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5. Metalle, Elektronen im Kristall Das freie Elektronengas

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<strong>5.</strong> <strong>Metalle</strong>, <strong>Elektronen</strong> <strong>im</strong> <strong>Kristall</strong><strong>Das</strong> <strong>freie</strong> <strong>Elektronen</strong>gasIm Jahre 1900, drei Jahre nach der Entdeckungdes Elektrons durch J. J. Thompson,konstruierte Drude seine Theorie der e -elektrischen Leitung und der Wärmeleitung in<strong>Metalle</strong>n, indem er die erfolgreiche kinetischeTheorie der Gase auf <strong>Metalle</strong> übertrug. Danachbesteht ein Metall aus positiv geladenenschweren Teilchen, die unbeweglich sind und <strong>Elektronen</strong>, die mit diesen Kernenzusammenstoßen, ohne untereinander in Wechselwirkung zu treten. Die sogenanntemittlere <strong>freie</strong> Weglänge λ eines Elektrons, einer Größe, der eine große Rolle bei derDiskussion physikalischer Eigenschaften zukommt, entspricht der gemittelten Streckezwischen zwei Stößen.<strong>Das</strong> einzelne, isolierte Atom eines metallischen Elements hat einen Kern mit derLadung e x Z a , wobei Z a die Ordnungszahl und e den Betrag der <strong>Elektronen</strong>ladungbezeichnen (e = 1,6 x 10 -19 Coulomb). Man kann die Konzentration des<strong>Elektronen</strong>gases folgendermaßen berechnen: Für ein metallisches Element mit 6.022x 10 23 Atome pro Mol, einer Massendichte ρ m [g/cm 3 ] und der Alommasse AElements bezeichnen. Da jedes Atom Z <strong>Elektronen</strong> beiträgt, ergibt sich die Anzahl n= N / V von <strong>Elektronen</strong> pro cm 3 zu23 Zρmn = 6.023⋅10⋅ANachfolgend sind Leitungselektronenkonzentrationen n(10 22 )/cm 3 sowie Werte einerGröße r s , die definiert sind als Radius einer Kugel,1/ 33r s= ( ) ,4 πnderen Volumen dem Volumen pro Leitungselektron gleichkommt, für einigeausgewählte Elemente angegeben:Atom Na Cs Mg Ba Nb Zn Ga Bin 2.65 0.91 8.61 3.15 <strong>5.</strong>56 13.2 1<strong>5.</strong>4 14.1r s 2.08 2.98 1.73 1.63 1.12 1.37 1.27 1.19Es sei bemerkt, dass lediglich bei den Alkal<strong>im</strong>etallen alle Valenzelektronen, nämlich 1 pro Atom, alsfrei zu betrachten sind (delokalisiert). Daß bei den Seltenerdmetallen (mit einer Wertigkeit von 3) weitweniger als die drei Valenzelektronen an das <strong>Elektronen</strong>gas abgegeben werden, spiegeln derengemessenen magnetischen Suszeptibilitäten wider. Auch die hohen Schmelzpunkte derÜbergangsmetalle lassen sich nicht mit einer Bindung der Atomrümpfe an das <strong>Elektronen</strong>gaserklären, sondern nur dadurch, dass ein Großteil der Valenzelektronen in starken Metall-Metall-Bindungen lokalisiert vorliegt.1


Probleme hatte die Theorie von Drude, die später durch Sommerfeld erweitert undverbessert wurde, allerdings mit der Erklärung einer Vielzahl physikalischerEigenschaften von <strong>Metalle</strong>n.I. Unst<strong>im</strong>migkeiten bei den Transportkoeffizienten <strong>freie</strong>r <strong>Elektronen</strong>a) Hall-Koeffizient:Die Theorie <strong>freie</strong>r <strong>Elektronen</strong> ergibt, dass der Hall Koeffizient bei metallischen<strong>Elektronen</strong>konzentrationen den konstanten Wert R H = -1/nec hat, unabhängig von Temperatur,Relaxationszeit oder auch der Stärke des Magnetfelds. So unterscheidet sich beispielsweise beiAluminium der Wert des Hall-Koeffizienten um mehr als einen Faktor 3 vom Wert für <strong>freie</strong><strong>Elektronen</strong>, hängt stark von der Magnetfeldstärke ab und hat für starke Felder noch nicht einmaldas Vorzeichen, das die Theorie <strong>freie</strong>r <strong>Elektronen</strong> voraussagt.b) Magnetwiderstand:Die Theorie <strong>freie</strong>r <strong>Elektronen</strong> besagt, daß der Widerstand eines Drahtes, der sich in einemhomogenen Magnetfeld befindet, welches zum Draht senkrecht ist, von der Feldstärkeunabhängig sein sollte. In einigen Fällen allerdings, insbesondere bei Cu, Ag und Au, kann manerreichen, daß der Widerstand mit wachsender Feldstärke scheinbar ohne Grenze zun<strong>im</strong>mt.c) Thermoelektrisches Feld:Lediglich die Größenordnungen der Beträge des thermoelektrischen Feldes, nicht aber dasVorzeichen, werden richtig wiedergegeben.d) <strong>Das</strong> Wiedemann-Franzsche Gesetz:Die Reproduktion des Wiedemann-Franzschen Gesetzes (das Verhältnis von Wärmeleitfähigkeitund elektronischer Leitfähigkeit ist temperaturunabhängig) - der große Triumph der Theorie <strong>freie</strong>r<strong>Elektronen</strong> - ist sehr gut bei hohen Temperaturen (Raumtemperatur) und ziemlich gut bei sehrniedrigen Temperaturen (einigen K). Bei Temperaturen <strong>im</strong> Zwischenbereich versagt die Theorie.e) Temperaturabhängigkeit der Gleichstromleitfähigkeit:Die Temperaturabhängigkeit der Gleichstromleitfähigkeit wird nicht erfasst und muß künstlichdurch eine angenommene Temperaturabhängigkeit der Relaxationszeit τ in die Theorie eingebautwerden.f) Wechselstromleitfähigkeit:Die Frequenzabhängigkeit der optischen Eigenschaften (elektromagnetisches Wechselfeld) der<strong>Metalle</strong> ist äußerst komplex und man braucht beispielsweise gar nicht erst zu versuchen, dieFarben von Kupfer oder Gold durch Reflektivitäten zu erklären, die man aus einer auf dem Modell<strong>freie</strong>r <strong>Elektronen</strong> basierenden dielektrischen Konstanten berechnet.II. Unst<strong>im</strong>migkeiten bei den statischen thermodynamischen Voraussagena) Linearer Term in der Wärmekapazität:Die Sommerfeld-Theorie erkli sehr gut die Größenordnung des in T linearen Terms in derWärmekapazi Temperaturen für die Alkal<strong>im</strong>etalle, deutlich weniger gut i lelmetalle und sehrschlecht für Übergangsmetalle wie Eisen u: Mangan (vorausgesagte Größenordnung viel zu klein)sowie für Wismut u' Inung viel zu groß).b) Kubischer Term in der Wärmekapazität:Exper<strong>im</strong>ente zeigen, daß die Korrektur in T 3 zum linearen Term sehr deutlich, da die einfacheSommerfeld-Theorie als elektronischen Beitrag zum Term in T 3 einen Wert liefert, der zu klein ist.2


c) Kompressibilität der <strong>Metalle</strong>:Zur genauen Berechnung muss die Rolle der Atomrümpfe sowie die Elektron-Elektron-Wechselwirkungen mit einbezogen werden, wenn man zu einer genaueren Abschätzung derZustandsgleichung eines Metalls kommen will.Die hauptsächliche Ursache für die Schwierigkeiten in der Theorie von Drude, diespäter durch Sommerfeld noch erweitert und verbessert wurde, ist die Näherung<strong>freie</strong>r <strong>Elektronen</strong>; sie trifft verschiedene Vereinfachungen.a) Die Wirkung der Atomrümpfe auf die Dynamik eines Elektrons zwischenvernachlässigt.b) Es wird nicht geklärt, welche Rolle die Atomrümpfe als Ursache von Stößenspielen.c) Die Möglichkeit, daß die Atomrümpfe selbst, als unabhängige dynamischeObjekte, zu physikalischen Phänomenen, wie beispielsweise derWärmekapazität oder der Wärmeleitfähigkeit beitragen könnten, wirdignoriert.Zur Behandlung der metallischen Eigenschaften von Stoffen ist es daher notwendig,Konzepte einzuführen, die Atome mittels quantenmechanischer Methoden <strong>im</strong>dreid<strong>im</strong>ensionalen Gitter behandeln. Aufgrund des Welle-Teilchen Dualismus einesElektrons lassen sich einige Prinzipien, wie sie in den vorangegangenen Kapiteln fürdie Röntgenbeugung aufgezeigt wurden, auf die Beugung eines Elektrons <strong>im</strong> Gitterübertragen.Pr<strong>im</strong>itive Zellen nach Wigner-Seitz und Brillouin-ZonenAls Elementarzelle des reziprokenGitters wählt man in derFestkörperphysik gewöhnlich nicht dasdurch die pr<strong>im</strong>itiven Translatoren a*, b*und c* aufgespannte Parallelepipedsondern die sogenannte erste-Brillouin-Zone.Man erhält die erste Brillouin-Zone, inanaloger Weise zur Wigner-Seitz Zelle indem man von einem Punkt des reziprokenGitters Vektoren zu allen Nachbarpunkten zieht und durch die Mittelpunkte derVerbindungslinien senkrecht zu ihnen Ebenen legt. Die entsprechende Konstruktionin der Ebene (rot eingezeichnete pr<strong>im</strong>itive Zelle) zeigt die nebenstehende Abbildung.3


Im reziproken Gitter (3D) ist das Polyeder um den Ursprung mit dem kleinstenVolumen die erste Brillouin-Zone. Es läßt sich zeigen, daß die erste Brillouin-Zonedas gleiche Volumen hat wie das durch die Vektoren a*, b* und c* aufgespannteParallelepiped.Im dreid<strong>im</strong>ensionalen k-Raum oder Impulsraum, eine Bezeichnung, die in der Physiküblich ist, (die Begriffe reziprokes Gitter oder reziproker Raum sind äquivalent)stellen folgende Polyeder die erste Brillouin-Zone dar :GitterWigner-Seitz-Polyederreziprokes Gittererste Brillouin-Zonepr<strong>im</strong>itives Gitter Würfel pr<strong>im</strong>itives Gitter Würfelfcc Abgeschnittenes bcc RhombendodekaederOktaederbcc Rhombendodekaeder fcc AbgeschnittenesOktaederAuch <strong>im</strong> realen <strong>Kristall</strong>gitter wählt man gelegentlich eine Elementarzelle, die analogzur ersten Brillouin-Zone konstruiert wird. Diese sogenannte Wigner-Seitz-Zellezeichnet sich dadurch aus, daß sie jeweils die vollständige nächste Umgebung eineseinzelnen Gitterpunktes, d.h. seine Wirkungssphäre, umfaßt und damit eineMöglichkeit darstellt, graphisch die Koordinationszahl eines best<strong>im</strong>mten Atoms in derElementarzelle zu ermitteln.Die zweite Brillouin-Zone erhält man, indem man zu den zweitnächsten Gitterpunktenmittelsenkrechte Ebenen errichtet, die dann die Begrenzungsebenen darstellen. Beider dritten Brillouin-Zone verfährt man analog, muß dabei aber auch Ebenen derersten Brillouin-Zone berücksichtigen. Man kann zeigen, daß jede Brillouin-Zonedenselben Flächeninhalt besitzt. Die Brillouin-Zonen eines eind<strong>im</strong>ensionalen bzweines quadratischen zweid<strong>im</strong>ensionalen reziproken Gitters zeigt die nachfolgendeAbbildung:Abb. 3.6-4bcc fcc4


Eigenschaften einer Wellenfunktion <strong>im</strong> Festkörper - Bloch-TheoremDie Schrödinger-Gleichung für ein Elektron <strong>im</strong> <strong>Kristall</strong> lautetH ψ( r r ) =2⎡ h r ⎤⎢− ∆ + U () ⎥ ψ( r ) = E·ψ( r ) (3.6-1)⎣ 2m⎦<strong>Das</strong> Potental U( r r ) ist dabei invariant gegenüber einer Translation um denGittervektor R r (reelles Gitter) und somit ist auch der Hamiltonoperator H invariantgegenüber einer solchen Transformation. Sei T der Operator der Translation um denVektor R r . H und T vertauschen (kommutieren) dann, d.h. es gilt:T [ H ψ( r r ) ] = H [ T ψ( r r ) ] (3.6-2)d.h. wenn ψ( r r ) Eigenfunktion von H mit Eigenwert E ist, dann sind auch alleFunktionen Tψ( r r ) Eigenfunktion von H zum gleichen Eigenwert. ψ( r r ) und ψ( R r + r r )unterscheiden sich dabei nur um einen konstanten Faktor f( R r ), der i.a. eine Funktionvon R r ist. Bei entarteten Eigenwerten gilt <strong>im</strong> Prinzip dasselbe, allerdings muß mandann eine geeignete Linearkombination der entarteten Wellenfunktionen wählen. Mitdieser Einschränkung gilt also <strong>im</strong>mer :ψ( R r + r r ) = f( R r )·ψ( r r ) (3.6-3)wobei R r ein beliebiger Gittervektor ist.Sei R r = R r 1+ R r 2. Eingesetzt in (3.6.3) erhält man:ψ( R r 1+ R r 2+ r r ) = f( R r 1+ R r 2)·ψ( r r ) (3.6-4)Andererseits gilt aber auchψ( R r 1+ R r 2+ r r ) = f( R r 2)·ψ( r r + R r 1) = f( R r 1)·f( R r 2)·ψ( r r ) (3.6-5)Vergleicht man Gleichungen (3.6-4) mit (3.6-5), so findet manf( R r 1+ R r 2)·ψ( r r ) = f( R r 1)·f( R r 2) (3.6-6)Gleichung (3.6-6) kann erfüllt werden, wenn f( R r ) die folgende Form besitzt:f( R r ) =r ri k *•Re • (3.6-7)*k rist ein zunächst beliebiger Vektor des reziproken Gitters, der bewirkt, daß derExponent in Gl (3.6-7) d<strong>im</strong>ensionslos ist. Einsetzen von Gl (3.6-7) in Gl (3.6-3) ergibtdie als Blochsches Theorem bekannte Beziehung:ψ( R r + r r ) =r ri k *•Re • r ·ψ( ) (3.6-8)5


Über f( R r ) werden jetzt auch die Wellenfunktion ψ( r ) sowie der Eigenwert E vonabhängig.*k rEine Eigenfunktion der Schrödinger-Gleichung (3.6-1) mit einem gitterperiodischenGitterpotential muß Gl (3.6-8) genügen. Für die sogenannte Bloch-Funktionr•rψ k( r ) = u k( r i k r)· e • *(3.6-9)mitu k( R r + r r ) = u k( r r ) (3.6-10)trifft dies zu.*Der reziproke Vektor k rerscheint in der Bloch-Funktion Gl (3.6-9) alsWellenzahlvektor einer ebenen Welle, die mit der gitterperiodischen Funktion u k( r )moduliert ist:Abb. 3.6-5*k rkann <strong>im</strong> Prinzip jeden möglichen Wert annehmen, da <strong>Elektronen</strong> überall <strong>im</strong><strong>Kristall</strong> definiert sind (<strong>im</strong> Unterschied zu Gitteratomen, wo man sich nur für eine*Bewegung diskreter Gitteratome interessiert). Es ist aber oft zweckmäßig, für k rnurWerte aus der ersten Brillouin-Zone zuzulassen, man spricht von einer Reduktiondes Wellenzahlvektors auf die erste Brillouinzone. Einen reduzierten*Wellenzahlvektor k r ´ erhält man durch Addition eines geeigneten Vektors desreziproken Gitters K r *zum Wellenvektor k r . Diese Reduktion des Wellenzahlvektors*k r*führt allerdings dazu, daß einem best<strong>im</strong>mten k rWert mehrere Energie-Eigenwerte zugeordnet sind. Die nachstehende Abbildung zeigt den Sachverhalt für<strong>freie</strong> <strong>Elektronen</strong> in eind<strong>im</strong>ensionaler Darstellung:Abb. 3.6-66

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