HANS TICHA - Grafik Museum Stiftung Schreiner Bad Steben
HANS TICHA - Grafik Museum Stiftung Schreiner Bad Steben
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<strong>HANS</strong> <strong>TICHA</strong><br />
Druckgrafik<br />
GRAFIK MUSEUM STIFTUNG SCHREINER<br />
<strong>Bad</strong> <strong>Steben</strong>
Das Kurhaus am Kurpark in <strong>Bad</strong> <strong>Steben</strong>. Im Erdgeschoß beherbergt<br />
es die Räume des <strong>Grafik</strong> <strong>Museum</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Schreiner</strong>.<br />
Kunst vermag Brücken zu bauen - zwischen Menschen und auch<br />
zwischen Ländern. Davon sind die Stifter und Gründer des <strong>Grafik</strong><br />
<strong>Museum</strong>s, Stefanie Barbara und Dr. Wolfgang <strong>Schreiner</strong>, zutiefst<br />
überzeugt. Dieser Leitsatz steht über dem Engagement beider, als<br />
Kunstvermittler ihre Kraft in den Bau dieser Brücken zu stecken.<br />
Das Foyer des Klenzebaus im <strong>Bad</strong> <strong>Steben</strong>er Kurpark ist<br />
ideal geeignet, um Kunst zu präsentieren. Hoch und hell,<br />
bietet es gerade großformatigen Werken den Raum und<br />
die Atmosphäre, die sie brauchen.
Drei Grazien 2010 Farbholzschnitt 36,7 x 21,5 cm
<strong>HANS</strong> <strong>TICHA</strong><br />
Druckgrafik<br />
Ausstellung vom 22. Januar bis 15. April 2012<br />
GRAFIK MUSEUM STIFTUNG SCHREINER<br />
<strong>Bad</strong> <strong>Steben</strong>
Zur Ausstellung<br />
Hans Ticha, Jahrgang 1940, aufgewachsen<br />
in Schkeuditz, war zunächst<br />
Lehrer, studierte an der Kunsthochschule<br />
in Berlin-Weißensee. Er arbeitet<br />
als Maler, <strong>Grafik</strong>er und Buchillustrator,<br />
seit 1993 in Maintal bei Frankfurt/M..<br />
Die Arbeiten von Hans Ticha sind<br />
einzigartig sowohl in formaler als auch<br />
in inhaltlicher Sicht in der Kunstgeschichte<br />
der DDR. Sein Thema war und<br />
ist immer noch die Darstellung von<br />
Ritualen. Hierbei interessieren ihn<br />
besonders die Alltagsrituale politischer<br />
oder gesellschaftlicher Natur. Seine<br />
Intention ist es, die sinnentleerte<br />
Gleichförmigkeit, den Stillstand des<br />
gesellschaftlichen Lebens in der DDR –<br />
später die Gleichmacherei der<br />
„freien“ Bürger durch die Werbung – in<br />
seinen kritischen Werken deutlich zu<br />
machen. Wie auch Dr. Brigitte Rieger-<br />
Jähner im Katalog zur Ausstellung<br />
„Hans Ticha – Malerei“ im <strong>Museum</strong> für<br />
junge Kunst in Frankfurt/Oder 1996<br />
schrieb:<br />
„Unter dem Begriff des Ritualen könnte<br />
man einen großen Teil der Werke Hans<br />
Tichas zusammenfassen, mit dem er<br />
auf Erscheinungsformen des Daseins<br />
reagiert. Was ursprünglich als Ordnung<br />
für gottesdienstliches Brauchtum in<br />
Worten, Gesten und Handlungen<br />
gedacht war, hat profanisiert bis heute<br />
in fast allen Lebensbereichen seinen<br />
Platz behauptet und spiegelt sich im<br />
Vorgehen nach festgelegter Ordnung,<br />
wie im Zeremoniell eines genormten<br />
Verhaltens auf bestimmte Grundsituationen<br />
wieder. So spielt der rituelle<br />
Prozess im öffentlichen als auch im<br />
privaten Leben eine nicht zu unterschätzende<br />
Rolle. Über diese definiert<br />
sich der Einzelne, setzt sich in Beziehung<br />
zur Masse, identifiziert sich mit ihr<br />
oder grenzt sich von ihr ab.“ Und<br />
weiter, zu Tichas künstlerischer Entwicklung:<br />
„In seinem Lehrer Kurt Robbel<br />
fand er die Persönlichkeit, die durch<br />
ihre künstlerische Haltung seine<br />
Entwicklung als Maler positiv beeinflussen<br />
sollte. Was dieser s einen Schülern<br />
im Sinne von Cézannes Bildgedanken<br />
über die Malerei als einer Kunst der<br />
Fläche vermittelte, unterschied sich<br />
von vielen seiner Kollegen…“<br />
Bei der formalen Gestaltung seiner<br />
Arbeiten entstehen klar abgegrenzte,<br />
plakative Formen, auch wiederholende<br />
Gleichförmigkeit des Motivs als<br />
„Entindividualisierung“ des Bildmotivs.<br />
In vielen Werken dominiert eine starke<br />
Farbigkeit, häufig auf die Grundfarben<br />
beschränkt. Die Formen sind streng<br />
geometrisch. Diese seine Bildsprache<br />
hat Vorgänger in der Kunstgeschichte.<br />
Cézanne wurde schon genannt. Als<br />
weitere Einflüsse können der Kubismus<br />
eines Fernand Léger, der russische Konstruktivismus<br />
und auch Bauhaus-<br />
Künstler wie Oskar Schlemmer<br />
genannt werden. Eduard Beaucamp<br />
notiert hierzu in Tichas „Werkverzeichnis<br />
Bilder, Objekte, Zeichnungen“:<br />
„Ein Maler wie der Franzose Fernand<br />
Léger setzte auf grandios-naive Weise<br />
den künstlerischen mit dem gesellschaftlichen<br />
Weg gleich. Ihn faszinierten<br />
die neue Aktionseinheit von<br />
Mensch und Maschine in der industriellen<br />
Arbeit …“, und: „Der „Neue<br />
Mensch“ war eine utopische Leitfigur<br />
der klassischen Moderne. (…) Die Konstruktivisten<br />
und Bauhaus-Künstler<br />
denken nach über das Verhältnis von<br />
Individuum und Masse, von privatem<br />
Impuls und kollektiver Bewegung. Sie<br />
operieren mit gruppendynamischen<br />
Energien und Gesetzen und proben<br />
die Einordnung oder auch Unterordnung<br />
des Einzelnen in kollektive Strukturen<br />
und Formgesetze.“ (S. 5)<br />
Einen fast zeitlich parallelen Einfluss auf<br />
Tichas Stilentwicklung hatte die Pop<br />
Art, wenn auch nicht in direkter Form<br />
(Ticha hatte wie alle Künstler in DDR<br />
kaum Zugang zu Literatur oder<br />
Bildbänden neuer westlicher Kunstentwicklungen),<br />
so doch als „Zeitgeist“, als<br />
eine Entwicklung, die „in der Luft lag“<br />
und die er aufnahm. Wieder Eduard
Start 2011 Algrafie 39,0 x 50,0 cm
Beaucamp im Werkverzeichnis Tichas<br />
hierzu:<br />
„Bei Ticha schleicht sich früh ein<br />
kritisch-parodistischer Grundton ein,<br />
der sich gegen Ende der siebziger<br />
Jahre zu scharfem Spott und höhnischen<br />
Persiflagen steigert. Im Westen<br />
entlud sich solcher Zorn in der Konsumkritik<br />
der Pop Art oder in den ätzenden<br />
Gesellschaftssatiren eines Klaus<br />
Staeck. In der DDR staute sich der<br />
Ingrimm und biß sich am Erscheinungsbild<br />
des Systems, seiner öffentlichen<br />
Selbstdarstellung und seiner propagandistischen<br />
Aufblähung fest. Ticha<br />
bemängelt einmal, dass der mainstream<br />
der DDR-Kunst die Realität missachtet,<br />
dass sie Autos, die Technik, die<br />
Kunststoffe und so auch die politischen<br />
Verhältnisse nicht wahrgenommen<br />
habe. Ticha holt das um so heftiger<br />
nach.“ (S. 6)<br />
Ausstellen konnte er diese spöttischironischen,<br />
sowohl politik- als auch<br />
gesellschaftskritischen Werke erst nach<br />
der Wende, vorher stellte er sie mit der<br />
Bildseite an die Wände seines Ateliers,<br />
immer mit der Überlegung, sie<br />
vielleicht doch zu vernichten, da sie<br />
deutlich den Tatbestand der „Staatsverleumdung“<br />
erfüllten. Zeigen konnte<br />
er sie nur seiner Frau und einem guten<br />
Freund. (Siehe hierzu: Hans Ticha im<br />
Nachsatz zu „Hans Ticha - Anhaltender<br />
Beifall - Bilder aus der DDR“ im<br />
Eulenspiegel-Verlag Berlin 1991.)<br />
Die Buch- und Kinderbuchillustrationen<br />
haben ihm sowohl in der DDR als auch<br />
später in Gesamtdeutschland viel<br />
Anerkennung und viele Preise eingebracht.<br />
Er versteht es, das geschriebene<br />
Wort auf verständliche Weise ins<br />
Bild zu übersetzen. Dr. Elisabeth Niggemann,<br />
Generaldirektorin der Deutschen<br />
Nationalbibliothek schreibt 2006<br />
zur Ausstellung „Hans Ticha – Buch &<br />
<strong>Grafik</strong> 1970 – 2006“ im Vorwort:<br />
„Von 1970 bis 2006 hat Hans Ticha<br />
mehr als 90 Bücher illustriert und bei<br />
nicht wenigen davon die Gesamtgestaltung<br />
übernommen, dazu kommen<br />
noch 65 Einband- bzw. Umschlaggestaltungen.<br />
Unter den (..) Büchern<br />
finden sich viele prämierte Titel. (…)<br />
Der Schwerpunkt (..) seiner grafischen<br />
Arbeiten lag für Hans Ticha bis zum<br />
Ende der DDR im Bereich des<br />
anspruchsvollen auflagenstarken<br />
Gebrauchsbuchs (Erzählungen,<br />
Kinderbücher, Romane und Gedichtbände).<br />
(…) Schon vor 1990 wurden<br />
einige seiner Bücher von der Büchergilde<br />
Gutenberg übernommen und<br />
erschienen in der BRD.“<br />
Ticha kann auf über 25 Titel verweisen,<br />
die als „Schönstes Buch des Jahres“<br />
ausgezeichnet wurden. Den Walter-<br />
Tiemann-Preis erhielt er 1998 für die<br />
Illustrationen zu „Flüchtlingsgespräche“<br />
von Bertold Brecht.<br />
Eine kleine Auswahl von Büchern<br />
zeigen wir in unserer Vitrine im großen<br />
Lesesaal. In der Ausstellung – wie auch<br />
hier im Katalog – sehen Sie eigenständige<br />
<strong>Grafik</strong>en in den Techniken Holzschnitt,<br />
Lithografie, Algrafie, Serigrafie<br />
und Flachdruck.
Sieger mit roter 4 1976 Algrafie 33,0 x 42,0 cm
Ringer 1977 Serigrafie 56,5 x 38,5 cm
Eishockey 1979 Algrafie 29,0 x 37,7 cm
Hockey 2010 Farbholzschnitt 42,0 x 52,0 cm
Ballspiel 2-5 1985 Algrafie 40,0 x 29,7 cm
Hürdenlauf 1994 Flachdruck 71,0 x 52,0 cm
Spieler 2010 Farbholzschnitt 50,0 x 33,0 cm
Tänzer 1994 Farblithografie 72,0 x 52,0 cm
Tango 2010 Farbholzschnitt 70,0 x 50,0 cm
Tennis 1995 Farblithografie 58,0 x 70,0 cm
Tennis II 1995 Farblithografie 59,0 x 80,0 cm
Balance 2011 Farbholzschnitt 41,0 x 32,0 cm
Siegerin (Schwimmring) 2004 Farbholzschnitt 34,7 x 29,8 cm
Figuren am Strand 1977 Algrafie 28,0 x 36,7 cm
Rosa Gruppe 1978 Algrafie 29,0 x 32,0 cm
Sortiment 1998 Farblithografie 40,5 x 26,0 cm
Frauenquote 2011 Farbholzschnitt 45,0 x 31,5 cm
Schlagersängerin 1979 Algrafie 39,5 x 31,5 cm
Sängerin 1996 Flachdruck 45,0 x 30,0 cm
Das Paar 2000 Farbholzschnitt 35,9 x 31,0 cm
Rote Figur 2006 Farbholzschnitt 33,5 x 29,0 cm
Zwei Figuren 1997 Farbholzschnitt 43,0 x 52,5 cm
Hockende Figur 1985 Farbholzschnitt 66,0 x 50,0 cm
Figur Rot/Blau 2010 Farbholzschnitt 28,2 x 17,5 cm
Rote Figur 2010 Farbholzschnitt 44,0 x 30,0 cm
Blaue und rote Figur 2000 Flachdruck 28,7 x 30,0 cm
Frau am Meer 2010 Farbholzschnitt 27,0 x 37,0 cm
Kopf Ball 2009 Farblithografie 38,5 x 29,5 cm
Match-point 2010 Farbholzschnitt 70,0 x 50,0 cm
test gut 2009 Farblithografie 38,3 x 26,0 cm
Frau mit Sonnenschirm 2000 Flachdruck 35,2 x 30,0 cm
Vision 2008 Farbholzschnitt 34,9 x 41,0 cm
Sicherheit 2009 Farbholzschnitt 30,1 x 42,5 cm
Festnetz 2006 Farbholzschnitt 32,5 x 24,5 cm
Untersuchung 2011 Algrafie 50,0 x 35,0 cm
Klatscher 1970/90 Serigrafie 62,0 x 48,0 cm
Rotes Horn 1997 Farbholzschnitt 60,0 x 44,0 cm
Beziehungskiste 2010 Farbholzschnitt 29,5 x 38,0 cm
Geiz ist Geil 2011 Algrafie 50,0 x 37,2 cm
Wasserrad 1979 Algrafie 29,5 x 42,5 cm
Hans Ticha - Biografie<br />
1940 geboren in Tetschen-Bodenbach<br />
1946-58 Schulbesuch in Schkeuditz; Abitur<br />
1958-62 Pädagogikstudium an der Karl-Marx-Universität Leipzig<br />
1962-64 Lehrer in Lindenthal bei Leipzig<br />
1965-70 Studium an der Hochschule für bildende und angewandte<br />
Kunst, Berlin-Weißensee bei den Professoren Kurt Robbel,<br />
Werner Klemke, Arno Mohr und Klaus Wittkugel<br />
1970-90 freischaffend in Berlin (Ost)<br />
Malerei und Buchillustration<br />
1990-93 freischaffend in Mainz<br />
seit 1993 freischaffend in Maintal<br />
Preise und Auszeichnungen<br />
1982 Silbermedaille der IBA Leipzig<br />
1986 Grand Premio des IOC auf der Biennale in Barcelona<br />
(Malerei)<br />
1989 Ehrendiplom der Internationalen Buchausstellung Leipzig<br />
1990 Beteiligung an der Biennale Venedig<br />
1998 2. Preis im Walter-Tiemann-Wettbewerb<br />
Silbermedaille im Wettbewerb „Schönste Bücher aus aller<br />
Welt“<br />
2000 3. Preis der <strong>Stiftung</strong> Buchkunst<br />
2001 Kulturpreis des Main-Kinzig-Kreises<br />
Zahlreiche Auszeichnungen in den Wettbewerben „Schönste Bücher der<br />
DDR“ und „Die schönsten deutschen Bücher“
Das Urteil des Paris 1998 Farblithografie 74,0 x 58,0 cm
Impressum<br />
Ausstellungskatalog<br />
Hans Ticha<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Grafik</strong> <strong>Museum</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Schreiner</strong>, <strong>Bad</strong> <strong>Steben</strong><br />
Layout:<br />
Hans Ticha, Harry Kurz<br />
Katalogtext:<br />
Harry Kurz<br />
Einführungsrede zur Eröffnung:<br />
Stefanie Barbara <strong>Schreiner</strong><br />
Druck:<br />
print24.de, Radebeul<br />
© 2012<br />
Verlag <strong>Grafik</strong> <strong>Museum</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Schreiner</strong><br />
Postfach 13 20<br />
95134 <strong>Bad</strong> <strong>Steben</strong><br />
Hausadresse:<br />
<strong>Bad</strong>str. 30<br />
95138 <strong>Bad</strong> <strong>Steben</strong><br />
Tel. 0 92 88 / 9 60 11<br />
Fax 0 92 88 / 9 60 23<br />
info@grafik-museum.de<br />
www.grafik-museum.de<br />
Titelbild: Drei Damen 2011 Farbholzschnitt 60,0 x 48,0 cm
VEREIN ZUR FÖRDERUNG<br />
DES GRAFIK MUSEUM<br />
STIFTUNG SCHREINER e.V.<br />
Partner des<br />
GR A FIK MUSEUM STIFTUNG SCHREINER<br />
<strong>Bad</strong> <strong>Steben</strong>