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Beitrag in der Frankfurter Rundschau über Patricia Bognar vom ...

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Special Olympics: Ich hole Gold! | <strong>Frankfurter</strong> <strong>Rundschau</strong> -http://www.fr-onl<strong>in</strong>e.de/_em_cms/_globals/pr<strong>in</strong>t.php?em_ssc=MSwwLDEsMCwxLD...Page 1 of 319.03.2009zurückSpecial OlympicsIch hole Gold!Sie s<strong>in</strong>d Feuer und Flamme für den W<strong>in</strong>tersport, messen sich auf dem Snowboard, <strong>in</strong> EiskunstundEisschnelllauf, Ski Alp<strong>in</strong> und Langlauf. Sie s<strong>in</strong>d jung und medaillenhungrig. Und sie habene<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>sam: e<strong>in</strong>e geistige Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung. Die "Special Olympics" s<strong>in</strong>d ihr größtesnationales Sport-Ereignis. Wir haben fünf <strong>der</strong> 574 Wettkämpfer bei den Spielen <strong>in</strong> Ruhpold<strong>in</strong>gbegleitet. Sie erzählen von ihrem Ehrgeiz, ihrem Sportsgeist und ihren Ängsten.VON KRISTIN OEING<strong>Patricia</strong> Borgner (Bild:Sascha Montag)"Mutig me<strong>in</strong> Bestes geben"<strong>Patricia</strong> Borgner hat schon früh ihr Talent gezeigt. Seit fünf Jahren schon stehtd zwölfjährige Thür<strong>in</strong>ger<strong>in</strong> auf dem Eis. Die Ärzte stellten bei ihr e<strong>in</strong>e"allgeme<strong>in</strong>e Entwicklungsverzögerung" fest, doch beim Eiskunstlauf macht<strong>Patricia</strong> große Fortschritte. In ihrem rosa Kostüm bewegt sie sich imTra<strong>in</strong><strong>in</strong>gslauf <strong>in</strong> Ruhpold<strong>in</strong>g sicher auf dem Eis.Die Pirouette klappt, nur für den Schwan fehlt <strong>der</strong> Sportler<strong>in</strong> heute die Kraft.Das Be<strong>in</strong>, das eigentlich weit nach h<strong>in</strong>ten ausgestreckt se<strong>in</strong> sollte, hebt sich nur knapp <strong>über</strong> das Eis."Me<strong>in</strong> Be<strong>in</strong> wollte e<strong>in</strong>fach nicht", sagt <strong>Patricia</strong> mit leiser Stimme. Ansonsten war das schüchterneMädchen mit dem schönen Lächeln mit ihrer Kür zufrieden.<strong>Patricia</strong> ist ohne ihre Familie zu den W<strong>in</strong>terspielen gereist. Ihre Mutter, die ebenfalls e<strong>in</strong>e Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>unghat, muss während <strong>der</strong> Spiele arbeiten. Die olympische Reisegruppe fuhr noch extra bei ihrer Werkstattvorbei, damit sich die Tochter von ihr verabschieden konnte. "Bei Bianca und Sascha b<strong>in</strong> ich zu Hause",sagt die junge Athlet<strong>in</strong>. Sie me<strong>in</strong>t ihre Pflegeeltern, bei denen sie seit ihrem vierten Lebensjahr lebt.In Rastenberg besucht sie die sechste Klasse e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tegrativen Regelschule. E<strong>in</strong>mal pro Woche tra<strong>in</strong>iertsie, im W<strong>in</strong>ter auf dem Eis, im Sommer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Turnhalle. Über e<strong>in</strong>e Medaille würde sich <strong>Patricia</strong> freuen,doch den olympischen Eid hat sie ver<strong>in</strong>nerlicht: "Lasst mich gew<strong>in</strong>nen, doch wenn ich nicht gew<strong>in</strong>nenkann, so lasst mich mutig me<strong>in</strong> Bestes geben", flüstert sie.<strong>Patricia</strong> Borgner, Eiskunstlauf"Noch e<strong>in</strong>e Runde!"Kai Schembera (Bild:Sascha Montag)er.Kai Schembera startet zum vierten Mal als Langläufer bei den W<strong>in</strong>terspielen,im Sommer ist er als Radfahrer dabei. Trotzdem ist <strong>der</strong> 35-Jährige mit demgemütlichen Bäuchle<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e Sportskanone. "Er ist tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsfaul", sagtSchemberas Betreuer, "aber bei Wettkämpfen ist er mit ganzem Herzendabei." Zusammen mit sechs an<strong>der</strong>en Sportlern aus se<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten-Wohngruppe ist er aus dem schwäbischen Fellbach angereist. Der Langläuferträumt nicht von e<strong>in</strong>er Medaille, "<strong>der</strong> vierte o<strong>der</strong> fünfte Platz wäre toll", sagtKurz vor dem Start ist Schembera konzentriert. "Die 90 darf ich nicht aus den Augen verlieren", flüsterter <strong>in</strong> sich h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Sicher folgt er dem Langläufer vor ihm auf se<strong>in</strong>en Skiern Richtung Startl<strong>in</strong>ie. Er zappeltnicht, spricht ke<strong>in</strong> Wort. Dann blickt er sich plötzlich unsicher um. "Mir ist übel", sagt er leise. Er würgt,atmet tief e<strong>in</strong>. Der Sportler mit <strong>der</strong> 90 startet. 30 Sekunden später steht Schembera an <strong>der</strong> rotenStartl<strong>in</strong>ie, die unter e<strong>in</strong>er dünnen Eisschicht durchschimmert. Die Startuhr läuft. Piep. Zwei Helfer ziehenihn auf die L<strong>in</strong>ie. Er steht ganz ruhig da, nur die Augen kneift er nervös zusammen. Piep, piep, piep. Dasrote Licht wechselt auf grün. Schemberas olympischer Lauf beg<strong>in</strong>nt.


Special Olympics: Ich hole Gold! | <strong>Frankfurter</strong> <strong>Rundschau</strong> -http://www.fr-onl<strong>in</strong>e.de/_em_cms/_globals/pr<strong>in</strong>t.php?em_ssc=MSwwLDEsMCwxLD...Page 2 of 319.03.2009Er drückt sich kräftig ab, strauchelt kurz, dann f<strong>in</strong>den die Skier die Loipen. "Zieh an", ruft ihm se<strong>in</strong>Tra<strong>in</strong>er zu, "nimm die rechte Loipe, die 90 steckst du locker <strong>in</strong> die Tasche!" Schembera rammt dieSkistöcke kräftig <strong>in</strong> den Schnee, wird schneller und verschw<strong>in</strong>det h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> ersten Kurve. Nach fünfM<strong>in</strong>uten biegt er auf die Zielgerade e<strong>in</strong>, <strong>über</strong>holt e<strong>in</strong>en Konkurrenten. Mit hohem Tempo fährt er <strong>in</strong>s Ziel,den Blick auf die Loipen gerichtet. "Ich könnte noch e<strong>in</strong>e Runde fahren", sprudelt es h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Ziell<strong>in</strong>ieaus ihm heraus. "Ich war gut, das war richtig gut!" Kai Schembera gew<strong>in</strong>nt die Bronzemedaille.Kai Schembera, LanglaufIris Eisele (Bild: SaschaMontag)"Ich kann da nicht runter"Am Morgen steht Iris Eisele am Abhang. Die steile Skipiste macht demMädchen mit dem Down-Syndrom Angst. "Ich kann da nicht runterfahren",sagt die Sportler<strong>in</strong>. Ke<strong>in</strong>en Meter will sie mehr auf den Skiern zurücklegen,auch wenn dies nur das offene Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g ist. Ihre Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong> meldet sie <strong>vom</strong> SkiAlp<strong>in</strong> Wettbewerb ab. Die Angst hat gewonnen, <strong>der</strong> Frust ist erst e<strong>in</strong>mal groß.Die 15-jährige Son<strong>der</strong>schüler<strong>in</strong> aus Bruchsal bei Karlsruhe ist enttäuscht. Ihreerste Teilnahme an den W<strong>in</strong>terspielen hatte sie sich an<strong>der</strong>s vorgestellt.Erst im W<strong>in</strong>terurlaub im Dezember hat sie das Skifahren gelernt. Das ist <strong>in</strong> Ordnung bei den "SpecialOlympics" – je<strong>der</strong> kann ohne Vorausscheidung mitfahren, wenn er nur den nötigen Mut mitbr<strong>in</strong>gt. Doch<strong>der</strong> ist Iris Eisele fürs Erste abhanden gekommen. Im Urlaub war die Piste flacher, die Umgebung baldvertraut. Hier ist alles neu. Traurig blickt sie an ihrem Dress mit <strong>der</strong> Startnummer 27 h<strong>in</strong>unter.Am Nachmittag stellt sich die Schüler<strong>in</strong> erneut auf die Skier. Ihre Wangen s<strong>in</strong>d von <strong>der</strong> Kälte gerötet,ihre Lippen presst sie fest aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Die Skier wackeln, zaghaft führt sie die Skispitzen zusammen,erst e<strong>in</strong>ige Meter später kommt sie zum Stehen. Die Betreuer<strong>in</strong> weiß, Iris kann es eigentlich besser.Doch <strong>der</strong> Druck ist groß. Ihr Vater ist sportlich und hofft auf e<strong>in</strong>e Medaille. Und Iris? Die junge Athlet<strong>in</strong>möchte e<strong>in</strong>fach gerne dabei se<strong>in</strong>. Deswegen gibt sie nicht auf, kämpft sich mühsam immer wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>enkle<strong>in</strong>en Hügel h<strong>in</strong>auf.Von Mal zu Mal, Abfahrt zu Abfahrt geht es besser. Spontan fangen e<strong>in</strong>ige Zuschauer an zu klatschen.Iris lacht. Und schöpft neuen Mut: Die Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong> soll die Nummer 27 für den Wettbewerb im Gleitenanmelden.Iris Eisele, Abfahrt"Ich habe olympische Energie"Tobias Strasshofer(Bild: Sascha Montag)Er trägt Schlittschuhe <strong>in</strong> Größe 52, steht erst seit vier Monaten auf dem Eisund glaubt fest an den Gew<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Goldmedaille <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ruhpold<strong>in</strong>ger Eishalle."Ich habe die olympische Energie <strong>in</strong> mir", sagt Tobias Straßhofer mitglänzenden Augen. Mit nagelneuen Kufen unter den Füßen wird er auf dem Eisnicht h<strong>in</strong>fallen, da ist sich <strong>der</strong> 25-Jährige sicher.Seit se<strong>in</strong>em Entschluss, als Eisschnellläufer an den W<strong>in</strong>terspielenteilzunehmen, tra<strong>in</strong>iert <strong>der</strong> geistig beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te Sportler drei Mal die Woche mit se<strong>in</strong>em Tra<strong>in</strong>er von <strong>der</strong>Lebenshilfe Traunste<strong>in</strong>. Bei se<strong>in</strong>em ersten Wettkampf möchte er gut abschneiden, das ist ihm wichtig."Notfalls täte es aber auch e<strong>in</strong>e Silbermedaille." Ruhpold<strong>in</strong>g ist se<strong>in</strong>e Geburtsstadt, "e<strong>in</strong> Heimspiel also",freut sich <strong>der</strong> passionierte Fußballer, <strong>der</strong> noch bei se<strong>in</strong>en Eltern wohnt.Se<strong>in</strong>e Familie ist am ersten Tag <strong>der</strong> W<strong>in</strong>terspiele nicht dabei, "aber später beim Wettkampf feuern siemich an". Konzentriert setzt er sich se<strong>in</strong>en schwarzen Helm auf und verschließt ihn sorgsam unter demK<strong>in</strong>n. Die vorgeschriebenen Knieschützer s<strong>in</strong>d für den fast zwei Meter großen Athleten zu kle<strong>in</strong>,Klebeband muss aushelfen – "ke<strong>in</strong> Problem". Dann geht es aufs Eis. Der Eisschnellläufer weiß, dieKurven muss er eng nehmen, um im Rennen ke<strong>in</strong>e Zeit zu verlieren. Nur das Übersetzen <strong>der</strong> Kufenklappt noch nicht. "Dafür b<strong>in</strong> ich beim Start gut."


Special Olympics: Ich hole Gold! | <strong>Frankfurter</strong> <strong>Rundschau</strong> -http://www.fr-onl<strong>in</strong>e.de/_em_cms/_globals/pr<strong>in</strong>t.php?em_ssc=MSwwLDEsMCwxLD...Page 3 of 319.03.2009Tobias ist beim Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gslauf am Vortag <strong>der</strong> Wettkämpfe nicht <strong>der</strong> Schnellste, aber e<strong>in</strong>ige Mitstreiter<strong>über</strong>rundet er mühelos. In se<strong>in</strong>er Leistungsklasse hat er also durchaus Chancen auf e<strong>in</strong>e Medaille. Erstnach e<strong>in</strong> paar Runden lässt se<strong>in</strong> Tempo nach. Schweißperlen laufen ihm <strong>über</strong>s Gesicht. "So muss dasauch se<strong>in</strong>", f<strong>in</strong>det Tobias, "schließlich b<strong>in</strong> ich e<strong>in</strong> olympischer Athlet."Tobias Strasshofer, Eisschnelllauf"Die Disco ist cool"Christian Pohler (Bild:Sascha Montag)Lässig stützt sich Christian Pohler mit dem Ellbogen auf dem grauenSnowboard ab, während er sich mit e<strong>in</strong>er Gruppe von Sportlern unterhält. DieKlassifizierung hat er h<strong>in</strong>ter sich gebracht. Mit se<strong>in</strong>em Lauf ist <strong>der</strong> 16-jährigeSportler aus dem Rhe<strong>in</strong>land zufrieden, "ich musste mich nicht h<strong>in</strong>fallen lassen,son<strong>der</strong>n b<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em durch gefahren". Damit hat er sich e<strong>in</strong>en Platz imMittelfeld gesichert.Seit e<strong>in</strong>em Jahr saust Christian Pohler, <strong>der</strong> mit dem Down-Syndrom zur Welt kam, auf dem Snowboarddie Pisten runter. Wie tra<strong>in</strong>iert er denn daheim? Wo hat’s h<strong>in</strong>reichend hohe Berge am Rhe<strong>in</strong>? Christianlacht: "Wir tra<strong>in</strong>ieren alle vier Wochen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Skihalle Neuss."Das Snowboard hat er sich als Wettkampfgerät ausgesucht, "weil es cool ist". Cool f<strong>in</strong>det er auch die"Special Olympics Disco" am Abend. Vorher essen die Olympioniken Leberkäse mit Semmeln, "lecker",f<strong>in</strong>det Christian. Die bayerischen Burger sollen <strong>der</strong> neunköpfigen Gruppe aus Langenfeld Kraft fürsTanzen geben.Neben den Wettkämpfen ist Christian die Begegnung mit an<strong>der</strong>en Sportlern im olympischen Dorf wichtig.Vor allem die Eröffnungsfeier ist ihm im Gedächtnis geblieben. "Die bayrische Musik war toll. Und ichhabe Tobias Angerer gesehen." Der berühmte Langläufer hatte erst e<strong>in</strong>en Tag zuvor bei <strong>der</strong> NordischenSki-WM die Bronzemedaille gewonnen, hat es sich aber nicht nehmen lassen, auch die bayrischeDelegation <strong>der</strong> Special Olympics beim E<strong>in</strong>lauf <strong>in</strong>s Stadion zu begleiten.Auch Christians Mutter ist bei den W<strong>in</strong>terspielen dabei. Doch sie muss sich zurückhalten. "Geholfen wirdnicht", mahnt die Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>, "schließlich soll Christian später selbstständig leben können."Christian Pohler, Snowboard[ document <strong>in</strong>fo ]Copyright © FR-onl<strong>in</strong>e.de 2009Dokument erstellt am 09.03.2009 um 15:31:54 UhrLetzte Än<strong>der</strong>ung am 09.03.2009 um 15:51:10 UhrErsche<strong>in</strong>ungsdatum 09.03.2009URL: http://www.fr-onl<strong>in</strong>e.de/<strong>in</strong>_und_ausland/panorama/?em_cnt=1687281&em_loc=105

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