PH_<strong>on</strong>.line 5Dr. Fabjan Hafner im Publikum bei der Eröffnung der impulse 14verändert hat, und zu einem Buch,an dem sie gescheitert sind. WelcheErkenntnisse haben Sie aus den Antwortengezogen?Das Buch, an dem die Studierendenscheitern, ist fast immer mit demSchreckenswort ‚Pflichtlektüre‘verknüpft. Ein kan<strong>on</strong>ischer Klassiker,den es nicht zu entdecken,s<strong>on</strong>dern – samt vorgefertigter Auslegung– nur noch wiederzugebengilt.Das Scheitern ist ein doppeltes:Gerade in jungen Jahren fällt esschwer, sich einer Autorität zubeugen und sich unterzuordnen.Und viele Junggermanist/innenscheitern an der Sprache und Formder Texte. Der Wortschatz Schillersund Goethes erschließt sich ihnenohne Wörterbuch nicht mehr, diebeschriebenen Fakten sind ihnenunbekannt, die behandelten Problemewie Kindsmord, Standesschrankenund antiquierte Ehrbegriffesind ihnen schlicht fremd.Noch schwieriger fällt ihnen derUmgang mit avantgardistischenTexten, die auf Handlung verzichtenund die Sprache selbst thematisieren– falls nicht Humor zu Hilfekommt.Die lebensverändernden Texte sindzumeist nicht fikti<strong>on</strong>al, s<strong>on</strong>dern Berichtev<strong>on</strong> Extremsituati<strong>on</strong>en undderen Bewältigung: Verführungund Sucht, Trennung und Tod. Ineiner virtualisierten Welt hungertdie junge Generati<strong>on</strong> nach Realität,Orientierung und Werten. Einals k<strong>on</strong>servativ verschrienes Mediumwie das Buch kann hier sehreffizient im Sinne der populärenSchlagworte ‚Entschleunigung‘ und‚Nachhaltigkeit‘ wirken.Sie sagen, dass die Auseinandersetzungmit Literatur fordert, dass sieanstrengend ist und man investierenmuss, dafür aber belohnt wird.Sie sagen, dass man sich verändernmuss, sensibler, wacher und genussfähigerwird, und schließen mit demBild „Vom Eierlikör bis zum SingleMalt Whisky“. Was meinen Sie damit?Das Phänomen sollte aus dem Sportbekannt sein: Nur wenn man anseine Grenzen geht und sie k<strong>on</strong>sequenterweitert, bleibt die Motivati<strong>on</strong>erhalten und wächst das Vergnügen.(Auch die Volkswirtschaftmuss wachsen, damit der Lebensstandardzumindest nicht sinkt.)Wohin ein irregeleiteter, hilfloserPopularisierungswille führt, habendie diesjährigen Tage derdeutschsprachigen Literatur sehranschaulich vor Augen geführt.Eine Verflachung, die auch in derDr. Fabjan Hafnerseit 1998 Mitarbeiter des RobertMusil-Instituts für Literaturforschungder Universität Klagenfurt| Kärntner Literaturarchiv, Literaturwissenschaftler,Schriftsteller,Übersetzer und Preisträger: Wissenschaftspreisder ÖsterreichischenGesellschaft für Germanistik (2006),Petrarca-Übersetzer-Preis (1990),Österreichischer Staatspreis fürliterarische Übersetzung (2006),Preis für europäische Poesie derStadt Münster (2007).