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Bewirtschaftungsinformationssystem ... - Emscher Regen

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BEW –Seminar “Beseitigung von Niederschlagswasser gem. § 51 a LWG“ 21.4.2005<strong>Bewirtschaftungsinformationssystem</strong> <strong>Regen</strong>wasser für die<strong>Emscher</strong>regionBrigitte Spengler,<strong>Emscher</strong>genossenschaft / Lippeverband, Königswall 29, 44137 DortmundVERANLASSUNGEine Besonderheit des <strong>Emscher</strong>gebiets, eines industriellen Ballungsraums in NRW,Deutschland, ist die historisch bedingte Abwasserableitung in offenen Abwasserläufen stattin unterirdischen Kanalrohren. Die <strong>Emscher</strong> und ihre Nebenläufe (Bild 1) wurden zu diesemZweck in der Vergangenheit technisch ausgebaut, zur Reinigung durchfloss die <strong>Emscher</strong>lange Zeit lediglich vor ihrer Mündung in den Rhein eine Flusskläranlage.Diese außergewöhnliche Art der Abwasserableitung und –behandlung war in derVergangenheit aufgrund der durch den Bergbau verursachten Bergsenkungen die ersteWahl, da unter diesen Umständen eine dauerhafte dichte, unterirdische Kanalisation nichtmöglich war. Nachdem der Bergbau inzwischen das <strong>Emscher</strong>gebiet verlassen hat und dieBergsenkungen zum größten Teil abgeklungen sind, steht die <strong>Emscher</strong>region nun vor derAufgabe, die Gewässer zu entflechten, naturnäher zu gestalten und das Abwasserunterirdisch abzuleiten. Das Projekt <strong>Emscher</strong>umbau ist aufgrund der Einzugsgebietsgrößevon 865 km² und der Vielzahl der dabei zu bearbeitenden Aufgaben die größtewasserwirtschaftliche Maßnahme in Europa (Becker, Raasch 2002).Bild 1: Das Einzugsgebiet der <strong>Emscher</strong>Dabei sind einerseits der Hochwasserschutz zu gewährleisten und andererseits derNiedrigwasserabfluss der umgestalteten Gewässer zu stärken. Diese müssen einen stetsausreichenden Abfluss aufweisen, wenn sie wieder ökologisches Potenzial aufweisen sowiegezielt zur Aufwertung urbaner Freiräume beitragen sollen (<strong>Emscher</strong>genossenschaft 2001,2002). Daher hat sich die <strong>Emscher</strong>genossenschaft das ehrgeizige Ziel gesetzt, inZusammenarbeit mit den Kommunen im Rahmen eines „Zukunftsvereinbarung<strong>Regen</strong>wasser“ innerhalb der nächsten 15 Jahre 15% des Niederschlagsabflusses von derKanalisation abzukoppeln.Zur Vorbereitung und Unterstützung dieser Vereinbarung sind in den vergangenen Monatenumfangreiche Arbeiten durchgeführt worden mit dem Ziel, ein <strong>Bewirtschaftungsinformationssystem</strong><strong>Regen</strong>wasser (BIS/RW) zu erhalten, ein Werkzeug zur Ermittlung von1


BEW –Seminar “Beseitigung von Niederschlagswasser gem. § 51 a LWG“ 21.4.2005vorrangig für die naturnahe <strong>Regen</strong>wasserbewirtschaftung geeigneten Gebieten imSiedlungsbestand.AUFBAU DES REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNGS-INFORMATIONSSYSTEMS (BIS/RW)Die Basis des <strong>Bewirtschaftungsinformationssystem</strong> <strong>Regen</strong>wasser stellen digitaleDatengrundlagen dar, die in einem geographischen Informationssystem zusammengestelltund nach einer neu entwickelten Methodik verarbeitet worden sind. Das Ergebnis ist eineÜberlagerung aller die Bewirtschaftungsmethode beeinflussenden Faktoren. DasUmsetzungspotenzial dezentraler <strong>Regen</strong>wasserbewirtschaftungsmaßnahmen in einemUntersuchungsgebiet wird dazu i.d.R. in zwei Karten differenziert, dieBewirtschaftungsartenkarte mit den geogenen Fakturen und die Abkopplungspotenzialkartemit den siedlungsstrukturellen Faktoren (Bild 2).Siedlungsstrukturelle Faktoren:Grundstück- Art der versiegelten Fläche- Anteil versiegelter Fläche- Nutzung- Verteilung versiegelterFlächeGebäude- Größe- Dachtyp- EntwässerungstechnikGeogene Faktoren:Topographie- HangneigungBöden- Mächtigkeit- Bodentyp- Infiltrationskapazität- AltlastenGeologie- GesteinstypGrundwasser- Grundwasserflurabstand- GrundwasserschutzzonenBild 2: Einflussfaktoren der naturnahen <strong>Regen</strong>wasserbewirtschaftungAbkopplungspotenzialkarteIn der Abkopplungspotenzialkarte werden die unterschiedlichen Bewirtschaftungspotenzialein Abhängigkeit von den siedlungsstrukturellen Einflussfaktoren einschließlich derFreiflächenverfügbarkeit eines Untersuchungsgebietes zusammengefasst. Um dasAbkopplungspotenzial zu ermitteln, werden zunächst anhand der Flächennutzungskartierungdie zu unterscheidenden Bebauungsstrukturtypen festgelegt. Auf Grundlage derLuftbildauswertung erfolgt die Abgrenzung nicht parzellenscharf, sondern blockscharf übermehrere Grundstücke hinweg (Bild 3). Jeder dieser Baustrukturtypen wird analysiert undbezüglich seines Abkopplungspotenzials bewertet (siehe Tabelle 1).Da das Abkopplungspotenzial nicht nur räumlich zwischen den unterschiedlichenBebauungsstrukturtypen, sondern auch hinsichtlich seiner zeitlichen Umsetzbarkeit variiert,werden zwei Szenarien von Abkopplungspotenzial mit verschieden langem Zeithorizontangegeben. Für technisch einfach umzusetzende Maßnahme ist das Abkopplungspotenzial(bei entsprechendem finanziellem Anreiz) kurzfristig zu erreichen. Es wird als kurzfristigumsetzbares Abkopplungspotenzial (Zeithorizont etwa 5 - 7 Jahre) bezeichnet. Daslangfristig umsetzbare Abkopplungspotenzial berücksichtigt zusätzlich auch erforderlichehöhere bzw. aufwändigere technische Anforderungen und langfristige Maßnahmen, die in2


BEW –Seminar “Beseitigung von Niederschlagswasser gem. § 51 a LWG“ 21.4.2005der Regel nur in Zusammenhang mit anderen, ohnehin notwendigen Arbeiten realisiertwerden. Die Umsetzungsdauer umfasst hier einen Zeitraum von 15 - 20 Jahren.Tabelle 1: Beispielhafte Bewertung des Abkopplungspotenzials3


BEW –Seminar “Beseitigung von Niederschlagswasser gem. § 51 a LWG“ 21.4.2005Abkopplungspotenzialbis 5 %5 – 20 %20 – 40 %40 – 60 %60 – 80 %80 – 100 %natürliche Flächennicht angeschlossenBild 3: Ausschnitt AbkopplungspotenzialBewirtschaftungsartenkarteDie Bewirtschaftungsartenkarte charakterisiert die naturräumlichen Voraussetzungen für einedezentrale <strong>Regen</strong>wasserbewirtschaftung (Sieker et. al. 2004). Abhängig von geologischer,morphologischer, topographischer, bodenkundlicher und geohydrologischerAusgangssituation wird anhand eines Entscheidungsbaumes eine Bewirtschaftungsartvorgeschlagen (Bild 4).Bewirtschaftungsartkeine Flächenversickerungkeine Flächenversickerung,bei unterirdischer Speicherungauch GrundwasserbewirtschaftungerforderlichSpeicherung und AbleitungerforderlichBild 4: Ausschnitt BewirtschaftungsartenkarteSpeicherung, Ableitung undGrundwasserbewirtschaftungerforderlichBei der Wahl der dezentralen <strong>Regen</strong>wasserbewirtschaftungsmaßnahme wird stets eineeinfach umsetzbare Lösung bevorzugt. Wenn die Einflussfaktoren weniger günstig sind,4


BEW –Seminar “Beseitigung von Niederschlagswasser gem. § 51 a LWG“ 21.4.2005muss mehr Aufwand betrieben werden. Die genannten Einflussfaktoren werden hinsichtlichihres Einflusses auf die Umsetzbarkeit der einzelnen dezentralen<strong>Regen</strong>wasserbewirtschaftungsmaßnahmen bewertet und klassifiziert (Beispiel in Tabelle 2).Tabelle 2. Bewertung/Klassifizierung der DurchlässigkeitDurch die Verknüpfung dieser Klassifizierung mit den entsprechenden Daten der Flächenentsteht unter Abarbeitung eines Entscheidungsbaumes die Bewirtschaftungsartenkarte.Dabei wird nach dem Ausschlussprinzip gearbeitet, indem bei jedem Schritt der Abarbeitungdie Bewirtschaftungsarten wegfallen, die aufgrund des jeweiligen Einflussfaktors für diebetrachtete Fläche nicht geeignet sind.PRAKTISCHER UMGANG MIT DEM BIS/RWMit der Verschneidung der beiden Grundlagenkarten steht das BIS/RW zur Verfügung (Bild5). Auf dieser Basis lassen sich bereits vielfältige Informationen für die tägliche Arbeit durcheinfache Abfragen gewinnen, wie z.B. die Bodenverhältnisse für die Planung/Genehmigungvon Versickerungsanlagen oder die Bilanzierung für einzelne Stadtgebiete.Diese Datengrundlage kann durch die Einbindung kommunaler Daten nahezu beliebig weiterdetailliert werden. So können z.B. durch Überlagerung mit den Kanalnetzen der Städte diemöglichen Einsparungen im Bereich der Kanalnetzsanierung eingeschätzt und denermittelten Maßnahmen so Rangfolgen und Wichtigkeiten zugeordnet werden.Zur Unterstützung der Zukunftsvereinbarung <strong>Regen</strong>wasser wurden mit Hilfe des BIS/RW fürdie einzelnen Kommunen Maßnahmenkataloge erarbeitet. Wie in Bild 6 dargestellt, ist derAnteil der befestigten Flächen für die Klassen Wohnbebauung sowie öffentliche Gebäudeund Straßen relativ ähnlich, für die Klasse Industrie und Gewerbe etwas geringer. Gleichesgilt für den jeweiligen Anteil an den langfristig abkoppelbaren befestigten Flächen.5


BEW –Seminar “Beseitigung von Niederschlagswasser gem. § 51 a LWG“ 21.4.2005Bild 5: <strong>Bewirtschaftungsinformationssystem</strong> <strong>Regen</strong>wasserFür die Maßnahmenermittlung wurden zunächst vorrangig die BaustrukturtypenZeilenbebauung, Industrie und Gewerbe sowie Öffentliche Gebäude betrachtet, da beidiesen Typen im Verhältnis zur abzukoppelnden Fläche nur wenige Eigentümer überzeugtwerden müssen, was eine kurzfristige Abkopplung erwarten lässt (Bild 7).3530Alle befestigten FlächenLangfristig abkoppelbare befestigte Flächen% aller befestigten Flächen25201510sonstigeWohnbebauungStraßen5öffentl.Gebäude0ZeilenbebauungWohnbebauung Industrie, Gewerbe Öffentliche FlächenBild 6: Befestigte Flächen und Potenziale6


BEW –Seminar “Beseitigung von Niederschlagswasser gem. § 51 a LWG“ 21.4.2005Bei der Konzepterstellung für gewerblich genutzte Flächen mussten dabei insbesondereLösungen für die Randbedingungen Altlasten und fehlender Freiraum entwickelt werden. Imöffentlichen Bereich wurden vorzugsweise Konzepte für Kirchen, Kindergärten, Schulen unddrainierte Sportanlagen erarbeitet. Ein erhebliches Potenzial bietet sich hier auch bei wenigbefahrenen Wohnstraßen. Als nächster Schritt wurden für diese Flächen die günstigsteBewirtschaftungsart und das Abkopplungspotenzial aus dem BIS/RW abgefragt. Durch eineVerschneidung mit den befestigten Flächen, die aus der Luftbildauswertung stammen,konnte für alle Projekte die Größe der abkoppelbaren Fläche bestimmt werden.Anschließend wurde im Rahmen einer Ortsbegehung das Abkopplungspotenzial verifiziert.L eg endeG ewäs serbefe stig te F lä c h enDac hf läch e nVe rke h rs flä ch enF läch e sa u b erF läch e sc h m u tzigPr o je k tg eb ie teG ew erb eW o h n g e b ietÖ ffentlichNatü rlich e F läch enBild 7: Ausschnitt aus dem MaßnahmenkatalogDie Informationen aus dem BIS/RW liefern für die einzelnen Teileinzugsgebiete die ausBewirtschaftungsart und Abkopplungspotenzial resultierenden Versickerungsraten (mm/a).Die Belastung des flächendeckenden Grundwassermodells mit diesen Versickerungsratenermöglicht eine verlässliche Aussage zu Grundwasserveränderungen infolge dieserMaßnahmen. Schädliche Grundwasseranstiege lassen sich durch eine Änderung derBewirtschaftungsart verhindern. Die verbleibenden <strong>Regen</strong>wasseranteile werden dannbeispielsweise über Grabensysteme den umgestalteten Gewässern zugeleitet (vgl. Bild 8).7


BEW –Seminar “Beseitigung von Niederschlagswasser gem. § 51 a LWG“ 21.4.2005AUSBLICKDas <strong>Bewirtschaftungsinformationssystem</strong> <strong>Regen</strong>wasser wird in seiner endgültigen Fassungals Web-basiertes Werkzeug für die tägliche Arbeit zur Verfügung stehen (Bild 9). Mittelfristigwird eine Lösung angestrebt, in der zwecks Nachweisführung und Erfolgskontrolle dasAbkopplungskataster integriert wird. Für die Kommunen in der <strong>Emscher</strong>region bietet derZugriff auf diesen einheitlichen, aktuellen Datenbestand eine innovative Möglichkeit, bei allenwasserwirtschaftlichen Entscheidungen und Planungen die Belange eines nachhaltigenUmgangs mit <strong>Regen</strong>wasser zu berücksichtigen. Das BIS/RW ist keine reine Visualisierungder für die naturnahe <strong>Regen</strong>wasserbewirtschaftung relevanten Daten, sondern einArbeitswerkzeug, das den Planern in der <strong>Emscher</strong>region die Identifikation konkreterMaßnahmengebiete und die Bewertung ihrer wasserwirtschaftlichen Auswirkungen erlaubt.Damit wird insbesondere ein Instrumentarium bereitgestellt, das die Erfüllung neuerAufgaben erleichtert, die sich aus geänderten Rahmenbedingungen (z.B. EUR-WRRL)ergeben.Darstellung im GISDatenbankBild 9: Nachweis abgekoppelter FlächenLITERATURARGE (2004): Methodischer Ansatz zur Erstellung der <strong>Regen</strong>wasserbewirtschaftungsartenkarte fürden <strong>Emscher</strong>raum, unveröffentlichtBecker, M., Raasch. U. (2002): Sustainable stormwater concepts as an essential instrument for riverbasin management, 9th International Specialised Conference on River Basin Management11.- 13. September 2002, Edinburg, Schottland<strong>Emscher</strong>genossenschaft (2001): Route des <strong>Regen</strong>wassers, Eigenverlag, Deutschland<strong>Emscher</strong>genossenschaft (2004): <strong>Regen</strong> auf richtigen Wegen – Nachhaltige<strong>Regen</strong>wasserbewirtschaftung im <strong>Emscher</strong>gebiet, Eigenverlag, Deutschland9

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