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Gemeindebrief 1 - Ev.- Luth. Kirchengemeinde Heiligengeist in Kiel

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fiehlt, dass er bekanntlich auch durch Johannesim Jordan getauft wurde, selbst jedoch niemalse<strong>in</strong>e Taufe an anderen Menschen vorgenommenhat. Warum ist das so? Warum tat Jesus das,was er von se<strong>in</strong>en Jüngern verlangte, <strong>in</strong> diesemFall selbst doch nicht?E<strong>in</strong>e Erklärung für diese sonderliche Situationf<strong>in</strong>den wir, wenn wir über den S<strong>in</strong>n der christlichenTaufe nachdenken. In den Gottesdienstenpflegen Pastoren und Pastor<strong>in</strong>nen darauf h<strong>in</strong>zuweisen,dass sie den jeweiligen Menschen „aufden Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes unddes Heiligen Geistes“ taufen. Schon <strong>in</strong> dieserFormulierung wird deutlich, dass jene Taufe, dieJesus durch Johannes erfahren hatte, etwas anderesdarstellt. Er, der Täufer, konnte die Taufeals e<strong>in</strong>e Art Bußakt, als Zeremonie der spirituellenRe<strong>in</strong>igung vollziehen. Gleichwohl war esihm nicht möglich, auf den tr<strong>in</strong>itarischen Gottzu verweisen, der <strong>in</strong> Jesus Christus als Sohn<strong>in</strong> die Welt gekommen ist, und der als HeiligerGeist nach der Auferstehung des Gekreuzigten<strong>in</strong> der Welt waltet. Die Taufe, die Christen vollziehen,unterscheidet sich somit grundsätzlichvon jenem Akt des Täufers, auch wenn diesergewissermaßen e<strong>in</strong> religionsgeschichtlichesVorbild abgibt. Mit anderen Worten: Die Taufe,so wie sie von den Christen als Versöhnungdes Menschen mit Gott verstanden wird, setztdie Auferstehung Christi voraus. Wenn aber dieTaufe diesen Glauben an den Auferstandenenzur Voraussetzung hat, ist es e<strong>in</strong>leuchtend, dassJesus selbst nicht getauft hat.Und noch etwas anderes wird vor diesem H<strong>in</strong>tergrundverständlich, dass es nämlich <strong>in</strong> der altenkirchlichen Tradition e<strong>in</strong>fach unüblich war,<strong>in</strong> der Passionszeit Taufgottesdienste zu veranstalten.Kaum jemand wäre früher auch nur aufdie Idee gekommen, e<strong>in</strong>es der größten Feste,das man als Christ feiern kann, ausgerechnet <strong>in</strong>die Fastenzeit zu legen. Wie hätte man <strong>in</strong> diesenWochen, die doch als „Passion“, d.h. als Zeitder Bes<strong>in</strong>nung auf das Leiden und Mitleidenbezeichnet und empfunden werden, die Gästegebührlich bewirten können? Und so war esdann nur schlüssig, wenn sich ganz besondersviele Menschen, vor allem die Erwachsenen,dazu entschlossen, die Taufe auf das Ende desPassionszeit zu verlegen, sich am besten nochgleich <strong>in</strong> der Osternacht taufen zu lassen. Hiernun war wirklich Grund zum Jubel gegeben undauch das persönliche Fest der Taufe konnte jetztmit allem Überschwang gefeiert werden.In den evangelischen Kirchen wird die Passionszeitvor Ostern zwar nicht mehr als Fastenzeitim strengen S<strong>in</strong>ne begangen, aber doch nimmtdie Zahl jener Menschen zu, die sich von den40 Tagen vor Ostern e<strong>in</strong> Bewusstse<strong>in</strong> für die eigentlichenWerte des Lebens erhoffen, und deshalbfreiwillig auf liebgewordene Gewohnheitenverzichten. Zu dieser besonderen Sensibilitätfür die Stimme des Lebens kann es dann auchgehören, mit dem Fest der Taufe auf die Osterbotschaftzu warten. Gerade weil Jesus nicht getaufthat, erwarten wir <strong>in</strong> andächtiger Ruhe dieOsterbotschaft von dem auferstandenen SohnGottes, um dann im Namen des dreie<strong>in</strong>igenGottes den neuen Bund zwischen Gott und demMenschen zu besiegeln.Dr. Matthias Viertel, Pastor8 | <strong>Geme<strong>in</strong>debrief</strong> 1 | 2012

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