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Materialien - Deutscher Bundestag

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Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschussdrucksache 17(11)1082Für die Bewertung des Antrags ist aus Sicht derBAG:WfbM neben Artikel 27 UN-BRK (Arbeit undBeschäftigung) auch der Artikel 26 UN-BRK (Habilitationund Rehabilitation) einschlägig. WährendArtikel 27 das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungenauf Arbeit fordert, heißt es in Artikel26: „Die Vertragsstaaten treffen wirksame Maßnahmen[…], um Menschen mit Behinderungen indie Lage zu versetzen, ein Höchstmaß an Unabhängigkeit,umfassende körperliche, geistige, sozialeund berufliche Fähigkeiten sowie die volle Einbeziehungin alle Aspekte des Lebens zu erreichen undzu bewahren. Zu diesem Zweck organisieren, stärkenund erweitern die Vertragsstaaten umfassendeHabilitations- und Rehabilitationsdienste und -programme,insbesondere auf dem Gebiet […] der Beschäftigung[...].“Werkstätten sind zentrales Element der Teilhabebehinderter MenschenDie doppelte Zielsetzung der Aufgabe der Werkstattfür behinderte Menschen (im Folgenden „Werkstatt“)findet sich in § 136 Absatz 1 Satz 1 SGB IX:„Die Werkstatt für behinderte Menschen ist eineEinrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen amArbeitsleben im Sinne des Kapitels 5 des Teils 1 undzur Eingliederung in das Arbeitsleben.“ Die BAG:WfbM weist darauf hin, dass Werkstätten mit ihrenAngeboten zu einem zentralen – vielerorts zum einzigen– Angebot der Teilhabe behinderter Menschenin Deutschland geworden sind. Werkstätten unterstützentäglich an über 2.500 Standorten mehr als295.000 behinderte Menschen, die nicht, noch nichtoder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarktbeschäftigt werden können bei der Teilhabeam Arbeitsleben. Werkstätten versetzen dieseMenschen in die Lage, aus eigener Kraft einen Beitragzu ihrer persönlichen Lebenssicherheit zu leistenund eine eigenständige Altersversorgung zuerreichen.Die BAG:WfbM spricht sich dafür aus, dass der Arbeitauf dem sogenannten allgemeinen Arbeitsmarktkein höherer sozialer Stellenwert eingeräumt werdendarf, als der Teilhabe am Arbeitsleben in Werkstätten.Menschen, die auf diese Form der Teilhabeangewiesen sind, dürfen weder benachteiligt nochdiskriminiert werden.Die Arbeitsmarktentwicklung der vergangenen Jahrzehntehat eindeutig gezeigt, dass der Markt keinenachhaltigen Chancen für voll erwerbsgeminderteMenschen bietet. Es ist nicht zu erwarten, dass sichdies in Zukunft ändert. Sich nur auf die Integrationskraftdes Arbeitsmarktes zu verlassen, ignoriertdie ungleichen Chancen behinderter Menschen imWettbewerb der Arbeitnehmer. So sieht es auch dieBundesregierung, wenn sie formuliert, dass „imSinne des Marktausgleiches [...] Eignung und Neigungdes Bewerbers sowie die Anforderungen desArbeitsplatzes ausschlaggebend [sind].“ Erfolgversprechendedauerhafte Beschäftigungsverhältnisseseien nur dort möglich, wo die beiden Marktseitenineinandergreifen. 88Vgl. <strong>Bundestag</strong>sdrucksache 17/4083. Antwort der Bundesregierungauf die kleine Anfrage der Fraktion der SPDMehr Übergänge durch staatliche NachteilsausgleicheMehr Übergänge aus Werkstätten auf den allgemeinenArbeitsmarkt könnten durch die Gewährung vonstaatlichen Nachteilsausgleichen für die Anstellungvon Werkstattbeschäftigten realisiert werden (z. B.durch finanzielle Zuschüsse zum Einkommen undsozialversicherungsrechtliche Entlastungen der einstellendenUnternehmen durch Zuschüsse aus öffentlichenHaushalten). Die BAG:WfbM plädiertdafür, dass für den Personenkreis der „dauerhaft vollerwerbsgeminderten Menschen verstärkt die Möglichkeitengenutzt werden [sollen, in Form von ambulanterUnterstützung durch die Werkstatt], aufdem offenen Arbeitsmarkt auf Basis eines Arbeitsvertrages[in geeigneten Fällen mit Lohnkostenzuschuss]und Finanzierung der Betreuungsaufwendungentätig zu werden“ (vgl. Budget für Arbeit inRheinland-Pfalz, Hamburg und Niedersachsen). 9Die BAG:WfbM weist darauf hin, dass Werkstattkonzepteausbau- und anschlussfähig sind. Werkstättenschaffen Brücken zu anderen Unternehmen undBildungsträgern und zeigen, wie Arbeitsmöglichkeitenfür Menschen mit Behinderungen zu gestaltensind. Diese Erfahrungen und Unternehmenskulturkönnen Werkstätten teilen und weitergeben.Zu den einzelnen ForderungenDer Antrag fordert in Punkt 9, Regelungen zu schaffen,um Werkstätten weiterzuentwickeln und dieRechte der Beschäftigten zu stärken. In Punkt 10wird die Stärkung der Selbstvertretung und der Mitbestimmungsrechteder Werkstattbeschäftigten gefordert.Zu den Forderungen nimmt die BAG:WfbMwie folgt Stellung:Ziffer 9a): Arbeitnehmerstatus vs. arbeitnehmerähnlichesRechtsverhältnisArbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis ist einSchutzDie BAG:WfbM weist darauf hin, dass sich der „besonderearbeitnehmerähnliche“ Rechtsstatus für dieWerkstattbeschäftigten als wichtiger Schutz erwiesenhat. Er gewährt alle Arbeitnehmerschutzrechte,ohne die Werkstattbeschäftigten durch eine unerfüllbareGleichsetzung mit den arbeitsrechtlichenArbeitnehmerpflichten zu überfordern.Grundsätzlich ist eine auskömmliche, tariflicheEntlohnung für Werkstattbeschäftigte begrüßenswert.Diese Forderung wirft aber zahlreiche Fragen auf,die geklärt werden müssen: Wer wären die Tarifpartner?Welcher Tarif soll zur Anwendung kommen?Wer kommt für die Tariflöhne auf? Wie kanneine solche Forderung aufgestellt werden, wenn inder Praxis bereits der vorgeschriebene Grundbetragnach § 138 Absatz 2 SGB IX i. V. m. § 125 SGB III für(voll erwerbsgeminderte) Werkstattbeschäftigte imEinzelfall nicht erwirtschaftet werden kann?Ziffer 9b): Entlohnung auf Außenarbeitsplätzen9Vgl. Ergebnisprotokoll der Amtschefkonferenz der 87. Konferenzder Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatorenfür Arbeit und Soziales der Länder, TOP 4.3, Anlage VI, Seite43f39

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