„Das fängt ja gut an“ Für ein Bleiberecht - Flüchtlingshilfe Lippe eV
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Detmold ◊ Zum ersten Mal fand in der Nacht vom 11. auf den<br />
12. April 2011 <strong>ein</strong>e lange Mahnwache in <strong>Lippe</strong> gegen die Ab-<br />
schiebung von Roma in den Kosovo statt.<br />
Bereits <strong>ein</strong>ige Monate vor der ersten Mahnwache traf sich<br />
regelmäßig die Gruppe „wachbleiben“, um die Aktion zu pla-<br />
nen. Aus ganz unterschiedlichen Kreisen setzten sich die Mit-<br />
glieder zusammen. Von Aktiven aus der Flüchtlingsberatung,<br />
über junge Menschen aus der „Alten Pauline“ und aus ver-<br />
schiedenen politischen Gruppierungen bis hin zu Aktiven aus<br />
den Kirchengem<strong>ein</strong>den reichte die Vorbereitungsgruppe. Da<br />
im Vorfeld nicht klar war, wann die nächste Abschiebung von<br />
Roma in den Kosovo erfolgen sollte, stellte sich insbesondere<br />
die Mobilisierung der Teilnehmer als schwierig heraus. Großer<br />
Wert wurde deswegen in <strong>ein</strong>en funktionierenden E-Mail-<br />
Verteiler gelegt.<br />
Am Aktionsabend selber trafen sich die Aktiven der Gruppe<br />
„wachbleiben“ gegen 18:00 Uhr in der Erlöserkirche am Markt<br />
in Detmold. Beim Aufbau fragten sich alle Beteiligten, wie viele<br />
Menschen wohl kommen würden. Geplant waren 100 Besu-<br />
cher in den Abendstunden und 20 Menschen, die die ganze<br />
Nacht durchwachen würden.<br />
Kurz vor 20:00 Uhr machte dann <strong>ein</strong> 15 m langes Transparent<br />
an dem Kirchturm weithin sichtbar, dass sich die Menschen in<br />
der Kirche gegen Abschiebungen aussprechen. Weitere Trans-<br />
parente wiesen konkret auf die Aktion der Gruppe<br />
„wachbleiben“ hin.<br />
Nach und nach füllte sich dann die Kirche. Über 150 Menschen<br />
sind dem Aufruf gefolgt. Dabei war die Zusammensetzung sehr<br />
unterschiedlich. Mit Flüchtlingsvertretern, Vertretern von Par-<br />
wachbleiben<br />
Quelle: www.f2-fotografie.de<br />
teien, Autonomen, Flüchtlingen aus dem Kosovo und aus an-<br />
deren Ländern, Schülern und Menschen, die durch die Abkün-<br />
digung in den Gottesdiensten über die Aktion erfahren hatten,<br />
kam <strong>ein</strong> breites Publikum zusammen. Besonders erfreulich<br />
war, dass viele zum ersten Mal sich mit dem Thema Abschie-<br />
bungen aus<strong>ein</strong>andersetzten.<br />
Zur Begrüßung hielt Pfarrer Dieter Bökemeier <strong>ein</strong>e Andacht<br />
zum Thema „wachbleiben“. Er beschäftigte sich mit dem Text<br />
in der Bibel, in der Jesus kurz vor s<strong>ein</strong>er Verhaftung s<strong>ein</strong>e Jün-<br />
ger aufforderte, wach zu bleiben und mit ihm zu beten. Drei-<br />
mal schliefen die Jünger <strong>ein</strong>, Jesus musste sie wecken. So et-<br />
was soll sich nicht wiederholen. Wir alle sind aufgefordert,<br />
wach zu bleiben und darauf zu achten, dass k<strong>ein</strong> Unrecht ge-<br />
schieht.<br />
Danach wurde <strong>ein</strong> Film über die Situation im Kosovo gezeigt.<br />
Die Bilder schilderten <strong>ein</strong>drücklich, dass es unverantwortlich<br />
ist, Menschen in den Kosovo abzuschieben. Eine extrem hohe<br />
Arbeitslosigkeit, fehlende Unterkünfte, <strong>ein</strong> Sozialstaat, der<br />
nicht in der Lage ist, Rückkehrer zu versorgen und <strong>ein</strong> Versa-<br />
gen der Rückkehrprogramme der Bundesrepublik machen<br />
deutlich, dass es k<strong>ein</strong>e Perspektiven im Kosovo gibt. Selbst der<br />
Sozialminister der kosovarischen Regierung bittet die Bundes-<br />
republik, auf Abschiebungen zu verzichten.<br />
Anschließend berichtete der Flüchtlingsberater Frank Gockel<br />
über die Praxis der Zentralen Ausländerbehörden und der regi-<br />
onalen Ausländerämter bei Abschiebungen in dem Kosovo.<br />
Erschrocken zeigten sich die Zuhörer über den Bericht, wie<br />
sogenannte Direktabschiebungen durchgeführt werden. Un-<br />
fassbar war, dass die Betroffenen, die teilweise über zehn Jah-<br />
ren hier gelebt haben, jede Nacht damit rechnen müssen, ab-<br />
geholt und außer Landes gebracht zu werden.<br />
Ein Flüchtling aus dem neuen Ver<strong>ein</strong> „Integrationsperspektive“<br />
erzählte über die Ziele des Ver<strong>ein</strong>s. Die Selbstorganisation von<br />
Flüchtlingen will sich dafür stark machen, dass auch Menschen<br />
mit <strong>ein</strong>er Duldung und <strong>ein</strong>er Aufenthaltsgestattung stärker in<br />
den Fokus der Integration kommen. Sie verstehen dabei In-<br />
tegration nicht als <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>seitigen Prozess. So sind sie bereit,<br />
mit gem<strong>ein</strong>nützigen Aktionen, wie zum Beispiel Hilfe in Alten-<br />
heimen oder Kindergärten, die Mehrheitsgesellschaft zu un-<br />
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