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Ian Fleming<br />
Gefühl, daß sie sich in Gefahr befand. Oder täuschte ihn sein Instinkt? Er wußte<br />
es nicht genau. Er wußte nur, daß er sie nicht allein lassen durfte, besonders jetzt,<br />
nachdem alle anderen gegangen waren.<br />
Doch darin irrte sich James Bond: hinter ihm im Café de la Plage saßen<br />
noch zwei Männer in Regenmänteln und dunklen Mützen an einem Tisch<br />
auf dem Gehsteig. Sie hatten halbvolle Kaffeetassen vor sich. Sie sprachen<br />
nicht miteinander. Sie saßen da und beobachteten James Bond, der durch die<br />
Milchglaswand des Unterstandes nur undeutlich zu sehen war. Sie beobachteten<br />
auch das Mädchen, aber weniger aufmerksam. Die Schweigsamkeit und die<br />
ungewöhnliche Kleidung der beiden Männer wirkten beunruhigend. Der Kellner<br />
hatte sie in die Kategorie »Gefährliche Kunden« eingereiht und hoffte, daß sie<br />
bald gehen würden.<br />
Als die Sonne das Meer berührte, stand das Mädchen plötzlich auf. Sie fuhr mit<br />
beiden Händen durch das Haar und schritt ruhig und zielbewußt auf das Wasser<br />
zu. Ein zufälliger Beobachter hätte vermuten können, daß sie zum Abschied vom<br />
Urlaub noch ein letztes Bad nehmen wollte.<br />
Bond war anderer Ansicht. Er verließ den Unterstand, rannte die Stufen zum<br />
Sand hinunter und ihr nach. Auch die beiden Männer in den Regenmänteln<br />
schienen anderer Meinung zu sein. Einer warf achtlos ein paar Münzen auf<br />
den Tisch; dann standen beide auf, gingen über die Promenade zum Strand<br />
und marschierten in militärischem Gleichschritt nebeneinander in Bonds<br />
Fußspuren.<br />
Das Mädchen, der junge Mann, die beiden untersetzten Verfolger – die Szene<br />
hatte etwas Gefährliches an sich. <strong>Im</strong> Café nahm der Kellner die Münzen vom<br />
Tisch und schaute hinüber. Das sah nach Polizei aus – oder nach dem Gegenteil!<br />
Er würde sich gegebenenfalls daran erinnern. Vielleicht kam sein Name in die<br />
Zeitung.<br />
James Bond hatte das Mädchen fast eingeholt. Er überlegte, was er zu<br />
ihr sagen, wie er sich ausdrücken sollte. »Ich hatte so eine Ahnung, daß du<br />
Selbstmord begehen willst, und bin dir deshalb gefolgt!« Oder: »Ich bin zufällig<br />
hier vorbeigekommen und hab dich gesehen. Wie war’s mit einem Drink nach<br />
dem Schwimmen?« Das klang doch einfach kindisch. Er entschloß sich endlich<br />
zu: »Hallo, Tracy!« Und wenn sie sich umdrehte: »Ich habe mir Sorgen um dich<br />
gemacht!« Das hörte sich harmlos an und entspräche zudem der Wahrheit. Ihre<br />
Schritte wurden langsamer, als sie sich dem Wasser näherte. Sie hielt den Kopf<br />
mit den bis auf die Schultern fallenden blonden Haaren gesenkt.<br />
4<br />
Als Bond bis auf zehn Schritte heran war, rief er: »Hallo – Tracy!«<br />
Das Mädchen erschrak weder, noch drehte es sich um. Sie ging zögernd weiter,<br />
blieb dann stehen. Erst als eine kleine Welle ihre Füße überspülte, wandte sie