von den<br />

Behörden geführten Akten nehmen dürfen. Dass die Akte dabei<br />

vollständig vorzulegen ist, sollte eigentlich <strong>ein</strong>e Selbstverständlichkeit<br />

s<strong>ein</strong>.<br />

Im vorliegenden Fall hatte sowohl<br />

die <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong><br />

e. V. als auch die Rechtsanwältin<br />

mehrfach Akten<strong>ein</strong>sicht<br />

durchgeführt. Nachdem die Familie abgeschoben wurde, beantragte<br />

die Rechtsanwältin erneut Akten<strong>ein</strong>sicht. Sie stieß<br />

dabei auf zwei Seiten, die ihr und der Flüchtlingsberatung zuvor<br />

nicht aufgefallen waren. Beide Seiten waren mit dem<br />

handschriftlichen Vermerk „nicht für Akte bestimmt!“ verse-<br />

„nicht für Akte bestimmt!“<br />

Stadt Lage wirft Flüchtlingsberater aus Flüchtlingswohnheim<br />

Lage ◊ Mit Hilfe der Polizei wollte die Stadt Lage am 10. Mai<br />

den Berater der <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V., Frank Gockel, aus<br />

dem städtischen Flüchtlingswohnheim entfernen lassen. Das<br />

schriftliche Hausverbot erfolgte <strong>ein</strong>e knappe Woche später<br />

am 16. Mai. Gockels „Vergehen“: Er hatte Ende April <strong>ein</strong>er<br />

Familie in <strong>ein</strong>er Notlage geholfen und zu diesem Zweck die<br />

Notunterkunft auf Bitten der Familie mit deren Schlüssel be-<br />

treten. Nachdem die Stadt Lage sich weigerte, ihr Verbot<br />

zurückzunehmen, muss sich nun das Verwaltungsgericht<br />

Minden mit der Frage beschäftigen, ob <strong>ein</strong> solches Hausver-<br />

bot Rechtens ist.<br />

Am 28.4.2011 wurde <strong>ein</strong> Familienvater aus Lage notfallmäßig<br />

in die Klinik <strong>ein</strong>gewiesen. S<strong>ein</strong>e schwerstpflegebedürftige Frau<br />

befand sich hilflos hinter der verschlossenen Wohnungstür der<br />

städtischen Flüchtlingsunterkunft. Im Krankenhaus übergab<br />

der Mann dem ihn begleitenden Berater Frank Gockel von der<br />

<strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> den Schlüssel zu s<strong>ein</strong>er Wohnungstür. Er<br />

bat ihn dringend, sich um s<strong>ein</strong>e Frau zu kümmern.<br />

Gockel fuhr zu der Wohnung der Familie, die in <strong>ein</strong>er Notun-<br />

terkunft liegt, die die Stadt Lage für Flüchtlinge bereit hält. Er<br />

informierte u.a. <strong>ein</strong>e Ärztin und das Ordnungsamt, die dafür<br />

sorgten, dass die Frau mit <strong>ein</strong>em Rettungswagen stationär in<br />

<strong>ein</strong> Klinikum aufgenommen wurde.<br />

„Ich habe m<strong>ein</strong>e Pflicht als Mensch und als Flüchtlingsberater<br />

get<strong>an“</strong>, sagt Frank Gockel. Das Sozialamt der Stadt Lage sieht<br />

dies offensichtlich anders. Zunächst wurde bei <strong>ein</strong>em s<strong>ein</strong>er<br />

nächsten Beratungsbesuche in der Unterkunft die Polizei geru-<br />

fen, um ihn aus dem Haus zu entfernen. Schließlich kam am<br />

16.5.2011 per E-Mail <strong>ein</strong> schriftliches Hausverbot. Das Schrei-<br />

ben führt als Begründung an, Gockel habe sich „ohne Erlaub-<br />

nis“ Zutritt zu den Räumlichkeiten der Familie verschafft. Auf<br />

die Notsituation der Frau, die dem Sozialamt bekannt war,<br />

wird in dem Schreiben nicht <strong>ein</strong>gegangen.<br />

hen. Bei beiden Schriftstücken handelte es sich um <strong>ein</strong>e Anfrage<br />

zur Identitätsklärung.<br />

Das plötzliche Auftauchen dieser Seiten in der Akte lässt bei<br />

den Beteiligten den Verdacht aufkommen, dass bei der Ausländerbehörde<br />

des Kreises <strong>Lippe</strong> geheime Nebenakten geführt<br />

werden. Dieses würde aber <strong>ein</strong> faires Verfahren unmöglich<br />

machen..<br />

In der Zwischenzeit sicherte der Kreis <strong>Lippe</strong> in <strong>ein</strong>em Schreiben<br />

zu, dass es k<strong>ein</strong>e Nebenakten<br />

geben, oder dass ggf. das<br />

Führen von Nebenakten in der<br />

Hauptakte ab sofort gekennzeichnet<br />

würde. Rechtsanwälte<br />

empfelen jetzt aber vorsichtshalber, dass diejenigen, die beim<br />

Kreis <strong>Lippe</strong> Akten<strong>ein</strong>sicht nehmen, sich schriftlich bestätigen<br />

lassen, dass die Akte vollständig ist. Weigert sich die Ausländerbehörde<br />

dieses zu tun, weil sie <strong>ein</strong>e Nebenakte führt, so<br />

sollte auf <strong>ein</strong>er Begründung bestanden werden, warum man in<br />

diese Akte k<strong>ein</strong>e Einsicht nehmen darf.<br />

Der Ver<strong>ein</strong> <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V. kritisiert das Hausverbot<br />

für s<strong>ein</strong>en Berater scharf. Er sieht darin den Versuch der Stadt<br />

Lage, <strong>ein</strong>en unbequemen <strong>Für</strong>sprecher der Flüchtlinge in der<br />

Ausübung s<strong>ein</strong>es Berufes zu behindern und den Betroffenen<br />

den Zugang zu unabhängiger Beratung zu erschweren.<br />

Die <strong>Flüchtlingshilfe</strong> vermutet hier <strong>ein</strong>en Zusammenhang mit<br />

anderen Beobachtungen, die sie in der Vergangenheit ge-<br />

macht hat: Verschiedentlich war der Eindruck entstanden,<br />

dass Flüchtlinge bei Problemen mit dem Sozialamt Lage aus<br />

Angst vor <strong>ein</strong>er negativen Reaktion des Sozialamtes den Kon-<br />

takt zu Anwälten oder Beratungsstellen scheuen.<br />

Pfarrer Dieter Bökemeier, Flüchtlingsbeauftragter der Lippi-<br />

schen Landeskirche und Vorstand des Ver<strong>ein</strong>s, stellt fest: „Ich<br />

weiß, dass sich Frank Gockel gerade in Lage seit Jahren sehr<br />

engagiert für die Flüchtlinge <strong>ein</strong>setzt. Dass dieses sehr not-<br />

wendig ist, zeigt schon die Tatsache, dass Flüchtlinge in Lage<br />

sehr häufig wegen der ihnen ihnen zustehenden Leistungen<br />

die Hilfe des Sozialgerichts Detmold in Anspruch nehmen<br />

mussten.<br />

Sebastian Nickel, Rechtsanwalt von Frank Gockel, geht zudem<br />

davon aus, dass das Hausverbot rechtswidrig ergangen ist.<br />

„Ein Hausverbot in <strong>ein</strong>er öffentlichen Einrichtung darf nur er-<br />

folgen, wenn mit <strong>ein</strong>er schwerwiegenden Störung der Be-<br />

triebsabläufe zu rechnen ist“, so Nickel. „Dieses ist im vorlie-<br />

genden Fall nicht gegeben. Im Gegenteil: Gockel ist lediglich<br />

s<strong>ein</strong>er Bürgerpflicht nachgekommen und hat erste Hilfe geleis-<br />

tet.“<br />

Einer Aufforderung des Rechtsanwaltes, das Hausverbot bis<br />

zum 20. Mai aufzuheben, ist die Stadt Lage nicht nachgekommen.<br />

Darum hat Nickel für s<strong>ein</strong>en Mandanten beim Verwaltungsgericht<br />

Minden Klage gegen das Hausverbot <strong>ein</strong>gelegt,<br />

damit Gockel auch weiterhin in Notfällen Hilfe leisten kann.<br />

6


Kreis <strong>Lippe</strong> ◊ Wie sieht es rund um das Thema Flüchtlinge in<br />

<strong>Lippe</strong> tatsächlich aus? Dieser Artikel will <strong>ein</strong>ige Zahlen, Daten<br />

und Fakten zusammentragen.<br />

Mit Stichtag zum 31.12.2010 waren im Kreis <strong>Lippe</strong>, ohne die<br />

Stadt Detmold, 400 Menschen registriert, die <strong>ein</strong>e Duldung<br />

besessen haben. In der Stadt Detmold wohnten am 19.4.2011<br />

60 Personen mit <strong>ein</strong>er Duldung. Acht von ihnen waren in<br />

Deutschland geboren und die Mehrzahl von ihnen lebt bereits<br />

länger als fünf Jahre in Deutschland.<br />

Im Kreis <strong>Lippe</strong> (ohne die Stadt Detmold) hatten am Jahresende<br />

185 Ausländer <strong>ein</strong>e Aufenthaltsgestattung. Im Stadtgebiet von<br />

Detmold lebten am 26.5.2011 23 Menschen mit <strong>ein</strong>er Ge-<br />

stattung. Weitere 121 Personen hielten sich in Detmold am<br />

19.4.2011 mit <strong>ein</strong>er humanitären Aufenthaltserlaubnis nach<br />

§§ 104 a bzw. 25 Abs.5 AufenthG auf.<br />

37 geduldete, erwachsene Personen besaßen in Detmold am<br />

19.4.2011 k<strong>ein</strong>e Erlaubnis für <strong>ein</strong>e Beschäftigung. In 19 Fällen<br />

soll <strong>ein</strong>e aktuelle Prüfung mit dem Ziel erfolgen, diese zu ertei-<br />

len. 25 dieser 37 Personen erhalten Leistungen nach § 2 Asyl-<br />

bewerberleistungsgesetz<br />

Die Stadt Detmold schob im Jahre 2010 acht Personen ab. Bei<br />

vier Personen wurde <strong>ein</strong> Antrag auf Abschiebehaft gestellt, bei<br />

Berlin◊ Das Bundesministerium des Inne-<br />

ren rät in <strong>ein</strong>em Schreiben vom<br />

28.4.2010 bis zur Klärung der Verhältnis-<br />

se in Syrien dazu, vorerst k<strong>ein</strong>e Abschie-<br />

bungen in dieses Land mehr vorzuneh-<br />

men. Auch wird das Bundesamt vorläufig<br />

k<strong>ein</strong>e Entscheidungen hinsichtlich Syrien<br />

treffen. Dennoch gibt es Ausländerbe-<br />

hörden, die weiterhin massiven Druck<br />

auf syrische Flüchtlinge ausüben.<br />

Zahlen, Daten, Fakten<br />

<strong>ein</strong>er Person der Antrag vor der Beschlussfassung zurückge-<br />

nommen. <strong>Für</strong> das Jahr 2011 sind aus Detmold k<strong>ein</strong>e Abschie-<br />

bungen in den Kosovo geplant. Dass der Kreis <strong>Lippe</strong> Abschie-<br />

bungen in diese Region plant, ersch<strong>ein</strong>t als sehr wahrch<strong>ein</strong>lich.<br />

Die meisten Asylunterkünfte im Kreis <strong>Lippe</strong> betreiben die Städ-<br />

te Bad Salzuflen und Lemgo mit jeweils vier Unterkünften. Die<br />

teuerste Unterkunft befindet sich in Lage. Dort werden monat-<br />

lich jeweils 12.000 € für die Unterbringung der Flüchtlinge<br />

ausgegeben. In Augustdorf und in Oerlinghausen sind Flücht-<br />

linge in Containern untergebracht.<br />

In Leopoldshöhe, Kalletal und Oerlinghausen werden Unter-<br />

künfte außerhalb von geschlossenen Ortschaften betrieben.<br />

In Leopoldshöhe gibt es zusätzlich auch k<strong>ein</strong>en Anschluss der<br />

Unterkunft an den öffentlichen Nahverkehr.<br />

Das Zahlenmaterial wurde <strong>ein</strong>er Antwort des Ministers für<br />

Kommunales und Inneres NRW vom 10.5.2011 auf die kl<strong>ein</strong>e<br />

Anfrage 15/1750, <strong>ein</strong>er Antwort der Stadt Detmold auf <strong>ein</strong>e<br />

Anfrage der Detmolder Alternative vom 19.4.2011, <strong>ein</strong>er E-<br />

Mail der Stadt Detmold an dem AK-Asyl e.V. vom 26.5.2011<br />

und <strong>ein</strong>er e-Mail des Kreises <strong>Lippe</strong> an den AK Asyl e.V. vom<br />

17.5.2011 entnommen. Eine Überprüfung der Angaben fand<br />

(noch) nicht statt.<br />

Hier ist Ihre Mithilfe gefordert. Bitte senden Sie uns ihre aktuellen Termine rund um das Thema Flüchtlinge in <strong>Lippe</strong> an<br />

Redaktion@fluechtlingshilfe-lippe.de<br />

12.7. 2011, 14:00 bis 17:00 Uhr, Beratung der <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V. in Lügde, Gem<strong>ein</strong>dehaus der evg. Kirchengem<strong>ein</strong>de<br />

Lügde, An der Stadtmauer 2, 32676 Lügde<br />

29.9.2011, 19:00 Uhr, Kontaktkreis Asyl der Lagenser Kirchengem<strong>ein</strong>den, Gem<strong>ein</strong>dehaus Müssen, Breitenheider Str. 298, 32791<br />

Lage-Müssen<br />

4.10.2011, 17:30 Uhr, Ökumenisches Forum für Flüchtlinge in <strong>Lippe</strong>, Gem<strong>ein</strong>dehaus am Markt, Marktplatz 6, 32756 Detmold<br />

Die amnesty international Jugendgruppe trifft sich an jedem Dienstag im Monat (außer in den Ferien) um 17:45 Uhr bei der<br />

AWO, Elisabethstr. 45-47 , 32756 Detmold<br />

Kurznachrichten<br />

Düsseldorf ◊ Auf <strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>e Anfrage<br />

antwortete die Landesregierung am<br />

24.3.2011, dass die Altersfeststellung bei<br />

minderjährigen Flüchtlingen durch „er-<br />

fahrene Beamte der Ausländerbehör-<br />

den“ erfolgen könne. In der Praxis fällt<br />

auf, dass diese „Schätzungen“ immer<br />

wieder Tag genau erfolgen und der Be-<br />

troffene oft erst vor wenigen Tagen 18<br />

Jahre alt geworden s<strong>ein</strong> soll.<br />

Termine<br />

Blomberg ◊ Der Rat der Stadt Blomberg<br />

hat beschlossen, das Haus in der Hols-<br />

tenhöfer Str. für weitere drei Jahre als<br />

Asylunterkunft zu mieten. Dieses soll die<br />

Situation in der Unterkunft „Kuhstraße“<br />

entspannen, in der seit dem Brand in der<br />

Unterkunft „Neuen Torstraße“ die Zahl<br />

der Bewohner deutlich gestiegen ist. In<br />

der Holstenhöfer Str. sollen vorwiegend<br />

Familien untergebracht werden.<br />

7


——————�—————————————————————————————————————————————————<br />

Solidarität kostet Geld<br />

Spenden Sie jetzt für die <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V.<br />

Hiermit spende ich □ monatlich, □ ¼-jährlich, □ jährlich, □ <strong>ein</strong>malig ________________ € an die <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V.<br />

□ Ich überweise den Betrag auf das Konto der <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V. Kontonummer: 462 173 11 bei der Sparkasse Detmold,<br />

BLZ: 476 501 30.<br />

□ Ich ermächtige die <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V. widerruflich den Betrag von m<strong>ein</strong>em Konto, Kontoinhaber: _______________ ,<br />

Kontonummer: _________________________ bei der Sparkasse/Bank: __________________________________________,<br />

BLZ: _______________________ <strong>ein</strong>zuziehen. Wenn m<strong>ein</strong> / unser Konto die erforderliche Deckung nicht aufweist, besteht<br />

seitens des kontoführenden Kreditinstitutes k<strong>ein</strong>e Verpflichtung zur Einlösung.<br />

□ Ich benötige <strong>ein</strong>e Spendenquittung. Bitte senden Sie mir diese am Anfang des nächsten Jahres unter der folgenden Adresse<br />

zu:<br />

Name: _____________________________________________________________________________________________<br />

Anschrift: ___________________________________________________________________________________________<br />

□ Ich möchte den Newsletter der <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V. weiterhin beziehen. Bitte senden sie ihn mir kostenlos an die fol-<br />

gende e-Mailadresse zu: _______________________________________________________________________________<br />

(Ein Postversand ist aus Kostengründen nur in Ausnahmefällen möglich.)<br />

Datum: ____________, Unterschrift: ________________<br />

Bitte <strong>ein</strong>senden an: <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V., Friedrichstr. 15, 32756 Detmold, Fax: 05231-601085, Mail: Info@fluechtlingshilfe-lippe.de<br />

——————�—————————————————————————————————————————————————<br />

Herausgeber und Verleger: <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V., Friedrichstr. 15,<br />

32756 Detmold, Verantwortlicher Redakteur: Frank Gockel, <strong>Flüchtlingshilfe</strong><br />

<strong>Lippe</strong> e.V., Friedrichstr. 15, 32756 Detmold, Eigendruck.<br />

Der „Newsletter“ ersch<strong>ein</strong>t monatlich und kann kostenlos per Mail<br />

bezogen werden. Beiträge und Leserbriefe sind herzlich willkommen,<br />

jedoch kann <strong>ein</strong> Abdruck nicht garantiert werden. Namentlich gekennzeichnete<br />

Artikel geben nicht unbedingt die M<strong>ein</strong>ung der Redaktion<br />

wieder.<br />

Zum Abbestellen des Newsletters senden Sie bitte <strong>ein</strong>e E-Mail an:<br />

Redaktion@fluechtlingshilfe-lippe.de.<br />

Der Inhalt dieses Newsletters ist urheberrechtlich geschützt. Die Texte<br />

unterliegen – sofern es sich nicht um <strong>ein</strong>en gekennzeichneten<br />

Artikel handelt – der Creative Commons Lizenz, BY-NC-SA 3.0 (http://<br />

creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/3.0/deed.de).<br />

Impressum<br />

Das Projekt „Mobile Beratung von Asylsuchenden im Kreis <strong>Lippe</strong>“<br />

wird aus Mitteln des Europäischen Flüchtlingsfonds kofinanziert<br />

Anschrift der <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V.:<br />

Friedrichstr. 15<br />

32756 Detmold<br />

Tel.: 05231-4589151<br />

Fax: 05231-601085<br />

Mail: Info@fluechtlingshilfe-lippe.de<br />

8

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!