„Das fängt ja gut an“ Für ein Bleiberecht - Flüchtlingshilfe Lippe eV
„Das fängt ja gut an“ Für ein Bleiberecht - Flüchtlingshilfe Lippe eV
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F L Ü C H T L I N G S H I L F E L I P P E<br />
Newsletter<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Seit der letzten Ausgabe des Newsletters hat sich Vieles getan,<br />
über das wir dieses Mal berichten werden. Dabei stimmen<br />
<strong>ein</strong>ige Artikel sicherlich positiv. So war die erste Mahnwache<br />
von „Wachbleiben“ sehr erfolgreich. Viel mehr Teilnehmer<br />
als erwartet haben die Nacht durchwacht. Ein neuer<br />
Ver<strong>ein</strong> mit Namen „Integrationsperspektive“ steht als<br />
Selbstorganisation von Flüchtlingen unmittelbar vor der<br />
Gründung und auch die Ankündigung der Stadt Detmold<br />
gegenüber der Detmolder Alternative, in diesem Jahr k<strong>ein</strong>e<br />
Roma in den Kosovo abzuschieben zu wollen, dürfte zumindest<br />
<strong>ein</strong>e kurzfristige Erleichterung bringen.<br />
Aber leider gibt es auch wieder andere Nachrichten. Schon<br />
verschiedentlich fiel z.B. in Lage <strong>ein</strong> sehr negativer Umgang<br />
des dortigen Sozialamtes mit Flüchtlingen auf. Auf die Spitze<br />
hat es das Sozialamt getrieben, als es <strong>ein</strong>em Mitarbeiter der<br />
<strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V., Frank Gockel, Hausverbot für das<br />
<strong>ein</strong>zige öffentliche Flüchtlingswohnheim erteilte, weil er<br />
erste Hilfe geleistet hatte.<br />
Ebenfalls bedenklich stimmt die Vermutung, dass bei der<br />
Ausländerbehörde des Kreises <strong>Lippe</strong> geheime Nebenakten<br />
geführt wurden. Ein faires Verfahren für den Betroffenen ist<br />
nur möglich, wenn sowohl das Gericht als auch der Rechtsanwalt<br />
die Möglichkeit bekommt, die gesamte Akte <strong>ein</strong>zusehen.<br />
Neben diesen Themen bietet der vorliegende Newsletter<br />
<strong>ein</strong>e Premiere: Sie halten die erste Doppelausgabe in der<br />
Hand. Die Redaktion freut sich dabei besonders, dass mehrere<br />
Artikel von Koautoren geschrieben wurden. Wer auch<br />
für den nächsten Newsletter <strong>ein</strong>en Beitrag schreiben möchte,<br />
ist hierzu herzlich <strong>ein</strong>geladen.<br />
Ein leidiges Problem bleibt die Finanzierung der Arbeit der<br />
<strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V.. Auch wenn dieses Jahr auf den<br />
ersten Blick finanziell gesichert aussieht, gibt es trotzdem<br />
Schwierigkeiten. Viele Fördergelder fließen erst nach Abschluss<br />
des Jahres, in dem sie ausgegeben werden müssen.<br />
Neues aus der <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V.<br />
Ausgabe 4-5<br />
Juni 2011<br />
Dadurch ergeben sich immer wieder Finanzierungslücken, die<br />
wir füllen müssen. Besonders problematisch erweist sich das<br />
Jahr 2012, wo große Defizite zu erwarten sind. Spenden sind<br />
deswegen weiterhin gerne gesehen.<br />
Auch materielle Spenden können weiterhelfen. So sucht die<br />
<strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e. V. aktuell Kindersitze für Autos in verschiedenen<br />
Größen.<br />
Es gibt zu viele Flüchtlinge,<br />
sagen die Menschen.<br />
(Ernst Ferstl)<br />
In dieser Ausgabe:<br />
Es gibt zu wenig Menschen<br />
sagen die Flüchtlinge<br />
Neues aus der <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V. 1<br />
Wachbleiben 2<br />
43 Menschen am Flughafen Pristina ausgesetzt 4<br />
Sind wir stärker als wir denken?? 4<br />
<strong>„Das</strong> fäng <strong>ja</strong> <strong>gut</strong> <strong>an“</strong> 5<br />
<strong>Für</strong> <strong>ein</strong> <strong>Bleiberecht</strong> 5<br />
Nicht für Akte bestimmt! 6<br />
Stadt Lage wirft Flüchtlingsberater aus Flüchtlingswohnheim 6<br />
Zahlen, Daten, Fakten 7<br />
Kurznachrichten 7<br />
Termine 7<br />
Solidarität kostet Geld 8<br />
Impressum 8<br />
1
Detmold ◊ Zum ersten Mal fand in der Nacht vom 11. auf den<br />
12. April 2011 <strong>ein</strong>e lange Mahnwache in <strong>Lippe</strong> gegen die Ab-<br />
schiebung von Roma in den Kosovo statt.<br />
Bereits <strong>ein</strong>ige Monate vor der ersten Mahnwache traf sich<br />
regelmäßig die Gruppe „wachbleiben“, um die Aktion zu pla-<br />
nen. Aus ganz unterschiedlichen Kreisen setzten sich die Mit-<br />
glieder zusammen. Von Aktiven aus der Flüchtlingsberatung,<br />
über junge Menschen aus der „Alten Pauline“ und aus ver-<br />
schiedenen politischen Gruppierungen bis hin zu Aktiven aus<br />
den Kirchengem<strong>ein</strong>den reichte die Vorbereitungsgruppe. Da<br />
im Vorfeld nicht klar war, wann die nächste Abschiebung von<br />
Roma in den Kosovo erfolgen sollte, stellte sich insbesondere<br />
die Mobilisierung der Teilnehmer als schwierig heraus. Großer<br />
Wert wurde deswegen in <strong>ein</strong>en funktionierenden E-Mail-<br />
Verteiler gelegt.<br />
Am Aktionsabend selber trafen sich die Aktiven der Gruppe<br />
„wachbleiben“ gegen 18:00 Uhr in der Erlöserkirche am Markt<br />
in Detmold. Beim Aufbau fragten sich alle Beteiligten, wie viele<br />
Menschen wohl kommen würden. Geplant waren 100 Besu-<br />
cher in den Abendstunden und 20 Menschen, die die ganze<br />
Nacht durchwachen würden.<br />
Kurz vor 20:00 Uhr machte dann <strong>ein</strong> 15 m langes Transparent<br />
an dem Kirchturm weithin sichtbar, dass sich die Menschen in<br />
der Kirche gegen Abschiebungen aussprechen. Weitere Trans-<br />
parente wiesen konkret auf die Aktion der Gruppe<br />
„wachbleiben“ hin.<br />
Nach und nach füllte sich dann die Kirche. Über 150 Menschen<br />
sind dem Aufruf gefolgt. Dabei war die Zusammensetzung sehr<br />
unterschiedlich. Mit Flüchtlingsvertretern, Vertretern von Par-<br />
wachbleiben<br />
Quelle: www.f2-fotografie.de<br />
teien, Autonomen, Flüchtlingen aus dem Kosovo und aus an-<br />
deren Ländern, Schülern und Menschen, die durch die Abkün-<br />
digung in den Gottesdiensten über die Aktion erfahren hatten,<br />
kam <strong>ein</strong> breites Publikum zusammen. Besonders erfreulich<br />
war, dass viele zum ersten Mal sich mit dem Thema Abschie-<br />
bungen aus<strong>ein</strong>andersetzten.<br />
Zur Begrüßung hielt Pfarrer Dieter Bökemeier <strong>ein</strong>e Andacht<br />
zum Thema „wachbleiben“. Er beschäftigte sich mit dem Text<br />
in der Bibel, in der Jesus kurz vor s<strong>ein</strong>er Verhaftung s<strong>ein</strong>e Jün-<br />
ger aufforderte, wach zu bleiben und mit ihm zu beten. Drei-<br />
mal schliefen die Jünger <strong>ein</strong>, Jesus musste sie wecken. So et-<br />
was soll sich nicht wiederholen. Wir alle sind aufgefordert,<br />
wach zu bleiben und darauf zu achten, dass k<strong>ein</strong> Unrecht ge-<br />
schieht.<br />
Danach wurde <strong>ein</strong> Film über die Situation im Kosovo gezeigt.<br />
Die Bilder schilderten <strong>ein</strong>drücklich, dass es unverantwortlich<br />
ist, Menschen in den Kosovo abzuschieben. Eine extrem hohe<br />
Arbeitslosigkeit, fehlende Unterkünfte, <strong>ein</strong> Sozialstaat, der<br />
nicht in der Lage ist, Rückkehrer zu versorgen und <strong>ein</strong> Versa-<br />
gen der Rückkehrprogramme der Bundesrepublik machen<br />
deutlich, dass es k<strong>ein</strong>e Perspektiven im Kosovo gibt. Selbst der<br />
Sozialminister der kosovarischen Regierung bittet die Bundes-<br />
republik, auf Abschiebungen zu verzichten.<br />
Anschließend berichtete der Flüchtlingsberater Frank Gockel<br />
über die Praxis der Zentralen Ausländerbehörden und der regi-<br />
onalen Ausländerämter bei Abschiebungen in dem Kosovo.<br />
Erschrocken zeigten sich die Zuhörer über den Bericht, wie<br />
sogenannte Direktabschiebungen durchgeführt werden. Un-<br />
fassbar war, dass die Betroffenen, die teilweise über zehn Jah-<br />
ren hier gelebt haben, jede Nacht damit rechnen müssen, ab-<br />
geholt und außer Landes gebracht zu werden.<br />
Ein Flüchtling aus dem neuen Ver<strong>ein</strong> „Integrationsperspektive“<br />
erzählte über die Ziele des Ver<strong>ein</strong>s. Die Selbstorganisation von<br />
Flüchtlingen will sich dafür stark machen, dass auch Menschen<br />
mit <strong>ein</strong>er Duldung und <strong>ein</strong>er Aufenthaltsgestattung stärker in<br />
den Fokus der Integration kommen. Sie verstehen dabei In-<br />
tegration nicht als <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>seitigen Prozess. So sind sie bereit,<br />
mit gem<strong>ein</strong>nützigen Aktionen, wie zum Beispiel Hilfe in Alten-<br />
heimen oder Kindergärten, die Mehrheitsgesellschaft zu un-<br />
2
terstützen. Im Gegenzug sollen mehr Deutschkurse für Flücht-<br />
linge angeboten werden.<br />
Quelle: www.f2-fotografie.de<br />
Irmingard H<strong>ein</strong>e berich-<br />
tete über die Angst, die<br />
Flüchtlinge immer wie-<br />
der erleben. Mit vielen<br />
Beispielen von Einzel-<br />
schicksalen machte sie<br />
deutlich, dass die perma-<br />
nente Angst vor Auslän-<br />
derbehörden,Sozialbe- hörden und Polizei die<br />
Flüchtlinge krank ma-<br />
chen kann. Dass so <strong>ein</strong><br />
Leben in Würde kaum<br />
möglich ist, wurde allen<br />
Zuhörern klar.<br />
Gudrun Rehmann, Detmolder Grüne der ersten Stunde, las<br />
<strong>ein</strong>e bewegende Geschichte vor. Auch an der Orgel setzte sie<br />
Akzente, indem sie <strong>ein</strong> Stück vortrug, das <strong>ein</strong> Musiker während<br />
des Bosnienkrieges nach <strong>ein</strong>em Bombenattentat auf <strong>ein</strong>em<br />
Marktplatz ge-<br />
spielt hatte.<br />
Weiterhin wur-<br />
de die Nacht<br />
musikalisch ge-<br />
staltet durch die<br />
Liedermacher<br />
Ari und Rott,<br />
die neben zahl-<br />
reichensozial- kritischenTex- ten auch Lieder<br />
über ganz alltägliche Dinge, wie zum Beispiel Regen, Lie-<br />
be, Sperrmüll und die Bewältigung des alltäglichen Alltags-<br />
wahnsinns sangen.<br />
Viel spannender als das eigentliche Programm waren jedoch<br />
die vielfältigen Gespräche zwischendurch. Gerade die unter-<br />
schiedliche Zusammensetzung des Publikums sorgte dafür,<br />
dass es immer wieder diverse Anknüpfungspunkte gab. Es<br />
wird wohl kaum <strong>ein</strong>en Menschen geben, der die Erlöserkirche<br />
verlassen hat, ohne neue Eindrücke und Perspektiven gewon-<br />
nen zu haben.<br />
Gegen Mitternacht stärkte die Kochgruppe der alten Pauline<br />
alle Teilnehmer mit <strong>ein</strong>er leckeren veganen Suppe, so das auch<br />
für das leibliche Wohl hinreichend gesorgt war.<br />
So gestärkt ging es dann durch die Nacht weiter. Um 1:30 Uhr<br />
waren noch über 80 Teilnehmer anwesend. Einige legten sich<br />
mit ihren Schlafsäcken auf die Bänke der Kirche und verbrach-<br />
Quelle: www.f2-fotografie.de<br />
ten so die restliche Nacht, damit sie am nächsten Morgen<br />
noch zur Arbeit oder zur Schule gehen konnten. Andere sahen<br />
sich noch <strong>ein</strong>en thematisch passenden Spielfilm an oder unter-<br />
hielten sich.<br />
Gegen 6:00 Uhr wurden dann noch <strong>ein</strong>mal alle richtig munter<br />
in der Kirche. Als die Lautsprecheransage erklang, lugten über-<br />
all aus den Bänken verschlafene Köpfe hervor. Die Aktivisten<br />
der Gruppe wachbleiben konnten verkündigen, dass k<strong>ein</strong>e der<br />
beiden Ausländerbehörden aus dem Kreis <strong>Lippe</strong> in der Nacht<br />
versucht hatten, Menschen in den Kosovo abzuschieben. Die<br />
Erleichterung in der ganzen Kirche war deutlich spürbar.<br />
Um 7:00 Uhr begann das große Aufräumen. Alle Anwesenden<br />
fassten fleißig mit an, so dass bereits <strong>ein</strong>e halbe Stunde später<br />
<strong>ein</strong> gem<strong>ein</strong>sames Frühstück zum Abschluss <strong>ein</strong>genommen<br />
werden konnte. Viele gingen dann direkt von der Kirche zur<br />
Arbeit oder in die Schule, nur wenigen war es vergönnt, sich<br />
schlafen legen zu können. Dennoch war allen Beteiligten be-<br />
wusst, wie wichtig diese Aktion gewesen ist, und alle wollen<br />
auch beim nächsten Mal wieder dabei s<strong>ein</strong>, um so auf die dro-<br />
hende Abschiebung von Roma in den Kosovo aufmerksam zu<br />
machen.<br />
Die erste Mahnwache von „wachbleiben“ war <strong>ein</strong> voller Erfolg.<br />
Sie hat deutlich gemacht, dass es <strong>ein</strong>e große Anzahl von Men-<br />
schen im Kreis <strong>Lippe</strong> gibt, die sich gegen Abschiebungen von<br />
Roma in den Kosovo aussprechen. Dass sich kurzfristig über<br />
150 Menschen bereit erklären, <strong>ein</strong>e ganze Nacht zu protestie-<br />
re, sollte <strong>ein</strong> klares Signal an die Politiker auf regionaler-, Lan-<br />
des- und Bundesebene s<strong>ein</strong>. Abschiebungen in den Kosovo<br />
bringen Menschen in <strong>ein</strong> so großes Elend, dass <strong>ein</strong>e aufgeklär-<br />
te Zivilgesellschaft dieses nicht hinnehmen kann. Deswegen<br />
laufen bereits jetzt die Vorbereitungen für die nächste Mahn-<br />
wache, die höchstwahrsch<strong>ein</strong>lich im Juli stattfinden wird. Wer<br />
in den E-Mail-Verteiler <strong>ein</strong>getragen werden möchte, um früh<br />
genug hierüber informiert zu werden, kann dieses auf der In-<br />
ternetseite www.wachbleiben.Info <strong>ein</strong>tragen.<br />
Quelle: www.f2-fotografie.de<br />
3
Von Janke Waltking<br />
Sind wir stärker als wir denken??<br />
Wach bleiben! Viele sind wach geblieben!<br />
43 Menschen am Flughafen Pristina ausgesetzt<br />
Pristina ◊ Wie wichtig die Mahnwache der Gruppe wachblei-<br />
ben in der Erlöserkirche am 11. April war, machte <strong>ein</strong>e E-Mail<br />
deutlich, die uns zwei Tage später erreichte. Einige Aktivisten<br />
der Gruppe „alle Bleiben“ beobachteten am Flughafen in<br />
Pristina die Ankunft der abgeschobenen Flüchtlinge aus<br />
Deutschland. Hier ihr Bericht:<br />
Gestern *12.4.2011+ gegen 17 Uhr kam das Abschiebeflugzeug<br />
nach <strong>ein</strong>em Zwischenstopp in Wien in Pristina an. Einer unse-<br />
rer Unterstützer vor Ort konnte 43 Personen ausmachen, die<br />
mit dem Flieger ankamen. Somit sind es zumindest weniger als<br />
die geplanten über 100 Passagiere und auch weniger als zu-<br />
nächst am Flughafen Düsseldorf geschätzt wurde. Dennoch ist<br />
jede Abschiebung <strong>ein</strong>e zu viel und verursacht bei den Betroffe-<br />
nen großes Leid! Unser Beobachter berichtete uns von nur<br />
schwer für ihn zu ertragenden Szenen am Flughafen Pristina:<br />
w<strong>ein</strong>ende Kinder, enttäuschte und verzweifelte Menschen auf<br />
der Suche nach <strong>ein</strong>em Platz an dem sie unterkommen können.<br />
Vertreter der deutschen Bot-<br />
schaft und des URA II Projektes<br />
waren auch anwesend und bo-<br />
ten den Abgeschobenen an,<br />
<strong>ein</strong>ige Tage in <strong>ein</strong>em Hotel nahe<br />
des Flughafens abzusteigen.<br />
Dieses Angebot wurde aber<br />
kaum wahrgenommen, da nach<br />
ihrer Ankunft die meisten flucht-<br />
artig den Flughafen verlassen<br />
wollten. Weiterführende Einglie-<br />
derungshilfen stehen sowieso nur "freiwilligen" Rückkehrern<br />
und nicht Abgeschobenen offen.<br />
Sabilje Begani und ihre vier Kinder wurden auch angetroffen.<br />
Ob es für sie <strong>ein</strong>e Möglichkeit zur Rückkehr geben wird ist ungewiss<br />
und wird wahrsch<strong>ein</strong>lich nicht von heute auf morgen<br />
gelingen. Solange wird sie sich im Kosovo <strong>ein</strong>richten müssen,<br />
Und auch die, die nur <strong>ein</strong>en Teil des Abends in der Erlöser-<br />
Kirche dabei gewesen sind, werden noch lange und oft darüber<br />
berichten und mit anderen darüber sprechen.<br />
Die Unterschiedlichkeit der Anwesenden von Jung bis Alt, von<br />
hell bis dunkelhäutig, mit und ohne Migrationshintergrund war<br />
be<strong>ein</strong>druckend.<br />
Wir, wir alle sind Gottes Kinder! Und als Gottes Kinder sind wir<br />
was für <strong>ein</strong>e all<strong>ein</strong>stehende Frau mit vier kl<strong>ein</strong>en Kindern<br />
problematisch s<strong>ein</strong> dürfte. Hinzu kommt die Sorge um ihren<br />
schwer kranken Mann, den sie nun nicht mehr im Krankenhaus<br />
besuchen kann.<br />
Auch die Situation <strong>ein</strong>es Mannes aus Rh<strong>ein</strong>e ist Dramatisch. Er<br />
wurde gem<strong>ein</strong>sam mit s<strong>ein</strong>er 20-jährigen schwangeren Toch-<br />
ter abgeschoben, während s<strong>ein</strong>e Frau gem<strong>ein</strong>sam mit fünf<br />
Kindern in Rh<strong>ein</strong>e geblieben ist. Auch hier wurde wieder rück-<br />
sichtslos <strong>ein</strong>e Familie getrennt! Zuvor hatten sie 21 (!!) Jahre<br />
in Deutschland gelebt.<br />
Wir möchten gerne zumindest Sabilje, unterstützen für die es<br />
besonders schwer s<strong>ein</strong> dürfte, den Lebensunterhalt für sich<br />
und ihre Kinder zu sichern, sowie nach Kräften auch alle anderen,<br />
zu denen wir den Kontakt halten können. Spenden hierfür<br />
sind willkommen! Ein weiterer Schritt kann dann die Suche<br />
nach Möglichkeiten <strong>ein</strong>er Rückkehr s<strong>ein</strong>. Auch hierfür kommen<br />
voraussichtlich Kosten für <strong>ein</strong>e/n Anwalt/Anwältin auf die<br />
Betroffenen zu. Es darf nicht s<strong>ein</strong>, dass diese rücksichtslosen<br />
Abschiebungen weitergehen! Lasst uns zeigen, dass sie nicht<br />
durchzusetzen sind und sich die Betroffenen zur Wehr setzen!<br />
Zuwendungen können auf das folgende Konto überwiesen<br />
werden:<br />
Projekt Roma Center Sparkasse Göttingen<br />
K-Nr. 170 399<br />
BLZ 260 500 01<br />
Verwendungszweck: Kosovo<br />
Sind wir stärker als wir denken??<br />
Geschwister! Wie <strong>gut</strong> ,dass wir <strong>ein</strong>ander haben!<br />
Dankbar bin ich ,dass es diesmal (noch ? ) nicht zu <strong>ein</strong>er Abschiebung<br />
gekommen ist.<br />
Lasst uns wach bleiben und lauter werden, damit unsere Proteste<br />
gegen diese zutiefst beschämende Abschiebepraxis gehört<br />
werden und <strong>ein</strong> baldiges Ende finden.<br />
WIR SIND STÄRKER ALS WIR DENKEN!<br />
4
Von Martina Wehrmann<br />
<strong>„Das</strong> <strong>fängt</strong> <strong>ja</strong> <strong>gut</strong> <strong>an“</strong>, dachte ich. Es war halb sechs, die Stadt<br />
noch voller Menschen. Ich begann unsere Flyer zu verteilen:<br />
WACHBLEIBEN! KEINE ABSCHIEBUNG IN DEN KOSOVO – AUCH<br />
NICHT AUS LIPPE! Mäßiges Interesse. Zu viel Text und zu we-<br />
nig Zeit. Kopfschütteln. Nie was von gehört. Ab und zu <strong>ein</strong><br />
Weiß-Ich –Schon- Ich-Komme-Nachher . Im Park <strong>ein</strong> paar chil-<br />
lende junge Leute. Interesse. Zwar nicht an dem Flyer, aber<br />
wohl an m<strong>ein</strong>er Sicherheit: „Hast Du k<strong>ein</strong>e Angst, die Dinger<br />
hier zu verteilen? Es geht doch um Ausländer, oder? Hier lau-<br />
fen `ne Menge Nazis rum. Könnte´n schmerzhafter Abend für<br />
dich werden“. Das hat mir gerade noch gefehlt. Am Ende<br />
nimmt „Jojo“ mir <strong>ein</strong>en Flyer aus der Hand und bestimmt: Wir<br />
kommen. Mal sehen, was da läuft.<br />
Herzklopfen. Nach Mahnwache für den Atomausstieg und an-<br />
schließendem Gebetsgottesdienst leert sich die Kirche erst<br />
<strong>ein</strong>mal wieder. Als mir <strong>ein</strong> Asylbewerber vorgestellt wird, bin<br />
ich befangen. Ich springe über m<strong>ein</strong>en Schatten – es ist nicht<br />
der erste heute Abend – und werde neugierig auf <strong>ein</strong> Leben,<br />
das so ganz anders verlaufen ist als m<strong>ein</strong>es, auf <strong>ein</strong>en Men-<br />
schen, der uns heute Abend s<strong>ein</strong> Schicksal anvertraut ohne<br />
uns zu kennen- und mir wird deutlich, wie dicht am Menschen<br />
Frank Gockel s<strong>ein</strong>e beratende Arbeit tut, wenn so etwas mög-<br />
Von Irmingard H<strong>ein</strong>e<br />
Gedankt sei all denen, die daran beigetragen haben, die<br />
Marktkirche offen zu machen für die von Abschiebung bedroh-<br />
ten Menschen und ihre „Beschützer“.<br />
Gedankt sei all denen, die gekommen sind, um sich zu infor-<br />
mieren, beizustehen und ihre M<strong>ein</strong>ung zu bekunden.<br />
Niemand hat das Recht, Menschen zum Leiden zu zwingen.<br />
Niemand - auch k<strong>ein</strong>e Behörde - hat das Recht, <strong>ein</strong>em ver-<br />
ängstigten Menschen so sehr mit Abschiebung zu drohen, dass<br />
er sich lieber vor <strong>ein</strong>em Güterzug wirft, als sich abschieben zu<br />
lassen. So geschehen in Gifhorn im März 2011.<br />
Sicher war die lange Nacht in der Erlöserkirche <strong>ein</strong>e <strong>gut</strong>e Er-<br />
fahrung für alle, die dort gewesen sind. Wie <strong>ein</strong>fach es s<strong>ein</strong><br />
kann, menschlich mit<strong>ein</strong>ander umzugehen. Aber täuschen wir<br />
uns nicht. Diese Nacht hat grundsätzlich nichts verändert,<br />
höchstens in den Herzen, gewiss nicht in der offiziellen Poli-<br />
tik. Wachbleiben ist not– wendig und muss geübt werden an<br />
jedem neuen Tag.<br />
Der in der Nacht gezeigte Film über die erbärmliche, men-<br />
<strong>„Das</strong> <strong>fängt</strong> <strong>ja</strong> <strong>gut</strong> <strong>an“</strong><br />
lich ist. In mir wächst so etwas wie Stolz auf diesen Ver<strong>ein</strong> der<br />
<strong>Flüchtlingshilfe</strong>, in dem <strong>ein</strong> tolles Team schon so lange enga-<br />
gierte Arbeit tut- warum bin ich nicht schon vor Jahren darauf<br />
gestoßen? Warum erst jetzt? Vielleicht muss man reif werden<br />
dafür. Vielleicht ist es k<strong>ein</strong>e Aufgabe, die man sich sucht, son-<br />
dern eher <strong>ein</strong>e, die sich Leute sucht, die bereit sind, sich fin-<br />
den zu lassen.<br />
Wie auch immer- die Leute, die dann doch in die Kirche strö-<br />
men könnten unterschiedlicher nicht s<strong>ein</strong>. Singen, Beten, Zu-<br />
hören, Essen, Trinken, Mit<strong>ein</strong>ander ins Gespräch kommen,<br />
Sich <strong>ein</strong>bringen mit dem, was man kann und ist und hat, sich<br />
berühren lassen von Worten und Bildern, von Musik und Men-<br />
schen und Schicksalen, sich verbinden mit dem, der so ganz<br />
anders ist, aus dem gleichen Grund hier s<strong>ein</strong> wie viele, die<br />
Nacht mit<strong>ein</strong>ander teilen und wissen: die geteilte Nacht ist<br />
<strong>ein</strong>e halbe Nacht und nicht mehr ganz so dunkel.<br />
Am Ende erfahren die Kirchenbänke nach Jahrhunderten viel-<br />
leicht zum ersten Mal wie es sich anfühlt, nicht nur besetzt,<br />
sondern auch belegt zu s<strong>ein</strong>- mit Luftmatratzen und Schlafsä-<br />
cken und müden Menschen. Als wir müde, erschöpft aber<br />
glücklich in <strong>ein</strong>en neuen Morgen gehen weiß ich, wie wichtig<br />
diese Nacht für andere war – und wie wichtig für uns selbst.<br />
<strong>Für</strong> <strong>ein</strong> <strong>Bleiberecht</strong><br />
schenverachtende Situation der abgeschobenen Roma im Ko-<br />
sovo veranlasste <strong>ein</strong>eb von der Abschiebung bedrohten<br />
Flüchtling zu der Frage:<br />
„Weiß das Ausländeramt denn nicht, was uns im Kosovo er-<br />
wartet?“ Antwort: „Aber natürlich. Das Ausländeramts weiß<br />
Bescheid. Es ist dazu verpflichtet, sich zu informieren.“ „Und<br />
wenn sie das alles wissen, warum schicken sie dann Menschen<br />
dorthin zurück?“<br />
Ich gebe diese Frage an die Ausländerämter weiter.<br />
Wie lebendig es in <strong>ein</strong>em Gotteshaus zugehen kann, hat diese<br />
Nacht gezeigt. Aus menschlicher Sicht betrachtet, müsste Gott<br />
s<strong>ein</strong>e helle Freude daran gehabt haben.<br />
5
Kreis <strong>Lippe</strong> ◊ Nicht wenig erstaunt schaute <strong>ein</strong>e Rechtsanwältin,<br />
als sie nach wiederholter Einsicht in <strong>ein</strong>er Ausländerakte,<br />
die vom Kreis <strong>Lippe</strong> geführt wurde, plötzlich <strong>ein</strong> Schriftstück<br />
entdeckte, auf dem stand: „Nicht für Akte bestimmt!“<br />
Dazu muss man wissen: Zu <strong>ein</strong>em fairen Verwaltungsverfahren<br />
gehört es, dass Gerichte und Anwälte Einsicht in die von den<br />
Behörden geführten Akten nehmen dürfen. Dass die Akte dabei<br />
vollständig vorzulegen ist, sollte eigentlich <strong>ein</strong>e Selbstverständlichkeit<br />
s<strong>ein</strong>.<br />
Im vorliegenden Fall hatte sowohl<br />
die <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong><br />
e. V. als auch die Rechtsanwältin<br />
mehrfach Akten<strong>ein</strong>sicht<br />
durchgeführt. Nachdem die Familie abgeschoben wurde, beantragte<br />
die Rechtsanwältin erneut Akten<strong>ein</strong>sicht. Sie stieß<br />
dabei auf zwei Seiten, die ihr und der Flüchtlingsberatung zuvor<br />
nicht aufgefallen waren. Beide Seiten waren mit dem<br />
handschriftlichen Vermerk „nicht für Akte bestimmt!“ verse-<br />
„nicht für Akte bestimmt!“<br />
Stadt Lage wirft Flüchtlingsberater aus Flüchtlingswohnheim<br />
Lage ◊ Mit Hilfe der Polizei wollte die Stadt Lage am 10. Mai<br />
den Berater der <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V., Frank Gockel, aus<br />
dem städtischen Flüchtlingswohnheim entfernen lassen. Das<br />
schriftliche Hausverbot erfolgte <strong>ein</strong>e knappe Woche später<br />
am 16. Mai. Gockels „Vergehen“: Er hatte Ende April <strong>ein</strong>er<br />
Familie in <strong>ein</strong>er Notlage geholfen und zu diesem Zweck die<br />
Notunterkunft auf Bitten der Familie mit deren Schlüssel be-<br />
treten. Nachdem die Stadt Lage sich weigerte, ihr Verbot<br />
zurückzunehmen, muss sich nun das Verwaltungsgericht<br />
Minden mit der Frage beschäftigen, ob <strong>ein</strong> solches Hausver-<br />
bot Rechtens ist.<br />
Am 28.4.2011 wurde <strong>ein</strong> Familienvater aus Lage notfallmäßig<br />
in die Klinik <strong>ein</strong>gewiesen. S<strong>ein</strong>e schwerstpflegebedürftige Frau<br />
befand sich hilflos hinter der verschlossenen Wohnungstür der<br />
städtischen Flüchtlingsunterkunft. Im Krankenhaus übergab<br />
der Mann dem ihn begleitenden Berater Frank Gockel von der<br />
<strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> den Schlüssel zu s<strong>ein</strong>er Wohnungstür. Er<br />
bat ihn dringend, sich um s<strong>ein</strong>e Frau zu kümmern.<br />
Gockel fuhr zu der Wohnung der Familie, die in <strong>ein</strong>er Notun-<br />
terkunft liegt, die die Stadt Lage für Flüchtlinge bereit hält. Er<br />
informierte u.a. <strong>ein</strong>e Ärztin und das Ordnungsamt, die dafür<br />
sorgten, dass die Frau mit <strong>ein</strong>em Rettungswagen stationär in<br />
<strong>ein</strong> Klinikum aufgenommen wurde.<br />
„Ich habe m<strong>ein</strong>e Pflicht als Mensch und als Flüchtlingsberater<br />
get<strong>an“</strong>, sagt Frank Gockel. Das Sozialamt der Stadt Lage sieht<br />
dies offensichtlich anders. Zunächst wurde bei <strong>ein</strong>em s<strong>ein</strong>er<br />
nächsten Beratungsbesuche in der Unterkunft die Polizei geru-<br />
fen, um ihn aus dem Haus zu entfernen. Schließlich kam am<br />
16.5.2011 per E-Mail <strong>ein</strong> schriftliches Hausverbot. Das Schrei-<br />
ben führt als Begründung an, Gockel habe sich „ohne Erlaub-<br />
nis“ Zutritt zu den Räumlichkeiten der Familie verschafft. Auf<br />
die Notsituation der Frau, die dem Sozialamt bekannt war,<br />
wird in dem Schreiben nicht <strong>ein</strong>gegangen.<br />
hen. Bei beiden Schriftstücken handelte es sich um <strong>ein</strong>e Anfrage<br />
zur Identitätsklärung.<br />
Das plötzliche Auftauchen dieser Seiten in der Akte lässt bei<br />
den Beteiligten den Verdacht aufkommen, dass bei der Ausländerbehörde<br />
des Kreises <strong>Lippe</strong> geheime Nebenakten geführt<br />
werden. Dieses würde aber <strong>ein</strong> faires Verfahren unmöglich<br />
machen..<br />
In der Zwischenzeit sicherte der Kreis <strong>Lippe</strong> in <strong>ein</strong>em Schreiben<br />
zu, dass es k<strong>ein</strong>e Nebenakten<br />
geben, oder dass ggf. das<br />
Führen von Nebenakten in der<br />
Hauptakte ab sofort gekennzeichnet<br />
würde. Rechtsanwälte<br />
empfelen jetzt aber vorsichtshalber, dass diejenigen, die beim<br />
Kreis <strong>Lippe</strong> Akten<strong>ein</strong>sicht nehmen, sich schriftlich bestätigen<br />
lassen, dass die Akte vollständig ist. Weigert sich die Ausländerbehörde<br />
dieses zu tun, weil sie <strong>ein</strong>e Nebenakte führt, so<br />
sollte auf <strong>ein</strong>er Begründung bestanden werden, warum man in<br />
diese Akte k<strong>ein</strong>e Einsicht nehmen darf.<br />
Der Ver<strong>ein</strong> <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V. kritisiert das Hausverbot<br />
für s<strong>ein</strong>en Berater scharf. Er sieht darin den Versuch der Stadt<br />
Lage, <strong>ein</strong>en unbequemen <strong>Für</strong>sprecher der Flüchtlinge in der<br />
Ausübung s<strong>ein</strong>es Berufes zu behindern und den Betroffenen<br />
den Zugang zu unabhängiger Beratung zu erschweren.<br />
Die <strong>Flüchtlingshilfe</strong> vermutet hier <strong>ein</strong>en Zusammenhang mit<br />
anderen Beobachtungen, die sie in der Vergangenheit ge-<br />
macht hat: Verschiedentlich war der Eindruck entstanden,<br />
dass Flüchtlinge bei Problemen mit dem Sozialamt Lage aus<br />
Angst vor <strong>ein</strong>er negativen Reaktion des Sozialamtes den Kon-<br />
takt zu Anwälten oder Beratungsstellen scheuen.<br />
Pfarrer Dieter Bökemeier, Flüchtlingsbeauftragter der Lippi-<br />
schen Landeskirche und Vorstand des Ver<strong>ein</strong>s, stellt fest: „Ich<br />
weiß, dass sich Frank Gockel gerade in Lage seit Jahren sehr<br />
engagiert für die Flüchtlinge <strong>ein</strong>setzt. Dass dieses sehr not-<br />
wendig ist, zeigt schon die Tatsache, dass Flüchtlinge in Lage<br />
sehr häufig wegen der ihnen ihnen zustehenden Leistungen<br />
die Hilfe des Sozialgerichts Detmold in Anspruch nehmen<br />
mussten.<br />
Sebastian Nickel, Rechtsanwalt von Frank Gockel, geht zudem<br />
davon aus, dass das Hausverbot rechtswidrig ergangen ist.<br />
„Ein Hausverbot in <strong>ein</strong>er öffentlichen Einrichtung darf nur er-<br />
folgen, wenn mit <strong>ein</strong>er schwerwiegenden Störung der Be-<br />
triebsabläufe zu rechnen ist“, so Nickel. „Dieses ist im vorlie-<br />
genden Fall nicht gegeben. Im Gegenteil: Gockel ist lediglich<br />
s<strong>ein</strong>er Bürgerpflicht nachgekommen und hat erste Hilfe geleis-<br />
tet.“<br />
Einer Aufforderung des Rechtsanwaltes, das Hausverbot bis<br />
zum 20. Mai aufzuheben, ist die Stadt Lage nicht nachgekommen.<br />
Darum hat Nickel für s<strong>ein</strong>en Mandanten beim Verwaltungsgericht<br />
Minden Klage gegen das Hausverbot <strong>ein</strong>gelegt,<br />
damit Gockel auch weiterhin in Notfällen Hilfe leisten kann.<br />
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Kreis <strong>Lippe</strong> ◊ Wie sieht es rund um das Thema Flüchtlinge in<br />
<strong>Lippe</strong> tatsächlich aus? Dieser Artikel will <strong>ein</strong>ige Zahlen, Daten<br />
und Fakten zusammentragen.<br />
Mit Stichtag zum 31.12.2010 waren im Kreis <strong>Lippe</strong>, ohne die<br />
Stadt Detmold, 400 Menschen registriert, die <strong>ein</strong>e Duldung<br />
besessen haben. In der Stadt Detmold wohnten am 19.4.2011<br />
60 Personen mit <strong>ein</strong>er Duldung. Acht von ihnen waren in<br />
Deutschland geboren und die Mehrzahl von ihnen lebt bereits<br />
länger als fünf Jahre in Deutschland.<br />
Im Kreis <strong>Lippe</strong> (ohne die Stadt Detmold) hatten am Jahresende<br />
185 Ausländer <strong>ein</strong>e Aufenthaltsgestattung. Im Stadtgebiet von<br />
Detmold lebten am 26.5.2011 23 Menschen mit <strong>ein</strong>er Ge-<br />
stattung. Weitere 121 Personen hielten sich in Detmold am<br />
19.4.2011 mit <strong>ein</strong>er humanitären Aufenthaltserlaubnis nach<br />
§§ 104 a bzw. 25 Abs.5 AufenthG auf.<br />
37 geduldete, erwachsene Personen besaßen in Detmold am<br />
19.4.2011 k<strong>ein</strong>e Erlaubnis für <strong>ein</strong>e Beschäftigung. In 19 Fällen<br />
soll <strong>ein</strong>e aktuelle Prüfung mit dem Ziel erfolgen, diese zu ertei-<br />
len. 25 dieser 37 Personen erhalten Leistungen nach § 2 Asyl-<br />
bewerberleistungsgesetz<br />
Die Stadt Detmold schob im Jahre 2010 acht Personen ab. Bei<br />
vier Personen wurde <strong>ein</strong> Antrag auf Abschiebehaft gestellt, bei<br />
Berlin◊ Das Bundesministerium des Inne-<br />
ren rät in <strong>ein</strong>em Schreiben vom<br />
28.4.2010 bis zur Klärung der Verhältnis-<br />
se in Syrien dazu, vorerst k<strong>ein</strong>e Abschie-<br />
bungen in dieses Land mehr vorzuneh-<br />
men. Auch wird das Bundesamt vorläufig<br />
k<strong>ein</strong>e Entscheidungen hinsichtlich Syrien<br />
treffen. Dennoch gibt es Ausländerbe-<br />
hörden, die weiterhin massiven Druck<br />
auf syrische Flüchtlinge ausüben.<br />
Zahlen, Daten, Fakten<br />
<strong>ein</strong>er Person der Antrag vor der Beschlussfassung zurückge-<br />
nommen. <strong>Für</strong> das Jahr 2011 sind aus Detmold k<strong>ein</strong>e Abschie-<br />
bungen in den Kosovo geplant. Dass der Kreis <strong>Lippe</strong> Abschie-<br />
bungen in diese Region plant, ersch<strong>ein</strong>t als sehr wahrch<strong>ein</strong>lich.<br />
Die meisten Asylunterkünfte im Kreis <strong>Lippe</strong> betreiben die Städ-<br />
te Bad Salzuflen und Lemgo mit jeweils vier Unterkünften. Die<br />
teuerste Unterkunft befindet sich in Lage. Dort werden monat-<br />
lich jeweils 12.000 € für die Unterbringung der Flüchtlinge<br />
ausgegeben. In Augustdorf und in Oerlinghausen sind Flücht-<br />
linge in Containern untergebracht.<br />
In Leopoldshöhe, Kalletal und Oerlinghausen werden Unter-<br />
künfte außerhalb von geschlossenen Ortschaften betrieben.<br />
In Leopoldshöhe gibt es zusätzlich auch k<strong>ein</strong>en Anschluss der<br />
Unterkunft an den öffentlichen Nahverkehr.<br />
Das Zahlenmaterial wurde <strong>ein</strong>er Antwort des Ministers für<br />
Kommunales und Inneres NRW vom 10.5.2011 auf die kl<strong>ein</strong>e<br />
Anfrage 15/1750, <strong>ein</strong>er Antwort der Stadt Detmold auf <strong>ein</strong>e<br />
Anfrage der Detmolder Alternative vom 19.4.2011, <strong>ein</strong>er E-<br />
Mail der Stadt Detmold an dem AK-Asyl e.V. vom 26.5.2011<br />
und <strong>ein</strong>er e-Mail des Kreises <strong>Lippe</strong> an den AK Asyl e.V. vom<br />
17.5.2011 entnommen. Eine Überprüfung der Angaben fand<br />
(noch) nicht statt.<br />
Hier ist Ihre Mithilfe gefordert. Bitte senden Sie uns ihre aktuellen Termine rund um das Thema Flüchtlinge in <strong>Lippe</strong> an<br />
Redaktion@fluechtlingshilfe-lippe.de<br />
12.7. 2011, 14:00 bis 17:00 Uhr, Beratung der <strong>Flüchtlingshilfe</strong> <strong>Lippe</strong> e.V. in Lügde, Gem<strong>ein</strong>dehaus der evg. Kirchengem<strong>ein</strong>de<br />
Lügde, An der Stadtmauer 2, 32676 Lügde<br />
29.9.2011, 19:00 Uhr, Kontaktkreis Asyl der Lagenser Kirchengem<strong>ein</strong>den, Gem<strong>ein</strong>dehaus Müssen, Breitenheider Str. 298, 32791<br />
Lage-Müssen<br />
4.10.2011, 17:30 Uhr, Ökumenisches Forum für Flüchtlinge in <strong>Lippe</strong>, Gem<strong>ein</strong>dehaus am Markt, Marktplatz 6, 32756 Detmold<br />
Die amnesty international Jugendgruppe trifft sich an jedem Dienstag im Monat (außer in den Ferien) um 17:45 Uhr bei der<br />
AWO, Elisabethstr. 45-47 , 32756 Detmold<br />
Kurznachrichten<br />
Düsseldorf ◊ Auf <strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>e Anfrage<br />
antwortete die Landesregierung am<br />
24.3.2011, dass die Altersfeststellung bei<br />
minderjährigen Flüchtlingen durch „er-<br />
fahrene Beamte der Ausländerbehör-<br />
den“ erfolgen könne. In der Praxis fällt<br />
auf, dass diese „Schätzungen“ immer<br />
wieder Tag genau erfolgen und der Be-<br />
troffene oft erst vor wenigen Tagen 18<br />
Jahre alt geworden s<strong>ein</strong> soll.<br />
Termine<br />
Blomberg ◊ Der Rat der Stadt Blomberg<br />
hat beschlossen, das Haus in der Hols-<br />
tenhöfer Str. für weitere drei Jahre als<br />
Asylunterkunft zu mieten. Dieses soll die<br />
Situation in der Unterkunft „Kuhstraße“<br />
entspannen, in der seit dem Brand in der<br />
Unterkunft „Neuen Torstraße“ die Zahl<br />
der Bewohner deutlich gestiegen ist. In<br />
der Holstenhöfer Str. sollen vorwiegend<br />
Familien untergebracht werden.<br />
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seitens des kontoführenden Kreditinstitutes k<strong>ein</strong>e Verpflichtung zur Einlösung.<br />
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