das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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654 Catherine Hoskyns<br />
Die Ausführung. Die Ernsthaftigkeit einer Gesetzgebung läßt sich weitestgehend<br />
an ihren Ausführungsbestimmungen messen. Hierbei ist vor allem wichtig,<br />
welche verwaltungsmäßigen Verfahrensweisen gewählt werden;<br />
welche Personen, Gruppen und <strong>Institut</strong>ionen handlungsermächtigt sind;<br />
welche Informations- und Unterstützungsmöglichkeiten gegeben. sind;<br />
womit Behörden gezwungen werden können, die bestehende Praxis zu<br />
kontrollieren und zu überwachen;<br />
welche Sanktionen und Strafen bei Nicht-Befolgung auferlegt werden.<br />
Es gibt die unterschiedlichsten Verfahrensweisen zur Ausführung von Gesetzen;<br />
welche Maßnahmen am effektivsten sind, wird in der Regel von den jeweiligen<br />
nationalen Traditionen und spezifischen Umständen her bestimmt<br />
sein. Die besten Gesetze können spielend leicht durch unangemessene oder<br />
überkomplizierte Ausführungsbestimmungen untergraben werden.<br />
Sind die gesetzlichen Bestimmungen in einigen oder allen diesen Punkten<br />
günstig, dann kann die Gleichheitsgesetzgebung von einem formalen Instrument<br />
in ein Mittel verwandelt werden, <strong>das</strong> zumindest ansatzweise die tatsächliche<br />
Lebenssituation von Frauen tangiert. Außerdem aber bieten die Gleichstellungsgesetze,<br />
da sie sich in erster Linie auf die Berufstätigkeit beziehen, auch<br />
Schutz <strong>für</strong> <strong>das</strong> Recht von Frauen auf Arbeit, <strong>das</strong> in Zeiten von Arbeitslosigkeit<br />
und Rezession gefahrdet ist. Unter diesen Umständen lohnt sich die Überlegung,<br />
ob wir einer Gleichheitsgesetzgebung im Kampf um die Verbesserung<br />
der Lage der Frauen nicht mehr Priorität einräumen sollten - egal, wie mangelhaft<br />
sie ist und wo sie herkommt. Dies gilt sowohl im Sinne einer besseren<br />
Anwendung bestehender Gesetze als auch <strong>für</strong> eine Kampagne zur Weiterentwicklung<br />
und Ausweitung der Gesetzgebung.<br />
Ein Anfang scheint bereits gemacht. Als die britische Regierung gezwungen<br />
wurde, den »Equal Pay Act« von 1970 über den Anspruch auf gleichen Lohn<br />
<strong>für</strong> gleichwertige Arbeit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes anzugleichen,<br />
gab es einigen öffentlichen Wirbel und intensive Lobby-Arbeit seitens<br />
der betroffenen Frauengruppen. Was an Bestimmungen dabei herausgekommen<br />
ist, ist zwar unnötig kompliziert, aber durch die öffentliche Diskussion<br />
doch besser geworden als ohne sie. Und in einem der ersten Urteile auf<br />
Grundlage dieser neuen Gesetzgebung gewann J ulie Hayward, eine Angestellte<br />
in der Kantine der Cammell Laird's Merseyside Schiffswerft, die Angleichung<br />
ihres Lohnes an den der Werftschreiner - was <strong>für</strong> sie eine wöchentliche<br />
Lohnerhöhung von 31 f. bedeutete) Dieses Urteil eröffnete zum ersten Mal die<br />
Möglichkeit, die Forderung nach Lohngleichheit durch einen Vergleich von<br />
männlicher und weiblicher Arbeit mit unterschiedlichen Tätigkeiten zu begründen.<br />
Ähnlich hat auch in Frankreich die neue Gleichheitsgesetzgebung der<br />
sozialistischen Regierung, die sowohl <strong>das</strong> Ausmaß der bestehenden Bestimmungen<br />
ausweitete als auch zusätzliche Durchsetzungsmittel zur Verfügung<br />
stellte, neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Sie führte auch dazu, daß innerhalb<br />
der französischen Frauenbewegung dieses Thema wieder neu diskutiert<br />
wurde. 4<br />
In diesem Zusammenhang sind politische Interventionen und Aktionen auf<br />
DAS ARGUMENT 159/1986 ©