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Reinhold MOKROSCH: "Gerechter Krieg"?

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durch militärische Gewalt erzwungen werden, sondern säe den Samen für dieBrut einer neuen Terroristengeneration aus; Krieg als Mittel der Politik seidurch das Völkerrecht ein für allemal geächtet und für absurd erklärt worden;auch der konventionelle Krieg zerstöre und vernichte trotz militärischerhigh tech mehr, als dass er zu schützen vorgebe; und die Grenze zum Einsatzatomarer Massenvernichtungsmittel sei jederzeit in Gefahr, überschritten zuwerden. Das alles sind Argumente (ausgenommen das letzte), welche Friedenskämpferim Gefolge Arnauds wie Bertha von Suttner, Alfred HermannFried, Ludwig Quidde, Hans Wehberg, Otto Umfrid, Martin Rade undViktor Hugo um die Jahrhundertwende den deutschnationalen Bellizistenprotestierend vorgehalten hatten. Sie wurden prompt der »nationalen Würdelosigkeit«und »nationalen Verantwortungslosigkeit« bezichtigt. 3 Implizithatten diese Pazifisten auch schon damals davor gewarnt, Kriege aus expansivökonomischen Gründen, aus Weltmachtansprüchen, aus dem Gefühlmoralischer und kultureller Überlegenheit heraus u.ä. zu führen.Wie sind diese Ähnlichkeiten, Analogien und Parallelen gegenwärtiger Begründungenbzw. Ablehnungen des Krieges mit historischen Begründungsversuchenzu bewerten? Liegen hier Gleichheiten oder nur Ähnlichkeiten vor?Und greifen die gegenwärtigen Rechtfertigungsversuche für Krieg oderKriegsprotest bewusst oder unbewusst oder gar nicht auf die Geschichtezurück? Von der Beantwortung dieser Fragen hängt m.E. die Frage ab, obsich die Initiatoren von Kriegen heute einem allgemeinen Schema des Bellizismusbeugen oder ob sie unter verantwortlichem Eingehen auf die gegenwärtigeSituation wirklich aus eigener Gewissensprüfung heraus Krieg führen.Zur Prüfung dieser Fragen begrenze ich mich auf die klassischen Theorienund Konzepte vom ›gerechten Krieg‹ bzw. vom ›gerechten Frieden‹: auf Augustin,Thomas von Aquin, Luther, Kant und auf Entwicklungen um 1813,1914 und 1939. In der gebotenen Kürze sind hier nur die wichtigsten Argumentezu nennen.II. Historische Modelle zur Begründung eines »gerechten Krieges«, die nochheute verwandt werden —a) Radikale Gegensätze: Frühchristlicher Pazifismus und Augustins Lehrevom gerechten Krieg — Viele frühchristliche Gemeinden hatten jede Beteiligungam römischen Soldatendienst und an römischen sog. gerechten Kriegenverweigert. Sie nahmen das Bild vom schmalen und breiten Weg in der Bergpredigt(Mt 7,13f.) wörtlich und vertraten eine Zwei-Wege-Ethik: Christenmüssten den mühsamen schmalen Lebensweg gehen, um durch die engePforte in Gottes Reich zu gelangen. Und das hieß: Sie dürften keine Waffentragen, also nicht Soldat werden; keinen Eid schwören, also keinen Rechtsprozessführen; und dem Kaiser nicht opfern, also nicht römische Beamtewerden. Sie sollten allein Jesu Gebot der Nächsten- und Feindesliebe erfüllen;206

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