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Die Geschichte von Surenthini - Bundesamt für Migration

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<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>von</strong> <strong>Surenthini</strong><br />

- einem tamilischen Mädchen aus Bern<br />

Eine Anregung zum interkulturellen Dialog


Ziel dieses Unterrichtsmaterial<br />

<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

Ziel dieses Unterrichtsmaterial ist es, verschiedene Realitäten und Erlebniswelten zur<br />

Sprache zu bringen und zu diskutieren. <strong>Die</strong> Schülerinnen und Schüler erfahren aus<br />

dem Lesetext aus subjektiver Sicht Informationen zur kulturellen und sozialen<br />

Identität der Tamilinnen und Tamilen, Informationen zur Immigration und Integration,<br />

zum Alltag und den Konflikten <strong>von</strong> jungen Tamilinnen und Tamilen.<br />

Der Text gibt eine Möglichkeit zur Identifikation und zur Empathie. <strong>Die</strong> subjektive,<br />

fiktive Erzählung der jungen Tamilin steht exemplarisch und soll als Anregung <strong>für</strong><br />

einen interkulturellen Dialog verstanden werden. <strong>Die</strong> Arbeitsaufträge sind so gewählt,<br />

dass alle Lernenden auch aus ihrer Sicht, ihre eigene Kultur und Realität reflektieren<br />

können.<br />

Inhalte<br />

• Lesetext <strong>für</strong> die Lernenden<br />

• Arbeitsaufträge zum Lesetext<br />

• Zusatzinformationen <strong>für</strong> Lehrpersonen zu den Arbeitsaufträgen<br />

• Bilder und Hintergrundsinformationen<br />

• Zeittafel Sri Lanka<br />

• Literaturhinweise<br />

Zielgruppe<br />

Sekundarstufe I (13 bis 16 Jährige)<br />

Aufwand<br />

<strong>Die</strong>ses Unterrichtsmaterial kann in 3 bis 5 Lektionen erarbeitet werden.<br />

Impressum<br />

Konzeption: Sibylle Siegwart (BFM)<br />

Redaktion: Marie-Anne Pinheiro-Fankhauser (Ethnologin, extern), Christoph Erismann (BFM)<br />

Kontakt: <strong>Bundesamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Migration</strong>, Quellenweg 6, 3003 Bern-Wabern<br />

Tel: 031 325 11 11 / Email: info@bfm.admin.ch


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>von</strong> <strong>Surenthini</strong>, einem tamilische Mädchen aus Bern<br />

Wer bin ich<br />

Ich heisse <strong>Surenthini</strong> und bin 14 Jahre alt. Ich bin in Jaffna, im Norden Sri Lankas,<br />

geboren. Mein Vater hat dort in einer Bank gearbeitet und meine Mutter als Lehrerin.<br />

Als ich drei Jahre alt war ist der kleine Bruder meiner Mutter gestorben. Er hatte bei<br />

den "Tamil Tigers" - <strong>für</strong> einen tamilischen Staat Sri Lankas gekämpft. Es war ein<br />

grosser Schock <strong>für</strong> die ganze Familie. Meine Eltern beschlossen darauf, Sri Lanka zu<br />

verlassen; sie wollten, dass ich in einem Land aufwachse, in dem Frieden herrscht.<br />

Mein Vater ist dann als erster in die Schweiz geflüchtet; er war fast ein Jahr lang<br />

unterwegs und meine Mutter hat sich grosse Sorgen gemacht. Meine Eltern<br />

sprechen jedoch nie über diese schwierige Zeit.<br />

Als ich fünf war, bin auch ich mit der Mutter in die Schweiz gereist. Es war schlimm<br />

<strong>für</strong> mich, denn es war kurz vor Weihnachten und bitterkalt. Von Jaffna war ich es<br />

gewohnt, den ganzen Tag mit meinen Cousins und Cousinen, die auf dem gleichen<br />

Grundstück wie wir wohnten, im Hof zu spielen. In der Schweiz musste ich in der<br />

Wohnung bleiben, weil es draussen so kalt war und ich niemanden kannte. <strong>Die</strong><br />

Wohnung war eng und dunkel, dabei hatte mir die Mutter in Sri Lanka gesagt, wie<br />

schön alles werden würde, sobald wir endlich in der Schweiz seien. Meine Mutter<br />

und ich waren viel allein, da mein Vater nach der Arbeit im Restaurant noch putzen<br />

ging.<br />

Nach Weihnachten musste ich in den Kindergarten. Es war <strong>für</strong> mich neu, so lange<br />

<strong>von</strong> meiner Mutter weg zu sein; zudem verstand ich kein Wort. Es gab auch keine<br />

anderen tamilischen Kinder im Kindergarten, mit denen ich mich hätte unterhalten<br />

können. Ich war sehr scheu und beobachtete viel, spielte aber wenig mit den<br />

anderen Kindern. Erst mit der Zeit fing ich an, die Abwechslung zu geniessen, die<br />

vielen Spielsachen, die wir zuhause nicht hatten.<br />

Nach einem Jahr bekam ich einen kleinen Bruder. Meine Eltern waren sehr glücklich,<br />

endlich einen Sohn zu haben. Als er einen Monat alt war, kam der Priester zu uns<br />

nach Hause und machte eine kleine Zeremonie. Auch der Bruder meines Vaters, der<br />

in Deutschland lebt, kam mit seiner Familie, um die Namensgebung meines kleinen<br />

Bruders zu feiern.<br />

Schule und Freizeit<br />

Als ich noch im Kindergarten war, schickten mich meine Eltern jeden Mittwoch<br />

Nachmittag in die tamilische Schule. Wir lernten dort Tamilisch lesen und schreiben –<br />

das sind 247 verschiedene Zeichen! In der zweiten Stunde wurden wir jeweils über<br />

die hinduistische Religion unterrichtet. Ich genoss diese spannenden <strong>Geschichte</strong>n<br />

über unsere Gottheiten und vor allem war es schön, einmal pro Woche alles zu<br />

verstehen!<br />

Am Samstag Nachmittag ging ich immer mit den anderen tamilischen Mädchen im<br />

Kirchgemeindehaus in den Tanzunterricht: Bharata Natyam ist der klassische<br />

südindische Tanz. Jedes Jahr hatten wir Sprach-, Religions- und Tanzprüfungen; das<br />

war immer sehr streng, denn wir mussten sehr viel auswendig lernen und vor den<br />

Tanzvorführungen dauerten die Proben jeweils bis spät in den Abend hinein.<br />

Meine Eltern möchten, dass ich nächstes Jahr ins Gymnasium übertreten kann. Sie<br />

sagen mir immer, dass ich einen guten Beruf lernen soll, am besten Ärztin. Ich<br />

1


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

könnte mir vorstellen, Ärztin zu werden, dann würde ich vielleicht eines Tages in<br />

mein Land zurückkehren und dort meinen Leuten helfen können. Damit ich die<br />

Aufnahmeprüfungen <strong>für</strong>s Gymnasium schaffe, haben mir meine Eltern jetzt zwei Mal<br />

pro Woche eine Nachhilfelehrerin organisiert. Es ist ein Riesenstress, direkt <strong>von</strong> der<br />

Schule nach Hause zu eilen und dann dort weiter zu lernen, aber ich bin froh, denn<br />

meine Eltern können mir bei den Aufgaben nicht helfen. Das Mühsamste finde ich<br />

diese vielen Aufsätze in Deutsch, das liegt mir einfach überhaupt nicht. Wenn ich<br />

dann mit meinen Aufgaben fertig bin, dann helfe ich meinem kleinen Bruder. Das ist<br />

nicht immer einfach, denn der möchte lieber Fussball spielen oder am Fernsehen<br />

Trickfilme schauen. Meine Eltern wollen aber unbedingt, dass ich mit ihm lerne, denn<br />

er geht in die Kleinklasse und meine Eltern haben grosse Angst, dass er nicht in die<br />

normale Schule wechseln kann und dann keinen guten Beruf erlernen kann.<br />

An den Wochenenden sind wir meist mit der Familie unterwegs. Inzwischen haben<br />

wir viele Verwandte, die auch in der Schweiz leben und wir gehen immer zu ihnen,<br />

wenn jemand Hochzeit, eine Pubertätszeremonie oder Geburtstag feiert. Bei<br />

grösseren Festen reisen auch unsere Verwandten aus London und Toronto an; ich<br />

freue mich immer sehr, meine Cousins und Cousinen zu sehen.<br />

Das grosse Frau Fest<br />

Ich erinnere mich noch sehr gut an meine eigene Pubertätszeremonie vor zwei<br />

Jahren. Als ich meine erste Periode gehabt habe, hat meine Mutter sofort allen<br />

Verwandten telefoniert und ihnen das mitgeteilt. Das war mir echt peinlich. Mein<br />

Vater hat auch meinen Lehrer angerufen und gesagt, dass ich eine Woche lang nicht<br />

in die Schule kommen könne. Das war noch viel peinlicher, denn danach haben<br />

natürlich alle gefragt, was los war. Ich wollte es in der Schule nicht sagen, denn hier<br />

in der Schweiz wird das ja nicht gefeiert. Jedenfalls war ich froh, dass das<br />

Pubertätsfest in den Sommerferien stattfand und niemand <strong>von</strong> der Schule etwas<br />

da<strong>von</strong> mitbekam. Meine Eltern hatten mich sogar gefragt, ob ich nicht meine<br />

Schulfreundinnen einladen wolle, aber ich hatte keine Lust, denen alles erklären zu<br />

müssen. Meine Eltern mieteten eine grosse Mehrzweckhalle, das war auch wirklich<br />

notwendig, denn es kamen mehr als 600 Leute. <strong>Die</strong> Kollegen meines Vaters kochten<br />

die ganze Nacht: Snacks, Reis und Gemüsecurry – Fleisch gibt es an unseren<br />

religiösen Festen nie. Am Morgen des Festes musste ich zuerst ein rituelles Bad<br />

nehmen. Das ging so: ich sass – mit tamilischen Kleidern bekleidet - in unserer<br />

Badewanne und meine Eltern, Tanten und Onkel gossen mir eine Mischung <strong>von</strong><br />

Milch und einer Art Gras über den Kopf. Anschliessend kam der hinduistische<br />

Priester und machte bei uns zu Hause eine kleine Zeremonie. Ich wurde zum ersten<br />

Mal in meinem Leben in einen Sari gekleidet, denn man darf ihn erst tragen, wenn<br />

man schon eine ‚grosse Frau’ ist, d.h., wenn man die erste Periode gehabt hat.<br />

Zudem wurde ich <strong>von</strong> meiner Tante schön frisiert – sie hatte extra eine Blumenkette<br />

aus Deutschland mitgebracht, die sie mir ins Haar einflocht - geschminkt, bleich<br />

gepudert und mit Gold beschmückt wie eine Prinzessin. Auch der rote Punkt auf der<br />

Stirn – eigentlich das Symbol einer verheirateten Frau – durfte natürlich nicht fehlen.<br />

Ein Fotograf machte <strong>von</strong> mir zahlreiche Aufnahmen, so dass ich mich wie ein<br />

Filmstar aus einem Bollywoodfilm fühlte. Am Nachmittag fand dann der grosse<br />

Empfang in der Mehrzweckhalle statt.<br />

2


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

Meine Heimat<br />

Ich habe kaum Kindheitserinnerungen an meine Heimat. Seit wir in der Schweiz<br />

wohnen, konnten wir erst einmal dort die Ferien verbringen. Es war sehr schön, alle<br />

Verwandten – insbesondere die Grosseltern – zu treffen. Mein Vater wollte ein Haus<br />

kaufen in Jaffna – in der Hoffnung, bald wieder dort leben zu können. Meine Mutter<br />

war aber dagegen; sie wolle dort wohnen bleiben, wo ihre Kinder seien, und wenn<br />

wir in der Schweiz unsere Ausbildung machten, sei es vermutlich hier, wo unsere<br />

Zukunft liege. Mein Vater war sehr traurig. Seit sich die politische Situation in Sri<br />

Lanka jedoch wieder derart verschlechtert hat, hat er nie mehr da<strong>von</strong> gesprochen,<br />

dort ein Haus zu kaufen.<br />

Ich weiss nicht, ob ich mir vorstellen könnte, in Sri Lanka zu leben. Das Land ist sehr<br />

schön und es wäre toll, die Verwandten in der Nähe zu haben. Andererseits gibt es<br />

viele Dinge, die mir nicht passen. Unter anderem hätte ich dort viel weniger<br />

Freiheiten als in der Schweiz. Irgendwie ist mir meine Heimat auch ein bisschen<br />

fremd, ich war halt noch sehr klein, als wir Sri Lanka verlassen mussten. Obwohl ich<br />

mit meinen Eltern und Freundinnen Tamilisch spreche, wir meistens Tamilisch essen<br />

und an den Wochenenden Verwandte besuchen oder an tamilische Hochzeiten<br />

eingeladen sind, ist auch viel <strong>von</strong> der schweizerischen Kultur in mir drin.<br />

Meine Mutter möchte sich gerne einbürgern lassen. Der Vater will nicht, weil er Angst<br />

hat, dadurch seine Heimat zu verlieren. Ich selbst möchte gerne den Schweizer<br />

Pass, sonst wird es <strong>für</strong> mich schwierig, in der Schweiz zu studieren oder vielleicht<br />

einmal ein Haus zu kaufen.<br />

Freundschaft und Liebe<br />

<strong>Die</strong> meisten meiner Freundinnen sind Tamilinnen. Ich treffe sie regelmässig in der<br />

tamilischen Schule und früher auch im Bharata Natyam. Das habe ich jedoch jetzt<br />

aufgegeben, weil es einfach zuviel Stress war mit den ganzen Vorbereitungen <strong>für</strong>s<br />

Gymnasium.<br />

In der Schule habe ich ein paar Schweizer Kolleginnen und auch solche aus anderen<br />

Ländern. Ausserhalb der Schule treffe ich sie jedoch kaum. Erstens habe ich fast<br />

keine Zeit, weil ich so viel lernen muss und zweitens sehen es meine Eltern nicht<br />

gerne, wenn ich mit ihnen in der Stadt abmache zum ‚Shoppen’ oder so. Sie haben<br />

immer Angst, dass mich Verwandte sehen könnten und ich dann einen schlechten<br />

Ruf bekomme. Abends darf ich sowieso nicht weggehen. Meine Eltern haben grosse<br />

Angst, dass ich mich in einen Jungen verliebe.<br />

Bei uns ist es so, dass meistens die Eltern einen Ehepartner <strong>für</strong> ihre Kinder<br />

aussuchen. Sie klären ab, ob er der richtigen Kaste angehört, ob er aus einer guten<br />

Familie stammt, ob er nicht schon Freundinnen gehabt hat und ob er einen guten<br />

Beruf erlernt hat. Auch das Horoskop wird gecheckt. Wenn alles stimmt, machen sie<br />

der Tochter einen Vorschlag. So ein- oder zweimal kann man noch nein sagen, aber<br />

dann muss man sich entscheiden, sonst sind die Eltern sehr enttäuscht. Für mich ist<br />

die Vorstellung schon komisch, dass ich einen Mann heiraten soll, den ich gar nicht<br />

kenne. Ich würde es auch vorziehen, mich zu verlieben und einen Mann näher<br />

kennen zu lernen, bevor ich ihn heirate. Aber ich habe keine Wahl: ich könnte es<br />

meinen Eltern nie antun, einen Mann zu heiraten, den sie nicht wollen, aber ich habe<br />

das Vertrauen, dass sie einen Partner wählen, der <strong>für</strong> mich gut ist.<br />

3


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

Arbeitsaufträge zur <strong>Geschichte</strong> <strong>von</strong> <strong>Surenthini</strong>, einem tamilischen<br />

Mädchen in Bern<br />

Wer bin ich?<br />

• Wo liegt Sri Lanka?<br />

• In welchem Landesteil leben die TamilInnen?<br />

• Weshalb verlassen viele Tamilinnen und Tamilen Sri Lanka?<br />

• Aus welchen Gründen würdet ihr eure Heimat verlassen?<br />

Zu Schule und Freizeit<br />

Stellt euch vor, dass ihr in einem fremden Land zur Schule geht, in dem eure Eltern<br />

die lokale Sprache nicht sprechen. Sie können euch z. B. bei den Hausaufgaben<br />

nicht helfen und finden sich auch auf den Ämtern nicht zurecht.<br />

• Was macht ihr, um euch im Alltag zurecht zu finden?<br />

• Welche Probleme können innerhalb der Familie auftreten?<br />

• Welche Anlässe feiert ihr im kleinen Familienkreis?<br />

• An welchen Festen ist die ganze Verwandtschaft dabei?<br />

• Welche Bedeutung haben <strong>für</strong> euch die Familie und der Freundeskreis?<br />

Zum „Grosse Frau Fest“<br />

• Gibt es in eurer Kultur auch traditionelles/spezielles Essen <strong>für</strong> bestimmte<br />

Anlässe?<br />

• Gibt es Speisen, die man an diesen Tagen nicht essen darf? Weshalb darf<br />

man diese nicht essen?<br />

• Welche Kleider trägt ihr <strong>für</strong> festliche Anlässe? Gibt es dabei einen<br />

Unterschied, zwischen einer Familienfeier und einem religiösen Fest?<br />

• Nennt ein Beispiel eines Rituals aus eurer Kultur und beschreibt es.


Meine Heimat<br />

• Was bedeutet <strong>für</strong> euch Heimat?<br />

<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

• Welche verschiedenen Aufenthaltskategorien (Ausweise) <strong>für</strong> Zugewanderte<br />

kennt Ihr in der Schweiz?<br />

Informationen findet ihr unter www.jugendweb.asyl.admin.ch oder auch unter<br />

http://www.bfm.admin.ch/index.php?id=626<br />

• Worin bestehen die Unterschiede der verschiedenen Aufenthaltkategorien?<br />

Informationen findet ihr unter www.jugendweb.asyl.admin.ch oder auch unter<br />

http://www.bfm.admin.ch/index.php?id=626<br />

Zu Freundschaft und Liebe<br />

• Gibt es in eurem Herkunftsland gewisse Heiratsregeln (geschriebene und<br />

ungeschriebene)?<br />

• Welches sind mögliche Sanktionen/Folgen, wenn man sich nicht daran hält?<br />

• Worauf achtet man bei der Wahl einer Braut oder eines Bräutigams in der<br />

Schweiz?<br />

• Was ist eine Kaste?<br />

• Gibt es bei uns auch so etwas wie eine Kaste, ein System, welches Menschen<br />

hierarchisch in Kategorien einteilt?


Lehrerinformationen zu den Arbeitsaufträgen<br />

<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

Wer bin ich?<br />

In der Schweiz lebt eine der im Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung grössten<br />

Tamilengruppen Europas. Der Grossteil der Tamilen in der Schweiz sind anfangs der<br />

1980er Jahre als Flüchtlinge eingewandert. <strong>Die</strong> gesellschaftliche, politische und<br />

wirtschaftliche Ausgrenzung der Tamilen durch die singhalesische Mehrheit führte im<br />

Juli 1983 zu schrecklichen Progromen gegen die Tamilen und löste eine<br />

Massenflucht aus. Momentan sind in der Schweiz etwa 40'000 Personen sri<br />

lankischer Abstammung gemeldet. <strong>Die</strong> grösste tamilische Gruppe in der Schweiz ist<br />

im Kanton Bern wohnhaft.<br />

Allgemeine Informationen zu <strong>Migration</strong>sgründe/<strong>Migration</strong>sfolgen finden Sie unter:<br />

www.bfm.admin.ch/index.php?id=24<br />

Schule und Freizeit<br />

Dadurch, dass die Kinder normalerweise schneller und besser Deutsch und Mundart<br />

lernen, sind sie ihren Eltern in gewissen Situationen überlegen. <strong>Die</strong> Hierarchien<br />

innerhalb der Familie werden dadurch umgekehrt und dies kann einerseits zu<br />

Frustrationen der Eltern, aber auch zur Überforderung der Kinder führen.<br />

Es gibt Situationen, über die tamilische Eltern mit ihren Kindern traditionellerweise<br />

nicht sprechen würden (Tabus), und wenn sie dann gerade in diesem Moment auf<br />

die Übersetzung ihrer Kinder angewiesen sind, kann das <strong>für</strong> alle Beteiligten sehr<br />

schwierig werden.<br />

Pubertätsfest/das „grosse Frau Fest“<br />

In vielen Kulturen werden wichtige Lebensabschnitte durch Rituale gekennzeichnet.<br />

Auch bei uns ist es üblich, dass die Anwesenden anschliessend an das Ritual<br />

gemeinsam essen. In der Schweiz gibt es beispielsweise Rituale bei der Taufe eines<br />

Kindes, der Hochzeit oder der Beerdigung. Oft gibt es <strong>für</strong> diese Anlässe auch<br />

bestimmte – ungeschriebene – Kleidervorschriften.<br />

Im hinduistischen Sri Lanka wird die Pubertät eines Mädchens ganz besonders<br />

gefeiert. Sie zelebriert die Geschlechtsreife eines Mädchens und verkündet, dass<br />

dieses nun heiratsfähig ist.<br />

Während des Rituals, das in drei Phasen verläuft, wird das Mädchen zuerst rituell<br />

abgesondert (es muss zuhause bleiben und eine bestimmte Diät einhalten). Später<br />

wird es durch einen Brahmanenpriester anlässlich einer religiösen Zeremonie im<br />

Familienkreis rituell gereinigt. Zuletzt gibt es ein grosses Fest mit oft Hunderten <strong>von</strong><br />

geladenen Gästen, welche zur offiziellen Feier und dem anschliessenden Essen<br />

geladen sind. An diesem Fest wird das Mädchen erstmals in einen Sari gekleidet und<br />

reich mit Gold und Blumen geschmückt. Sie ist nun in die Welt der Frauen<br />

eingetreten.


Meine Heimat<br />

<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

Wer sich länger als drei Monate in der Schweiz aufhalten möchte, benötigt hier<strong>für</strong><br />

eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung. <strong>Die</strong> Aufenthaltsbewilligungen, die<br />

stets befristet sind, werden nach Bewilligungsgrund unterschieden. <strong>Die</strong><br />

Niederlassungsbewilligung dagegen ist unbefristet. <strong>Die</strong> Inhalber der verschiedenen<br />

Bewilligungen sind an spezifische Rechte und Pflichte gebunden.<br />

In der Schweiz bestimmt das Zwei-Kreis-Modell, oder auch duale<br />

Zulassungssystem, aus welchen Ländern die Schweiz ihre Arbeitskräfte rekrutiert.<br />

Dem ersten Kreis gehören die EU- und EFTA-Staaten an, dem zweiten alle übrigen<br />

Länder. Aufenthaltsbewilligungen <strong>für</strong> Staatsangehörige aus EU- und EFTA-Staaten<br />

werden gemäss dem Personenfreizügigkeitsabkommen erteilt, das seit dem 1. Juni<br />

2002 in Kraft ist. Seit dem 1. April 2006 wurde die Personenfreizügigkeit auch auf die<br />

10 neuen Staaten der EU ausgeweitet.<br />

<strong>Die</strong> Zuwanderung aus dem zweiten Kreis ist auf qualifizierte Arbeitskräfte<br />

beschränkt. Der Bundesrat legt jährlich Höchstzahlen <strong>für</strong> die Zuwanderung aus dem<br />

zweiten Kreis fest - es stehen jeweils nur einige wenige Tausend Jahresaufenthalts-<br />

und Kurzaufenthaltsbewilligungen zur Verfügung. Nur wenn keine geeigneten<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem ersten Kreis gefunden werden,<br />

können Bewilligungen an Führungskräfte, Spezialisten oder andere qualifizierte<br />

Arbeitskräfe aus dem zweiten Kreis erteilt werden. Bei der Erteilung <strong>von</strong><br />

Aufenthaltsbewilligungen müssen zusätzlich die berufliche Qualifikation, die<br />

berufliche Anpassungsfähigkeit, die Sprachkenntnisse und das Alter eine nachhaltige<br />

Integration in den schweizerischen Arbeitsmarkt und das soziale Umfeld erwarten<br />

lassen.<br />

Ausländerinnen und Ausländer, die an Leib und Leben bedroht sind, haben die<br />

Möglichkeit, in der Schweiz Schutz vor Verfolgung zu ersuchen. In einem<br />

Asylverfahren wird geklärt ob Anspruch auf Schutz besteht. Gewährt die Schweiz<br />

Ihnen Asyl, können sie in der Schweiz permanent bleiben. Wird Ihr Gesuch<br />

abgelehnt, jedoch die Ausreise als nicht zumutbar (z.B. wegen Krieg), nicht zulässig<br />

(Verstösse gegen die Europäische Menschenrechtskonvention) oder nicht möglich<br />

(die Durchführung der Reise ist zum Zeitpunkt der Rückschaffung (technisch) nicht<br />

möglich) erachtet, können sie vorläufig bleiben.<br />

Freundschaft und Liebe<br />

Auch bei Tamilinnen und Tamilen in der Schweiz werden Hochzeiten mehrheitlich<br />

<strong>von</strong> den Eltern, Brüdern, Onkeln oder anderen wichtigen Verwandten arrangiert.<br />

Sehr wichtig bei der Wahl sind die Kastenzugehörigkeit, der familiäre Hintergrund,<br />

der gute Ruf, sowie das Horoskop des Ehepartners.<br />

Wenn eine junge Frau sich in einen Mann aus einer niedrigeren Kaste verliebt und<br />

ihn gegen den Willen ihrer Familie heiratet, wird normalerweise <strong>von</strong> der Familie<br />

verstossen.


Bilder und Hintergrundinformationen<br />

<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

© Keystone<br />

Sri Lanka pflegt vordergründig das Image einer paradiesischen Touristendestination.


Jaffna Library<br />

<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

© Reuters<br />

<strong>Die</strong> Jaffna Library, ein Symbol der tamilischen Kultur, wurde am 31. Mai 1981 <strong>von</strong><br />

einem aufgehetzten singhalesischen Mob niedergebrannt. Dabei gingen<br />

unschätzbare bibliophile Werte verloren. Da Bildung einen sehr hohen Stellenwert<br />

in der tamilischen Gesellschaft geniesst, bleibt dieses Ereignis im Bewusstsein der<br />

Tamilen bis heute präsent. Ein prägendes Schlüsselereignis <strong>für</strong> die Entfremdung<br />

zwischen Tamilen und Singhalesen.<br />

<strong>Die</strong> neue Jaffna Library (siehe Bild) wurde unter der Präsidentschaft <strong>von</strong> Chandrika<br />

Kumaratunga in den neunziger Jahren restauriert. Auch hat sich die Regierung <strong>für</strong><br />

die Pogrome entschuldigt. Allerdings hat sich die unter sich zerstrittenen politische<br />

Elite der Singhalesen bis heute als unwillig bzw. unfähig erwiesen, einen politischen<br />

Reformprozess umzusetzen, der die Interessen der Tamilen tatsächlich<br />

b<br />

erücksichtigt.


Heldengedenktag <strong>von</strong> Exiltamilen<br />

<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

© Vera Markus<br />

<strong>Die</strong> Beerdigung <strong>von</strong> 13 Soldaten am 25. Juli 1983 in Colombo, die auf Jaffna <strong>von</strong><br />

der damals zahlenmässig noch unbedeutenden LTTE in einem Hinterhalt ermordet<br />

worden waren, führte zu einem unkontrollierten Pogrom gegen die tamilische<br />

Bevölkerung, der sich <strong>von</strong> der Hauptstadt auch auf weitere Orte im Süden sowie auf<br />

das zentrale Hochland ausweitete und der <strong>von</strong> der Regierung erst nach drei Tagen<br />

gestoppt wurde. <strong>Die</strong> traurige Bilanz: Zwischen 1'000 und 3'000 ermordete Tamilen<br />

sowie mehr als 18'000 zerstörte Häuser und Geschäfte. Das Ereignis war der<br />

entscheidende Bruch, der 25. Juli ging als "Schwarzer Juli" in die <strong>Geschichte</strong> ein.<br />

Es löste die erste grosse Fluchtwelle aus und war zugleich der Beginn des ersten<br />

Eelamkrieges, der zu einer Radikalisierung in der tamilischen Gesellschaft führte.<br />

Das Diktat übernahmen nun die militanten Jugenbewegungen (Boys), die in Indien<br />

militärisches Training erhielten und nun den Kampf gegen die "singhalesischen<br />

Unterdrücker" aufnahmen. 1986 setzte sich die LTTE als stärkste Bewegung durch,<br />

nachdem sie in einer überraschenden Aktion mehrere hundert Mitglieder der übrigen<br />

Tamilenbewegungen liquidiert hatte.<br />

Alljährlich findet anlässlich des "Schwarzen Juli" ein Gedenktag statt. In den<br />

Heldengedenktagen werden in feierlichen Zeremonien die im Kampf Gefallen<br />

gewürdigt. Wichtig im LTTE-Kalender ist insbesonders auch die<br />

'Heldengedenkwoche' Ende November mit dem Geburtstag des LTTE-Führers<br />

(26.11.) und dem sogenannten Heldengedenktag (27.11.) <strong>Die</strong> Gedenktage haben<br />

auch im Festkalender der Diaspora ihren Platz gefunden. 5000 bis 6000 Exiltamilen<br />

aus der ganzen Schweiz nehmen an diesem wichtigsten Heldengedenktag teil.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

© Vera Markus<br />

Demonstrationszug der Tamilendiaspora in Zürich <strong>für</strong> die Unabhängigkeit eines<br />

tamilischen Staates "Tamil Eelam".


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

Übersichtskarte Sri Lanka mit roter Kennzeichnung der tamilischen Kerngebiete.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

© Vera Markus<br />

Tamilische Heiratszeremonie<br />

<strong>Die</strong> tamilische Diaspora ist sehr deutlich endogam geprägt. <strong>Die</strong> Ehen sind in der<br />

Regel arrangiert. Meist wird nur innerhalb der eigenen Kaste geheiratet.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

© Vera Markus<br />

Religion<br />

80% bis 85% der Tamilen in der Schweiz sind Hindus (die Restlichen gehören<br />

verschiedenen christlichen Kirchen an). Es gibt mittlerweile in der Schweiz<br />

mindestens 19 Hindu-Tempel <strong>für</strong> die tamilische Diaspora. Einer der bekanntesten<br />

und größten Tempel ist der in einem Industrieareal gelegene Sri Sivasubramaniar-<br />

Tempel in Adliswil. Im August begeben sich jeweil ca. 3'000 bis 4'000 Tamilen und<br />

Tamilinnen dorthin, um an der öffentlichen Prozession des Gottes Murugan<br />

teilzunehmen.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

© Vera Markus<br />

Familie und Verwandte<br />

<strong>Die</strong> tamilische Bevölkerung bleibt im Schweizer Exil mehrheitlich unter sich. Wie in<br />

der Heimat pflegen sie auch in der Diaspora in erster Linie die Beziehungen zu den<br />

Verwandten sowohl zu denjenigen in der Schweiz als auch zu Familienmitgliedern in<br />

anderen Exilländern und in der Heimat.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

© Vera Markus<br />

Pubertätszeremonie oder "das grosse Frau Fest"<br />

Anlässlich der ersten Menstruation eines Mädchens veranstaltet die Familie eine<br />

Pubertätszeremonie. Das Mädchen wird in Anwesenheit <strong>von</strong> wichtigen Verwandten<br />

bekleidet gebadet und darf in der folgenden Woche nur ganz spezifische<br />

Nahrungsmittel zu sich nehmen. Zum Abschluss dieser Zeremonie wird zu Ehren der<br />

erwachten Fruchtbarkeit des Mädchens ein öffentliches Fest organisiert.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

© Vera Markus<br />

Tamilische Schulen<br />

Für die erste Generation Tamilen in der Diaspora ist es sehr wichtig, die<br />

mitgebrachten Werte zu konservieren und zugleich zu verhindern, dass sich die<br />

zweite Generation kulturell entfremdet. Sie wünschen, dass ihre Kinder die tamilische<br />

Sprache und Kultur weiterhin sprechen und leben. Zu diesem Zweck schicken sie<br />

ihre Kinder zusätzlich zur normalen Schule in tamilische Schulen, in denen die<br />

Kinder in der tamilischen Sprache, Schrift (247 Zeichen), in sri-lankischer <strong>Geschichte</strong><br />

und in Hinduismus unterrichtet werden.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

© Vera Markus<br />

Bharata Natyam<br />

Bharata Natyam ist ein klassischer südindischer Tanz, der sich auch bei den Tamilen<br />

grosser Beliebtheit erfreut. Das Erlernen dieses Tanzes gehört <strong>für</strong> eine tamilisches<br />

Mädchen auch in der Diaspora zur guten Erziehung.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

© Reuters<br />

Flüchtlingslager<br />

<strong>Die</strong> ärmste Schicht der Bevölkerung schafft es nur bis in ein nahe gelegenes<br />

Flüchtlingslager, wo die Geflüchteten unter schwierigen Bedingungen leben müssen.<br />

<strong>Die</strong> meisten versuchen daher nach Indien zu gelangen. Europa liegt <strong>für</strong> sie ausser<br />

Reichweite.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

© Reuters<br />

Tsunami-Katastrophe<br />

Als Folge der verheerenden Tsunami-Katastrophe vom 26.12.2004 leben in Sri<br />

Lanka immer noch etwa 400'000 Menschen in provisorischen Unterkünften. Dazu<br />

kommen über 300'000 Personen, die als Folge des bewaffneten Konfliktes innerhalb<br />

Sri Lankas in eine andere Region geflohen sind.


Geschichtliche und historische Zeittafel Sri Lanka<br />

<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

1./2. Jahrtausend v. Chr. Einwanderung verschiedener Volksgruppen aus dem indischen<br />

Festland nach Sri Lanka. Das hinduistische Sagenepos<br />

'Ramayana' reflektiert wahrscheinlich eine dieser Invasionen aus<br />

vorgeschichtlicher Zeit.<br />

5. Jahrhundert v. Chr. Wahrscheinlich erstes Eindringen <strong>von</strong> Singhalesen, die vermutlich<br />

aus dem nordindischen Raum stammen.<br />

3. Jahrhundert v. Chr. Mahinda, der Sohn des indischen Kaisers Ashok, verbreitet in Sri<br />

Lanka die buddhistische Lehre. <strong>Die</strong> Insel wird in der Folge zum<br />

Zentrum der sogenannten Theravada Schule des Buddhismus.<br />

2. Jahrhundert v. Chr. Erste bekannte Invasion <strong>von</strong> Tamilen aus dem südindischen<br />

Raum.<br />

1. Jahrtausend n. Chr. Bau <strong>von</strong> grossen Bewässerungsanlagen (Tanks). Blütezeit des<br />

Königreichs <strong>von</strong> Anuradhapura. <strong>Die</strong> Ureinwohner (Veddahs) werden<br />

allmählich zurückgedrängt.<br />

7. Jahrhundert Arabische Kaufleute errichten Niederlassungen an der Küste und<br />

verbreiten den Islam. <strong>Die</strong> als 'Serendib' bekannte Insel wird später<br />

auch als Handlungsort in 'Tausend und eine Nacht' beschrieben.<br />

10./11. Jahrhundert Mehrere Vorstösse der tamilischen Chola Dynastie <strong>von</strong> Südindien<br />

nach Sri Lanka. Auf Jaffna etabliert sich ein tamilisches Königreich.<br />

1505 Ankunft der Portugiesen und Beginn der europäischen Kolonialzeit<br />

auf 'Ceylon'.<br />

1658 - 1796 Präsenz der Holländer.<br />

1802 Ceylon wird britische Kronkolonie.<br />

1815 <strong>Die</strong> Engländer erobern Kandy und kontrollieren damit die gesamte<br />

Insel. Ende des singhalesischen Königtums.<br />

1833 <strong>Die</strong> Insel wird erstmals unter eine einheitliche Verwaltung gestellt<br />

und Englisch zur offiziellen Sprache erklärt.<br />

19. Jahrhundert <strong>Die</strong> Briten rekrutieren unterkastige tamilische Arbeiter in Südindien<br />

<strong>für</strong> ihre Plantagen im zentralen Hochland.<br />

1948 Ceylon erhält die volle Unabhängigkeit. Übernahme des Westminster<br />

Regierungsmodells. <strong>Die</strong> wichtigste Partei der Tamilen,<br />

der 'Tamil Congress', ist an der Regierung beteiligt, welche <strong>von</strong><br />

der 'United National Party' (UNP) angeführt wird.<br />

1951 S.W.R.D. Bandaranaike verlässt die Regierung und gründet die<br />

'Sri Lanka Freedom Party' (SLFP).


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

1956 Bandaranaike gewinnt mit singhalesisch-nationalistischer Propaganda<br />

die Parlamentswahlen. <strong>Die</strong> 'Federal Party' unter der Führung<br />

<strong>von</strong> Chelvanayagam wird stärkste Tamilenpartei. Singhalesisch<br />

wird zur offiziellen Staatssprache erklärt.<br />

1957 Der ' Bandaranaike-Chelvanayagam Pact', der einen politischen<br />

Ausgleich mit den Tamilen bringen soll, scheitert am massiven<br />

singhalesischen Widerstand.<br />

1958 Nach ethnischen Unruhen werden einige extremistische Singhalesenparteien<br />

verboten. Verabschiedung eines Gesetzes, das einen<br />

angemessenen Gebrauch der tamilischen Sprache in der Verwaltung<br />

vorschreibt.<br />

1959 Bandaranaike wird <strong>von</strong> einem buddhistischen Mönch ermordet.<br />

1960 Eine Linksallianz unter Führung der SLFP gewinnt die Parlamentswahlen.<br />

Bandaranaikes Ehefrau Sirimavo wird neue Premierministerin.<br />

Verstaatlichung der Wirtschaft.<br />

1965 Wahlsieg der UNP. <strong>Die</strong> 'Federal Party' beteiligt sich an der <strong>von</strong><br />

Dudley Senanayake geführten Regierung.<br />

1968 Der 'Senanayake- Chelvanayagam Pact' sieht die Bildung <strong>von</strong><br />

Distrikträten vor, wird aber nach heftigen Protesten singhalesischer<br />

Nationalisten revidiert. <strong>Die</strong> 'Federal Party' verlässt die Re-<br />

gierung.<br />

1970 <strong>Die</strong> 'United Left Front' unter Führung der SLFP gewinnt die Parlamentswahlen.<br />

1971 <strong>Die</strong> Jugendrevolte der marxistisch orientierten 'Janatha Vimukthi<br />

Peramuna (JVP)' wird brutal niedergeschlagen: Etwa 10'000 Tote.<br />

Tamilen fühlen sich durch das neue Zulassungsreglement <strong>für</strong> die<br />

Hochschulen benachteiligt.<br />

1972 <strong>Die</strong> neue republikanische Verfassung übernimmt die alte Bezeichnung<br />

'Sri Lanka' als Staatsnamen. <strong>Die</strong> buddhistische Religion erhält<br />

eine Vorzugsstellung.<br />

1974 <strong>Die</strong> sozialistische Wirtschaftspolitik führt zu grossen Versorgungsengpässen.<br />

<strong>Die</strong> wichtigsten tamilischen Parteien schliessen sich<br />

zur 'Tamil United Front' (TUF) zusammen.<br />

1975 <strong>Die</strong> Radikalisierung der tamilischen Jugend nimmt zu: Der Bürgermeister<br />

<strong>von</strong> Jaffna fällt einem Mordanschlag zum Opfer.<br />

1976 <strong>Die</strong> TUF ändert ihren Namen in 'Tamil United Liberation Front'<br />

(TULF) und fordert in einer Resolution einen separaten Tamilenstaat.<br />

Darauf verlässt die Partei der indisch stämmigen Plantagenarbeiter<br />

(CWC) die Front.<br />

1977 Erdrutschsieg der UNP bei den Parlamentswahlen. <strong>Die</strong> TULF gewinnt<br />

sämtliche Sitze im Tamilengebiet und stellt mit ihrem Vorsitzenden<br />

Amirthalingam den Oppositionsführer. Beginn einer liberalen<br />

Wirtschaftspolitik. Ausschreitungen in Jaffna. <strong>Die</strong> singhalesischen<br />

Studenten verlassen die dortige Universität.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

1978 Neue Verfassung. Einführung der Exekutivpräsidentschaft sowie<br />

Volkswahl des Präsidenten. Tamil wird zu einer 'nationalen Sprache'<br />

während Singhalesisch die 'offizielle Sprache' bleibt.<br />

1979 Das Parlament verabschiedet ein Antiterrorismusgesetz (Prevention<br />

of Terrorism Act). <strong>Die</strong> Armee wird mit einem Ordnungsauftrag<br />

in den Norden entsandt.<br />

1980 Das Gesetz zur Bildung <strong>von</strong> Distrikt Entwicklungsräten (District<br />

Development Councils - DDC) soll eine gewisse Dezentralisierung<br />

der Macht bringen.<br />

1981 Unruhen in Jaffna während der DDC-Wahlen, die <strong>von</strong> der TULF<br />

gewonnen werden. <strong>Die</strong> Jaffna-Bibliothek wird <strong>von</strong> einem <strong>von</strong> den<br />

Sicherheitskräften gesteuerten Mob zerstört.<br />

1982 J.R. Jayawardene (UNP) gewinnt die ersten Präsidentschaftswahlen.<br />

Er lässt in einem umstrittenen Referendum das Parlament in<br />

der bestehenden Zusammensetzung <strong>für</strong> weitere sechs Jahre bestätigen.<br />

Juli 1983 <strong>Die</strong> Ermordung <strong>von</strong> 13 Soldaten auf Jaffna löst im ganzen Land<br />

Pogrome gegen Tamilen aus. In der Folge setzt eine grosse<br />

Fluchtbewegung <strong>von</strong> Tamilen ins Ausland ein.<br />

August 1983 Verabschiedung des sechsten Verfassungszusatzes, der das Eintreten<br />

<strong>für</strong> einen separaten Staat unter Strafe stellt. <strong>Die</strong> Parlamentsabgeordneten<br />

der TULF verlieren ihr Mandat.<br />

1983 - 1987 Erster Eelamkrieg: Verschiedene bewaffnete Tamilenorganisationen,<br />

die in indischen Lagern militärisch ausgebildet worden sind,<br />

nehmen den Guerillakampf gegen die Regierung auf.<br />

1985 Friedensverhandlungen in Thimpu zwischen der Regierung und<br />

den tamilischen Rebellenorganisationen scheitern.<br />

1986 <strong>Die</strong> 'Liberation Tigers of Tamil Eelam' (LTTE) liquidieren mehrere<br />

hundert Mitglieder <strong>von</strong> rivalisierenden Tamilenorganisationen und<br />

steigen zur stärksten bewaffneten Tamilenbewegung auf.<br />

Mai 1987 Eine Grossoffensive der srilankischen Armee auf der Jaffna- Halbinsel<br />

führt zur direkten Intervention Indiens.<br />

Juli 1987 Das indo-srilankische Abkommen postuliert die Zusammenlegung<br />

der Nord- und Ostprovinz sowie die Einrichtung <strong>von</strong> Provinzräten.<br />

Zudem sollen Indi sche Truppen (IPKF) im Norden und Osten<br />

den Frieden sichern und dieTamilenorganisationen entwaffen.<br />

Oktober 1987 <strong>Die</strong> LTTE nimmt den Kampf gegen die IPKF und kom promissbereite<br />

Tamilenorganisationen auf.<br />

November 1987 <strong>Die</strong> singhalesische Opposition mobilisiert im Süden gegen das<br />

indo-srilankische Abkommenn. <strong>Die</strong> JVP eröffnet mit nationalistischen<br />

Parolen den zweiten bewaffneten Aufstand.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

1988 In einem Klima steigender Gewalt finden verschiedene Wahlen<br />

statt: <strong>Die</strong> 'Eelam Peoples Revolutionary Liberation Front' (EPRLF)<br />

gewinnt die <strong>von</strong> der LTTE boykottierten Wahlen in den Nord-Ost-<br />

Provinzrat, Ranasingha Premadasa (UNP) wird als neuer Staatspräsident<br />

gewählt.<br />

1989 Bei zunehmender Gewalt gewinnt die UNP die Parlamentswahlen.<br />

Premadasa fordert den Abzug der IPKF und nimmt Gespräche mit<br />

der LTTE auf. Der Aufstand der JVP wird gestützt auf verschärfte<br />

Notrechtsbestimmungen sowie dem Einsatz <strong>von</strong> Todesschwadronen<br />

niedergeschlagen: Zwischen 10'000 und 30'000 Tote.<br />

März 1990 <strong>Die</strong> letzte IPKF-Einheit verlässt Sri Lanka.<br />

Juni 1990 Nach ergebnislosen Verhandlungen mit der Regierung startet die<br />

LTTE einen Überraschungsangriff auf die Polizeistationen in der<br />

Nordostprovinz an und liquidiert über 500 Polizisten. Im indischen<br />

Madras ermordet ein LTTE-Kommando 13 Führungsleute der<br />

EPRLF. <strong>Die</strong> srilankische Regierung erklärt der LTTE den Krieg.<br />

Schwere Luftangriffe im Osten und auf Jaffna. In der Folge gibt die<br />

Regierung Waffen an LTTE-feindliche Tamilenorganisationen sowie<br />

an muslimische Bürgerwehren ab.<br />

Oktober 1990 <strong>Die</strong> LTTE vertreibt per Ultimatum alle Muslime im Norden.<br />

Mai 1991 Der ehemalige indische Premierminister Rajiv Gandhi fällt einem<br />

Selbstmordanschlag der LTTE zum Opfer. <strong>Die</strong> LTTE wird in der<br />

Folge als terroristische Organisation in Indien verboten.<br />

Mai 1993 Staatspräsident Premadasa wird <strong>von</strong> einem Selbstmordattentäter<br />

in Colombo getötet. Premierminister Wijetunge folgt als Interimspräsident.<br />

August 1993 LTTE-Führer Prabhakaran lässt seinen Stellvertreter 'Mahattaya'<br />

verschwinden und führt interne Säuberungen durch.<br />

August 1994 Eine Parteienkoalition unter der Führung der SLFP gewinnt die<br />

Parlamentswahlen. <strong>Die</strong> LTTE verhindert in ihrem Einflussbereich<br />

die Stimmabgabe. Dadurch gewinnt die Eelam People's Democratic<br />

Party (EPDP) mit wenig Wähleranteil die neun Jaffna-Sitze.<br />

<strong>Die</strong> Bandaranaike-Tochter Chandrika Kumaratunga wird neue<br />

Premierministerin. Aufnahme <strong>von</strong> Friedensverhandlungen mit der<br />

LTTE.<br />

Oktober 1994 Gamini Dissanayake, der Präsidentschaftskandidat der UNP, fällt<br />

in Colombo einem Selbstmordattentat der LTTE zum Opfer.<br />

November 1994 Chandrika Kumaratunga (SLFP) gewinnt die Präsidentschaftswahlen.<br />

April 1995 Nach vier ergebnislosen Gesprächsrunden eröffnet die LTTE mit<br />

einem Angriff auf den Hafen <strong>von</strong> Trincomalee den Dritten Eelamkrieg.<br />

Dezember 1995 <strong>Die</strong> Armee erobert die Stadt Jaffna.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

Januar 1996 Ein Selbstmordanschlag der LTTE auf die Zentralbank in Colombo<br />

fordert über 80 Tote und etwa tausend Verletzte.<br />

Juli 1996 Während die Armee <strong>von</strong> der Jaffna-Halbinsel hinaus Richtung<br />

Kilinochchi vorrückt , erleidet sie in Mullaitivu eine vernichtende<br />

Niederlage. Ein Terroranschlag auf einen Vorortszug in Colombo<br />

fordert 67 Tote und 450 Verletzte. Auf Jaffna begehen die Sicherheitskräfte<br />

in der Folge schwere Menschenrechtsverletzungen.<br />

Mai 1997 <strong>Die</strong> Armee startet eine Grossoffensive um die Strassenverbindung<br />

zwischen Vavuniya und Jaffna durch das <strong>von</strong> der LTTE gehaltene<br />

Vanni-Gebiet unter ihre Kontrolle zu bringen.<br />

Oktober 1997 <strong>Die</strong> USA setzen die LTTE auf die Terrorliste. Selbstmordanschlag<br />

der LTTE auf das 'World Trade Center' in Colombo. Festnahme<br />

<strong>von</strong> über tausend Tamilen bei einer Grossrazzia in Colombo.<br />

Januar 1998 Nach einem Selbstmordanschlag auf den wichtigsten buddhistischen<br />

Tempel des Landes in Kandy wird die LTTE offiziell verboten.<br />

<strong>Die</strong> EPDP schneidet bei den Lokalwahlen auf Jaffna am erfolgreichsten<br />

ab. <strong>Die</strong> UNP lehnt ein Reformpaket der Regierung<br />

ab, das eine Dezentralisierung der Macht vorsieht.<br />

Mai 1998 Sarojini Yogeswaran (TULF), die neu gewählte Bürgermeisterin<br />

<strong>von</strong> Jaffna, wird <strong>von</strong> der LTTE ermordet. Ihr Nachfolger wird Ponnathurai<br />

Sivapalan (TULF).<br />

Juni 1998 Der Vizepräsident der TULF wird in Jaffna ermordet. EPDP-Führer<br />

Douglas Devananda wird bei einem Gefängnisbesuch <strong>von</strong> tamilischen<br />

Häftlingen angegriffen und schwer verletzt.<br />

September 1998 Bei einem Anschlag auf das Rathaus <strong>von</strong> Jaffna werden der Bürgermeister,<br />

der Polizeichef sowie ein Brigadekommandant getötet.<br />

<strong>Die</strong> LTTE erobert Kilinochchi <strong>von</strong> der Armee zurück.<br />

November 1999 Eine Grossoffensive der LTTE führt zum Armeedebakel im Vanni,<br />

das in der Folge <strong>von</strong> der Rebellenorganisation zum quasistaatlichen<br />

Herrschaftsgebiet ausgebaut wird.<br />

Dezember 1999 Chandrika Kumaratunga wird als Staatspräsidentin wieder gewählt,<br />

nachdem sie bei einen Wahlkampfauftritt in Colombo einen<br />

Selbstmordanschlag der LTTE nur knapp überlebt hat.<br />

April 2000 <strong>Die</strong> LTTE erobert den strategisch wichtigen Elephant Pass und<br />

rückt gegen die Stadt Jaffna vor.<br />

September 2000 Beginn einer Gegenoffensive der Armee auf der Jaffna-Halbinsel.<br />

<strong>Die</strong> LTTE wird in der Folge in den südlichen Teil der Halbinsel<br />

zurückgedrängt.<br />

Oktober 2000 Knapper Sieg <strong>für</strong> die Volksallianz, eine Koalition <strong>von</strong> neun Parteien<br />

unter der Führung der SLFP, bei den Parlamentswahlen, die<br />

<strong>von</strong> Gewaltakten überschattet werden. Von den tamilischen Parteien<br />

erreicht die TULF den grössten Stimmenanteil, gefolgt <strong>von</strong><br />

der EPDP.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

November 2000 <strong>Die</strong> LTTE erklärt einseitig einen befristeten Waffenstillstand, der<br />

wirkunglsos bleibt. Norwegen versucht mit Pendeldiplomatie einen<br />

Friedensdialog in Gang zu setzen.<br />

Juni 2001 Nach dem Ausscheiden eines Koalitionspartners verliert die Regierung<br />

ihre Mehrheit im Parlament.<br />

Juli 2001 Ein LTTE-Kommando dringt auf den internationalen Flughafen <strong>von</strong><br />

Colombo vor und zerstört zwei Linienflugzeuge der Sri Lankan<br />

Airlines sowie einen Teil der Luftwaffe.<br />

September 2001 <strong>Die</strong> regierende Volksallianz geht mit der JVP eine Vereinbarung<br />

ein, um ihre Mehrheit im Parlament zu retten. In der Folge verlassen<br />

neun Parlamentarier aus Protest das Regierungslager.<br />

Oktober 2001 Chandrika Kumaratunga löst das Parlament auf und setzt Neuwahlen<br />

an.<br />

Dezember 2001 Nach einem blutig verlaufenen Wahlkampf gewinnt das Oppositionsbündnis<br />

unter Führung der UNP die Parlamentswahl. Ranil<br />

Wickremesinghe (UNP) wird neuer Premierminister. Das <strong>von</strong> der<br />

LTTE geduldete tamilische Parteienbündnis 'Tamil National Alliance'<br />

(TNA) erreicht mit 15 Sitzen ein herausragendes Ergebnis.<br />

Februar 2002 Der Premierminister und der LTTE-Führer unterzeichnen eine <strong>von</strong><br />

Norwegen vermittelte Waffenstillstandsvereinbarung. Es wird eine<br />

skandinavische Überwachungskommission (SLMM) eingesetzt,<br />

die Verstösse überprüfen soll.<br />

September 2002 Formelle Aufhebung des LTTE-Verbots durch die Regierung. Erste<br />

Runde <strong>von</strong> direkten Friedensgesprächen in Thailand.<br />

Oktober 2002 Regierung und LTTE einigen sich bei der zweiten Gesprächsrunde<br />

in Thailand auf die Einsetzung <strong>von</strong> paritätischen Ausschüssen zu<br />

verschiedenen Themenbereichen.<br />

Dezember 2002 Regierung und LTTE erklären sich bei der dritten Gesprächsrunde<br />

in Oslo im Prinzip bereit, ein föderales Staatsmodell als Lösungsansatz<br />

<strong>für</strong> einen dauerhaften Frieden zu akzeptieren.<br />

Januar 2003 <strong>Die</strong> vierte Gesprächsrunde in Thailand erreicht eine Einigung über<br />

einen Fahrplan <strong>für</strong> die Rücksiedlung <strong>von</strong> vertriebenen Personen.<br />

Februar 2003 <strong>Die</strong> fünfte Gesprächsrunde in Berlin wird <strong>von</strong> einem Zwischenfall<br />

zur See überschattet: <strong>Die</strong> Marine stellt vor Jaffna ein Schiff der<br />

LTTE, das schwere Waffen transportiert.<br />

März 2003 <strong>Die</strong> sechste Gesprächsrunde in Japan wird <strong>von</strong> zwei weiteren<br />

Zwischenfällen auf See überschattet.<br />

April 2003 <strong>Die</strong> LTTE zieht sich einseitig aus den Verhandlungen zurück.<br />

Juni 2003 An der internationalen Geberkonferenz in Tokio werden Hilfsgelder<br />

in der Höhe <strong>von</strong> über 4,5 Milliarden Dollar gesprochen. <strong>Die</strong><br />

Geberländer verlangen da<strong>für</strong> aber die Wiederaufnahme des Friedensprozesses.<br />

In Colombo wird ein leitender Polizeioffizier <strong>von</strong><br />

einem mutmasslichen LTTE-Aktivisten ermordet.


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

Juli 2003 <strong>Die</strong> Regierung lässt der LTTE einen Vorschlag zur Etablierung<br />

eines provisorischen Übergangsrates im Nordosten des Landes<br />

zukommen. <strong>Die</strong> EPRLF macht in einem Schreiben an Amnesty<br />

International auf ihre Bedrohungssituation durch die LTTE aufmerksam.<br />

August 2003 Amnesty International und Human Rights Watch werfen der LTTE<br />

vor, dass sie gezielt politische Gegner liquidiere und weiterhin<br />

Kindersoldaten rekrutiere.<br />

September 2003 Protestmarsch der <strong>von</strong> JVP angeführten 'National-patriotischen<br />

Bewegung' gegen die Friedenspolitik der Regierung.<br />

Oktober 2003 Das Parlament verabschiedet ein Gesetz, das den Indien-Tamilen<br />

definitiv die srilankische Staatsbürgerschaft zusichert.<br />

November 2003 <strong>Die</strong> LTTE präsentiert einen Gegenvorschlag zur Einrichtung einer<br />

provisorischen Übergangsverwaltung im Nordosten des Landes<br />

präsentiert, der de facto auf einen unabhängigen Staat hinausläuft.<br />

<strong>Die</strong> Staatspräsidentin übernimmt eigenmächtig drei Schlüsselministerien<br />

und löst damit eine Staatskrise aus.<br />

Januar 2004 <strong>Die</strong> SLFP geht mit der JVP ein politisches Bündnis ein, das sich<br />

'United People's Freedom Alliance' (UPFA) nennt.<br />

Februar 2004 Staatspräsidentin Chandrika Kumaratunga löst das Parlament auf<br />

und setzt Neuwahlen an.<br />

März 2004 Rebellion des LTTE-Führers im Osten 'Karuna' gegen die 'Vanni-<br />

Fraktion' unter Prabhakaran.<br />

April 2004 <strong>Die</strong> <strong>von</strong> der SLFP geführte Freiheitsallianz gewinnt die Parlamentswahlen,<br />

aber ohne über eine klare Mehrheit zu verfügen.<br />

<strong>Die</strong> nationalistischen Kräfte erzielen Sitzgewinne. <strong>Die</strong> JVP zieht<br />

erstmals in die Regierung ein. <strong>Die</strong> mittlerweile <strong>von</strong> der LTTE kontrollierte<br />

TNA wird mit 21 Sitzen drittstärkste Kraft im Parlament.<br />

Karuna wird in einem Blitzkrieg <strong>von</strong> der Vanni-Führung vertrieben.<br />

Juli 2004 Bei einem versuchten Selbstmordanschlag auf EPDP-Führer<br />

Douglas Devanada werden in Colombo fünf Menschen getötet.<br />

Ein Mordkommando erschiesst in der Hauptstadt acht hochrangige<br />

Mitstreiter <strong>von</strong> Karuna.<br />

September 2004 <strong>Die</strong> LTTE liquidiert im Osten den Bruder <strong>von</strong> Karuna. In Colombo<br />

fällt ein führendes Mitglied der EPDP einem Anschlag zum Opfer.<br />

Gemäss den Angaben der EPDP sind seit Beginn des Waffenstillstandes<br />

bereits über 140 Parteimitglieder <strong>von</strong> der LTTE ermordet<br />

worden.<br />

November 2004 LTTE-Führer Prabhakarn droht mit Krieg, falls die Regierung nicht<br />

auf seine Vorschläge zur Einsetzung einer Interimsverwaltung im<br />

Nordosten eingehen sollte.<br />

Dezember 2004 Eine Tsunamikatastrophe fordert über 35'000 Menschenleben und<br />

richtet entlang der Küste vom Südwesten Osten bis in den Nordosten<br />

verheerende Schäden an. Über eine halbe Million Men-


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

schen werden obdachlos. In der Folge beginnt ein beispielloser<br />

internationaler Einsatz <strong>für</strong> die Not- und Wiederaufbauhilfe.<br />

Februar 2005 'Kousalyan', der politische Führer der LTTE <strong>für</strong> Batticaloa und Ampara,<br />

fällt einem Anschlag zum Opfer. <strong>Die</strong> LTTE macht bewaffnete<br />

Tamilenmilizen, die mit den srilankischen Sicherheitskräften<br />

zusammenarbeiteten, <strong>für</strong> die Tat verantwortlich.<br />

Juni 2005 Nachdem sich die Präsidentin und die LTTE bereit erklärt haben,<br />

eine gemeinsame Struktur <strong>für</strong> die Wiederaufbauhilfe (P-TOMS)<br />

einzurichten, verlässt die JVP aus Protest die Regierung. Im Osten<br />

nehmen die Spannungen zu und es kommt fast täglich zu Zwischenfällen.<br />

In der Folge schliesst die LTTE ihre politischen Büros<br />

im Regierungsgebiet.<br />

Juli 2005 Das Oberste Gericht suspendiert die P-TOMS Vereinbarung.<br />

August 2005 Aussenminister Kadirgamar fällt in Colombo einem Anschlag zum<br />

Opfer. <strong>Die</strong> Staatspräsidentin erklärt darauf den Notstand.<br />

September 2005 <strong>Die</strong> EU verurteilt die Anwendung <strong>von</strong> terroristischer Gewalt durch<br />

die LTTE und erlässt ein Einreiseverbot <strong>für</strong> deren Mitglieder. Der<br />

weil geht die Serie <strong>von</strong> Gewaltakten im Osten des Landes weiter<br />

und nimmt auch im Norden zu.<br />

November 2005 Premierminister Mahinda Rajapakse (SLFP) gewinnt die Präsidentschafswahl<br />

und löst Chandrika Kumaratunga ab, die wegen<br />

der in der Verfassung festgelegten Amtszeitbeschränkung nicht<br />

mehr kandidieren konnte. Rajpakse, der <strong>von</strong> der JVP und einer<br />

nationalistischen Mönchspartei unterstützt wird, will <strong>für</strong> einen starken<br />

Zentralstaat eintreten. <strong>Die</strong> LTTE hat in ihrem Einflussgebiet<br />

die Bevölkerung faktisch an der Stimmabgabe gehindert.<br />

Dezember 2005 Im Norden häufen sich die Anschläge auf die Sicherheitskräfte.<br />

In Jaffna schiesst die Armee auf demonstrierende Studenten.<br />

In Batticaloa fällt der LTTE-freundliche Parlamentsabgeordnete<br />

Joseph Pararajasingham einem Mordanschlag zum Opfer. In<br />

Colombo werden bei einer Grossrazzia fast tausend Tamilen zur<br />

Überprüfung festgenommen. <strong>Die</strong> Internationale Beobachter warnen<br />

vor einem neuem Krieg.<br />

Januar 2006 In Trincomalee werden fünf tamilische Studenten <strong>von</strong> Angehörigen<br />

der Sicherheitskräfte ermordet. Bei einem Selbstmordangriff auf<br />

ein Marineboot kommen 13 Soldaten ums Leben.<br />

Februar 2006 Direkte Gespräche zwischen der Regierung und der LTTE in Genf<br />

zur Beendigung der Gewalt bringen keine konkreten Ergebnisse.<br />

April 2006 <strong>Die</strong> LTTE sagt die vorgesehene zweite Gesprächsrunde in Genf<br />

ab. Bei einem Selbstmordanschlag auf das Armeehauptquartier in<br />

Colombo sterben zehn Angehörige der Sicherheitskräfte. Der Armeechef<br />

Sarath Fonseka überlebt schwer verletzt. Als Vergeltung<br />

bombardiert die Luftwaffe angebliche LTTE -Stellungen im Gebiet<br />

<strong>von</strong> Trincomalee.<br />

Mai 2006 <strong>Die</strong> EU setzt die LTTE auf die Liste der verbotenen terroristischen<br />

Organisationen und zeigt sich zugleich besorgt, über die Zunahme


<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

<strong>von</strong> extralegalen Tötungen im Einflussbereich der Regierung.<br />

Kanada folgt dem Schritt der EU. Bei einem LTTE-Angriff auf einen<br />

Schiffskonvoy der Marine werden mindestens 45 Menschen<br />

getötet.<br />

Juni 2006 <strong>Die</strong> LTTE lässt die Gespräche in Oslo zur Stabilisierung des Waffenstillstandes<br />

platzen. Bei einem Anschlag mit einer Landmine<br />

auf einen Bus kommen mindestens 64 Menschen ums Leben. Der<br />

stellvertretende Generalstabschef der Armee fällt in Colombo einem<br />

Selbstmordanschlag zum Opfer.<br />

Juli 2006 <strong>Die</strong> Armee startet im Osten die erste Bodenoffensive seit Beginn<br />

des Waffenstillstandes, um eine <strong>von</strong> der LTTE blockierte Wasser<br />

schleuse unter ihre Kontrolle zu bringen.<br />

August 2006 Schwere Kämpfe im Gebiet der östlichen Hafenstadt Trincomalee<br />

und auf der Jaffna-Halbinsel. In der Stadt Muttur massakrieren<br />

Armeeangehörige 17 tamilische Mitarbeiter eines französischen<br />

Hilfswerks. Im Nordosten des Landes sind über 200'000 Menschen<br />

auf der Flucht. Wegen eines Ultimatums der LTTE ziehen<br />

sich die die Angehörigen aus den EU-Staaten aus der skandinavischen<br />

Überwachungskommission <strong>für</strong> den Waffenstillstand zurück.


Literaturhinweise<br />

<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> eines tamilischen Mädchens<br />

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LÜTHI, Damaris 2003: „Heimatliche Konventionen im Exil bewahren: Hinduistische<br />

und christliche Religiosität tamilischer Flüchtlinge in Bern“ in: Martin Baumann,<br />

Brigitte Luchesi, Annette Wilke (Hrsg.): Tempel und Tamilen in zweiter Heimat.<br />

Hindus aus Sri Lanka im deutschsprachigen und skandinavischen Raum. Ergon<br />

Verlag, Würzburg.<br />

MARKUS, Vera 2005: In der Heimat ihrer Kinder. Tamilen in der Schweiz. Offizin<br />

Verlag, Zürich.<br />

PINHEIRO-FANKHAUSER, Marie-Anne 2005: Tamilische Secondos und Secondas<br />

in der Schweiz. in : Olympe. Feministische Arbeitshefte zur Politik. Heft 22,<br />

Ottenbach.<br />

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Geschlechterbeziehungen in der Schweiz. Arbeitsblatt Nr.28. Institut <strong>für</strong><br />

Sozialanthropologie, Universität Bern.<br />

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VÖGELI, Johanna 2004: Sumangali, die Glücksverheissende. Tamilischhinduistische<br />

Frauen in der Schweiz. Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothrn, Bern.<br />

www.refbejuso.ch/migration<br />

VÖGELI, Johanna 2003: „Stärker als ihr denkt – Tamilische Frauen in der Schweiz“.<br />

in: Martin Baumann, Brigitte Luchesi, Annette Wilke (Hrsg.): Tempel und Tamilen in<br />

zweiter Heimat. Hindus aus Sri Lanka im deutschsprachigen und skandinavischen<br />

Raum. Ergon Verlag, Würzburg.

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