Der Nachbar im Zivilrecht
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Beispiele: <strong>Nachbar</strong>n in einem Freibad, Anhäufen von Unrat auf einem Grundstück ohne<br />
Geruchsbeeinträchtigung oder Ungeziefer- oder sonstige Einwirkung auf das<br />
<strong>Nachbar</strong>grundstück, das Verbauen der Aussicht durch Bau eines Hochhauses in einer<br />
Villengegend, das bloße Betreiben eines Bordells in der <strong>Nachbar</strong>schaft etc.<br />
Bei den Ansprüchen nach § 364 (2) ABGB ist zunächst zwischen sogenannten unmittelbaren<br />
(= direkten) und sogenannten mittelbaren (= indirekten) Immissionen zu unterscheiden.<br />
Unmittelbare Zuleitungen, insbesondere von Abwässern oder Abgasen oder das Eindringen<br />
grobkörperlicher Stoffe (Steine etc) braucht ohne besonderen Rechtstitel (zB Servitutsvertrag,<br />
entsprechendes Wasserrecht oä) unter keinen Umständen geduldet werden. Diese kann daher<br />
unbeschränkt abgewehrt werden.<br />
Andere Immissionen sind dann unzulässig, wenn sie<br />
1. das nach den örtlichen Verhältnisses gewöhnliche Maß unterschreiten und<br />
2. die ortsübliche Benützung des <strong>Nachbar</strong>grundstücks wesentlich beeinträchtigen.<br />
Bei den mittelbaren Einwirkungen haben die „örtlichen Verhältnisse“ also eine doppelte<br />
Bedeutung, nämlich einerseits für das Maß der Immissionen und andererseits für das Maß der<br />
Beeinträchtigung. Mittelbare Immissionen sind daher zu dulden, wenn sie entweder das<br />
ortsübliche Maß nicht überschreiten oder, obwohl sie das tun, die ortsübliche Benutzung des<br />
Grundstückes nicht bzw. nur unwesentlich beeinträchtigen.<br />
- Ortsüblichkeit: unter Ort ist <strong>im</strong> obigen Zusammenhang nicht etwa eine gesamte<br />
politische Gemeinde zu verstehen, sondern es ist auf die typischen faktischen<br />
Verhältnisse in einer best<strong>im</strong>mten Gegend abzustellen. Zu prüfen ist, was einem<br />
best<strong>im</strong>mten Gebiet eine best<strong>im</strong>mte Prägung gibt (zB Villenviertel,<br />
Buschenschankviertel usw). In Städten stellt man auf einen betreffenden Stadtteil ab.<br />
Es muss aber doch ein größeres Gebiet sein, einige Häuser oder Gassen für sich allein<br />
können in der Regel noch nicht als eigenes Viertel angesehen werden.<br />
Flächenwidmungs- und Bebauungspläne spielen bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit<br />
in der Regel keine Rolle, da auf die faktischen Verhältnisse abzustellen ist.<br />
Die örtlichen Verhältnisse können durch den Lauf der Zeit auch verändert werden, so<br />
können zB allmählich wachsende Immissionen das Maß des Zulässigen erhöhen. In<br />
der Lehre strittig und von der Rechtsprechung (noch) uneinheitlich beantwortet wird<br />
allerdings die Frage, welcher konkrete Zeitraum nun notwendig ist, um aus einer bis<br />
dahin ortsunüblichen Immission durch Nichtabwehr eine ortsübliche Immission<br />
werden zu lassen. Die Meinungen gehen hier sehr weit auseinander und reichen von<br />
drei bis - in Anlehnung an die allgemeine Ersitzungs- und Verjährungszeit - sogar 30<br />
Jahre.<br />
Beispiel: Herr A akzeptiert die ortsunüblichen Lärm<strong>im</strong>missionen vom <strong>Nachbar</strong>grund,<br />
obwohl diese unzumutbar laut auch in der Nacht in seiner Wohnung zu hören sind und<br />
er sich daher gerichtlich zur Wehr setzen könnte. Wie lange braucht es, dass diese<br />
ursprünglich unzulässige Immission letztlich zulässig wird ?<br />
Wesentlichkeit der Immission: Es muss durch die Immission die ortsübliche<br />
Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigt werden. Hiefür kommt es ganz<br />
besonders auf die Umstände des Einzelfalles an. Es darf sich jedenfalls nicht um eine<br />
nur unbedeutende Erschwerung handeln, vielmehr muss eine spürbare<br />
Beeinträchtigung vorliegen. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht das subjektive<br />
Empfinden des sich gestört fühlenden <strong>Nachbar</strong>s maßgeblich, sondern das eines<br />
verständigen Durchschnittsmenschen, der sich in der Lage des Gestörten befindet. Bei<br />
einem vom Grundstück ausgehenden Musiklärm ist daher zB zu fragen, wie ein<br />
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