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12 Flächen- und Volumenintegrale

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<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

<strong>12</strong>.1 Integration über ebene Mengen<br />

<strong>12</strong>.1.1 Erweiterung des <strong>Flächen</strong>inhaltsbegriffes<br />

In einigen Spezialfällen haben wir ebenen Mengen (d.h. Teilmengen von R 2 ) bereits einen<br />

<strong>Flächen</strong>inhalt zugeordnet (siehe Abschnitt 9.1). Nun wollen wir für eine recht umfangreiche<br />

Klasse von ebenen Mengen den Begriff des <strong>Flächen</strong>inhalts definieren.<br />

Sei B ⊂ R 2 eine beschränkte Menge. Sei k<br />

eine natürliche Zahl. R 2 sei mit einem kartesischen<br />

Koordinatensystem versehen <strong>und</strong> bezüglich<br />

dieses von einem Gitter achsenparalleler<br />

abgeschlossener Quadrate der Seitenlänge<br />

2 −k (so genannter k-Quadrate) überdeckt.<br />

Der <strong>Flächen</strong>inhalt jedes k-Quadrats ist<br />

2 −k · 2 −k = 2 −2k .<br />

Sei<br />

s k(B) := Summe der <strong>Flächen</strong>inhalte aller k-Quadrate, die ganz in B enthalten<br />

sind,<br />

sk(B) := Summe der <strong>Flächen</strong>inhalte aller k-Quadrate, die mindestens einen<br />

Punkt von B enthalten.<br />

Da B nach Voraussetzung beschränkt ist, gibt es zu jedem k nur endlich viele k-Quadrate<br />

mit der entsprechenden Eigenschaft.<br />

Durch Vergrößern von k wird das Gitter verfeinert. Dabei gilt<br />

<strong>und</strong> daher existieren die Grenzwerte<br />

s k(B) ≤ s k+1(B)≤sk+1(B) ≤ sk(B) ,<br />

A (B) := lim sk(B) k→∞<br />

(Approximation von innen),<br />

A (B) := lim sk(B)<br />

k→∞<br />

(Approximation von außen).<br />

B<br />

285


<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

Definition <strong>12</strong>.1.1. Die Menge B ⊂ R2 heißt Riemann-meßbar, wenn sie beschränkt ist <strong>und</strong><br />

A (B) = A ¯(B)<br />

gilt. Dieser gemeinsame Wert heißt dann <strong>Flächen</strong>inhalt A (B) der Menge<br />

B. (A für “area”, lat.: Fläche.)<br />

Ist N ⊂ R 2 Riemann-meßbar <strong>und</strong> gilt A (N) = 0, so heißt N Nullmenge in R 2 .<br />

Satz <strong>12</strong>.1.2. Für beschränkte Teilmengen B <strong>und</strong> N von R 2 gilt:<br />

(i) B ist genau dann Riemann-meßbar, wenn der Rand von B eine Nullmenge in R 2 ist.<br />

(ii) Ist B Riemann-meßbar <strong>und</strong> N Nullmenge in R 2 , so gilt<br />

A (B) = A (B ∪ N) = A (B \ N) .<br />

Satz <strong>12</strong>.1.3. Jede aus endlich vielen, stetig differenzierbaren Kurvenstücken <strong>und</strong> eventuell<br />

endlich vielen, weiteren Punkten bestehende Teilmenge von R 2 ist Nullmenge in R 2 .<br />

Aus diesen Sätzen folgt:<br />

Folgerung <strong>12</strong>.1.4. Jede beschränkte Teilmenge B von R 2 , deren Rand aus endlich vielen,<br />

stetig differenzierbaren Kurvenstücken <strong>und</strong> eventuell endlich vielen weiteren Punkten besteht,<br />

ist Riemann-meßbar, besitzt also einen <strong>Flächen</strong>inhalt A (B).<br />

Folgerung <strong>12</strong>.1.5. Das Hinzufügen oder Entfernen einer Nullmenge in R 2 läßt den <strong>Flächen</strong>inhalt<br />

einer Riemann-meßbaren Menge unverändert.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.1.6. Es sei B ein abgeschlossenes Rechteck in der<br />

Ebene mit den Seitenlängen a > 0 <strong>und</strong> b > 0. N1 sei die aus<br />

den vier Seitenlinien bestehende Menge <strong>und</strong> N2 eine Diagonale.<br />

Dann sind N1 <strong>und</strong> N2 Nullmengen in R 2 , <strong>und</strong> es gilt<br />

A (B \ N1) = A (B \ N2) = A (B) = ab .<br />

Beispiel <strong>12</strong>.1.7. Es sei B wie in Beispiel <strong>12</strong>.1.6 <strong>und</strong><br />

M := {(x,y) ∈ B: x <strong>und</strong> y rationale Zahlen} .<br />

Dann gilt A (M) = 0 (denn jedes k-Quadrat enthält auch Punkte mit mindestens einer irrationalen<br />

Koordinate) <strong>und</strong> A ¯(M)<br />

= ab > 0. Also ist M nicht Riemann-meßbar.<br />

<strong>12</strong>.1.2 Der Begriff des <strong>Flächen</strong>integrals<br />

Es soll das Integral einer Funktion über eine beschränkte ebene Menge definiert werden.<br />

286<br />

a<br />

N2<br />

b


Wir erinnern an die Definition des Integrals b�<br />

S( f ) :=<br />

a<br />

<strong>12</strong>.1 Integration über ebene Mengen<br />

f (x)dx mittels Riemann-Summen der Form<br />

m<br />

∑ f (ξi) · △xi,<br />

i=1<br />

die zu einer Zerlegung Z = {a = x0,x1,...,xm = b} des Intervalls [a,b] gehören. Hierbei ist<br />

△xi := xi − xi−1 die Länge des Teilintervalls [xi−1,xi] <strong>und</strong> ξi ∈ [xi−1,xi].<br />

Nun sei B ⊂ R 2 eine beschränkte Menge <strong>und</strong> f : B → R eine Funktion.<br />

Mittels glatten Kurvenstücken sei eine Zerlegung<br />

Z von B in Teilmengen B1,...,Bm vorgenommen.<br />

Die Menge B sei so beschaffen,<br />

daß jedes Bi Riemann-meßbar ist, <strong>und</strong> es sei<br />

△Bi := A (Bi) der <strong>Flächen</strong>inhalt von Bi. Weiter<br />

sei (ξi,ηi) ∈ Bi beliebig gewählt.<br />

Dann heißt<br />

S( f ,Z) :=<br />

m<br />

∑ f (ξi,ηi) · △Bi<br />

i=1<br />

Riemann-Summe von f bezüglich der Zerlegung Z.<br />

Bi<br />

B<br />

(<strong>12</strong>.1.1)<br />

Es sei δ(Z) der maximale Durchmesser (d.h. das Supremum der Abstände zweier Punkte<br />

dieser Menge) der zu Z gehörigen Mengen B1,...,Bm. δ(Z) ist ein Maß für die “Feinheit”<br />

der Zerlegung Z.<br />

Statt einer Zerlegung Z betrachten wir nun eine Folge von “immer feineren” Zerlegungen<br />

Zn von B in Mengen B (n)<br />

1 ,...,B(n) mn . Dabei soll “immer feiner” bedeuten, daß lim<br />

n→∞ δ(Zn) = 0<br />

gilt. Wenn nun für jede solche Folge (Zn) <strong>und</strong> jede Wahl der Punkte (ξ (n)<br />

i ,η (n)<br />

i ) ∈ B (n)<br />

i die<br />

zugehörige Folge der Riemann-Summen stets konvergiert, so hängt deren Grenzwert nur<br />

von f <strong>und</strong> B ab <strong>und</strong> heißt <strong>Flächen</strong>integral von f über B, in Zeichen<br />

��<br />

��<br />

��<br />

f db oder f (x,y)db(x,y) oder f (x,y)d(x,y) .<br />

B<br />

B<br />

Das db deutet dabei darauf hin, daß wir über einen Bereich integrieren.<br />

In Kurzform kann man die Definition so zusammenfassen:<br />

��<br />

f db := lim<br />

mn<br />

f (ξ (n)<br />

i ,η (n)<br />

i ) · △B (n)<br />

i .<br />

B<br />

∑<br />

δ(Zn)→0<br />

i=1<br />

Satz <strong>12</strong>.1.8. Ist B ⊂ R2 Riemann-meßbar <strong>und</strong> f : B → R beschränkt <strong>und</strong> stetig, so existiert<br />

das <strong>Flächen</strong>integral ��<br />

f db.<br />

B<br />

B<br />

287


<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

Bemerkung <strong>12</strong>.1.9. Aus (<strong>12</strong>.1.1) mit f = 1 folgt S( f ,Z) = m<br />

∑<br />

i=1<br />

△Bi = A (B). Alle Riemann-<br />

Summen haben denselben Wert <strong>und</strong> daher ist<br />

��<br />

db = A (B) der <strong>Flächen</strong>inhalt von B . (<strong>12</strong>.1.2)<br />

B<br />

<strong>12</strong>.1.3 Berechnung von <strong>Flächen</strong>integralen<br />

Wir beginnen mit zwei allgemeinen Rechenregeln.<br />

Satz <strong>12</strong>.1.10. Ist B ⊂ R2 Riemann-meßbar, N ⊂ R2 Nullmenge in R2 <strong>und</strong> f : B ∪ N → R<br />

beschränkt <strong>und</strong> stetig, so gilt (vgl. Satz <strong>12</strong>.1.2)<br />

�� �� ��<br />

f db = f db= f db . (<strong>12</strong>.1.3)<br />

B<br />

B∪N<br />

B\N<br />

Satz <strong>12</strong>.1.11. Seien B1,B2 ⊂ R 2 Riemann-meßbare<br />

Mengen, die höchstens eine Nullmenge gemeinsam haben.<br />

Weiter sei f : B1 ∪ B2 → R beschränkt <strong>und</strong> stetig.<br />

Dann gilt<br />

��<br />

B1∪B2<br />

��<br />

f db =<br />

B1<br />

��<br />

db +<br />

B2<br />

db . (<strong>12</strong>.1.4) B1<br />

Wir definieren nun Klassen von ebenen Mengen, für die das <strong>Flächen</strong>integral leicht zu berechnen<br />

ist.<br />

Definition <strong>12</strong>.1.<strong>12</strong>.<br />

(i) Es seien u,v: [a,b] → R stetige Funktionen mit<br />

u(x) ≤ v(x) für alle x ∈ [a,b]. Dann heißt<br />

B− := {(x,y) ∈ R 2 : a ≤ x ≤ b, u(x) ≤ y ≤ v(x)}<br />

horizontaler Normalbereich oder Normalbereich<br />

bez. der x-Achse.<br />

(ii) Es seien ϕ,ψ : [α,β] → R stetige Funktionen mit<br />

ϕ(y) ≤ ψ(y) für alle y ∈ [α,β]. Dann heißt β<br />

B | := {(x,y) ∈ R 2 : α ≤ y ≤ β, ϕ(y) ≤ x ≤ ψ(y)}<br />

vertikaler Normalbereich oder Normalbereich bez.<br />

der y-Achse.<br />

288<br />

α<br />

a<br />

ϕ<br />

B_<br />

B |<br />

v<br />

u<br />

B2<br />

b<br />

ψ


<strong>12</strong>.1 Integration über ebene Mengen<br />

Satz <strong>12</strong>.1.13. (i) Ist B− ⊂ R2 ein Normalbereich bezüglich der x-Achse <strong>und</strong> f : B− → R<br />

eine stetige Funktion, so gilt<br />

�� ��<br />

� �� �<br />

b v(x)<br />

f db = f (x,y)d(x,y) =<br />

f (x,y)dy dx . (<strong>12</strong>.1.5)<br />

B−<br />

B−<br />

x=a<br />

y=u(x)<br />

(ii) Ist B | ⊂ R 2 ein Normalbereich bezüglich der y-Achse <strong>und</strong> f : B | → R eine stetige Funk-<br />

tion, so gilt<br />

��<br />

B |<br />

��<br />

f db =<br />

B |<br />

� β<br />

f (x,y)d(x,y) =<br />

y=α<br />

�� ψ(y)<br />

x=ϕ(y)<br />

�<br />

f (x,y)dx dy . (<strong>12</strong>.1.6)<br />

Durch (<strong>12</strong>.1.5) wird das <strong>Flächen</strong>integral auf ein zweifaches Integral zurückgeführt. Letzteres<br />

berechnet man “von innen nach außen”: Man integriert zuerst über y bei “festgehaltenem”<br />

x, danach über x.<br />

Entsprechendes gilt für (<strong>12</strong>.1.6).<br />

Beispiel <strong>12</strong>.1.14. Die Graphen der Funktionen<br />

mit<br />

f1(x) = √ x + 3 , f2(x) = 0 , <strong>und</strong> f3(x) = 2 √ x<br />

D( f1) = D( f2)[−3,∞[ , D( f3) = [0,∞[<br />

beranden einen beschränkten Bereich B der x,y-Ebene. Gesucht ist der <strong>Flächen</strong>inhalt A (B).<br />

Lösung: Im Bild ist der Bereich B dargestellt.<br />

Der Schnittpunkt von graph( f1) <strong>und</strong><br />

graph( f2) ergibt sich aus √ x + 3 = 2 √ x zu<br />

(1,2).<br />

Zur Berechnung von A (B) = ��<br />

db sind zwei<br />

B<br />

y = √ x + 3<br />

Wege möglich. −3<br />

1<br />

1. Weg: B “von der x-Achse her” betrachten. Nach Satz <strong>12</strong>.1.11 gilt<br />

�� ��<br />

A (B) = db + db ,<br />

wobei B1 <strong>und</strong> B2 Normalbereiche bezüglich der x-Achse sind. Daher gilt<br />

�<br />

�� � 0 � √ �<br />

x+3 � 0<br />

db =<br />

dy dx = y � �y=√x+3 dx<br />

y=0<br />

B1<br />

=<br />

x=−3<br />

� 0<br />

x=−3<br />

y=0<br />

B1<br />

B2<br />

x=−3<br />

√ 2<br />

x + 3 dx =<br />

3 (x + 3) 3 �<br />

�<br />

2 �<br />

�<br />

B1<br />

x=0<br />

x=−3<br />

y<br />

= 2 √ 3<br />

B2<br />

y = 2 √ x<br />

x<br />

289


<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

<strong>und</strong><br />

��<br />

B2<br />

db =<br />

Somit ist A (B) = 4.<br />

� 1<br />

x=0<br />

� � √ x+3<br />

y=2 √ x<br />

dy<br />

�<br />

dx =<br />

2. Weg: B “von der y-Achse her” betrachten.<br />

Dann ist B selbst Normalbereich. Wegen<br />

folgt<br />

y = √ x + 3 ⇐⇒ x = y 2 − 3, y ≥ 0<br />

y = 2 √ x ⇐⇒ x = 1<br />

4 y2 , y ≥ 0 ,<br />

��<br />

A (B) =<br />

B<br />

db =<br />

� 2<br />

y=0<br />

� � 14 y 2<br />

x=y 2 −3<br />

dx<br />

�<br />

dy =<br />

� 1<br />

x=0<br />

� 2<br />

y=0<br />

( √ x + 3 − 2 √ x)dx = 4 − 2 √ 3 .<br />

x = y 2 − 3<br />

−3<br />

Der zweite Weg ist hier kürzer <strong>und</strong> daher hier vorzuziehen.<br />

y<br />

x = 1 4 y2<br />

[ 1<br />

4 y2 − y 2 + 3]dy = [− 1<br />

4 y3 + 3y] � �y=2 = 4 . y=0<br />

Wir betrachten noch einen Spezialfall von Satz <strong>12</strong>.1.13. Ein Rechteck<br />

B = {(x,y) ∈ R 2 : a ≤ x ≤ b, α ≤ y ≤ β}<br />

ist sowohl Normalbereich bezüglich der x-Achse als auch Normalbereich bezüglich der y-<br />

Achse. Für jede stetige Funktion f : B → R gilt daher die Vertauschungsformel<br />

� �� �<br />

b β<br />

�� ��<br />

� �� �<br />

β b<br />

f (x,y)dy dx = f dB = f (x,y)d(x,y) = f (x,y)dx dy .<br />

x=a<br />

y=α<br />

<strong>12</strong>.1.4 Anwendungen<br />

B<br />

B<br />

y=α<br />

x=a<br />

1<br />

x<br />

(<strong>12</strong>.1.7)<br />

Eine Riemann-meßbare Menge B ⊂ R 2 (Platte) sei mit Masse der <strong>Flächen</strong>dichte ρF belegt.<br />

a) Für die Masse m von B gilt<br />

�� ��<br />

m = ρF db = ρF(x,y)d(x,y) . (<strong>12</strong>.1.8)<br />

B<br />

B<br />

b) Statische Momente von B :<br />

Denkt man sich die Masse △mi des Teilbereichs Bi im Punkt (ξi,ηi) konzentriert, dann ist<br />

290<br />

△mi · ηi (Masse mal Abstand von derx-Achse)


<strong>12</strong>.1 Integration über ebene Mengen<br />

das statische Moment dieser Punktmasse bez. der x-Achse. Durch Summieren <strong>und</strong> Verfeinern<br />

der Zerlegung erhält man für den gesamten Bereich B :<br />

Mx := ��<br />

y · ρF(x,y)d(x,y) statisches Moment bez. der x-Achse,<br />

B<br />

My := ��<br />

x · ρF(x,y)d(x,y) statisches Moment bez. der y-Achse.<br />

(<strong>12</strong>.1.9)<br />

B<br />

c) Der Schwerpunkt (oder Massenmittelpunkt) von B ist definiert als derjenige Punkt<br />

S = (xs,ys), in dem die Gesamtmasse m dieselben statischen Momente hat wie der Bereich<br />

B. Aus mxs = My <strong>und</strong> mys = Mx folgt mit (<strong>12</strong>.1.9):<br />

S = (xs,ys) mit xs = 1<br />

m<br />

��<br />

B<br />

x · ρF(x,y)d(x,y) , ys = 1<br />

m<br />

��<br />

B<br />

y · ρF(x,y)d(x,y) . (<strong>12</strong>.1.10)<br />

��<br />

Ist ρF(x,y) = ρ0 (konstant) für alle (x,y) ∈ B, dann ist m = ρ0 dB = ρ0A (B). Mit<br />

(<strong>12</strong>.1.10) ergibt sich der geometrische Schwerpunkt S von B :<br />

S = ( ¯xs, ¯ys) mit ¯xs = 1<br />

��<br />

A (B)<br />

xd(x,y) , ¯ys = 1<br />

��<br />

A (B)<br />

B<br />

B<br />

B<br />

yd(x,y) . (<strong>12</strong>.1.11)<br />

d) Trägheitsmomente von B :<br />

��<br />

Ix = y 2 · ρF(x,y)d(x,y) Trägheitsmoment bezüglich der x-Achse,<br />

B<br />

��<br />

Iy =<br />

B<br />

��<br />

I0 =<br />

Ixy = −<br />

B<br />

��<br />

B<br />

x 2 · ρF(x,y)d(x,y) Trägheitsmoment bezüglich der y-Achse,<br />

(x 2 + y 2 ) · ρF(x,y)d(x,y) polares Trägheitsmoment,<br />

xy · ρF(x,y)d(x,y) Deviationsträgheitsmoment.<br />

Im Falle ρF(x,y) = 1 für alle (x,y) ∈ B heißen Ix, ,Iy, I0 <strong>und</strong> Ixy <strong>Flächen</strong>momente.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.1.15. Es sei B das gleichschenklige Dreieck im Bild. Gesucht ist das <strong>Flächen</strong>moment<br />

Ix bezüglich der x-Achse.<br />

Lösung: Zur Berechnung von<br />

��<br />

Ix = y 2 y<br />

d(x,y)<br />

h<br />

B<br />

deuten wir B als Normalbereich bezüglich der<br />

y-Achse mit der linken Randkurve x = a hy − a<br />

<strong>und</strong> der rechten Randkurve x = − a hy + a.<br />

B<br />

−a a<br />

x<br />

291


<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

Hiermit gilt<br />

��<br />

Ix =<br />

B<br />

y 2 d(x,y) =<br />

� h<br />

y=0<br />

�� − a h y+a<br />

x= a h y−a<br />

y 2 � � h<br />

dx dy = y<br />

y=0<br />

2 �<br />

· 2<br />

<strong>12</strong>.2 Integration über räumliche Mengen<br />

<strong>12</strong>.2.1 Der Begriff des Volumens<br />

− a<br />

h<br />

�<br />

y + a dy = ah3<br />

6 .<br />

Analog zu 14.1.1 definieren wir die Parameterdarstellung eines <strong>Flächen</strong>stückes F ⊂ R 3 als<br />

das Bild einer stetigen Abbildung f : B ⊂ R 2 → R 3 .<br />

Die in <strong>12</strong>.1.1 für beschränkte ebene Mengen durchgeführten Überlegungen lassen sich nun<br />

sinngemäß auf beschränkte räumliche Mengen („Körper“) übertragen. Die folgende Tabelle<br />

deutet dies an.<br />

gegebene Menge Approx. durch führt zu speziell<br />

R 2 B ⊂ R 2 beschränkt Quadrate Riemann-Meßbarkeit B Nullmenge in R 2<br />

<strong>Flächen</strong>inh. A (B) A (B) = 0<br />

R 3 K ⊂ R 3 beschränkt Würfel Riemann-Meßbarkeit K Nullmenge in R 3<br />

Volumen V (K) V (K) = 0<br />

Es gelten zu den Sätzen <strong>12</strong>.1.2, <strong>12</strong>.1.3 analoge Aussagen. Wir formulieren nur deren praktische<br />

Konsequenzen:<br />

• Jede beschränkte Teilmenge K von R 3 , deren Rand eine Nullmenge in R 3 ist [also<br />

z.B. nur aus je endlich vielen <strong>Flächen</strong>stücken, Kurvenstücken oder Punkten besteht]<br />

ist Riemann-meßbar, besitzt also ein Volumen V (K).<br />

• Das Hinzufügen oder Entfernen einer Nullmenge in R 3 läßt das Volumen einer Riemannmeßbaren<br />

Teilmenge von R 3 unverändert.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.2.1. Es sei K ein abgeschlossener Quader mit den Kantenlängen a,b,c. Der<br />

Rand von K besteht aus den 6 Seitenflächen, den <strong>12</strong> Kanten <strong>und</strong> den 8 Ecken. Bezeichnet<br />

N den gesamten Rand von K (oder Teile davon), so ist N eine Nullmenge in R 3 , K ist<br />

Riemann-meßbar, <strong>und</strong> es gilt<br />

V (K \ N) = V (K) = abc .<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.2.2. Jede Seitenfläche von K ist Nullmenge in R 3 , aber nicht Nullmenge in<br />

R 2 .<br />

292


<strong>12</strong>.2.2 Der Begriff des Raumintegrals<br />

<strong>12</strong>.2 Integration über räumliche Mengen<br />

Es seien K ⊂ R 3 eine beschränkte Menge <strong>und</strong> f : K → R eine Funktion. Es soll das Integral<br />

von f über K definiert werden. Mittels <strong>Flächen</strong>stücken sei K in Teilmengen K1,...,Km zerlegt.<br />

Jedes Ki sei Riemann-meßbar mit dem Volumen △Ki := V (Ki). Weiter sei (ξi,ηi,ζi) ∈<br />

Ki beliebig gewählt. Dann heißt<br />

Riemann-Summe von f .<br />

S( f ,Z) :=<br />

m<br />

∑ f (ξi,ηi,ζi) · △Ki<br />

i=1<br />

(<strong>12</strong>.2.1)<br />

Statt einer Zerlegung von K betrachten wir nun eine Folge von Zerlegungen, die “immer<br />

feiner” werden (vgl. <strong>12</strong>.1.2), sowie die zugehörige Folge der Riemann-Summen. Wenn<br />

diese stets konvergiert, hängt der Grenzwert nur von f <strong>und</strong> K ab <strong>und</strong> heißt Raumintegral<br />

von f über K, in Zeichen<br />

���<br />

K<br />

f dv oder<br />

���<br />

K<br />

f (x,y,z)dv(x,y,z) oder<br />

���<br />

Hier bezeichnet dv, daß es sich um ein Volumenintegral handelt.<br />

K<br />

f (x,y,z)d(x,y,z) .<br />

Satz <strong>12</strong>.2.3. Ist K ⊂ R3 Riemann-meßbar <strong>und</strong> f : K → R beschränkt <strong>und</strong> stetig, so existiert<br />

das Raumintegral ���<br />

f dv.<br />

K<br />

<strong>12</strong>.2.3 Berechnung von Raumintegralen<br />

Die den Sätzen <strong>12</strong>.1.10, <strong>12</strong>.1.11 entsprechenden Sätze sind:<br />

Satz <strong>12</strong>.2.4. Ist K ⊂ R 3 Riemann-meßbar, N ⊂ R 3 Nullmenge in R 3 <strong>und</strong> f : K ∪ N → R<br />

beschränkt <strong>und</strong> stetig, so gilt<br />

���<br />

K<br />

���<br />

f dv =<br />

K∪N<br />

���<br />

f dv =<br />

K\N<br />

f dv .<br />

Satz <strong>12</strong>.2.5. Seien K1,K2 ⊂ R 3 Riemann-meßbare Mengen, die höchstens eine R 3 -Nullmenge<br />

gemeinsam haben. Weiter sei f : K1 ∪ K2 → R beschränkt <strong>und</strong> stetig. Dann gilt<br />

���<br />

K1∪K2<br />

���<br />

f dv =<br />

K1<br />

���<br />

f dv +<br />

K2<br />

f dv .<br />

293


<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

Gr<strong>und</strong>lage für die Berechnung von vielen Raumintegralen ist der folgende Satz.<br />

Dazu betrachten wir einen zylindrischen Körper<br />

K := {(x,y,z) ∈ R 3 : (x,y) ∈ B, g(x,y) ≤ z ≤ h(x,y)} , (<strong>12</strong>.2.2)<br />

wobei B ⊆ R 2 ein Normalbereich (bezüglich der x-Achse oder der<br />

y-Achse) ist <strong>und</strong> g,h: B → R stetige Funktionen sind.<br />

Satz <strong>12</strong>.2.6. Für einen zylindrischen Körper K mit (<strong>12</strong>.2.2) gilt<br />

��� ��<br />

f dv =<br />

�� h(x,y)<br />

�<br />

f (x,y,z)dz db . (<strong>12</strong>.2.3)<br />

K<br />

B<br />

z=g(x,y)<br />

Ist also B ein Normalbereich bezüglich der x-Achse,<br />

so gilt nach (<strong>12</strong>.2.3) <strong>und</strong> (<strong>12</strong>.1.7):<br />

���<br />

K<br />

���<br />

f dv =<br />

K<br />

B = {(x,y) ∈ R 2 : a ≤ x ≤ b, u(x) ≤ y ≤ v(x)} ,<br />

f (x,y,z)d(x,y,z) =<br />

� b<br />

x=a<br />

�� v(x)<br />

y=u(x)<br />

�� h(x,y)<br />

z=g(x,y)<br />

z<br />

y<br />

K<br />

B<br />

� �<br />

f (x,y,z)dz dy dx . (<strong>12</strong>.2.4)<br />

Im Spezialfall f = 1 gilt nach Definition des Raumintegrals<br />

���<br />

dv = V (K) Volumen von K . (<strong>12</strong>.2.5)<br />

K<br />

Ist K der durch (<strong>12</strong>.2.2) gegebene zylindrische Körper, so gilt nach (<strong>12</strong>.2.3)<br />

��<br />

��<br />

V (K) = [h − g]db = [h(x,y) − g(x,y)]d(x,y) .<br />

<strong>12</strong>.2.4 Anwendungen<br />

B<br />

B<br />

Eine Riemann-meßbare Menge K ⊂ R 3 sei mit Masse der (räumlichen) Dichte ρ belegt. In<br />

Analogie zum ebenen Fall erhält man die folgenden Formeln.<br />

a) Die Masse m von K ist<br />

294<br />

���<br />

m = ρ(x,y,z)d(x,y,z) . (<strong>12</strong>.2.6)<br />

K<br />

g<br />

h<br />

x


<strong>12</strong>.2 Integration über räumliche Mengen<br />

Beispiel <strong>12</strong>.2.7. Im x,y,z-Raum sei K der von dem Rotationsparaboloid<br />

<strong>und</strong> der Kugel<br />

F1 = {(x,y,z): z = √ 3(x 2 + y 2 )}<br />

F2 = {(x,y,z): x 2 + y 2 + z 2 = 4}<br />

berandete, oberhalb der x,y-Ebene gelegene Körper. K sei mit Masse der Dichte ρ(x,y,z) =<br />

z belegt. Gesucht ist die Masse m von K.<br />

Lösung: 1. Darstellung von K: Die Schnittkurve C von F1 <strong>und</strong> F2 ergibt sich aus<br />

x 2 + y 2 + 3(x 2 + y 2 ) 2 = 4 .<br />

Mit a := x2 + y2 folgt a2 + 1 3a − 4 3 = 0 also a = 1 (beachte a ≥ 0). C ist also ein Kreis um<br />

die z-Achse mit Radius 1 auf der Ebene z = √ 3. Somit gilt<br />

mit<br />

K = {(x,y,z) ∈ R 3 : (x,y) ∈ B, √ 3(x 2 + y 2 ) ≤ z ≤<br />

�<br />

4 − (x 2 + y 2 )}<br />

B = {(x,y) ∈ R 2 �<br />

: − 1 ≤ x ≤ 1, − 1 − x2 �<br />

≤ y ≤ 1 − x2 } .<br />

2. Berechnung des Integrals: Mit (<strong>12</strong>.2.6) <strong>und</strong> (<strong>12</strong>.2.4) erhalten wir<br />

���<br />

m = zdv =<br />

=<br />

K<br />

� 1<br />

x=−1<br />

� 1<br />

x=−1<br />

� � √ 1−x 2<br />

y=− √ 1−x 2<br />

� � √ 1−x 2<br />

y=− √ 1−x 2<br />

� � √ 4−(x 2 +y 2 )<br />

z= √ 3(x 2 +y 2 )<br />

zdz<br />

�<br />

dy<br />

�<br />

dx<br />

1<br />

2 [4 − (x2 + y 2 ) − 3(x 2 + y 2 ) 2 �<br />

]dy dx .<br />

Die weitere Auswertung der Integrale in kartesischen Koordinaten ist recht mühevoll. Wir<br />

brechen die Rechnung hier ab. In <strong>12</strong>.3 werden wir eine Methode behandeln, die schneller<br />

zum Ziele führt.<br />

b) Das statische Moment von K bezüglich der x,y-Ebene ist<br />

���<br />

Mxy := zρ(x,y,z)d(x,y,z) . (<strong>12</strong>.2.7)<br />

Analog sind die statischen Momente bezüglich anderer Ebenen definiert.<br />

K<br />

295


<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

c) Der Schwerpunkt (oder Massenmittelpunkt) S = (xs,ys,zs) von K ergibt sich wieder<br />

aus der Bedingung, daß die dort konzentrierte Gesamtmasse m dieselben statischen Momente<br />

habe wie K. So ist zum Beispiel mzs = Mxy. Insgesamt ergibt sich<br />

xs = 1<br />

���<br />

x · ρ(x,y,z)d(x,y,z) ,<br />

m<br />

K<br />

ys = 1<br />

���<br />

y · ρ(x,y,z) d(x,y,z) , (<strong>12</strong>.2.8)<br />

m<br />

K<br />

zs = 1<br />

���<br />

z · ρ(x,y,z)d(x,y,z) .<br />

m<br />

K<br />

���<br />

Ist ρ(x,y,z) = ρ0 (konstant), dann ist m = ρ0 dv = ρ0V (K). Mit (<strong>12</strong>.2.8) erhält man den<br />

K<br />

geometrischen Schwerpunkt ¯S( ¯xs, ¯ys, ¯zs) von K:<br />

¯xs = 1<br />

���<br />

xd(x,y,z) , ¯ys =<br />

V (K)<br />

K<br />

1<br />

���<br />

yd(x,y,z) , ¯zs =<br />

V (K)<br />

K<br />

1<br />

���<br />

zd(x,y,z) .<br />

V (K)<br />

K<br />

d) Man definiert das Trägheitsmoment (TM) von K bezüglich einer Ebene, einer Geraden<br />

beziehungsweise eines Punktes durch die Formel<br />

���<br />

I = r 2 ���<br />

· ρ dv = r 2 (x,y,z) · ρ(x,y,z)d(x,y,z) (<strong>12</strong>.2.9)<br />

K<br />

<strong>und</strong> folgende Tabelle:<br />

Bezeichnung planares TM axiales TM polares TM<br />

von I bez. x,y-Ebene bez. z-Achse bez. Nullpunkt<br />

r 2 (x,y,z) = z 2 x 2 + y 2 x 2 + y 2 + z 2<br />

K<br />

Es ist r also der Abstand eines variablen Punktes des Körpers vom Bezugsobjekt. Für das<br />

planare Trägheitsmoment bezüglich der x,y-Ebene schreibt man statt I auch Ixy; entsprechend<br />

Iz beziehungsweise I0. Die Trägheitsmomente bezüglich anderer Ebenen, Geraden<br />

<strong>und</strong> Punkten sind analog definiert.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.2.8. Sei K das von den Ebenen x = 0, y = 0, z = 0 <strong>und</strong> x+y+z−1 = 0 berandete<br />

Tetraeder. Die Dichte sei ρ(x,y,z) = 1 (konstant). Gesucht ist das axiale Trägheitsmoment<br />

Iz bezüglich der z-Achse.<br />

Lösung: Man erhält man<br />

���<br />

Iz = (x 2 + y 2 � �� �� 1 1−x 1−x−y<br />

)d(x,y,z) =<br />

(x 2 + y 2 � �<br />

z<br />

)dz dy dx<br />

y<br />

=<br />

296<br />

K<br />

� 1<br />

x=0<br />

�� 1−x<br />

y=0<br />

x=0<br />

y=0<br />

z=0<br />

(x 2 + y 2 �<br />

)(1 − x − y)dy dx = ··· = 1<br />

30 .<br />

x


<strong>12</strong>.3 Integration mittels Koordinatentransformation<br />

<strong>12</strong>.3 Integration mittels Koordinatentransformation<br />

<strong>12</strong>.3.1 Allgemeiner Fall<br />

Wir erläutern das Ziel des Abschnittes an einem Beispiel.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.3.1. Gesucht ist das <strong>Flächen</strong>moment Ix der Halbkreisfläche<br />

bezüglich der x-Achse.<br />

B = {(x,y) ∈ R 2 : x 2 + y 2 ≤ a 2 , y ≥ 0}<br />

Mit der Deutung von B als Normalbereich bezüglich der x-<br />

Achse erhält man sofort<br />

��<br />

y 2 �<br />

� a �<br />

√<br />

a2−x2 d(x,y) =<br />

y 2 �<br />

dy dx<br />

Ix =<br />

B<br />

� a<br />

x=−a<br />

1<br />

=<br />

x=−a 3 (a2 − x 2 ) 3/2 dx .<br />

Die Berechnung des letzten Integrals ist allerdings recht aufwendig.<br />

y=0<br />

Bei der Transformation der kartesischen Koordinaten x,y in Polarkoordinaten<br />

r,ϕ gemäß<br />

Tpolar : (r,ϕ) ↦→ (x,y) , x = r cosϕ, y = r sinϕ<br />

entspricht der Menge B die Menge<br />

<strong>und</strong> es gilt<br />

B ∗ = {(r,ϕ): 0 ≤ r ≤ a, 0 ≤ ϕ ≤ π}<br />

��<br />

B ∗<br />

... d(r,ϕ) =<br />

� a<br />

r=0<br />

�� π<br />

�<br />

... dϕ dr .<br />

ϕ=0<br />

Zur Berechnung von Ix auf diesem Wege benötigt man aber einen Zusammenhang zwischen<br />

��<br />

... d(x,y) <strong>und</strong> ��<br />

... d(r,ϕ).<br />

B<br />

B ∗<br />

Hiermit wollen wir uns nun allgemein befassen.<br />

Wir beschreiben zuerst die in Frage kommenden Transformationen.<br />

Definition <strong>12</strong>.3.2. Seien C0 <strong>und</strong> D0 offene Teilmengen von R n . Eine Vektorfunktion T : C0 →<br />

D0 heißt zulässige Koordinatentransformation auf D0, wenn gilt<br />

ϕ<br />

π<br />

y<br />

B ∗<br />

B<br />

a<br />

r<br />

a<br />

297<br />

x


<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

1. T ist bijektiv, d.h., zu jedem x ∈ D0 existiert genau ein u ∈ C0 mit T (u) = x.<br />

2. T ist auf C0 stetig (partiell) differenzierbar, <strong>und</strong> es gilt<br />

u2<br />

detJT (u) �= 0 für alle u ∈ C0<br />

C0<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.3.3. Die Surjektivität,<br />

u<br />

u1<br />

T<br />

x2<br />

T [C0] = D0<br />

von T bedeutet zusammen mit der Injektivität, daß jeder Punkt P von D0 außer durch seine<br />

kartesischen Koordinaten x1,...,xn auch durch die zugehörigen Werte u1,...,un eindeutig<br />

beschrieben werden. Daher heißen auch u1,...,un Koordinaten von P.<br />

Die zweite Eigenschaft wird im folgenden benötigt. Die Determinante detJT (u) der Jacobi-<br />

Matrix von JT (u) heißt Jacobi-Determinante (oder Funktionaldeterminante) von T.<br />

Wir kommen nun zur Übertragung der Substitutionsformel (Satz 9.3.17)<br />

� b<br />

a<br />

f (x)dx =<br />

� g −1 (b)<br />

g −1 (a)<br />

x<br />

D0<br />

x1<br />

f (g(u))g ′ (u)du<br />

auf <strong>Flächen</strong>integrale (n = 2) <strong>und</strong> Raumintegrale (n = 3).<br />

Satz <strong>12</strong>.3.4. Sei D ⊂ R n , n = 2 oder n = 3, Riemann-meßbar <strong>und</strong> f : D → R beschränkt<br />

<strong>und</strong> stetig. Weiter sei T : C0 → D0 eine zulässige Koordinatentransformation auf D0 <strong>und</strong><br />

C ⊂ C0 so, daß T [C] = D. Dann gilt<br />

���<br />

D<br />

��<br />

D<br />

��<br />

f (x,y)d(x,y) =<br />

f (x,y,z)d(x,y,z) =<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.3.5. Für<br />

298<br />

C<br />

���<br />

C<br />

f (T (u,v))|detJT (u,v)| d(u,v) für n = 2 , (<strong>12</strong>.3.1)<br />

f (T (u,v,w))|detJT (u,v,w)| d(u,v,w) für n = 3 .<br />

(u,v) ↦→ T (u,v) = (x(u,v),y(u,v))<br />

(<strong>12</strong>.3.2)


zw.<br />

haben wir<br />

<strong>und</strong><br />

<strong>12</strong>.3 Integration mittels Koordinatentransformation<br />

(u,v,w) ↦→ T (u,v,w) = (x(u,v,w),y(u,v,w),z(u,v,w))<br />

f (T (u,v)) = f (x(u,v),y(u,v)) bzw. f (T (u,v,w)) = f (x(u,v,w),y(u,v,w),z(u,v,w))<br />

detJT (u,v) = ∂(x,y)<br />

�<br />

�<br />

(u,v) := �<br />

∂(u,v) � xu(u,v)<br />

�<br />

xv(u,v) �<br />

�<br />

yu(u,v) yv(u,v) � ,<br />

detJT (u,v,w) = ∂(x,y,z)<br />

�<br />

�<br />

� xu(u,v,w) xv(u,v,w) xw(u,v,w)<br />

(u,v,w) := �<br />

∂(u,v,w) � yu(u,v,w) yv(u,v,w) yw(u,v,w)<br />

� zu(u,v,w) zv(u,v,w) zw(u,v,w)<br />

Motivation von (<strong>12</strong>.3.1): Einer Zerlegung von C mittels Koordinatenlinien u = ui <strong>und</strong><br />

v = vi entspricht eine Zerlegung von D in Teilmengen Di.<br />

v y<br />

vi<br />

ui<br />

Ci<br />

T<br />

bi<br />

ai<br />

Di<br />

u x<br />

Man approximiert nun die Menge Di durch das von den Vektoren<br />

ai := △ui<br />

� xu(ui,vi)<br />

yu(ui,vi)<br />

�<br />

<strong>und</strong> bi := △vi<br />

� xv(ui,vi)<br />

yv(ui,vi)<br />

mit △u,△v > 0 aufgespannte Parallelogramm. Für den <strong>Flächen</strong>inhalt |Di| von Di gilt dann<br />

�<br />

�<br />

|Di| ≈ �<br />

� a1i b1 i<br />

a2 i b2 �<br />

�<br />

�<br />

�<br />

i<br />

=<br />

�<br />

�<br />

�<br />

� xu(ui,vi)<br />

�<br />

xv(ui,vi) �<br />

�<br />

yu(ui,vi) yv(ui,vi) �△ui△vi .<br />

Mit dem üblichen Summations- <strong>und</strong> Verfeinerungsprozeß folgt hieraus die Formel (<strong>12</strong>.3.1).<br />

Im Bild ist übrigens angedeutet, daß die Koordinatenlinien u = ui bzw. v = vi in der x,y-<br />

Ebene im allgemeinen nicht geradlinig (wie in der u,v-Ebene) sind. Daher heißen u,v auch<br />

krummlinige Koordinaten.<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.3.6. Aufgr<strong>und</strong> der Sätze <strong>12</strong>.1.10, <strong>12</strong>.2.4 gelten (<strong>12</strong>.3.1) <strong>und</strong> (<strong>12</strong>.3.2) auch,<br />

wenn C \C0 <strong>und</strong> D \ D0 Nullmengen im R 2 oder R 3 sind.<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

� .<br />

299


<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

<strong>12</strong>.3.2 Ebene Polarkoordinaten<br />

Definition <strong>12</strong>.3.7. Seien C,D ⊆ R 2 . Eine Abbildung Tpolar : C → D heißt (ebene) Polarkoordinatenfunktion,<br />

wenn<br />

Tpolar(r,ϕ) = (r cosϕ,r sinϕ) für (r,ϕ) ∈ C .<br />

Gilt Tpolar (r,ϕ) = (x,y), dann heißen r <strong>und</strong> ϕ (ebene) Polarkoordinaten des Punktes (x,y).<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.3.8. Einem Paar (r,ϕ) ∈ C wird durch Tpolar also der Punkt (x,y) ∈ D mit<br />

zugeordnet.<br />

Wir betrachten<br />

Dann gilt<br />

x = r cosϕ , y = r sinϕ<br />

C1 := {(r,ϕ) ∈ R 2 : r ≥ 0, 0 ≤ ϕ < 2π} .<br />

D1 := Tpolar[C1] = R 2 ,<br />

d.h., mittels Tpolar auf C1 hätten wir eine Beschreibung aller Punkte in R 2 durch Polarkoordinaten.<br />

Leider gilt aber Tpolar (0,ϕ) = (0,0) für jedes ϕ ∈ [0,2π[, d.h., der Nullpunkt<br />

der x,y-Ebene wird durch r,ϕ nicht eindeutig dargestellt. Außerdem ist die Menge C1 nicht<br />

offen.<br />

Wir müssen also C1 <strong>und</strong> damit D1 einschränken, um eine zulässige Koordinatentransformation<br />

zu erhalten. Daher setzen wir<br />

C0 := {(r,ϕ) ∈ R 2 : r > 0, 0 < ϕ < 2π} ,<br />

D0 := R 2 \ N0 , wobei N0 := {(x,0) ∈ R 2 : x ≥ 0} .<br />

ϕ y<br />

2π<br />

C0<br />

Tpolar<br />

D0<br />

r x<br />

Im Bild sollen die gestrichelten Linien andeuten, daß diese Teile des Randes nicht zu C0<br />

bzw. D0 gehören. Jeder Punkt (x,y) ∈ D0 wird durch einen Punkt (r,ϕ) ∈ C0 eindeutig<br />

dargestellt, d.h., Tpolar ist eine Bijektion von C0 auf D0.<br />

Für die Jacobi-Determinante von Tpolar erhält man<br />

�<br />

∂(x,y) �<br />

detJTpolar (r,ϕ) = (r,ϕ) = �<br />

∂(r,ϕ) � xr(r,ϕ)<br />

�<br />

xϕ(r,ϕ) �<br />

�<br />

yr(r,ϕ) yϕ(r,ϕ) � =<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

300<br />

r<br />

ϕ<br />

cosϕ −r sinϕ<br />

sinϕ r cosϕ<br />

�<br />

�<br />

�<br />

� ,


also<br />

<strong>12</strong>.3 Integration mittels Koordinatentransformation<br />

detJTpolar<br />

(r,ϕ) = r . (<strong>12</strong>.3.3)<br />

Die partiellen Ableitungen sind auf C0 stetig, <strong>und</strong> nach (<strong>12</strong>.3.3) gilt detJTpolar<br />

alle (r,ϕ) ∈ C0. Somit ist<br />

Tpolar : C0 → D0<br />

eine zulässige Koordinatentransformation auf D0.<br />

Die Koordinatenlinien von Tpolar in der x,y-Ebene sind<br />

r = r0 : Kreise um 0 mit dem Radius r0,<br />

ϕ = ϕ0 : Halbgeraden von 0 aus mit dem Winkel ϕ0.<br />

Die Transformationsformel <strong>12</strong>.3.1 lautet für Polarkoordinaten explizit<br />

��<br />

D<br />

��<br />

f (x,y)d(x,y) =<br />

C<br />

(r,ϕ) > 0 für<br />

f (r cosϕ,r sinϕ)r d(r,ϕ) , Tpolar [C] = D . (<strong>12</strong>.3.4)<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.3.9. Die Mengen C1 \C0 <strong>und</strong> D1 \ D0 sind R 2 -Nullmengen, so daß (<strong>12</strong>.3.4)<br />

nach Bemerkung <strong>12</strong>.3.6 für beliebige, Riemann-meßbare Menge D (<strong>und</strong> C) in R 2 gilt.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.3.10. Wir kommen auf Beispiel <strong>12</strong>.2.7 zurück <strong>und</strong> verwenden die dort eingeführten<br />

Bezeichnungen. Nun soll das <strong>Flächen</strong>moment Ix der Halbkreisfläche B mittels<br />

Polarkoordinaten berechnet werden.<br />

Lösung: Im Hinblick auf die Mengen C0 <strong>und</strong> D0 setzen wir<br />

ϕ<br />

π<br />

C := {(r,ϕ) ∈ R 2 : 0 ≤ r ≤ a, 0 ≤ ϕ ≤ π} ,<br />

C<br />

a<br />

r<br />

Tpolar<br />

y<br />

B<br />

−a a<br />

Dann ist C \C0 eine Nullmenge <strong>und</strong> es gilt Tpolar[C] = B. Daher gilt<br />

��<br />

Ix =<br />

=<br />

B<br />

� a<br />

r=0<br />

y 2 ��<br />

d(x,y) = (r sinϕ) 2 r d(r,ϕ) =<br />

C<br />

r 3<br />

�<br />

1 1<br />

ϕ −<br />

2 4 sin2ϕ<br />

�π ϕ=0<br />

dr =<br />

� a<br />

r=0<br />

� a<br />

r=0<br />

�<br />

r 3<br />

� π<br />

sin<br />

ϕ=0<br />

2 �<br />

ϕ dϕ dr<br />

3 π π<br />

r dr =<br />

4 8 a4 .<br />

x<br />

301


<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

<strong>12</strong>.3.3 Kugelkoordinaten<br />

Definition <strong>12</strong>.3.11. Seien C,D ⊆ R 3 . Eine Abbildung<br />

TKugel : C → D heißt Kugelkoordinatenfunktion oder räumliche<br />

Polarkoordinatenfunktion, wenn<br />

TKugel(r,ϑ,ϕ) = (r sinϑ cosϕ,r sinϑ sinϕ,r cosϑ) für (r,ϕ) ∈C.<br />

Gilt TKugel(r,ϑ,ϕ) = (x,y,z), dann heißen r, ϕ <strong>und</strong> ϑ Kugelkoordinaten<br />

des Punktes (x,y,z).<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.3.<strong>12</strong>. Einem Paar (r,ϑ,ϕ) ∈ C wird durch TKugel also der Punkt (x,y,z) ∈ D<br />

mit<br />

x = r sinϑ cosϕ , y = r sinϑ sinϕ , z = r cosϑ (<strong>12</strong>.3.5)<br />

zugeordnet.<br />

Mit<br />

haben wir<br />

C1 = {(r,ϑ,ϕ): r ≥ 0, 0 ≤ ϑ ≤ π, 0 ≤ ϕ < 2π}<br />

D1 := TKugel[C1] = R 3 .<br />

Leider ist auch hier TKugel auf C1 nicht eineindeutig <strong>und</strong> C1 ist nicht offen. Somit haben wir<br />

C1 <strong>und</strong> damit D1 geeignet einzuschränken, um eine zulässige Koordinatentransformation zu<br />

erhalten.<br />

Seien dazu<br />

C0 := {(r,ϑ,ϕ) ∈ R 3 : r > 0, 0 < ϑ < π, 0 < ϕ < 2π} ,<br />

D0 := R 3 \ N0, wobei N0 := {(x,y,z) ∈ R 3 : x ≥ 0, y = 0} .<br />

Dann ist TKugel : C0 → D0 bijektiv. Weiter gilt<br />

detJTKugel (r,ϑ,ϕ) =<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

sinϑ cosϕ r cosϑ cosϕ −r sinϑ sinϕ<br />

sinϑ sinϕ r cosϑ sinϕ r sinϑ cosϕ<br />

cosϑ −r sinϑ 0<br />

z<br />

ϑ<br />

r<br />

y<br />

ϕ<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

� = r2 sinϑ> 0<br />

für (r,ϑ,ϕ) ∈ C0. Damit ist TKugel : C0 → D0 eine zulässige Koordinatentransformation.<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.3.13. N0 ist die (von der z-Achse berandete) x,z-Halbebene mit x ≥ 0. Eine<br />

beschränkte räumliche Menge schneidet diese “Ausnahmemenge” höchstens in einer Nullmenge<br />

von R 3 . Bei der Berechnung von Raumintegralen können wir die Menge N0 also<br />

ignorieren (Satz <strong>12</strong>.2.4).<br />

Die Koordinatenflächen von TKugel im x,y,z-Raum sind<br />

302<br />

x


<strong>12</strong>.3 Integration mittels Koordinatentransformation<br />

r = r0 : Kugeln um 0 mit dem Radius r0,<br />

ϑ = ϑ0 : Kegel mit der Spitze in 0,<br />

ϕ = ϕ0 : Halbebenen mit der z-Achse als Rand.<br />

Die Transformationsformel (<strong>12</strong>.3.2) lautet für Kugelkoordinaten:<br />

���<br />

D<br />

���<br />

f (x,y,z)d(x,y,z) =<br />

C<br />

TKugel[C] = D .<br />

f (r sinϑ cosϕ,r sinϑ sinϕ,r cosϑ)r 2 sinϑ d(r,ϑ,ϕ) ,<br />

(<strong>12</strong>.3.6)<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.3.14. Die Mengen C1 \C0 <strong>und</strong> D1 \D0 sind R 3 -Nullmengen, so daß (<strong>12</strong>.3.6)<br />

nach Bemerkung <strong>12</strong>.3.6 für beliebige, Riemann-meßbare Menge D (<strong>und</strong> C) in R 3 gilt.<br />

Man wird (<strong>12</strong>.3.6) dann anwenden, wenn die Menge D (oder wenigstens Teile davon) von<br />

Koordinatenflächen der Funktion TKugel berandet wird.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.3.15. Gesucht ist das axiale Trägheitsmoment der Halbkugel<br />

D = {(x,y,z) ∈ R 3 : x 2 + y 2 + z 2 ≤ a 2 , z ≥ 0}<br />

bezüglich der z-Achse. Die Dichte sei ρ(x,y,z) = 1 für alle<br />

(x,y,z) ∈ D.<br />

Lösung: Nach (<strong>12</strong>.2.9) ist<br />

���<br />

Iz = (x 2 + y 2 z<br />

ϑ<br />

)d(x,y,z) .<br />

−a a<br />

D<br />

In Kugelkoordinaten wird D beschrieben durch<br />

Somit gilt nach (<strong>12</strong>.3.6)<br />

C = {(r,ϑ,ϕ) ∈ R 3 : 0 ≤ r ≤ a, 0 ≤ ϑ ≤ π<br />

, 0 ≤ ϕ ≤ 2π} .<br />

2<br />

���<br />

Iz =<br />

C<br />

� �� π/2 2π<br />

=<br />

=<br />

0=0<br />

� π/2<br />

ϑ=0<br />

(r 2 sin 2 ϑ cos 2 ϕ+r 2 sin 2 ϑ sin 2 ϕ)r 2 sinϑ d(r,ϑ,ϕ)<br />

�� a<br />

r<br />

ϕ=0 r=0<br />

4 sin 3 � �<br />

ϑ dr dϕ dϑ<br />

�<br />

2π a5<br />

5 sin3 �<br />

ϑ dϑ .<br />

x<br />

303


<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

Beispiel <strong>12</strong>.3.16. Der Kegel<br />

bohrt aus dem Kugelkörper<br />

K1 = {(x,y,z): 3x 2 + 3y 2 − z 2 ≤ 0}<br />

K2 = {(x,y,z): x 2 + y 2 + (z − 1) 2 ≤ 1}<br />

einen Körper D aus. Gesucht ist der geometrische Schwerpunkt<br />

¯S von D.<br />

x<br />

Lösung: ¯S = ( ¯xs, ¯ys, ¯zs) ist nach (<strong>12</strong>.2.8) zu berechnen. Aus Symmetriegründen ist ¯xs = ¯ys =<br />

0. Weiter gilt<br />

¯zs = 1<br />

���<br />

V (D)<br />

D<br />

���<br />

zd(x,y,z) mit V (D) =<br />

D<br />

K1<br />

K2<br />

d(x,y,z) .<br />

K1 ist eine Koordinatenfläche von TKugel. Daher empfiehlt sich die Verwendung von Kugelkoordinaten.<br />

Hingegen ist K2 eine Kugelfläche mit dem Mittelpunkt (0,0,1), also keine<br />

Koordinatenfläche von TKugel.<br />

Beschreibung von K1 in Kugelkoordinaten: Mit (<strong>12</strong>.3.5) haben wir<br />

0 ≥ 3(r sinϑ cosϕ) 2 + 3(r sinϑ sinϕ) 2 − (r cosϑ) 2<br />

= 3r 2 (sin 2 ϑ − cos 2 ϑ) ,<br />

also<br />

T −1<br />

Kugel [K1] = {(r,ϑ,ϕ) ∈ R 3 : 0 ≤ r < ∞, 0 ≤ ϑ ≤ π/6, 0 ≤ ϕ ≤ 2π} .<br />

Beschreibung von K2 in Kugelkoordinaten:<br />

<strong>und</strong> damit<br />

1 ≥ (r sinϑ cosϕ) 2 + (r sinϑ sinϕ) 2 + (r cosϑ − 1) 2<br />

= r 2 sin 2 ϑ + r 2 cos 2 ϑ + 2r cosϑ + 1<br />

T −1<br />

Kugel [K2] = {(r,ϑ,ϕ) ∈ R 3 : 0 ≤ r ≤ 2cosϑ, 0 ≤ ϑ ≤ π/2, 0 ≤ ϕ ≤ 2π} .<br />

Zusammengefaßt erhalten wir<br />

TKugel[C] = D mit C := {(r,ϑ,ϕ) ∈ R 3 : 0 ≤ r ≤ 2cosϑ, 0 ≤ ϑ ≤ π<br />

, 0 ≤ ϕ ≤ 2π} .<br />

6<br />

Für das Volumen V (D) von D erhalten wir<br />

���<br />

���<br />

V (D) = d(x,y,z) = r 2 sinϑ d(r,ϑ,ϕ)<br />

304<br />

=<br />

=<br />

D<br />

C<br />

� �� �� 2π π/6 2cosϑ<br />

ϕ=0 ϑ=0<br />

� �� 2π π/6<br />

ϕ=0<br />

ϑ=0<br />

r=0<br />

r 2 �<br />

sinϑ dr<br />

dϑ<br />

�<br />

dϕ<br />

8<br />

3 cos3 �<br />

ϑ sinϑ dϑ dϕ = 7π<br />

<strong>12</strong> .<br />

z<br />

D


<strong>12</strong>.3 Integration mittels Koordinatentransformation<br />

Aus Symmetriegründen ist ¯xs = ¯ys = 0. Weiter gilt<br />

¯zs = 1<br />

���<br />

zd(x,y,z) =<br />

V (D)<br />

D<br />

1<br />

���<br />

r cosϑ · r<br />

V (D)<br />

C<br />

2 sinϑ d(r,ϑ,ϕ)<br />

= <strong>12</strong><br />

� �� �� 2π π/6 2cosϑ<br />

r<br />

7π<br />

3 � �<br />

cosϑ sinϑ dr dϑ dϕ<br />

= <strong>12</strong><br />

7π<br />

ϕ=0 ϑ=0<br />

� �� 2π π/6<br />

ϕ=0<br />

ϑ=0<br />

<strong>12</strong>.3.4 Zylinderkoordinaten<br />

r=0<br />

4cos 5 ϑ sinϑ dϑ<br />

�<br />

dϕ = 37<br />

= 1.32 .<br />

28<br />

Definition <strong>12</strong>.3.17. Seien C,D ⊆ R 3 . Eine Abbildung<br />

TZylinder : C → D heißt Zylinderkoordinatenfunktion, wenn<br />

TZylinder(r,ϕ,z) = (r cosϕ,r sinϕ,z) für (r,ϕ,z) ∈ C .<br />

Gilt TZylinder(r,ϕ,z) = (x,y,z), dann heißen r, ϕ <strong>und</strong> z Zylinderkoordinaten<br />

des Punktes (x,y,z).<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.3.18. Einem Paar (r,ϕ,z) ∈ C wird durch TZylinder also der Punkt (x,y,z) ∈ D<br />

mit<br />

x = r cosϕ , y = r sinϕ , z = z (<strong>12</strong>.3.7)<br />

zugeordnet.<br />

Mit<br />

gilt<br />

C1 := {(r,ϕ,z) ∈ R 3 : r ≥ 0, 0 ≤ ϕ ≤ 2π}<br />

D1 := TZylinder[C1] = R 3 .<br />

Wie bei den Polarkoordinaten müssen wir C1 <strong>und</strong> damit D1 einschränken, um eine zulässige<br />

Koordinatenfunktion zu erhalten. Mit<br />

C0 := {(r,ϕ,z) ∈ R 3 : r > 0, 0 < ϕ < 2π, z ∈ R} , D0 := TZylinder[C0]<br />

ist TZylinder bijektiv von C0 auf D0. Weiter gilt<br />

�<br />

�<br />

� cosϕ<br />

detJTZylinder (r,ϕ,z) = �<br />

� sinϕ<br />

� 0<br />

−r sinϕ<br />

r cosϕ<br />

0<br />

�<br />

0 �<br />

�<br />

0 �<br />

� = r > 0<br />

1 �<br />

für (r,ϕ,z) ∈ C0, so daß TZylinder eine zulässige Koordinatenfunktion auf D0 ist.<br />

Die Koordinatenflächen von TZylinder im x,y,z-Raum sind<br />

z<br />

r<br />

y<br />

ϕ<br />

x<br />

305


<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

r = r0 : Zylinder um die z-Achse,<br />

ϕ = ϕ0 : Halbebenen mit der z-Achse als Rand,<br />

z = z0 : Ebenen parallel zur x,y-Ebene.<br />

Die Transformationsformel (<strong>12</strong>.3.2) lautet für Zylinderkoordinaten:<br />

���<br />

D<br />

���<br />

f (x,y,z)d(x,y,z) =<br />

C<br />

TZylinder[C] = D .<br />

f (r cosϕ,r sinϕ,z) · r d(r,ϕ,z) , (<strong>12</strong>.3.8)<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.3.19. Die Mengen C1 \C0 <strong>und</strong> D1 \D0 sind R 3 -Nullmengen, so daß (<strong>12</strong>.3.8)<br />

nach Bemerkung <strong>12</strong>.3.6 für beliebige, Riemann-meßbare Menge D (<strong>und</strong> C) in R 3 gilt.<br />

Formel (<strong>12</strong>.3.8) eignet sich besonders zur Integration über axialsymmetrische räumliche<br />

Mengen (Rotationskörper bezüglich der z-Achse). Für räumliche Mengen, welche axialsymmetrisch<br />

bezüglich einer anderen Achse sind, kann man eine entsprechende Drehung<br />

verwenden.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.3.20. Wir kommen auf Beispiel <strong>12</strong>.2.7 zurück. Der dort beschriebene, mit<br />

Masse der Dichte ρ(x,y,z) = z belegte Körper K ist ein Rotationskörper bezüglich der z-<br />

Achse. Die gesuchte Masse<br />

���<br />

m = z d(x,y,z)<br />

soll nun mittels Zylinderkoordinaten berechnet werden.<br />

Beschreibung von F1 = {(x,yz): z ≥ √ 3(x 2 + y 2 )} in Zylinderkoordinaten:<br />

<strong>und</strong> damit<br />

K<br />

z ≥ √ 3(r 2 cos 2 ϕ + r 2 sin 2 ϕ)<br />

T −1<br />

Zylinder [F1] = {(r,ϕ,z) ∈ R 3 : r ≥ 0, 0 ≤ ϕ ≤ 2π, z ≥ √ 3r 2 } .<br />

Beschreibung der Vollkugel F2 = {(x,y,z): x 2 + y 2 + z 2 ≤ 4} in Zylinderkoordinaten:<br />

<strong>und</strong> damit<br />

306<br />

r 2 cos 2 ϕ + r 2 sin 2 ϕ + z 2 ≤ 4<br />

T −1<br />

Zylinder [F2] = {(r,ϕ,z) ∈ R 3 : 0 ≤ r ≤ 2, 0 ≤ ϕ ≤ 2π, z 2 ≤ 4 − r 2 } .


Hiermit ergibt sich, daß die Menge<br />

<strong>12</strong>.3 Integration mittels Koordinatentransformation<br />

C := {(r,ϕ,z) ∈ R 3 : 0 ≤ r ≤ 1, 0 ≤ ϕ ≤ 2π, √ 3r 2 ≤ z ≤<br />

�<br />

4 − r 2 }<br />

durch TZylinder auf K abgebildet wird. (Beachte den richtigen Durchschnitt!)Also gilt mit<br />

(<strong>12</strong>.3.8)<br />

� �<br />

���<br />

� 2π � 1 �<br />

√ � �<br />

4−r2 m = zr d(r,ϕ,z) =<br />

dr dϕ<br />

=<br />

C<br />

� �� 2π 1<br />

ϕ=0<br />

r=0<br />

ϕ=0<br />

r=0<br />

1<br />

2 (4 − r2 − 3r 4 )r dr<br />

�<br />

z= √ zr dz<br />

3r2 dϕ = 5π<br />

4<br />

= 3.927 .<br />

Im letzten Beispiel ist FZylinder in Kugelkoordinaten die Koordinatenfläche r = 2, so daß<br />

man auch an die Verwendung von Kugelkoordinaten denken könnte. Hat man aber die<br />

Wahl zwischen diesen <strong>und</strong> Zylinderkoordinaten, so wird man in der Regel letztere wählen,<br />

da ihr Zusammenhang mit kartesischen Koordinaten einfacher ist. Natürlich ist bei dieser<br />

Entscheidung auch der Integrand zu beachten. Wäre im Beispiel etwa die Dichte ρ(x,y,z) =<br />

x 2 + y 2 + z 2 , so würde man Kugelkoordinaten wählen.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.3.21. Gegeben sei in der x,z-Ebene der Normalbereich bezüglich der z-Achse<br />

B = {(x,z) ∈ R 2 : z1 ≤ z ≤ z2, g(z) ≤ x ≤ h(z)} .<br />

z<br />

Bei Rotation von B um die z-Achse entsteht ein Rotationskörper<br />

D. In Zylinderkoordinaten wird D beschrieben durch<br />

C = {(r,ϕ,z) ∈ R 3 : z1 ≤ z ≤ z2, 0 ≤ ϕ ≤ 2π, g(z) ≤ r ≤ h(z)},<br />

d.h., es ist TZylinder[C] = D.<br />

Für das Volumen V (D) gilt<br />

���<br />

���<br />

V (D) = d(x,y,z) = r d(r,ϕ,z) =<br />

D<br />

Nach Integration über ϕ gilt weiter<br />

� z2<br />

V (D) = 2π<br />

= 2π<br />

z=z1<br />

��<br />

B<br />

C<br />

�� h(z)<br />

r dr<br />

r=g(z)<br />

�<br />

xd(x,z) = 2πA (B) ·<br />

� z2<br />

z=z1<br />

� z2<br />

dz = 2π<br />

�� h(z)<br />

r=g(z)<br />

z2<br />

z1<br />

�� 2π<br />

g<br />

�� h(z)<br />

xdx<br />

z=z1 x=g(z)<br />

��<br />

1<br />

A (B)<br />

B<br />

xs<br />

S<br />

h<br />

� �<br />

r dϕ dr dz .<br />

ϕ=0<br />

x d(x,z) .<br />

�<br />

dz<br />

x<br />

307


<strong>12</strong> <strong>Flächen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Volumenintegrale</strong><br />

Hierbei ist A (B) der <strong>Flächen</strong>inhalt von B. Mit (<strong>12</strong>.1.11) folgt schließlich die 2. Guldin-<br />

Regel<br />

V (D) = 2π ¯xs · A (B) ,<br />

also „Volumen des Rotationskörpers D ist gleich dem Weg des geometrischen Schwerpunktes<br />

von B mal <strong>Flächen</strong>inhalt von B“.<br />

308

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