„Das fängt ja gut an“ Für ein Bleiberecht - Flüchtlingshilfe Lippe eV

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Kreis Lippe ◊ Nicht wenig erstaunt schaute eine Rechtsanwältin, als sie nach wiederholter Einsicht in einer Ausländerakte, die vom Kreis Lippe geführt wurde, plötzlich ein Schriftstück entdeckte, auf dem stand: „Nicht für Akte bestimmt!“ Dazu muss man wissen: Zu einem fairen Verwaltungsverfahren gehört es, dass Gerichte und Anwälte Einsicht in die von den Behörden geführten Akten nehmen dürfen. Dass die Akte dabei vollständig vorzulegen ist, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Im vorliegenden Fall hatte sowohl die Flüchtlingshilfe Lippe e. V. als auch die Rechtsanwältin mehrfach Akteneinsicht durchgeführt. Nachdem die Familie abgeschoben wurde, beantragte die Rechtsanwältin erneut Akteneinsicht. Sie stieß dabei auf zwei Seiten, die ihr und der Flüchtlingsberatung zuvor nicht aufgefallen waren. Beide Seiten waren mit dem handschriftlichen Vermerk „nicht für Akte bestimmt!“ verse- „nicht für Akte bestimmt!“ Stadt Lage wirft Flüchtlingsberater aus Flüchtlingswohnheim Lage ◊ Mit Hilfe der Polizei wollte die Stadt Lage am 10. Mai den Berater der Flüchtlingshilfe Lippe e.V., Frank Gockel, aus dem städtischen Flüchtlingswohnheim entfernen lassen. Das schriftliche Hausverbot erfolgte eine knappe Woche später am 16. Mai. Gockels „Vergehen“: Er hatte Ende April einer Familie in einer Notlage geholfen und zu diesem Zweck die Notunterkunft auf Bitten der Familie mit deren Schlüssel be- treten. Nachdem die Stadt Lage sich weigerte, ihr Verbot zurückzunehmen, muss sich nun das Verwaltungsgericht Minden mit der Frage beschäftigen, ob ein solches Hausver- bot Rechtens ist. Am 28.4.2011 wurde ein Familienvater aus Lage notfallmäßig in die Klinik eingewiesen. Seine schwerstpflegebedürftige Frau befand sich hilflos hinter der verschlossenen Wohnungstür der städtischen Flüchtlingsunterkunft. Im Krankenhaus übergab der Mann dem ihn begleitenden Berater Frank Gockel von der Flüchtlingshilfe Lippe den Schlüssel zu seiner Wohnungstür. Er bat ihn dringend, sich um seine Frau zu kümmern. Gockel fuhr zu der Wohnung der Familie, die in einer Notun- terkunft liegt, die die Stadt Lage für Flüchtlinge bereit hält. Er informierte u.a. eine Ärztin und das Ordnungsamt, die dafür sorgten, dass die Frau mit einem Rettungswagen stationär in ein Klinikum aufgenommen wurde. „Ich habe meine Pflicht als Mensch und als Flüchtlingsberater getan“, sagt Frank Gockel. Das Sozialamt der Stadt Lage sieht dies offensichtlich anders. Zunächst wurde bei einem seiner nächsten Beratungsbesuche in der Unterkunft die Polizei geru- fen, um ihn aus dem Haus zu entfernen. Schließlich kam am 16.5.2011 per E-Mail ein schriftliches Hausverbot. Das Schrei- ben führt als Begründung an, Gockel habe sich „ohne Erlaub- nis“ Zutritt zu den Räumlichkeiten der Familie verschafft. Auf die Notsituation der Frau, die dem Sozialamt bekannt war, wird in dem Schreiben nicht eingegangen. hen. Bei beiden Schriftstücken handelte es sich um eine Anfrage zur Identitätsklärung. Das plötzliche Auftauchen dieser Seiten in der Akte lässt bei den Beteiligten den Verdacht aufkommen, dass bei der Ausländerbehörde des Kreises Lippe geheime Nebenakten geführt werden. Dieses würde aber ein faires Verfahren unmöglich machen.. In der Zwischenzeit sicherte der Kreis Lippe in einem Schreiben zu, dass es keine Nebenakten geben, oder dass ggf. das Führen von Nebenakten in der Hauptakte ab sofort gekennzeichnet würde. Rechtsanwälte empfelen jetzt aber vorsichtshalber, dass diejenigen, die beim Kreis Lippe Akteneinsicht nehmen, sich schriftlich bestätigen lassen, dass die Akte vollständig ist. Weigert sich die Ausländerbehörde dieses zu tun, weil sie eine Nebenakte führt, so sollte auf einer Begründung bestanden werden, warum man in diese Akte keine Einsicht nehmen darf. Der Verein Flüchtlingshilfe Lippe e.V. kritisiert das Hausverbot für seinen Berater scharf. Er sieht darin den Versuch der Stadt Lage, einen unbequemen Fürsprecher der Flüchtlinge in der Ausübung seines Berufes zu behindern und den Betroffenen den Zugang zu unabhängiger Beratung zu erschweren. Die Flüchtlingshilfe vermutet hier einen Zusammenhang mit anderen Beobachtungen, die sie in der Vergangenheit ge- macht hat: Verschiedentlich war der Eindruck entstanden, dass Flüchtlinge bei Problemen mit dem Sozialamt Lage aus Angst vor einer negativen Reaktion des Sozialamtes den Kon- takt zu Anwälten oder Beratungsstellen scheuen. Pfarrer Dieter Bökemeier, Flüchtlingsbeauftragter der Lippi- schen Landeskirche und Vorstand des Vereins, stellt fest: „Ich weiß, dass sich Frank Gockel gerade in Lage seit Jahren sehr engagiert für die Flüchtlinge einsetzt. Dass dieses sehr not- wendig ist, zeigt schon die Tatsache, dass Flüchtlinge in Lage sehr häufig wegen der ihnen ihnen zustehenden Leistungen die Hilfe des Sozialgerichts Detmold in Anspruch nehmen mussten. Sebastian Nickel, Rechtsanwalt von Frank Gockel, geht zudem davon aus, dass das Hausverbot rechtswidrig ergangen ist. „Ein Hausverbot in einer öffentlichen Einrichtung darf nur erfolgen, wenn mit einer schwerwiegenden Störung der Be- triebsabläufe zu rechnen ist“, so Nickel. „Dieses ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Im Gegenteil: Gockel ist lediglich seiner Bürgerpflicht nachgekommen und hat erste Hilfe geleis- tet.“ Einer Aufforderung des Rechtsanwaltes, das Hausverbot bis zum 20. Mai aufzuheben, ist die Stadt Lage nicht nachgekommen. Darum hat Nickel für seinen Mandanten beim Verwaltungsgericht Minden Klage gegen das Hausverbot eingelegt, damit Gockel auch weiterhin in Notfällen Hilfe leisten kann. 6
Kreis Lippe ◊ Wie sieht es rund um das Thema Flüchtlinge in Lippe tatsächlich aus? Dieser Artikel will einige Zahlen, Daten und Fakten zusammentragen. Mit Stichtag zum 31.12.2010 waren im Kreis Lippe, ohne die Stadt Detmold, 400 Menschen registriert, die eine Duldung besessen haben. In der Stadt Detmold wohnten am 19.4.2011 60 Personen mit einer Duldung. Acht von ihnen waren in Deutschland geboren und die Mehrzahl von ihnen lebt bereits länger als fünf Jahre in Deutschland. Im Kreis Lippe (ohne die Stadt Detmold) hatten am Jahresende 185 Ausländer eine Aufenthaltsgestattung. Im Stadtgebiet von Detmold lebten am 26.5.2011 23 Menschen mit einer Ge- stattung. Weitere 121 Personen hielten sich in Detmold am 19.4.2011 mit einer humanitären Aufenthaltserlaubnis nach §§ 104 a bzw. 25 Abs.5 AufenthG auf. 37 geduldete, erwachsene Personen besaßen in Detmold am 19.4.2011 keine Erlaubnis für eine Beschäftigung. In 19 Fällen soll eine aktuelle Prüfung mit dem Ziel erfolgen, diese zu ertei- len. 25 dieser 37 Personen erhalten Leistungen nach § 2 Asyl- bewerberleistungsgesetz Die Stadt Detmold schob im Jahre 2010 acht Personen ab. Bei vier Personen wurde ein Antrag auf Abschiebehaft gestellt, bei Berlin◊ Das Bundesministerium des Inne- ren rät in einem Schreiben vom 28.4.2010 bis zur Klärung der Verhältnis- se in Syrien dazu, vorerst keine Abschie- bungen in dieses Land mehr vorzuneh- men. Auch wird das Bundesamt vorläufig keine Entscheidungen hinsichtlich Syrien treffen. Dennoch gibt es Ausländerbe- hörden, die weiterhin massiven Druck auf syrische Flüchtlinge ausüben. Zahlen, Daten, Fakten einer Person der Antrag vor der Beschlussfassung zurückge- nommen. Für das Jahr 2011 sind aus Detmold keine Abschie- bungen in den Kosovo geplant. Dass der Kreis Lippe Abschie- bungen in diese Region plant, erscheint als sehr wahrcheinlich. Die meisten Asylunterkünfte im Kreis Lippe betreiben die Städ- te Bad Salzuflen und Lemgo mit jeweils vier Unterkünften. Die teuerste Unterkunft befindet sich in Lage. Dort werden monat- lich jeweils 12.000 € für die Unterbringung der Flüchtlinge ausgegeben. In Augustdorf und in Oerlinghausen sind Flücht- linge in Containern untergebracht. In Leopoldshöhe, Kalletal und Oerlinghausen werden Unter- künfte außerhalb von geschlossenen Ortschaften betrieben. In Leopoldshöhe gibt es zusätzlich auch keinen Anschluss der Unterkunft an den öffentlichen Nahverkehr. Das Zahlenmaterial wurde einer Antwort des Ministers für Kommunales und Inneres NRW vom 10.5.2011 auf die kleine Anfrage 15/1750, einer Antwort der Stadt Detmold auf eine Anfrage der Detmolder Alternative vom 19.4.2011, einer E- Mail der Stadt Detmold an dem AK-Asyl e.V. vom 26.5.2011 und einer e-Mail des Kreises Lippe an den AK Asyl e.V. vom 17.5.2011 entnommen. Eine Überprüfung der Angaben fand (noch) nicht statt. Hier ist Ihre Mithilfe gefordert. Bitte senden Sie uns ihre aktuellen Termine rund um das Thema Flüchtlinge in Lippe an Redaktion@fluechtlingshilfe-lippe.de 12.7. 2011, 14:00 bis 17:00 Uhr, Beratung der Flüchtlingshilfe Lippe e.V. in Lügde, Gemeindehaus der evg. Kirchengemeinde Lügde, An der Stadtmauer 2, 32676 Lügde 29.9.2011, 19:00 Uhr, Kontaktkreis Asyl der Lagenser Kirchengemeinden, Gemeindehaus Müssen, Breitenheider Str. 298, 32791 Lage-Müssen 4.10.2011, 17:30 Uhr, Ökumenisches Forum für Flüchtlinge in Lippe, Gemeindehaus am Markt, Marktplatz 6, 32756 Detmold Die amnesty international Jugendgruppe trifft sich an jedem Dienstag im Monat (außer in den Ferien) um 17:45 Uhr bei der AWO, Elisabethstr. 45-47 , 32756 Detmold Kurznachrichten Düsseldorf ◊ Auf eine kleine Anfrage antwortete die Landesregierung am 24.3.2011, dass die Altersfeststellung bei minderjährigen Flüchtlingen durch „er- fahrene Beamte der Ausländerbehör- den“ erfolgen könne. In der Praxis fällt auf, dass diese „Schätzungen“ immer wieder Tag genau erfolgen und der Be- troffene oft erst vor wenigen Tagen 18 Jahre alt geworden sein soll. Termine Blomberg ◊ Der Rat der Stadt Blomberg hat beschlossen, das Haus in der Hols- tenhöfer Str. für weitere drei Jahre als Asylunterkunft zu mieten. Dieses soll die Situation in der Unterkunft „Kuhstraße“ entspannen, in der seit dem Brand in der Unterkunft „Neuen Torstraße“ die Zahl der Bewohner deutlich gestiegen ist. In der Holstenhöfer Str. sollen vorwiegend Familien untergebracht werden. 7
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Seite 5: Von Martina Wehrmann „Das fängt

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