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411. Abend: Gewähre mir den Einzug ins ParadiesPetite Messe solennelle… peu de science, un peu de cœurUnter den vielen Begabungen des Komponisten Gioachino Rossiniwar vielleicht seine Fähigkeit zur Selbstironie eine der bemerkenswertesten.Dass er seine »feierliche Messe«, die mit immerhin knappanderthalb Stunden Aufführungsdauer ähnlich umfangreich ist wieLudwig van Beethovens Missa solemnis op. 123, mittels des Beiworts»petite« zur Kleinigkeit erklärte, hat denn auch weniger mit ihrer zahlenmäßiggeringen Besetzung zu tun als vielmehr mit jener Mischungaus Bescheidenheit, Koketterie und Spott, die viele seiner Äußerungenbestimmte. Zu der Verniedlichung im Titel gesellt sich die höchsteigentümliche Widmung an den »Lieben Gott«, mit welcher Rossinisein Manuskript unterzeichnete – an jener Stelle, an der Händel oderBach ihr »Soli Deo Gloria« niedergeschrieben hätten: »Lieber Gott –voilà, nun ist diese arme kleine Messe beendet. Ist es wirklich heiligeMusik [musique sacrée], die ich gemacht habe oder ist es vermaledeiteMusik [sacrée musique]? Ich wurde für die opera buffa geboren,das weißt du wohl! Wenig Wissen, ein bisschen Herz, das ist alles. Seialso gepriesen und gewähre mir das Paradies.«Das ironische Understatement dieser Sätze, die ihrerseits miteinem kühnen Wortspiel aufwarten, ist bezeichnend für RossinisHumor. Doch soll es gleichzeitig von einem ernsten Hintergrund ablenken:seiner Religiosität, aber auch seinem tiefen Zweifel am eigenenKönnen. Rossini, dessen epochaler Ruhm sich vornehmlich aufseine neununddreißig Opern gründete (wie auf die Tatsache, dass ersich am Scheitelpunkt seines Lebens als Opernkomponist zur Ruhe gesetzthatte), meinte nämlich, gerade diejenigen Techniken nicht ausreichendzu beherrschen, die als essentielle Bestandteile des wahrenKirchenstils galten: die kontrapunktischen. Zudem hatten seine vergleichsweisewenigen geistlichen Kompositionen – allen voran dasStabat Mater von 1832/41 – neben der euphorischen Zustimmung, diesie hervorriefen, bisweilen auch Anlass zur erneuten Diskussion deralten Streitfrage gegeben, wie »opernhaft« ein sakrales Werk dennüberhaupt ausfallen dürfe, ohne seiner Bestimmung zuwider zu laufen.Birgt dieser Humor also nicht vielleicht eine Anspielung auf jenesUnverständnis, mit dem vor allem von deutscher Seite seinen kirchenmusikalischenSchöpfungen – wie denen der meisten anderen italieni-

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