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Untitled - CAJ

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INHALTSVERZEICHNISWIR WIDERSAGEN! 3Vorwort 4Vorwort 5Die Projektgruppe 6Die Ideen 7I. Das Pfarrfest und die Fassungslose 8II. Die Demo in Köln 11III. „Moderner Rechtsextremismus“ Der Infoabend 14IV. „WIR WIEDERSAGEN!“ Die Kundgebung 17V. „MUT zum ,NEIN´SAGEN!“ Der Selbstbehauptungskurs 20VI. „WIR GLAUBEN an Gemeinschaft…“ Die Messe 21Der Anhang 26Presseartikel 37Impressum 452


WIR WIDERSAGEN!„Widersagen“ sagt man eigentlich gar nicht mehr, eher „widersprechen“oder irgendetwas oder irgendwem eine „Absage erteilen“. Dennochversteht jeder dieses Motto, das wir aus der Liturgie des Firmsakramentesentnommen haben. In diesem katholischen Ritus wird das Geschenk desHeiligen Geistes gefeiert. Die Firmung wird bewusst Jugendlichengespendet, die damit ihre eigene Religionsmündigkeit von Seiten derKirche verdeutlicht bekommen. Ein Teil dieses Sakramentes besteht darin,dass die Jugendlichen ein Glaubenszeugnis ablegen müssen, in dem siedem Bösen widersagen und den Glauben an Gott bezeugen.Unterscheidungen machen können, Entscheidungen treffen, Zeugnisgeben, einen eigenen Standpunkt entwickeln – mündig sein. DieseEigenschaften brauchen Menschen nicht nur in religiöser, sondern auch inpolitischer Hinsicht, wenn auch in Zukunft die Würde des Menschenunantastbar bleiben soll.Das Superwahljahr 2009 und die immer offentsichtlichere undaufdringlichere Werbekampagne der NPD - gerade im Kreis Steinfurt -haben uns dazu bewogen, die Aktionsreihe „Wir widersagen! <strong>CAJ</strong> machtstark gegen Rechts!“ ins Leben zu rufen. Wir wollten ein Zeichen setzen!Ein Zeichen wäre aber zu einseitig gewesen. Wir stellten schnell fest, dasswir eher mit vielen kleinen, einfach durchzuführenden Aktionen die dreinotwendigen Hilfen geben konnten:1. Sensibilisierung für das Thema2. Information und Aufklärung3. Praktische Maßnahmen für JedermannZiel war es, gerade jungen Menschen das notwendige Handwerkzeug indie Hände zu legen, damit sie argumentativ, aktiv und in jeder Lage derrechten Gewalt begegnen können. Sie sollten stark gemacht werden –nicht mit Fäusten, sondern mit dem Selbstbewusstsein, mündigeMenschen zu sein!Wir danken allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und allen, dieunsere Aktionen unterstützt haben!Das Projektteam3


VORWORT„WIR WIDERSAGEN! <strong>CAJ</strong> macht stark gegen Rechts!“ - Mit einemGottesdienst im Dezember endete das Projekt der <strong>CAJ</strong> Borghorst gegendie rechtsextremen Kräfte, die sich gerade auch im Kreis Steinfurt breit zumachen versuchen. Vor den anstehenden Kommunalwahlen haben diejungen Menschen damit das Augenmerk auf eine allzu oft schleichendeGefahr gelenkt und deutlich Stellung bezogen.Für die <strong>CAJ</strong> verbindet sich in diesem Engagement der Mut zurgesellschaftlichen und politischen Verantwortung mit unserem Anspruch,unter dem wir als christlicher Verband stehen. Der Glaube an Gott fordertheraus, in diese Welt hinein zu schauen und zu widersagen, wo Menschen– ganz gleich welcher Herkunft – diffamiert und ausgegrenzt oder sogarangegriffen werden.Allen, die sich in diesem Projekt engagiert haben, sei an dieser Stelle eingroßer Dank gesagt. Unsere Welt braucht diesen Einsatz. Das Projekt der<strong>CAJ</strong> Borghorst endet. Der Einsatz muss weitergehen für eine bessere Welt,in der alle Menschen gut miteinander leben können.Paul Greiwe (Diözesanpräses der <strong>CAJ</strong> Münster)4


VORWORTDie Aktion „WIR WIDERSAGEN!“ war für uns der größte Erfolg seit derNeugründung der <strong>CAJ</strong> in Borghorst am 17. November 2007. Mit der Aktionist die <strong>CAJ</strong> wieder zum Gesprächsthema in Borghorst geworden. Wirkonnten viele Jugendliche und Erwachsene mit den Aktionen erreichen.Es ist nicht immer einfach, Jugendliche und Erwachsene mit einem Themaund einer Veranstaltung gleichzeitig anzusprechen. Was aber mit derKundgebung am 9. November vor dem Heimathaus erfolgreich geglückt ist.Durch die Unterstützung der anderen Regionen konnte das Thema auchortsübergreifend angesprochen werden.Wir, der Vorstand der <strong>CAJ</strong> Borghorst, hatten uns zum ThemaRechtsextremismus schon vorher einige Gedanken gemacht. Durch diezusätzliche und große Unterstützung durch das Diözesanbüro der <strong>CAJ</strong> inMünster kam der Mut zum Willen und so konnte dann die Aktion mit sovielen Ideen und dem erzielten Erfolg stattfinden.Es war nicht schwer, Leute für den Aktionskreis zu finden, für den vielArbeit und Zeit vorprogrammiert war.Auch wenn die Aktion „WIR WIDERSAGEN!“ mit der Messe am 13.Dezember beendet ist, wird dieses Thema nicht einfach so im Regal„rumliegen“. Es wird ein Thema in der <strong>CAJ</strong> bleiben und es werden immerwieder Aktionen zum Thema Rechtsextremismus im Zusammenhang mitJugendlichen stattfinden.Dafür möchte ich mich im Namen des Vorstandes der <strong>CAJ</strong>-Borghorst ganzherzlich bei dem Arbeitskreis bedanken und zum Erfolg gratulieren.Für die <strong>CAJ</strong>-BorghorstRené Huesmann, 1. Vorsitzender5


DIE PROJEKTGRUPPEIn der <strong>CAJ</strong> organisieren sich Jugendliche und gestalten das Programm fürsich und ihre Mitglieder selbst. Dies ist ein wesentliches Merkmalkatholischer Jugendarbeit. Dabei ist das ehrenamtliche Engagement vongroßer Bedeutung, denn dadurch werden auch die persönliche Motivationund die eigene unabhängige Interessensvertretung der Jugendlichensichtbar und erfahrbar.Anfang des Jahres 2008 erklärte die Jahreshauptversammlung der <strong>CAJ</strong>-Borghorst ihr Interesse, eine Aktion gegen Rechts durchführen zu wollen.Es meldeten sich Jugendliche/ junge Erwachsene, um einenentsprechenden Arbeitskreis zu gründen, der die Aktion planen,vorbereiten und durchführen sollte.Der Diözesanverband der <strong>CAJ</strong>-Münster hatte ebenfalls den Wunsch, einProjekt gegen Rechts in diesem Jahr durchzuführen, so dass manbeschloss, gemeinsam dieses wichtige Thema in Angriff zu nehmen. Sowurde das Projekt des Diözesanverbandes in Kooperation mit der <strong>CAJ</strong>-Borghorst verwirklicht.DieProjektgruppebestand aus(v.l.):MarcBaumeister,Hanna Frieling,RaffaelSchwarz undAnsgarLangkauDie Projektgruppe arbeitete durchgehend eng mit dem Vorstand der <strong>CAJ</strong>-Borghorst und dem Diözesanbüro der <strong>CAJ</strong> zusammen.6


DIE IDEEAm 03. Juli 2008 fand das erste Treffen der Projektgruppe statt. Die ersteFrage war natürlich, was wir denn überhaupt wollen. Ein großes Projekt?Mehrere kleinere Aktionen? Oder nur eine Arbeitshilfe erstellen?Bei unseren Überlegungen spielten folgende Faktoren eine Rolle: Die Projektgruppe ist ziemlich klein und von daher nur schwer in derLage, große Aktionen durchzuführen. Die Basis unserer Aktionen, die <strong>CAJ</strong>-Borghorst, besteht nur aus ca. 50Mitgliedern, so dass auch hier eher kleinere Aktionen von Vorteil wären. Eine Aneinanderreihung von Informationsveranstaltungen wäre nichtjugendgerecht. Die Aktionen sollten abwechslungsreich und auch vonAktionismus geprägt sein. Die „moralische Keule“ hilft nichts. Unsere Aktionen sollten lebensnah,informativ, diskussionsanregend und praktisch sein. Das Ziel sollte essein, die Jugendlichen zu stärken, in dem sie kritisch hinterfragen,verstehen und sich wehren können sollten. Dabei war es uns auch wichtig, das Profil der <strong>CAJ</strong> mit einfließen zulassen. Es sollte klar erkennbar sein, warum sich die <strong>CAJ</strong> gegen Rechtsausspricht und was sie dagegen zu halten hat. Die Aktionen sollten nicht für die <strong>CAJ</strong>-Borghorst alleine gemacht werden.Auf der einen Seite galt es Kooperationspartner zu finden und auf deranderen Seite wollten wir so viele Jugendliche wie möglich mit unserenAktionen ansprechen und sie bewegen, mit uns gemeinsam Farbe zubekennen.Die Konsequenzen aus diesen Überlegungen waren folgende Aktionen:- Provokation und Aufklärung auf dem Pfarrfest- Demokratische Mittel nutzen lernen: ein Demobesuch in Köln- Wissen ist Macht: Infoveranstaltung zum Rechtsextremismus- Eigenen Standpunkt öffentlich bekunden: eine eigene Kundgebung- Dagegenhalten: ein Selbstbehauptungskurs- Zeugnis geben: ein Gottesdienst zum Abschluss7


I. Das Pfarrfest und die FassungsloseHintergrund:Ziele:Wir waren uns als Projektgruppe einig, dass wir bei unsselbst anfangen müssen, d.h. in unseren Kreisen, in denenwir uns auch als katholischer Jugendverband bewegen.Und auf einem Pfarrfest begegnet man allen Generationenund einem großen Teil der aktiven Gemeindemitglieder.- Aufmerksamkeit durch Provokation bekommen- Unser Projekt in der Kirchengemeinde bekannt machen- die alltägliche Diskriminierung verdeutlichen- durch Informationen aufklärenMethode:Es wurden sog.„Fassungslose“ verteilt, aufdenen rechtsextreme Parolenoder diskriminierendeAusdrücke standen. Für jedesFassungslos gab es ein„Erkenntnisgewinn“, das mansich am <strong>CAJ</strong>-Stand abholenkonnte. Der Erkenntnisgewinnbestand aus einem Zettel, aufdem Hintergrundinformationenzu dem jeweiligenFassungslos standen.Darüber konnte man amStand ins Gespräch kommenoder die Gewinner konntenden Zettel mitnehmen, umauch zuhause in ihrer Familiedarüber zu reden.„An sich find ich es gleich,zu welchem Anlass man dieLeute „aufklärt“. Das einzigeProblem war vielleicht, dasssich der Kreis der Adressatenzum großen Teil auf älterePersonen focusiert hat(irgendwo zwischen 50 und70). Doch die Idee, denAnreiz in Losen und die"aufklärende" Information inden Preisen zu verstecken,fand ich sehr gelungen. Es ist- wie man gesehen hat -auch sehr gutangekommen, denn annegative Kritik von Seitender Gäste kann ich mich garnicht erinnern. Die Antwort,die sich öfters wiederholte,war: "Och, ich hab zwarschon ein Los gehabt, aberich zieh gerne noch eines."Beliebt war auch: "Ach, ist jaumsonst".Ben,<strong>CAJ</strong>-Borghorst8


Material:400 Fassungslose400 Erkenntnisgewinne<strong>CAJ</strong>-Stand (Pavillion, Moderationswände, Stehtische,Getränke und Gebäck)„Ich fand die Aktion sehr anspruchsvoll, aber trotzdem gelungen. Ich warüberrascht, wie viele Leute positiv und interessiert darauf angesprochen haben.Die Aktion hätte noch provokanter sein dürfen – aber nicht auf einem Pfarrfest,das hätte den Rahmen gesprengt.Denn ich bin noch geteilter Meinung, ob ich die Aktion im Rahmen einesPfarrfestes sinnvoll fand. Ich war im Vorfeld sehr skeptisch. Bei einem Pfarrfest feiertsich ja eigentlich eine Gemeinde einfach nur mal selber. Auf der anderen Seite –auf einem Pfarrfest erreicht man häufig interessierte Menschen, die Zeitmitbringen, falls sie sich an dem Stand informieren möchten. Und eine Gemeindedarf ruhig auch über kritische Themen diskutieren, sofern sie an einem solchenFesttag nicht dominieren. Im nach hinein fand ich die Aktion aber nicht„aufdringlich“, wer sich mehrere Stunden auf dem Pfarrfest aufhalten wollte,konnte dies tun, ohne sich belästigt zu fühlen.Mein Fazit:Eine für den Anfang gelungene Aktion. Auf einem Wochenmarkt dürfte man ruhigetwas aggressiver auf die Aktion aufmerksam machen - wer sich nicht informierenlassen möchte, kann dann ja einfach weitergehen, anders als auf dem Pfarrfest.“Vera,<strong>CAJ</strong>-Borghorst9


Bericht:Am 22.08.08 fand in Borghorst das Pfarrfest derGemeinde St.Nikomedes statt. Wir haben dieseChance genutzt, um möglichst viele Leute mitunserer ersten großen Aktion desAktionskreises „Wir widersagen – <strong>CAJ</strong> machtstark gegen Rechts“ anzusprechen.An die interessierten Besucher wurdenFassungs-Lose verteilt, d.h. es waren Lose, indenen Aussagen oder Sprichwörter standen, dieeine rechte Bedeutung haben, über die sichaber die meisten keine Gedanken machen, unddie somit alltäglich gebraucht werden.Beispiele hierfür sind „Schwarzfahren istverboten“, „Ich will einen Negerkuss“,„Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg“und „Frauen gehören an den Herd“. Die wahreBedeutung dieser Aussagen und deren Herkunftkonnten dann am <strong>CAJ</strong>-Stand hinterfragt werden,in dem man zu seinem Los eine passende Seiteerhielt.Zusätzlich zeigten wir einen Film desAbiturjahrgangs 2007, den der Literaturkurs mitdem Hintergedanken „Rechte Gewalt in derSchule“ gedreht hatte. In diesem Film wurde dieGeschichte eines russischen Jungengeschildert, der in seiner Klasse als guterSchüler galt. Vielleicht gerade deshalb sticht erden rechtsextremen Kräften in der Schule insAuge und sie fangen an, ihn zu demütigen, zubeleidigen und zu verfolgen. Das Ganze gipfeltdarin, dass der russische Junge Selbstmordbegeht. Das Schlimmste aber ist, dass alle inder Klasse weggucken, keiner versucht ihm zuhlefen.Dieser Film sollte, genau wie die Fassungslose,die Menschen darauf aufmerksam machen, wiewichtig es ist, hinzuschauen und Partei zu ergreifen.Hanna Frieling, Projektgruppe„Demos undBlockaden bietendie Möglichkeit zuzeigen, was mandenkt und wie ernsteinem das Thema ist.Gerade wenn diesegewaltfrei ablaufen,setzt man damit einsehrklares/eindeutigesZeichen.Es war einegroßartige Idee,nach Köln zu fahren.OrganisierteDemobesuchehaben mehr Zulaufals 'Einzel-Aktionen'.Zudem steigt auchder Spassfaktor.Leider war die früheAbfahrtzeit eingroßes Hindernis.Denn grade amWochenende habensich da wenigeüberzeugen lassen.Für lokale Aktionensieht das aber ganzanders aus.“Stephan,<strong>CAJ</strong>-Borghorst10


II. Die Demo in KölnHintergrund: Vom 19. bis zum 21. September 2008 wollten RassistInnenund NeofaschistInnen aus ganz Europa in Köln einen so genannten „Anti-Islamisierungs-Kongress” durchführen. Auf Einladung der selbsternannten„Bürgerbewegung pro Köln” wollten bis zu 1000 Rechte verschiedensterCouleur (vom klassischen Neonazi bis hin zu Rechtskonservativen) unterdem Deckmantel einer vermeintlichen Islamkritik ihre Propaganda gegenMenschen anderer Herkunft und Religion verbreiten.„pro Köln” ist eine extrem rechte Organisation, die seit Jahren inKöln und auch überregional rassistische Politik betreibt. VieleFunktionärInnen und Mitglieder von „pro Köln” kommen ausneonazistischen Parteien und Gruppierungen wie etwa der NPD,den „Republikanern” und der „Deutschen Liga für Volk undHeimat”. In letzterZeit hetzte „pro Köln” vorrangig gegen den Bau einer Moschee in Köln-Ehrenfeld und ging mit rassistischer und extrem rechter Propaganda aufWählerfang.Für den Kongress hatten sich unter anderem VertreterInnen extrem rechterParteien aus Österreich (FPÖ), Belgien (Vlaams Belang), Italien (LegaNord), den USA (Robert Taft Group), Großbritannien (British National11


Party), Spanien und Ungarn angesagt. Außerdem sollte der internationalbekannte Vorsitzendeder extrem rechten Front National (FN), Jean Marie Le Pen, anlässlich desKongresses in Deutschland auftreten. Mit ihrem europaweitenHetzkongress verfolgten die altgedienten NeofaschistInnen von „pro Köln”zwei Ziele: Erstens sollte die die Zusammenarbeit extrem rechter Parteienaus ganz Europa ausgebaut werden. Zweitens wollte „pro Köln” mit dieserGroßveranstaltung den Wahlkampf für die NRW-Kommunalwahlen 2009eröffnen.Ziele:Methode:Material:- die demokratische Form der Demonstration nahe bringen- Zeigen, dass man nicht alleine mit seiner Meinung steht- Richtiges Verhalten auf Demos erlernen und einüben- Fahrt zu einer Großdemonstration- Informationen zum Verhalten auf Demonstrationen- Reflexion des ErlebtenInfo-Zettel<strong>CAJ</strong>-FahnenBericht:„Die Projektgruppe plante die Beteiligung an einer Demonstration, um auchdieses demokratische Mittel der Meinungsäußerung den Jugendlichennahe zu bringen. Da in Köln für den 20. September der „Anti-Islamisierungskongress“ und dementsprechend auchGegendemonstrationen geplant waren, war das natürlich eine passendeGelegenheit für uns.Gesagt getan, nachdem wir uns informiert hatten, wann die Demo anfängtund wann die Züge fahren, haben wir Werbung gemacht, um so viele Leutewie möglich mit zubekommen. Allerdings gestaltete sich das aufgrund derAbfahrtszeit von 5 Uhr an einem Samstagmorgen schwieriger als gedacht.Am Ende fanden sich dann doch sieben Leute - leider nur sieben - auf demBahnhof in Borghorst ein. Das Schlimmste an dem Tag war eindeutig dasfrühe Aufstehen. Nach einem guten Kaffee ging das aber auch. Von dortaus hatten wir eine recht vergnügliche Fahrt nach Köln, auf der wirInformationen erhielten, wie man sich auf einer Demo zu verhalten hat.Trotz der Länge der Fahrt war es nie langweilig.12


Nach dem wir in Köln angekommen waren, liefen wir zum Platz vor demDom, um an der Kundgebung der Kölner teilzunehmen. Auf dem Platz wareine überwältigende Menge an Leuten. Das faszinierendste an derKundgebung war, dass die verschiedensten Fraktionen und Gruppierungennebeneinander standen und einer Meinung waren. Nach dem wir denRednern zugehört hatten, und einige Fotos gemacht hatten, schlossen wiruns dem Demonstrationszug durch Köln an.Auf dem Weg wieder das gleiche Bild wie bei der Kundgebung: wiederUnmengen von Leuten, die friedlich zusammen liefen und gemeinsam fürein Ziel eintraten.Wir gingen geschlossen mit den 15.000 Menschen zum Heumarkt, wo eineKundgebung des „Anti-Islamisierungskongresses“ stattfinden sollte. Es wargeplant, eine friedliche Menschenkette um diesen Platz zu bilden.Allerdings kamen wir gar nicht so weit, da schon alles von der Polizeiabgeriegelt war. Wir warteten einige Zeit und bekamen mit, dass wohl einpaar gewaltbereite Gruppierungen versuchten, die Polizeiabsperrungen zudurchbrechen.Da lange Zeit nichts passierte, liefen wir dann zurück zum Dom. Nach einerkleinen Stärkung und einer Besichtigung des Kölner Doms traten wir dannwieder die Heimreise an. Gegen halb Vier kamen wir ziemlich geschlauchtaber schon irgendwie stolz in Münster an, denn das Ziel wurde erreicht: der„Anti-Islamisierungskongress“ musste aufgrund des großenMenschenauflaufes abgebrochen werden und die Rechtsextremen kamennicht zu Wort.“Raffael Schwarz, Projektgruppea13


III. „Moderner Rechtsextremismus“ Der InfoabendHintergrund:Ziele:Methode:Material:14Viele reden über Rechtsextremismus und stellensich immer noch dabei die Nazis aus dem DrittenReich vor. Auch die Rechte Szene befindet sichallerdings in bezug auf ihr Auftreten, ihre Symbolik,ihre Darstellungsformen usw. in einem ständigenWandel. Wenn man also junge Menschen dazubefähigen möchte, sich mit fundierten Argumentengegen Rechts zur Wehr setzen zu können, dannbedarf das immer der Informationen über dieneuesten Entwicklungen und Inhalte der rechtenSzene.- Aktuelle Informationen über rechte Szene- Aufklärung über die Aktivitäten der NPD vor Ort- Austausch über eigene Erlebnisse mit Rechts- Referat- Diskussion- Beamer- Leinwand- Mikrofonanlage


Bericht:Am 23. Oktober 2008 fanden sich 25 Jugendliche im OT-Heim in Borghorstein, um sich auf den neuesten Stand zu bringen. „ModernerRechtsextreminsmus: Aktionsformen, Codes und Symbole – auch im KreisSteinfurt?“ hieß der Vortrag von Michael Sturm und Heiko Schreckenbergvon der Mobilen Beratungstelle zum Thema „Gegen Rechtsextremismus,für Demokratie“ in NRW.Obwohl es ein Vortrag war wurde dieDarstellung der rechten Parteien – ihreInhalte und Aktionsformen – nichtlangweilig. Mit professionellenWerbevideos, Musikaufnahmen undInternetauftritten ködern NPD undandere rechte Parteien schon Kinderund Jugendliche.Es wurde sehr deutlich, dass gerade imKreis Steinfurt die Gefahr von Rechtswächst, da es das erklärte Ziel der NPDist, 2009 in den dortigen Kreistageinzuziehen.Sehr bemerkenswert fand ich die neueSymbolik der Rechten, die einfachstumpf von linken Gruppierungenübernommen wurde und die es heuteschwermacht, Linke von Rechten imAuftreten und anhand ihrer Aufnäherund Sticker zu unterscheiden.„Ich fand diesen Infoabendganz sinnvoll und sehrwichtig! Denn ich denke, jemehr Aufmerksamkeit erregtwird, dass man etwas gegenRechts tun muss, desto mehrFeedback bekommt man. Esmuss natürlich auch daraufgeachtet werden, dass dieRechten nicht einfach dahinkommen und dieVeranstalltung kaputtmachen.Ich fand den Abend echt gutund interessant, weil mansich ja sonst auch nichtunbedingt so intensiv damitauseinander setzt.Ich hätte allerdings noch gutgefunden, wenn mandanach noch eine kleineDiskussionsrunde eröffnethätte, bei der man noch malseine Meinung dazudarstellen hätte können. Ichfand, dass es ein sehrabruptes Ende war.“Die Referenten machten zudemdeutlich, dass nur eine gute Vernetzungaller Initiativen gegen Rechts zu einemlangfristigen Erfolg führen könne. Esmuss um die Demokratie gemeinsamund täglich gekämpft werden.Anna-Lena,Vorsitzende <strong>CAJ</strong>-HeidenZum Schluss blieb leider keine Zeit, umsich auch noch über die Erfahrungen der Zuhörerinnen und Zuhörer mit der15


Rechten Szene auszutauschen. Durch die Informationen über vieleBereiche der Rechten Szene und viele Nachfragen aus dem Publikumwaren die zweieinhalb Stunden schnell vorbei.Es war ein sehr informativer Abend und die beiden Referenten haben ihnsehr anschaulich und interessant gestaltet. Ich weiß jetzt schon besserüber die Inhalte und Strukturen rechter Parteien Bescheid und denke, dassich jetzt besser argumentieren kann.“Ansgar Langkau, Projektgruppe16


IV. „WIR WIDERSAGEN!“ - Die KundgebungHintergrund:Am 09. November 1938 fand diesog. Reichspogromnacht inDeutschland statt. Mit derVerbrennung der Synagogenerreichte der bis dahin langsamwachsende Antisemitismus eineneue Dimension, was letztendlichin der Ermordung von 6 MillionenJuden unter der Nazi-Herrschaftendete.Dem heutigen Rechtsextremismusdient das Dritte Reich immer alsVorbild und Grundlage seinerInhalte. Für uns ist diese Zeit derGewalt das lebendige Beispieldafür, was der Rechtsextremismuswill und anrichten kann.Wir haben extra diesen Gedenktagfür unsere Kundgebung gewählt,um zu zeigen, dass die jungenMenschen, die das Dritte Reichnicht erlebt haben, einerseits die Erinnerung an das Grauenhafte bewahrenund anderseits sich persönlich dafür einsetzen wollen, damit es nie wiederpassiert!Ziele: - Jugendliche ermuntern, ihre Meinung öffentlich zu äußern- auf den eigenen Standpunkt aufmerksam machen -- andere ermuntern, ebenfalls zu „widersagen“- alle <strong>CAJ</strong>-Regionen und Schulen sowieJugendeinrichtungen einbindenMethode:- Postkartenaktion- Argumentenwand- Kundgebung vor dem Heimathaus inBorghorst17


Material:- Mikrofonanlage- <strong>CAJ</strong>-Fahnen- 200 Umzugskartons- 13.200 Postkarten- 40 Rollen Packband +Packbandroller- Lichtstrahler- StifteBericht:Am Sonntag, dem 09. November 2008, geschahin Borghorst etwas sehr ungewöhnliches:Jugendliche trafen sich bereits am frühenNachmittag vor dem Heimathaus in Borghorst,das ziemlich zentral im Stadtkern steht. Siefingen an, eine Mauer aus Kartons aufzubauen,eine Mikrofon- und Lichtanlage zu installieren, Fahnen der <strong>CAJ</strong> überallaufzuhängen, Plakate an die Wände zu kleben usw. SchaulustigenSpaziergängern bot sich das Bild von ungefähr einem Dutzend emsigarbeitenden Jugendlichen, die den Platz vor dem Heimathaus in eine ArtBühne verwandelten. Nach und nach kamen auch aus allen Richtungeimmer mehr junge Leute: Jugendliche aus Borghorst, Steinbeck, Heiden,Halverde, Schlickelde, Bevergern und Neuenkirchen. Am Ende waren eszwischen 70 und 80 Menschen, die an derKundgebung der <strong>CAJ</strong> teilnahmen.Um 17.00 Uhr war es dann soweit und eswaren diesmal eben nicht die Politiker, diedas Wort ergriffen und es waren nicht dieErwachsenen, die ihre Meinung kundtaten.Diesmal waren es mit René Huesmann der1. Vorsitzende der <strong>CAJ</strong>-Borghorst undHanna Frieling aus unserer Projektgruppe,die deutlich machten, was sie als <strong>CAJ</strong>lerinund <strong>CAJ</strong>ler für Gründe haben, gegenRechts zu sein.So wurde u.a. deutlich gemacht, dass einerunserer grundlegendsten Unterschiede zurrechtsradikalen Weltanschauung ist, dasswir jeden einzelnen als mündigen und wertvollen Menschen ansehen.18


Wir wollten aber auch nicht nur Reden, sondern auch aktiv ein Zeichensetzen. Im Vorfeld der Kundgebung wurden 13.200 Karten verschickt undverteilt: an Schulen, Jugendeinrichtungen, Haushalte – sowohl inBorghorst, als auch in allen Orten im Bistum Münster, in denen die <strong>CAJ</strong>Ortsgruppen hat. Mit diesen Karten wurden die Menschen gebeten,Argumente aufzuschreiben, warum man nicht rechtsextreme Parteienwählen bzw. warum man dem Rechtsextremismus widersagen sollte.Diese Karten wurden dann wieder eingesammelt und zur Kundgebungmitgebracht, um sie aufeine große Mauer ausUmzugskartons zukleben. Im wahrstenSinne des Worteserbauten wir damit eineMauer desWiderstandes undzeigten damit unsereStärke gegen dasmenschenverachtendeGedankengut derRechtsextremen.Als wir um 18 Uhr dieKundgebung mit dem<strong>CAJ</strong>-Gebet für alle Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft und derrechten Gewalt in heutiger Zeit beendet hatten, wurden alle Teilnehmendenzu einer Suppe und Getränken in das Kolpinghaus in Borghorsteingeladen. Es war wichtig, auch nach der Kundgebung einen Ort zumAustausch und der Gemeinschaft zu schaffen.Es war keine Kundgebung, diein die Geschichte der Welteingehen wird, aber ich glaubeschon, dass es eineVeranstaltung war, an die sichdie Teilnehmenden noch invielen Jahren erinnern werdenund stolz darauf sein werden,auch öffentlich Farbe bekanntzu haben!19


V. „MUT zum ,NEIN´SAGEN!“ - Der SelbstbehauptungskursHintergrund: Provozieren,informieren, Stellung beziehen… dasalles ist gut und richtig. Aber es gibtSituationen für Jugendliche, in denensie sich ganz konkret einer Gewaltgegenüber ausgesetzt sehen. Wirwollten Hilfestellung geben, wennJugendliche selbst angegriffen werdenoder Zeugen von Gewalt an anderenwerden.Ziele:- Stärkung des Selbstbewusstseins- Mut zur Zivilcourage machen- praktische Tipps zurSelbstverteidigung- praktische Tipps zur Gewaltprävention- praktische Tipps zur HilfestellungMethode:Material:- Selbstbehauptungskurs- u.a. mit Rollenspielanalyse per Video- Beamer- Leinwand- Videokamera- FlipchartBericht:Der Selbstbehauptungskurs konnte leider nicht wie geplant durchgeführtwerden, weil nur drei Teilnehmer gekommen sind.Die Referenten Stefan Schmiemann und Melanie Wolff (Anti-Gewalt-Trainer) haben allerdings angeboten, diesen Kurs im ersten Quartal 2009noch einmal anzubieten.20


VI. „WIR GLAUBEN an Gemeinschaft…“ Die MesseHintergrund: Wir sindein katholischerJugendverband und schonunser christlichesMenschenbild widersprichtder rechtsextremenWeltanschauung. Es waruns ein großes Anliegen,nicht einfach nur„dagegen“ zu sein,sondern auch denJugendlichen aufzuzeigen,was wir anzubieten unddementsprechend dagegen zu halten haben.Ziele:Methode:Material:- Besinnung auf die Wurzeln unserer Einstellung- Verbindung zwischen Glaube und Politik schaffen-- Heilige Messe- wieder aufgebaute Argumentenwand- Zwiegespräch statt Predigt- ArgumentenwandAblauf:Lied:„Kündet allen in der Not“ Liedheft Nr. 2 (1., 2. + 5. Strophe)Begrüßung / Einführung„Ich stehe hier, um Zeugnis abzulegen und Ihnen zu berichten, was bisher geschah.Am Anfang diesen Jahres beschlossen die Jugendlichen und die jungen Erwachsenen ihrerGemeinde, die 2007 die <strong>CAJ</strong> hier gründeten, ein Zeichen zu setzen. Denn es war ihnen zuOhren gekommen, dass die rechtsextreme Nationaldemokratische Partei Deutschlands – dieNPD – angekündigt hatte, den Kreis Steinfurt zum „Modellkreis“ zu machen. Das heißt, siemöchten im kommenden Wahljahr in die hiesigen Stadträte und in den Kreistag einziehen.Es waren die jungen Menschen ihrer Gemeinde, die dem nicht tatenlos zuschauen wollten. Sofingen sie an, verschiedene Aktionen zu planen und durchzuführen:21


Vielleicht erinnert sich noch der ein oder andere an den 24. August: Ihr Pfarrfest.Die <strong>CAJ</strong> hatte einen großen Stand dort und verteilte sogenannte Fassungslose, aufdenen entweder rechtsextreme Parolen standen (wie z.B. „Arbeitslose sindarbeitsscheu und asozial!“, „Wir brauchen wieder einen starken Mann!“, „Frauengehören an den Herd!“, „Ausländer sind krimineller als Deutsche!“) oderdiskriminierende Ausdrücke, die in den Alltagssprachgebrauch übergangen sind(wie z.B. „Ist das wieder schwul!“, „Schwarzfahren ist verboten!“, „Die Mauschelndahinten!“). Für jedes Fassungslos gab es auch ein Erkenntnisgewinn – also eineErklärung, wie diese Ausdrücke zustande gekommen sind oder was hinter diesenParolen steckt. Am 20. September wollten die rechtsextremen Parteien Europas den sog. „Anti-Islamisierungskongress“ in Köln durchführen. Die <strong>CAJ</strong> fuhr hin und demonstriertemit 15.000 Menschen gegen die menschenverachtende Politik der Rechten – undzwar erfolgreich. Das Wissen hilft in der Regel am besten gegen rechte Meinungsmache. Am 23.Oktober konnten sich daher Interessierte bei einem Infoabend über die aktuellenEntwicklungen der rechten Szene – auch und gerade hier im Kreis Steinfurt –informieren. Zum Gedenken an die Reichspogromnacht rief die <strong>CAJ</strong>-Borghorst am 09.November zu einer Kundgebung vor dem Heimathaus auf. Dort wurde diese Maueraus Argumenten gegen Rechts erbaut. Dafür wurden 12.500 Karten verschickt undverteilt: an Schulen, Jugendeinrichtungen, Haushalte – sowohl in Borghorst, alsauch in allen Orten im Bistum Münster, in denen die <strong>CAJ</strong> Ortsgruppen hat. Mitdiesen Karten haben wir Menschen gebeten, Argumente aufzuschreiben, warumman nicht rechtsextreme Parteien wählen sollte bzw. warum man demRechtsextremismus widersagen sollte. Beispiele:- Ich bin gegen Rechts, weil Vielfalt einfach schöner ist!- Nazis essen heimlich Döner!- …Heute beendet die <strong>CAJ</strong>-Borghorst ihre Projektreihe „Wir widersagen!“ mit dieser HeiligenMesse! Den Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist es wichtig zu zeigen, dass sie nichtnur provozieren, demonstrieren, Wände bauen und dagegen sein können, sondern dass sieauch etwas zu bieten haben: Ihren Glauben und Ihre Gemeinschaft!Ich habe es in Ihrer <strong>CAJ</strong> erleben dürfen und ich kann es bezeugen. Sie können sehr stolz aufIhre jungen Menschen sein, die aus dem Glauben heraus auch politisch Flagge zeigen!“Kyrie:Herr Jesus Christus, du rufst alle Völker der Erde, dir zu folgen.Herr, erbarme dich.Herr Jesus Christus, du willst, dass wir ein Volk von Brüdern und Schwestern sind.Christus erbarme dich.Herr Jesus Christus, du kommst zu uns als unser Bruder.Herr, erbarme dichTagesgebetGütiger Gott, dein Volk ist verteilt über die ganze Erde. In allen Ländern der Erde bereitet essich auf das Kommen deines Sohnes vor, der an Weihnachten als kleines Kind in einem Stall22


zur Welt kommt. Wir bitten dich: Öffne unsere Augen und Herzen, damit wir sehen, wie wirdas Fest der Geburt Jesu Christi zu einem Fest für alle Menschen machen können, egalwelcher Nationalität oder Rasse sie angehören. Darum bitten wir durch Christus, unserenHerrn. Amen.Lesung: Jes 61,1-2a.10-11Halleluja:„Halleluja von Taizé“ BiJu-Heft Nr. 172 (nur Kv)Evangelium: Joh 1,6-8.19-28Katechese: ZwiegesprächRedner:Guten Abend. Das scheint ja eine seltsame Versammlung zu sein, auf der ich hier gelandetbin. Aber wo ich jetzt einmal da bin, kann ich Ihnen ja auch einmal erzählen, was ich so vondem Leben hier in Deutschland halte. Ich will ja nicht schwarz malen, aber…Es gibt so viel Arbeitslose hier in unserem Land. So viele Menschen können nicht arbeitengehen und liegen uns auf der Tasche. Dabei hätten wir ja genug Arbeitsplätze! Wir müssennur alle nach Hause schicken, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind. Die ganzenRussen, Polen und Türken – manche von denen schimpfen sich mittlerweile schon Deutsche– die sollen alle dahin gehen, wo sie herkommen. Ich frage Sie: Warum hat Ali Arbeit undManfred nicht?Jugendlicher 1:Stopp. Halt. Ich widersage! Ich kann mir das nicht länger anhören. Steht denn hier keiner auf?Sagt denn niemand dem Menschen da mal seine Meinung. Einfache Parolen ohneHintergrund! Das sage ich dazu!Ich glaube, dass wir hier in Deutschland eine Verantwortung für die Menschen haben, die hierleben. Viele sind hierher gekommen, als Deutschland zerstört war! Sie haben unser Landwieder mit aufgebaut! Und was Ihre Frage angeht, warum Ali Arbeit hat und Manfred nicht:Haben Sie vielleicht schon einmal darüber nachgedacht, dass Ali besser qualifiziert ist? OderAli einen Job hat, den Manfred nicht machen will – als Müllmann zum Beispiel?Und sind wir denn keine Christen? Sagen wir nicht immer: Wir sind Schwestern und Brüder?Als Christen haben wir eine Verantwortung für die Menschen und für die Welt. Wir müssenMenschen Heimat geben, die anderswo nicht mehr leben können, weil sie verfolgt odervertrieben wurden. Jesus hat doch gesagt: Ich war obdachlos und ihr habt michaufgenommen! Das ist es, was für mich zählt! Das ist das, woran ich glaube!Redner:Alles schön und gut! Aber was ist mit unseren leeren Kassen! Wenn die ganzen Ausländerhierher kommen, liegen sie uns doch nur auf der Tasche! Ich sage: Nur noch Deutsche dürfenSozialleistungen bekommen! Wer in unser Land kommt, darf auf keine Unterstützung hoffen!Jugendlicher 2:Ich widersage! Steht nicht in unserem Grundgesetz, dass alle Menschen gleich sind? Undzahlen Ausländer, die hier arbeiten gehen, nicht auch Steuern, Sozialabgaben,Krankenversicherung? Doch! Warum sollen sie dann keine Unterstützung erhalten…Ich glaube daran, dass alle Menschen gleich sind – egal woher sie kommen. Wir können dochnicht einfach sagen: Sieh zu, wie du zu Rande kommst! Welche andere Möglichkeit haben dieMenschen denn dann noch als zu betteln oder zu stehlen? Und dann kommen Leute wie Sie23


und sagen: Ausländer sind kriminell! Vor Gott sind alle Menschen gleich! Jesus hat da auchkeinen Unterschied gemacht! Das ist es, was für mich zählt! Das ist das, woran ich glaube!Redner:Aber Ihr leidet doch auch unter den Ausländern! Wie ist es denn in Euren Schulen? Da sitzenKinder, die nur schlecht deutsch können und die ganze Klasse leidet darunter! Ich sage:Unterrichtet Deutsche und Ausländer getrennt!Jugendlicher 3:Ich widersage! Denken Sie eigentlich nach, bevor Sie reden? Ausgrenzung schafft Aggression– und löst keine Probleme! Wir lernen voneinander und miteinander. Durch ausländischeSchüler lerne ich Toleranz und etwas über andere Kulturen! Wir sind doch nicht der Nabel derWelt!Ich glaube, dass wir nicht dafür gemacht sind, unter uns zu bleiben! Die Botschaft Jesu Christihat sich nur verbreiten können, weil es Menschen gab, die aus Ihren gewohnten Umgebungenausgebrochen sind. Sie haben sich auf gemacht, um uns allen die Frohe Botschaft zu bringen.Es gibt bei uns Christen keine Exklusivrechte! Jeder Mensch ist würdig und fähig, dieseBotschaft aufzunehmen und anzunehmen! Das ist es, was für mich zählt! Das ist das, woranich glaube!Redner:Ich sehe schon, ich komme hier nicht wirklich weiter – Frohe Botschaft und so. Aber eineletzte Forderung stelle ich noch – und die kann keiner angreifen! Deutschland soll endlichwieder für sich alleine stehen – keine EU, keine Handelsverträge. Wir können für uns alleinsorgen!Jugendlicher 4:Ich widersage! Jetzt reicht‟s aber wirklich. Haben Sie vergessen, was vor 65 Jahren war?Darf ich sie mal was fragen?Redner:Ja – ich antworte gerne!Jugendlicher 4:Mögen Sie Bananen?Redner:JaJugendlicher 4:In Stuttgart wachsen aber keine Bananen. Und genug Energie können wir auch nichtproduzieren.Ich glaube an Gemeinschaft mit Gott als Fundament! So können wir im 21 Jahrhundert leben– und wir können gut leben!Und Gott wird Mensch und kommt als kleines Kind in einem Stall zur Welt. Er bringt allenMenschen die Frohe Botschaft! Arm und Reich, Schwarzen und Weißen, Kinder undErwachsenen! Das ist es, was für mich zählt! Das ist das, woran ich glaube!Credo: „Ich glaube an den Vater“ BiJu-Heft Nr. 03824


Fürbitten:Vater im Himmel, dein Sohn Jesus Christus ist auf die Welt gekommen, um allen MenschenFrieden und Heil zu verkünden. Höre unser Rufen:Wir beten für alle, die in unserem Land Zuflucht vor Verfolgung und Unterdrückungsuchen, dass sie bei uns eine neue Heimat finden.KV: „Meine Hoffnung und meine Freude“ BiJu Nr. 136Wir beten für alle, die die Ängste der Menschen in unserem Land für ihre Zweckemissbrauchen wollen, dass sie erkennen, wie falsch ihr Weg ist.Wir beten für alle, die sich gegen die Propaganda rechter Gruppen einsetzen, dasssie immer wieder Menschen begegnen, die sie unterstützen.Wir beten für alle, die Macht und Einfluss in unserem Land haben, dass sie nichtaufhören, sich für die Menschenrechte einzusetzen.Wir beten für alle Opfer von Gewalt und Krieg in unserer Welt, dass sie halt findenim Glauben an dich.Wir beten für die Verstorbenen, dass sie den ewigen Frieden in deinem Reichfinden.Herr, wandle du die Not der Menschen und höre unser Rufen, durch Christus, unseren Herrn.Amen.Gabenbereitung: „Herr wir bringen in Brot und Wein“ BiJu Nr. 081GabengebetHerr, unser Gott, wir haben Brot und Wein zum Altar gebracht. Wir bitten dich: Wandle wieBrot und Wein auch unsere Angst in Hoffnung, unseren Hass in Liebe, damit wir voll Freudeund Dankbarkeit die Geburt deines Sohnes feiern können. Darum bitten wir durch JesusChristus, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und Leben schenkt in Ewigkeit. Amen.Sanctus: „Du bist heilig, du bringst Heil“ BiJu Nr. 085Hochgebet: mit Einschub GL 865Friedensgruß:„Herr gib uns deinen Frieden“ BiJu-Heft Nr.n. d. Kommunion: Lied von CD „Und wenn er wirklich wiederkommt“Schlussgebet:Vater im Himmel, du bist uns nahe in deinem Sohn Jesus Christus. Wir bitten dich: Stärke unsdurch das Brot des Lebens, in dem dein Sohn Jesus Christus zu uns gekommen ist. Lass unsaufstehen gegen jede Art von Hass und Gewalt, damit es Weihnachten werden kann inunserem Land und auf der ganzen Welt. Darum bitten wir durch ihn, Christus, unseren Herrn.Amen.Schlusslied:„O komm, o komm, Emanuel“ Liedheft Nr. 3 (1. und 3. Strophe)25


DER ANHANGFassungsLOS Nr. 1: „ARBEITSLOSE SIND ARBEITSSCHEU UND ASOZIAL!“ErkenntnisGEWINN: Als "arbeitsscheu" werden im Tagesgespräch oft Menschen diffamiert,die als Arbeitslose oder Sozialhilfeempfänger ohne eigenes Verschulden nicht amErwerbsleben teilnehmen können. Der Vorwurf der Arbeitsscheu diente in der NS-Zeit alsBestandteil der Sammelbezeichnung "Asoziale" zur Charakterisierung von bestimmtenAngehörigen der sozialen Unterschichten (wie beispielsweise Bettler, Prostituierte,Obdachlose, Trinker, Nichtangepasste, Aussteiger), die meist keiner geregeltenBeschäftigung nachgingen. Er wurde schon lange vor der nationalsozialistischen Zeit alsBegründung sozialfürsorgerischer Zwangsmaßnahmen ("Arbeitshaus") benutzt.Das NS-Regime begann bereits 1933 mit der Verfolgung von "Arbeitsscheuen" und anderen"Asozialen", die ab 1937 in Konzentrationslager eingewiesen und anderenZwangsmaßnahmen (beispielsweise Sterilisation) unterworfen wurden, weil nachVerlautbarung der "Rassenhygienischen und bevölkerungspolitischen Forschungsstelle" imNS-Reichsgesundheitsamt asoziale Charaktereigenschaften angeblich vererbbar sein sollten.1938 gab es eine Verhaftungswelle mit Einweisung in Konzentrationslager (Aktion"Arbeitsscheu Reich"), die weit über 10000 Personen traf. Die Einstufung einer Person als"arbeitsscheu" war willkürlich, sie erfolgte oft durch Denunziation. Die Rechtlosigkeit desEinzelnen, die Preisgabe des Individuums gegenüber der Willkür der Behörden, die demWunsch der diesen Begriff Benutzenden entspricht, kommt in der Diskriminierung"arbeitsscheu" zum Ausdruck.FassungsLOS Nr. 2: „DAS BOOT IST VOLL! DEUTSCHLAND DEN DEUTSCHEN!“ErkenntnisGEWINN: Die Parole "Deutschland den Deutschen" ist eine der zentralenForderungen der militanten Rechtsextremen. Für sie sind die Anwerbung von ausländischenArbeitskräften, wie sie seit den fünfziger Jahren bis zum Anwerbestopp 1973 betrieben wurde,die Gewährung von Asyl an politisch Verfolgte, die Freizügigkeit innerhalb der EuropäischenUnion, die (befristete) Aufnahme der Opfer von Bürgerkriegen in Deutschland Etappen aufdem Weg in eine drohende oder ihrer Ansicht nach bereits eingetretene "Überfremdung".In einem "Aufruf an alle Deutschen zur Notwehr gegen die Überfremdung", der vonzahlreichen intellektuellen Rechtsextremisten unterstützt wird, ist sogar vom „Völkermord amdeutschen Volk“ die Rede. In der in hoher Auflage verbreiteten Druckschrift wird derBundesregierung und den deutschen Behörden die Absicht unterstellt, "das deutsche Volkauszulöschen, die 'Bevölkerung' des bislang deutschen Gebietes (eben Deutschlands!) soumzuvolken, dass nichts Deutsches mehr bleibt".Zu den Beispielen für das schändliche Treiben der deutschen Regierung gehört auch dieBehauptung, sie verweigere den Russlanddeutschen die Rückkehr in die deutsche Heimat.Tatsächlich sind 1,9 Millionen deutschstämmige Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunionin die Bundesrepublik Deutschland aufgenommen und als vollberechtigte Bürger eingegliedertworden. Insgesamt hat die Bundesrepublik zwischen 1950 und 2000 rund vier Millionendeutschstämmige Aussiedler aus Osteuropa integriert.Abgesehen davon, dass die vorgebrachten Argumente nicht der Wahrheit entsprechen, ist dieVorstellung, der Staat betreibe systematische Ausrottung des eigenen Volkes und erstrebe die26


"Überfremdung", unsinnig. Deutschland ist übrigens kein Land, in dem verhältnismäßig vieleAusländer leben. Der Anteil ist bei vielen unserer Nachbarn erheblich höher. In Luxemburgsind 26 Prozent der Wohnbevölkerung Ausländer, in der Schweiz sind es 17 Prozent, inBelgien zehn Prozent, in Frankreich acht Prozent, in der Bundesrepublik beträgt derAusländeranteil an der Wohnbevölkerung sechs Prozent.Kann eine so kleine Minderheit die Mehrheit "überfremden"? Im Ernst kann auch keine Redevon verstärkter Zuwanderung und schließlicher "Überfremdung" sein. Im Jahre 1998 sindbeispielsweise 605500 Ausländer zugezogen, 639000 sind weggezogen, am Ende des Jahreslebten also 34000 Ausländer weniger in Deutschland. Und dieses Jahr ist keine Ausnahme.FassungsLOS Nr. 3: „DIE TÄTER IM NATIONALSOZIALISMUS MUSSTEN SO HANDELN,WEIL SIE SONST SELBST ZUM OPFER WURDEN!“ErkenntnisGEWINN: Im Strafrecht gilt die Notstandsvorschrift, nach der Straffreiheitgarantiert ist, wenn Taten unter Druck unausweichlicher Gefahr für Leib und Leben begangenwurden.In Prozessen wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen haben die Angeklagten daherimmer wieder vorgebracht, sie hätten nur Befehle ausgeführt, deren Verweigerung mit demTod oder mindestens der Einweisung in ein Konzentrationslager bedroht gewesen sei. DieseBehauptung eines so genannten Befehlsnotstandes hat bisher in keinem einzigen Fall derNachprüfung standgehalten. Es hat bei Befehlsverweigerung niemals Gefahr für Leib undLeben bestanden. Kein Soldat oder Polizist, kein Funktionär des NS-Staates, kein KZ-Wächter wurde gegen seinen eigenen Willen zu verbrecherischen Handlungen gezwungen.Auch bei der SS wurden Angehörige von Einheiten, die sich weigerten, zum Beispiel anvölkerrechtswidrigen Erschießungsaktionen teilzunehmen, allenfalls versetzt, aber niemalszum Tod verurteilt, standrechtlich oder ohne Urteil erschossen. Die "Zentrale Stelle derLandesjustizverwaltungen zur Aufklärung von NS-Verbrechen" in Ludwigsburg hat nachsorgfältiger Prüfung festgestellt, dass den Gerichten kein einziger Fall vorgelegt wurde, in demein "Befehlsnotstand" gegeben war.FassungsLOS Nr. 4: „SCHWARZFAHREN IST VERBOTEN!“ErkenntnisGEWINN: In der christlich-abendländischen Tradition sind die Farben Schwarzund Weiß Metaphern für Gut und Böse, Erfreuliches und Negatives. Dieses Schwar-Weiß-Denken wurde auch auf die Bewertung von Menschen weißer und schwarzer Hautfarbeübertragen. Auch heute steht die Vorsilbe „schwarz“ in der deutschen Sprache nach wie vorfür das Böse, Verbotene, Unheimliche etc.. Beispiele hierfür sind Ausdrücke wie„schwarzfahren“, „Schwarzarbeit“, „schwarzsehen“ und viele mehr. Wie wäre es denn, malvon „weißfahren“ zu sprechen?FasssungsLOS Nr. 5: „DIE MAUSCHELN DAHINTEN!“ErkenntnisGEWINN: Im Jiddischen ist „mauscheln“ ein Wort ohne jeden negativenBeigeschmack. „Mauschel“ ist das jiddische Wort für Mose, und „mauscheln“ heißt nichtsanderes, als in der Sprache des Mose zu sprechen. In die deutsche Umgangssprache wurdedas Wort allerdings mit einer ganz anderen Bedeutung aufgenommen – es steht fürunehrliches, betrügerisches Verhalten. Dieser Sprachgebrauch stellt damit einen27


Zusammenhang zwischen einem solchen Verhalten und jüdischen Menschen her – undtransportiert damit antisemitische Vorstellungen.FassungsLOS Nr. 6: „DER GANZE BUS WAR VOLLER ASYLANTEN!“ErkenntnisGEWINN: Das Wort „Asylant“ wurde Anfang der 80er Jahre durch Politik undMedien geprägt – in Abgrenzung zu den Begriffen AsylbewerberIn und Flüchtling. DieserBegriff tauchte vor allem da auf, wo Flüchtlinge nicht als schutzbedürftige Menschendargestellt wurden, sondern als Bedrohung. Anfang der 90er Jahre spitzten sich dieseWertungen nochmals zu; Wortzusammensetzungen wie „Scheinasylant“ oder „Asylantenflut“machten die Abwertungen unmissverständlich deutlich und sorgten gleichermaßen dafür, denFlüchtlingsstatus anzuzweifeln bzw. abzusprechen. Mit dieser Vorgeschichte stellt „Asylant“einen diskriminierenden Begriff dar.FassungsLOS Nr. 7: „WIR BRAUCHEN WIEDER EINEN STARKEN MANN!“ErkenntnisGEWINN: Dies ist einer von unendlich vielen Stammtisch-Parolen rechtsradikalerund rechtsextremer Zeitgenossen. Hier noch eine kleine Auswahl solcher Thesen, die einemimmer mal wieder begegnen können:Verklärung der Vergangenheit (Früher war alles besser./ Früher hat es so etwas nichtgegeben.)Politik(er)verdrossenheit (Die da oben machen doch, was sie wollen./ Politiker verdienen nurdurch Dummquatschen Geld.)Demokratieverdruss (Wir brauchen wieder einen starken Mann./ Ein bisschen Diktaturschadet nichts.)Recht und Ordnung (Wir haben zu viele laue Strafgesetze./ Triebtäter gehören lebenslänglichweggeschlossen./ Wir brauchen wieder die Todesstrafe.)Soziale Härte (Arbeitslose sind selber schuld./ Wer Arbeit will, findet auch welche./ Sozialhilfekassieren und Mercedes fahren./ Bettler verschandeln das Stadtbild.)Relativierung des Nationalsozialismus (Im Nationalsozialismus hatten alle Arbeit./ InAuschwitz wurde niemand vergast./ Unter Hitler konnte man ohne Angst auf die Straßengehen./ Die meisten Deutschen wussten nichts von der Judenvernichtung.)Schlussstrichmentalität (Irgendwann muss Schluss sein mit unserer Geschichte./ Wir müssenaufhören, uns schuldig zu fühlen./ Deutsche Soldaten sind immer anständig gewesen.)28


FassungsLOS Nr. 8: „FRAUEN GEHÖREN AN DEN HERD!“ErkenntnisGEWINN: In seiner Rede vom 8. September 1934 in Nürnberg erteilte Hitlerjeglichen Emanzipationsbestrebungen eine deutliche Abfuhr: "Das Wort von derFrauenemanzipation ist ein nur vom jüdischen Intellekt erfundenes Wort, und der Inhalt ist vondemselben Geist geprägt. Die deutsche Frau brauchte sich in den wirklich guten Zeiten desdeutschen Lebens nie zu emanzipieren, sie hat genau das besessen, was die Natur ihrzwangsläufig als Gut zur Verwaltung und Bewahrung gegeben hat. [...] Wir empfinden es nichtals richtig, wenn das Weib in die Welt des Mannes, in sein Hauptgebiet eindringt, sondern wirempfinden es als natürlich, wenn diese beiden Welten geschieden bleiben."Das nationalsozialistische Frauenbild war im Grunde kein Frauen-, sondern ein Mutterbild: Einweiblicher Mensch wurde fast nie als ”Frau” gesehen, sondern immer gleich als ”Mutter”, dennnach den Vorstellungen der NS-Ideologen war die Frau ein naturbestimmtes Wesen. […]Wenn Frauen in der NS-Ideologie ausgezeichnet wurden, dann unter der doppelten Reduktionauf die ”deutsche Mutter”; denn eine Frau, die keine ”Deutsche” im rassenideologischen Sinnwar, wurde nicht als Mensch anerkannt. […]Andererseits waren Frauen in besonderer Weise Opfer politischer Manipulation. Dieantiemanzipatorischen Inhalte der NS-Ideologie wurden in einer Weise umgesetzt, die aufeine tiefe Verachtung des weiblichen Geschlechts schließen ließ. Die Überbetonung derMutterschaft korrespondierte mit der Überzeugung, dass Frauen zu verantwortlichenPositionen in Beruf und Gesellschaft nicht taugten. Sie verloren das passive Wahlrecht,wurden aus dem öffentlichen Dienst herausgedrängt, ihr Zugang zu Universitäten wurde aufzehn Prozent der Neuimmatrikulationen beschränkt, sie durften nicht mehr Anwältin oderRichterin werden, im Gesundheitswesen keine leitenden Stellungen bekleiden und wurdennicht mehr zur Habilitation zugelassen. Ehestandsdarlehen waren von der Aufgabe derErwerbstätigkeit und einem "Ehetauglichkeits-Zeugnis" der Frau abhängig. Unfruchtbarkeitund die Weigerung, Kinder zu bekommen, wurden zu Scheidungsgründen erklärt.Irmgard Weyrather, Muttertag und Mutterkreuz, Frankfurt/M. 1993, S. 9 ff.„Auch ist es ein Ding der Unmöglichkeit, dass in der medialen Berichterstattung Frauen, die inVollzeit für ihre Kinder da sein wollen, als Heimchen bezeichnet werden. KarrieregeileElemente werden in unserer Ellenbogengesellschaft höher geschätzt alsverantwortungsbewusste Mütter und Väter. In einer Gesellschaft, in der die, dieVerantwortung übernehmen geringer geschätzt werden als egoistische und selbstherrlicheSubjekte läuft nicht nur sozial und wirtschaftlich etwas schief, sondern auch dielebensrichtigen Werte sind in der BRD abhanden gekommen. Wenn eine Mutter durch ihreerzieherischen Leistungen dafür sorgt, dass ein neues Glied unserer Volksgemeinschaftheranwächst, dann hat der Staat verdammt noch mal dafür zu sorgen, dass ihr diegebührende gesellschaftliche Achtung zukommt, die sie verdient. Die NPD fordert in diesemZusammenhang die Einführung eines nach der Anzahl der Kinder gestaffelten Müttergehalts.So wird aus dem in der BRD belächelten so genannten Heimchen ein vollwertiger und fürunser deutsches Volk überlebenswichtiger Teil der Gemeinschaft. Nur wenn dieaufopferungsvolle Tätigkeit der Mutter den Status eines Berufs erhält, der wichtiger ist alsjegliche andere Tätigkeit, kann aus Deutschland wieder ein kinderfreundliches Land mitZukunft werden.“Auszug aus einer Rede des Kreisvorsitzenden des NPD-Kreisverbandes Lausitz RonnyZasowk auf der Kundgebung am 12.04.08 in Ludwigsfelde29


FassungsLOS Nr. 9: „ICH HÄTTE GERNE EINEN NEGERKUSS!“ErkenntnisGEWINN: Es waren die Franzosen, die um die Jahrhundertwende die ersten"Mohrenköpfe" (französisch: "tête de nègre") aus einer baiserartigen Masse mit einemSchokoladenüberzug hergestellt haben. In Deutschland wurde der Name erstmals 1892 inLeipzig erwähnt. In nennenswerter Menge kamen die Mohrenköpfe dann aber erst Anfang des20. Jahrhunderts in deutsche Konditoreien. Wann genau die Namenwandlung vomMohrenkopf weg zum Negerkuss stattfand, ist nicht genau bekannt. Der Grund dürfte derVersuch gewesen sein, die Herstellungsweise ins Deutsche zu übersetzten: Die Zucker-Ei-Masse wurde damals getrocknet und entsprach somit einem Baiser. Baiser heißt aber imFranzösischen nichts anderes als "küssen". Das Wort "Neger" wurde aus der französischenBezeichnung übernommen. Kombiniert ergab sich der Negerkuss. Anfang des 20.Jahrhunderts wurden die Mohrenköpfe übrigens von Konditoren noch in Handarbeit gefertigt.Bis in das 18. Jahrhundert war der Ausdruck „Mohr“ (von lat. maurus, für Mauren) gängig, derjedoch keine Aussage über die Hautfarbe, sondern nur über die Herkunft machte.Mit dem Aufkommen der modernen Rassentheorien kam der Ausdruck „Neger“ in diedeutsche Sprache. Mit dem Rassismus prägte sich ein zunehmend herablassender Blick aufMenschen dunkler Hautfarbe, den schon Kant, der den Rassebegriff in die deutsche Spracheeinführte, in seinen Vorlesungen 1790–1791 skizzierte: sie seien wie Kinder und benötigtenErziehung, zudem hätten „die Neger von Afrika […] von der Natur kein Gefühl, welches überdas Läppische stiege.“Bis heute haben Menschen mit dunkler Hautfarbe in der von hellhäutigen Europäerngeprägten Wirtschaft wie die meisten nichteuropäischen Ethnien selbst in den großenIndustrienationen schlechtere berufliche Chancen, auch wenn sie die Landessprache perfektbeherrschen. Dazu gehört z. B. die Beschränkung der Berufsmöglichkeiten außerhalb vonTätigkeiten, die dem eurozentristischen Blick entsprechen, wie dienende und helfende Berufe,oder in der Unterhaltungsindustrie die Sparten Musik, Sport und Erotik. Rassistische undvorurteilsbeladene Haltungen sind weiterhin in Teilen europäisch dominierter Gesellschaftenanzutreffen. Auch in der Wissenschaft und Erziehung werden immer wieder rassistische Bildervon „Negern“ verbreitet.Ähnliche diskriminierende Bezeichnungen sind „Kanake“ (Menschen arabischer, türkischer,persischer, süd- und südosteuropäischer aber auch südostasiatischer Abstammung), „Itaker“(Italiener), „Japse“ (Japaner), „Polake“ (Pole) usw.!FassungsLOS Nr. 10: „IST DAS WIEDER SCHWUL!“ErkenntnisGEWINN: Mit dem Adjektiv „schwul“ wird die männliche Homosexualitätbezeichnet. Das Substantiv ist Schwuler, eine abwertende Bezeichnung Schwuchtel.In der Jugendsprache findet sich das Wort schwul heute vermehrt als allgemeines, nicht fürHomosexualität spezifisches Schimpfwort, welches synonym für seltsam, langweilig oderenervierend benutzt wird (zum Beispiel „Ist das wieder schwul!“ als allgemeine Äußerung derUnzufriedenheit).Daneben steht nach wie vor die spezifischere, abwertende Verwendung für vermeintlichhomosexuelles Verhalten, beispielsweise für männliche Jugendliche, die sich „feminin“30


verhalten, indem sie Frauenrollen zugesprochene Gesten benutzen oder eine Frauenzugesprochene Wortwahl treffen.Einen ähnlichen abwertenden Charakter hat in der Jugendsprache auch das Wort „behindert“angenommen (z.B. Du bist behindert! Die Aufgabe ist doch behindert! usw.).Somit suggerieren solche Begriffe auch immer gleich eine Herabsetzung derPersonengruppen, die tatsächlich homosexuell sind oder Behinderungen haben und tragen(un-)bewusst zu deren Diskriminierung bei.FassungsLOS Nr. 11: „AUSLÄNDER SIND KRIMINELLER ALS DEUTSCHE!“ErkenntnisGEWINN: Die Behauptung, Ausländer seien um ein Vielfaches krimineller alsDeutsche, gehört zum Repertoire rechtsradikaler Propaganda, aber auch einigerkonservativer Politiker, die damit die Forderung nach geschlossenen Grenzen untermauern.Zum Beweis wird die Kriminalstatistik zitiert, die angeblich dokumentiert, dass nahezu einDrittel aller von der Polizei ermittelten Tatverdächtigen einen ausländischen Pass hatten,während aber höchstens neun Prozent der Wohnbevölkerung in Deutschland "Ausländer"sind. Jugendliche Ausländer gar seien in Großstädten viermal so häufig wie junge Deutscheals Tatverdächtige oder Täter auffällig. Solchen simplen Behauptungen steht eine vielfältigereWirklichkeit gegenüber.Um ein richtiges Bild zu bekommen, muss man zunächst die Delikte in der Kriminalstatistikgesondert betrachten, die nur Ausländer begehen können, weil sie mit ihrer besonderen Lagein Verbindung stehen: Meldevergehen, falsche Angaben über die Herkunft oder dieEinreisewege, illegaler Grenzübertritt.Irreführend in der Kriminalstatistik ist zweitens die fehlende Unterscheidung zwischenAusländern, die zur Wohnbevölkerung in Deutschland gehören (und die mit dem Vorwurfbesonderer Kriminalität diskriminiert werden sollen), und illegalen, durchreisenden,vorübergehend in Deutschland lebenden Personen. Grundtatsache ist, dass integrierteAusländer in Deutschland, und sie bilden die überwältigende Mehrheit, nicht öfter mit demGesetz in Konflikt kommen als Deutsche. Ein Viertel bis ein Drittel der Ausländer, die in derKriminalstatistik erscheinen, sind dagegen Touristen, Illegale und alle, die ausschließlich zumZweck ungesetzlicher Taten (Diebstahl, Raub, Drogenhandel, Prostitution und Zuhälterei,Schmuggel) ins Land einreisen. International operierende Verbrecherbanden können allenfallsin vordergründiger demagogischer Absicht mit den Ausländern verglichen werden, die zumTeil in dritter Generation in Deutschland leben.Weiterhin muss beachtet werden, dass Ausländer (ohne Rücksicht darauf, ob sieArbeitsmigranten, Touristen, Grenzgänger, Bandenkriminelle sind) generell schneller unterTatverdacht geraten als Deutsche („Tatverdachteffekt“), unter anderem, weil dieAnzeigefreudigkeit der Bevölkerung gegenüber „Ausländern“ größer ist als gegenüberDeutschen („Anzeigeeffekt“).Zur Verzerrung des Bildes trägt zusätzlich bei, dass die Kriminalstatistik Tatverdächtigeaufführt, die nicht notwendigerweise auch Täter sein müssen.Experten verweisen außerdem darauf, dass Kriminalstatistiken nur aussagefähig sind, wenndas Sozialprofil der Täter bzw. Tatverdächtigen in die Betrachtung einbezogen wird. AlsErgebnis einer differenzierenden Auswertung der Kriminalstatistik ergibt sich, dass die31


Kriminalität der ausländischen Wohnbevölkerung (Arbeitsmigranten) gegenübervergleichbaren deutschen sozialen Gruppen geringer ist. Ausländer, die ständig inDeutschland leben, sind also gesetzestreuer als Deutsche in gleicher sozialer Position.Eine Tatsache steht freilich fest: Auch in einer bereinigten Kriminalstatistik, die nachStatusgruppen unterscheidet, sind jugendliche Ausländer, insbesondere 14- bis 17-Jährige, imVergleich zu deutschen Altersgenossen mit mehr Straftaten (Eigentums- und Gewaltdelikten)vertreten. Das hat verschiedene Gründe, zu denen unter anderem wirtschaftliche Probleme,mangelnde Integrationshilfen, unzureichende Sprachkenntnisse und fehlende Chancen aufdem Arbeitsmarkt gehören. Jugendkriminalität ist, bei Ausländern wie bei Deutschen, nichtzuletzt eine Folge der Bildungsmisere.FassungsLOS Nr. 12: „AUSLÄNDER NEHMEN UNS DIE ARBEIT WEG!“ErkenntnisGEWINN: Rechte Agitation vermengt, um Angst vor Ausländern, vor"Überfremdung" zu schüren, die einzelnen Gruppen von Ausländern, die ins Land kommen:• Flüchtlinge, die nur geduldet werden, solange in ihrer Heimat Gefahr für Leib undLeben oder Freiheit besteht. Sie sind keine Asylbewerber, ihre Gesamtzahl betrug1997 360000. Sie haben keine Arbeitserlaubnis.• Asylbewerber, die einen Antrag gestellt haben und auf dessen Entscheidung warten(320000 im Jahr 1997). Sie haben keine Arbeitserlaubnis.• Asylberechtigte, die als politisch Verfolgte anerkannt sind. (Diesen Status erhieltenetwas mehr als 300000 Menschen. Nach der Neuregelung des Asylgesetzes ist dieZahl der Asylberechtigten stark rückläufig.)• Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge mit nur vorübergehender Aufenthaltserlaubnis.Sie dürfen keinen Antrag auf Asyl stellen, haben keine Arbeitserlaubnis, ihre Zahlbetrug 1997 254000.• Konventionsflüchtlinge. Sie fallen nicht unter die Bestimmungen des Asylartikelsdes Grundgesetzes, stehen aber unter dem Schutz der GenferFlüchtlingskonvention von 1951, die von der Bundesrepublik zusammen mit 122weiteren Staaten unterzeichnet wurde, 1997 waren 25500 solcher Flüchtlinge imLand.• Kontingentsflüchtlinge. Im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen übernimmt dieBundesrepublik wie andere Staaten eine bestimmte Anzahl von Flüchtlingen wiezum Beispiel Boat people aus Vietnam und Personen jüdischen Glaubens aus denLändern der ehemaligen Sowjetunion.Für alle Ausländer, die nicht aus Ländern der Europäischen Union kommen, gilt seit 1973(dem Anwerbestopp für ausländische Arbeitskräfte) ein Arbeitsverbot. Nur für wenige Stellen,die nicht mit deutschen Arbeitskräften zu besetzen sind (weil es keine Bewerber gibt), könnenbefristete Ausnahmeregelungen getroffen werden.Mit dem Status "Gastarbeiter" sind seit den fünfziger Jahren Ausländer angeworben worden,weil die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland Arbeitskräfte benötigte. Das"Wirtschaftswunder", um das Westdeutschland beneidet wurde, wäre ohne die ausländischenArbeitnehmer nicht möglich gewesen. Bis zum Anwerbestopp 1973 kamen circa 14 Millionenausländische Arbeitskräfte ins Land. Davon kehrten elf Millionen wieder in ihre Heimatländerzurück. 200 Milliarden DM erarbeiten sie für das deutsche Bruttosozialprodukt jährlich. IhreBeiträge in die Renten-, Kranken- und Arbeitslosenkassen sind für das deutsche Sozialsystemunverzichtbar. Von der strukturbedingten Arbeitslosigkeit sind Ausländer stärker betroffen als32


Deutsche, weil sie in höherem Maße als deutsche Arbeitnehmer Arbeitsplätze einnehmen, dievon der Rationalisierung bedroht sind. Auch sie nahmen also den Deutschen keineArbeitsplätze weg.Derzeit fehlen in Deutschland 75000 Fachkräfte in der Sparte Informatik. Sie sind auf demdeutschen Arbeitsmarkt nicht zu finden, deshalb sollen Experten aus anderen Ländern diebefristete Erlaubnis erhalten, den Engpass zu überbrücken. Fachleute schätzen den künftigenBedarf an qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland auf bis zu 500000 pro Jahr. Sie sindauch notwendig als Beitragszahlende für die Rentenkasse. Wenn Wirtschaftskraft undWohlstand in Deutschland fortbestehen sollen, ist die Zuwanderung von ausländischenArbeitskräften unerlässlich.FassungsLOS Nr. 13: „ICH BIN DOCH NICHT DEIN NEGER!“ErkenntnisGEWINN: Der Begriff „Neger“ entstand mit Kolonialismus und Sklavenhandel.Damals wurde die Vorstellung geprägt, Menschen mit schwarzer Hautfarbe seien primitiv,wild, unzivilisiert – den Weißen gegenüber minderwertig. Aus dieser rassistischen Vorstellungheraus behaupteten die Weißen, sie hätten das Recht, Schwarze zu unterdrücken, zumissachten, zu versklaven. Von diesem Unterdrückungsverhältnis zeugen heute nochRedewendungen wie „Ich bin doch nicht Dein Neger!“ (was soviel bedeuten, wie „Ich bin dochnicht dein Handlanger oder Diener“). Die Redewendung setzt damit die rassistischeDiskriminierung in die Gegenwart fort.FassungsLOS Nr. 14: „MEIN NACHBAR IST EIN ZIGEUNER!“ErkenntnisGEWINN: Die Herkunft des Wortes „Zigeuner“ ist ungeklärt; es wird zum einenvon athinganoi (griechisch: Unberührbare), zum anderen von dem Wort Ägypter (englisch:gypsies) hergeleitet. Sicher ist aber, dass der Begriff nie eine Selbstbezeichnung war;diejenigen, die so genannt wurden und werden, haben sich diesen Begriff nicht ausgesucht.Sie lehnen ihn zu großen Teilen als diskriminierend ab und nennen sich selber „Roma“; die –vor allem – in Deutschland lebenden Roma bezeichnen sich auch als „Sinti“. Im deutschenSprachgebrauch bekam der Begriff „Zigeuner“ noch eine spezielle diskriminierendeBedeutung, in dem er auch mit „ziehender Gauner“ gleichgesetzt wurde. Ihnen wurdeunterstellt, sie würden mit ihrer reisenden Lebensform auf Kosten der „Sesshaften“ leben,würden sie beklauen und betrügen. Später wurde behauptet, die Roma hätten „naturgegeben“einen Wandertrieb und wären dadurch für „zivilisiertes“ Leben ungeeignet. ImNationalsozialismus wurden Roma verfolgt und zu Hunderttausenden ermordet.Auch heute werden Roma nach wie vor diskriminiert, sind oftmals mit den alten Vorurteilenkonfrontiert und müssen sich immer noch gegen die Bezeichnung „Zigeuner“ wehren.FassungsLOS Nr. 15: „MEIN NEUER KOLLEGE IST AUSLÄNDER!“ErkenntnisGEWINN: In der BRD sind viele mit der Einteilung schnell fertig: Wer nicht deutschist, ist eben ein „Ausländer“. Dabei geht es bei der Bezeichnung in der Regel um Menschen,die im Land leben, z.T. schon Jahre, oder auch von Geburt an. Dass sie keine „Inländer“ seinsollen, ist uinlogisch. Nicht zu überhören ist vielfach ein abwertender Unterton, wenn von„Ausländern“ die Rede ist. Nichtdeutsche Showstars und Leinwandidole, anerkannteSportlerInnen und SchriftstellerInnen, die sich hierzulande niedergelassen haben, werdenjedenfalls üblicherweise nicht pauschal in diese Kategorie gesteckt. „Ausländer“ – damit sindheute schlicht diejenigen MigrantInnen gemeint, denen ein großer Teil der Deutschen33


ablehnend gegenübersteht. Ob gezielt negativ gemeint oder nicht, eine Bedeutung enthält dieZuordnung „Ausländer“ auf jeden Fall: „Du bist nicht wie ich, du gehörst nicht dazu.“ Unddamit werden Menschen sortiert, ob bewusst oder unbewusst.Wir reden statt von „Ausländern“ von „Migranten“ – was natürlich ebenfalls eine Festlegungauf eine besondere Rolle und damit auch nicht unproblematisch ist. Eine Lösung liegtvielleicht am ehesten darin, genau zu überlegen, wofür ich den Begriff überhaupt gebrauche.Wenn ich z.B. von meinem neuen Nachbar oder dem Verkäufer im Supermarkt rede, kann ichsie schließlich genau so benennen – ohne irgendeine Extra-Bezeichnung.FassungsLOS Nr. 16: „WER HIER LEBEN WILL, MUSS SICH AUCH AN DIE HIESIGELEITKULTUR ANPASSEN!“ErkenntnisGEWINN: Im Rahmen der Ende Oktober 2000 entbrannten Zuwanderungsdebattesagte der CDU- Fraktionsvorsitzende Merz, dass sich Zuwanderer in Deutschland einer"deutschen Leitkultur" anpassen müssten. Günther Beckstein von der bayrischen CSU stießins selbe Horn: "Die deutsche Leitkultur muss bei unseren ausländischen Mitbürgernentsprechende Akzeptanz finden." Zeitgleich machte das unsägliche Wort vom „Nutzen‟ und„Ausnutzen‟ die Runde: "Wir brauchen weniger Ausländer, die uns ausnützen, und mehr, dieuns nützen" (Beckstein).Seither hagelte es Kritik. Der Begriff der „Leitkultur" sei missverständlich, oberflächlich,ungenau, gewollt unklar. Die Formulierung, so der FDP-Vizevorsitzende Rainer Brüderle,suggeriere einen „Überlegenheitsanspruch", den es nicht gebe. Sie enthalte eine „falscheBotschaft", kritisierte auch die Grünen-Vorsitzende Renate Künast. Der PDS-Politiker GregorGysi bezeichnete den Begriff sogar als „gefährlich": In Anbetracht der deutschen Geschichtegelte es, jede Formulierung zu vermeiden, „die auch nur zu der Assoziation führen kann, dassirgendetwas am deutschen Wesen genesen soll". Paul Spiegel, Vorsitzender des Zentralratesder Juden in Deutschland, verlangte in seiner Rede zum 9. November ein Ende des "verbalenZündelns". Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff (SPD),sagte, der Begriff sei „nicht hilfreich". Und Bischöfin Jepsen bekam umgehend„Magenschmerzen". Fernsehmoderator Günther Jauch bemerkte beim Empfang im Amerika-Haus anlässlich der Wahl des US-Präsidenten: "Hier sind wir zu Besuch bei unsererLeitkultur." Und der deutsche Außenminister Joschka Fischer fragte gehässig: "StehtEntenhausen für die deutsche Leitkultur oder zählt das schon zur amerikanischenÜberfremdung?"Vorspiel, Zwischenspiel, Nachspiel. Schlaglichter auf deutsche DebattenVom „kausalen Nexus" des Historikerstreits (1986) zur „deutschen Leitkultur" (2000)von Inke Arns, BerlinDie "Deutsche Leitkultur" ist von der Pons-Redaktion zum "Unwort des Jahres 2000" bestimmtworden. Auf Platz zwei und drei folgen "Computer-Inder" und "Babyklappe". Nach Ansicht derLinguisten ist der Begriff "Deutsche Leitkultur" unscharf. Es sei wünschenswert, Begriffe zuverwenden, die für alle Bürger eines Landes eindeutig sind und die sachlicheAuseinandersetzung nicht behindern. "Das muss bei politisch sensiblen Fragen wie derEinwanderung, zumal vor dem Hintergrund fremdenfeindlicher Gewaltakte, umso mehrgelten", kritisierte die Pons-Redaktion.Der Tagesspiegel34


FassungsLOS Nr. 17: „IN DEINEM ZIMMER SIEHT ES AUS WIE BEI DENHOTTENTOTTEN!“ErkenntnisGEWINN: „Hottentotten“ war eine in der Kolonialzeit von den Buren erstmalsverwendete Sammelbezeichnung für die in Südafrika und Namibia lebenden Völkerfamilie derKhoi Khoi, zu der die Nama, die Korana und Griqua (Orlam und Baster gehörten). Man gehtheute davon aus, dass die holländische Bezeichnung „Hottentot“ seit ihrer Einführunghauptsächlich abwertend rassistisch und diskriminierend verwendet wurde. Außerdem wurdedas Wort auf Menschen mit vermeintlich unterlegenen Kultur und intellektuellen Fähigkeitenübertragen. Die Bezeichnung „Hottentotten“ gilt heute als beleidigend.FassungsLOS Nr. 18: „KINDER STATT INDER“ErkenntnisGEWINN: Im Jahr 2000 stand Deutschland vor dem Problem zu wenig IT-Spitzenkräfte im eigenen Land zu finden, daher hatte die Koalition von Sozialdemokraten undGrünen von August 2002 bis Ende 2004 die Greencard ins Leben gerufen. Es ist die Kurzformvom „Sofortprogramm zur Deckung des IT-Fachkräftebedarfs“. 2005 wurde das Programmdurch das neue Zuwanderungsgesetz ersetzt. So wurden bisher 17.931 Experten, die nichtaus der EU bzw. der Schweiz für maximal 5 Jahre nach Deutschland geholt. Von denWirtschaftsvertretern begrüßt, nicht jedoch von der damaligen Oppositionsführer CDU.Es gab damals gegen dieses Programm eine berühmte rechtspopulistische Äußerung vomCDU-Politiker Jürgen Rüttgers (heute Ministerpräsident von NRW) mit dem Motto: “Kinderstatt Inder”Diese wiederum ähnelte stark an den Kölner NPD-Aufmarsch im Mai 1999, als die NS-Kameraden unter anderem sangen:„Ob wir zeugen deutsche Kinder oder adoptieren Inder”…Die Republikaner benutzten das Schlagwort auch im Landtagswahlkampf 2000 und nochheute arbeitet die NPD mit diesem ausländerfeindlichen Ausrutscher der CDU, wie folgenderAuszug aus einer Rede des Kreisvorsitzenden des NPD-Kreisverbandes Lausitz RonnyZasowk auf der Kundgebung am 12.04.08 in Ludwigsfelde zeigt:„Doch nicht nur immer mehr Kinder in unserem Land sind arm, sondern auch unser Land istimmer mehr kinderarm. Auch dies ist keine Neuigkeit, so wurde doch schon vor Jahren vonder CDU die „Kinder statt Inder“- Kampagne ins Leben gerufen. (…)Mittlerweile ist realistischerweise vom drohenden Volkstod auszugehen, wenn nicht bald dieNotbremse gezogen wird. (…)In was für einer Bananenrepublik leben wir eigentlich, wenn Gelder für Auslandseinsätzeunserer Vasallenarmee, Wirtschaftsförderung in Osteuropa und verschwenderischeIntegrationspolitik da sind, aber unzählige Deutsche nicht mehr wissen, wie sie sich dasNötigste beschaffen sollen?“FassungsLOS Nr. 19: „HITLER HAT DIE AUTOBAHNEN ERFUNDEN!“ErkenntnisGEWINN: Der Bau der Reichsautobahnen als kreuzungsfreie Fern- undSchnellstraßen mit getrennten Richtungsfahrbahnen gehörte zu den größtenPropagandaerfolgen Hitlers, der sich – nicht ganz zutreffend – als Erfinder der "Straßen desFührers" feiern ließ. Vorbilder waren die amerikanischen Highways und die "Autostrada" vonMailand zu den oberitalienischen Seen, die 1922 bis 1923 gebaut worden war. In Berlin wurde35


1921 die Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße "AVUS" fertig gestellt, die Modellcharakterhatte. Planungs- und Baugesellschaften hatten sich bereits in den zwanziger Jahren mit demBau von Autobahnen beschäftigt. Angesichts des geringen Motorisierungsgrads und derFinanzierungsprobleme war die Umsetzung der Pläne allerdings nicht vorangekommen.Auch die NSDAP hatte vor 1933 kein Interesse an dem Projekt. Doch unmittelbar nach demMachterhalt begann Hitler in Erkenntnis des Propagandaeffekts mit der Realisierungvorhandener Autobahnpläne. Er ernannte Fritz Todt zum "Generalinspektor für das deutscheStraßenwesen", ließ den "Verein zur Vorbereitung der Autostraße Hansestädte–Frankfurt–Basel" (Hafraba) gleichschalten und führte im September 1933 den ersten Spatenstich aus.Die Autobahnbaustellen wurden in der Werbung für die Sozialpolitik des NS-Staates alsArbeitsbeschaffungsmaßnahme groß herausgestellt. Der Autobahnbau trug tatsächlich auchzur Senkung der Arbeitslosigkeit bei, allerdings war die psychologische Wirkung von rund130000 Arbeitsplätzen bei 1,8 Millionen Arbeitslosen im Jahr 1936 größer als der tatsächlichewirtschaftliche und sozialpolitische Effekt. Die Finanzierung der Autobahnen (bis 1944 6,5Milliarden Reichsmark) erfolgte aus dem Vermögen der Arbeitslosenversicherung, also durchdie Arbeitnehmer. Das wurde dem Publikum ebenso verschwiegen wie andererseits auch dergeringste Fortschritt beim Bau propagandistisch ausgeschlachtet wurde.Bis Kriegsbeginn waren lediglich 3300 der 6900 geplanten Autobahnkilometer gebaut. DieAutobahnen waren ein wesentlicher Bestandteil der Legende von der ModernisierungDeutschlands durch den Nationalsozialismus und ein Element des Hitlerkults, wenn behauptetwurde, "als einer der besten Straßenkenner Deutschlands" habe "unser Führer in genialerWeise den Plan für die Reichsautobahnen selbst aufgestellt".FassungsLOS Nr. 20: „VOLKSTUM UND KULTUR SIND DIE GRUNDLAGEN FÜR DIEWÜRDE DES MENSCHEN.“ErkenntnisGEWINN: Ist Ihnen oder Dir etwas aufgefallen? Richtig, denn im Grundgesetzsteht etwas anderes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Den unveräußerlichen Kernunseres Grundgesetzes stellen die Menschenrechte dar und dem Staat kommt dieverfassungsrechtlich niedergeschriebene Aufgabe zu, die Menschenwürde zu schützen undzu achten.Im Programm der NPD heißt es dagegen unter Punkt 1 vergleichsweise unverfänglich:„Volkstum und Kultur sind die Grundlagen für die Würde des Menschen.“ Damit entscheidethier die ethnische Abstammung des Einzelnen über seine Rechte und der eklatanteUnterschied zum Grundgesetz, dem der Gedanke zugrunde liegt, dass die Würde desMenschen aus sich selbst heraus kommt. Alle sind gleich, unabhängig von Geschlecht,Hautfarbe, Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung. Dass in der Vorstellungswelt vonRechtsextremen die Interessen des Volkes über denen des Individuums stehen, zeigtbeispielhaft der Auszug aus dem NPD-Programm, der Staat trage Verantwortung für das Volk.Ein Schutzanspruch des Individuums gegenüber staatlicher Willkür ist im Weltbild der NPDnicht vorgesehen.36


Pressespiegel37


Impressum:<strong>CAJ</strong> Express/ Sonderausgabe WIR WIDERSAGEN- <strong>CAJ</strong> macht starkgegen Rechts!Redaktion, Satz, Layout, verantw. Leitung: Ansgar Langkau, <strong>CAJ</strong> MünsterV.i.S.d.P.: Sabine Lamboury, Geschäftsleiterin der <strong>CAJ</strong> MünsterFotos: Seiten 1, 8, 9 Pfarrgemeinde St. Nikomedes, Steinfurt- Borghorst(Reinhard Huesmann); alle weiteren Fotos <strong>CAJ</strong> MünsterPresseartikel: Seiten 37, 38, 40, 42 u, 44 Münstersche ZeitungSeiten 39, 41, 42 o, 43Druck: Bitter und Loose, GrevenAuflage: 2000 ExemplareErscheinungsweise: einmalige SonderausgabeWestfälische NachrichtenChristliche ArbeiterInnen JugendDiözesanverband MünsterHafenweg 11a48155 MünsterTel.: 0251/ 60976-30Email: info@caj-muenster.deHomepage: www.caj-muenster.de45


Eine Aktion der <strong>CAJ</strong> Münsterin Zusammenarbeit mit der Ortsgruppe<strong>CAJ</strong> Borghorstim Jahr 2008.Die Aktion wurde gefördert durch:47

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