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DAS NACHBARSCHAFTSRECHT - Natur im Garten

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NATUR IM GARTEN GRÜNRAUMINFO 2/07<br />

<strong>DAS</strong> <strong>NACHBARSCHAFTSRECHT</strong><br />

Seit 1. Juli 2004 gilt ein neues Nachbarschaftsrecht hinsichtlich an der Grundstücksgrenze<br />

wachsender Pflanzen. Damit wurde die bisher uneingeschränkte<br />

Freiheit des Grundeigentümers in Bezug auf überhängende Baumkronen und<br />

eindringende Baumwurzeln beschnitten. Weiters kann sich der Grundeigentümer<br />

nun in besonders massiven Fällen gegen den Entzug von Licht und Luft<br />

zur Wehr setzen. Zwingend vorgeschrieben ist bei Streitigkeiten nun ein so<br />

genannter Schlichtungsversuch über eine Schlichtungsstelle.<br />

NACHBARSCHAFTLICHE PROBLEME<br />

Bäume an Grundgrenzen können<br />

nachbarschaftliche Konflikte entfachen.<br />

Dem einen ist der Schatten zu groß, den<br />

anderen stören die von den<br />

überhängenden Zweigen herabfallenden<br />

Früchte und Blätter, dem Dritten wird die<br />

schöne Aussicht verstellt.<br />

Seit 1. Juli 2004 gilt nun ein neues<br />

Nachbarschaftsrecht hinsichtlich an der<br />

Grundstücksgrenze wachsender Pflanzen.<br />

Dem beeinträchtigten Nachbar ist zwar<br />

nach wie vor gestattet in sein Grundstück<br />

eindringende Wurzeln wie auch auf sein<br />

Grundstück überhängende Äste zu<br />

entfernen, künftig muss er dabei aber<br />

fachgerecht vorgehen und das<br />

betreffende Gehölz mit größtmöglichster<br />

Schonung behandeln.<br />

Weiters kann sich der Grundeigentümer<br />

nun in besonders massiven Fällen gegen<br />

den Entzug von Licht (Schattenwurf) und Luft zur Wehr setzen. Streitende Nachbarn<br />

müssen allerdings zuerst versuchen, den Konflikt außergerichtlich zu bereinigen<br />

RECHTLICHE GRUNDLAGEN<br />

Die rechtlichen Grundlagen des neuen Nachbarschaftsrechts finden sich in § 422 und<br />

§364 des ABGB. § 422 ABGB regelt die nachbarschaftlichen Rechte und gegenseitigen<br />

Verpflichtungen bezüglich entlang von Grundstücksgrenzen stockenden Bäumen und<br />

anderen Pflanzen, § 364 regelt die Immissionen von Nachbargrundstücken.<br />

Wichtig ist dabei, dass bundes- und landesgesetzliche Regelungen zu Wald-, Flur- Feld-,<br />

Ortsbild-, <strong>Natur</strong>- und Baumschutz weiterhin Vorrang vor dem Nachbarschaftsrecht haben.<br />

Wenn es etwa ein <strong>Natur</strong>schutzgesetz verbietet, die betreffenden Bäume zu fällen oder<br />

zurückzuschneiden, so kann dies auch der durch den Schattenwurf massiv<br />

beeinträchtigte Nachbar nicht durchsetzen.<br />

WER TRÄGT DIE KOSTEN FÜR <strong>DAS</strong> ABSCHNIEDEN DER ÄSTE?<br />

Jeder Eigentümer kann die in seinem Grund eindringenden Wurzeln eines fremden<br />

Baumes oder einer anderen fremden Pflanze aus seinem Boden entfernen und die über


NATUR IM GARTEN GRÜNRAUMINFO 2/07<br />

seinem Luftraum hängenden Äste abschneiden oder sonstwie benützen. Dabei hat er<br />

aber fachgerecht vorzugehen und die Pflanze möglichst zu schonen.<br />

Die Kosten für das Entfernen der Wurzeln oder das Abschneiden der Äste hat der<br />

beeinträchtigte Grundeigentümer zu tragen. Ist aber durch die Wurzeln oder Äste bereits<br />

ein Schaden entstanden oder droht ein solcher, so hat der Eigentümer des Baumes oder<br />

der Pflanze die Hälfte der notwendigen Kosten zu ersetzen.<br />

<strong>DAS</strong> RECHT AUF LICHT<br />

Das „Recht auf Licht“ des Nachbarn ergibt sich aus § 364 Abs 3 ABGB. Demnach kann<br />

der Grundeigentümer einem Nachbarn die von dessen Bäumen oder anderen Pflanzen<br />

ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht, also den Schattenwurf, oder<br />

die Verhinderung der Durchlüftung des Grundstücks untersagen und notfalls vor Gericht<br />

eine Klage einbringen.<br />

Das setzt allerdings voraus, dass diese Einwirkungen das ortsübliche Ausmaß überschreiten<br />

und dass sie zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Benutzung des<br />

Grundstücks führen. Eine unzumutbare Beeinträchtigung ist zum Beispiel wenn ich am<br />

größten Teil des Tages das künstliche Licht einschalten muss, um etwas zu sehen.<br />

Das neue Nachbarrecht schützt die vom Schattenwurf betroffenen Nachbarn nur vor den<br />

Einwirkungen fremder Pflanzen. Gegen die Einwirkungen fremder Gebäude, etwa gegen<br />

den Schattenwurf eines Nachbarhauses, kann man sich nicht vor den Zivilgerichten zur<br />

Wehr setzen. Hier muss sich ein Nachbar an die Baubehörde wenden.<br />

WAS IST EIN ÖRTLICH UNÜBLICHES AUSMASS?<br />

Es müssen zwei Voraussetzungen vorliegen, damit dem Grundstückseigentümer ein<br />

Abwehranspruch gegen Beeinträchtigungen zusteht: Einerseits muss der Schattenwurf<br />

das am jeweiligen Ort übliche Ausmaß überschreiten. Das wird etwa dort nicht der Fall<br />

sein, wo die Bestockung des Grundstücks mit Bäumen und damit auch die Beschattung<br />

des fremden Grundes üblich ist, etwa in Villen- und Cottagevierteln oder auch bei einer<br />

Allee. Ortsunüblich werden dagegen beispielsweise Pflanzungen sein, die nicht in die<br />

nähere Umgebung passen, etwa ein regelrechtes Wäldchen in einem verbauten Gebiet.<br />

UNZUMUTBARE BEEINTRÄCHTIGUNG<br />

Andererseits verlangt das Gesetz, dass der Grundstückseigentümer in der Benutzung<br />

seines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird, damit ihm ein Abwehranspruch<br />

zusteht<br />

unzumutbare Beeinträchtigung wird etwa dann vorliegen,<br />

� wenn der Schattenwurf zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Nachbarn oder<br />

seiner Angehörigen führt,<br />

� wenn größere Teile des Grundstücks wegen des fehlenden Lichteinfalls versumpfen,<br />

vermoosen oder sonst unbrauchbar werden,<br />

� wenn fremde Bäume und Gewächse auch zu Mittag eines hellichten Sommertags eine<br />

künstliche Beleuchtung der Räume <strong>im</strong> angrenzenden Haus notwendig machen oder<br />

� wenn der Schattenwurf der Bäume zur völligen Unbrauchbarkeit einer schon<br />

bestehenden Solaranlage führt.<br />

Eine eindeutige Regelung, ab wann eine solche Einwirkung unzumutbar ist und bis wann<br />

der Nachbar damit selbst zurechtkommen muss, sieht das Gesetz nicht vor, weil es<br />

<strong>im</strong>mer auf die besonderen Umstände des Einzelfalls ankommen wird wie Art, Widmung<br />

und Benützung des Grundstücks oder die Lage und die Größe der benachbarten<br />

Grundstücke.


NATUR IM GARTEN GRÜNRAUMINFO 2/07<br />

MASSSTAB IST DER DURCHSCHNITTLICHE EIGENTÜMER<br />

Maßstab dafür ob die Beeinträchtigung zumutbar oder unzumutbar ist, ist nicht das<br />

subjektive Empfinden des beeinträchtigten Nachbarn, sondern wie das ein<br />

durchschnittlicher Liegenschaftseigentümer in einer vergleichbaren Lage empfindet. Ist<br />

der Schattenwurf durch die fremden Pflanzen so intensiv, dass es auch für einen solchen<br />

Eigentümer nicht mehr auszuhalten ist, dann gilt das als unzumutbar.<br />

Ein unzumutbarer Schattenwurf oder Lichtentzug muss <strong>im</strong> Regelfall innerhalb von drei<br />

Jahren geltend gemacht werden.<br />

In der Frage der Zumutbarkeit besteht kein Unterschied zwischen privatem und<br />

öffentlichem Baumbestand, jedoch entstehen Unterschiede in Sorgfaltspflicht und<br />

Haftung.<br />

RECHT AUF AUSSICHT?<br />

An sich ist es den Grundeigentümern unbenommen, wie und wo sie ihre Bäume pflanzen<br />

oder wachsen lassen. Der Nachbar kann sich gegen solche Pflanzungen auch nach dem<br />

neuen Recht nicht mit dem Argument zur Wehr setzen, dass ihm durch die fremden<br />

Bäume und Pflanzen die Aussicht verstellt werde.<br />

Will er eine solche Beeinträchtigung verhindern, so muss er mit dem anderen<br />

Grundeigentümer eine entsprechende Vereinbarung treffen. Es empfiehlt sich, derartige<br />

Vereinbarungen in das Grundbuch eintragen zu lassen.<br />

ZUERST ZUR SCHLICHTUNGSSTELLE<br />

Der Nachbar, der die Klage erwägt, hat noch vor dem Einbringen der Klage entweder<br />

eine Schlichtungsstelle zur gütlichen Einigung zu befassen oder sofern sein Nachbar<br />

damit einverstanden ist, den Streit einem Mediator zu unterbreiten oder auch einen<br />

prätorischen Vergleichsversuch bei Gericht zu beantragen.<br />

Erst wenn es nicht gelingt die Angelegenheit auf diese Art zu bereinigen, kann eine Klage<br />

bei jenem Bezirksgericht eingebracht werden, das für das betroffene Grundstück<br />

zuständig ist. Dieses entscheidet dann ob <strong>im</strong> konkreten Einzelfall das ortsübliche Ausmaß<br />

überstiegen und die Beeinträchtigung unzumutbar ist.<br />

Grundsätzlich hat derjenige der die Schlichtung beantragt die Kosten dafür zu tragen,<br />

außer es wird etwas anderes vereinbart. Kommt keine Schlichtungseinigung zustande,<br />

sind diese Kosten bereits in der Klage geltend zu machen und <strong>im</strong> Rechtsstreit wie<br />

vorprozessuale Kosten zu behandeln.<br />

SCHLICHTUNGSSTELLEN<br />

Schlichtungsstelle der Notariatskammer<br />

Postfach 359, 1011 Wien<br />

Tel.: 01/402 45 09-18<br />

e-mail: kammer@notar.or.at<br />

Internet: www.notar.at<br />

Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltskammer NÖ<br />

3100 St. Pölten, Andreas-Hofer-Straße 6<br />

Tel. 02742/71650-0<br />

e-mail: office@raknoe.at<br />

Internet: www.raknoe.at;<br />

Mediatoren<br />

<strong>im</strong> Internet unter www.mediatorenliste.justiz.gv.at

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