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Reinhold MOKROSCH: "Gerechter Krieg"?

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für andere nach geltendem Strafrecht dem Unrecht wehren, ggf. das Schwertgegen die Bösen benutzen, im Gericht Urteile sprechen, dem Feind wehrenund auch für die Zukunft vorsorgen. Kurz: Für sich als Privatperson solle erschon jetzt exemplarisch Unrecht leiden, für andere als Amtsperson solle erdem Unrecht wehren. Denn er solle überzeugt sein, dass Gott die Welt aufdoppelte Weise regiert: Zum einen mit dem Wort der Liebe und Vergebung;zum anderen mit dem weltlichen Gesetz der Ordnung und ggf. der Gewalt.Der Christ solle sich allerdings bemühen, so viel Bergpredigt, d.h. Gewaltlosigkeit,Versöhnung und Frieden, wie möglich in den Alltag der Welthineinzutragen. Ja, er solle sogar als verantwortliche Amtsperson zum Unrechtleiden bereit sein, wenn es denn dem öffentlichen Frieden dient.Natürlich berufen sich evangelische Christen und Kirchen bis heute aufdiese Vorstellungen Luthers von Krieg, Widerstandsrecht und Frieden. Allerdingsspielt Luthers Gewalt- und Gehorsamsverständnis, das lutherischeChristen unter dem Nationalsozialismus am Widerstand gegen das Hitler-Regime hinderte, überhaupt keine Rolle mehr. Aber an dessen Stelle ist beivielen eine angeblich rationale Zustimmung zu dem angeblich rationalenVerteidigungswillen westlicher Güter und Werte durch demokratisch legitimierteRegierungen getreten.Die Bereitschaft zur militärischen Verteidigung durch eine legitimierte Regierungist auf der Grundlage der Zwei-Reiche-Unterscheidung unter lutherischenChristen nach wie vor groß. Auf der anderen Seite berufen sich sog.Links-Lutheraner auf Luthers Aufruf zum passiven Widerstand mit demBekenntnis der Wahrheit. Sie unterstützen nicht nur die Kriegsdienstverweigerung,sondern setzen sich für alle Formen des zivilen Ungehorsams undnatürlich auch der Desertion ein. Bis heute berufen sie sich dabei auf MartinLuther.Tatsächlich ist es so, dass Luthers Positionen zu Krieg und Frieden sowohlden Bellizismus als auch den Pazifismus im Protestantismus der letzten 500Jahre gefördert haben. Diejenigen, die sich von Luthers Obrigkeitsverständnislösen konnten, traten und treten oft für Pazifismus ein; diejenigen, welche anLuthers Gewalten- und Hierarchieverständnis festhielten, traten und tretenoft für militärische Verteidigung, ja Bellizismus ein.d) Kants Idee vom ›Ewigen Frieden‹: Selbstbestimmung und Gleichheitdurch Staats-, Völker- und Weltbürgerrecht (Republik, Völkerbund undWeltbürgerrecht)? — Immanuel Kant hat unter dem Eindruck der französischenRevolution 1795 seine berühmte Schrift Zum ewigen Frieden 15 verfasst,in der er die zahlreichen Friedensutopien von Erasmus’ Querela pacisbis zu Thomas Morus’ Utopia mit den Ideen eines republikanischen Staatsrechts,eines Völkerbundrechts und eines Weltbürger-Menschenrechts zurealisieren versuchte. Bekanntlich stand sein Konzept bei der Gründung desUNO-Völkerbundes 1949 Pate, und noch heute setzt man sich mit seinen211

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