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KASPERLE: Psychische Erste Hilfe bei Kindern

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FORTBILDUNG<strong>KASPERLE</strong>: <strong>Psychische</strong> <strong>Erste</strong><strong>Hilfe</strong> <strong>bei</strong> <strong>Kindern</strong>H. KarutzEin Praxis-KonzeptVerletzte und erkrankte Menschen erleben Notfallsituationen alskörperlich und seelisch belastenden Ausnahmezustand, so daß auchdie <strong>Hilfe</strong>leistung nicht auf die Durchführung medizinischer Maßnahmenbeschränkt bleiben darf. Notfallpatienten müssen umfassendbetreut werden, und die verbale und nonverbale Zuwendung zumBetroffenen ist ein unverzichtbarer Bestandteil professioneller Erstversorgung.Im folgenden Beitrag wird ein neues Konzept vorgestellt,mit dem vor allem Ersthelfern einige Regeln vermittelt werden sollen,deren Beachtung und Umsetzung <strong>bei</strong> der Betreuung verletzter underkrankter Kinder hilfreich sein könnte.Begründung und ZielsetzungKinder sind keine kleinen Erwachsenen – eine Feststellung,die in der Notfallmedizin schon längst erkannt und berücksichtigtwird. Für die psychische <strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong> gilt ganz ähnliches:Die Wahrnehmung, das Erleben und das Verhalten von<strong>Kindern</strong> in Notfallsituationen, kurz: die gesamte psychischeSituation eines verletzten oder erkrankten Kindes unterscheidetsich in vielerlei Hinsicht von der eines verletzten odererkrankten Erwachsenen (Abb. 1). Vor allem der jeweiligekognitive Entwicklungsstand, bisherige Vorerfahrungen mitKrankheit und Verletzungen und die dementsprechend zurVerfügung stehenden Verar<strong>bei</strong>tungs- und Bewältigungsstrategieneines Kindes spielen hier eine große Rolle. Verwiesen seian dieser Stelle auf die ausführlichen Artikel von GabrieleGlanzmann (in 1) und Wolfgang Heinz (in 14).Festzustellen ist jedoch, daß es trotz dieser Kenntnisse überdie kindliche Psyche bislang an einem in sich geschlossenenKonzept in Form einheitlicher Regeln zur psychischen <strong>Erste</strong>n<strong>Hilfe</strong> <strong>bei</strong> <strong>Kindern</strong> mangelt. Hier sollte Abhilfe geschaffenwerden.Grundlage der Konzeptentwicklung war da<strong>bei</strong> die inhaltlicheAnalyse von insgesamt 35 Fachpublikationen zur <strong>Erste</strong>n <strong>Hilfe</strong>durch Laien bzw. zur notfallmedizinischen Therapie desRettungsdienstes (sog. „Taschen“-, „Hand“- und „Lehrbücher“sowie „Praxisleitfäden“), die in den vergangenen fünf Jahrenerschienen sind und von denen angenommen wurde, daß sieAussagen zur psychischen <strong>Hilfe</strong>leistung <strong>bei</strong> <strong>Kindern</strong> enthaltenwürden. Als konkrete Zielsetzung der Analyse wurde angestrebt,– die vereinzelt veröffentlichten, zumindest teilweise unterschiedlichenund sich mitunter redundant überlagerndenTips, Hinweise und Anregungen für die Betreuung verletzterund erkrankter Kinder zu einem Konzept zusammenzuführen,– ihre entwicklungspsychologische Begründung und dieinhaltliche Relevanz für die Praxis zu hinterfragen sowieabschließend– ein didaktisch aufbereitetes Regelwerk zur Vermittlungpsychischer <strong>Erste</strong>r <strong>Hilfe</strong> an <strong>Kindern</strong> zur Verfügung zustellen.Abb. 1: Kinder erleben Notfälle anders als Erwachsene ... (Foto: Knacke)Anschrift des Verfassers:Harald Karutz, cand. paed., RS und Sanitätsdienstausbilder,Blumenthalstraße 39, D- 45476 Mülheim/RuhrAuf eine explizite altersspezifische Zuordnung einzelner Regelnwurde übrigens ganz bewußt verzichtet, um ein für dieBetreuung aller Kinder geeignetes, einheitliches Ausbildungskonzeptverwirklichen zu können. Gleichwohl <strong>bei</strong>nhalten dieRegeln z.T. in sich, daß sie altersgemäß angepaßt werden.Ergebnis der Studie ist das Konzept <strong>KASPERLE</strong>, mit dem diebereits vorgestellte Regel PAKT (11) sinnvoll ergänzt werdenkann. Einige positive Unterrichtserfahrungen mit dem neuen441008 · Rettungsdienst · Nr. 11 · 22. Jahrgang 1999


FORTBILDUNG* Es wurde davonausgegangen,daß dieHäufigkeit, mitder bestimmteEmpfehlungenin der Fachliteraturgegebenwerden, auchderen tatsächlicheBedeutungwiderspiegelt.Daß nur diemindestensdreimal gefundenenAussagenzur <strong>Erste</strong>llungdes BetreuungskonzeptesVerwendungfanden, wurdenormativ festgelegtpuppe (1 Nennung) sowie bemalten Infektionsschutzhandschuhen(1 Nennung) hingewiesen.– Insgesamt siebenmal finden sich Hinweise zur nonverbalenZuwendung in Form unterschiedlich formulierter Aufforderungen,vorsichtig Körperkontakt zum verletzten odererkrankten Kind zu suchen: Es wird dazu angeregt, dasKind in bzw. auf den Arm zu nehmen (2 Nennungen), eszu streicheln (2 Nennungen), die Hand zu halten (1 Nennung)oder es zumindest nicht alleine zu lassen, d. h. (u.a.körperliche) Präsenz zu zeigen (3 Nennungen).– In sechs Veröffentlichungen wird der Aufklärung des Kindesüber die Verletzung/Erkrankung sowie die bevorstehendenMaßnahmen eine besonders große Bedeutung <strong>bei</strong>gemessen.Die einzelnen Autoren geben da<strong>bei</strong> noch verschiedeneHinweise: nicht albern (3 Nennungen), ohnezu lügen (3 Nennungen), mit freundlicher Stimme (2 Nennungen),altersentsprechend bzw. kindgerecht (2 Nennungen),jedoch nicht in Babysprache (1 Nennung), aber durchausspielerisch (2 Nennungen), möglichst konkret, anschaulichund sinnlich nachvollziehbar (1 Nennung), ehrlich(1 Nennung) bzw. realistisch (1 Nennung) sowie ohne dasNotfallgeschehen zu bagatellisieren (1 Nennung).– Ebenfalls sechsmal wird empfohlen, das verletzte oder erkrankteKind vom Notfallgeschehen abzulenken. Dazukann z.B. ein Trostlied gesungen (1 Nennung, auf die Betreuungvon <strong>Kindern</strong> durch andere Kinder bezogen) odereine Geschichte erzählt werden, deren Ende sich danndas Kind ausdenken soll (2 Nennungen). Man kann dasKind außerdem zählen lassen, bis etwa eine unangenehmeMaßnahme vor<strong>bei</strong> ist (1 Nennung), und Blut bzw. Verletzungenim allgemeinen (z.B. die abnorme Lage frakturierterExtremitäten) sollten abgedeckt werden (2 Nennungen).– Fünf Autoren weisen darauf hin, daß es <strong>bei</strong> <strong>Kindern</strong> besonderswichtig ist, Ruhe zu bewahren bzw. die eigeneAufregung nicht anmerken zu lassen. Man soll dem Kindaußerdem mit Liebe und Geduld begegnen (1 Nennung)und ihm das Gefühl geben, alles unter Kontrolle zu haben(1 Nennung).– In vier Veröffentlichungen empfehlen die Autoren, demKind <strong>bei</strong> der Durchführung von Maßnahmen möglichstweitgehende Entscheidungsfreiheit zu lassen (so formuliert1 Nennung), Zwang und Druck zu vermeiden (1 Nennung),die Zustimmung des Kindes zu bestimmten Therapievorhabeneinzuholen (1 Nennung) und v.a. das Festhalten– sofern möglich – zu vermeiden (1 Nennung).– Ebenfalls vier Hinweise finden sich zur ersten Kontaktaufnahme:Man soll sich dem Kind möglichst langsam nähern(2 Nennungen), sich auf sein körperliches Niveaubegeben (z.B. also hinknien), sich ihm mit Vornamen vorstellenund nach seinem Vornamen fragen (1 Nennung).– In drei Veröffentlichungen wird angegeben, daß es wichtigsei, verletzte oder erkrankte Kinder z.B. mit ihren(Schmerz-)Äußerungen ernst zu nehmen.– Als weitere Einzelnennungen sind abschließend folgendeAnregungen aufzuführen:– Die Mitar<strong>bei</strong>t des Kindes <strong>bei</strong> der Durchführung der Hilfsmaßnahmensollte belohnt werden,– Der Helfer sollte auf nonverbale Botschaften (z.B. einenbesorgten Gesichtsausdruck) achten und reagieren, und– der Helfer sollte bedenken, daß Kinder ihre Beschwerdenund Schmerzen entwicklungsbedingt kaum adäquat verbalartikulieren können.Die mehr als dreimal gefundenen Aussagen der verschiedenenAutoren wurden anschließend erneut strukturiert undin acht Regeln mit den jeweiligen AnfangsbuchstabenK-A-S-P-E-R-L-E als Merkhilfe zusammengefaßt*. Das Ergebnismit nunmehr möglichst konkret operationalisierten Aufforderungenan den Helfer inklusive der jeweiligen Begründungist in Tabelle 1 dargestellt.KritikWenngleich unübersehbar ist, daß die Materialbasis zur Entwicklungdes Konzeptes <strong>KASPERLE</strong> wenig umfangreich war,dürfte es sich <strong>bei</strong> den einzelnen Regeln durchaus um sinnvolleund begründete Anregungen für die Betreuung von <strong>Kindern</strong>handeln.Zweifellos sind die Regeln aber nicht immer alle in gleichemMaße angebracht und anwendbar; so gilt es z.B. bezüglichder Einbeziehung von Bezugspersonen und der Aufforderung,Körperkontakt zu suchen, die zu Recht problematisierendenAusführungen von Glanzmann (in 1) sowie Lasogga und Gasch(7) zu berücksichtigen. Darüber hinaus gilt für die Bedeutungder Aufklärung des Kindes über seine Verletzung/Erkrankungund die bevorstehenden Maßnahmen (Regel „Situation erklären“),daß dies zwar hilfreich sein kann, daß aber die Vermittlungeines Geborgenheitsgefühls und der Aufbau einer vertrauensvollenBeziehung zwischen Helfer und kindlichemPatienten durch die übrigen Regeln letztlich doch wichtigersind als die rein sachliche Information und dementsprechendim Vordergrund der <strong>Hilfe</strong>leistung stehen sollten.Außerdem konnten einige inhaltliche Überschneidungen <strong>bei</strong>der <strong>Erste</strong>llung der einzelnen Regeln nicht vermieden werden.So kann z.B. das Lieblingsstofftier nicht nur als solches zurBeruhigung und zum Trost des Kindes dienen (Regel „Lieblingsstofftierholen und dem Kind geben“), sondern auch zurAblenkung (Regel „Für Ablenkung sorgen“). Auch die Hierarchisierungder einzelnen Regeln kommt nicht in der Weisezum Ausdruck, wie es vielleicht wünschenswert wäre. Sokönnte man die letzte Regel des Konzeptes „Das Kind ernstnehmen“ auch als unabdingbare Voraussetzung für die Umsetzungaller anderen Regeln betrachten. Die Anwesenheit vonBezugspersonen ist einerseits ein betreuerischer Eigenwert ansich, andererseits können es gerade die Bezugspersonen sein,die eben den Körperkontakt herstellen, für Ablenkung sorgen,die Situation erklären usw. <strong>KASPERLE</strong> erscheint somit als komplexesNetz miteinander verflochtener Einzelaussagen, die sichallesamt wechselseitig beeinflussen und z.T. sogar bedingen.Im übrigen scheint es angebracht, darauf hinzuweisen, daßfür die Entwicklung des vorliegenden Konzeptes wohlgemerktnur die schon in der angegebenen Literatur zumindest ansatzweiseoperationalisierten Anregungen zur Betreuung verwendetwurden. Die Aufforderungen, „Trost zu spenden“, „Mutzu machen“ oder „dem Kind das Gefühl von Geborgenheit zuvermitteln“, blieben z.B. unberücksichtigt, da sie pauschal formulierteGemeinplätze darstellen, die Laien in einer Notfallsituationwenig helfen dürften. Es bleibt ja fraglich, wie Trostgespendet werden soll, wie Mut gemacht und wie dem Kinddas Gefühl von Geborgenheit vermittelt werden soll. Angebrachterschien deshalb, die Durchführung einer helfenden461010 · Rettungsdienst · Nr. 11 · 22. Jahrgang 1999


FORTBILDUNGTabelle 1Betreuungskonzept <strong>KASPERLE</strong>Abk. Bedeutung Beispielhafte Konkretisierung(ergänzungsfähige Auswahl)K Kontakt – Sich dem Kind möglichst langsam nähernaufnehmen – Sich auf das körperliche Niveauunddes Kindes begebenvorsichtig – Sich mit Vornamen vorstellen undKörperkontaktherstellennach dem Vornamen des Kindes fragen– Das Kind nicht alleine lassen– In der Nähe des Kindes bleiben– Das Kind streicheln– In den Arm nehmen– Hand haltenKurze BegründungKinder sind Fremden gegenüber mitunter recht mißtrauisch. Diesgilt umso mehr, wenn sie aufgeregt sind und situationsbedingt ohnehinschon Angst haben. Eine behutsame Kontaktaufnahme, <strong>bei</strong>der sich der Helfer als anteilnehmender Partner des kindlichen Patientenvorstellt, kann dem Kind ermöglichen, ihm gegenüber Vertrauenzu entwickeln.Körperkontakt vermittelt dem Kind das beruhigende Gefühl vonNähe, Wärme und GeborgenheitAufgeregte und ängstliche Kinder, die noch dazu evtl. Schmerzen verspüren,sind durch verbale Kommunikation kaum zu beruhigen. Auchdeshalb ist nonverbaler Kontakt zum kindlichen Patienten wichtig.A Für Ablenkung – Verletzungen bedeckensorgen – Geschichten erzählen– „Trostlieder“ singenS Situation – Kindgerechte und altersgemäßeerklären Erklärungen geben– Ehrlich auf Fragen antworten– Nicht lügenP Personen – Bezugspersonen, z.B. die Eltern,einbeziehen, benachrichtigen, her<strong>bei</strong>holendie dem Kind und in die <strong>Hilfe</strong>leistung einbeziehennahestehenE Entscheidungs- – Soweit möglich, Zwang und Druckfreiheit lassen <strong>bei</strong> der <strong>Hilfe</strong>leistung vermeiden, z.B.das Kind möglichst nicht festhaltenR Ruhe – Eigene verbale und nonverbalebewahren Signale kontrollieren,– Aufregung ausdrückende SignalevermeidenL Lieblings – Teddybären oder andere Stoff- bzw.stofftier Kuscheltiere holen und demholen und Kind gebendem KindgebenE Das Kind – Sich empathisch in die Situationernst nehmen des Kindes einfühlen– Nicht bagatellisieren– Nicht mit dem Kind in„Babysprache“ sprechenVom Notfallgeschehen abzulenken, kann Aufregung, Angst undSchmerzempfindung vermindern.Hier gilt es einerseits, dem kindlichen Informationsbedürfnis zu entsprechen,andererseits wird davon ausgegangen, daß Streß (der z.B.durch Schmerzen <strong>bei</strong> der Durchführung bestimmter Hilfsmaßnahmenverursacht wird) besser verar<strong>bei</strong>tet werden kann, wenn manauf ihn vorbereitet war.Kinder sind emotional von Bezugspersonen abhängig. Zu den Bezugspersonenhat das Kind Vertrauen, es fühlt sich in ihrer Nähe geborgenund sicher.Der beängstigende Eindruck, der Situation (und den Helfern) hilflosausgeliefert zu sein, wird durch die Vermeidung von Zwang undDruck sowie die möglichst weitgehende Wahrung kindlicher Entscheidungsfreiheitvermindert.Vermittelt wird das Gefühl relativer Selbstkontrolle, die ganzgrundsätzlich auch von <strong>Kindern</strong> angestrebt wird und die nicht zuletztauch die Wahrnehmung und die spätere Verar<strong>bei</strong>tung einesNotfallgeschehens positiv beeinflußt.Kinder nehmen verbale und nonverbale Signale (v.a. Gestik undMimik des Helfers!) sehr genau wahr und spüren sehr sensibel,wenn der Helfer selbst aufgeregt ist oder sich z.B. Sorgen macht.Dies kann sich rasch auf das Kind übertragen und dessen eigeneAufregung steigern, was ja möglichst vermieden werden soll.V.a. das weiche Fell und freundliche Gesichter der Stofftiere vermittelndas Gefühl von Wärme und Geborgenheit.Fast alle Kinder haben Lieblingsstofftiere, die für sie ohnehin engeBegleiter in allen Lebenslagen sind, denen sie vertrauen und zudenen eine durchaus große emotionale Verbindung besteht. Entsprechendsollten Stofftiere, nach Möglichkeit die Lieblingsstofftiere,ähnlich wie die Bezugspersonen eines Kindes, in die <strong>Hilfe</strong>leistungeinbezogen werden. Stofftiere sind geeignet, um Kindervom Notfallgeschehen abzulenken.Stofftiere sind geeignet, um an ihnen bevorstehende Hilfsmaßnahmenzu demonstrieren und das Kind somit auf deren Durchführungvorzubereiten.Kinder haben entwicklungsbedingt große Schwierigkeiten, Schmerzen,Sorgen und Ängste adäquat zu verbalisieren. Sie fühlen sichu.U. rasch unverstanden, alleingelassen und hilflos.Zu wissen, daß der Helfer die Situation des Kindes versteht undsich ernsthaft bemüht, Anteil zu nehmen, hilft dem Kind, Vertrauenzum Helfer aufzubauen und sich geborgen zu fühlen.1011 · Rettungsdienst · Nr. 11 · 22. Jahrgang 199947


FORTBILDUNGBetreuung im Sinne verbaler und nonverbaler Zuwendung zumBetroffenen als das übergeordnet angestrebte Ziel psychischer<strong>Erste</strong>r <strong>Hilfe</strong> zu betrachten – und die Erar<strong>bei</strong>tung der einzelnen,konkreter formulierten Regeln der Formel <strong>KASPERLE</strong>sollte dann helfen, dieses Ziel erreichen zu können.Auch der veröffentlichte Ratschlag, dem verletzten odererkrankten Kind emotionale Zuwendung zukommen zu lassen,ist sicherlich berechtigt und gut zu begründen. Er schienjedoch ebenfalls nur schwer operationalisierbar und wurdedeshalb nicht in das Regelwerk einbezogen. Außerdem bestehtnoch Klärungsbedarf zur Frage, inwiefern bestimmte Emotionendes Helfers überhaupt notwendig sind, um helfend betreuenzu können bzw. inwiefern helfende Betreuung auchals primär rational begründete Technik möglich ist. Daß dieverbale und nonverbale Zuwendung zu Betroffenen gerade inNotfallsituationen aber ohne jede Empathie und ohne ein Mindestmaßan tatsächlicher Anteilnahme des Helfers wohl kaumdie gewünschte Wirkung erzielen würde, zeigen z.B. Erfahrungenaus der Gesprächspsychotherapie bzw. Erfahrungenmit der nicht-direktiven Gesprächsführung. So dürfte ein gänzlichunkongruentes Verhalten, <strong>bei</strong> dem die innere Motivationdes Helfers grundsätzlich nicht mit der Zielsetzung dessen,was er tut, übereinstimmt bzw. sogar in Widerspruch zu diesersteht, den Gedanken an eine und den Wunsch nach einerwirklich helfenden Betreuung rasch ad absurdum führen.Inwieweit durch die Anwendung der Regeln <strong>Kindern</strong> nun tatsächlichder geforderte emotionale Rückhalt und das Gefühlvon Geborgenheit gegeben werden kann, ist abschließend nichtmit letzter Sicherheit zu klären und dürfte im Endeffekt vonsehr vielen Faktoren abhängen, die im vorliegenden Beitragerst gar nicht angesprochen wurden, weil dies zweifellos denvorgegebenen Rahmen gesprengt hätte. Nicht zuletzt dürftehier – entsprechend den obigen Ausführungen – aber von besondererBedeutung sein, wie die Regeln im Einzelfall vonden Helfern angewendet werden.■Literatur:Angegeben werden im folgenden vor allem die Veröffentlichungen, in denenauch Angaben zur psychischen <strong>Erste</strong>n <strong>Hilfe</strong> <strong>bei</strong> <strong>Kindern</strong> gefunden wurden.Die komplette Liste aller untersuchten Veröffentlichungen kann mitfrankiertem Rückumschlag <strong>bei</strong>m Autor dieses Artikels angefordert werden.1. Bengel J (Hg.) (1997) Psychologie in Notfallmedizin und Rettungsdienst.Springer-Verlag, Berlin – Heidelberg – New York – Barcelona – Budapest –Hongkong – London – Mailand – Paris – Santa Clara – Singapur – Tokio2. Bollig G (Hg.) (1996) <strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong>: Lehrbuch, Fotoatlas, Nachschlagewerk.Verlag Harald Kaeg<strong>bei</strong>n, Sankt Augustin, 2., überarb. u. erw. Auflage3. Deutsches Rotes Kreuz, Generalsekretariat (Hg.) (1996) Gesundheitserziehungfür die Klassen 5-8 in 16 Unterrichtseinheiten. Ferd. DümmlersVerlag, Bonn4. Deutsches Rotes Kreuz, Präsidium (Hg.) (1994) <strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong> am Kind. EinHandbuch. Verlags- und Vertriebsgesellschaft des DRK, LandesverbandWestfalen-Lippe, Nottuln, 2. Auflage5. Domres B, R Lipp (Hg.) (1997) Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin.Band 4: Berufskunde, Organisation und Einsatztaktik, Ar<strong>bei</strong>tsplatz Rettungsdienst.Verlagsgesellschaft Stumpf & Kossendey, Edewecht – Wien6. Flake F, B Lutomsky (Hg.) (1997) Leitfaden Rettungsdienst: Notfallmanagement,Organisation, Ar<strong>bei</strong>tstechniken, Algorithmen. G. Fischer-Verlag,Lübeck – Stuttgart – Jena – Ulm7. Gasch B, F Lasogga (1997) <strong>Psychische</strong> <strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong> <strong>bei</strong> Unfällen: Kompensationeines Defizits. Verlagsgesellschaft Stumpf & Kossendey, Edewecht –Wien, 1. Auflage8. Hintzenstern, U v. (Hg.) (1997) Notarztleitfaden: Diagnostik, Therapie,Organisation, Abrechnung. G. Fischer-Verlag, Ulm – Stuttgart – Jena – Lübeck,2., aktual. Auflage9. Hündorf H-P, P Rupp (Hg.) (1997) Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin.Band 2: Allgemeine und spezielle Notfallmedizin, Schwerpunkt InnereMedizin. VerlagsgesellschaftStumpf & Kossendey, Edewecht – Wien10. Jugendrotkreuz im DRK-Landesverband Baden-Württemberg e. V. (Hg.)(ohne Jahresangabe) Heranführung an die <strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong>. Ein Programm fürKinder im Vorschulalter. Stuttgart11. Karutz H (1999) Mit dem Notfallpatienten einen PAKT schließen. Rettungsdienst22: 212 – 21312. Langer R (1997) <strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong>. Sofortmaßnahmen in akuten Notfällen, <strong>bei</strong>Unfällen in Haushalt, Beruf, Freizeit und Straßenverkehr. VPM VerlagsunionPabel Moewig KG, Rastatt13. Rothe L, V Skwarek (1997) <strong>Erste</strong> <strong>Hilfe</strong> konkret für Ausbildung und Praxis.Verlag Dr. Max Gehlen, Bad Homburg vor der Höhe14. Stepan T (Hg.) (1998) Zwischen Blaulicht, Leib und Seele. Grundlagennotfallmedizinischer Psychologie. Verlagsgesellschaft Stumpf & Kossendey,Edewecht, 1. Auflage481012 · Rettungsdienst · Nr. 11 · 22. Jahrgang 1999

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