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Reise durch Kleinpolen<br />
Vom 25. bis 29. April dieses Jahres fand in<br />
Grodek in der Provinz Malopolska (Kleinpolen)<br />
eine Konferenz zum Thema „Prophylaxe und<br />
Therapie in Malopolska“ statt. Die Veranstaltung<br />
war eine Verschränkung, bestehend aus einer<br />
eintägigen Tagung und einer anschließenden<br />
Reise durch die Provinz mit Besichtigung mehrerer<br />
Einrichtungen. Malopolska ist eine Provinz<br />
im südwestlichen Polen gelegen, in der Verwaltungsstruktur<br />
vergleichbar mit unseren Bundesländern<br />
und mit ca. 3,5 Millionen EinwohnerInnen.<br />
TeilnehmerInnen der Konferenz waren ca. 40<br />
polnische KollegInnen, 10 Deutsche, zwei Russen<br />
und von Seiten des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ Lothar<br />
Schäfer, internationale Kontakte „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“,<br />
Dr. Leonidas Lemonis, ärztlicher Leiter des „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>es“, Mag. Michael Glaser, Prävention<br />
„<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“, und ich, Hausleiter der Einrichtung<br />
Waldheimat.<br />
Das Programm am ersten Tag war extrem<br />
dicht, nach der Eröffnung und Begrüßung durch<br />
den stellvertretenden Marschall Herrn Sasula<br />
und der Drogenbeauftragten der Provinz Frau<br />
Modarska gab es 14 Vorträge. Die Gestaltung<br />
der Konferenz war diesmal professionell vorbereitet,<br />
es gab Simultan-Übersetzungen.<br />
Die Vorträge waren durchwegs interessant<br />
und anregend. Im Vordergrund des Interesses<br />
stand die Entzugsbehandlung, welche speziell<br />
bei den polnischen KollegInnen als eine wichtige<br />
und zentrale Größe gesehen wird. Es geht<br />
dabei um eine möglichst rasche Verbesserung<br />
der aktuellen Situation im Sinne einer Schadensminimierung,<br />
das heißt, der Entzug wird als<br />
Teil einer Strategie gegen die Verelendung und<br />
Selbstschädigung der Betroffenen gesehen.<br />
Geprägt waren sämtliche polnischen Beiträge<br />
sowohl von deutlich ausgerichteten Abstinenzgedanken<br />
als auch einer Hinwendung und<br />
Anlehnung an medizinische Modelle. Die deutschen<br />
KollegInnen präsentierten uns hauptsächlich<br />
Kurzzeittherapiemodelle, mit Schwerpunkt<br />
Wiedereingliederung in die Gesellschaft.<br />
Fortsetzung von Seite 18<br />
vieren und neue aufzubauen. Mit KollegInnen<br />
aus Kreta wurde ein konkretes Austauschprogramm<br />
in die Wege geleitet. MitarbeiterInnen<br />
von polnischen Einrichtungen zeigten reges<br />
Interesse an einer Zusammenarbeit.<br />
Diese Veranstaltung bot eine Gelegenheit,<br />
sich einen Überblick über das umfassende<br />
Auffallend war für mich eine unterschiedliche<br />
und teils gegensätzliche Bewertung von<br />
Suchtmittelgebrauch und Suchtmittelmissbrauch.<br />
Meines Erachtens kann im Spannungsfeld<br />
zwischen Abstinenzgedanken und Genussorientierung<br />
keine eindeutige Norm und Haltung<br />
existieren. Dies trifft auch auf den daraus<br />
resultierenden Krankheitsbegriff zu, der von jeher<br />
einem starken Wandel unterzogen war. Eine<br />
Defi nition und Klassifi zierung ist dadurch erschwert.<br />
In meinem Vortrag ließ ich diesmal mehr<br />
Theorie einfl ießen, da ich bei der letzten Tagung<br />
in Polen schon eine gewisse „Theorielastigkeit“<br />
bei sämtlichen TeilnehmerInnen bemerkte. Daher<br />
stellte ich mehr den Hintergrund süchtigen<br />
Verhaltens in den Mittelpunkt, interpretierte<br />
Sucht als Ergebnis eines gestörten Beziehungsfeldes<br />
der betroffenen Person und das Rauschmittel<br />
als Ausgleichsobjekt, um das gestörte<br />
Beziehungsgefüge wiederherzustellen. Die<br />
bestimmenden Variablen für die Entwicklung<br />
einer Abhängigkeit kommen demnach in der Interaktion<br />
von Substanz, Persönlichkeit und sozialem<br />
Umfeld zur Wirkung. Einige Vorträge danach<br />
kam Mag. Glaser an die Reihe und referierte<br />
über Prävention.<br />
Die nächsten Tage waren geprägt von reger<br />
Reisetätigkeit und Besuchen in einigen Einrichtungen.<br />
Wir trafen mit vielen ÄrztInnen, TherapeutInnen<br />
und RegionalpolitikerInnen zusammen<br />
und wurden herzlich empfangen. Überall<br />
erhielten wir Informationsmaterial, darüber<br />
hinaus wurden wir ausgezeichnet bewirtet. Dr.<br />
Lemonis hielt schließlich noch einen Vortrag im<br />
Krankenhaus des heiligen Lukas in Tarnow.<br />
Der gesamte Ablauf der Konferenz, die Unterkunft<br />
plus ein ansprechendes Rahmenprogramm<br />
mit Folklore Darbietungen und Besichtigung<br />
eines Salzbergwerks waren durchaus<br />
ansprechend und besonders für Lothar Schäfer<br />
und mich eine Überraschung, hatten wir doch<br />
Polen im Vorjahr unter teils abenteuerlichen<br />
Umständen völlig anders kennen gelernt.<br />
Thema „Suchtproblem in Europa“ zu verschaffen,<br />
bisherige Erfahrungen in einer äußerst<br />
entspannten Atmosphäre zu diskutieren und<br />
neue Anregungen für die Arbeit mit Suchtkranken<br />
zu erhalten.<br />
Text und Fotos: Dr. Anita Födinger, Klinische<br />
und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin,<br />
Leitung Meierhof<br />
International<br />
Sport Reportage Kreativität Kolumne Ankündigung<br />
Heinz Kühlschweiger<br />
Mag. Michael Glaser<br />
Text und Fotos:<br />
Heinz Kühlschweiger,<br />
Psychotherapeut, Leitung<br />
Waldheimat<br />
Seite 19<br />
Herbst 2005