das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Verlagsmitteilungen<br />
Der Peruaner Juan Car/os Marüitegui (1894-1930), den man den »ersten Marxisten« Lateinamerikas<br />
genannt hatte, gewinnt nun auch Bedeutung <strong>für</strong> den europäischen Marxismus<br />
- die letzten West-<strong>Berliner</strong> Volksunis und der Hamburger Kongreß »Kultur und<br />
Politik bei Gramsci und Mariategui« Anfang Oktober markieren Etappen in der Aneignung<br />
seines Werks. Als politischer Führer der sich fonnierenden revolutionären Volksbewegung<br />
und als Theoretiker der sozialen Realität Lateinamerikas (aber auch des italienischen<br />
Faschismus) widersetzte er sich einer Übertragung des bolschewistischen Modells<br />
auf die lateinamerikanische Wirklichkeit und trat <strong>für</strong> einen Sozialismus ein, der sich<br />
an den Volksbewegungen als deren lebendiger Ausdruck bildet. Dies, und die Originalität<br />
und weltumfassende Perspektive seines Denkens machen ihn zum Gramsci Lateinamerikas.<br />
- In Zusammenarbeit mit der Edition Exodus (FreiburgiSchweiz) machen<br />
wir Mariateguis Hauptwerk Sieben Versuche, die peruanische Wirklichkeit zu verstehen<br />
auf deutsch zugänglich. Es eröffnete erstmals eine explizit marxistische Perspektive zur<br />
Erklärung der lateinamerikanischen Wirklichkeit und sucht den Marxismus in die kulturellen<br />
Traditionen, vor allem der Indios, einzupflanzen. Diese Ausgabe, von Kuno FüsseI<br />
herausgegeben und von W.F. Haug mit einem Nachwort versehen, öffnet der Rezeption<br />
Mariateguis die Tür.<br />
Wie hängen die stalinistischen Leiden mit dem Marxismus-Leninismus zusammen?<br />
Die offiziellen Lehrbücher schweigen sich darüber aus. Georges Labica, der Herausgeber<br />
des »Kritischen Wörterbuchs des Marxismus«, rekonstruiert in seinem neuen Buch<br />
Der Marxismus-Leninismus. Elemente einer Kritik die philosophischen und politischen<br />
Kämpfe, aus denen der Marxismus-Leninismus als staatlicher OffIzialdiskurs hervorging.<br />
Labicas Analyse der historischen Konstellation von Philosophie, Wissenschaft,<br />
Partei und Staat, die ihn als geschlossenes Lehrgebäude aufrechterhält, liefert einen<br />
Schlüssel <strong>für</strong> <strong>das</strong> Verständnis heutiger innermarxistischer Kontroversen. Ein Stück Anwendung<br />
des Marxismus auf sich selbst.<br />
Der Widerspenstigen Lähmung. Kritische Psychologie der Frauen Bd. 2 (AS 130),<br />
hrsg. v. Frigga Haug und Korne/ia Hauser, setzt die Versuche im AS 117 Subjekt Frau<br />
fort, die Kritische Psychologie <strong>für</strong> Frauenforschung nutzbar zu machen, mit Bereichsstudien<br />
zu weiblicher Lebensplanung, Krankheiten, Sprechen und Widerspruchsverhalten.<br />
Als roter Faden zieht sich durch alle Beiträge die Frage der Politikfahigkeit, dem<br />
politischen Eingriff, dem individuellen Verhältnis der Frauen zur Regelung der Gesellschaft<br />
- Schlüssel frage <strong>für</strong> die Aufhebung der Frauenunterdrückung wie <strong>für</strong> die Vermenschlichung<br />
der Gesellschaft überhaupt.<br />
Mit dem Friedensforum 2: Kultur und Krieg (SH 67) übernehmen wir die Friedenshefte<br />
des CVJM Hamburg in die Reihe der Argument-Studienhefte. Über die Rolle der<br />
Kultur beim Vorbereiten von Krieg und Kriegsdenken schreiben Volker Braun (»Militaria«),<br />
Dorothee Sölle (»Als Challenger zerplatzte«). Wolf Donner (»Hollywood macht<br />
mobil«), V. Schrnidt-Linsenhoff (»Käthe Kollwitz' Friedenspropaganda«), B. Gleim<br />
(»Erzählungen vom kommenden Krieg«) und Theodor Ebert (»Gewaltfreier Widerstand«);<br />
dazu Berichte und Rezensionen.<br />
Noch ein neues Studienheft: Upton Sinclair - zwischen Pop, zweiter Kultur und<br />
herrschender Ideologie (SH 65). Dieter Herms stellt den einzigen Sozialisten von Format<br />
unter den Literaten der USA vor, den Autor von 90 Romanen und Sachbüchern, von<br />
Essays, Manifesten und Pamphleten. Der Bogen spannt sich von den frühen Groschenromanen<br />
über den Bestseller »The Jungle«, den Sacco-und-Vanzetti-Roman »Boston«<br />
bis zu dem Buch über den Spanischen Bürgerkrieg, »No Pasaran«. Das sozialistische<br />
Programm des Gouverneurskandidaten Sinclair wird ebenso beleuchtet wie seine antikommunistische<br />
Position nach dem Zweiten Weltkrieg.<br />
DAS ARGUMENT 159/1986 ©