BASICSEine erfolgreiche Synergie aus Optik, Elektronik und InformatikGrundlagen der BildverarbeitungVon Prof. Dr. Burkhard NeumannIn über zwei Jahrzehnten hat sichdie industrielle Bildverarbeitung alsein wichtiges Feld der Informatiketabliert. Aus vielen Anwendungslösungenist sie nicht mehr wegzudenken.Sie bietet beispielsweiseLösungen für eine vollständigeautomatische Oberflächenprüfungoder zur Objekterkennung und-identifikation in komplexen Umgebungen.Der nachfolgende Beitragliefert eine allgemeine Einführungzu diesem zukunftsträchtigenThema.Professor Burkhard Neumann mit zwei Studenten bei einem optischen Versuchsaufbau zur Innenmessungeiner Gewindebohrung.Die Bildverarbeitung (BV) ist ein Spezialgebietder Informatik. Nach Angabennamhafter Industrieverbände, wie beispielsweisedem VDMA, weist die Brancheüberdurchschnittliches Wachstum auf,insbesondere im Bereich der Automatisierungstechnikund bei Qualitätssicherungsaufgaben.Mit der Methode der Bildverarbeitungwerden wichtige bildhafte Informationenaus Röntgenbildern, Ultraschallbildern,Satellitenfotos etc. gewonnen(s. Kasten Einsatzmöglichkeiten S. 14).Einsatzes hat die BV den Charakter einerQuerschnittstechnologie, die daher invielen Bereichen Eingang gefunden hat.Ihre ökonomische Bedeutung spiegeltsich in zahlreichen Begriffen wider. EinigeBeispiele:● Erhöhen der Prüfsicherheit (oft ist eine100-Prozent-Kontrolle möglich)● Senken der Fertigungskosten● Verbessern der Konkurrenzsituation● Entlasten des Prüfpersonals von anstrengenderund monotoner ArbeitDie BildverarbeitungsketteDie Bildverarbeitung setzt sich aus einerReihe von typischen Verarbeitungsschrittenzusammen, die wir uns in Form einer Ketteveranschaulichen (Abb. 1). Die Bilderfassungist der erste wichtige Schritt der BV.Neben der Umwandlung der optischenBilder in elektronisch verarbeitbare Signalebeinhaltet er auch die Objektbeleuchtung.Die Vorverarbeitung wird bereits im Rechnerdurchgeführt und beinhaltet Verarbei- QuerschnittstechnologieDer Begriff Bildverarbeitung fasst vieleVerfahrensschritte zusammen: bildhaftesErfassen von Objekten, automatischesBearbeiten der Bilder und Gewinnengrafischer Informationen. Ihre Ergebnissedienen als Basis, um Entscheidungen fällenzu können. Aufgrund ihres universellenAbb. 1: Typische Verarbeitungsschritte der digitalen Bildverarbeitung.14 <strong>optolines</strong> No. 4 | 4. Quartal 2004
BASICSBeispiele für den Einsatz derBildverarbeitung:● Robotersehen● Identifizierung von Schriftzeichen● Automatische Zelluntersuchung fürdie Krebsfrüherkennung● Erkennung oder Vermessung vonWerkstücken● Vollständigkeitskontrolle vonbestückten Platinen, Pralinenkästen,Medikamentenpackungen● Druckbildkontrolle auf Farbtreue● Objektsuche oder -verfolgung● Objekt- oder Personenerkennung● Objektzählung und Sortierung vonSchrauben, Tabletten● Erkennung von Tumoren● Skelettvermessung etc.tungsschritte zur Bildverbesserung. Hierzuzählen die Rauschfilterung, die Kontrastanhebung,die Korrektur inhomogenerBildausleuchtung sowie perspektivischbedingter Bildverzerrungen. Unter dem mitSegmentierung bezeichneten Arbeitsschrittverstehen wir das Hervorheben relevanterBildinhalte, wie bestimmte Objekte, Konturen,Texturen etc. Im weiteren Sinn könnenwir auch die Suche nach bestimmtenObjekten als Segmentierung auffassen. Esschließt sich die Merkmalsextraktion an,mit der die zuvor segmentierten Objektecharakterisiert werden.Dabei werden den Objekten zuvor definierteMerkmale wie z.B. das VerhältnisLänge zu Breite, Fläche zu Umfang zugewiesen,mit denen die letzten VerarbeitungsschritteKlassifikation und/oder Entscheidungdurchgeführt werden können.Als Ergebnis der Verarbeitungskette solltenbeispielsweise Informationen über Art undAnzahl von Teilchen, Oberflächenqualitätvon Werkstücken, Ort und Lage vonObjekten, Zuordnungen von Werkstücknummernzu Werkstücken, Abmessungenvon Skelettabschnitten zur Operationsplanungoder Gut-Schlecht-Entscheidungenüber Massenprodukte herauskommen.Abb. 2: Aufbau eines typischen Bildverarbeitungsplatzes.Bildverarbeitung im ÜberblickDie Rechner im PC-Bereich werden immerleistungsfähiger. Das ermöglicht eine breiteAnwendung der BV zu relativ günstigenKosten. Hiervon profitieren kleine undmittelständische Unternehmen sowieExistenzgründer, die mit relativ geringenStartkosten in dieses Metier einsteigenmöchten. BV-Systeme auf PC-Basis werdentypischerweise aus den folgenden Komponentenaufgebaut (Abb. 2):● Beleuchtungssystem und Optik● bildgebendes Sensorsystem, z.B. CCD-Kamera● Framegrabber-Einsteckkarte oder andereSchnittstellenkarten zur digitalen Bilddatengewinnung● hochauflösende Grafikkarte● PC hoher Leistungsfähigkeit● Bildverarbeitungssoftware (z.B. IMAQ-Vision, Common Vision Blox, visionToolsV60, heurisko, Neurocheck, etc.)und falls nötig● I/O-Einsteckkarte(n) zur Ansteuerungexterner Geräte.Wichtigste BildverarbeitungsfunktionenDa dieser Beitrag nur Übersichtscharakterhaben kann, soll eine kleine Auswahl ofteingesetzter Bildverarbeitungsfunktionenvorgestellt werden, aus der die Nützlichkeitdieser Fachdisziplin für die Optik leichtzu erkennen ist.Abb. 3: Graubild mit überlagertemkreisförmigenLinescanLinescan: Als Linescanbezeichnen wirdie Darstellung derGrauwertverteilungentlang einer Linieim Bild (Abb. 3).Oft ist die Linie eineStrecke. Aber wiein unserem Beispielkann sie auchandere Formenannehmen. In Abb. 3 ist ein Zahnrad zusehen, das von einer Kreislinie überlagertist. Der hierzu gehörende Linescan ist inder Abb. 4 zu sehen. Deutlich heben sichdie Zahnräder in Form von Grauwertsprüngenab, so dass eine Vermessung beispielsweiseder Zahnabstände möglich ist.„Gradient out“: Eine Kontursegmentierung,d.h. Hervorheben von Objektumrissen,lässt sich mit dem morphologischenOperator „Gradient out“ erzielen.Dabei werden die Objekte zunächst umein Pixel dilatiert (gedehnt) und das Resultatvom ursprünglichen Objekt subtrahiert.Das Graubild Abb. 5a wurde in Abb. 5beiner Gradient-out-Operation unterzogen. Abb. 4: Grauwertverteilung entlang des kreisförmigenLinescans aus Abb. 5.6.No. 4 | 4. Quartal 2004 <strong>optolines</strong> 15