Jenas Sporthistorie in Wort und Bild - Sport Geschichte Jena
Jenas Sporthistorie in Wort und Bild - Sport Geschichte Jena
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<strong><strong>Jena</strong>s</strong> <strong><strong>Sport</strong>historie</strong> <strong>in</strong> <strong>Wort</strong> <strong>und</strong> <strong>Bild</strong><br />
E<strong>in</strong>e Serie <strong>in</strong> der Thür<strong>in</strong>gischen Landeszeitung<br />
2011<br />
Hans-Georg Kremer<br />
Michael Ulbrich
Vorwort<br />
E<strong>in</strong> <strong>Bild</strong> sagt mehr als tausend <strong>Wort</strong>e. Doch die <strong>Geschichte</strong> e<strong>in</strong>es <strong>Bild</strong>es ist nicht <strong>in</strong><br />
tausend <strong>Wort</strong>en erzählt. Woche für Woche ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> der TLZ e<strong>in</strong>e Serie, die längst<br />
e<strong>in</strong> fester Bestandteil im Repertoire der Zeitung ist. <strong><strong>Jena</strong>s</strong> <strong><strong>Sport</strong>historie</strong> steht im Mittelpunkt<br />
– e<strong>in</strong> <strong>Bild</strong>, se<strong>in</strong>e <strong>Geschichte</strong>; aufgeschrieben von Dr. Hans-Georg Kremer.<br />
Wegzudenken, ist der allwöchentliche Blick <strong>in</strong> die Vergangenheit nicht. Auch der<br />
Zeitungsleser ist nur e<strong>in</strong> Mensch <strong>und</strong> als e<strong>in</strong> solcher e<strong>in</strong> Gewohnheitstier. Fällt die<br />
TLZ-Serie e<strong>in</strong>mal aus, flattern die E-Mails here<strong>in</strong>. Warum? Weshalb? Wieso? Rege<br />
werden die Texte gelesen – Anregungen folgen, kle<strong>in</strong>e Verbesserungen oder gar Hilfe-<br />
stellungen werden gegeben. All das hilft, das <strong>Bild</strong> der <strong>Sport</strong>geschichte unserer Stadt<br />
klar zu zeichnen.<br />
Schluss ist noch lange nicht, ke<strong>in</strong>e Sorge. In den Archiven schlummert noch manch<br />
fotografischer Schatz – es gibt noch so viele <strong>Geschichte</strong>n zu erzählen, so viel zu erforschen.<br />
Die Reise <strong>in</strong> die Vergangenheit hilft, besser zu verstehen; sie erheitert bei<br />
manch Anekdote; sie stimmt nachdenklich e<strong>in</strong>gedenk sich wiederholender Fehler.<br />
Woche für Woche fügt sich <strong>Bild</strong> für <strong>Bild</strong> das große Puzzle unserer Historie zusammen.<br />
Dr. Hans-Georg Kremer gilt für se<strong>in</strong>e akribische Arbeit der Dank – verb<strong>und</strong>en<br />
mit der Hoffnung, dass er nach se<strong>in</strong>em 65. Geburtstag, anlässlich dessen dieses Buch<br />
ersche<strong>in</strong>t, weiter so viel Zeit <strong>und</strong> Mühe <strong>in</strong>vestiert. Denn e<strong>in</strong>es ist klar: Mit tausend<br />
<strong>Wort</strong>en ist es nicht getan. Auch wenn e<strong>in</strong> <strong>Bild</strong> mehr als tausend <strong>Wort</strong>e sagt.<br />
Michael Ulbrich
Als der Ballsport <strong>in</strong>s Ballhaus e<strong>in</strong>zog<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 21. Januar 2010 Nr. 169<br />
Die gebürtige französische Herzog<strong>in</strong> Maria de la Tremouille ist vermutlich die erste<br />
Frau, die <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> regelmäßig Tennis spielte. Sie kam im Dezember 1662 nach <strong>Jena</strong><br />
als Ehefrau des Herzogs Bernhard II. von Sachsen <strong>Jena</strong>. Bernhard hatte sie im Juni<br />
<strong>in</strong> Paris geheiratet. Vorausgegangen war e<strong>in</strong>e längere Kavalierstour (1658/59) des<br />
Pr<strong>in</strong>zen Bernhard nach Paris, bei dem das ernest<strong>in</strong>ische Herzogshaus Sachsen-Weimar<br />
e<strong>in</strong>en engeren Kontakt zur französischen Krone aufbauen wollte. Sachsen-Weimar war<br />
se<strong>in</strong>erzeit e<strong>in</strong>es der kle<strong>in</strong>en wirtschaftlich <strong>und</strong> politisch unbedeutenden Herzogtümer <strong>in</strong><br />
Thür<strong>in</strong>gen, bei denen es üblich war, dass sich die Söhne des Hauses häufig als Militärs<br />
<strong>in</strong> „fremden“ Diensten ihr Geld verdienten. E<strong>in</strong>er der Bedeutendsten war Bernhard von<br />
Sachsen-Weimar, der Onkel Bernhards II., der im Dreißigjährigen Krieg als Nachfolger<br />
des gefallenen Schwedenkönigs Gustav Adolph das protestantische Heer zu e<strong>in</strong>igen<br />
Siegen über die kaiserlichen Truppen führte. Se<strong>in</strong>e Militärzüge wurden f<strong>in</strong>anziell von<br />
Frankreich unterstützt, <strong>und</strong> zu se<strong>in</strong>en Offizieren gehörte auch der Marschall Turenne.<br />
Dieser war der Onkel von Maria del la Tremouille, was die Anbahnung e<strong>in</strong>er Hochzeit mit<br />
Bernhard II. sicher positiv bee<strong>in</strong>flusst hatte. Da wenige Tage nach der Hochzeit Wilhelm<br />
IV., der Vater von Bernhard II. <strong>in</strong> Weimar verstorben war, reiste Bernhard II. sofort von<br />
Paris ab, um bei der Testamentseröffnung se<strong>in</strong>e Ansprüche geltend zu machen. Da<br />
Sachsen-Weimar noch ke<strong>in</strong>e Primogenitur hatte, waren alle vier Söhne gleichermaßen<br />
erbberechtigt. Bernhard II. erhielt <strong>Jena</strong> als Wohnsitz, während die E<strong>in</strong>künfte des<br />
Landes durch vier aufgeteilt wurden. Es ist sehr wahrsche<strong>in</strong>lich Maria de la Tremouille<br />
zu verdanken, dass Bernhard II. die Hauptriebkraft wurde, die e<strong>in</strong>e Aufteilung des<br />
väterlichen Erbes <strong>in</strong> selbstständige Herrschaften zum Ziel hatte. Es dauerte noch bis<br />
1672, dann hatte er se<strong>in</strong> Ziel erreicht. <strong>Jena</strong> wurde neben Weimar, Eisenach <strong>und</strong> Marksuhl<br />
gleichberechtigte Residenzstadt. Obwohl wirtschaftlich schon bei der Gründung hoch<br />
verschuldet, vor allem aufgr<strong>und</strong> des vorangegangen Dreißigjährigen Krieges, setzte<br />
gleich nach dem E<strong>in</strong>zug von Maria <strong>und</strong> Bernhard 1662 <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong> „Bauboom“ e<strong>in</strong>. Das<br />
recht bescheidene Schloss wurde ausgebaut <strong>und</strong> Freizeite<strong>in</strong>richtungen für den Herzog<br />
<strong>und</strong> die Herzog<strong>in</strong> geschaffen. Dazu gehörten auch drei „<strong>Sport</strong>bauten“. E<strong>in</strong> Schießhaus<br />
etwa auf dem Gelände des heutigen Planetariums, e<strong>in</strong>e Reithalle auf dem Gelände<br />
des heutigen Uni-Hauptgebäudes <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Ballhaus, gegenüber dem heutigen Uni-<br />
Hauptgebäude am Fürstengraben. Das Ballhaus, von dem heute noch der Name der<br />
Ballhausgasse stammt, diente dem Ballspiel, e<strong>in</strong>em Vorläufer des Tennis. Den Bau des<br />
Hauses hatte die Herzog<strong>in</strong> aus eigenen Mitteln f<strong>in</strong>anziert. Sie hatte zwar <strong>in</strong> die Ehe<br />
ke<strong>in</strong> „Land“ e<strong>in</strong>gebracht aber e<strong>in</strong>e ansehnliche Mitgift <strong>in</strong> Höhe von 80.000 Talern. Dies<br />
war mehr als ganz Sachsen-<strong>Jena</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr an Steuern e<strong>in</strong>nahm. Als passionierte<br />
Reiter<strong>in</strong> <strong>und</strong> Tennisspieler<strong>in</strong> nutze sie das Ballhaus regelmäßig zur Zerstreuung. Ihre<br />
Ehe mit Bernhard II. lief von Beg<strong>in</strong>n an nicht sehr harmonisch <strong>und</strong> beide bezichtigten<br />
sich der Seitensprünge. Tatsächlich hielt sich Bernhard II. mit Elisabeth von Kospoth<br />
seit 1673 e<strong>in</strong>e „Frau zur L<strong>in</strong>ken“. Erst 1675 mit Geburt des Thronfolgers Johann<br />
Wilhelm besserte sich das Verhältnis der Eheleute wieder, war aber nur von kurzer<br />
Dauer, da Bernhard II. bereits 1678 als 40jähriger verstarb. Nach Marias Tod 1682<br />
erbte ihr Sohn Johann Wilhelm das Ballhaus; er selbst wurde nur 15 Jahre alt, womit die<br />
Herzogsl<strong>in</strong>ie Sachsen <strong>Jena</strong> 1690 ausstarb. Das Ballhaus, welches die Herzog<strong>in</strong> schon zu<br />
3
Lebzeiten auch den Studenten der Universität zum Ballspiel geöffnet hatte, wurde bis<br />
Ende des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts von e<strong>in</strong>em fürstlich privilegierten „Ballmeister“ betrieben.<br />
Erst Goethe plante e<strong>in</strong>e Nutzungsänderung um 1796 für das Ballhaus <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> wollte<br />
e<strong>in</strong> Theater e<strong>in</strong>richten, was aber aus f<strong>in</strong>anziellen Gründen nicht zu Stande kam. Die<br />
Burschenschaften wollten 1815 daraus e<strong>in</strong>e Turnhalle machen. Zeitweilig diente es<br />
Theatergruppen als Spielstätte, bevor es Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts dem Bau e<strong>in</strong>es<br />
Verwaltungsgebäudes für die Eisenbahnen weichen musste.<br />
Der Fürstengraben um 1800. L<strong>in</strong>ks sieht man das <strong>Jena</strong>er Schloss, wo heute<br />
das Uni Hauptgebäude steht, rechts das Ballhaus <strong>und</strong> ganz rechts den „Schwarzen Bären“.<br />
4
Mit Flusskies von den Schleichers<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 28. Juni 2007<br />
Die <strong>Sport</strong>art Leichtathletik wurde <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> seit Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts betrieben.<br />
Wichtigste <strong>Sport</strong>stätten waren anfangs die Wiesen <strong>in</strong> der Oberaue, dem heutigem<br />
Universitätssportzentrum, welche durch den „Vere<strong>in</strong> zur Herstellung e<strong>in</strong>es Spielplatzes“<br />
ab 1893 gebaut wurden. Der Gymnasiallehrer Herrmann Peter hatte diesen Vere<strong>in</strong> als<br />
geme<strong>in</strong>nützige Genossenschaft mit dem Ziel des Erwerbs von geeigneten Gr<strong>und</strong>stücken<br />
für <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Spielplätze <strong>in</strong>s Leben gerufen. Zum Vorstand gehörten neben Peter<br />
noch der bekannte Chemieprofessor Ludwig Knorr, der als Entdecker des Aspir<strong>in</strong>s<br />
gilt, <strong>und</strong> der Fabrikant Gustav Netz. Jedes der Genossenschaftsmitglieder konnte<br />
bis zu 20 Geschäftsanteile à 100 Goldmark erwerben. E<strong>in</strong> Jahr nach der Gründung<br />
hatte der Vere<strong>in</strong> bereits 2,5 ha Wiesenflächen gekauft. Neben dem Fußballspiel<br />
wurde vor allem Tennis auf den Rasenplätzen gespielt. Um 1908 existierten bereits 32<br />
Rasentennisplätze <strong>in</strong> der Oberaue, die dann schrittweise <strong>in</strong> Sandplätze umgewandelt<br />
wurden. Für die Leichtathletik wurden diese Sandplätze <strong>und</strong> die Spielwiese genutzt.<br />
Bei Laufwettbewerben mussten die Bahnen mit Bändern abgesteckt werden. Mit<br />
dem 1911 gegründeten Vere<strong>in</strong> für Bewegungsspiele (VfB), der als Mehrspartenvere<strong>in</strong><br />
mit e<strong>in</strong>er eigenen akademischen Abteilung der direkte Vorläufer des USV ist, begann<br />
der leichtathletische Wettkampfbetrieb <strong>in</strong> der Oberaue e<strong>in</strong>zuziehen. Für größere<br />
<strong>Sport</strong>veranstaltungen zog man allerd<strong>in</strong>gs meist auf das benachbarte <strong>Sport</strong>gelände des 1.<br />
SV <strong>Jena</strong>, das heutige Ernst-Abbe-Stadion, wo e<strong>in</strong>e Laufbahn existierte. Auf den Plätzen<br />
des Universitätssportzentrums, die Universität hatte 1914 die gesamte Anlage vom<br />
Spielplatzvere<strong>in</strong> abgekauft, gab es bis 1925 ke<strong>in</strong>e Laufbahn. Ähnlich, wie heute dem<br />
USV, überließ 1925 die Universität dem VfB Teile des Geländes, mit der Verpflichtung,<br />
e<strong>in</strong>e Laufbahn fertigzustellen. Die Anlage wurde von den Vere<strong>in</strong>smitgliedern <strong>in</strong><br />
freiwilliger Arbeit gebaut. Insgesamt wurden dafür 12 000 Arbeitsst<strong>und</strong>en geleistet.<br />
Der Aufbau der Bahn bestand aus 30 cm Flusskies aus der benachbarten Kiesgrube der<br />
Firma Schleicher, 10 cm grober Schlacke <strong>und</strong> 10 cm Mischung von Sand, Ziegelmehl<br />
<strong>und</strong> fe<strong>in</strong>er Schlacke. Aufgr<strong>und</strong> der Größe des vorhandenen Geländes hatte die Bahn<br />
allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e 400 Meter Länge. Die R<strong>und</strong>e betrug etwas über 370 m. Trotzdem gab<br />
es hier <strong>in</strong> den zwanziger <strong>und</strong> dreißiger Jahren des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts e<strong>in</strong>e ganze<br />
Reihe nationaler <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationaler Wettkämpfe. Bis 1998 hatte diese Bahn Bestand,<br />
war aber auf Gr<strong>und</strong> des schlechten Zustandes nicht mal mehr zum Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g geeignet.<br />
Erst im Jahr 2000 konnte der USV den Bau e<strong>in</strong>er modernen Kunststofflaufbahn <strong>in</strong> Angriff<br />
nehmen. Auf Gr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es Vetos des Thür<strong>in</strong>ger Leichtathletik-Verbandes <strong>und</strong> anderer<br />
Bedenkenträger wurde lediglich e<strong>in</strong>e sogenannte C-Kampfbahn gebaut, die nicht für<br />
nationale Meisterschaften <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Wettkämpfe geeignet war. Sie wurde 2002<br />
<strong>in</strong> Betrieb genommen <strong>und</strong> dient heute den Vere<strong>in</strong>smitgliedern, Hochschulsportlern<br />
<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>studenten, aber auch vielen breitensportlichen Veranstaltungen wie dem<br />
Team-Lauf, der 100 km-Wanderung, dem Paarlauf-Cup <strong>und</strong> dem <strong>Jena</strong>er Kernberglauf<br />
als unverzichtbare <strong>Sport</strong>stätte.<br />
5
Bei e<strong>in</strong>em der ersten deutschland weiten Leichtathletikwettkämpfe im heutigen<br />
Universitätssportzentrum, den Nationalen Olympischen Spielen, liefen 1912 die <strong>Sport</strong>ler auf dem<br />
Rasen. Deutlich sieht man die abgesteckten Bahnen beim 1500-Meter-Lauf.<br />
6
100 Jahre Frauenstudium<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 22. November 2007 Nr. 75<br />
Über das <strong>Sport</strong>treiben der ersten 15 Student<strong>in</strong>nen, die 1908 ihr Studium an der <strong>Jena</strong>er<br />
Universität aufnahmen, wurden bisher noch ke<strong>in</strong>e verlässlichen Quellen gef<strong>und</strong>en. Da<br />
aber der Hochschulsport für die Studenten vor allem <strong>in</strong> den Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>en<br />
<strong>und</strong> akademischen Verb<strong>in</strong>dungen stattfand, ist anzunehmen, dass die ersten<br />
studierenden Frauen ebenfalls diese Möglichkeiten nutzten. Aber schon zwei Jahre<br />
später, 1910, wurde <strong>in</strong> dem Buch „Turnen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> an deutschen Hochschulen“ über<br />
die sportliche Betätigungen der Student<strong>in</strong>nen geschrieben: „Sehr beliebt ist auch das<br />
Tennisspiel, das, wo es möglich ist, auf den Tennisplätzen der Universität betrieben<br />
wird [...]. In <strong>Jena</strong> wird auf e<strong>in</strong>em Privattennisplatz gespielt.“ Hier s<strong>in</strong>d die Plätze des<br />
Spielplatzvere<strong>in</strong>s <strong>in</strong> der Oberaue geme<strong>in</strong>t. Weiter heißt es: „Die Stellung des <strong>Jena</strong>er<br />
(Student<strong>in</strong>nen) Vere<strong>in</strong>s wird durch die Tatsache besonders deutlich gekennzeichnet,<br />
dass <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Statuten als Zweck auch die Pflege des <strong>Sport</strong>s aufgenommen ist. So<br />
betreibt er außer Tennis auch das Florettfechten.“<br />
<strong>Jena</strong> ist damit wohl die erste Hochschule <strong>in</strong> Deutschland, wo der Fechtsport für<br />
Frauen möglich war. Im Allgeme<strong>in</strong>en wurde das Fechten an den Hochschulen vom<br />
akademischen Fechten der Verb<strong>in</strong>dungen, dessen Ziel das Mensur- oder Duellfechten<br />
war, bestimmt. Die Ausbildung wurde vielfach von Universitätsfechtmeistern<br />
übernommen, die von den Hochschulen e<strong>in</strong> entsprechendes Privileg erwerben mussten.<br />
Seit 1903 war Christian Seemann-Kahne <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> tätig. Aus Hannover stammend, hatte<br />
er se<strong>in</strong>e Fechtmeisterprüfung an der Universität <strong>in</strong> Kiel abgelegt. Danach war er an<br />
verschiedenen Hochschulen Assistent von Fechtmeistern, u. a. <strong>in</strong> Heidelberg <strong>und</strong><br />
bei se<strong>in</strong>em Bruder <strong>in</strong> Hannover. In <strong>Jena</strong> erhielt er anfangs von der Universität e<strong>in</strong>en<br />
Zuschuss von 300 Reichsmark im Jahr. Ansonsten lebte er von den Kolleggeldern,<br />
die die Studenten bei ihm für den Unterricht bezahlen mussten. Erst 1913 wurde er<br />
offiziell privilegiert <strong>und</strong> bekam dann e<strong>in</strong> Jahresgehalt von 1000 Reichsmark. Seemann-<br />
Kahne war sehr umtriebig <strong>und</strong> etablierte das Fechten auch <strong>in</strong> nichtakademischen<br />
Vere<strong>in</strong>en, wie dem Turnvere<strong>in</strong> Jahn <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> dem Vere<strong>in</strong> für Bewegungsspiele (VfB),<br />
dem Vorläufer des heutigen USV <strong>Jena</strong> e. V.. Diese beiden Vere<strong>in</strong>e hatten akademische<br />
Abteilungen <strong>und</strong> pflegten auch das <strong>Sport</strong>fechten, welches damals im Deutschen Reich<br />
Fuß zu fassen begann. Se<strong>in</strong> Versuch, nach dem 1. Weltkrieg das <strong>Sport</strong>fechten statt<br />
des Mensurfechtens <strong>in</strong> den studentischen Verb<strong>in</strong>dungen e<strong>in</strong>zuführen, scheiterte am<br />
Ende an der Frage, wie der Sieger e<strong>in</strong>es solchen Fechtduells e<strong>in</strong>deutig ermittelt werden<br />
könne.<br />
Zeitgenoss<strong>in</strong>nen wie Elisabeth Ditzen, die 1910 das Fechten der Student<strong>in</strong>nen<br />
beschrieb, merkten kritisch an: „Damit stand der <strong>Jena</strong>er Student<strong>in</strong>nen-Vere<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />
Deutschland e<strong>in</strong>zig da. Vielleicht hält man das Fechten, auch wenn man es als re<strong>in</strong><br />
körperliche Übung ohne Nebenzweck betreibt, − <strong>und</strong> nur davon kann hier die Rede se<strong>in</strong><br />
– für unweiblich – doch halte ich es für wahrsche<strong>in</strong>licher, dass man <strong>in</strong> allen Vere<strong>in</strong>en<br />
bestrebt war, fürs erste die gewöhnlichen turnerischen <strong>und</strong> sportlichen Veranstaltungen<br />
e<strong>in</strong>zubürgern <strong>und</strong> erst dann an die Pflege e<strong>in</strong>er speziell akademischen Leibesübung<br />
heranzugehen.“<br />
7
Aus dem Jahr 1911 stammt das Foto, auf dem der Universitätsfechtmeister Christian<br />
Seemann-Kahne (rechts) mit Student<strong>in</strong>nen beim Fechttra<strong>in</strong><strong>in</strong>g zu sehen ist.<br />
8
Wogau <strong>und</strong> die <strong>Jena</strong>er Studenten<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 12. März 2009 Nr. 127<br />
Der kle<strong>in</strong>e Ort Wogau wird 750 Jahre alt. Für die <strong>Jena</strong>er Studenten war er früher als<br />
e<strong>in</strong>es der „Bierdörfer“ <strong>in</strong>teressant, die e<strong>in</strong>e Schankberechtigung für die Studenten<br />
hatten. Besonders beliebt war er bei der Akademischen Turnerschaft (ATB) „Gothania<br />
Jenensis“. Die Kneipe <strong>in</strong> Wogau war spätestens seit 1865 deren Stammkneipe. Zu<br />
dieser Zeit waren die Gothanen noch e<strong>in</strong>e lose Verb<strong>in</strong>dung von Studenten, die meist<br />
aus Gotha stammten. Spätesten seit 1868 waren sie e<strong>in</strong>e schlagende Verb<strong>in</strong>dung. 1882<br />
gründeten sie sich als Akademischer Turnvere<strong>in</strong> Gothania Jenensis neu <strong>und</strong> begannen<br />
mit dem regelmäßigen Turnbetrieb. Prof. Dr. Stoy stellte ihnen die Turnhalle <strong>in</strong> der<br />
Johann Friedrich Schule zum Üben zur Verfügung. In ihrem Nachrichtenblatt wird<br />
berichtet, dass sie bei Turnspielen bei ihrer „Exkneipe“ <strong>in</strong> Wogau „[...] unter häufiger<br />
Beteiligung der Dorfbewohner [...]“ das unentbehrliche Turnspiel betrieben.<br />
Auf Gr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Verdienste für Wogau wurde der Gothane Voigt vom Bürgermeister<br />
Wogaus sogar zum Ehrenbürger des Ortes ernannt. Zum Jubiläum des Reichskanzlers<br />
Otto v. Bismark 1885 setzten die Gothanen <strong>in</strong> Wogau e<strong>in</strong>e deutsche Eiche, von der<br />
vermutlich der noch heute gebräuchliche Name der Gaststätte an der B7 „Deutsche<br />
Eiche“ stammt.<br />
Zeitweise hatte die Gothania über 60 Aktivas <strong>und</strong> war damit e<strong>in</strong>e der größten<br />
Verb<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. Ihre Turnübungen führte sie jeweils mittwochs 7 – 9 Uhr <strong>und</strong><br />
sonnabends 6 – 8 Uhr durch. Die Turnspiele fanden wöchentlich e<strong>in</strong>mal, oft auch<br />
sonntags auf e<strong>in</strong>er gepachteten Wiese <strong>in</strong> Löbstedt <strong>und</strong> später <strong>in</strong> den Wöllnitzer Wiesen<br />
statt. Es wurden Sauball, Schlagball <strong>und</strong> Kreisball gespielt.<br />
Wenn die Gothanen zu ihrer Exkneipe nach Wogau zogen, <strong>und</strong> das war fast jedes<br />
Wochenende, dann wählten sie möglichst jedes Mal e<strong>in</strong>en anderen Weg, so über die<br />
Kunitzburg, den Jenzig, den Fuchsturm, über die Lobdeburg, das Luftschiff <strong>und</strong> das<br />
Vorwerk Drakendorf.<br />
Seit 1900 hatten sie eigene schwere Waffen <strong>und</strong> führten ihr Fechttra<strong>in</strong><strong>in</strong>g auf dem<br />
Universitätsfechtboden aus. Die Gothanen durften aber nur bei Beleidigung zum<br />
Fechtduell antreten. 1911 gründeten sie e<strong>in</strong>e eigene Tennis-, e<strong>in</strong>e Ruder- <strong>und</strong><br />
Leichtathletik-Riege. 1912 war die Gothania <strong>in</strong> Halle <strong>und</strong> trug gegen den dortigen<br />
ATV e<strong>in</strong>e Hockey- <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Faustballwettspiel aus. Das Hockeyspiel war das 1.<br />
Landeshockeyspiel e<strong>in</strong>er Thür<strong>in</strong>ger Mannschaft. 1913 gehörten die Gothanen zu<br />
den Gründern des Thür<strong>in</strong>ger Hockeyverbandes. Sie waren auch maßgeblich an der<br />
E<strong>in</strong>führung der Turnlehrerausbildung an der Universität beteiligt, so dass man sie<br />
neben der „Salia“ <strong>und</strong> dem VfB <strong>Jena</strong> als die wichtigste „sportliche Institution“ unter<br />
den <strong>Jena</strong>er Studenten nach 1900 bezeichnen kann.<br />
9
Mit dem eigenen Verb<strong>in</strong>dungshaus <strong>in</strong> der Wöllnitzer Str.7 (heute Gebäude des Instituts für<br />
Geowissenschaften der Universität) wurden ihre Besuche <strong>in</strong> Wogau seltener, gehörten aber weiter<br />
als festes Ritual zur Traditionspflege der Gothanen.<br />
10
Die erste Turnhalle wurde 1858 gebaut<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 29. Oktober 2009 Nr. 157<br />
Der im November anstehende 80. „Geburtstag“ der Muskelkirche (heute Sitz des<br />
Instituts für <strong>Sport</strong>wissenschaft <strong>in</strong> der Seidelstr. 20) ist Anlass, sich mit der Vorgeschichte<br />
<strong>und</strong> dem Bau dieses markanten <strong>und</strong> für die Entwicklung der <strong>Sport</strong>stadt <strong>Jena</strong> wichtigen<br />
Gebäudes zu beschäftigen. Die erste Turnhalle <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> entstand mit dem Bau e<strong>in</strong>es<br />
neuen Gebäudes für die Johann-Friedrich-Schule von Karl Stoy im Jahre 1858 <strong>und</strong> gilt<br />
gleichzeitig als e<strong>in</strong>e der ersten Schulturnhallen <strong>in</strong> Deutschland. Es dauerte fast 40 Jahre<br />
bis zur Fertigstellung e<strong>in</strong>er zweiten Turnhalle <strong>in</strong> der Stadt, die der <strong>Jena</strong>er Turnvere<strong>in</strong> 1895<br />
<strong>in</strong> der Lutherstraße errichtete. Ende des 19. Anfang des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts erhielten alle<br />
neu gebauten Schulen <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> eigene Turnhallen. Diese wurden auch von den Studenten<br />
genutzt, die <strong>in</strong> verschiedenen akademischen Turnerschaften bzw. Verb<strong>in</strong>dungen ihren<br />
<strong>Sport</strong> betrieben. Aus dem Jahre 1895 ist die erste Forderung seitens der Studenten nach<br />
e<strong>in</strong>er eigenen Universitätsturnhalle bekannt. Sie wurde vom Akademischen Turnvere<strong>in</strong><br />
(ATV) Gothania an den Senat der Universität gerichtet. Der <strong>Wort</strong>laut der Petition<br />
enthielt u. a. folgende Begründung: „Überall auf deutschen Universitäten widmet<br />
man jetzt der körperlichen Kräftigung der Studenten mehr <strong>und</strong> mehr Aufmerksamkeit.<br />
Wir f<strong>in</strong>den bereits an vielen deutschen Hochschulen eigene Turnhallen…<strong>in</strong> <strong>Jena</strong> fehlt<br />
uns e<strong>in</strong> hierzu geeigneter Platz. Unsere Bitte geht dah<strong>in</strong>, der hohe Senat möge sich<br />
gütigst dafür verwenden, daß auch <strong>Jena</strong>er Studenten Gelegenheit haben werden,<br />
Turnspiele zu pflegen.“ Der Senat gab diesen Antrag mit e<strong>in</strong>er Befürwortung an die<br />
großherzogliche Regierung <strong>in</strong> Weimar weiter. Aus F<strong>in</strong>anzgründen wurde dieser Antrag<br />
<strong>in</strong> Weimar aber nicht weiter behandelt. Im Zusammenhang mit der Planung e<strong>in</strong>es<br />
neuen Universitätshauptgebäudes stellten dann 1904 die Turnwarte E. Späte <strong>und</strong> O.<br />
Feddersen vom ATV Gothania wiederum den Antrag zum Bau e<strong>in</strong>er universitätseigenen<br />
Turnhalle. Auch dies fand bei der Planung des heute noch genutzten Hauptgebäudes<br />
am Fürstengraben ke<strong>in</strong>e Berücksichtigung. Erst als 1910 die M<strong>in</strong>isterkonferenz der<br />
Erhalterstaaten der Universität die Förderungswürdigkeit der Turnlehrerausbildung<br />
entsprechend dem preußischen Modell anerkannte, wurde das Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Turnhalle dafür auch von Regierungsseite angesprochen. Der Kurator der Universität<br />
erteilte allerd<strong>in</strong>gs erst zwei Jahre nach Beg<strong>in</strong>n der Turnlehrerbildung 1911 dem<br />
Universitäts-Haus<strong>in</strong>spektor den schriftlichen Auftrag zur F<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>es geeigneten<br />
Bauplatzes für e<strong>in</strong>e Universitätsturnhalle, wie beispielsweise derjenige zwischen dem<br />
Volksbad <strong>und</strong> dem Frankenhaus, wo heute der Busbahnhof existiert. Alle möglichen<br />
Standorte wurden daraufh<strong>in</strong> untersucht, so auch das Vergnügungslokal „Schloß<br />
Ritterste<strong>in</strong>“ <strong>in</strong> der Kahlaischen Str. 8, welches die Universität für 72.000,- M aus<br />
e<strong>in</strong>er Zwangsversteigerung mit Hilfe der Stiftung e<strong>in</strong>es Professors erwerben wollte. Das<br />
Objekt erwies sich aber auf Gr<strong>und</strong> der Größe <strong>und</strong> Lage als nicht geeignet. 1913 bot dann<br />
der Vorsitzende des Spielplatzvere<strong>in</strong>s, Herrmann Peter, das Gelände <strong>in</strong> der Oberaue<br />
als Standort für die Universitätsturnhalle an. Die Universität kaufte 1914 tatsächlich<br />
für 53.000,- M das heutige Universitätssportzentrum. Die Stadt äußerte aber von<br />
Beg<strong>in</strong>n an Bedenken, weil regelmäßige Saalehochwasser, der geplante Bau e<strong>in</strong>es<br />
Saalewasserkraftwerkes <strong>und</strong> die notwendigen Wegebauten dem Bau e<strong>in</strong>er Turnhalle<br />
im Wege stünden. Trotzdem wurden <strong>in</strong> der großherzoglichen Verwaltung <strong>in</strong> Weimar<br />
erste Bauzeichnungen angefertigt. Dazu ließ man sich von der Universität Gött<strong>in</strong>gen<br />
Unterlagen von den dortigen <strong>Sport</strong>stätten senden.<br />
11
Vermutlich stammen die im Thür<strong>in</strong>ger Hauptstaatsarchiv <strong>in</strong> Weimar überlieferten Zeichnungen aus<br />
der Zeit um 1916 vom Regierungsbaurat Jakob Schrammen, der dann als Architekt die Muskelkirche<br />
plante.<br />
12
Vom Geländer des Umkleideranges<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 14. Juli 2009 Nr. 143<br />
Bevor das Ostbad, das Volksbad <strong>und</strong> der Schleichersee zum Schwimmen zur Verfügung<br />
standen, dienten verschiedene Badeanstalten <strong>in</strong> der Saale dem Freizeit-Baden aber<br />
auch der Durchführung organisierter Schwimmwettkämpfe. Der früheste Nachweis, der<br />
bisher <strong>in</strong> der <strong>Jena</strong>ischen Zeitung gef<strong>und</strong>en wurde, stammt vom 17. Juli 1904. Damals<br />
beteiligten sich 166 Personen am ersten Schwimmfest des Schwimmvere<strong>in</strong>s <strong>Jena</strong> <strong>in</strong><br />
der städtischen Flußbadeanstalt am Eisrechen. Es gab <strong>in</strong>sgesamt 24 Wettbewerbe im<br />
Schwimmen, Spr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Tauchen. Schwimmen gab es bei vielen <strong>Jena</strong>er Vere<strong>in</strong>en, so<br />
<strong>in</strong> den beiden größten, dem 1. <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong> (1. SV) <strong>und</strong> dem Vere<strong>in</strong> für Bewegungsspiele<br />
(VfB). Im Rahmen se<strong>in</strong>er Jubiläumsfeierlichkeiten zum 10. Gründungstag organisierte<br />
der VfB neben e<strong>in</strong>em großen Leichtathletikwettkampf, Hockey- <strong>und</strong> Tennisspielen auch<br />
e<strong>in</strong> Saaleschwimmen, welches als Vere<strong>in</strong>smeisterschaften zählte. Die Männer mussten<br />
1000 m schwimmen. Die Siegerzeit ist überliefert. Das Vere<strong>in</strong>smitglied Rega gewann<br />
knapp vor Trebnitz <strong>in</strong> 14 M<strong>in</strong>uten <strong>und</strong> 20 Sek<strong>und</strong>en. Die Jugend schwamm 500 m <strong>und</strong><br />
die Damen 400 m. Hier gewann Frl. Apel, vor Frl. Luche <strong>und</strong> Frl. Poppe, die beiden<br />
letzteren kamen geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong>s Ziel.<br />
Wenig bekannt ist, dass es <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> auch Wasserspr<strong>in</strong>ger gab. In der städtischen<br />
Flussbadeanstalt existierte e<strong>in</strong> hölzerner Sprungturm <strong>und</strong> auch im Volksbad waren<br />
Sprünge möglich. Das höchste Brett lag bei 5 m <strong>und</strong> so mussten sich die <strong>Sport</strong>studenten<br />
im Volksbad bei Sprüngen aus größeren Höhen damit behelfen, dass sie auf das<br />
Geländer des Umkleideranges kletterten. Der erfolgreichste <strong>Jena</strong>er Spr<strong>in</strong>ger war<br />
Fritz Wiesel. Er konnte 1917, 1921 <strong>und</strong> 1922 den Titel e<strong>in</strong>es Deutschen Meisters im<br />
Kunstspr<strong>in</strong>gen erkämpfen. Fritz Wiesel, der ansonsten dem VfB angehörte, startete als<br />
„Wasserspr<strong>in</strong>ger“ für den „Alten Leipziger Schwimmvere<strong>in</strong>“.<br />
Bei den Universitätsmeisterschaften im Schwimmen, die seit 1914 im Volksbad<br />
stattfanden, gab es stets auch Wettbewerbe im Wasserspr<strong>in</strong>gen. Für 1932 ist als Sieger<br />
der Student Kreutzer mit 40,26 Punkten bekannt. Anfang der 1950er Jahre gab es erneut<br />
e<strong>in</strong>en Aufschwung bei den Wasserspr<strong>in</strong>gern. Besonders der Student Karl Poller, der 1950<br />
für die Universität <strong>Jena</strong> Studentenmeister wurde <strong>und</strong> auch 1954 bei der Meisterschaft der<br />
<strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>igung Wissenschaft im Turmspr<strong>in</strong>gen den Sieg errang, war e<strong>in</strong> erfolgreicher<br />
Wasserspr<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> der DDR. Mit Edith Hüther, die 1950 Zweite im Kunstspr<strong>in</strong>gen (3m)<br />
bei den DDR-Studentenmeisterschaften wurde <strong>und</strong> dem kürzlich verstorbenen Felix<br />
Rübsam, der 1952 e<strong>in</strong>en dritten Platz bei den DDR-Studentenmeisterschaften belegte,<br />
machten vor allem Uni-<strong>Sport</strong>ler auf sich aufmerksam. Dies dürfte auch e<strong>in</strong> Verdienst<br />
der Direktor<strong>in</strong> des Instituts für Körpererziehung, Elly Tetschke gewesen se<strong>in</strong>, die als<br />
Lehrkraft <strong>in</strong>sbesondere im Schwimmen <strong>und</strong> im Kunstspr<strong>in</strong>gen unterrichtete.<br />
13
Von Fitz Wiesel existiert e<strong>in</strong> Wettkampffoto aus dem Jahr 1919, als der 1. SV e<strong>in</strong>en Wettkampf<br />
im Saale-Flußbad am Eisrechen organisierte.<br />
14
E<strong>in</strong> Ehrenpreis vom Großherzog von Sachsen-Weimar<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 23. Dezember 2010 Nr. 217<br />
Bis zum Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts existierten <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> <strong>in</strong>sgesamt sieben Turnvere<strong>in</strong>e,<br />
wenn man die Vororte Wenigenjena, Zwätzen <strong>und</strong> Lobeda mit berücksichtigt. Erst<br />
mit der Gründung des 1. SV <strong>Jena</strong> entstand der erste <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Spielvere<strong>in</strong>, der sich<br />
anfangs vor allem dem Fußball widmete, dann aber bald zum Mehrspartenvere<strong>in</strong><br />
entwickelte. Gleich als Mehrspartensport- <strong>und</strong> Spielvere<strong>in</strong> wurde am 7. März<br />
1911 der Vere<strong>in</strong> für Bewegungsspiele <strong>Jena</strong> (VfB) gegründet. Se<strong>in</strong>e Zielgruppe waren<br />
vorzugsweise akademische Kreise <strong>und</strong> gut betuchte Bürger der Stadt <strong>Jena</strong>. Er besaß<br />
neben der Leichtathletik-, Hockey-, Schwimm- <strong>und</strong> Fußballsparte e<strong>in</strong>e eigenständige<br />
akademische Abteilung, der vorwiegend Studenten <strong>und</strong> Assistenten angehörten. Als<br />
e<strong>in</strong>er der ersten Vorsitzenden wird Eugen Popp benannt. E<strong>in</strong> weiterer führender Kopf<br />
des Vere<strong>in</strong>s war der Student Oskar Leonhardt, der die akademische Abteilung leitete<br />
<strong>und</strong> der nach dem ersten Weltkrieg erster Vorsitzender des VfB wurde. Er studierte<br />
Jura <strong>und</strong> Kameralistik. Se<strong>in</strong> Vater war Besitzer der noch heute existierenden Gaststätte<br />
<strong>und</strong> Pension „Zur Schweiz“. Der VfB vertrat, ähnlich dem USV heute, von Beg<strong>in</strong>n an<br />
die Universität <strong>in</strong> vielen sportlichen Belangen. So stellte er bereits 1912 die Fußball-<br />
Auswahlmannschaft der Universität, die <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen im Rahmen der Vorr<strong>und</strong>e<br />
um die Deutsche Hochschulmeisterschaft gegen den akademischen <strong>Sport</strong>club<br />
Gött<strong>in</strong>gen spielte <strong>und</strong> 3:0 verlor. In der Gött<strong>in</strong>ger Mannschaft waren Spieler von<br />
Hannover 96, E<strong>in</strong>tracht Braunschweig, Germania Oldenburg <strong>und</strong> FC Haarlem.<br />
Das Ansehen der akademischen Abteilung des VfB war damals schon so groß, dass<br />
der Großherzog von Sachsen Weimar <strong>und</strong> Eisenach e<strong>in</strong>en Ehrenpreis für e<strong>in</strong> großes<br />
Leichtathletik-<strong>Sport</strong>fest stiftete. Das 1912 erstmalig unter dem Namen „1. Nationale<br />
Olympische Spiele der akademischen Abteilung des VfB“ organisierte <strong>Sport</strong>fest wurde<br />
zum Markenzeichen der <strong>Jena</strong>er Leichtathletik. Es wurde von den besten <strong>Sport</strong>lern<br />
Deutschlands, die teilweise Olympiakader waren, besucht. Die Wettkämpfe fanden<br />
auf den Wiesen <strong>und</strong> Tennisplätzen des heutigen Universitätssportzentrums statt.<br />
Außer dem Großherzog Wilhelm Ernst hatten auch die Herzöge von Coburg-Gotha<br />
(Carl Eduard), Sachsen Me<strong>in</strong><strong>in</strong>gen (Georg II.), Altenburg (Ernst II.) <strong>und</strong> der Fürst von<br />
Schwarzburg Günther Preise gestiftet. Die Ehrengabe der Universität <strong>Jena</strong> erhielt Herr<br />
v. Siegel vom Fußball Club Preußen Berl<strong>in</strong> für se<strong>in</strong>en Sieg im 1.500m-Lauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit<br />
von 4 M<strong>in</strong>uten 17 2/10 Sek<strong>und</strong>en, womit er fast se<strong>in</strong>en bisherigen Deutschen Rekord<br />
e<strong>in</strong>stellte. Insgesamt waren 120 Teilnehmer aus Leipzig, Weimar, Dresden, Gera,<br />
Chemnitz, Charlottenburg, Naumburg, Plauen, Mehlis <strong>und</strong> <strong>Jena</strong> <strong>in</strong> der Meldeliste. Der<br />
VfB war mit 24 Startern beteiligt. Als Abschlusswettkampf fand e<strong>in</strong> Tauziehen vor 1.800<br />
Zuschauern statt. Zu den Kernsportarten des VfB gehörte Hockey, wo er zwischen 1920<br />
<strong>und</strong> 1940 e<strong>in</strong> führender Vere<strong>in</strong> <strong>in</strong> Deutschland war. Bereits 1913 gehörte er zu den<br />
fünf Hockeyvere<strong>in</strong>en, die sich zum Thür<strong>in</strong>ger Hockeyverband zusammenschlossen. Im<br />
gleichen Jahr organisierte er auch erstmals e<strong>in</strong>e öffentliche „Laufveranstaltung“ mit<br />
dem Mühltalstaffellauf. Das letzte große <strong>Sport</strong>fest vor Beg<strong>in</strong>n des 1. Weltkrieges war im<br />
Juni 1914 das „Dritte Nationale <strong>Sport</strong>fest“ des VfB <strong>Jena</strong>. Als Vorstand der akademischen<br />
Abteilung <strong>und</strong> damit als Leitung des <strong>Sport</strong>festes wurden Dr. Hiltmann <strong>und</strong> O. Leonhardt<br />
benannt. Für Akademiker <strong>und</strong> Offiziere war e<strong>in</strong> 300m-Lauf <strong>und</strong> Schleuderballwerfen<br />
15
ausgeschrieben. Zu den Besonderheiten gehört e<strong>in</strong> 5000m-Vorgabelauf, bei dem<br />
die Läufer entsprechend ihrer Bestzeiten Vorgaben erhielten. E<strong>in</strong> Läufer namens<br />
Könitzer aus Pößneck erhielt mit 500m die größte Vorgabe. 146 Teilnehmer s<strong>in</strong>d im<br />
Programmheft benannt, davon 18 des VfB.<br />
16<br />
E<strong>in</strong>e vom VfB herausgegebene<br />
Medaille vom Nationalen oder auch<br />
„Deutsch-völkisches Schwimmfest“.
Auftrag für Jakob Schrammen<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 5. November 2009 Nr. 158<br />
1914 nach dem Kauf der <strong>Sport</strong>plätze <strong>in</strong> der Oberaue durch die Universität gab es<br />
erste konkrete Planungen für e<strong>in</strong>e Universitätsturnhalle. Der verantwortliche Architekt<br />
ist auf den Unterlagen, die im Thür<strong>in</strong>ger Staatshauptarchiv <strong>in</strong> Weimar liegen, nicht<br />
verzeichnet. Vergleiche mit späteren Entwürfen lassen aber den Schluss zu, dass der<br />
Regierungsbaurat Jakob Schrammen der Autor war. Der Beg<strong>in</strong>n des ersten Weltkrieges<br />
führte dazu, dass die Planungen erst e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>gestellt wurden. Es waren e<strong>in</strong>erseits<br />
so gut wie ke<strong>in</strong>e Studenten mehr an der Universität, da e<strong>in</strong> Großteil von ihnen als<br />
Kriegsfreiwillige <strong>in</strong>s „Feld“ gezogen war, <strong>und</strong> andererseits wurde auch das Geld für<br />
solche Vorhaben knapp. Trotzdem sorgte gerade der Erste Weltkrieg dafür, dass 1917<br />
wieder an den Plänen für e<strong>in</strong>e Turnhalle gearbeitet wurde. Ernst Abbe hatte mit der<br />
Begründung der Zeiss-Stiftung festgelegt, dass die Universität jährlich entsprechend<br />
dem Betriebsergebnis e<strong>in</strong>en angemessenen Zuschuss für die Weiterentwicklung der<br />
Wissenschaft <strong>und</strong> der baulichen Infrastruktur erhielt. Da die Zeissbetriebe durch<br />
umfangreiche Rüstungsaufträge zu den Kriegsgew<strong>in</strong>nlern gehörten, stand für 1917 oder<br />
1918 e<strong>in</strong> Zuschuss von ca. fünf Millionen Reichsmark <strong>in</strong> Aussicht. E<strong>in</strong> Teil davon sollte<br />
<strong>in</strong> den Ausbau der Universitätssportplätze fließen. Jakob Schrammen erhielt 1917 den<br />
Auftrag, erweiterte Planungsunterlagen zu erstellen. Er erstellte daraufh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Konzept<br />
<strong>und</strong> Pläne für e<strong>in</strong>e 400-Meter-Laufbahn, e<strong>in</strong>en Fußballplatz, zwei Faustballplätze,<br />
je drei Fußball- <strong>und</strong> Faustballübungsplätze, E<strong>in</strong>richtungen für Turnübungen<br />
<strong>und</strong> Wehrturnen, e<strong>in</strong>e Turnhalle (13 x 25 m) mit Aborten, Wasche<strong>in</strong>richtungen,<br />
Kleiderablagen, zwei Wohnungen <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Lehrerzimmer. „Wünschenswert wären noch 1<br />
Raum für wissenschaftliche Beobachtungen, 1 Konferenzzimmer, 1-2 Räume für fremde<br />
Mannschaften. Zudem soll das Tennishaus erweitert <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Bootsschuppen errichtet<br />
werden“ schrieb er <strong>in</strong> dem Begleittext. Tatsächlich wurde 1917 aus dem Universitätsfond<br />
der Carl-Zeiss-Stiftung der Kaufpreis von 1.480,- M für die Wiesen des Gutsbesitzers<br />
Paul Re<strong>in</strong>hold Franke aus Sulza ausgegeben, um die Abr<strong>und</strong>ung des Geländes der<br />
Universitätssportplätze zu erreichen. Nach e<strong>in</strong>em Bericht des Universitätskurators vom<br />
September 1917 änderte Schrammen die Bauunterlagen <strong>und</strong> strich die Turnhalle, da<br />
diese vor allem im W<strong>in</strong>ter benötigt würde <strong>und</strong> von der Stadt zu weit entfernt sei. Der<br />
weitere Verlauf des Ersten Weltkrieges führte dazu, dass die Gelder der Zeiss-Stiftung<br />
nicht mehr zur Verfügung standen. Die Niederlage des Deutschen Reiches im Ersten<br />
Weltkrieg wurde aber zu e<strong>in</strong>em Hauptargument für die stärkere Förderung des <strong>Sport</strong>s<br />
auch an den Universitäten nach 1919. Deutschland hatte im Versailler Vertrag e<strong>in</strong>e<br />
starke Abrüstung akzeptieren müssen. Lediglich 100.000 Mann sollte Deutschlands<br />
Heer noch umfassen. Nationale Kräfte aller Couleur riefen daher nach e<strong>in</strong>er Aufwertung<br />
von Turnen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> als e<strong>in</strong>e Art der vormilitärischen Ertüchtigung. Der Kurator der<br />
Universität Max Vollert schrieb 1922 an das Thür<strong>in</strong>gische Volksbildungsm<strong>in</strong>isterium:<br />
„Daß es nach dem Wegfall der Heerespflicht dr<strong>in</strong>gend notwendig ist, die akademische<br />
Jugend zu Leibesübungen zu ermuntern, darüber kann ke<strong>in</strong> Zweifel se<strong>in</strong>.“ Er wurde<br />
dabei von den Studenten massiv unterstützt <strong>und</strong> ab 1. Oktober 1925 wurde <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>,<br />
als e<strong>in</strong>er der ersten Universitäten <strong>in</strong> Deutschland der Pflichtsport e<strong>in</strong>geführt. Da immer<br />
noch e<strong>in</strong>e eigene Turnhalle fehlte, wurde Jakob Schrammen 1927 beauftragt, se<strong>in</strong>e<br />
Planungen wieder aufzunehmen.<br />
17
Die ersten Planungen von 1927 unterscheiden sich freilich von der letztendlichen Realisierung.<br />
18
Über die Vorläufer des USV<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 11. Februar 2009 Nr. 123<br />
Wenn Thür<strong>in</strong>gens größter <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>, der USV <strong>Jena</strong> e.V., am 13. April 2009 se<strong>in</strong>en<br />
60. Geburtstag begeht, dann bedeutet dies nicht, dass Studenten <strong>und</strong> Angehörige<br />
der Universität dem Vere<strong>in</strong>ssport bislang abhold waren. Bereits bei der Gründung<br />
der ersten Vere<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> f<strong>in</strong>den sich unter den Gründungsmitgliedern stets auch<br />
Universitätsangehörige. In e<strong>in</strong>er alten Akte wird der Privatdozent <strong>und</strong> Schriftsteller<br />
Dr. Bartholomäi als Teilnehmer für <strong>Jena</strong> auf e<strong>in</strong>em Thür<strong>in</strong>ger Turntag im Jahre 1849 <strong>in</strong><br />
Eisenach benannt.<br />
Der erste <strong>Jena</strong>er Turnvere<strong>in</strong> war der am 2. Februar 1858 gegründete Akademische<br />
Turnvere<strong>in</strong>, dem auch Ernst Haeckel angehörte. Später wurde daraus e<strong>in</strong>e akademische<br />
Abteilung des <strong>Jena</strong>er Turnvere<strong>in</strong>s. Dies war überhaupt e<strong>in</strong>e bevorzugte Lösung <strong>in</strong><br />
den <strong>Jena</strong>er Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>en, um Universitätsangehörige an sich zu b<strong>in</strong>den.<br />
Daneben entstanden vor allem von Studenten gegründete akademische Turnerschaften,<br />
die man als studentische Verb<strong>in</strong>dungen bezeichnen könnte, deren hauptsächliche<br />
Freizeitbeschäftigung das Turnen war. Am bekanntesten wurden die „Salia Jenensis“,<br />
die ihr Verb<strong>in</strong>dungshaus 1908 am Fürstengraben e<strong>in</strong>weihte, <strong>und</strong> die „Gothania“, die<br />
1913 <strong>in</strong> der Wöllnitzer Straße ihr Heimstadt baute.<br />
Der eigentliche Vorläufer der 1949 gegründeten Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft war<br />
<strong>in</strong>des der Vere<strong>in</strong> für Bewegungsspiele (VfB). Sowohl <strong>in</strong>haltlich als auch vom Standort<br />
<strong>und</strong> der organisatorischen „Nähe“ zur Universität war dieser Vere<strong>in</strong> dem heutigen USV<br />
sehr ähnlich. Als Gründungsdatum des VfB ist der 7. März 1911 überliefert <strong>und</strong> als<br />
Vere<strong>in</strong>sfarben führte er – wie auch der USV – blau/weiß. Dazu hatte der VfB vorzugsweise<br />
„akademische Kreise“ <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Reihen vere<strong>in</strong>igt, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er eigenständigen<br />
akademischen Abteilung organisiert waren. Besonders <strong>in</strong> der Leichtathletik, aber auch<br />
im Fechten <strong>und</strong> Tennis war diese Abteilung besonders aktiv.<br />
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde der VfB, wie alle<br />
anderen <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>e, gleichgeschaltet. 1945 verboten die Alliierten alle <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong> Deutschland, so auch den VfB. E<strong>in</strong>ige Mitglieder fanden sich <strong>in</strong> anderen <strong>Jena</strong>er<br />
<strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften Anfang der fünfziger Jahre wieder zusammen.<br />
19
Zwischen 1926 <strong>und</strong> 1928 baute der VfB e<strong>in</strong> zweigeschossiges „Unterkunftshaus mit<br />
Erfrischungshalle“ auf den Universitätssportplätzen. E<strong>in</strong>en Großteil der Mauern, die teilweise aus<br />
sehr beständigem Beton mit Saale-Flusskies bestanden, f<strong>in</strong>det man noch heute im Hauptgebäude<br />
des Universitätssportzentrums.<br />
20
Ohne großes Zeremoniell<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 12. November 2009 Nr. 159<br />
Ohne großes Zeremoniell wurde am 13. November 1929 das Gebäude der Universitätsturnhalle<br />
mit Landesturnanstalt, heute <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> als Muskelkirche bekannt, <strong>in</strong><br />
Betrieb genommen. In e<strong>in</strong>em Zeitungsbericht von e<strong>in</strong>em unbekannten Autor konnte<br />
man lesen: „Ohne Sang <strong>und</strong> Klang ist die neue Landesturnanstalt <strong>in</strong> Benutzung<br />
genommen worden. Es ist von ihr ja auch nicht viel zu s<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> sagen. Wer sie e<strong>in</strong>mal<br />
gesehen hat, weiß Bescheid <strong>und</strong> guckt lieber <strong>in</strong> die Kernberge als nach diesem Erzeugnis<br />
staatlicher Baukunst. Aber gegen den Namen „Muskelkirche“, den der Volksm<strong>und</strong><br />
dieser Musterturnanstalt beilegt, muß ich entschieden protestieren. E<strong>in</strong>e Kirche ist<br />
<strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong> schönes zweckentsprechendes Bauwerk, <strong>und</strong> an mancher alten <strong>und</strong><br />
neuen Kirche kann auch der nicht kirchlich Ges<strong>in</strong>nte se<strong>in</strong>e helle Freude haben. Aber den<br />
möchte ich sehen, der sich schon über den Bau der Landesturnanstalt gefreut hat. Wir<br />
müssen schon e<strong>in</strong>en anderen populären Namen für sie suchen. Ich will von Vorschlägen<br />
absehen. Vielleicht erlässt das Staatliche Bauamt <strong>in</strong> Weimar e<strong>in</strong> Preisausschreiben für<br />
e<strong>in</strong>en geeigneten Namen.“ Bis dah<strong>in</strong> war es aber vom Entwurf (siehe Artikel: 1927<br />
Auftrag für Jakob Schrammen) bis zur Fertigstellung e<strong>in</strong> schwieriger Weg. Letztendlich<br />
gelang er auch nur, weil <strong>in</strong> seltener E<strong>in</strong>mütigkeit die Stadt <strong>Jena</strong>, die Universität, die<br />
Zeiss-Stiftung <strong>und</strong> Vertreter der Landesregierung an e<strong>in</strong>em Strang zogen. Bedenkt man<br />
die schwierige wirtschaftliche Situation <strong>in</strong> Deutschland, als die Planung 1925/26 begann<br />
<strong>und</strong> gerade die Inflation überstanden war; bedenkt man die politische Instabilität <strong>in</strong><br />
Thür<strong>in</strong>gen, wo nach dem Sturz e<strong>in</strong>er l<strong>in</strong>ken Regierung durch Intervention des Reiches<br />
sich nach 1919 <strong>in</strong> kurzen Abständen vier Regierungen aus vorwiegend konservativen<br />
Kräften ablösten <strong>und</strong> bedenkt man die Konkurrenz der Fakultäten an der Universität,<br />
wenn es um die Verteilung von Geldern g<strong>in</strong>g, dann ist es geradezu e<strong>in</strong> W<strong>und</strong>er, dass<br />
von der Bestätigung der ersten Mittel durch den Thür<strong>in</strong>ger Landtag im Juni 1927 nur<br />
zweie<strong>in</strong>halb Jahre bis zur Fertigstellung verg<strong>in</strong>gen. Als erste Baurate wurden 250.000<br />
RM bewilligt. Die Gesamtkostenschätzung beliefen sich auf über 500.000 RM wovon<br />
die Zeiss-Stiftung 100.000 RM zur Verfügung stellte. Damit die Planung überhaupt<br />
konkret beg<strong>in</strong>nen konnte, war e<strong>in</strong> Trick notwendig, der sowohl die F<strong>in</strong>anzierung<br />
als „sportliche“ Landese<strong>in</strong>richtung als auch als Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer ausbildende<br />
Universität ermöglichte. Der Fachreferent für Leibesübungen, Realoberlehrer<br />
Wiedemann <strong>und</strong> Dr. Friedrich Tenner vom Thür<strong>in</strong>gischen Volksbildungsm<strong>in</strong>isterium,<br />
der später als Direktor im Gespräch war, schlugen nach e<strong>in</strong>er Besichtigung der<br />
Preußischen Landesturnanstalt <strong>in</strong> Spandau vor, e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zwischen dem Bau<br />
e<strong>in</strong>er Universitätsturnhalle <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Landesturnanstalt zu versuchen. Der genaue<br />
<strong>Wort</strong>laut ihrer Empfehlung war: „Wir ersuchen von dem dar<strong>in</strong> enthaltenen Material im<br />
S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Werbung für den Gedanken der Landesturnanstalt <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit der<br />
zu erbauenden Universitätsturnhalle vertraulich Gebrauch zu machen.“ Damit konnten<br />
die Bedürfnisse des Vere<strong>in</strong>ssports nach e<strong>in</strong>er Landesturnanstalt für die Ausbildung von<br />
ehrenamtlichen „Übungsleitern“ <strong>und</strong> Kampfrichtern, die Ausbildung von <strong>Sport</strong>lehrern<br />
<strong>und</strong> der Studentensport an der Uni gebündelt werden. Zudem konnten die Versuche<br />
der damaligen Landeshauptstadt gestoppt werden, das Geld für e<strong>in</strong>e Landesturnanstalt<br />
nach Weimar zu holen.<br />
21
In Abweichung vom ersten Plan wurde e<strong>in</strong> dreiflügeliger Bau realisiert, der rechts <strong>und</strong> l<strong>in</strong>ks vom<br />
Mittelbau e<strong>in</strong> Internatsgebäude vorsah. Aus Kostengründen wurden die beiden Hallen, e<strong>in</strong>e für<br />
die Universität <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e für die Landesturnanstalt, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Baukörper h<strong>in</strong>ter dem Mittelbau<br />
angeordnet.<br />
22
Die Wurzeln des Rugby liegen im Jahre 1893<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 22. Oktober 2009 Nr. 156<br />
Nachdem das Internationale Olympische Komitee (IOC) auf se<strong>in</strong>er letzten Tagung<br />
die <strong>Sport</strong>arten Golf <strong>und</strong> Rugby als olympische Diszipl<strong>in</strong> bestätigt hat, nehmen viele<br />
sport<strong>in</strong>teressierte <strong>Jena</strong>er viel bewusster wahr, dass <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>e starke Rugbyabteilung<br />
beim USV existiert. 2010 kann sie auf ihr zehnjähriges Jubiläum zurückblicken. Die<br />
historischen Wurzeln gehen aber schon bis auf das Jahr 1893 zurück; <strong>Sport</strong>historikern<br />
bekannt als das Gründungsjahr des <strong>Jena</strong>er Fußballs. Nach gegenwärtiger Forschungslage<br />
dürfte e<strong>in</strong>er der Haupt<strong>in</strong>itiatoren für die ersten Fußballspiele <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> der Engländer<br />
Joseph Joe F<strong>in</strong>dlay gewesen se<strong>in</strong>. Magister F<strong>in</strong>dlay, wie er <strong>in</strong> der Literatur bezeichnet<br />
wird, kam mit dem Kommilitonen Robert Waterhouse Ende 1892 nach <strong>Jena</strong>. Beide<br />
meldeten sich im Januar 1893 bei der Universität für Vorlesungen <strong>und</strong> Sem<strong>in</strong>are bei Prof.<br />
Dr. Wilhelm Re<strong>in</strong> <strong>und</strong> Prof. Dr. Rudolph Eucken an. F<strong>in</strong>dlay belegte u. a. Geographie<br />
Thür<strong>in</strong>gens, Psychologie, Schulreformbestrebungen, E<strong>in</strong>führungen <strong>in</strong> die Philosophie<br />
<strong>und</strong> <strong>Geschichte</strong> der Philosophie. Bereits im Sommer 1893 legte er <strong>in</strong> Leipzig se<strong>in</strong>e<br />
gedruckte Dissertation unter dem Titel „Zur Entwicklung des höheren Schulwesens<br />
Englands“ vor. Eng befre<strong>und</strong>et war er ansche<strong>in</strong>end mit dem Gymnasiallehrer<br />
Herrmann Peter, der 1893 e<strong>in</strong>en Vere<strong>in</strong> gründete, um „Spielplätze“ <strong>in</strong> der Oberaue<br />
zu bauen. F<strong>in</strong>dlay hat schon als Schüler <strong>und</strong> verstärkt als Student selber aktiv Fußball<br />
<strong>und</strong> Rugby, welches <strong>in</strong> England den gleichen Wurzeln entstammt, gespielt. E<strong>in</strong>ige<br />
Jahre später schenkte er der Bibliothek des Pädagogischen Universitätssem<strong>in</strong>ars se<strong>in</strong><br />
Buch „Über die Schule von Rugby“ mit Widmung, welches noch heute im Bestand<br />
der Universität ist. Warum er sich 1893 mit Herrmann Peter stärker auf Fußball<br />
<strong>und</strong> nicht auf Rugby konzentrierte, ist nicht belegt. Es könnte aber generell an der<br />
Entwicklung dieser beiden Spielsportarten <strong>in</strong> Deutschland gelegen haben, die sich<br />
starker Widerstände der alles beherrschenden Turnervere<strong>in</strong>e erwehren mussten. Hätte<br />
F<strong>in</strong>dlay damals anders gehandelt, könnten wir heute vielleicht schon auf 116 Jahre<br />
Rugby zurückblicken. Da dies nicht so war, mussten die <strong>Sport</strong>historiker weiter suchen.<br />
Erste Meldungen über Rugbyspiele gibt es um 1930, als ebenfalls <strong>Jena</strong>er Studenten<br />
zusammen mit Leipzigern bei akademischen Wettbewerben e<strong>in</strong>e Rugbymannschaft<br />
aufstellen. Aber erst ab 1954 hat die Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) offiziell e<strong>in</strong>e<br />
Rugbymannschaft, die mehrfach mit Spielergebnissen, meist Niederlagen, <strong>in</strong> der<br />
Tagespresse ersche<strong>in</strong>t. So unterlag am 14. Mai 1956 auf dem <strong>Sport</strong>platz Wöllnitzer<br />
Wiesen (heute Unisportzentrum) Wissenschaft <strong>Jena</strong> der Hochschule für Verkehrswesen<br />
Dresden überraschend hoch mit 3:17 Punkten. Danach verlieren sich die Rugbyspuren<br />
<strong>in</strong> <strong>Jena</strong> wieder. Der Deutsche Vizemeistertitel im Unterwasserrugby 1997 von <strong>Jena</strong>er<br />
Studenten passt nicht <strong>in</strong> die Rugbygeschichte des USV. Erst als am 12. April 2000 zu<br />
Beg<strong>in</strong>n des Sommersemesters Michael Flor im Hochschulsportbüro der Uni aufkreuzte<br />
<strong>und</strong> den Mitarbeitern solange die Vorteile des Rugby für die Studenten erklärte, bis<br />
sie e<strong>in</strong>er Aufnahme der <strong>Sport</strong>art <strong>in</strong>s Hochschulsportprogramm zustimmten, kann man<br />
von der Keimzelle der heutigen starken Abteilung Rugby im USV sprechen. Michael Flor<br />
warb auch gleich noch persönlich die ersten 20 Studenten für e<strong>in</strong>e Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsgruppe<br />
<strong>und</strong> leitete das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Bereits e<strong>in</strong> viertel Jahr später, im Juli 2000 beteiligte sich<br />
die Abteilung Rugby <strong>in</strong> Bad Köstritz an e<strong>in</strong>em Turnier <strong>und</strong> stellte e<strong>in</strong>e Männer- <strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong>e Frauen-Mannschaft. Im Februar 2001 fand dann nach 44-jähriger Pause auf den<br />
23
Universitätssportplätzen wieder e<strong>in</strong> Rugby-Turnier statt. Außer dem Gastgeber USV<br />
starteten Damen- <strong>und</strong> Herrenmannschaften aus Leipzig, Gera, Halle, Dresden <strong>und</strong><br />
Bamberg.<br />
Studenten-Rugbymannschaft der Uni Leipzig <strong>und</strong> der Uni <strong>Jena</strong> um 1931,<br />
vorn rechts Eugen Licht aus <strong>Jena</strong>.<br />
24
E<strong>in</strong> Jubiläum, das vergessen wurde<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 5. August 2009 Nr. 146<br />
Am 8. März 1934, also vor reichlich 75 Jahren, wurde durch die Thür<strong>in</strong>gische<br />
Landesregierung die Errichtung e<strong>in</strong>es Instituts für Leibesübungen an der <strong>Jena</strong>er<br />
Universität angeordnet. In diesem Institut sollten alle E<strong>in</strong>richtungen an der Uni, die<br />
bisher für die körperliche Ertüchtigung der Studierenden geschaffen worden waren,<br />
zusammengefasst werden. Zu Semesterbeg<strong>in</strong>n, sechs Wochen später, wurde von dem<br />
zuständigen M<strong>in</strong>ister Fritz Wächtler Herr Hans Ebert als erster Direktor des neuen<br />
Instituts e<strong>in</strong>gesetzt. Dieser war bis dah<strong>in</strong> Oberfeldmeister des Arbeitsdienstes im Gau<br />
Thür<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> Weimar gewesen. Bereits aus diesen beiden Fakten kann man erkennen,<br />
dass der Gründungsakt des Vorläufers des heutigen Instituts für <strong>Sport</strong>wissenschaft<br />
e<strong>in</strong>e politische Entscheidung war. Sie sollte u. a. dazu beitragen, dass die<br />
Nationalsozialistische Landesregierung ihren E<strong>in</strong>fluss gegenüber den akademischen<br />
Gremien der Universität erhöhen konnte. Obwohl nicht e<strong>in</strong>mal promoviert, stieg Ebert<br />
bald zum Führer der Dozentenschaft an der Uni auf. Die Landesregierung, die schon<br />
seit 1930 mit der Übernahme des Volksbildungsm<strong>in</strong>isterposten durch das NSDAP von<br />
Nazigedankengut <strong>und</strong> -handlungen durchdrungen war, hatte im Allgeme<strong>in</strong>en bei der<br />
Durchsetzung ihrer nationalsozialistischer Ideen an der <strong>Jena</strong>er Uni wenig Probleme.<br />
E<strong>in</strong> Großteil der Lehrkräfte kann man als konservativ <strong>und</strong> national bezeichnen. Die<br />
Leibesübungen hatten nach den Vorstellungen der NSDAP e<strong>in</strong>en hohen Stellenwert<br />
<strong>und</strong> dieser war an der <strong>Jena</strong>er Uni durch das Fehlen e<strong>in</strong>es Instituts unterrepräsentiert.<br />
Im Gegensatz zu fast allen Universitäten <strong>in</strong> Deutschland, wo bereits Mitte der 1920er<br />
Jahre Institute für Leibesübungen gegründet worden waren, gab es <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong> solches<br />
noch nicht. Diese Tatsache <strong>und</strong> die Gründe dafür wurden erst vor wenigen Jahren<br />
genauer wissenschaftlich untersucht <strong>und</strong> 2002 <strong>in</strong> dem Buch „Die <strong>Geschichte</strong> des<br />
<strong>Sport</strong>s an der <strong>Jena</strong>er Universität“ publiziert. Bei den Untersuchungen kam zutage,<br />
dass die <strong>Jena</strong>er Uni zwar e<strong>in</strong>e der ersten Universitäten im Kaiserreich gewesen war,<br />
die bereits 1914 e<strong>in</strong>en hauptamtlichen Universitätsturn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer e<strong>in</strong>stellte<br />
<strong>und</strong> die seit 1925 den Pflichtsport für alle Studenten e<strong>in</strong>führte, dass aber über e<strong>in</strong>e<br />
Institutsgründung <strong>in</strong> den akademischen Gremien erst ab 1932 beraten wurde. E<strong>in</strong>er der<br />
Gründe dürfte sicher gewesen se<strong>in</strong>, dass der 1914 e<strong>in</strong>gestellte Universitätsturnlehrer,<br />
Hermann Eitel nicht zur Gruppe der akademischen Lehrkräfte gehörte. Entsprechend<br />
se<strong>in</strong>em Anstellungsstatus war er Beamter im Verwaltungsbereich. Nach heutiger<br />
Sichtweise könnte man ihn, ähnlich wie heute noch <strong>in</strong> Bayern üblich, als Leiter e<strong>in</strong>er<br />
technischen Betriebse<strong>in</strong>heit ansehen, der wie e<strong>in</strong> akademischer Rat zwar lehren<br />
konnte aber sonst eher Verwaltungsaufgaben zu erfüllen hatte. In den akademischen<br />
Gremien (Senat) wurden die Leibesübungen durch e<strong>in</strong>en „akademischen Ausschuss“<br />
vertreten. Dessen Vorsitzender war seit 1919 der Geograph Prof. Georg von Zahn. Bei<br />
diesem stieß 1932 der Auftrag des M<strong>in</strong>isterialrates Friedrich Stier vom Thür<strong>in</strong>gischen<br />
Volksbildungsm<strong>in</strong>isterium zur sofortigen <strong>Bild</strong>ung e<strong>in</strong>es Instituts für Leibesübungen auf<br />
offene Ohren, zumal als Rahmen vorgesehen war, dass der Vorstand des Instituts der<br />
Vorsitzende des Akademischen Ausschusses für Leibesübungen also v. Zahn selber<br />
se<strong>in</strong> sollte. Die Leitung des Instituts wollte man dem Universitätsturn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer<br />
Eitel übertragen <strong>und</strong> alle E<strong>in</strong>richtungen der Leibesübungen an der Universität<br />
würden im neuen Institut zusammengefasst. Als E<strong>in</strong>richtungen der Universität für<br />
25
die Leibesübungen existierten zum damaligen Zeitpunkt besagter akademischer<br />
Ausschuss, der Bereich studentische Leibesübungen mit Eitel, die „<strong>Sport</strong>philologen-<br />
Ausbildung“ was der heutigen Lehramtsausbildung entsprach, die <strong>Sport</strong>ausbildung für<br />
die Gr<strong>und</strong>schullehrer am Pädagogischen Institut <strong>und</strong> das Amt für Leibesübungen, das<br />
sich um den studentischen Wettkampfsport kümmerte.<br />
Trotzdem dauerte es ab 1932 noch 18 Monate bis zur eigentlichen Institutsgründung, was<br />
sicher vor allem auf die politischen Turbulenzen vor <strong>und</strong> während der Machtübernahme<br />
<strong>in</strong> Deutschland <strong>und</strong> <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen durch die NSDAP zurückzuführen se<strong>in</strong> dürfte.<br />
26<br />
Hans Ebert (rechts) 1935 beim<br />
Kartenstudium im Wanderlager mit<br />
<strong>Sport</strong>studenten <strong>in</strong> Gehlberg, wo die<br />
Universität e<strong>in</strong> Skiheim hatte.
Frauenturnen im Schatten der Männer<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 9. September 2010 Nr. 202<br />
Die Ursprünge der <strong>Sport</strong>art „Turnen“ gehen auf Friedrich Ludwig Jahn zurück, der<br />
Anfang des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts e<strong>in</strong> Übungssystem zusammenstellte, mit welchem<br />
er die männliche Jugend auf militärische Anforderungen vorbereiten wollte. Er<br />
stand dabei ganz unter dem E<strong>in</strong>druck der Erfolge der napoleonischen Armeen, die<br />
<strong>in</strong>nerhalb weniger Jahre große Teile Europas erobert hatten. Im Gegensatz zu J. C. F.<br />
GutsMuths, von dem er viel übernommen hatte, sah Jahn die sportliche Betätigung<br />
nicht im Gesamtkontext der Entwicklung junger Menschen, sondern vor allem als<br />
Form der Wehrertüchtigung. Dadurch war <strong>in</strong> der Anfangszeit der Turnbewegung das<br />
Turnen e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e Männersportart. Ab Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurden e<strong>in</strong>zelne<br />
gymnastische Elemente auch für Mädchen im „Schulturnen“ genutzt. 1874 tauchte<br />
erstmals <strong>in</strong> den Volksschulgesetzen für Sachsen-Weimar <strong>und</strong> Eisenach auf, dass<br />
man neben den allgeme<strong>in</strong>en Fächern auch: „…nach Bedürfnissen <strong>und</strong> Füglichkeit:<br />
Obstbaumzucht für Knaben <strong>und</strong> weibliche Handarbeit, Turnübungen <strong>und</strong> Zeichnen<br />
für Mädchen.“ unterrichten könne. Erst relativ spät öffneten sich die Turner stärker<br />
für Frauen, wobei „Wettkämpfe“ ke<strong>in</strong>en hohen Stellenwert hatten. Als e<strong>in</strong>en ersten<br />
„turnerischen“ Wettbewerb für Frauen könnte man <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> 1914 das „Tambur<strong>in</strong> für<br />
Student<strong>in</strong>nen“ ansehen, was bei den 1. Universitätsmeisterschaften ausgeschrieben<br />
war <strong>und</strong> was etwa vergleichbar mit der Rhythmischen <strong>Sport</strong>gymnastik wäre. Erst<br />
<strong>in</strong> den 1920er Jahren gab es häufiger Frauenwettbewerbe im Turnen, wobei der<br />
„Jahn-Neunkampf“ bestehend aus drei Gerätturn-, drei Schwimm- <strong>und</strong> drei<br />
leichtathletischen Übungen, der wertvollste Wettkampf war. Bei Wikipedia kann man<br />
u. a. nachlesen, dass um diese Zeit der Männerturnwart der Deutschen Turner, Max<br />
Schwarze, sagte, dass die „Turnkunst des Weibes, wenn sie der Unnatur ausweichen<br />
will, ihren Mittelpunkt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er fe<strong>in</strong>gliedrigen <strong>und</strong> schönheitsfrohen Rumpfkultur haben<br />
müsste“ <strong>und</strong> dass nur solche Wettkampfformen im Frauenturnen Platz f<strong>in</strong>den dürften,<br />
„die wir [die Männer] auch verantworten können“. 1928 wurde Else Schramm zur<br />
Abhaltung für Lehrgänge von Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrern aus dem thür<strong>in</strong>gischen höheren<br />
Schuldienst an der Universität als erste „Hochschulsportlehrer<strong>in</strong>“ angestellt <strong>und</strong> es<br />
ist davon auszugehen, dass sie die „<strong>Sport</strong>student<strong>in</strong>nen“ auch <strong>in</strong> den verschiedenen<br />
Formen von turnerischen Wettkämpfen unterrichtete. Else Schramm dürfte auch<br />
Gretchen Herber, die um 1930 als Student<strong>in</strong> am Lehrersem<strong>in</strong>ar war, unterrichtet<br />
haben. Gretchen ist die erste namentlich bekannte <strong>und</strong> zudem erfolgreiche Turner<strong>in</strong><br />
<strong><strong>Jena</strong>s</strong>. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm das Frauenturnen im Osten Deutschlands<br />
e<strong>in</strong>en rasanten Aufschwung. Dies ist auch auf dessen hohe Anerkennung <strong>in</strong> den<br />
osteuropäischen Staaten, <strong>in</strong>sbesondere der Sowjetunion zurückzuführen. Als erste<br />
Frauenturnwarte wurden im Sommer 1945 Richardt Pippardt <strong>und</strong> Fritz Hölb<strong>in</strong>g<br />
benannt. Der Zeissianer He<strong>in</strong>i Rittberg, der se<strong>in</strong>e ersten Übungen <strong>in</strong> den 1930er Jahren<br />
im Turn-Club <strong>Jena</strong> praktiziert hatte, wurde nach 1945 K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Frauenturnwart <strong>in</strong><br />
der Turnhalle des <strong>Jena</strong>ischen Turnvere<strong>in</strong>s <strong>in</strong> der Jahnstraße. Er organisierte 1947 e<strong>in</strong><br />
großes Schauturnen im Volkshaus. Bei solchen Turnvergleichen, zu denen bis zu 1000<br />
Zuschauer kamen, g<strong>in</strong>gen Männer- <strong>und</strong> Frauenriegen gleichberechtigt an den Start.<br />
E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Akteur bei der Entwicklung von Turnwettkämpfen, besonders<br />
an der Universität, war der Apoldaer Physikstudent Wolfgang Gutewort. Bereits im<br />
27
Juni 1948 organisierte er den ersten Hochschulwettkampf <strong>in</strong> der Ostzone im Turnen.<br />
Nachgewiesen ist die Teilnahme von <strong>Jena</strong>er <strong>und</strong> Leipziger Studenten <strong>und</strong> Student<strong>in</strong>nen.<br />
Mitte der 1930er Jahre umfasste die Frauenriege des <strong>Jena</strong>er Turnvere<strong>in</strong>s über<br />
30 Mädchen <strong>und</strong> Frauen.<br />
28
Belege vom Hammerwerfen <strong>in</strong> <strong>Jena</strong><br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 7. Juli 2010 Nr. 193<br />
In der Leichtathletik spielen die Wurf- <strong>und</strong> Stoßdiszipl<strong>in</strong>en oft nur e<strong>in</strong>e Nebenrolle. In<br />
<strong>Jena</strong> machten sich vor allem die erfolgreichen Speerwerfer<strong>in</strong>nen Ruth Fuchs <strong>und</strong> Petra<br />
Felke e<strong>in</strong>en Namen. Schon früh gab es aber auch das Hammerwerfen <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. Der<br />
ehemalige passionierte Hammerwerfer Klaus Brendel hat jetzt als „Ruheständler“ e<strong>in</strong>e<br />
umfangreiche <strong>Geschichte</strong> des Hammerwerfens <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> erarbeitet <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Zeitschrift<br />
„<strong>Jena</strong>er Beiträge zum <strong>Sport</strong>“ als Sonderausgabe 2010 veröffentlicht. Als erste Belege<br />
für e<strong>in</strong>en Hammerwurfwettbewerb <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> gelten derzeitig die Ausschreibung vom 1.<br />
Nationalen Olympia 1912 <strong>und</strong> vom ersten Universitäts- Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>fest im Juli<br />
1914. In der Ausschreibung von 1914, die vom Arbeitsausschuss der Studenten (W.<br />
Böttcher, G. Grosch, K. Rössel) <strong>und</strong> vom Universitäts-Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer Hermann<br />
Eitel unterschrieben wurde, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Leichtathletik Läufe über 100m, 400m, 800m<br />
<strong>und</strong> 1500m; Hoch-, Weit- <strong>und</strong> Stabhochsprung; Kugelstoßen, Schleuderballwerfen,<br />
Diskuswerfen, Speerwerfen, Hammerwerfen <strong>und</strong> Staffeln ausgeschrieben. E<strong>in</strong> Student<br />
Namens Maack wurde der erste Universitätsmeister. In der <strong>Jena</strong>ischen Zeitung kann<br />
man hierzu lesen: „Im Hammerwerfen, e<strong>in</strong>er hier noch nicht vorgeführten Übung –<br />
dom<strong>in</strong>ierte Maack (akademische Abteilung des VfB) mit 26,90 Meter über Grosch von<br />
derselben Vere<strong>in</strong>igung mit 24,77 Meter.”<br />
Während <strong>in</strong> den Leichtathletikvere<strong>in</strong>en das Hammerwerfen nach dem Ersten Weltkrieg<br />
ab Mitte der 1920er Jahre zunehmend Verbreitung fand, wurde bei den Turnern,<br />
die eigene leichtathletische Wettkämpfe organisierten, das Schleuderballwerfen<br />
bevorzugt. 1897 gab es beim Musterriegenturnen im Rahmen des Turnkreises 13. der<br />
deutschen Turnerschaft <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen für die Mannschaft der Akademischen Turner<br />
Gothania Jenensis e<strong>in</strong>en ersten Platz beim Schleuderballwurf. Leider ist der Name des<br />
siegenden Studenten bisher nicht aufgef<strong>und</strong>en worden. Noch 1930 gab es bei den<br />
deutschen Meisterschaften der Turner für den <strong>Jena</strong>er Studenten Oskar Brunken e<strong>in</strong>en<br />
dritten Platz im Schleuderball.<br />
Der beste <strong>Jena</strong>er Hammerwerfer <strong>in</strong> dieser Zeit war Friedrich oder Fritz Dunkel. Er<br />
kam 1936 aus Erfurt nach <strong>Jena</strong>. In Erfurt gehörte er dem Männerturnvere<strong>in</strong> an. Hier<br />
hatte er auch e<strong>in</strong>e Schleuderballausbildung erhalten. Für die Erfurter wurde er 1935<br />
Deutscher Meister im Rasenkraftsport. Im Hammerwurf schaffte er damals 49,73 m,<br />
was ihm e<strong>in</strong>en Platz im Olympiakader für 1936 e<strong>in</strong>brachte. Mit dieser Weite hatte er<br />
Platz 10 <strong>in</strong> der deutschen Rangliste 1936. E<strong>in</strong>e Krankheit verh<strong>in</strong>derte se<strong>in</strong>e Teilnahme<br />
an den Spielen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Hammerwurf-Olympiasieger wurde Karl He<strong>in</strong> mit 56,49 m.<br />
1937 schaffte Fritz Dunkel noch mal e<strong>in</strong>e Weite von 49,58 m, musste sich dann 1938<br />
aber e<strong>in</strong>er Operation unterziehen, wodurch se<strong>in</strong> Hammerwurftra<strong>in</strong><strong>in</strong>g unterbrochen<br />
wurde. 1939 zum Kriegsdienst e<strong>in</strong>gezogen, kam er nicht mehr zum Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>und</strong> nach<br />
1945 konnte er nicht an se<strong>in</strong>e alten Leistungen anknüpfen. Se<strong>in</strong>en Arbeitsplatz als<br />
Fe<strong>in</strong>mechaniker bei Zeiss, den er 1936 bekommen hatte, behielt er bis 1947, als er mit<br />
se<strong>in</strong>er Familie wieder nach Erfurt zurückzog. Über se<strong>in</strong>e weitere sportliche Entwicklung<br />
ist nichts bekannt. 1985 verstarb er im Alter von 77 Jahren <strong>in</strong> Erfurt. Genaueres über die<br />
<strong>Jena</strong>er Hammerwerfer der Zeit bis 1945 kann man <strong>in</strong> der oben genannten Publikation<br />
nachlesen.<br />
29
Fritz Dunkel (rechts) Anfang der 1930er Jahre auf dem <strong>Sport</strong>platz des Männerturnvere<strong>in</strong>s Erfurt.<br />
30
Aus dem Fackelgriff wurde e<strong>in</strong>e Tischlampe<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 10. Juni 2010 Nr. 189<br />
Zu den Olympischen Sommerspielen 1936 <strong>in</strong> Deutschland wurde e<strong>in</strong> Fackellauf vom<br />
Berg Olymp <strong>in</strong> Griechenland bis nach Berl<strong>in</strong> organisiert. Dies war der erste Fackellauf<br />
<strong>in</strong> der <strong>Geschichte</strong> der Olympischen Spiele. Die Idee stammte von Carl Diem <strong>und</strong><br />
wurde von der Naziregierung als große Propagandaveranstaltung aufgezogen. Diem<br />
hatte schon seit 1912 e<strong>in</strong>en engeren Kontakt zu <strong>Jena</strong>. In Vorbereitung auf den zweiten<br />
großen Leichtathletikwettkampf <strong>in</strong> <strong><strong>Jena</strong>s</strong> <strong>Geschichte</strong> unter dem Namen „1. Nationale<br />
Olympische Spiele“ der akademischen Abteilung des Vere<strong>in</strong>s für Bewegungsspiele (VfB)<br />
hatte Carl Diem als 1. Vorsitzender der deutschen <strong>Sport</strong>behörde <strong>und</strong> Schriftführer des<br />
Jungdeutschlandb<strong>und</strong>es im Volkshaus e<strong>in</strong>en Vortrag zum Thema „Olympische Spiele“<br />
mit Lichtbildern gehalten. Beim Wettkampf selber war er als Kampfrichter e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Der Hauptorganisator des Wettkampfs <strong>und</strong> wahrsche<strong>in</strong>lich auch dessen Erf<strong>in</strong>der war der<br />
Student Oskar Leonhardt, Sohn des gleichnamigen Gastwirts der „Schweiz“. Er hatte<br />
ansche<strong>in</strong>end e<strong>in</strong>en guten Kontakt zu Diem, so dass dieser die Ehrenmitgliedschaft im<br />
VfB annahm. Später war Diem mit dem Universitätsturn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer Hermann<br />
Eitel befre<strong>und</strong>et, der 1936 unter se<strong>in</strong>er Leitung e<strong>in</strong>er der wichtigsten Kampfrichter der<br />
Olympischen W<strong>in</strong>terspiele 1936 <strong>in</strong> Garmisch-Partenkirchen war. Der zweite Direktor<br />
des Instituts für Leibeserziehung (Muskelkirche), Dr. Karl Feige, war Student bei Diem<br />
gewesen, als dieser die Hochschule für Leibesübungen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> geleitet hatte.<br />
Daher rührt die Verb<strong>in</strong>dung des ersten Olympischen Fackellaufs zu <strong>Jena</strong> aber nicht. Die<br />
Verb<strong>in</strong>dung entstand über Dieter Goldammer, der viele Jahre als Schulsportkoord<strong>in</strong>ator<br />
<strong>in</strong> <strong>Jena</strong> tätig war. Aus dem Nachlass se<strong>in</strong>es Vaters Paul Goldammer stammt der Griff<br />
von der Olympiafackel 1936. Auch heute ist es noch üblich, dass die Fackelträger des<br />
Olympischen Staffellaufs, die Fackel bzw. den Griff dazu, die meist aus hochwertigen<br />
Materialien bestehen <strong>und</strong> künstlerisch anspruchsvoll gestaltet s<strong>in</strong>d, behalten dürfen.<br />
Der Griff von 1936 war aus „Nirosta“-Stahl <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>er Gravierung zum Lauf<br />
versehen. Da auch e<strong>in</strong> Hakenkreuz als Symbol des III. Reichs Verwendung fand, wurden<br />
die meisten Griffe nach dem Zweiten Weltkrieg vernichtet. Paul Goldammer, von Beruf<br />
Elektriker, hatte ihn als Ständer für e<strong>in</strong>e Tischlampe umgebaut, wodurch der Griff<br />
erhalten blieb. Als Oberturnwart des Hellendorfer Turnvere<strong>in</strong>s war Paul Goldammer<br />
1936 als der Läufer ausgewählt worden, der als erster Deutscher das olympische<br />
Feuer an der deutsch-tschechischen Grenze vor e<strong>in</strong>er Zuschauerkulisse von 70-<br />
80.000 Menschen übernehmen durfte. Direkt vom Grenzübergang, dort wo er damals<br />
als Zöllner tätig war, trug er die Fackel die ersten Kilometer auf deutschem Boden.<br />
Nach dem Krieg <strong>in</strong> Torgau wohnhaft, spielte er noch bis <strong>in</strong>s hohe Alter Prellball. Se<strong>in</strong><br />
sportliches Vorbild hat e<strong>in</strong>en Anteil daran, dass se<strong>in</strong> Sohn Dieter von früher Jugend an<br />
sportlich aktiv war. Bis zum Ende der Oberschule war er e<strong>in</strong> talentierter Turner, der<br />
die Aufnahmeprüfung an die Deutsche Hochschule für Körperkultur (DHfK) <strong>in</strong> Leipzig<br />
schaffte. Hier wollte man aus ihm e<strong>in</strong>en Zehnkämpfer machen, letztendlich landete er<br />
bei den Ruderern <strong>und</strong> war sogar im DDR-Auswahlkader. Durch Heirat kam er nach <strong>Jena</strong><br />
<strong>und</strong> damit auch der Fackelgriff. In den 1980er Jahren plante er schon mal den E<strong>in</strong>satz<br />
des Fackelgriffs bei e<strong>in</strong>er Schulspartakiade, was er aus ideologischen Gründen aber<br />
lieber nicht umsetzte. Dafür konnte er nach der politischen Wende Anfang der 1990er<br />
Jahre e<strong>in</strong> großes Schulprojekt zum Thema „Olympische Spiele“ mit Fackellauf auf dem<br />
<strong>Jena</strong>er Marktplatz organisieren.<br />
31
Die Olympiafackelläufe s<strong>in</strong>d heute die größten Staffelläufe weltweit <strong>und</strong> sollen der<br />
Verbreitung der olympischen Idee <strong>und</strong> der Völkerverständigung dienen. Sie s<strong>in</strong>d<br />
auch e<strong>in</strong>e Wurzel für die Entwicklung von Ultra-Staffelläufen, die gegenwärtig <strong>in</strong><br />
Deutschland e<strong>in</strong>e große Popularität besitzen. Neben dem Rennsteig-Staffellauf <strong>und</strong><br />
dem Schiller-Staffellauf gibt es <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen noch die „SaaleHorizontale-Staffel“<br />
über 82 Kilometer, die am Samstag, den 12. Juni 2010 zum ersten Mal stattfand.<br />
E<strong>in</strong>en direkten E<strong>in</strong>fluss des Olympischen Staffellaufs auf Spartakiade-Fackelläufe,<br />
wie sie <strong>in</strong> den 1970er Jahren mehrfach <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> stattfanden, ist sporthistorisch belegt.<br />
Das aber ist e<strong>in</strong>e andere <strong>Geschichte</strong>.<br />
32<br />
Paul Goldammer 1936 bei der Übernahme der olympischen<br />
Fackel an der tschechisch-deutschen Grenze.
Mit dem VfB die <strong>Sport</strong>plätze gebaut<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 28. Mai 2009 Nr. 136<br />
2009 ist nicht nur das Jahr des 60. Geburtstages des USV; national <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternational<br />
weit stärker beachtet wird der 90. Geburtstag des Bauhauses. Gleich zweimal<br />
hat der Universitätssport <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> Verb<strong>in</strong>dungen zum Bauhaus. 1926 hatte die<br />
Universität mit dem Vere<strong>in</strong> für Bewegungsspiele (VfB) e<strong>in</strong>en Vertrag über den<br />
Ausbau der Universitätssportplätze <strong>in</strong> der Oberaue abgeschlossen. Das Thür<strong>in</strong>gische<br />
Volksbildungsm<strong>in</strong>isterium <strong>in</strong> Weimar befürwortete e<strong>in</strong>en Darlehensantrag des VfB <strong>und</strong><br />
übernahm die Bürgschaft. Daraufh<strong>in</strong> wurde als erstes im gleichen Jahr e<strong>in</strong>e Laufbahn<br />
gebaut, bei der die VfB-<strong>Sport</strong>ler viele St<strong>und</strong>en <strong>in</strong> Eigenleistungen erbrachten. Im<br />
September 1926 genehmigte das Bauordnungsamt als nächstes die Errichtung e<strong>in</strong>es<br />
„Unterkunftshauses“ durch den VfB, welches als e<strong>in</strong>geschossiger Bau direkt neben<br />
der neuen Laufbahn entstehen sollte. Dieser re<strong>in</strong>e Funktionsbau wurde 1927/28<br />
fertiggestellt <strong>und</strong> 1932 um e<strong>in</strong> Stockwerk erhöht. Welche Verb<strong>in</strong>dungen der Architekt<br />
zum Bauhaus hatte, wurde noch nicht geklärt, aber die äußere Form zeigt deutliche<br />
Bezüge zu modernen Bauhausformen. Es steht damit im deutlichen Kontrast zu<br />
dem <strong>in</strong> gleicher Zeit (1929) entstandenen Landesturnanstalt-Gebäude. Dieses, nur<br />
wenige h<strong>und</strong>ert Meter entfernt bef<strong>in</strong>dliche Gebäude, welches heute als Muskelkirche<br />
apostrophiert wird <strong>und</strong> das Institut für <strong>Sport</strong>wissenschaft beheimatet, mutet gegen<br />
den modernen Bau des VfB geradezu altmodisch an. Quellen, die auch für den Bau<br />
der Muskelkirche e<strong>in</strong>en Bauhausentwurf gef<strong>und</strong>en haben wollten, konnten <strong>in</strong>zwischen<br />
korrigiert werden. E<strong>in</strong> eher sachlicher Entwurf e<strong>in</strong>er <strong>Sport</strong>halle für die Universität<br />
stammt aus dem Jahr 1915, also bevor das Bauhaus gegründet war <strong>und</strong> kann eher dem<br />
sogenannten Heimatschutzstil zugeordnet werden.<br />
Das Funktionsgebäude des VfB <strong>in</strong> der Oberaue wurde nach 1945 durch Schott <strong>und</strong><br />
später <strong>Jena</strong>pharm gr<strong>und</strong>haft umgebaut. So ist dieses Gebäude heute eher stillos <strong>und</strong><br />
jetzt Sitz des USV.<br />
Se<strong>in</strong>e Gründung hatte der USV vor 60 Jahren allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bauhausgebäude, der<br />
Mensa am Philosophenweg, wo auch die ersten Jahre se<strong>in</strong>e Geschäftsstelle war. Dies<br />
war auch e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>, warum der USV auf der Jubiläumsmedaille zum 60. Geburtstag<br />
auf der Rückseite die Bauhausmensa abgebildet hat. Es dürfte gegenwärtig die e<strong>in</strong>zige<br />
Medaille mit e<strong>in</strong>em Bezug zum Bauhausjahr se<strong>in</strong>. Sie war die bislang vierte Medaille,<br />
die der USV <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Stückzahl für Auszeichnungszwecke <strong>und</strong> Sammler <strong>in</strong> Fe<strong>in</strong>silber<br />
prägen ließ. Im Rahmen des Hanfried-Turniers, des <strong>Jena</strong>er Kernberglaufs <strong>und</strong> anderer<br />
USV-Wettkämpfe werden diese Medaillen mit Band bei den Siegerehrungen überreicht.<br />
33
34<br />
1. Siegfriede Dempe gew<strong>in</strong>nt die Kreismeisterschaft 1938<br />
über 100m: Im H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> sieht man das Unterkunftshaus<br />
des VfB <strong>Jena</strong>.<br />
2. Medaille des USV zum 60. Geburtstag:<br />
Rückseite mit der Bauhausmensa.
Drei Weltmeistertitel für die Uni <strong>Jena</strong><br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 9. September 2009 Nr. 151<br />
Als Hitlerdeutschland am 1. September 1939 mit dem E<strong>in</strong>fall <strong>in</strong> Polen den Zweiten<br />
Weltkrieg begann, wirkte sich dies umgehend auf das Leben an der <strong>Jena</strong>er Universität<br />
<strong>und</strong> zwar noch unmerklich anfangs auch auf das <strong>Sport</strong>geschehen <strong>in</strong> der Stadt <strong>Jena</strong><br />
aus. E<strong>in</strong>e der letzten großen Propagandaschauen des Nationalsozialistischen<br />
Regimes vor Kriegsbeg<strong>in</strong>n, bei der die Überlegenheit über andere Völker <strong>und</strong><br />
Staaten gezeigt werden sollte, waren im <strong>Sport</strong> die Akademischen Weltspiele, auch<br />
Studentenweltmeisterschaften genannt. Diese fanden vom 24. bis 27. August<br />
1939 <strong>in</strong> Wien statt. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 an Deutschland war es<br />
u. a. Ziel dieses Wettkampfes zu zeigen, dass Wien <strong>und</strong> dessen Universität voll <strong>in</strong>s<br />
Deutsche Reich <strong>in</strong>tegriert s<strong>in</strong>d. Alle deutschen Hochschulsportler, die e<strong>in</strong>igermaßen<br />
Medaillenchancen hatten, wurden zu den Wettkämpfen nach Wien delegiert. Aus <strong>Jena</strong><br />
waren dies Siegfriede Dempe <strong>und</strong> Luise Lockemann. Beide hatten ihr Studium zwar<br />
schon beendet aber nach den großzügig ausgelegten Teilnahmeregeln durfte Siegfriede<br />
Dempe als Sieger<strong>in</strong> der Studentenweltmeisterschaften von 1937 ihre Goldmedaille<br />
über 80m Hürden verteidigen. Da sie 1939 den Deutschen Rekord mit 11,5s e<strong>in</strong>gestellt<br />
hatte, fiel ihr das nicht sehr schwer. Sie gewann Gold mit 11,7s. Außerdem gewann<br />
sie e<strong>in</strong>e Silbermedaille über 100m. Luise Lockemann hatte 1938 ihr <strong>Sport</strong>studium<br />
<strong>in</strong> Marburg beendet <strong>und</strong> war als Assistent<strong>in</strong> am Institut für Leibesübungen <strong>in</strong> <strong>Jena</strong><br />
angestellt worden. Da sie ihr Referendariat noch nicht abgeschlossen hatte <strong>und</strong> als<br />
Deutsche Hochschulmeister<strong>in</strong> die Qualifikationsnorm geschafft hatte, durfte sie<br />
ebenfalls <strong>in</strong> Wien teilnehmen. Sie gewann die Goldmedaille im Weitsprung (5,21m)<br />
<strong>und</strong> im Hochsprung(1,50m). Die <strong>in</strong>ternationale Konkurrenz <strong>in</strong> Wien war allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />
allzu stark, da sich im Vorfeld die Internationale Studentensportbewegung gespalten<br />
hatte. Fast alle demokratischen Staaten boykottieren die Studentenweltspiele,<br />
so dass vor allem mit Deutschland sympathisierende Länder gemeldet hatten. Im<br />
Rahmen der Weltspiele gab es noch e<strong>in</strong>e Reihe von Demonstrationsveranstaltungen,<br />
die vom zuständigen obersten Beamten für die studentischen Leibesübungen im<br />
Reichserziehungsm<strong>in</strong>isterium, Prof. Dr. Carl Krümmel, organisiert wurden. E<strong>in</strong>e davon<br />
war e<strong>in</strong> Schaufliegen von Segel- <strong>und</strong> Motorflugzeugen. Im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er vormilitärischen<br />
Ausbildung für die Luftwaffe waren 1935 an allen Instituten für Leibesübungen<br />
(heute <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitute) Abteilungen Luftfahrt gebildet worden. Alle Studenten der<br />
Leibesübungen erhielten m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>ausbildung im Segelflug. Auch <strong>in</strong><br />
<strong>Jena</strong> gab es diese Abteilung. Das <strong>Jena</strong>er Institut besaß 12 Segelflugzeuge. Alle diese<br />
Flugzeuge mussten nach Wien gebracht werden. Die Segelflieger mit LKW oder Bahn<br />
<strong>und</strong> die Motorflugzeuge, e<strong>in</strong>s von <strong>Jena</strong>, flogen. Der Rückflug am 29. September, der im<br />
Konvoi vollzogen wurde, führte nur bis Bamberg. Dort wurden die Motorflugzeuge <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er großen Halle e<strong>in</strong>gelagert, was die Piloten, sehr w<strong>und</strong>erte. Sie wurden aber sofort<br />
zur Luftwaffe e<strong>in</strong>gezogen <strong>und</strong> mussten bereits wenige Tage später als Lehrpersonal<br />
Piloten für den Kriegse<strong>in</strong>satz ausbilden. E<strong>in</strong>e weitere Auswirkung auf das <strong>Jena</strong>er<br />
„<strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut“ war, das wenige Tage nach Kriegsbeg<strong>in</strong>n am 8. September 1939 durch<br />
e<strong>in</strong>en Erlass „der Übungs- <strong>und</strong> Lehrbetrieb der Hochschul<strong>in</strong>stitute für Leibesübungen<br />
an den Universitäten Berl<strong>in</strong>, Leipzig, <strong>Jena</strong>, München <strong>und</strong> Wien...<strong>in</strong> vollem Umfang<br />
aufrechterhalten“ wurde. Alle übrigen „<strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitute“ im Reich waren geschlossen<br />
35
worden. Dies hatte zur Folge, dass alle <strong>Sport</strong>studenten Deutschlands sich auf nur fünf<br />
Hochschulen verteilen mussten, wodurch sich die Studentenzahl <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> von sonst<br />
10-20 pro Studienjahr auf über 50 erhöhte. Die Uni <strong>Jena</strong> durfte deswegen auch ihre<br />
<strong>Sport</strong>hallen <strong>in</strong> der Muskelkirche weiter nutzen. Reichsweit wurden viele <strong>Sport</strong>hallen als<br />
zentrale Getreidelagerhallen beschlagnahmt. Als Ersatz für die nicht freigegeben Hallen<br />
wurden <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> die Räume des Archäologischen Museums im Uni-Hauptgebäude durch<br />
das Zusammenstellen der Gipsfiguren als Lagerhalle bereitgestellt.<br />
Carl Krümmel (ganz rechts) nimmt mit den Ehrengästen, darunter der italienische<br />
Volksbildungsm<strong>in</strong>ister (9. v. r.) die Meldung der angetretenen Piloten der „<strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitute“<br />
entgegen.<br />
36
E<strong>in</strong> wahrhaft f<strong>in</strong>steres Kapitel<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 12. August 2009 Nr. 147<br />
Wie im Beitrag Nr. 146 berichtet, wurde bei der Gründung des Instituts für<br />
Leibesübungen an der Uni <strong>Jena</strong> vor 75 Jahren das Mitglied der Nationalsozialistischen<br />
deutschen Arbeiterpartei (NSdAP) Hans Ebert, von der Landesregierung als erster<br />
Direktor e<strong>in</strong>gesetzt. Der bis dah<strong>in</strong> für den Universitätssport verantwortliche<br />
Universitäts-Oberturnlehrer Herrmann Eitel wurde ans Realgymnasium nach Weimar<br />
abgeschoben. E<strong>in</strong>e später von Ebert geäußerte Begründung für Eitels Abgang von<br />
der Uni war, dass Eitel für se<strong>in</strong>e Aufgabe zu alt gewesen wäre (48 Jahre). Ebert war<br />
zum damaligen Zeitpunkt mit 32 Jahren natürlich deutlich jünger. In Friedebach als<br />
Lehrerk<strong>in</strong>d geboren, ist er <strong>in</strong> Rudolstadt aufgewachsen. Nach dem Gymnasium begann<br />
se<strong>in</strong>e Karriere als „Vorzeige“-Nazi 1921 mit dem E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong>s Reichsheer <strong>und</strong> 1923 mit<br />
se<strong>in</strong>er Entlassung als Fähnrich wegen der Beteiligung am Hitler-Putsch <strong>in</strong> München.<br />
Darauf begründet sich auch se<strong>in</strong>e Auszeichnung mit dem sogenannten Blutorden,<br />
mit dem Adolph Hitler später alle se<strong>in</strong>e Mitstreiter der ersten Jahre, die durch ihre<br />
nationalsozialistischen Aktivitäten <strong>in</strong> Schwierigkeiten geraten waren, ausgezeichnet<br />
hat. Ebert nahm 1924 e<strong>in</strong> Studium auf <strong>und</strong> beendete dies 1927 als staatlich geprüfter<br />
Turn-, <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Schwimmlehrer an der Uni Berl<strong>in</strong>. Gleich nach dem Studium g<strong>in</strong>g<br />
er nach Rostock <strong>und</strong> wurde dort kurzzeitig Leiter des neu aufzubauenden Instituts für<br />
Leibesübungen. Bereits 1929 wechselte er mit der Aussicht auf e<strong>in</strong>e Beamtenstelle als<br />
Turnlehrer an e<strong>in</strong> Realgymnasium <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, wo er 1930 wegen se<strong>in</strong>es Engagements für<br />
die „Nazi-Bewegung“ entlassen wurde. 1930 erfolgte se<strong>in</strong> E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die NSdAP. Von<br />
1930 – 33 ist er beauftragter Dozent am Institut für Leibesübungen der Uni Breslau.<br />
1931 wurde er SS-Untersturmführer. An der Uni Breslau ist Ebert auch wieder als<br />
Nazi aktiv. So stellte er e<strong>in</strong>en Misstrauensantrag gegen den Leiter des Akademischen<br />
Wissenschaftlichen Arbeitskreises Prof. Riehser, der Jude war, worauf dieser von<br />
se<strong>in</strong>em Amt zurücktrat. Im September 1932 gründete Ebert den Nationalsozialistischen<br />
Vere<strong>in</strong> für Leibesübungen <strong>in</strong> Breslau <strong>und</strong> wurde im gleichen Jahr auf Gr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er<br />
Nazi-Aktivitäten aus dem Staatsdienst entlassen. Er kam dann als Führer bei der SS<br />
unter <strong>und</strong> g<strong>in</strong>g 1933 zum Landesarbeitsdienst nach Thür<strong>in</strong>gen. Noch aus der Ferne<br />
leitete Ebert nach eigenen Aussagen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Biografie, die „Entjudung“ des ältesten<br />
Breslauer Turnvere<strong>in</strong>s „Vorwärts“ <strong>und</strong> den Zusammenschluss mit „se<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong>“<br />
zum „Nationalsozialistischen Turnvere<strong>in</strong> Breslau“. Zwischen 1932 – 34 nahm er<br />
an Ausbildungslehrgängen für NSdAP-Führungskader teil. Se<strong>in</strong>e Dienstzeit <strong>in</strong> <strong>Jena</strong><br />
währte nur bis Ende 1936, als er aus „persönlichen“ Gründen – gegen ihn liefen<br />
zwei Gerichtsverfahren – sang- <strong>und</strong> klanglos verschwand. Se<strong>in</strong>e Dienstzeit <strong>in</strong> <strong>Jena</strong><br />
zeichnete sich durch e<strong>in</strong>e Vielzahl von straff organisierten <strong>Sport</strong>aktivitäten aus. Für<br />
die <strong>Sport</strong>studenten befahl er drei Mal die Woche früh um 6.00 Uhr e<strong>in</strong>em Waldlauf<br />
<strong>in</strong> der Oberaue <strong>und</strong> häufig Kletterpartien: „Studentenrutsche“ <strong>in</strong> den Kernbergen<br />
hoch <strong>und</strong> runter. Wissenschaftliche Arbeiten von ihm s<strong>in</strong>d nicht bekannt. Nachdem<br />
er wegen e<strong>in</strong>es Zollvergehens (Schmuggel von Skihosen) <strong>und</strong> der Belästigung e<strong>in</strong>er<br />
Assistent<strong>in</strong> von der Polizei vorgeladen werden sollte, g<strong>in</strong>g er als Turnrat nach Breslau,<br />
wo er genügend alte Kameraden hatte, die ihn förderten. Se<strong>in</strong>e Spuren verlieren sich<br />
1945 als Hauptsturmführer der SS-Panzer-Grenadier Division „Götz von Berlich<strong>in</strong>gen“.<br />
Als se<strong>in</strong> Nachfolger bestellte der Gauleiter Thür<strong>in</strong>gens, Fritz Sauckel, 1937 Dr. Karl<br />
37
Feige, e<strong>in</strong>en ausgewiesenen <strong>Sport</strong>wissenschaftler aus Berl<strong>in</strong>. Zwar hatte auch Feige<br />
e<strong>in</strong>e typische Nazi-Biografie, gilt aber heute noch als e<strong>in</strong>er der Väter des erfolgreichen<br />
deutschen Rudersports <strong>und</strong> als Mitbegründer der <strong>Sport</strong>psychologie. Feige war offiziell<br />
bis 1945 Institutsdirektor <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg das<br />
Institut für Leibesübungen <strong>in</strong> Kiel, wo er bis zur Pensionierung blieb.<br />
Der Nachfolger von Hans Ebert als Institutsdirektor des <strong>Jena</strong>er Instituts für Leibesübungen war<br />
Dr. Karl Feige 1940: hier beim Rudern im E<strong>in</strong>er.<br />
38
Der USV sucht die Reste e<strong>in</strong>es Kunstwerkes<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 22. November 2006 Nr. 32<br />
1927 hatte der <strong>Bild</strong>hauer Prof. Richard Engelmann, welcher Ord<strong>in</strong>arius für Plastik <strong>und</strong><br />
<strong>Bild</strong>hauerkunst an der Staatlichen Hochschule für <strong>Bild</strong>ende Kunst Weimar war, sozusagen<br />
als Geschenk zu se<strong>in</strong>em 60. Geburtstag von der Thür<strong>in</strong>gischen Landesregierung den<br />
Auftrag erhalten, e<strong>in</strong>en Entwurf für e<strong>in</strong>e Plastik zur Ausschmückung des freien Platzes<br />
vor der Landesturnanstalt (Muskelkirche) zu gestalten. Er entwarf daraufh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
überlebensgroßen Speerwerfer, der 1932 als Bronzefigur gegossen <strong>und</strong> auf e<strong>in</strong>em<br />
Travert<strong>in</strong>sockel vor dem heutigen Institut für <strong>Sport</strong>wissenschaft <strong>in</strong> der Seidelstraße<br />
aufgestellt wurde. Die künstlerische Ausführung wurde von Beg<strong>in</strong>n an vor allem von den<br />
<strong>Sport</strong>lehrkräften <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>studenten auf Gr<strong>und</strong> der Wurftechnik, die <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise<br />
der e<strong>in</strong>es Speerwerfers entsprach, kritisiert. Richard Engelmann, am 5. Dezember<br />
1868 <strong>in</strong> Bayreuth geboren, hatte <strong>in</strong> München studiert <strong>und</strong> nach Studienaufenthalten<br />
<strong>in</strong> Florenz <strong>und</strong> Paris <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> e<strong>in</strong> eigenes Atelier unterhalten. Er wurde 1913 als Leiter<br />
der <strong>Bild</strong>hauerabteilung an die Hochschule für bildende Künste nach Weimar berufen.<br />
Stilistisch s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e Arbeiten dem Neoklassizismus zuzurechnen, der Anfang des<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts für Umbruch <strong>und</strong> Modernität stand <strong>und</strong> den Übergang vom Historismus<br />
zum Bauhaus ermöglichte. Zu se<strong>in</strong>en bedeutendsten Werken, die noch <strong>in</strong> Weimar<br />
erhalten s<strong>in</strong>d, gehören die „Ruhende Frau“ <strong>und</strong> das „Sitzbild zweier Frauen“ am<br />
Van-de-Velde-Bau der Bauhaus-Universität, die bronzene Mädchenfigur an der<br />
Pestalozzischule <strong>und</strong> vor allem das „Wildenbruch-Denkmal“ im Poseckschen Garten.<br />
Dass sich die Plastik des Speerwerfers bis 1940 auf dem Vorplatz der Muskelkirche<br />
hielt, ist eigentlich e<strong>in</strong> W<strong>und</strong>er, da Engelmann bereits seit 1930 quasi unter<br />
Berufsverbot stand, als die NSDAP zeitweilig an der Landesregierung beteiligt war.<br />
Der neu e<strong>in</strong>gesetzte Direktor der Weimarer Kunsthochschule Schulze-Naumburg,<br />
der später die Aktion „Entartete Kunst“ der Nazis zur „Säuberung“ von Museen <strong>und</strong><br />
Sammlungen leitete, war se<strong>in</strong> persönlicher Gegner. Dazu kam, dass er als „Halbjude“<br />
beruflich degradiert wurde. Nach weiteren beruflichen Beh<strong>in</strong>derungen durch die<br />
Nationalsozialisten übersiedelte Engelmann 1937 nach Kirchzarten, wo er bis zu<br />
se<strong>in</strong>em Tode 1966 künstlerisch tätig war.<br />
Erst am 1. April 1940 beantragte der amtierende Institutsdirektor Ernst Herberger<br />
beim M<strong>in</strong>isterium <strong>in</strong> Weimar, die Plastik des Speerwerfers vor dem Institutsgebäude,<br />
der Metallsammlung zur Geburtstagsspende des Führers bereitstellen zu dürfen.<br />
Am 18. April 1940 erhielt die Ortsgruppe <strong>Jena</strong>-Nord der NSDAP vom M<strong>in</strong>isterium für<br />
Volksbildung den Auftrag, „…ohne öffentliches Aufsehen“ die Figur des Speerwerfers<br />
als besondere Gabe für die Metallsammlung zum Geburtstag des Führers abzubauen.<br />
Wörtlich schrieb M<strong>in</strong>isterialrat Stier: „Es ist mir nicht erwünscht, dass e<strong>in</strong>e öffentliche<br />
Bekanntgabe dieser Spende <strong>in</strong> den Zeitungen erfolgt.“ Die Ortsgruppe realisierte<br />
den Auftrag postwendend, <strong>in</strong>dem sie die Plastik vom Sockel stürzte <strong>und</strong> per LKW<br />
abtransportierte. Seitdem gibt es ke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise über den weiteren Verbleib. Bei der<br />
gleichen Aktion wurde die Plastik „der Fußballspieler“ von Arno Zauche, die im Foyer<br />
des Instituts stand, e<strong>in</strong>geschmolzen.<br />
39
Ebenfalls ohne öffentliches Aufsehen verschwand auch Mitte der neunziger Jahre der<br />
Travert<strong>in</strong>sockel des Speerwerfers, der bis dah<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Blumenschale getragen hatte.<br />
Der USV sucht jetzt e<strong>in</strong>en Nachweis über den Verbleib dieses wertvollen Quaders, der<br />
<strong>in</strong> die baukünstlerische Gestaltung der neuen Dreifelderhalle e<strong>in</strong>bezogen werden soll.<br />
40<br />
Unmittelbar nach dem Sturz des Speerwerfers 1940<br />
demonstriert e<strong>in</strong> <strong>Sport</strong>student die richtige Haltung<br />
beim Wurf.<br />
Kurz vor der Demontage des Speerwerfers klettern<br />
<strong>Sport</strong>studenten auf die Plastik.
E<strong>in</strong>e Stiftung für <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>stätten<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 17. September 2009 Nr. 152<br />
Zum Denkmaltag wurde <strong>in</strong> diesem Jahr auch die Besichtigung des „Volksparks Oberaue“<br />
angeboten. Dieser Begriff stammt wohl aus den 1950er Jahren als der Märchenbrunnen<br />
<strong>und</strong> andere gartenarchitektonische Veränderungen an den Saalewiesen <strong>in</strong> der Oberaue<br />
vorgenommen wurden. In den 1920er Jahren sprach man noch häufig vom „Seidelpark“<br />
(Seidelstraße) nach dem Mediz<strong>in</strong>er Prof. Dr. Moritz Seidel benannt. Im Juli 1912 war<br />
der Mediz<strong>in</strong>alrat Moritz Seidel verstorben <strong>und</strong> hatte nach se<strong>in</strong>em Testament se<strong>in</strong> Haus<br />
(Sellierstr. 7) <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Vermögen der Stadt als Alle<strong>in</strong>erb<strong>in</strong> vermacht. Das Vermächtnis<br />
war mit der Verpflichtung verb<strong>und</strong>en, die E<strong>in</strong>künfte zur Anlegung e<strong>in</strong>es Volksparks<br />
<strong>und</strong> Spielflächen für <strong>Sport</strong>spiele zur Nutzung für alle Teile der Bevölkerung der Stadt<br />
zu verwenden. Die Verkaufsausschreibung für se<strong>in</strong>e Villa brachte nur zwei Angebote,<br />
von e<strong>in</strong>em Prof. Hirzel aus Berchtesgaden (58.100 RM) <strong>und</strong> der Fabrikbesitzersfrau<br />
Frieda Birkhan (59.000 RM). Da die Stadt m<strong>in</strong>destens 65.000 RM haben wollte, kam<br />
ke<strong>in</strong> Verkauf zustande. Der Bürgermeister Fuchs mietete sich daraufh<strong>in</strong> für 2.800 RM<br />
pro Jahr <strong>in</strong> dem Haus e<strong>in</strong>. Wegen des schlechten baulichen Zustandes, der veralteten<br />
Heizung usw. zog er 1924 wieder aus. Die Stadt veräußerte dann endlich das Haus,<br />
das Geld g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> den Wirren der Weltwirtschaftskriese <strong>und</strong> der Inflation verloren. Leider<br />
konnte das Testament <strong>in</strong> den Archiven der Stadt noch nicht aufgef<strong>und</strong>en werden. Nach<br />
Presseberichten hatte Prof. Seidel, der seit 1906 Ehrenbürger <strong><strong>Jena</strong>s</strong> war, der Stadt<br />
auch noch 400.000 Reichsmark vermacht. Hiervon sollten die Universität 140.000<br />
RM, die Universitätsbibliothek sowie die Bibliothek des Verstorbenen jeweils 10.000<br />
RM erhalten. Die restlichen 250.000 RM waren zur Schaffung des Stadtparks <strong>und</strong> der<br />
Erweiterung der Spielplätze, womit Plätze für Fußball, Faustball, Rugby <strong>und</strong> andere<br />
damals übliche Spielsportarten geme<strong>in</strong>t waren, <strong>in</strong> den Wöllnitzer Wiesen bestimmt.<br />
Seit 1893 hatte e<strong>in</strong> Spielplatzvere<strong>in</strong> im Bereich des heutigen Universitätssportzentrums<br />
Wiesen aufgekauft <strong>und</strong> für Vere<strong>in</strong>e, Schulen <strong>und</strong> die Universität zu „Spielplätzen“<br />
ausgebaut. Diesem Spielplatzvere<strong>in</strong>, der vom Gymnasialturnlehrer Herrmann Peter<br />
geleitet wurde <strong>und</strong> dessen Vorstand der prom<strong>in</strong>ente Chemiker Prof. Dr. Ludwig Knorr<br />
<strong>und</strong> der Fabrikant Gustav Netz angehörten, stand Seidel sehr nahe. Um 1912 gab es<br />
bereits 32 Tennisplätze auf dem „Spielplatzgelände“. Inwieweit hier die Erbschaft<br />
Seidels dazu beigetragen hat, konnte noch nicht ermittelt werden. Auch der 1921<br />
quellenmäßig belegte „schön e<strong>in</strong>gerichtete Spielplatz“ an der Wöllnitzer Straße, dort<br />
wo heute die Muskelkirche steht, könnte mit dieser Erbschaft zusammenhängen,<br />
gehörten die Wiesen doch der Stadt. Nutzer war vor allem die Turngeme<strong>in</strong>de <strong>Jena</strong>,<br />
e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>getragener geme<strong>in</strong>nütziger Vere<strong>in</strong>, der 1921 mit 510 Vere<strong>in</strong>smitgliedern zu den<br />
größten Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>en <strong><strong>Jena</strong>s</strong> zählte. Vom<br />
Vere<strong>in</strong>sgelände ist heute noch das Vere<strong>in</strong>shaus übrig, welches als Tafelhaus genutzt<br />
wird.<br />
41
Das Vere<strong>in</strong>shaus der Turngeme<strong>in</strong>de war bei den <strong>Sport</strong>studenten der Muskelkirche sehr beliebt<br />
als Treffpunkt nach dem Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>und</strong> als „Versorgungspunkt“. Hier sieht man Studenten des<br />
Jahrganges 1940 beim Mittagessen im Vere<strong>in</strong>shaus. H<strong>in</strong>ten stehend der Wirt.<br />
42
Duphorn, e<strong>in</strong> Förderer des <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>s<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 25. März 2010 Nr. 179<br />
Paul Duphorn (geb. 1901) ist <strong>in</strong> der <strong>Jena</strong>er Stadtgeschichte bekannt als der e<strong>in</strong>zige<br />
„Schottianer“, der nach den Volksaufständen <strong>in</strong> der DDR um den 17. Juni 1953<br />
verhaftet wurde. Geme<strong>in</strong>sam mit Walter Scheler wurde er als sogenannter Rädelsführer<br />
zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Ihm wurden sogar die „Stiftungsrechte“ <strong>und</strong><br />
damit se<strong>in</strong>e Pensionsansprüche aberkannt, obwohl er schon vor dem Krieg e<strong>in</strong><br />
lebendes Beispiel für die praktische Umsetzung der Ideale von Carl Zeiss, Otto Schott<br />
<strong>und</strong> Ernst Abbe im Glaswerk war. Bei Schott hatte er von der Pike auf gelernt <strong>und</strong><br />
war nach heutigem Sprachgebrauch im mittleren Management tätig. Besonders für<br />
se<strong>in</strong>e Lehrl<strong>in</strong>ge setzte er sich immer e<strong>in</strong>. Im <strong>Sport</strong> war er ab den 1920er Jahren aktiver<br />
Fußballer beim Turn-, <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Musikvere<strong>in</strong> (TSM) Otto Schott. Ganz im Geist des<br />
Firmengründers war dieser sozial ges<strong>in</strong>nte Vere<strong>in</strong> mit dem rauchenden Schornste<strong>in</strong> auf<br />
dem Dress <strong>in</strong> der Zeit des Nationalsozialismus Auffangbecken für <strong>Sport</strong>ler, auch aus<br />
Arbeitersportvere<strong>in</strong>en, die aus politischen Gründen verboten worden waren. In dem<br />
ansonsten „gleichgeschalteten“ <strong>Sport</strong> des Dritten Reiches pflegte der TSM im Rahmen<br />
se<strong>in</strong>er Möglichkeiten die demokratischen Traditionen des Firmengründers Otto Schott<br />
weiter. Paul Duphorn wurde schon bald e<strong>in</strong> unersetzlicher <strong>Sport</strong>funktionär <strong>in</strong> diesem<br />
Vere<strong>in</strong>. Anfangs war er Übungsleiter <strong>und</strong> Betreuer der Fußballmannschaft <strong>und</strong> später<br />
sogar Vorturner. Nachdem sich nach dem Zweiten Weltkrieg ab Mitte 1946 die ersten<br />
offiziellen <strong>Sport</strong>gruppen wieder bildeten, gehörte er zu den ersten, die den <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong><br />
„Schott“ beim Aufbau tatkräftig unterstützten. Er betreute die erste Knabenmannschaft<br />
von „Schott“ <strong>und</strong> führte sie bei den ersten Meisterschaften des Landes Thür<strong>in</strong>gen 1947<br />
zum Sieg. Bei den Turnern könnte man ihn als Entdecker <strong>und</strong> ersten Übungsleiter von<br />
Gerhard Braune ansehen. Von ihm wurden so erfolgreiche <strong>Sport</strong>ler der Nachkriegsjahre<br />
wie die Leichtathleten Erika Junghans <strong>und</strong> He<strong>in</strong>z Stephan, die W<strong>in</strong>tersportler Hugo<br />
Forkel <strong>und</strong> Artur Fleischhauer <strong>und</strong> die Kanut<strong>in</strong> Inge S<strong>in</strong>t-Plonka, die zeitweilig für<br />
Schott starteten, gefördert. Er besorgte Arbeitsplätze bei Schott, Lebensmittelmarken<br />
<strong>und</strong> Wohnungen, um gute <strong>Sport</strong>ler <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Vere<strong>in</strong> zu holen oder zu halten. Häufig griff<br />
er <strong>in</strong>s eigene Portemonnaie, wenn e<strong>in</strong> Sieg zu feiern war. Als im Zuge des verstärkten<br />
Aufbaus der Chemie<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> der DDR sich Anfang der 1950er Jahre die BSG Chemie<br />
von Schott abspaltete, wechselte er zur BSG Chemie. Es wurde der Plan entwickelt,<br />
e<strong>in</strong> Leistungssportzentrum auf den Universitätssportplätzen unter der Bezeichnung<br />
„Chemiesportpark“ aufzubauen. Im Lokalderby gelang es den Fußballern von<br />
Chemie sogar e<strong>in</strong>mal die „Zeiss-Elf“ zu schlagen. Duphorn übernahm es häufig, die<br />
Verhandlungen mit guten Spielern, die für die Chemieelf gewonnen werden sollten, zu<br />
führen. Auch mit dem talentierten Stürmer aus Gera, Georg Buschner führte er mehrere<br />
Gespräche <strong>und</strong> besorgte ihm e<strong>in</strong>e Wohnung <strong>in</strong> der Wilhelm-Re<strong>in</strong>-Straße. Buschner war<br />
damals Student an der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni <strong>und</strong> spielte als<br />
Mittelstürmer bei der BSG Gera-Süd, später Metall. Mit dieser Mannschaft, stand er<br />
1949 im F<strong>in</strong>ale des FDGB-Pokals. Kenner der Szene warnten Duphorn, dass Buschner<br />
zu teuer sei <strong>und</strong> er ihn sicher nicht für Chemie bekäme, was sich mit dessen Wechsel<br />
1952 von Gera zu Zeiss bewahrheitete.<br />
43
Paul Duphorn (l<strong>in</strong>ks) zeichnet den Jugendturner Gerhard Braune für se<strong>in</strong>e<br />
sportlichen Erfolge aus. Das Foto entstand Anfang der 1940er Jahre.<br />
44
Auch Lobeda hatte e<strong>in</strong>en Turnvere<strong>in</strong><br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 1. Oktober 2009 Nr. 153<br />
Die <strong>Sport</strong>stätten <strong>in</strong> der Oberaue entwickelten sich vor allem nach 1945 zum heute noch<br />
bestehenden wichtigsten <strong>Sport</strong>komplex <strong><strong>Jena</strong>s</strong> zwischen dem Universitätssportzentrum,<br />
dem Ernst-Abbe-<strong>Sport</strong>feld, dem <strong>Sport</strong>forum <strong>und</strong> der Muskelkirche heraus, die dann<br />
die materielle Gr<strong>und</strong>lage für die „<strong>Sport</strong>stadt“ <strong>Jena</strong> wurde. Wie man <strong>in</strong> dem Buch<br />
„Zur <strong>Geschichte</strong> des <strong>Sport</strong>s an der Universität <strong>Jena</strong>“ nachlesen kann, waren dies aber<br />
nicht die ersten <strong>Sport</strong>stätten <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. 1567 f<strong>in</strong>det man <strong>in</strong> Urk<strong>und</strong>en erwähnt: „An<br />
Übungen <strong>und</strong> Spielen werden häufig das begehrte Ballspiel, das Kegeln, Pikenwerfen,<br />
Fahnenschw<strong>in</strong>gen, Reiten <strong>und</strong> Zielschießen […erwähnt…], wor<strong>in</strong> die Studenten sich<br />
auf der Landveste <strong>in</strong> der Saalevorstadt übten“. Mit der Gründung der Burschenschaften<br />
als ant<strong>in</strong>apoleonische studentische Vere<strong>in</strong>igungen gewann das Turnen als<br />
„vormilitärische“ Ausbildung an Bedeutung, wofür man Turnplätze benötigte. 1814<br />
wurde e<strong>in</strong> solcher Turnplatz im Paradies hergerichtet. In ihren weiten Le<strong>in</strong>enjacken<br />
sah man bald die Studenten am Barren <strong>und</strong> Reck <strong>und</strong> auf dem Schwebebaum Kraft<br />
<strong>und</strong> Geschicklichkeit proben. Dieser Platz wurde 1816 zum Universitätsturnplatz<br />
ausgebaut <strong>und</strong> 1818 erklärten die <strong>Jena</strong>er Burschenschaften den Besuch des Turnens für<br />
obligatorisch, was als erste Form des Pflichtsports angesehen werden kann.<br />
Nach dem Attentat des <strong>Jena</strong>er Studenten <strong>und</strong> Burschenschafters Ludwig Sand auf<br />
den Dichter <strong>und</strong> russischen Gesandten August Friedrich von Kotzebue, beschlossen<br />
Deutschlands Fürsten <strong>in</strong> Karlsbad das Verbot der Burschenschafter <strong>und</strong> der<br />
Turnbewegung, womit auch der Universitätsturnplatz im Paradies verschwand.<br />
Zeitzeugen beschreiben, dass die Studenten mit großer Lust die Turngeräte verbrannt<br />
hätten. Erst 1859 f<strong>in</strong>det man <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> wieder e<strong>in</strong>en Turnplatz an der „Lutherquelle“,<br />
den der von Prof. Dr. Volkmar Stoy gegründete Turnvere<strong>in</strong> nutzte. 1890 kaufte<br />
der <strong>Jena</strong>er Turnvere<strong>in</strong> diesen <strong>und</strong> baute hier die Turnhalle <strong>in</strong> der Lutherstraße. Um<br />
1900 bestanden dann <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> mehrere Turnvere<strong>in</strong>e, so die Turngeme<strong>in</strong>de, die an<br />
der Wöllnitzer Straße tra<strong>in</strong>ierte, die Freien Turner, die ihren Übungsplatz auf dem<br />
Landgrafen hatten <strong>und</strong> der Turnvere<strong>in</strong> Glaswerk der im <strong>Jena</strong>er Forst tra<strong>in</strong>ierte. Auch <strong>in</strong><br />
<strong><strong>Jena</strong>s</strong> Vororten, die damals noch nicht zur Stadt gehörten, wie Wenigenjena, Zwätzen<br />
<strong>und</strong> Lobeda, gab es Turnvere<strong>in</strong>e. Wenigenjena baute bis zum Verbot aller Vere<strong>in</strong>e<br />
1945 das Gelände am Ostbad aus, das dann <strong>in</strong> den 1950er Jahren der Postsportplatz<br />
wurde. Die Lobedaer Turner tra<strong>in</strong>ierten im Bürgergarten. Zu den Lobedaer Turnern s<strong>in</strong>d<br />
bisher nur wenige Quellen gef<strong>und</strong>en worden. Für den 23. Mai 1921 ist belegt, dass<br />
auf dem neu erweiterten Turnplatz <strong>in</strong> Lobeda an der Saale die Entscheidungsspiele<br />
der Gaumeisterschaften Mittelthür<strong>in</strong>gens im Faustball ausgetragen wurden. E<strong>in</strong>er der<br />
wenigen noch lebenden Zeitzeugen, Dr. Sigurd Griefahn, Sohn e<strong>in</strong>er jüdischen Ärzt<strong>in</strong>,<br />
nach der heute e<strong>in</strong>e Straße <strong>in</strong> Lobeda benannt ist, hat auf diesem Platz als Schüler mit<br />
dem Fußball- <strong>und</strong> Leichtathletiktra<strong>in</strong><strong>in</strong>g begonnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war<br />
er e<strong>in</strong> erfolgreicher Leichtathlet unter den Studenten der Universität.<br />
45
Sigurd Griefahn (rechts) beim Start zum 100m-Lauf auf dem<br />
<strong>Sport</strong>platz Lobeda an der Saale um 1940.<br />
46
Silvester-Skiwettkämpfe <strong>in</strong> der Oberaue<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 18. März 2010 Nr. 178<br />
In der Vergangenheit gab es <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> oftmals lange, strenge <strong>und</strong> schneereiche W<strong>in</strong>ter.<br />
Trotzdem s<strong>in</strong>d kaum offizielle Skiwettkämpfe überliefert. Die Universität führte ihre<br />
Skimeisterschaften bis <strong>in</strong> die 1940er Jahre meist <strong>in</strong> Gehlberg durch, da sie dort e<strong>in</strong><br />
„Skiheim“ besaß. Nach 1950 gab es Skiwettkämpfe der <strong>Jena</strong>er <strong>in</strong> Tautenburg oder<br />
<strong>in</strong> Lobenste<strong>in</strong>. Auf den Kernbergen organisierten die <strong>Sport</strong>studenten <strong>in</strong> den 1970er<br />
Jahren Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gswettkämpfe. Vor allem aus Kostengründen fanden auch Skilehrgänge<br />
des <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stituts „vor Ort“ statt, so 1941 auf dem „Luftschiff“. Nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg wurden dann die Skilehrgänge der Universität anfangs <strong>in</strong> Georgenthal <strong>und</strong><br />
Oberhof <strong>und</strong> später meist <strong>in</strong> Limbach oder Lauscha duchgeführt. 1956 wurde <strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>heid<br />
e<strong>in</strong>e Ski- <strong>und</strong> Wanderhütte der Universität mit Hilfe e<strong>in</strong>es Fre<strong>und</strong>schaftsvertrags mit<br />
Traktor Ste<strong>in</strong>heid errichtet. Viele Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gslehrgänge wurden hier geme<strong>in</strong>sam mit<br />
W<strong>in</strong>tersportlern, Turnern oder Fußballspielern von Ste<strong>in</strong>heid organisiert. Die dortige<br />
Hütte ist noch heute im Besitz des Studentenwerks.<br />
Der bisher e<strong>in</strong>zige reguläre Skiwettkampf <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>, der im Stadtarchiv auff<strong>in</strong>dbar war,<br />
fand am Silvestertage 1950 <strong>in</strong> der Oberaue statt. Damals war gerade die BSG Chemie,<br />
der spätere SV <strong>Jena</strong>pharm, aus der Taufe gehoben worden. Diese BSG versuchte sich die<br />
<strong>Sport</strong>plätze <strong>in</strong> der Oberaue, die die Universität bereits 1914 käuflich erworben hatte,<br />
anzueignen. Es wurde an den M<strong>in</strong>isterrat der DDR der Antrag gestellt die Universität<br />
zu enteignen. Danach sollte auf dem Gelände des heutigen Hauptspielplatzes des FF<br />
USV e<strong>in</strong> richtiges Stadion gebaut werden. Dar<strong>in</strong> sollten die Chemiesportler, die damals<br />
sowohl im Fußball, im Feldhandball, im Hockey <strong>in</strong> der Leichtathletik neben Zeiss zu<br />
den führenden <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> gehörten, e<strong>in</strong> DDR-Leistungszentrum<br />
bekommen.<br />
Mit dem Skiwettkampf sollte die Präsenz von Chemie sogar im W<strong>in</strong>ter nachgewiesen<br />
werden. Die Tageszeitung „Das Volk“ berichtete über die vom BSG am Silvestertag<br />
organisierte erste Skiveranstaltung <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. Bei gutem Schnee war Start <strong>und</strong> Ziel am<br />
Chemiesportheim. In der Männerklasse g<strong>in</strong>gen beim Langlauf gleich zwei DDR-Meister<br />
(Hugo Forkel <strong>und</strong> Artur Fleischhauer) an den Start. In Lichtenha<strong>in</strong> war dort, wo später<br />
das Zeiss-Wohnheim gebaut wurde, e<strong>in</strong>e provisorische Sprungschanze errichtet<br />
worden. Über 1000 Zuschauer waren beim Spr<strong>in</strong>gen anwesend. Es gab folgende Sieger:<br />
12km-Skilanglauf Gesamtsieger: Forkel (1:04,01), AK 1 Fleischhauer (1:06); AK 2 Deus<br />
(1:22,35); Jungmannen (6km): Spelter; Jugend A: Lotz; Jugend B: Helmisch; Junge<br />
Pioniere: Mathey, Frauen (3km): Geisenha<strong>in</strong>er; weibliche Jugend: Wilhelm, Spr<strong>in</strong>gen:<br />
1. Eichhorn, 2. Müller, 3. Hartmann. Weitester gewerteter Sprung gelang Müller mit<br />
17,50m. In der Nordischen Komb<strong>in</strong>ation siegte Eichhorn.<br />
47
Von dem Skiwettkampf 1950 wurden bisher noch ke<strong>in</strong>e Fotos gef<strong>und</strong>en. Von Skilehrgängen auf<br />
dem Luftschiff existieren e<strong>in</strong>ige <strong>Bild</strong>er. Hier sieht man die <strong>Sport</strong>studenten um 1943 vor Beg<strong>in</strong>n der<br />
Ausbildung.<br />
48
Lockemann drückte auf den Auslöser<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 2. April 2009 Nr. 130<br />
Christl Cranz gehört zu Deutschlands bekanntesten alp<strong>in</strong>en Skiläufer<strong>in</strong>nen. Sie wurde<br />
am 1. Juli 1914 <strong>in</strong> Belgien geboren. Bei Ausbruch des I. Weltkrieges flüchtete ihre<br />
Familie nach Deutschland <strong>in</strong> die Nähe von Reutl<strong>in</strong>gen. Hier lernte sie mit sechs Jahren<br />
das Skilaufen <strong>und</strong> gewann bereits mit neun Jahren ihr erstes Skirennen. Seitdem war<br />
sie sportlich sehr aktiv. Sie nahm als junge Frau e<strong>in</strong> Lehrerstudium auf <strong>und</strong> wurde<br />
Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer<strong>in</strong>. 1934 gewann sie bei den Deutschen Meisterschaften im<br />
alp<strong>in</strong>en Skilauf erstmalig alle Damendiszipl<strong>in</strong>en. Im gleichen Jahr gewann sie die<br />
Weltmeistertitel im Slalom <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Alp<strong>in</strong>en Komb<strong>in</strong>ation. Trotz e<strong>in</strong>es Sturzes<br />
konnte Cranz 1936 bei den Olympischen W<strong>in</strong>terspielen <strong>in</strong> Garmisch-Partenkirchen<br />
den erstmals für Damen ausgetragenen Wettbewerb <strong>in</strong> der Komb<strong>in</strong>ation gew<strong>in</strong>nen. Im<br />
Abfahrtlauf hatte sie 19 Sek<strong>und</strong>en gegenüber der Norweger<strong>in</strong> Laila Nilsen verloren. In<br />
den zwei folgenden Slalomläufen holte sie diesen Rückstand wieder auf <strong>und</strong> gewann<br />
noch die Goldmedaille. Ihre letzten <strong>in</strong>offiziellen WM-Titel holte sie 1941, bei den nicht<br />
anerkannten Weltmeisterschaften <strong>in</strong> Cort<strong>in</strong>a d’Ampezzo. Diese Titel wurden nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg annulliert, da 1941 bereits <strong>in</strong> vielen Ländern Kriegszustand<br />
vorherrschte <strong>und</strong> e<strong>in</strong> freier Zugang aller Länder zu den Wettkämpfen nicht möglich<br />
war. Bis heute ist sie laut Wikipedia mit zwölf Gold <strong>und</strong> drei Silbermedaillen die<br />
erfolgreichste alp<strong>in</strong>e Skiläufer<strong>in</strong> bei Weltmeisterschaften.<br />
Aus der Zeit um 1941/42 stammt das Foto im USV-Fotoarchiv. Es wurde von Luise<br />
Lockemann aufgenommen, die von 1939 bis 1945 Assistent<strong>in</strong> am Institut für<br />
Leibesübungen der Universität <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> war. Luise Lockemann war e<strong>in</strong>e erfolgreiche<br />
Leichtathlet<strong>in</strong> des VfB <strong>Jena</strong>, dem ideellen Vorläufer des USV. Sie wurde u. a. 1939<br />
Studentenweltmeister<strong>in</strong> im Hoch- <strong>und</strong> Weitsprung.<br />
Mit der Machtübernahme durch die NSdAP <strong>in</strong> Deutschland 1933 wurde auch die Turn-<br />
<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrerausbildung, die bisher <strong>in</strong> den Händen der Länder lag, deutschlandweit<br />
zentralisiert. Ab 1934 mussten alle Student<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Studenten, die das Fach<br />
Leibesübungen (wie die <strong>Sport</strong>lehrerausbildung damals hieß) belegten, erst e<strong>in</strong>mal vier<br />
Semester Pflichtsport an der Uni absolvieren. Dieser Pflichtsport war Voraussetzung<br />
für alle deutschen Studenten gleich welcher Fachrichtung, um beim Abschlussexamen<br />
antreten zu können. 150 Punkte, die sich aus Teilnahme-, Wettkampf- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>abzeichenpunkten<br />
zusammensetzten, musste jeder erbr<strong>in</strong>gen. Für Studenten der<br />
Leibesübungen folgte dann e<strong>in</strong> zwei- bis viersemestriger stark militarisierter Turn- <strong>und</strong><br />
<strong>Sport</strong>lehrerkurs. Zum Abschluss wurden alle Studenten Deutschlands <strong>in</strong> der Führerschule<br />
Neustrelitz <strong>und</strong> alle Student<strong>in</strong>nen an der Uni <strong>in</strong> Marburg zusammengezogen. Auch<br />
alle Lehrkräfte der Institute für Leibesübungen mussten anwesend se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en<br />
Intensivlehrgang durchführen <strong>und</strong> die Prüfungen abnehmen.<br />
Bei e<strong>in</strong>em Lehrgang 1941 bzw. 1942 lernte Luise Lockemann Christel Cranz <strong>in</strong> Marburg<br />
kennen, fre<strong>und</strong>ete sich mit ihr an <strong>und</strong> schoss dieses Foto. Christel Cranz starb 2004 im<br />
Alter von neunzig Jahren <strong>in</strong> Oberstaufen.<br />
49
50<br />
Christel Cranz <strong>in</strong> Marburg. Bis heute laut Wikipedia mit zwölf Gold- <strong>und</strong> drei<br />
Silbermedaillen die erfolgreichste alp<strong>in</strong>e Skiläufer<strong>in</strong> bei Weltmeisterschaften.
Die großherzogliche Regierung beschloss …<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung vom 18. November 2010 Nr. 212<br />
Anfang des Monats organisierten die Doktoranden des Instituts für <strong>Sport</strong>wissenschaft<br />
zum zweiten Mal e<strong>in</strong> Kolloquium für alle Nachwuchswissenschaftler, die <strong>in</strong><br />
der <strong>Sport</strong>wissenschaft e<strong>in</strong> Promotionsthema bearbeiteten. Ziel ist u. a., den<br />
Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Wissenschaftsdiszipl<strong>in</strong>en zu<br />
fördern. Obwohl die <strong>Sport</strong>wissenschaft erst seit 1962 über e<strong>in</strong> eigenes Promotionsrecht<br />
im Rahmen der Pädagogik bzw. der Philosophischen Fakultät verfügte, konnten bislang<br />
über 200 Promotionen bzw. Habilitationen zu sportwissenschaftlichen Themen <strong>in</strong> <strong>Jena</strong><br />
bzw. von <strong>Jena</strong>er Absolventen <strong>und</strong> Lehrkräften erfasst werden. Zu den ältesten – im<br />
weitesten S<strong>in</strong>ne – sportwissenschaftlichen Themen dürfte die 1681 von Johannes Friedrich<br />
Dürr e<strong>in</strong>gereichte Arbeit mit dem Titel „Veterum gymnasium athleticum“ gehören. Ab<br />
1900 nahmen dann vor allem mediz<strong>in</strong>isch geprägte Dissertationen, wie die 1898 von<br />
Gustav Salomon „Über Messung <strong>und</strong> Wägung von Schulk<strong>in</strong>dern <strong>und</strong> deren praktische<br />
Konsequenzen für die Lösung e<strong>in</strong>iger hygienischer Schulfragen“ zahlenmäßig zu. Im<br />
Zuge der Reformpädagogik spielten ab 1920 vor allem pädagogische Fragestellungen<br />
zunehmend e<strong>in</strong>e Rolle, wie die Dissertation von Johannes Wolf zu „Leibesübungen<br />
oder Werkarbeit? Zur Reform der körperlichen Erziehung unserer Jugend durch die<br />
Schule“ zeigt. Die <strong>Sport</strong>wissenschaft, wie wir sie heute verstehen, hatte es schwer sich<br />
zu artikulieren, da erst 1934 mit der Gründung des Instituts für Leibesübungen e<strong>in</strong>e<br />
Heimstadt für wissenschaftliche Arbeiten entstand. Bereits seit 1910 s<strong>in</strong>d Bemühungen<br />
an der <strong>Jena</strong>er Universität bekannt, e<strong>in</strong>e akademische Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrerausbildung<br />
zu <strong>in</strong>stallieren. So hatten die studentischen Verb<strong>in</strong>dungen des Vertreter Convents<br />
(VC) <strong>Jena</strong>, die Turnerschaft Salia <strong>und</strong> der Akademische Turnvere<strong>in</strong> Gothania von der<br />
Universitätsleitung die E<strong>in</strong>richtung von zweisemestrigen Turnlehrerkursen gefordert<br />
<strong>und</strong> mit dem geprüften Turnlehrer Christian Schröder von der Oberrealschule e<strong>in</strong>en<br />
Fachmann gef<strong>und</strong>en, der die Ausbildung übernehmen wollte. Im Sommersemester des<br />
gleichen Jahres organisierten die Studenten dann mehr oder weniger ohne Unterstützung<br />
der Universität mit 31 Teilnehmern e<strong>in</strong>en Kurs zur „E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Volks- <strong>und</strong><br />
Jugendspiele <strong>und</strong> volkstümliche Übungen“. Die erfolgreiche Teilnahme daran war die<br />
Voraussetzung, an e<strong>in</strong>er akademischen Ausbildung teilnehmen zu dürfen. Erst e<strong>in</strong> Jahr<br />
später, am 18. Oktober 1911, beschloss die großherzogliche Regierung <strong>in</strong> Weimar, mit<br />
der sofortigen Ausbildung von Turnlehrern zu beg<strong>in</strong>nen. Der erste Ausbildungslehrgang<br />
über e<strong>in</strong> Semester hatte da bereits begonnen. Lehrgangsleiter war der als Turnlehrer<br />
ausgebildete Gymnasiallehrer Dr. Hugo Schlensog. Der Lehrer der Oberrealschule,<br />
Adolf Hamberger, unterstützte die Ausbildung als Nebenamtler <strong>in</strong> den Fächern Turnen,<br />
Gerätek<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Wandern. Dieser Lehrgang ist der historische Ausgangspunkt für die<br />
heutige Entwicklung der <strong>Sport</strong>wissenschaft an der <strong>Jena</strong>er Universität, die damit im<br />
Oktober 2011 „100 Jahre Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrerausbildung“ feiern kann.<br />
51
Adolf Hamberger gehörte von 1911 bis 1945 zu den „Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer-Ausbildern“, hier 1942<br />
vorn rechts sitzend, im Kreise der Assistent<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Assistenten aller Institute für Leibesübungen<br />
beim Reichsprüfungslehrgang <strong>in</strong> Marburg.<br />
52
E<strong>in</strong> Aussichtsturm auf den Kernbergen<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 14. Oktober 2010 Nr. 207<br />
Die <strong>Jena</strong>er Kernberge s<strong>in</strong>d nicht erst durch den 1977 nach ihnen benannten Lauf<br />
bekannt geworden. Vor 1900 galt der noch weitestgehend unbewaldete Jenzig zwar<br />
noch als der <strong>Jena</strong>er Rigi, die Kernberge aber rückten mit dem Bau der Paradiesbrücke<br />
stärker <strong>in</strong>s städtische Bewusstse<strong>in</strong>. Interessant als Baugelände nutzte nicht nur<br />
Johannes Trüper die Wiesen auf halber Höhe 1892 zur Gründung des „Erziehungsheims<br />
<strong>und</strong> Jugendsanatoriums Sophienhöhe“, sondern es entstand e<strong>in</strong> regelrechtes<br />
Villenviertel. Analog den anderen Bergen um <strong>Jena</strong> sollten auch die Kernberge e<strong>in</strong>en<br />
Aussichtsturm erhalten. 1900 wurde deshalb die Kernberggesellschaft gegründet; sie<br />
plante den Bau des Turmes <strong>und</strong> sammelte dafür Geld. Sogar e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>stück wurde<br />
erworben. Der Vere<strong>in</strong> kümmerte sich auch um die Unterhaltung bzw. die Neuanlage<br />
von Wanderwegen, so auch der Horizontale. Warum es noch nicht zum Turmbau<br />
kam, ist nicht genau überliefert; der Erste Weltkrieg <strong>und</strong> die sich <strong>in</strong> der Folge stark<br />
verschlechternde wirtschaftliche Lage werden sicher dazu beigetragen haben. Mit<br />
der E<strong>in</strong>weihung der Universitätsturnhalle mit Landesturnanstalt (Muskelkirche) 1929<br />
rückten die Kernberge noch stärker <strong>in</strong>s Interesse, besonders unter den Studenten.<br />
Die Universitätsturnhalle diente sowohl der Ausbildung der Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer als<br />
auch dem Pflichtsport aller Studierenden. Läufe auf die Kernberge wurden zum festen<br />
Ritual. Nach der Machtergreifung durch die NSdAP 1933 wurde der Studentensport<br />
stark militarisiert <strong>und</strong> <strong>in</strong> den Kernbergen fanden regelmäßig Geländesportwettkämpfe<br />
statt. So ist für das Universitätssportfest 1934 e<strong>in</strong> Erk<strong>und</strong>ungslauf über 16 km von der<br />
Landesturnanstalt über die Kernberge, den Johannisberg, die Lobdeburg, weiter bei<br />
Burgau durch die Saale <strong>und</strong> zurück zur Landesturnanstalt belegt. Die Siegermannschaft<br />
benötigte für die anspruchsvolle Strecke 1:58:37. Der erste Institutsdirektor des<br />
Instituts für Leibesübungen, welches sich seit 1934 <strong>in</strong> der Muskelkirche befand,<br />
liebte es, die Studenten e<strong>in</strong>e Geröllhalde an den Hängen der Kernberge, die<br />
sogenannte „Studentenrutsche“, h<strong>in</strong>auf bzw. h<strong>in</strong>ab zu jagen. Ab 1937 fanden auf den<br />
Kernbergen Segelfluglehrgänge des „<strong>Sport</strong><strong>in</strong>stituts“ statt. Nach Beg<strong>in</strong>n des Zweiten<br />
Weltkrieges bekamen die Kernberge e<strong>in</strong>e militärische Bedeutung. Zum Schutz vor<br />
Fliegerangriffen wurden auf e<strong>in</strong>igen Bergen r<strong>in</strong>gs um <strong>Jena</strong> Flakgeschütze aufgestellt.<br />
Diese Stellungen wurden durch die „Heimatflakabteilungen“ besetzt. Zu diesen<br />
gehörten als Mannschaften <strong><strong>Jena</strong>s</strong> Gymnasiasten. Als 1943 das Realgymnasium (Adolph-<br />
Reichwe<strong>in</strong>-Schule) zu e<strong>in</strong>em Lazarett umgewandelt wurde, zogen die Jungs <strong>in</strong>s Lyzeum<br />
(Grete-Unre<strong>in</strong>-Schule) um <strong>und</strong> hatten im Wechsel mit den Mädchen Unterricht. Bei<br />
Fliegeralarm mussten sie auf schnellstem Wege auf den Steiger bzw. die Ammerbacher<br />
Platte zur Flakstellung. Der Zeitverlust für die schulischen Belange war durch immer<br />
häufigere Alarme so groß, dass man bald den Unterricht <strong>in</strong> Baracken <strong>in</strong> der Nähe der<br />
Flakbatterien verlegte. Von der Ammerbacher Platte zog e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit auf die Kernberge,<br />
wo das geübte Auge heute noch Reste e<strong>in</strong>er Geschützstellung <strong>und</strong> die F<strong>und</strong>amente<br />
e<strong>in</strong>er Baracke ausmachen kann. Der Kriegsverlauf wurde durch diese Geschütze kaum<br />
bee<strong>in</strong>flusst, überflogen doch die amerikanischen <strong>und</strong> englischen Bomber, die nur ca.<br />
8-9 km hoch schießende 8,8cm Flak. Eberhard Krug <strong>und</strong> Klaus Jakob gehörten zu den<br />
wenigen heute noch lebenden Flakhelfern, die als Schüler auf den Bergen r<strong>in</strong>gs um<br />
<strong>Jena</strong> tags <strong>und</strong> nachts Dienst schieben mussten. <strong><strong>Jena</strong>s</strong> ältester aktiver Ausdauerläufer,<br />
53
Eugen Ha<strong>in</strong>le<strong>in</strong>, der selber nicht zur Heimatflak gehörte, stiftete bereits vor Jahren e<strong>in</strong>e<br />
Bank zur Er<strong>in</strong>nerung an se<strong>in</strong>e Klassenkameraden, die auf den Kernbergen Kriegsdienst<br />
taten. Im Frühjahr wurde diese Bank durch e<strong>in</strong>e Spende der Kernberglauforganisatoren<br />
erneuert <strong>und</strong> dient heute e<strong>in</strong>igen Fußballfans bei schönem Wetter als „Tribünen-<br />
Platz“ bei Spielen des FC Carl Zeiss <strong>Jena</strong>. Zu Zeiten des legendären Tra<strong>in</strong>ers des FC,<br />
Georg Buschner, war es e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit, dass pro Woche m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gse<strong>in</strong>heit, angeführt von den Tra<strong>in</strong>erassistenten Manfred Dressler oder Paul<br />
Dern, bis auf die Kernberge führte. Die Spielergebnisse von damals sprechen e<strong>in</strong>e<br />
eigene Sprache aber das ist e<strong>in</strong>e andere <strong>Geschichte</strong>.<br />
Die Flakbaracke auf der Ammerbacher Platte mit<br />
Gymnasiasten <strong>in</strong> Dienstuniform der Heimatflak.<br />
54
FW 44 Stieglitz für die Uni<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 29. September 2008 Nr. 110<br />
Karl Geisbe ist der e<strong>in</strong>zige noch lebende Mitarbeiter des heutigen Instituts für<br />
<strong>Sport</strong>wissenschaft aus der Vorkriegszeit. 1911 <strong>in</strong> Soest geboren, war der gelernte<br />
Autoschlosser ab 1936 als Fluglehrer beim Hochschul<strong>in</strong>stitut für Leibesübungen an<br />
der Universität <strong>in</strong> Münster tätig. Im Rahmen der Aufrüstung <strong>und</strong> Kriegsvorbereitung<br />
im Dritten Reich mussten alle <strong>Sport</strong>studenten e<strong>in</strong>e Segelflugausbildung absolvieren.<br />
Damit sollten sie <strong>in</strong> die Lage versetzt werden, später als Lehrer ihre Schüler für den<br />
Flugsport <strong>und</strong> <strong>in</strong>direkt für e<strong>in</strong>e Pilotenlaufbahn bei der Luftwaffe zu begeistern. Nach<br />
Kriegsbeg<strong>in</strong>n im September 1939 wurde Geisbe geme<strong>in</strong>sam mit se<strong>in</strong>em Chef Franz<br />
Henn<strong>in</strong>g an die <strong>Jena</strong>er Universität überstellt, die zu den fünf Kriegsuniversitäten<br />
gehörte, an denen der Lehrbetrieb aufrechterhalten worden war. Mit Henn<strong>in</strong>g war er<br />
am Aufbau des Universitätsflugplatzes <strong>in</strong> Schöngle<strong>in</strong>a beteiligt, musste aber als guter<br />
Segelfluglehrer bald zu e<strong>in</strong>er Spezialausbildungse<strong>in</strong>heit der Luftwaffe. Hier gehörte<br />
er zu den Fluglehrern, die Piloten für den E<strong>in</strong>satz der Me 321, dem größten damals<br />
serienmäßig gefertigten Lastenflieger der Welt, ausbildeten. Die Me 321 hatte e<strong>in</strong>e<br />
Flügelspanne von fast 100m, konnte durch e<strong>in</strong>e Bugladeklappe e<strong>in</strong>en ganzen LKW mit<br />
Mannschaft <strong>und</strong> Ausrüstung aufnehmen <strong>und</strong> war für die Invasion auf England entwickelt<br />
worden. Hier kam sie jedoch nicht zum E<strong>in</strong>satz, da die Invasion nicht stattfand. Später<br />
wurde das Flugzeug im sogenannten Russlandfeldzug e<strong>in</strong>gesetzt, um e<strong>in</strong>gekesselte<br />
Truppen zu versorgen. Mit sechs Motoren aufgerüstet gab es dann noch E<strong>in</strong>sätze <strong>in</strong><br />
Afrika. Im November 1943 wurde Karl Geisbe vom Wehrmachtsdienst freigestellt, um<br />
für Prof. Dr. He<strong>in</strong>rich Siedentopf von der <strong>Jena</strong>er Universität als Pilot <strong>in</strong> Schöngle<strong>in</strong>a<br />
tätig zu werden. Ende 1944 / Anfang 1945 erhielt er von Siedentopf, der fest an den<br />
Endsieg glaubte <strong>und</strong> vor allem für Zeiss zu Fragen der Nutzung von Objektiven für die<br />
Luftaufklärung forschte, den Auftrag e<strong>in</strong>en W<strong>in</strong>dkanal zu bauen, was aber auf Gr<strong>und</strong><br />
des Vormarsches der Amerikaner nicht mehr zur Ausführung kam. Der Flugplatz <strong>und</strong> alle<br />
Flugzeuge gehörten zum Hochschul<strong>in</strong>stitut für Leibesübungen, dem heutigen Institut<br />
für <strong>Sport</strong>wissenschaft. Alle zwölf Segelflugzeuge, darunter e<strong>in</strong> Hochleistungssegler<br />
vom Typ Condor III, verbrannten ebenso wie e<strong>in</strong>ige Motorflugzeuge (darunter die<br />
aus Gotha stammende zweimotorige GO 80 von Siedentopf) als die Amerikaner sich<br />
Schöngle<strong>in</strong>a näherten bei e<strong>in</strong>em Schusswechsel. Die Amerikaner zogen weiter <strong>in</strong><br />
Richtung Hermsdorf. Wenige Tage später floh Geisbe mit se<strong>in</strong>er Frau auf Fahrrädern<br />
zurück nach Soest <strong>in</strong> Westfalen, wo er noch heute lebt. Erst mit 90 Jahren war er noch<br />
e<strong>in</strong>mal nach Schöngle<strong>in</strong>a gekommen <strong>und</strong> zwar als Segelflieger.<br />
55
E<strong>in</strong>es der wenigen Farbfotos <strong>in</strong> der Sammlung des USV, hier von der FW 44 Stieglitz, aus der<br />
Zeit vor 1945 stammt aus Schöngle<strong>in</strong>a. Es wurde mit Fotomaterial aufgenommen, welches Prof.<br />
Siedentopf für Kriegsforschung zur Verfügung hatte.<br />
56
Robert Mailands Aufruf als Startschuss<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung vom 20. Februar 2009 Nr. 124<br />
Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges hatten die Alliierten im Mai 1945 alle<br />
<strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>e <strong>und</strong> jeden <strong>Sport</strong>betrieb verboten. Als e<strong>in</strong>en Gr<strong>und</strong> dafür darf man<br />
annehmen, dass der gleichgeschaltete <strong>Sport</strong> vormals vom Naziregime zur Verbreitung<br />
se<strong>in</strong>er Ideologie missbraucht worden war. Ende 1945 erschien dann <strong>in</strong> den <strong>Jena</strong>er<br />
Zeitungen e<strong>in</strong> Aufruf des <strong>Sport</strong>warts Robert Mailand zur Neukonstituierung des <strong>Sport</strong>s<br />
auf kommunaler Ebene. Alle <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>ler die wieder mitmachen wollten, sollten<br />
sich registrieren lassen. Unterschrieben ist dieser Aufruf von Vertretern mehrerer <strong>Jena</strong>er<br />
Vere<strong>in</strong>e, nicht aber vom VfB <strong>Jena</strong>, dem ideellen Vorläufer des USV <strong>Jena</strong>. E<strong>in</strong>en engeren<br />
Bezug zur Uni hatte der Turnwart Richardt Pippardt vom Turnvere<strong>in</strong> <strong>Jena</strong>, der vor 1933<br />
e<strong>in</strong>e akademische Abteilung mit e<strong>in</strong>er Fechtsparte führte <strong>und</strong> dessen <strong>Sport</strong>halle <strong>in</strong> der<br />
Lutherstraße später die Universität übernahm. Nachdem im Herbst 1945 die Universität<br />
mit dem Lehrbetrieb begonnen hatte, g<strong>in</strong>gen im folgenden Frühjahr mehrere Studenten<br />
auf Suche nach nutzbaren <strong>Sport</strong>stätten. Mit relativ wenig Aufwand ließ sich der<br />
ehemalige Fußballplatz des VfB <strong>in</strong> der Oberaue wieder herrichten. Bereits im Frühjahr<br />
1946 trafen sich Studenten hier zum Fußballtra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Im Mai 1946 wurde beim Aufbau<br />
der studentischen Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften, dem Vorläufer des Studentenrates auch<br />
die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Arbeitskreises für <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel e<strong>in</strong>geplant, welcher „…die<br />
Schaffung von <strong>Sport</strong>möglichkeiten auch <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit örtlichen <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>en…“<br />
prüfen <strong>und</strong> <strong>in</strong> die Praxis umsetzen sollte. Der erste Leiter dieses Arbeitskreises für<br />
<strong>Sport</strong> war der Mediz<strong>in</strong>student He<strong>in</strong>z Lorenz. Im Herbst 1946 wurde He<strong>in</strong>z Domdey<br />
als Leiter des Arbeitskreises <strong>Sport</strong> von der Universitätsleitung bestätigt. Er wurde vom<br />
Rektor autorisiert, <strong>in</strong> Sachen <strong>Sport</strong> mit allen öffentlichen Körperschaften verhandeln zu<br />
dürfen. E<strong>in</strong> erster Wettkampf, der unter se<strong>in</strong>er Leitung stand bzw. auf se<strong>in</strong>e Initiative<br />
zurückg<strong>in</strong>g, war die am 3. November 1946 durchgeführte Universitätsmeisterschaft im<br />
Geländelauf, die geme<strong>in</strong>sam mit der <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft „Ernst Abbe“ <strong>in</strong> der Oberaue<br />
organisiert wurde. Über 2.350m gewann He<strong>in</strong>z Domdey selber mit 50 m Vorsprung vor<br />
Bezold <strong>und</strong> Herold (beide Ernst Abbe) sowie Teichmann (Uni). Über 4.800m gewann<br />
se<strong>in</strong> Vorgänger He<strong>in</strong>z Lorenz vor Engelmann <strong>und</strong> Niebergall (beide Ernst Abbe).<br />
Letzterer wurde später e<strong>in</strong>er der besten Mittelstreckler von Motor <strong>Jena</strong>.<br />
Als Resümee für die <strong>Sport</strong>arbeit im W<strong>in</strong>tersemester 1946/47 schrieb Domdey <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>em Bericht an die Universitätsleitung: „Die Tätigkeit des <strong>Sport</strong>kreises begann<br />
im vergangenen W<strong>in</strong>tersemester mit den Universitäts-Waldlaufmeisterschaften.<br />
Anfang Februar wurden <strong>in</strong> Georgenthal Skimeisterschaften durchgeführt, an denen<br />
Vertreter der Universitäten Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Halle teilnahmen. Im Allgeme<strong>in</strong>en scheiterte die<br />
Durchführung des Hallensports an der Hallenfrage.“<br />
57
He<strong>in</strong>z Domdey (im weißen Trikot) nach der ersten R<strong>und</strong>e bei<br />
den 1. Waldlaufmeisterschaften der Universität 1946.<br />
58
Bis zum Verbot durch die Adm<strong>in</strong>istration<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung vom 11. Januar 2009 Nr. 119<br />
In der e<strong>in</strong>schlägigen Fachliteratur zur <strong>Geschichte</strong> des W<strong>in</strong>tersports <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen<br />
werden im Februar 1947 die ersten Hochschulmeisterschaften <strong>in</strong> Deutschland nach<br />
1945 überhaupt angeführt. Danach fanden Wettkämpfe im Torlauf, Abfahrtslauf <strong>und</strong><br />
Spezialsprunglauf statt. In se<strong>in</strong>er Chronik des Skisports <strong>in</strong> der Deutschen Demokratischen<br />
Republik, die als offizielles Standartwerk des Deutschen Skiverbandes gilt, hat Gerd<br />
Falkner noch 2002 diesen Wettkampf angeführt. Seit Jahren suchen die <strong>Sport</strong>historiker<br />
der Friedrich-Schiller-Universität <strong>Jena</strong> nach konkreten Quellen oder Zeitzeugen zu<br />
diesem Wettkampf. In Vorbereitung der Deutschen Hochschulmeisterschaften Sk<strong>in</strong>ordisch,<br />
die Ende Januar 2009 <strong>in</strong> Schmiedefeld am Rennsteig stattfanden, wurden<br />
Fotos im Fotoarchiv des USV aus der Zeit von vor 1950 ausgewertet. Dabei fiel e<strong>in</strong> Foto<br />
auf, bei dem offensichtlich W<strong>in</strong>tersportler mit Startnummern bei e<strong>in</strong>er Siegerehrung<br />
zu sehen s<strong>in</strong>d. Dr. Horst Baacke, e<strong>in</strong>er der Teilnehmer an diesen Wettkämpfen konnte<br />
sich er<strong>in</strong>nern, dass es sich um e<strong>in</strong>en Skilehrgang der Universität <strong>Jena</strong> <strong>in</strong> Georgenthal<br />
gehandelt hat, an dem auch Studierende der Universitäten Berl<strong>in</strong>, Leipzig <strong>und</strong> Halle<br />
teilnahmen. Er hat dazu sogar noch e<strong>in</strong>e Urk<strong>und</strong>e, da er im Abfahrtslauf e<strong>in</strong>en zweiten<br />
Platz belegt hatte. Die Wettkämpfe wurden laut Urk<strong>und</strong>e als Skivergleichskämpfe<br />
der Universitäten Berl<strong>in</strong>, Halle, <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> Leipzig bezeichnet. In Georgenthal fanden<br />
Langläufe <strong>und</strong> Eishockey statt. In Oberhof organisierte e<strong>in</strong> ortsansässiger <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong><br />
Wettkämpfe im Abfahrtslauf, Slalom <strong>und</strong> Skispr<strong>in</strong>gen. Daran nahmen die Studenten teil<br />
<strong>und</strong> führten e<strong>in</strong>e eigene Wertung <strong>und</strong> Siegerehrung durch. Von dieser stammt das Foto.<br />
Unter den Teilnehmern befand sich auch e<strong>in</strong> <strong>Jena</strong>er Student, dem e<strong>in</strong> Unterschenkel<br />
amputiert war, womit der Wettkampf auch e<strong>in</strong>er der ersten Skiwettkämpfe für<br />
Beh<strong>in</strong>derte gewesen ist.<br />
Der Skilehrgang 1947 <strong>in</strong> Georgenthal wurde vom damaligen Studentenrat <strong>und</strong> dem<br />
<strong>Sport</strong>referenten Walter Barton organisiert. Die Universität hatte <strong>in</strong> Georgenthal e<strong>in</strong>e<br />
große Villa als Ferienheim e<strong>in</strong>gerichtet. Die Mehrzahl der <strong>Jena</strong>er Teilnehmer wollte später<br />
<strong>Sport</strong> studieren. Da die Ausbildung von <strong>Sport</strong>lehrern <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> noch nicht genehmigt war,<br />
nutzten sie alle <strong>Sport</strong>angebote, um für den <strong>in</strong> Vorbereitung bef<strong>in</strong>dlichen Studiengang<br />
zu tra<strong>in</strong>ieren.<br />
Der Versuch der <strong>Jena</strong>er Studenten, 1948 offiziell Hochschulmeisterschaften im<br />
W<strong>in</strong>tersport <strong>in</strong> Oberhof zu organisieren, scheiterte an e<strong>in</strong>em Verbot durch die<br />
Sowjetische Militäradm<strong>in</strong>istration, die überregionale Studentenwettkämpfe nicht<br />
genehmigte. Erst im Februar 1949 gelang es dann, offizielle Hochschulmeisterschaften<br />
im W<strong>in</strong>tersport der Ostzone <strong>in</strong> Oberhof durchzuführen.<br />
59
Siegerehrung 1947 für den Abfahrtslauf. Mit der Startnummer 18 Horst Baacke auf Platz zwei.<br />
60
Schokoweihnachtsmänner aus dem Westen<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 17. Dezember 2009 Nr. 164<br />
Als am 7. Dezember 1949 e<strong>in</strong>e Fußball- <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Handballmannschaft der<br />
Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft zum Rückspiel <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen weilten, war dies <strong>in</strong>nerhalb<br />
von nur vier Wochen der zweite offizielle Wettkampf zwischen Uni-Mannschaften<br />
der BRD <strong>und</strong> der DDR. Reichlich e<strong>in</strong>en Monat vorher, kurz nach Gründung der DDR,<br />
hatte der H<strong>in</strong>kampf im <strong>Jena</strong>er Universitätssportzentrum stattgef<strong>und</strong>en. Dass dies ke<strong>in</strong><br />
Zufall war, lag an e<strong>in</strong>er Tagung des Weltjugendverbandes <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. Dem sportlichen<br />
Wettbewerb wurde e<strong>in</strong> hoher Stellenwert e<strong>in</strong>geräumt, waren die <strong>Sport</strong>kontakte <strong>in</strong><br />
Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg doch nur sehr langsam wieder <strong>in</strong> Gang<br />
gekommen. Es dauerte bis Ende 1946, bis <strong>in</strong> den Besatzungszonen sportliche<br />
Wettbewerbe organisiert werden konnten. Während <strong>in</strong> den Westzonen danach schnell<br />
demokratisch legitimierte <strong>Sport</strong>strukturen entstanden, wurde <strong>in</strong> der Sowjetischen<br />
Besatzungszone erst Ende 1948 staatlich geregelt, dass <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften von<br />
der E<strong>in</strong>heitsgewerkschaft FDGB bzw. der zentralen Jugendorganisation FDJ gegründet<br />
werden durften. Der 1948 im „Westen“ <strong>in</strong> Bayrisch Zell gegründete Vorläufer des<br />
Allgeme<strong>in</strong>en Deutschen Hochschulsportverbandes stand lose <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit den<br />
Studentenräten <strong>und</strong> deren <strong>Sport</strong>referaten <strong>in</strong> der Ostzone, diese erhielten aber von der<br />
Sowjetischen Militäradm<strong>in</strong>istration ke<strong>in</strong>e Passiersche<strong>in</strong>e für studentische Wettkämpfe<br />
im „Westen“. Dies änderte sich schlagartig nach Gründung der DDR. Der neue Staat<br />
war von der ersten M<strong>in</strong>ute an bestrebt, se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternationale Anerkennung auch mit<br />
Hilfe des <strong>Sport</strong>s zu erreichen. Die DDR, fest unter Kontrolle der stal<strong>in</strong>istischen Politik<br />
der Sowjetunion, wurde von der westlichen Welt nicht anerkannt <strong>und</strong> lediglich die<br />
BRD als legitimer Nachfolger des Deutschen Reiches angesehen. Durch sportliche<br />
Wettkämpfe zwischen Ost <strong>und</strong> West sollte bei gleichzeitiger Aufwertung der DDR auch<br />
noch der Zusammenhalt Deutschlands im <strong>Sport</strong> nachgewiesen werden. Wie hoch<br />
die Fußball- <strong>und</strong> Handballspiele der Uni <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> Gött<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>geschätzt wurden,<br />
konnte man <strong>in</strong> der FDJ-Studentenzeitung „Forum“ lesen. So, dass die Gäste die<br />
Gelegenheit hatten, „… Ausschnitte aus dem Leben <strong>in</strong> der DDR mit eigenen Augen zu<br />
sehen. Sie besichtigten mit großem Interesse den volkseigenen Betrieb Schott, <strong>in</strong> dem<br />
das bekannte <strong>Jena</strong>er Glas hergestellt wird, <strong>und</strong> sahen, dass Schott, ebenso wie das<br />
Zeisswerk, längst wieder <strong>in</strong> drei Schichten auf vollen Touren arbeitet. … Anschließend<br />
waren die Gött<strong>in</strong>ger Kommilitonen noch Gäste e<strong>in</strong>er FDJ-Veranstaltung <strong>in</strong> der Mensa<br />
<strong>und</strong> erhielten hier e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die politischen Aktivitäten der Studentenschaft im<br />
Rahmen der FDJ.“ Im Thür<strong>in</strong>ger Volk, der <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> ersche<strong>in</strong>enden Zeitung, stand u. a.:<br />
„Das Ersche<strong>in</strong>en der Gött<strong>in</strong>ger Fußballer ist nach der Konstituierung der DDR der Auftakt<br />
e<strong>in</strong>er fruchtbaren Epoche sportkameradschaftlicher Zusammenarbeit <strong>und</strong> damit e<strong>in</strong><br />
spürbarer Schlag gegen die westdeutschen Spaltungspolitiker.“ Vor 2.500 Zuschauern<br />
verloren die <strong>Jena</strong>er Studenten knapp 1:2. Die Rückspielergebnisse aus Gött<strong>in</strong>gen s<strong>in</strong>d<br />
nicht bekannt, aber e<strong>in</strong>e starke Delegation aus <strong>Jena</strong> wurde <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen fre<strong>und</strong>schaftlich<br />
empfangen <strong>und</strong> betreut. Zu der relativ leistungsstarken <strong>Jena</strong>er Handballmannschaft,<br />
gehörte neben Erich Blum, Manfred Dressler <strong>und</strong> He<strong>in</strong>z Plotzki auch Paul Dern. Der<br />
<strong>Sport</strong>student Paul Dern, der als Mittelstreckenläufer zu dieser Zeit ganz erfolgreich<br />
war, kam von der starken Handballmannschaft aus Gera-Untermhaus. Er nutzte wie<br />
e<strong>in</strong>ige andere die <strong>Sport</strong>fahrt nach Gött<strong>in</strong>gen, um für das bevorstehende Weihnachtsfest<br />
61
e<strong>in</strong>zukaufen. Besonders hatten es ihm Schokoladenweihnachtsmänner angetan, die er<br />
für se<strong>in</strong>e Familie <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e mitbr<strong>in</strong>gen wollte. Da die E<strong>in</strong>fuhr von größeren Mengen<br />
an Schokolade <strong>in</strong> den „Osten“ nicht legal war, versteckte er die Weihnachtsmänner<br />
<strong>in</strong> den Ärmeln se<strong>in</strong>es Mantels. Leider vergaß er oder e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er <strong>Sport</strong>fre<strong>und</strong>e dies<br />
<strong>und</strong> lehnte sich so zurück, dass nach gut überstandener Grenzkontrolle nur noch flach<br />
gedrückte Weihnachtsmänner <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> ankamen. Trotzdem erfreuten sie manches<br />
K<strong>in</strong>derherz auf den sonst eher sparsam gedeckten Gabentischen.<br />
Das Foto zeigt die <strong>Jena</strong>er Studentenmannschaft nach dem gewonnen Spiel <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen.<br />
Paul Dern neben dem späteren HSG-Vorsitzenden Gerhard Rauschenbach.<br />
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Wachkommando <strong>in</strong> der Muskelkirche<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 26. Februar 2009 Nr. 125<br />
Ab Frühjahr 1947 wurden die Bed<strong>in</strong>gungen für den <strong>Sport</strong> <strong>in</strong> der Stadt besser,<br />
da die Sowjetische Militäradm<strong>in</strong>istration den kommunalen <strong>Sport</strong>betrieb wieder<br />
zuließ. Im Mai 1947 vere<strong>in</strong>barten Vertreter der Universität <strong>und</strong> der Stadt, wie die<br />
Universitätssportplätze <strong>in</strong> der Oberaue geme<strong>in</strong>sam genutzt werden könnten. Von der<br />
Uni war bei diesen Gesprächen auch der <strong>Sport</strong>referent des Studentenrates Walter<br />
Barton <strong>und</strong> Hans Beitz, der die Ausbildung von <strong>Sport</strong>lehrern an der Uni aufbauen<br />
sollte, dabei. Die Stadt vertrat e<strong>in</strong> Herr Noske vom <strong>Sport</strong>amt, <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Herr He<strong>in</strong>tz war<br />
für die <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft Schott mit anwesend. Die Studentenschaft verwies bereits<br />
damals darauf, dass der <strong>Sport</strong> der Studenten auf den eigenen Anlagen das Vorrecht<br />
haben müsse. E<strong>in</strong> Streitpunkt, der sich fast bis <strong>in</strong> die Gegenwart h<strong>in</strong>zog <strong>und</strong> erst 2005<br />
gelöst wurde. E<strong>in</strong> Nutzungsvertrag für die Universitätssportstätten mit e<strong>in</strong>er Dauer<br />
von fünf Jahren wurde vere<strong>in</strong>bart. Der Zustand der Anlagen <strong>in</strong> der Oberaue wurde wie<br />
folgt beschrieben: „Die Gebäude seien völlig ausgeräumt <strong>und</strong> ausgeschlachtet. Die<br />
Platzanlagen ließen sich aber mit 12 – 15 Mann <strong>in</strong> 3 – 4 Wochen wieder herstellen.“<br />
Noch schlimmer sah es bei e<strong>in</strong>er Besichtigung der Landesturnanstalt (Muskelkirche)<br />
aus. Dabei wurde festgestellt, dass das Gebäude, welches vorher als Kaserne e<strong>in</strong>er<br />
sowjetischen Militäre<strong>in</strong>heit gedient hatte, nur noch von e<strong>in</strong>em Wachkommando belegt<br />
sei. Sämtliche E<strong>in</strong>richtungsgegenstände, Beleuchtungskörper, Türschlösser, Drücker,<br />
Abort- <strong>und</strong> Waschbecken s<strong>in</strong>d stark beschädigt oder nicht mehr vorhanden. Das<br />
L<strong>in</strong>oleum wurde <strong>in</strong> fast allen Räumen entfernt, ebenso alle elektrischen Leitungen. Hans<br />
Beitz, der damals Vorsitzender e<strong>in</strong>er CDU-Gruppe war, sollte im Auftrage des Rektors die<br />
Wiederherstellung der Landesturnanstalt <strong>und</strong> der <strong>Sport</strong>lehrerausbildung koord<strong>in</strong>ieren,<br />
was aber vorerst nicht zustande kam, da die Gebäude der Landesturnanstalt durch die<br />
neu gegründete „Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät“ übernommen wurde.<br />
Unter Leitung des <strong>Sport</strong>referenten Walter Barton (ab 1948 von Wolfgang Möhr<strong>in</strong>g)<br />
wurde der Studentensport <strong>in</strong> Selbstverwaltung ständig ausgebaut. Nach den ersten<br />
Universitätsmeisterschaften <strong>in</strong> der Leichtathletik organisierte Möhr<strong>in</strong>g im Sommer 1947<br />
den Neuaufbau e<strong>in</strong>er Schach- <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Tischtennisgruppe. Der <strong>Sport</strong> als universitäre<br />
Institution konnte allerd<strong>in</strong>gs nur im Rahmen der Sozialpädagogischen Fakultät<br />
betrieben werden. Andere Fakultäten verweigerten teilweise jede Unterstützung, wie<br />
z. B. Freistellungen von Studenten für Wettkämpfe <strong>und</strong> Turniere. Besonders aktiv waren<br />
die Studenten-Fußballer <strong>und</strong> die Handballmannschaft, deren Spieler aber teilweise<br />
identisch waren. Nach <strong>und</strong> nach wurde über das <strong>Sport</strong>referat des Studentenrates der<br />
ganze studentische <strong>Sport</strong>betrieb an der Universität gesteuert, was nicht immer auf<br />
Gegenliebe bei den SED-Landesbehörden stieß, da der <strong>Sport</strong>referent Mitglied der<br />
Liberaldemokratischen Partei war.<br />
63
Die Uni-Handballer 1948 zu Gast <strong>in</strong> Kahla: 2.v.l. Wolfgang Möhr<strong>in</strong>g,<br />
4.v.r. der erfolgreiche Leichtathlet Horst Götze.<br />
64
Gymnastik mit pädagogischer Bedeutung<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 29. Juli 2009 Nr. 145<br />
Der Reformpädagoge Peter Petersen, der Anfang der 1920er Jahre an die <strong>Jena</strong>er Uni<br />
berufen wurde <strong>und</strong> auf den das „<strong>Jena</strong>plan-Schulmodell“ zurückgeht, hatte mit Beg<strong>in</strong>n<br />
se<strong>in</strong>er Tätigkeit Turnen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Konzept verankert. Zeitweilig wandte er<br />
sich besonders verschiedenen Gymnastikformen zu, die eng zu se<strong>in</strong>en Reformideen<br />
passten. Bereits im Sommersemester 1925 wurde vom Universitäts- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer<br />
Hermann Eitel e<strong>in</strong> „Turnkurs für Lehrer an den Volksschulen“ gehalten <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Kurs für<br />
Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Rhythmischer Gymnastik ist ebenfalls nachgewiesen. In der von Petersen<br />
herausgegebenen Zeitschriftenreihe „Die akademische Lehrerbildung der Universität<br />
<strong>Jena</strong>“ s<strong>in</strong>d solche Artikel wie: „Rhythmische Gymnastik <strong>in</strong> pädagogischer Bedeutung“,<br />
„Die Rhythmik im K<strong>in</strong>dergarten“ <strong>und</strong> „Die Rhythmik <strong>in</strong> der Lehrerbildung“ zu f<strong>in</strong>den.<br />
Zu den Studenten von Peter Petersen gehörte auch Walter Wurzler, der von 1935 –<br />
37 se<strong>in</strong>e Ausbildung am Pädagogischen Institut als Volksschullehrer <strong>in</strong> den Fächern<br />
Leibesübungen, <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Geographie absolvierte.<br />
Bereits vor der Wiedereröffnung der Uni nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt Petersen<br />
im Juli 1945 vom Landesverwaltungsamt Thür<strong>in</strong>gen den Auftrag zur Gründung e<strong>in</strong>er<br />
Sozialpädagogischen Fakultät. In dem Zusammenhang sollte er auch die Verwaltung<br />
des Gebäudes des ehemaligen Hochschul<strong>in</strong>stituts für Leibesübungen (der sogenannten<br />
Muskelkirche) übernehmen, sobald diese von den russischen Besatzungstruppen<br />
geräumt sei. Petersen zog zwei se<strong>in</strong>er Vorkriegsabsolventen: Hildegard Nußbaumer <strong>und</strong><br />
Walter Wurzler heran, um an der Erziehungswissenschaftlichen Anstalt Turnunterricht<br />
für zukünftige Lehrer unterrichten zu können. Wurzler hatte bereits Anfang 1946 vom<br />
Rektor den Auftrag erhalten, die Gründung e<strong>in</strong>es „<strong>Sport</strong><strong>in</strong>stituts“ vorzubereiten, was<br />
allerd<strong>in</strong>gs von der Sowjetischen Militäradm<strong>in</strong>istration (SMA) untersagt worden war <strong>und</strong><br />
ihm noch im gleichen Jahr die Entlassung drohte. H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> war die „Re<strong>in</strong>igung“<br />
des Uni-Personals von sogenannten „Nazis“ <strong>und</strong> Offizieren, <strong>und</strong> Wurzler war als<br />
Hochschulabsolvent <strong>in</strong> den letzten Kriegsjahren Offizier <strong>in</strong> der Wehrmacht gewesen.<br />
Prof. Petersen stellte sich schützend vor se<strong>in</strong>en Studenten <strong>und</strong> stellte ihn offiziell als<br />
„Hilfsarbeiter“ an se<strong>in</strong>em Institut an, ließ <strong>in</strong> aber als Turnlehrer arbeiten. Aus dieser<br />
Zeit stammen auch e<strong>in</strong>e Reihe Fotos, die sich im USV-Fotoarchiv bef<strong>in</strong>den <strong>und</strong> Peter<br />
Petersen zeigen. Nachdem Wurzler als „unbedenklich“ im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er faschistischen<br />
Vergangenheit rehabilitiert worden war, begann er im W<strong>in</strong>tersemester 1948/49<br />
als Ausbilder für die Unterstufenlehrer <strong>in</strong> der Pflichtfachkomb<strong>in</strong>ation Zeichnen /<br />
Leibesübungen. Zu Letzterem gehörten folgende Ausbildungsbestandteile: Methodik<br />
des Schulturnens, der Spiele, der Leichtathletik <strong>und</strong> des Schwimmens <strong>und</strong> zwei<br />
St<strong>und</strong>en schulpraktische Übungen. 14 Studenten <strong>und</strong> 9 Student<strong>in</strong>nen schrieben sich<br />
für diese Ausbildung e<strong>in</strong>. Aus dieser Keimzelle entwickelte sich bis 1951 das Institut<br />
für Körpererziehung, wo Walter Wurzler dann als Dozent <strong>in</strong> der <strong>Sport</strong>pädagogik <strong>und</strong><br />
zeitweilig amtierender Direktor bis 1961 tätig war.<br />
Der im April 2009 mit Prof. Dr. Ralf Sygusch neu besetzte Lehrstuhl für <strong>Sport</strong>pädagogik<br />
des Instituts für <strong>Sport</strong>wissenschaft kann sich heute darauf berufen, dass se<strong>in</strong>e Wurzeln<br />
bis zu Petersen zurückreichen.<br />
65
Zu Prof. Peter Petersen 65. Geburtstag, am 26. Juni 1949 gab es im Hof der Universitäts-<br />
Übungsschule e<strong>in</strong>e große Geburtstagsfeier. Auf dem Foto ist das Kollegium der Übungsschule mit<br />
Peter Petersen (4.v.r.), l<strong>in</strong>ks daneben Walter Wurzler.<br />
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Wie der USV <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>st gegründet wurde<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 15. April 2009 Nr. 130 (doppelt vergeben)<br />
Am 13. April 1949 wurde <strong>in</strong> der Mensa am Philosophenweg die Hochschulsport-ge-<br />
me<strong>in</strong>schaft an der Uni <strong>Jena</strong> gegründet. Die Gründungsversammlung war hoch<br />
angeb<strong>und</strong>en. Sowohl vom Deutschen <strong>Sport</strong>ausschuss (DS) aus Berl<strong>in</strong>, vom Landessportausausschuss<br />
<strong>und</strong> vom Stadtausschuss waren Vertreter eigens gekommen, um<br />
dafür zu sorgen, dass die Veranstaltung nicht aus dem Ruder lief. Die von Berl<strong>in</strong> im<br />
Herbst 1948 ausgegebene Verordnung sollte umgesetzt werden, dass auch an den<br />
Universitäten nur noch Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaften BSG’n für den <strong>Sport</strong> zuständig<br />
seien. Während andere, wie z. B. Schott <strong>und</strong> Zeiss aus bereits bestehenden<br />
<strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften (SG) ziemlich nahtlos gegründet worden waren, gab es bei<br />
der Uni bisher ke<strong>in</strong>e SG. Der <strong>Sport</strong> wurde vom <strong>Sport</strong>referat des Studentenrates <strong>in</strong><br />
studentischer Selbstverwaltung organisiert. Da aber im Studentenrat <strong>und</strong> hier vor<br />
allem im <strong>Sport</strong>referat aus Sicht der Staatspartei SED zu viele bürgerliche Kräfte den<br />
Kurs bestimmten, wurden die <strong>Sport</strong>referate schrittweise entmachtet.<br />
Im April 1948 hatte <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Konferenz der <strong>Sport</strong>referenten der Sowjetischen<br />
Besatzungszone stattgef<strong>und</strong>en. Hermann Axen, damals führender FDJ-Vertreter, wurde<br />
von den <strong>Sport</strong>referenten angegriffen, da die FDJ nicht <strong>in</strong> der Lage war, den <strong>Sport</strong><br />
an den Hochschulen weiterzuentwickeln. Die <strong>Sport</strong>referenten betonten die Freiheit<br />
des Hochschulsports von jeder politischen E<strong>in</strong>flussnahme. Die <strong>Sport</strong>referenten aus<br />
Weimar, <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> Halle wendeten sich offen gegen jede parteipolitische oder FDJ-<br />
Bevorm<strong>und</strong>ung. Axen bezeichnete die <strong>Sport</strong>referenten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bericht mehrheitlich<br />
als Mitglieder der Liberal Demokratischen Partei. Er schrieb <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Bericht zu dieser<br />
Tagung „…dass der gesamte Studentensport völlig unkontrolliert an den Hochschulen<br />
<strong>in</strong> reaktionären Händen liegt.“<br />
Der damalige <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>referent Wolfgang Möhr<strong>in</strong>g, der den Hochschulsport <strong>in</strong> zehn<br />
verschiedenen <strong>Sport</strong>arten mit e<strong>in</strong>em beachtlichen Übungs- <strong>und</strong> Wettkampfbetrieb<br />
koord<strong>in</strong>ierte, war tatsächlich Vorsitzender der zahlenmäßig starken LDP-<br />
Studentengruppe. Mit dieser hatte Möhr<strong>in</strong>g sich <strong>in</strong> den politischen Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
an der Universität im Jahre 1948, <strong>in</strong> deren Verlauf zwei bürgerliche Rektoren entmachtet<br />
<strong>und</strong> mit Prof. Dr. Otto Schwarz e<strong>in</strong> „roter“ Rektor gewählt wurde, stark für<br />
die Unabhängigkeit der Universität von politischen Entwicklungen e<strong>in</strong>gesetzt. Dies war<br />
auch e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>, warum er am 16. Dezember 1948 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sitzung des Studentenrates<br />
von dessen Vorsitzenden ohne Abstimmung mit folgender Aussage kaltgestellt wurde:<br />
„Ich habe bekanntzugeben, dass gegen Herrn Möhr<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> Diszipl<strong>in</strong>arverfahren<br />
e<strong>in</strong>geleitet worden ist <strong>und</strong> dass für diese Zeit sämtliche akademischen Ämter ruhen.“<br />
Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> war die starke Präsenz von <strong>Sport</strong>funktionären aus zentralen<br />
Leitungen bei der Gründung der HSG verständlich. E<strong>in</strong>geladen zur HSG-Gründung hatte<br />
die Gewerkschaft (FDGB) <strong>und</strong> die FDJ; <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Versuch luden sie sogar schon<br />
für den 10. Februar zur Gründung der HSG e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> Protest des Studentenrates – im<br />
Februar waren wegen Ferien kaum Studenten <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> – sorgte dafür, dass erst zum 13.<br />
April e<strong>in</strong>geladen wurde. Etwa 100 sportlich <strong>in</strong>teressierte Studenten waren gekommen<br />
<strong>und</strong> wählten den Studenten <strong>und</strong> ehemaligen FDGB-Funktionär aus Kahla, Bernhard<br />
Schwalbe, zu ihrem ersten Vorsitzenden. Zehn Sparten, die weitestgehend mit den<br />
67
gleichen Studenten besetzt waren wie vorher im <strong>Sport</strong>referat, wurden gegründet:<br />
Boxen, Fußball, Gymnastik, Handball, Leichtathletik, Schach, Schwimmen, Tennis,<br />
Tischtennis, Turnen, Wassersport <strong>und</strong> W<strong>in</strong>tersport.<br />
<strong>Sport</strong>liche Aktivitäten von Bernhard Schwalbe s<strong>in</strong>d nicht bekannt. Er war auch nur bis 1950 HSG<br />
Vorsitzender. Zeitzeugen s<strong>in</strong>d der Me<strong>in</strong>ung, dass auf diesem Foto von e<strong>in</strong>er <strong>Sport</strong>fahrt nach<br />
Gött<strong>in</strong>gen Schwalbe vorn rechts zu sehen ist.<br />
68
Ruderer als Männer der ersten St<strong>und</strong>e<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 23. April 2009 Nr. 131<br />
Mit 20 Mitgliedern ist die Ruderabteilung im USV e<strong>in</strong>e der Kle<strong>in</strong>sten. Bemerkenswerter<br />
Weise gehört sie aber zu den Gründungsabteilungen, die bereits seit April 1949<br />
besteht. Die Ruderer verfügten damals über vier Skiffs, e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>er, e<strong>in</strong>en Eskimokajak<br />
<strong>und</strong> zwei nicht voll e<strong>in</strong>satzfähige Zweier. Diese gehörten vorher dem Hochschul<strong>in</strong>stitut<br />
für Leibesübungen, welches von der Sowjetischen Militäradm<strong>in</strong>istration aufgelöst<br />
worden war. E<strong>in</strong>ige Boote stammen aus dem Besitz studentischer Verb<strong>in</strong>dungen bzw.<br />
von Privatpersonen <strong>und</strong> befanden sich im noch heute existierenden Ruderbootshaus.<br />
Ab 1948 wurden auf Initiative des Physikstudenten Wolfgang Gutewort die Boote <strong>in</strong><br />
Bad Kösen repariert <strong>und</strong> standen so den ersten Mitgliedern der Abteilung Rudern<br />
der HSG, wie der Vorläufer des USV hieß, ab April 1949 zum Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g zur Verfügung.<br />
Mit Beg<strong>in</strong>n des ersten Lehrganges der Ausbildung von Gr<strong>und</strong>schul-<strong>Sport</strong>lehrern im<br />
Herbst 1949 gab es auch e<strong>in</strong>e theoretische <strong>und</strong> praktische Ruderausbildung an der<br />
Uni. Verschiedene Lehrkräfte versuchten sich <strong>in</strong> dieser <strong>Sport</strong>art, von Hans Beitz bis<br />
Elly Tetschke. Als Übungsleiter tauchte e<strong>in</strong> Georg Uschmann auf, der spätere Direktor<br />
des Haeckelhauses. Nach nicht erwiesenen Erzählungen soll er zum Tra<strong>in</strong>erteam<br />
des deutschen Gold-Ruderachters der Olympischen Spiele von 1936 gehört haben.<br />
Uschmann wurde 1913 <strong>in</strong> Naumburg geboren <strong>und</strong> studierte u. a. 1933/34 <strong>in</strong> <strong>Jena</strong><br />
Zoologie, Botanik <strong>und</strong> Leibesübungen. Ab 1938 wurde er als Hilfsassistent für das<br />
Rudern <strong>und</strong> im Haeckelhaus <strong>in</strong> den F<strong>in</strong>anzunterlagen der Universität geführt. 1939<br />
promovierte er mit dem Thema: „Der morphologische Vervollkommnungsbegriff<br />
bei Goethe <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e problemgeschichtlichen Zusammenhänge“. Da er Mitglied<br />
der NSdAP <strong>und</strong> Offizier im Zweiten Weltkrieg gewesen war, wurde er 1945 bei der<br />
Wiedereröffnung der Universität formell entlassen. Derzeit befand er sich noch <strong>in</strong> der<br />
Kriegsgefangenschaft <strong>in</strong> Russland. Nach se<strong>in</strong>er Rückkehr 1950 wurde er an der Uni im<br />
Haeckelhaus wieder e<strong>in</strong>gestellt. Von 1952 bis 1954 hatte er als e<strong>in</strong>ziger e<strong>in</strong>en Lehrauftrag<br />
für Rudern am Institut für Körpererziehung. Er gehörte bereits 1950 als Steuermann<br />
zum Uni-Ruderteam, welches bei den ersten Thür<strong>in</strong>ger Hochschulmeisterschaften auf<br />
der Saaletalsperre startete. 1951 g<strong>in</strong>gen die HSG-Ruderer bei der Landesspartakiade<br />
der <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>igung Motor <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> auf der Saale mit an den Start. In der Klasse<br />
Jungmannen-Leichtgewicht kam der Gig-Vierer der HSG über 1000m mit Helbig, Voss,<br />
Haller, Weifenbach <strong>und</strong> Steuermann Wosalo auf Rang zwei. Im Oktober 1951 ist die<br />
HSG mit 80 Ruderern <strong>und</strong> Kanuten an e<strong>in</strong>em Abrudern auf der Saale beteiligt. Dabei<br />
wurden erstmals Staffelrennen organisiert. Als <strong>Jena</strong>er Studentenmeister wurde damals<br />
Lothar Schumacher erwähnt.<br />
Georg Uschmann übergab 1955 die Ruderausbildung an den jungen, neu angestellten<br />
Assistenten Hans Weckel <strong>und</strong> konzentrierte sich auf se<strong>in</strong>e Karriere als Direktor<br />
des Haeckelhauses. In den 1960er Jahren wurde er als Geschäftsführer an die<br />
Wissenschaftliche Akademie der Naturforscher Leopold<strong>in</strong>a nach Halle berufen, wo<br />
heute noch e<strong>in</strong> Förderpreis für Wissenschaftsgeschichte an ihn er<strong>in</strong>nert.<br />
69
Georg Uschmann 1950 als Steuermann im Vierer bei den ersten Thür<strong>in</strong>ger Hochschulmeisterschaften<br />
auf der Bleilochtalsperre. Ihm gegenüber der Physikstudent Wolfgang Gutewort.<br />
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E<strong>in</strong> vielseitiger <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>ler<br />
Ostthür<strong>in</strong>ger Zeitung 5. September 2009<br />
Prof. Dr. Erich Leitel ist <strong>in</strong> der vergangenen Woche nach längerer schwerer Krankheit<br />
verstorben. Aus e<strong>in</strong>er sportlichen Familie stammend, kam nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
nach <strong>Jena</strong>, um <strong>Sport</strong> zu studieren. Se<strong>in</strong> früh verstorbener Vater war aktives Mitglied<br />
der Turnerschaft Weimar 1849. Erich Leitel, 1925 geboren, war als Jugendlicher aktives<br />
<strong>und</strong> erfolgreiches Mitglied im gleichen Turnvere<strong>in</strong>. Auf Gr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er guten schulischen<br />
Leistungen konnte er das Gymnasium besuchen. Da se<strong>in</strong>e Mutter die Familie alle<strong>in</strong><br />
unterhalten musste, war Erich Leitel als K<strong>in</strong>d oft auf sich alle<strong>in</strong> gestellt <strong>und</strong> traf sich<br />
im Weimarer Park mit Fre<strong>und</strong>en zum Fußball. E<strong>in</strong> Schlüsselerlebnis wurde für ihn die<br />
Berichterstattung über die Olympischen Spiele 1936 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, die die K<strong>in</strong>der im Park<br />
nachspielten. Er begeisterte sich besonders für Leichtathletik, Turnen <strong>und</strong> Boxen. Zu<br />
e<strong>in</strong>em Idol wurde für ihn der Amerikaner Jesse Owens, der 1936 vier Goldmedaillen<br />
<strong>in</strong> der Leichtathletik holte. Se<strong>in</strong> wöchentliches Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g im Turnvere<strong>in</strong> reichte ihm<br />
nicht. Deshalb g<strong>in</strong>g er noch zum Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g im Gewichtheben <strong>und</strong> Boxen. Da er 1943<br />
zur Wehrmacht e<strong>in</strong>gezogen wurde, konnte er se<strong>in</strong> Abitur nicht ablegen. Mit der<br />
Aufnahme des Lehrbetriebes an der Universität <strong>Jena</strong> begann er am 7. Dezember 1945<br />
mit dem Studium <strong>und</strong> legte gleichzeitig an der Vorstudienanstalt se<strong>in</strong> Abitur ab. Se<strong>in</strong>en<br />
Studienwunsch <strong>Sport</strong> konnte er erst mit Neueröffnung der Ausbildung von <strong>Sport</strong>lehrern<br />
1948 erfüllen. Bis dah<strong>in</strong> hatte er die Fächer Anglistik / Amerikanistik <strong>und</strong> Germanistik<br />
belegt. Se<strong>in</strong> sportliches Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g nahm er 1945 nach Rückkehr aus dem Krieg <strong>in</strong> Weimar<br />
wieder auf. Er tra<strong>in</strong>ierte bei der bekannten Hürdenläufer<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer<strong>in</strong> Siegfriede<br />
Weber-Dempe. Im April 1946 g<strong>in</strong>g er zur Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsgruppe „Ernst Abbe/ Uni“, die im<br />
<strong>Jena</strong>er Stadion tra<strong>in</strong>ierte. Bei Studentenwettkämpfen vertrat er ebenso wie z. B. die<br />
Mittelstreckler <strong>und</strong> späteren Kollegen Manfred Dressler <strong>und</strong> Paul Dern die Universität.<br />
Ansonsten trat er bei dem Vorläufer der späteren Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaft (BSG) Motor<br />
Carl Zeiss an. Er gehörte 1949 zu den Mitgründern der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft<br />
(HSG) <strong>und</strong> war zeitweilig Spartenleiter Leichtathletik.<br />
In der Zeit von 1946 – 83 hat er fast 200 offizielle Wettkämpfe bestritten. Vielseitigkeit<br />
gehörte zu se<strong>in</strong>en Besonderheiten. Vom leichtathletischen Zehnkampf bis zum<br />
turnerischen Zwölfkampf reichte die Palette.<br />
Er startete über 100m, 200m, 400m, 4x100m-Staffel, 110m Hürden, Weitsprung,<br />
Speerwurf, Kugelstoßen, Zehnkampf, Zwölfkampf im Gerätturnen, Schwimmen,<br />
Kegeln <strong>und</strong> Boxen. Se<strong>in</strong> größter Erfolg war bei den Ostzonenmeisterschaften 1949 <strong>in</strong><br />
<strong>Jena</strong>, als er mit der 4x100m Staffel (Senf, Junghähnel, Rasch, Leitel) die Silbermedaille<br />
holte. 1951 wurde Erich Leitel Tra<strong>in</strong>er <strong>in</strong> der Leichtathletik <strong>und</strong> Assistent am Institut<br />
für Körpererziehung (IFK), wo er auch Kraftsport <strong>und</strong> Boxen unterrichtet. 1954 wurde<br />
er geschäftsführender Oberassistent am IFK. Ab 1958 promovierte er zur englischen<br />
Sprache <strong>und</strong> erhielt 1970 e<strong>in</strong>en Lehrstuhl für englische Sprache. 1971 – 78 war Direktor<br />
der Sektion Sprachwissenschaft <strong>und</strong> zeitweilig Prorektor der Universität. Bis 1989 war<br />
er Leiter des Wissenschaftsbereiches Anglistik / Amerikanistik. Nach 1990 unterstützte<br />
er den USV u. a. als Fördermitglied.<br />
71
1949 fanden <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> die II. Ostzonenmeisterschaften <strong>in</strong> der Leichtathletik statt. Dies war der<br />
Vorläufer der DDR-Meisterschaften. <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>ler waren dabei sehr erfolgreich. Vier Studenten der<br />
Universität, hier Gerhard Junghähnel, Erich Leitel, Gerhard Rasch <strong>und</strong> Albert Senf (v. r.) holten die<br />
Silbermedaille <strong>in</strong> der 4x100m-Staffel.<br />
72
E<strong>in</strong> Lehrauftrag für Manfred Dressler<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 30. April 2009 Nr. 132<br />
Im Zusammenhang mit dem 60. Geburtstag des USV <strong>und</strong> der Zusammenstellung<br />
der Publikation „<strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>geschichte <strong>in</strong> <strong>Wort</strong> <strong>und</strong> <strong>Bild</strong>“ konnten zwei kle<strong>in</strong>e<br />
„Legenden“ richtig gestellt werden. Bisher galt Georg Buschner als der Begründer<br />
des Volleyballs im USV. Buschner war tatsächlich im Herbst 1948 als Mitglied des<br />
Deutschen <strong>Sport</strong>ausschusses, dem Vorläufer des DTSB <strong>in</strong> Prag gewesen <strong>und</strong> hier<br />
lernte er auch den Volleyball kennen. Er war als guter Fußballer, SED-Mitglied <strong>und</strong><br />
Dozent für <strong>Geschichte</strong> am Lehrerbildungs<strong>in</strong>stitut <strong>in</strong> Gera <strong>und</strong> später <strong>in</strong> Me<strong>in</strong><strong>in</strong>gen <strong>in</strong><br />
dieses wichtige Führungsgremium für den <strong>Sport</strong> <strong>in</strong> der Ostzone delegiert worden. Im<br />
Juli 1948 kam er als Student nach <strong>Jena</strong> an die nach sowjetischem Vorbild aufgebaute<br />
„Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät“. Als die Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG)<br />
am 13. April 1949 gegründet worden war, war Buschner nicht dabei <strong>und</strong> wurde nach<br />
bisherigem Kenntnisstand auch nie Mitglied im Vorgänger des USV, der HSG Uni <strong>Jena</strong>.<br />
Dies ist schon deswegen e<strong>in</strong>leuchtend, weil er als Fußballer erst <strong>in</strong> Gera spielte <strong>und</strong><br />
zu Motor <strong>Jena</strong>, dem Vorläufer vom FC Carl Zeiss g<strong>in</strong>g. Nach Abschluss se<strong>in</strong>es Studiums<br />
an der gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät, die vor allem Führungskader für den<br />
DDR-Staatsapparat ausbilden sollte, bekam Buschner sofort am wiedereröffneten<br />
Institut für Körpererziehung e<strong>in</strong>en Lehrauftrag für allgeme<strong>in</strong>e <strong>und</strong> spezielle Methodik<br />
der Körpererziehung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Oberassistentenstelle. Der Antrag für e<strong>in</strong>e Dozentur<br />
wurde wegen fehlendem Staatsexamen <strong>in</strong> der Körpererziehung nicht gestellt. Da er<br />
Handballspieler war, bekam er die damals bekannten Spielsportarten zugeordnet. Am<br />
Institut für Körpererziehung galt bis <strong>in</strong> die 1970er Jahre, dass alle Vertreter sogenannter<br />
„theoretischer Fächer“ m<strong>in</strong>destens <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Sport</strong>art unterrichten mussten. Neben<br />
dem Fußball gehörten <strong>in</strong> Buschners „Fachbereich der Spiele“ auch Handball, Tennis,<br />
Turnspiele, Volleyball <strong>und</strong> später Basketball. Volleyball, der <strong>in</strong> Deutschland noch wenig<br />
gespielt wurde, hatten die <strong>Jena</strong>er Studenten u. a. von den Soldaten der sowjetischen<br />
Armee erlernt. Der erste Lehrauftrag für Volleyball g<strong>in</strong>g an Manfred Dressler, der e<strong>in</strong><br />
Examen als Biologie- <strong>und</strong> als <strong>Sport</strong>lehrer hatte. Von den <strong>Sport</strong>arten her war Dressler<br />
Leichtathlet, Hand- <strong>und</strong> Fußballer <strong>und</strong> startete als Spitzenläufer für Motor <strong>Jena</strong>, u. a.<br />
gehörte er bei den Ostzonen-Meisterschaften 1949 mit der 3x1000m-Staffel zu den<br />
Silbermedaillensiegern (Ittershagen, Dressler, Niebergall). Als Volleyball-Tra<strong>in</strong>er <strong>und</strong><br />
Mitspieler erkämpfte er sich mit Horst Baake, Georg Buschner, Horst Götze, Rolf Kunze,<br />
Wilfried Wesiger <strong>und</strong> Manfred Danker die Bronzemedaille bei den DDR-Meisterschaften<br />
im Volleyball. 1952 erhielt Dressler auch e<strong>in</strong>en Lehrauftrag für Basketball. Er konnte<br />
die Legende klären, nach der der <strong>Sport</strong>student Wolfgang Herscher für die HSG zu<br />
e<strong>in</strong>em Volleyballlehrgang gefahren sei, dann aber e<strong>in</strong> <strong>Sport</strong>offizier für Basketball diese<br />
<strong>Sport</strong>art lehrte. Es war e<strong>in</strong> Handballlehrgang, der Rest stimmt. Dressler <strong>und</strong> Herscher<br />
gehörten 1953 zum Männerbasketballteam der HSG, welches den 3. Platz bei den<br />
DDR-Meisterschaften belegte.<br />
73
74<br />
Manfred Dressler (vorn mit Trikot der BSG Carl Zeiss) 1949 bei den<br />
Ostzonenmeisterschaften der Leichtathletik <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> als zweiter Läufer <strong>in</strong> der<br />
3x1000m-Staffel.
<strong>Jena</strong>er Kühnert <strong>in</strong> Oberhof dabei<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 1. März 2007 Nr. 45<br />
Auf Gr<strong>und</strong> der geographischen Lage kann man <strong>Jena</strong> nicht gerade als W<strong>in</strong>tersportzentrum<br />
bezeichnen. Trotzdem gab <strong>und</strong> gibt es immer wieder herausragende W<strong>in</strong>tersportler<br />
<strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. Vielfach s<strong>in</strong>d sie mit der Universität verb<strong>und</strong>en, da an dieser oft Studenten<br />
s<strong>in</strong>d, die <strong>in</strong> ihrer Heimat aktiv W<strong>in</strong>tersport betreiben. Zu den ersten über Thür<strong>in</strong>gen<br />
h<strong>in</strong>aus erfolgreichen alp<strong>in</strong>en Skisportlern zählten die Studenten Pauli <strong>und</strong> Miller. Der<br />
Österreicher Miller studierte <strong>in</strong> den 1930er Jahren <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> Physik. Er hatte bei den<br />
Mitteldeutschen Hochschulmeisterschaften 1935 je e<strong>in</strong>en ersten Platz <strong>in</strong> der Abfahrts-<br />
Komb<strong>in</strong>ation <strong>und</strong> bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften <strong>in</strong> Garmisch Platz<br />
drei <strong>in</strong> der Komb<strong>in</strong>ation belegt. Bereits seit Mitte der zwanziger Jahre organisierte der<br />
Universitäts-Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer Hermann Eitel Universitäts-Skimeisterschaften, die<br />
meist <strong>in</strong> Gehlberg stattfanden. 1935 konnte bei diesen Wettkämpfen der <strong>Sport</strong>student<br />
Pauli im Abfahrtslauf He<strong>in</strong>z Miller schlagen.<br />
Nach dem Krieg organisierten skilauf<strong>in</strong>teressierte Studierende bereits im Februar<br />
1947 e<strong>in</strong>en Skilehrgang im Ferienheim der Uni <strong>in</strong> Georgenthal, der <strong>in</strong> die<br />
<strong>Sport</strong>geschichtsschreibung als erste Ski-Hochschulmeisterschaften <strong>in</strong> der Sowjetischen<br />
Besatzungszone E<strong>in</strong>gang fand. Als Wettkämpfe wurden Torlauf, Abfahrtslauf, Langlauf<br />
<strong>und</strong> Spezialsprunglauf angeboten. Nach Archivunterlagen beteiligten sich an diesem<br />
Lehrgang <strong>und</strong> an den Wettkämpfen auch Studenten der Universitäten Berl<strong>in</strong>, Leipzig<br />
<strong>und</strong> Halle. Als 1950 die ersten offiziellen DDR-Studentenmeisterschaften im W<strong>in</strong>tersport<br />
<strong>in</strong> Oberhof stattfanden, g<strong>in</strong>gen auch <strong>Jena</strong>er an den Start, konnten allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e<br />
Medaillen err<strong>in</strong>gen. Werner Kühnert startete sowohl im Spezialsprunglauf als auch im<br />
Abfahrtslauf.<br />
1953 machte dann Klaus Franke von sich reden, der die Meisterschaften der<br />
<strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>igung (SV) Wissenschaft im Torlauf <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Alp<strong>in</strong>en Komb<strong>in</strong>ation<br />
gewann. Die SV-Meisterschaften hatten die DDR-Studentenmeisterschaften abgelöst.<br />
Im folgenden Jahr reihten sich Werner Kühnert mit e<strong>in</strong>em Sieg <strong>in</strong> der Nordischen<br />
Komb<strong>in</strong>ation <strong>und</strong> Günther Scheidt mit dem ersten Platz im Torlauf <strong>in</strong> die Siegerlisten<br />
der alp<strong>in</strong>en Skisportler der <strong>Jena</strong>er Universität e<strong>in</strong>. Zu dieser Zeit gehörte auch die junge<br />
Assistent<strong>in</strong> am Institut für Körpererziehung, Eleonore May, zu den erfolgreichen alp<strong>in</strong>en<br />
Skiassen. Sie war vor allem bei den Bezirksmeisterschaften <strong>in</strong> Lobenste<strong>in</strong> mehrere Jahre<br />
im Tor- <strong>und</strong> Abfahrtslauf erfolgreich.<br />
75
76<br />
1950: Werner Kühnert bei den 1. DDR-Studentenmeisterschaften<br />
beim Abfahrtslauf.
E<strong>in</strong> „Wäldler“ holt für <strong>Jena</strong> die Titel<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 25. November 2011 Nr. 213<br />
E<strong>in</strong>e der wichtigsten <strong>Sport</strong>arten, die neben dem Fußball dazu beitrug, dass sich <strong>Jena</strong><br />
<strong>in</strong> den 1970er Jahren mit dem <strong>in</strong>offiziellen Titel e<strong>in</strong>er „<strong>Sport</strong>stadt“ schmücken konnte,<br />
war die Leichtathletik. Die Wurzeln des ersten erfolgreichen Leichtathletikvere<strong>in</strong>s<br />
gehen bis <strong>in</strong>s Jahr 1911 zurück. Damals wurde der Vere<strong>in</strong> für Bewegungsspiele (VfB)<br />
<strong>Jena</strong> gegründet. Se<strong>in</strong>e Farben waren blau-weiß gestreift – ähnlich denen des USV <strong>Jena</strong><br />
– <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e wichtigste <strong>Sport</strong>stätte waren die Universitätssportplätze <strong>in</strong> der Oberaue.<br />
Etwa zeitgleich entwickelte sich auch im 1. <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e.V. e<strong>in</strong>e leistungsstarke<br />
Leichtathletikgruppe. Beide wurden nach ihrem Verbot durch die Alliierten<br />
Siegermächte 1945 <strong>in</strong> der DDR nicht direkt wieder gegründet, da die <strong>Sport</strong>politik <strong>in</strong><br />
der DDR eigenständige <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>e nicht vorsah. Viele <strong>Sport</strong>ler fanden sich aber <strong>in</strong><br />
der neu gebildeten <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft Ernst Abbe <strong>und</strong> Schott wieder zum Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
zusammen. Anfang der 1950er Jahre, nach Gründung der DDR, dom<strong>in</strong>ierten vier<br />
<strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> der Leichtathletik <strong>und</strong> versuchten, teilweise recht erfolgreich,<br />
im nationalen Rahmen Spitzenpositionen zu erreichen. Das waren die BSG‘n – Motor Carl<br />
Zeiss (vorher Ernst Abbe), Motor Schott, Chemie <strong>und</strong> die Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft<br />
(HSG) der Universität. Die BSG Motor Schott, konnte e<strong>in</strong>en Vorkriegsvere<strong>in</strong>, den Turn-,<br />
<strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Musikvere<strong>in</strong> (TSM) als Vorläufer ansehen. Motor Schott schloss 1946 mit<br />
der Universität e<strong>in</strong>en Vertrag, dass sie die Universitätssportplätze <strong>in</strong> der Oberaue mit<br />
nutzen durfte. Chemie entstand aus e<strong>in</strong>er Aufteilung von Schott Ende 1950. Die HSG<br />
war e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e Geburt der DDR-<strong>Sport</strong>politik <strong>und</strong> wurde 1949 gegründet. Alle vier Vere<strong>in</strong>e<br />
versuchten im Rahmen ihrer Möglichkeiten gute Leistungssportler, auch von Außerhalb,<br />
zu gew<strong>in</strong>nen. E<strong>in</strong> <strong>Sport</strong>ler, der als Paradebeispiel für diese Praxis gelten kann, war<br />
Hugo Forkel. 1922 <strong>in</strong> Lauscha geboren, war er schon als Jugendlicher vor dem Zweiten<br />
Weltkrieg e<strong>in</strong> erfolgreicher, Skiläufer <strong>und</strong> Leichtathlet. So wurde er 1937, 38 <strong>und</strong> 39<br />
Deutscher Jugendmeister im Skilanglauf. Aus der damaligen Zeit kannte er den <strong>Jena</strong>er<br />
Artur Fleischhauer, der ihn 1949 ansprach, ob er nicht nach <strong>Jena</strong> kommen wolle. Die<br />
bekannten Tra<strong>in</strong>er, Artur L<strong>in</strong>ß <strong>und</strong> Rudolph Klupsch, e<strong>in</strong>e bessere Versorgung mit Essen<br />
<strong>und</strong> auch e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung für die Bahnfahrten <strong>und</strong> die Wohnung bewogen<br />
ihn 1949, zu Schott zu gehen. Er startete im Skilanglauf <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Leichtathletik <strong>und</strong><br />
schon bei Leichtathletik-Meisterschaften der Sowjetischen Besatzungszone 1949<br />
wurde Schott mit 25.704,78 Punkten, dank Forkels guter Plätze auf Strecken zwischen<br />
800 – 3000m, Dritter <strong>in</strong> der Mannschaftswertung. Als Skiläufer gewann er bei den I.<br />
W<strong>in</strong>tersportmeisterschaften der DDR <strong>in</strong> Schirke im Staffelwettbewerb für Thür<strong>in</strong>gen<br />
mit Kuno Werner (Heidersbach), He<strong>in</strong>z Holland (Schmiedefeld), Werner Knaubel (Zella-<br />
Mehlis) den Meistertitel. In der AK 1 siegten ebenfalls Thür<strong>in</strong>ger mit Fleischhauer, Thiel,<br />
Graf <strong>und</strong> Kaufhold. Wenige Wochen später wurde Forkel DDR-Mannschaftsmeister<br />
bei den Waldlaufmeisterschaften mit Willi Engelmann <strong>und</strong> Werner Reimann. Im Juli<br />
konnte er bei den I. Leichtathletikmeisterschaften der DDR <strong>in</strong> Halberstadt im 3.000m<br />
H<strong>in</strong>dernislauf e<strong>in</strong>e Silbermedaille gew<strong>in</strong>nen. Ab 1951 startete er für Chemie <strong>Jena</strong> <strong>und</strong><br />
wurde DDR-Meister im 35km-Skilanglauf. Zwei Bronzemedaillen schaffte Forkel beim<br />
gleichen Wettkampf noch über 18km <strong>und</strong> mit der Staffel über 4x10km. Bei den DDR-<br />
Waldlaufmeisterschaften 1951 gewann die Mannschaft von Chemie mit Forkel den DDR-<br />
Meistertitel. Obwohl er von Artur L<strong>in</strong>ß mehrfach angesprochen wurde zu Motor <strong>Jena</strong>,<br />
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später SC Motor <strong>Jena</strong> zu wechseln, zog er se<strong>in</strong>e berufliche Karriere vor <strong>und</strong> g<strong>in</strong>g als<br />
Oberförster nach Blankenha<strong>in</strong> <strong>und</strong> später nach Schmiedefeld, wo er weitere sportliche<br />
Erfolge errang. Insgesamt kann der heute <strong>in</strong> Suhl lebende auf e<strong>in</strong>e Ausbeute von 14<br />
DDR-Meistertiteln zurückblicken.<br />
Hugo Forkel (2.v.r.) 1950 bei den Waldlaufmeisterschaften <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> Grünau. Die rauchende Esse<br />
auf dem Trikot zeigt, dass es Läufer der BSG Motor Schott s<strong>in</strong>d. Vermutlich Willi Engelmann, Horst<br />
Reimann <strong>und</strong> Louis Mirklas. Vielleicht gibt es noch Zeitzeugen, die die Namen zuordnen können. Die<br />
Namen wurden im Nachgang gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d: v. r. Raimann, Forkel, Engelmann, Mirklas.<br />
78
Ittershagen verliert gegen Zatopek<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung vom 6. Februar 2009 Nr. 122<br />
Wolfgang Ittershagen wurde 1924 <strong>in</strong> Bad Langensalza geboren, wo er auch im dortigen<br />
Turnvere<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e ersten sportlichen Lorbeeren sammeln konnte. Der Zweite Weltkrieg<br />
verh<strong>in</strong>derte, dass er se<strong>in</strong>en Berufswunsch <strong>Sport</strong>lehrer nach Schulabschluss verwirklichen<br />
konnte. Erst Ende der 1940er Jahre kam er an die <strong>Jena</strong>er Universität <strong>und</strong> trat als Läufer<br />
der <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft Zeiss <strong>Jena</strong> bei. Hier zeigt sich, dass ihm besonders die Mittel-<br />
<strong>und</strong> Langstreckenläufe lagen. 1949 wurde er bei den Ostzonen-Meisterschaften über<br />
1500m Zweiter, 1950 wurde er DDR-Waldlaufmeister über 7500m, 1951 holte er sich<br />
beim 3000m-H<strong>in</strong>dernislauf die Bronzemedaille bei den DDR-Meisterschaften <strong>und</strong> 1952<br />
wurde er über 10000m Vierter bei den Meisterschaften. Dazu kam noch e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />
von Titeln bei Studentenmeisterschaften.<br />
E<strong>in</strong> Jahr nach der Gründung der DDR fanden im Oktober 1950 Wahlen für die DDR-<br />
Volkskammer statt. Dies waren die ersten Wahlen, wo ke<strong>in</strong>e Parteien mehr antreten<br />
durften. Es gab e<strong>in</strong>e Liste der Kandidaten der „Nationalen Front“, auf der „SEDtreue“<br />
Kandidaten dom<strong>in</strong>ierten. Die Wähler konnten nur für oder gegen die Liste<br />
se<strong>in</strong>. <strong>Jena</strong> hatte bei der Wahl übrigens mit e<strong>in</strong>er offiziellen Wahlbeteiligung von 94,6%<br />
abgestimmt, was aus Sicht der SED die schlechteste Wahlbeteiligung <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen war.<br />
Gegenstimmen gab es so gut wie gar nicht.<br />
Im Vorfeld der Wahlen wurde e<strong>in</strong>e breite Propagandawelle entfacht, die auch am <strong>Sport</strong><br />
nicht vorbeig<strong>in</strong>g. Am Samstag vor der Wahl gab es im Erfurter Georgi-Dimitroff-Stadion<br />
e<strong>in</strong> Internationales Leichtathletiksportfest mit <strong>Sport</strong>lern aus der CSR. Die Tageszeitung<br />
kommentierte dies so: „Diese Veranstaltung am Vorabend der Volkswahl ist e<strong>in</strong> weiterer<br />
Beweis für das ständig wachsende Vertrauen, das die Völker der Sowjetunion <strong>und</strong> der<br />
Volksdemokratien dem fortschriftlichen Teil des deutschen Volkes, se<strong>in</strong>er Regierung<br />
<strong>und</strong> den <strong>Sport</strong>lern entgegenbr<strong>in</strong>gt.“<br />
Unter den tschechischen <strong>Sport</strong>lern war der Weltrekordler Emil Zatopek, <strong>und</strong> für die<br />
DDR startete der <strong>Jena</strong>er Langstreckler Wolfgang Ittershagen. Über 5000m gab es e<strong>in</strong><br />
Aufe<strong>in</strong>andertreffen der beiden. Zatopek zeigte von Beg<strong>in</strong>n an, dass er der Bessere ist<br />
<strong>und</strong> gewann mit 400m Vorsprung vor Ittershagen, der bei diesem Rennen mit 19:39,4<br />
vor 35.000 Zuschauern immerh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e DDR-Jahresbestzeit aufstellte.<br />
79
80<br />
Ittershagen 1950 im Erfurter Stadion, hier noch an dritter Stelle.
Nur e<strong>in</strong>mal als Torwart aktiv<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 20. Mai 2009 Nr. 135<br />
Die Festveranstaltung zum 60. Geburtstag des USV <strong>Jena</strong> war Anlass nachzuforschen, ob<br />
es denn noch Gründungsmitglieder gibt, die im Vere<strong>in</strong> aktiv <strong>Sport</strong> treiben. Tatsächlich<br />
konnte e<strong>in</strong> Mitglied gef<strong>und</strong>en werden: Dr. Herbert Koch aus der Abteilung Tennis. Bei<br />
der Gründungsveranstaltung der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) der Universität<br />
(wie damals der USV hieß) am 13. April 1949 war er selbst noch nicht dabei. Se<strong>in</strong>em<br />
Mitgliedsbuch nach trat er am 31. April 1949 der Abteilung Leichtathletik bei. Zum<br />
W<strong>in</strong>tersemester war der aus Sudentendeutschland stammende Herbert Koch von<br />
Eisenach, wo er damals e<strong>in</strong>e neue Heimat fand, nach <strong>Jena</strong> zum Physikstudium<br />
gekommen. Vor dem Zweiten Weltkrieg war er als Schuljunge aktiver Leichtathlet<br />
<strong>und</strong> Turner gewesen. Wer ihn zum E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die HSG überredet hatte, daran kann<br />
sich Herbert Koch heute nicht mehr er<strong>in</strong>nern. Es könnte aber der Physikstudent<br />
Wolfgang Gutewort gewesen se<strong>in</strong>, der selber als Spartenleiter <strong>in</strong> der HSG für Turnen<br />
<strong>und</strong> Gymnastik war <strong>und</strong> auch als Leichtathlet an Wettkämpfen teilnahm. E<strong>in</strong>e der<br />
ersten Bewährungsproben bestanden die HSG-Mitglieder bei e<strong>in</strong>em großen <strong>Sport</strong>fest,<br />
welches im Sommer 1949 zum sogenannten III. Parlament der Freien Deutschen Jugend<br />
<strong>in</strong> Leipzig stattfand. Hier gehörten sie zur <strong>Sport</strong>schaugruppe des Landes Thür<strong>in</strong>gen <strong>und</strong><br />
beteiligten sich auch an verschiedenen Wettkämpfen <strong>in</strong> der Leichtathletik. Besonders<br />
spektakulär waren ihre Vorführungen im Tischspr<strong>in</strong>gen, e<strong>in</strong>er Turnübungen über e<strong>in</strong>en<br />
ca. 2 m langen <strong>und</strong> 1,50 hohen Sprungtisch.<br />
Nach se<strong>in</strong>em Studium wechselte Herbert Koch 1953 zur Sektion Tennis der HSG,<br />
da er als Leichtathlet ke<strong>in</strong>e weiteren Entwicklungsmöglichkeiten <strong>in</strong> der damals<br />
sehr leistungsorientierten Abteilung der HSG mehr sah. Ab 1957 als Physiker<br />
<strong>in</strong>zwischen bei Zeiss, später <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Institut der Akademie der Wissenschaften<br />
tätig, war Herbert Koch bis 1989 verlässliches Mitglied der am Punktspielbetrieb<br />
des Bezirkes Gera teilnehmenden Herrenmannschaften. Ges<strong>und</strong>heitliche Probleme<br />
<strong>und</strong> die Umstrukturierung des Wettspielbetriebes nach der Gründung des Thür<strong>in</strong>ger<br />
Tennisverbandes im Jahr 1991 führten dazu, dass er nicht mehr wettkampfmäßig<br />
Tennis spielen konnte. Zusammen mit se<strong>in</strong>er Frau Gerda, die seit 1956 ebenfalls<br />
Tennisspieler<strong>in</strong> bei der HSG war, spielt er nach 1990 bis heute im Seniorenbereich. Die<br />
Abteilungsarbeit unterstützte er viele Jahre als F<strong>in</strong>anzrevisor. Trotz se<strong>in</strong>er fast 80 Jahre<br />
versucht er m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> der Woche Tennis zu spielen.<br />
Alle weiteren USV Mitglieder aus der Gründerzeit wie Dr. Horst Baacke, Dr. Albrecht<br />
Börner, Dr. He<strong>in</strong>z-Peter Gebert, Gerhard Giera, Werner Gröbe, Wolfgang Gutewort,<br />
Werner Kühnert, Prof. Dr. Erich Leitel, Dr. Gerhard Rauschenbach, die heute alle<br />
Fördermitglieder s<strong>in</strong>d, waren zeitweilig nicht Mitglieder der HSG bzw. s<strong>in</strong>d heute<br />
nicht mehr sportlich aktiv. So ist bis heute Dr. Herbert Koch der E<strong>in</strong>zige, der ohne<br />
Unterbrechung seit 60 Jahren <strong>in</strong> der HSG regelmäßig <strong>Sport</strong> treibt.<br />
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Nur e<strong>in</strong>mal, im Rahmen e<strong>in</strong>es Fußballspiels zwischen den Instituten für Mathematik <strong>und</strong> Physik<br />
war Herbert Koch (hier l<strong>in</strong>ks) 1950 als Torwart aktiv. Rechts als Schiedsrichter Erich Leitel, damals<br />
Assistent am <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut.<br />
82
Politischer Fußball gegen Kilia Kiel<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung vom 4. März 2010 Nr. 176<br />
Unter der Überschrift „<strong>Sport</strong>ler, kämpft gegen die Remilitarisierung“ berichtete<br />
„Das Volk“, die Thür<strong>in</strong>ger Tageszeitung der Sozialistischen E<strong>in</strong>heitspartei (SED) über<br />
e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes Fußballspiel von Carl Zeiss gegen Kilia Kiel, welches am 7. Januar<br />
1951 stattfand. Dieses Spiel reiht sich e<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e politisch motivierte Serie von<br />
Vergleichswettkämpfen <strong>und</strong> Turnieren, die mit der Gründung der beiden deutschen<br />
Staaten 1949 begann <strong>und</strong> erst mit dem Mauerbau 1961 endete. In dieser Zeit versuchten<br />
DDR-<strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften <strong>und</strong> Verbände kont<strong>in</strong>uierlich auf der unteren Ebene<br />
den „Gesamtdeutschen <strong>Sport</strong>verkehr“ zu pflegen, mit der Zielstellung Argumente<br />
für e<strong>in</strong>e „E<strong>in</strong>heit Deutschlands“ nach Prägung der SED-Führung <strong>in</strong> den Medien im<br />
Gespräch zu halten. Von „westlicher“ Seite wurde dies mit allen möglichen Mitteln<br />
unterb<strong>und</strong>en, da nach ihrer Lesart nur e<strong>in</strong> Deutscher Staat existierte. Die BRD alle<strong>in</strong> sei<br />
Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches <strong>und</strong> die DDR e<strong>in</strong>e kommunistische Diktatur.<br />
Der <strong>Sport</strong> wurde von beiden Seiten mit allen Mitteln <strong>in</strong> die Ause<strong>in</strong>andersetzungen im<br />
Rahmen des „Kalten Krieges“ e<strong>in</strong>bezogen. Das erste „gesamtdeutsche“ Fußballspiel,<br />
bereits im November 1949, unmittelbar nach der Gründung der DDR, fand zwischen<br />
den Mannschaften der Uni <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> der Uni Gött<strong>in</strong>gen statt. Auch die Fußballer von<br />
„Carl Zeiss“ wurden <strong>in</strong> das politische Tagesgeschehen voll e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en. So kann man<br />
<strong>in</strong> „Das Volk“ vom 19. Dezember 1950 z. B. lesen, dass die Mannschaft von Zeiss<br />
<strong>in</strong> der Pause des Spiels gegen Höhenschönhausen nach e<strong>in</strong>er Ansprache geschlossen<br />
ihren Beitritt zur Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Fre<strong>und</strong>schaft erklärte <strong>und</strong> damit<br />
„die Friedensfront stärkten“. Das Spiel gegen Kilia Kiel wurde wie folgt angekündigt:<br />
„Mit dem Besuch von Kilia Kiel nimmt das neue Jahr für den <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong> e<strong>in</strong>en<br />
verheißungsvollen Anfang: steht doch gerade das Jahr 1951 ganz im Zeichen des<br />
verstärkten Kampfes um E<strong>in</strong>heit <strong>und</strong> Frieden.“ Vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>, dass zehn <strong>Jena</strong>er<br />
Bürger wenige Wochen vorher wegen „Westkontakten“ verhaftet worden waren,<br />
relativiert sich der „Wunsch“ nach der „Deutschen E<strong>in</strong>heit“. Der Universitätsturnlehrer<br />
Hans Beitz wurde u. a. als sogenannter Rädelsführer zu 25 Jahren Zuchthaus verurteilt,<br />
von denen er fünf absitzen musste. Als e<strong>in</strong>ziges „Vergehen“ konnte man ihm e<strong>in</strong>e aus<br />
„Westberl<strong>in</strong>“ mitgebrachte Zeitung nachweisen.<br />
Zurück zum Fußball. Wikipedia schreibt zu Kilia Kiel, dass der Vere<strong>in</strong> 1902 als Abspaltung<br />
vom heutigen Holste<strong>in</strong> Kiel als Fußballvere<strong>in</strong> gegründet wurde. Nach dem Ende des<br />
Zweiten Weltkriegs war Kilia Landesmeister <strong>und</strong> 1946 eigentlich für die Teilnahme<br />
an der Norddeutschen Meisterschaft qualifiziert, erhielt aber von der britischen<br />
Militärregierung ke<strong>in</strong>e Startgenehmigung. 1951 spielten sie <strong>in</strong> der Amateurliga<br />
Schleswig-Holste<strong>in</strong> <strong>und</strong> schafften es bis zur Teilnahme an den Aufstiegsspielen<br />
zur Regionalliga. 2008/09 spielten sie <strong>in</strong> der Schleswig-Holste<strong>in</strong>-Liga auf e<strong>in</strong>em<br />
Abstiegsplatz <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Spielzeit 2009/10 <strong>in</strong> der sechstklassigen Verbandsliga Nord-<br />
Ost. Vor dem Anstoß im Ernst-Abbe-Stadion 1951, vor 8.000 Zuschauern, hielt der<br />
<strong>Jena</strong>er Oberbürgermeister e<strong>in</strong>e „flammende“ politische Rede u.a. mit der Bitte an die<br />
Kieler: „Setzt auch ihr euch e<strong>in</strong>, damit die trennenden Zonengrenzen fallen…“ Das<br />
Spiel verlief anfangs ausgeglichen. Die letzten 15 M<strong>in</strong>uten gehörten aber ganz <strong>Jena</strong>, bis<br />
zur 60 M<strong>in</strong>uten stand es 2:2, <strong>und</strong> Simon, Sperschneider <strong>und</strong> noch mal Simon sorgen<br />
für e<strong>in</strong>en 5:2 Sieg.<br />
83
Kilia Kiel (l<strong>in</strong>ks) <strong>und</strong> die Fußballer der BSG Carl Zeiss <strong>Jena</strong> im Januar 1951 kurz vor e<strong>in</strong>em<br />
Fre<strong>und</strong>schaftsspiel im gut gefüllten Stadion.<br />
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E<strong>in</strong> starkes Glied der Volkssportbewegung<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 21. April 2010 Nr. 183<br />
<strong>Jena</strong> kann spätestens im nächsten Jahr das Jubiläum „100 Jahre Rudersport“ feiern.<br />
Die Akademische Turnerschaft Salia startete 1911 <strong>in</strong> ihrer Mitgliederzeitschrift „Der<br />
Tapir“ e<strong>in</strong>en Aufruf zur Sammlung von Spenden für den Ankauf e<strong>in</strong>es Ruderboots.<br />
In der Begründung ist zu lesen, dass die kurzen Fechtübungen <strong>und</strong> die zweimaligen<br />
Turnst<strong>und</strong>en pro Woche nicht ausreichten, e<strong>in</strong>e allseitige körperliche Ausbildung zu<br />
sichern. Die Mietboote <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> seien aber teuer <strong>und</strong> würden den Ansprüchen nicht<br />
genügen. Der Vorsitzende des <strong>Jena</strong>er Spielplatzvere<strong>in</strong>s, Herrmann Peter, habe e<strong>in</strong>e<br />
Unterbr<strong>in</strong>gung von eigenen Booten zugesagt. Für e<strong>in</strong>en neuen Doppelzweier seien<br />
etwa 400-500 M. nötig, für e<strong>in</strong> gebrauchtes Boot 200 M. In der Folge schafften sich<br />
die Salia <strong>und</strong> andere Vere<strong>in</strong>e moderne <strong>Sport</strong>boote an <strong>und</strong> auf der Saale wurde e<strong>in</strong><br />
regelmäßiger Übungsbetrieb aufgenommen, der aber 1914 nach Ausbruch des 1.<br />
Weltkrieges zum Erliegen kam. Nach dem Weltkrieg ist für den Juli 1920 e<strong>in</strong>e erste<br />
öffentliche Ruderveranstaltung <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> nachgewiesen. Im Rahmen des 3. Turn- <strong>und</strong><br />
<strong>Sport</strong>festes der Universität waren ausgeschrieben: Schwimmen, Tauchen, Wasserball,<br />
Faustball, Schlagball, Turnerischer Dreikampf <strong>und</strong> Leichtathletik. Dazu gab es noch e<strong>in</strong><br />
Schaurudern auf der Saale mit Booten der Gothania, der Arm<strong>in</strong>ia, der Salia <strong>und</strong> des<br />
Vere<strong>in</strong>s für Bewegungsspiele, dem Vorläufer des USV. Ansonsten war <strong>Jena</strong> eher ke<strong>in</strong>e<br />
Ruderhochburg, was schon auf Gr<strong>und</strong> der begrenzten Möglichkeiten auf der Saale<br />
nachvollziehbar ist. Anfang der 1950er Jahre, als sich <strong>Jena</strong> aufmachte, den Titel e<strong>in</strong>er<br />
„<strong>Sport</strong>stadt“ zu erarbeiten, rückten auch die Wasserfahrsportler stärker <strong>in</strong>s Blickfeld<br />
rühriger <strong>Sport</strong>organisatoren. Rennkanuten, Wildwasserkanuten <strong>und</strong> Ruderer waren<br />
damals noch unter e<strong>in</strong>em Verbandsdach organisiert. Am 26./27. August 1950 fanden<br />
die ersten DDR-Meisterschaften, die sogar als „Gesamtdeutsche Meisterschaften“<br />
deklariert waren, im Kajak-Slalom am Burgauer Wehr statt. Solche Gesamtdeutsche<br />
Meisterschaften waren Bestandteil der Instrumentalisierung des <strong>Sport</strong>s im kalten Krieg<br />
zwischen Ost <strong>und</strong> West. Die <strong>Sport</strong>redakteure der <strong>Jena</strong>er Tageszeitung schrieben damals:<br />
„Besonders aufschlussreich wird der Vergleichskampf der Meisterklasse der Fahrer der<br />
Deutschen Demokratischen Republik gegen die Fahrer der Westzone se<strong>in</strong>.“ Das kann man<br />
als Retourkutsche für die Verwendung des Begriffs Ostzone <strong>in</strong> der <strong>Sport</strong>berichterstattung<br />
im Westen ansehen. An den Start g<strong>in</strong>gen u. a. Kajakfahrer aus München, Augsburg,<br />
Höchst <strong>und</strong> Ulm. Hempel aus München wurde vor 4.000 Zuschauern, die beiderseits<br />
der Saale standen, Gesamtdeutscher Meister. Von <strong>Jena</strong>er Kajakfahrern bei diesen<br />
Meisterschaften ist bisher nichts überliefert. Am 10. Juli 1951 gab es die zweite<br />
Auflage <strong>und</strong> nach bisherigem Kenntnisstand letzte Auflage der DDR-Meisterschaft im<br />
Kajak-Slalom <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. Die Hauptakteure kamen von den Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaften<br />
Motor <strong>und</strong> Chemie <strong>Jena</strong>. Durch den E<strong>in</strong>bau von künstlichen H<strong>in</strong>dernissen <strong>und</strong><br />
Zusatzwasser aus den Saaletalsperren wurde e<strong>in</strong>e anspruchsvolle Strecke geschaffen.<br />
In der Tageszeitung der SED <strong><strong>Jena</strong>s</strong> „Das Volk“ konnte man u. a. dazu lesen: „Er (der<br />
Wettkampf) wird dazu beitragen, dass der Wassersport, e<strong>in</strong>st auch nur das Privileg<br />
der besitzenden Klasse, e<strong>in</strong> starkes Glied unserer Volkssportbewegung wird.“ Die<br />
jungen <strong>Jena</strong>er Kajakfahrer spielten e<strong>in</strong>e Außenseiterrolle. Die Favoriten kamen u. a. aus<br />
Leipzig, Zwickau, Dessau <strong>und</strong> Gera. Von Motor <strong>Jena</strong> g<strong>in</strong>gen an den Start Ebertz, Erhardt<br />
<strong>und</strong> Hempel, von Chemie Friedrich, Weise <strong>und</strong> Seeländer. Bei den Frauen werden für<br />
85
<strong>Jena</strong> Just, Eck<strong>in</strong>ger, Unruh <strong>und</strong> Bachmann genannt. Motor <strong>Jena</strong> mit Hempel, Eberhardt<br />
<strong>und</strong> Eberts sorgten mit ihrem zweiten Platz für die Überraschung. Sie hatten mit 946<br />
Punkten nur e<strong>in</strong>en Punkt, d. h. e<strong>in</strong>e Stangeberührung, Rückstand zum Sieger E<strong>in</strong>heit<br />
Dessau. Dritter wurde Zwickau. Chemie <strong>Jena</strong> kam bei den Männern <strong>und</strong> bei den Frauen<br />
auf Platz sieben. Bester <strong>Jena</strong>er E<strong>in</strong>zelstarter war bei den Männern Dieter Friedrich<br />
(Chemie) auf Platz zehn. Beste Frau wurde R. Bachmann auf Platz 18. Beim Nachwuchs<br />
gewann der spätere <strong>Sport</strong>student <strong>und</strong> gute Turner Harry Pippardt e<strong>in</strong>e Silbermedaille.<br />
86<br />
Im Vordergr<strong>und</strong> erkennt man e<strong>in</strong>e Kajakfahrer<strong>in</strong>, die 1951 bei den<br />
DDR-Meisterschaften an den Start g<strong>in</strong>g. Im H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> sieht man die<br />
Burgauer Brücke.
E<strong>in</strong> Trabant für Schnuphases Mutter<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 18. Februar 2010 Nr. 173<br />
Als Georg Buschner 1958 die Fußballmannschaft des <strong>Sport</strong>club (SC) Motor <strong>Jena</strong><br />
übernahm, war ihm von Beg<strong>in</strong>n an klar, dass er mit dem Spielerstamm nicht die<br />
gewünschte Spitzenmannschaft formen könne. Da die Gew<strong>in</strong>nung neuer Spieler von<br />
anderen Mannschaften zu DDR-Zeiten nicht ganz so e<strong>in</strong>fach war, konzentrierte er sich<br />
anfangs auf e<strong>in</strong>e komplette Umstellung des Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsbetriebes. Dazu schloss er mit<br />
se<strong>in</strong>em zweiten Arbeitgeber – er bezog als Oberassistent am Institut für Körpererziehung<br />
der Uni se<strong>in</strong> „erstes“ Gehalt weiter – e<strong>in</strong>en Vertrag über e<strong>in</strong>e „sozialistische<br />
Geme<strong>in</strong>schaftsarbeit“. Dabei war u. a. vorgesehen, dass „die sportfachliche Leitung,<br />
Erziehung <strong>und</strong> tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmäßige Ausbildung der Fußballmannschaft von Motor <strong>Jena</strong><br />
<strong>in</strong> den Händen e<strong>in</strong>es Kollektivs“ von <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitutsmitarbeitern lag. Namen wie<br />
Gutewort, Dern, Dressler, Köhler <strong>und</strong> Wesiger, alles Kollegen <strong>und</strong> ausgewiesene<br />
<strong>Sport</strong>fachleute, tauchten da auf. Ab 1960 setzte Georg Buschner aber auch zunehmend<br />
auf „Abwerbung“ von Spitzenspielern bei anderen Fußball-Oberligamannschaften.<br />
Offiziell g<strong>in</strong>g das nur über e<strong>in</strong>e Delegierung von e<strong>in</strong>em <strong>Sport</strong>club zu e<strong>in</strong>em anderen. Im<br />
Gegensatz zum zentralisierten Leistungssport <strong>in</strong> der DDR standen die DDR-Oberliga-<br />
Fußballmannschaften stark unter der Kontrolle der „Bezirksfürsten“ (wie die 1. Sekretäre<br />
der SED-Bezirksleitungen im Volksm<strong>und</strong> genannt wurden) oder anderer e<strong>in</strong>flussreicher<br />
DDR-Politiker. Bekannt ist z. B. die direkte E<strong>in</strong>flussnahme vom Stasichef Milke auf die<br />
Fußballmannschaft von Dynamo Berl<strong>in</strong>. Als wichtigen Helfer nutzte Buschner se<strong>in</strong>en<br />
Kollegen Paul Dern. Beide kamen aus Gera <strong>und</strong> studierten zeitgleich an der Uni. Auf<br />
Derns Zuverlässigkeit <strong>und</strong> F<strong>in</strong>digkeit hatte Buschner sich schon verlassen, als dieser<br />
den Bau e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen Doppelhauses übernommen hatte. Den ersten Spieler,<br />
den Dern erfolgreich werben konnte, war 1961 Diethard Stricksner aus Weißenfels, der<br />
bei 104 DDR-Oberligaspielen e<strong>in</strong>gesetzt wurde. Letzter war 1985 Jürgen Köberle<strong>in</strong>.<br />
Insgesamt 24 Spieler konnte Dern für den FCC werben. Als wertvollste Anwerbung<br />
könnte man die beiden Tormänner Hans-Ulrich Grapent<strong>in</strong> <strong>und</strong> Wolfgang Blochwitz<br />
ansehen, die zu den erfolgreichsten <strong>in</strong> der <strong>Geschichte</strong> des FC Carl Zeiss zählen. Völlig<br />
auf sich alle<strong>in</strong> gestellt, am Rande der Legalität des DDR-Fußballs <strong>und</strong> oft mit Hilfe se<strong>in</strong>er<br />
Frau Gerdje knüpfte Dern private Kontakte zu potentiellen „Wechselkandidaten“.<br />
Er regelte dann wichtige Umfeldprobleme wie die Wohnungsbeschaffung, e<strong>in</strong>en<br />
Arbeitsplatz für die Spielerfrauen, e<strong>in</strong>e Garage fürs Auto <strong>und</strong> vieles andere. Sogar e<strong>in</strong>en<br />
PKW-Trabant für die Mutter von Rüdiger Schnupphase beschaffte Dern, als „Rot-Weiss<br />
Erfurt“ aufgr<strong>und</strong> des Wechsels ihres Sohnes deren PKW-Anmeldung beim Erfurter<br />
KFZ-Handel stornieren ließ. Waren alle diese persönlichen „Kle<strong>in</strong>igkeiten“ geregelt,<br />
übernahm Buschner die direkten Verhandlungen, wo es ums offiziell nicht gezahlte<br />
„Handgeld“ g<strong>in</strong>g. Diese Handgelder dienten auch dazu, dass die Spieler bereit waren,<br />
die Schwierigkeiten bei ihren alten <strong>Sport</strong>clubs auf sich zu nehmen, die sie bei ihrem<br />
Wechselwunsch gelegentlich zu erwarten hatten. Ihre bisherigen Arbeitgeber ließen<br />
oft nichts aus, um Abwerbungen zu unterb<strong>in</strong>den, nicht e<strong>in</strong>mal die E<strong>in</strong>beziehung der<br />
Stasi. Dern machte dies alles mehr oder weniger ehrenamtlich. Se<strong>in</strong>e Vergütung als<br />
Konditionstra<strong>in</strong>er beim SC Motor, später FC Carl Zeiss lag bei 200 DDR-Mark monatlich.<br />
Lediglich e<strong>in</strong>mal versprach Buschner e<strong>in</strong>e „Kopfprämie“ von 5.000 Mark, auf die Dern<br />
heute noch wartet. Der Reiz etwas Unmögliches zu schaffen <strong>und</strong> vor allem se<strong>in</strong> Ansehen<br />
87
als e<strong>in</strong>er vom Team des FC Carl-Zeiss <strong>Jena</strong> mit allen Kontakten <strong>und</strong> Verb<strong>in</strong>dungen, die<br />
sich daraus ergaben, waren „Lohn“ genug für ihn, der heute noch für den Fußball <strong>in</strong><br />
<strong>Jena</strong> brennt. Buschner wird über Dern gerne zitiert mit der Aussage: „Paul wurde für<br />
mich zu e<strong>in</strong>em wichtigen Mitstreiter. Er kümmerte sich e<strong>in</strong>fach um alles.“<br />
Paul Dern (l<strong>in</strong>ks) als Leichtathlet <strong>und</strong> Georg Buschner als Fußballer waren 1951 als Mitglieder<br />
der Studenten-Nationalmannschaften zu den Weltfestspielen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />
88
Noch immer auf Reck <strong>und</strong> Pferd<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 5. August 2009 Nr. 146<br />
Peter Kröpl<strong>in</strong> gehört zu den ältesten noch aktiven Turnern <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. Er kam nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg nach <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> arbeitete bis zu se<strong>in</strong>er Pensionierung als<br />
Physiker im Forschungsbereich von Carl Zeiss. Da er schon als Jugendlicher aktiver<br />
Turner war, schloss er sich der größten Turnabteilung <strong>in</strong> der Stadt, der späteren<br />
Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaft (BSG) Carl Zeiss <strong>Jena</strong> an <strong>und</strong> wurde auch gleich Mitglied der<br />
I. Männerturnriege. Trotz Kriegsverletzung am Knie war Kröpl<strong>in</strong> <strong>in</strong> den 1950er Jahren<br />
e<strong>in</strong>e wichtige Leistungsstütze der Mannschaft. Bei „Nationalen Vergleichskämpfen“<br />
1954 gegen Hessen-Kassel oder 1957 gegen den Turnvere<strong>in</strong> Jahn Wolfsburg sorgte er<br />
mit se<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>zelleistungen dafür, dass die <strong>Jena</strong>er Turner sich achtbar schlugen.<br />
Se<strong>in</strong>e besondere Liebe galt dem K<strong>in</strong>derturnen, welches er geme<strong>in</strong>sam mit He<strong>in</strong>i<br />
Rittberg viele Jahre <strong>in</strong> der Südschule leitete. Bei fast allen Turnwettkämpfen, die <strong>in</strong><br />
<strong>Jena</strong> organisiert wurden, war er bis heute als Organisator oder Kampfrichter im E<strong>in</strong>satz.<br />
1954 <strong>und</strong> von 1970 – 82 war Peter Kröpl<strong>in</strong> Abteilungsleiter Turnen bei der BSG Carl Zeiss<br />
<strong>Jena</strong>. Beim TUS, dem Nachfolgevere<strong>in</strong>, ist er auch heute noch im Abteilungsvorstand.<br />
Fast jeden Donnerstag trifft man ihn bei den Altersturnern <strong>in</strong> der TUS-Turnhalle im<br />
<strong>Sport</strong>forum.<br />
89
Nach ihrer Nutzung als Hörsaal wurde die große Halle <strong>in</strong> der Muskelkirche (dem heutigen Institut<br />
für <strong>Sport</strong>wissenschaft) 1951 wieder <strong>in</strong> Betrieb genommen. Die Turner, hier Peter Kröpl<strong>in</strong> beim<br />
Bodenturnen, führten hier als Erste e<strong>in</strong>en Turnwettkampf durch. Geturnt wurde auf dem blanken<br />
Boden, lediglich e<strong>in</strong>en L<strong>in</strong>oleumbelag gab es damals auf dem Betonfußboden.<br />
90
E<strong>in</strong> Wiesenfleck als kle<strong>in</strong>er Turnplatz<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 14. Juli 2010 Nr. 194<br />
Fast ohne Resonanz <strong>in</strong> der <strong>Jena</strong>er Öffentlichkeit fand Mitte Juni der 195. Geburtstag<br />
der Urburschenschaft statt. Im Zeichen der napoleonischen Kriege entstand unter den<br />
Studenten <strong>in</strong> allen deutschen Ländern e<strong>in</strong>e starke Bewegung für e<strong>in</strong> gee<strong>in</strong>tes Deutsches<br />
Reich. Damals gab es <strong>in</strong> Deutschland noch e<strong>in</strong>e Vielzahl selbstständiger Staaten. Im<br />
Kampf gegen die napoleonische Fremdherrschaft wurden auch e<strong>in</strong>ige studentische<br />
Freikorps gegründet. Das bekannteste waren die Lützower Jäger. Der <strong>Sport</strong>historiker<br />
Siegfried Melchert aus Potsdam schrieb dazu <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel: „Studenten aus <strong>Jena</strong>, aus<br />
vielen weiteren Universitäten <strong>und</strong> die von Jahn seit 1811 ertüchtigten Turner vere<strong>in</strong>ten<br />
sich im Lützower Freikorps <strong>und</strong> kämpften für die Befreiung <strong>und</strong> die E<strong>in</strong>heit Deutschlands.<br />
Studenten <strong>und</strong> Turner hatten die gestaltende Kraft vere<strong>in</strong>ten Handelns im Felde erfahren<br />
aber wo blieb was sie erhofft, nach dem Sieg über Napoleon? Was wurde aus der großen<br />
Geme<strong>in</strong>schaft bei der Rückkehr <strong>in</strong> die Universitäten mit ihren Landsmannschaften der<br />
Studenten? Im Februar 1815 wurde von den Vandalen Kaffenberger <strong>und</strong> He<strong>in</strong>richs,<br />
dem Adjutanten Friedrich Ludwig Jahns (…), der Verfassungsentwurf der <strong>Jena</strong>ischen<br />
Burschenschaft ausgearbeitet. Im Juni gründeten sie <strong>in</strong> der „Tanne“ an der Saalebrücke<br />
die <strong>Jena</strong>er Urburschenschaft. In ihren Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>und</strong> Handlungen, versuchten<br />
sie aus den W<strong>und</strong>en der Vergangenheit Ideen für zukunftsorientiertes Handeln <strong>in</strong><br />
nationaler Dimension zu f<strong>in</strong>den, öffentlich zu bek<strong>und</strong>en <strong>und</strong> umzusetzen.“<br />
Dies symbolisierten sie z. B. 1816 mit dem Pflanzen e<strong>in</strong>er Friedenseiche, die heute<br />
noch den Namen des Eichplatzes bestimmt. Schon beim Aufruf für den E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die<br />
Freikorps 1813, hatten die <strong>Jena</strong>er Studenten beschlossen, sich regelmäßig körperlich<br />
zu ertüchtigen. Für 1814 ist nachgewiesen, dass sie im Paradies e<strong>in</strong>en Wiesenflecken<br />
zum Turnplatz hergerichtet hatten. In ihren weiten Le<strong>in</strong>enjacken sah man bald die<br />
Studenten am Barren, Reck <strong>und</strong> auf dem Schwebebaum Kraft <strong>und</strong> Geschicklichkeit<br />
proben. Die Schüler Jahns, Hans Ferd<strong>in</strong>and Maßmann <strong>und</strong> Eduard Dürre traten als erste<br />
„Übungsleiter“ dieser Vorform des regelmäßig betriebenen Studentensports auf. Dieser<br />
„<strong>Sport</strong>“ hatte aber wie das jahnsche Turnen <strong>in</strong>sgesamt weitestgehend vormilitärischen<br />
Charakter. Für die Burschenschafter wurde es sogar zur wöchentlichen Pflicht gemacht.<br />
Mit dem Verbot der Burschenschaften <strong>und</strong> später auch des Turnens nach dem<br />
Attentat des <strong>Jena</strong>er Studenten Karl Ludwig Sand auf August Friedrich von Kotzebue<br />
kam auch der „Studentensport“ nach 1820 zum Erliegen. Es waren studentische<br />
Verb<strong>in</strong>dungen, die Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts das Turnen neben dem Fechten als<br />
regelmäßige „sportliche“ Betätigung an der <strong>Jena</strong>er Universität wieder etablierten.<br />
Überall wo sich nach 1900 sportliche Entwicklungen an der Uni vollzogen, waren<br />
turnende Burschenschaften aktiv beteiligt: So z. B. bei der Ausbildung der Turnlehrer<br />
1911, beim Vorläufer des 1. Universitätssportfestes 1913 <strong>und</strong> bei der E<strong>in</strong>stellung e<strong>in</strong>es<br />
ersten Universitätsturn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrers 1914. Burschenschaften waren es auch, die<br />
nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg als Ersatz für die durch den Versailler Vertrag<br />
verbotene Wehrpflicht, den Pflichtsport (1925) an der Uni <strong>Jena</strong> durchsetzten, der dann<br />
1933 von der Naziregierung als körperliche Wehrertüchtigung perfektioniert wurde.<br />
Ähnliche Überlegungen darf man <strong>Sport</strong>studenten <strong>und</strong> Lehrkräften des Instituts für<br />
Körpererziehung nicht unterstellen, als sie im Oktober 1952 mit e<strong>in</strong>em Fackelzug zur<br />
Jahneiche bei Cospeda dem 100. Todestag von Friedrich-Ludwig Jahn gedachten. Die<br />
91
damals noch sehr e<strong>in</strong>seitige Rezeption des Jahnschen Erbes kann man aber getrost als<br />
e<strong>in</strong>e Wurzel des DDR-Studentensports ansehen. Mit der Abschaffung des Pflichtsports<br />
1990, der zu DDR-Zeiten auch e<strong>in</strong>e vormilitärische Komponente hatte, wurde die Basis<br />
für den heute sehr breit aufgestellten freiwilligen Hochschulsport gelegt, bei dem die<br />
Studentenschaft z. B. durch die über 150 tätigen Übungsleiter <strong>und</strong> die <strong>Sport</strong>referenten<br />
im Studentenrat e<strong>in</strong>e breite demokratische Mitbestimmungsmöglichkeit haben.<br />
Gerhard Rauschenbach, Vorsitzender der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft verliest vor der Jahneiche<br />
e<strong>in</strong>e Rede. L<strong>in</strong>ks <strong>in</strong> Reiterhosen Paul Dern. Der genaue Standort der Jahneiche bei Cospeda ist heute<br />
unbekannt.<br />
92
E<strong>in</strong>e tadellose Durchführung der Wettkämpfe<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 21. Oktober 2010 Nr. 208<br />
Als sich <strong>Jena</strong> Anfang der 1950er Jahre anschickte, den Titel e<strong>in</strong>er „<strong>Sport</strong>stadt“ zu<br />
erwerben, war dies e<strong>in</strong>e Wiederbelebung von Bemühungen, die bis <strong>in</strong> die 1920er<br />
Jahre zurückreichen. Damals gelang es <strong>Jena</strong> zwar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Bereichen, wie z. B. <strong>in</strong> der<br />
Leichtathletik <strong>und</strong> im Hockey, bei nationalen Meisterschaften Spitzenergebnisse zu<br />
err<strong>in</strong>gen, <strong>in</strong>ternational spielte der <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong> allerd<strong>in</strong>gs kaum e<strong>in</strong>e Rolle. Erst Anfang<br />
der 1950er Jahre änderte sich dieses <strong>Bild</strong>, was sowohl mit den Leistungen von <strong>Jena</strong>er<br />
Athleten zu tun hatte, als auch mit der Tatsache, dass mit Zeiss, Schott <strong>und</strong> <strong>Jena</strong>pharm<br />
drei Firmen existierten, die den <strong>Sport</strong> umfangreich förderten. Die Herausbildung des<br />
Leistungsschwerpunktes Leichtathletik bei der Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaft (BSG) Carl<br />
Zeiss, der wenige Jahre später <strong>in</strong> den zentral geförderten <strong>Sport</strong>club (SC) Motor <strong>Jena</strong><br />
e<strong>in</strong>mündete, brachte dann den Durchbruch. Neben der Ausbildung von <strong>Sport</strong>lern stand<br />
die Organisation von Wettkämpfen im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit.<br />
In e<strong>in</strong>er Zeit ohne Fernsehen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em eher bescheidenen Freizeitangebot, waren<br />
Wettkämpfe ganz gleich welcher <strong>Sport</strong>art mit 1.000 Zuschauern die Normalität. So s<strong>in</strong>d<br />
Leichtathletik-Kreismeisterschaften von 1948 überliefert, wo mehr als 1.000 Zuschauer<br />
<strong>in</strong>s Stadion kamen, ebenso Eishockeyspiele der BSG Chemie z. B. gegen Apolda oder<br />
Boxwettkämpfe im Volkshaus. Zur Organisation solcher <strong>Sport</strong>ereignisse, wie sie am<br />
vergangenen Wochenende <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> der Kernberglauf darstellte, gehören <strong>und</strong> gehörten<br />
immer viele ehrenamtliche Helfer <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Handvoll engagierter Hauptorganisatoren.<br />
E<strong>in</strong> solcher war der 1905 <strong>in</strong> Dresden geborene Artur Gl<strong>in</strong>iorz. Se<strong>in</strong>e sportlichen Wurzeln<br />
hatte er <strong>in</strong> Dresden im Turnen. Selber sportlich aktiv war er im volkstümlichen Turnen,<br />
Faustball <strong>und</strong> Handball. Mit se<strong>in</strong>em Wechsel nach <strong>Jena</strong>, woh<strong>in</strong> er wegen se<strong>in</strong>er<br />
beruflichen Karriere als Werkzeugmacher zu Zeiss g<strong>in</strong>g, kam er nach Recherchen von<br />
Harry Themel zur Turngeme<strong>in</strong>de <strong>Jena</strong>. Harry Themel hat selber noch <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> mit Artur<br />
Gl<strong>in</strong>iorz zusammengearbeitet <strong>und</strong> Gl<strong>in</strong>iorz half Themel, als dieser se<strong>in</strong>e Leichtathletik-<br />
Tra<strong>in</strong>erstelle bei der Uni verlor, e<strong>in</strong>e neue berufliche Laufbahn <strong>in</strong> Dresden e<strong>in</strong>schlagen<br />
zu können. Themel ist heute e<strong>in</strong> namhafter Leichtathletikstatistiker, der erst kürzlich<br />
mit se<strong>in</strong>er Sammlung zum Frauenhürdenlauf auf sich aufmerksam machte. Zurück<br />
zu Gl<strong>in</strong>iorz, der bei der Turngeme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> gleich als „Funktionär“ begann. Die<br />
Turngeme<strong>in</strong>de war der Vere<strong>in</strong>, der se<strong>in</strong>en <strong>Sport</strong>platz neben der „Muskelkirche“<br />
hatte, wovon heute als Tafelhaus nur noch das Vere<strong>in</strong>shaus steht. Nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg wechselte Gl<strong>in</strong>iorz zur <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft (SG) Ernst Abbe (Vorläufer von Carl<br />
Zeiss). Bereits 1936 war er Vorsitzender des Bezirksverbandes <strong>Jena</strong>-Weimar-Rudolstadt<br />
der Deutschen Turner gewesen. 1948 wurde er Kreisspartenleiter Leichtathletik. Mit<br />
der Auflösung des Landes Thür<strong>in</strong>gen 1952 <strong>und</strong> der Gründung der Bezirke Erfurt, Gera<br />
<strong>und</strong> Suhl wurde er Vorsitzender des Bezirksfachausschusses (BFA) Leichtathletik Gera<br />
<strong>und</strong> blieb dies bis 1974. In dieser Zeit war er e<strong>in</strong>er der maßgeblichen Mitorganisatoren<br />
vieler nationaler <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationaler Leichtathletikwettkämpfe <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. Der erste<br />
Höhepunkt <strong>in</strong> der Nachkriegsgeschichte der Thür<strong>in</strong>ger Leichtathletik waren die<br />
Ostzonenmeisterschaften 1949 <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>, die Artur Gl<strong>in</strong>iorz als Mit-Organisator<br />
unterstützte. In fünf Diszipl<strong>in</strong>en setzten sich die <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften „Ernst<br />
Abbe“ <strong>und</strong> „Otto Schott“ durch. Zu Siegerehren kamen: Siegfriede Dempe, He<strong>in</strong>z<br />
Stephan, Horst Schlegel <strong>und</strong> Horst Rudolph <strong>und</strong> die 4x100m-Frauenstaffel der BSG<br />
93
Carl Zeiss <strong>Jena</strong>. Die sportlichen Leistungen, aber auch die tadellose Durchführung<br />
der Wettkämpfe mit e<strong>in</strong>er gewaltigen Zuschauerresonanz stärkten das Ansehen der<br />
Leichtathletik-Hochburg <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> bekräftigten den vom Oberbürgermeister Dr.<br />
Johannes Herdegen geäußerten Anspruch der Stadt <strong>Jena</strong>, dass sie e<strong>in</strong>e <strong>Sport</strong>metropole<br />
Thür<strong>in</strong>gens werden wolle. Zu den wichtigsten Wettkämpfen, die Gl<strong>in</strong>iorz <strong>in</strong> <strong>Jena</strong><br />
mitorganisierte, gehörten u. a.: 1955 der Drei-Länderkampf DDR – Belgien – Polen,<br />
der Olympia-Ausscheid 1964 <strong>und</strong> acht DDR-Meisterschaften. Nach se<strong>in</strong>em Ruhestand<br />
zog er 1977 zurück nach Dresden, wo er noch lange als Funktionär tätig war, bis er<br />
2002 verstarb.<br />
94<br />
Artur Gl<strong>in</strong>iorz (rechts) als Kampfrichter 1952 beobachtet Erich<br />
Leitel beim Kugelstoßen.
Vom Schwarzen Bären bis zum Steiger<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 30. September 2010 Nr. 205<br />
E<strong>in</strong> Foto aus dem Nachlass von Willi Tettweiler war Ausgangpunkt für e<strong>in</strong>e Recherche<br />
zu <strong><strong>Jena</strong>s</strong> Motorsportgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. In Thür<strong>in</strong>gen ist vor<br />
allem Schleiz als Stadt des Motorsports bekannt <strong>und</strong> vielleicht kennt man noch<br />
die Wartburgrally. Vor Kriegsbeg<strong>in</strong>n 1939 gab es <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen viele Auto- <strong>und</strong><br />
Motorradrennen. Besonders Bergrennen wie das Kickelhahnrennen bei Ilmenau oder<br />
das Leuchtenburgrennen waren beliebt. Letzteres wurde 1965 vom MC Carl Zeiss <strong>Jena</strong><br />
als Kahlaer Bergrennen wieder <strong>in</strong>s Leben gerufen <strong>und</strong> bis 1972 organisiert. Aber auch<br />
<strong>in</strong> Apolda gab es z. B. schon 1924 e<strong>in</strong> 100km-Rennen r<strong>und</strong> um das Mohrental, aus<br />
welchem später die bekannten Moto-Cross-Rennen wurden.<br />
Nach 1945 wurden durch Beschlüsse der alliierten Siegermächte alle <strong>Sport</strong>veranstaltungen,<br />
die e<strong>in</strong>en vormilitärischen Charakter tragen könnten, verboten. Die<br />
Motorradsportler tarnten sich häufig als Radsportler. Zum<strong>in</strong>dest für August 1948 ist <strong>in</strong><br />
<strong>Jena</strong> e<strong>in</strong> Motorradrennen als „<strong>Jena</strong>er Bergprüfung am Jägerberg“ nachgewiesen.<br />
Die Sektion Motorsport des Deutschen <strong>Sport</strong>ausschusses, dem Vorläufer des Deutschen<br />
Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>b<strong>und</strong>es (DTSB), wurde erst 1952 gegründet. Für den Bezirk Gera wurde<br />
der Bezirksfachausschuss (BFA) im September des gleichen Jahres konstituiert. Aus <strong>Jena</strong><br />
wurden Walter Dresselt, Fritz Bauer <strong>und</strong> Dr. Manger BFA-Mitglieder. Vorher war der<br />
Motorsport als vormilitärische <strong>Sport</strong>art e<strong>in</strong>e Domäne der Gesellschaft für <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong><br />
Technik (GST). Schon am 14. Juni 1952 hatte es <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> die 1. Motoradleistungsfahrt<br />
gegeben. Die 340km lange Strecke führte meist auf Nebenstraßen <strong>und</strong> Feldwegen von<br />
<strong>Jena</strong> nach Hermsdorf – Triptis – Leutra – Mell<strong>in</strong>gen – Apolda zurück nach <strong>Jena</strong>. Dr.<br />
Lieber, damaliger Thür<strong>in</strong>gens Justizm<strong>in</strong>ister gab auf dem Marktplatz den Startschuss.<br />
Die Starter kamen vor allem aus Thür<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Sachsen. <strong>Jena</strong>er gewannen <strong>in</strong> den<br />
Klassen 125 ccm (Gottschalk), 500 ccm (L<strong>in</strong>z) <strong>und</strong> 800 ccm (John). E<strong>in</strong> Jahr später<br />
wurde dieser Wettbewerb gleich zwei Mal <strong>und</strong> zwar am 14. <strong>und</strong> 24. Juni u. a. mit e<strong>in</strong>er<br />
Geschw<strong>in</strong>digkeitsprüfung organisiert. Die Geschw<strong>in</strong>digkeitsstrecke führte etwa vom<br />
Schwarzen Bären über den heutigen Fürstengraben, an der Friedenskirche vorbei bis<br />
zum Beg<strong>in</strong>n des Steigers. Im Oktober des Jahres 1953 fanden dann <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> die erstmals<br />
ausgetragenen „DDR-Meisterschaften im Motorrad-Geländesport für Motorräder aller<br />
Klassen der serienmäßigen Fabrikation“ statt. Start <strong>und</strong> Ziel war wieder der Marktplatz<br />
<strong>und</strong> im Gasthaus „Zur Sonne“ saß das Organisationsbüro. Es gab drei Prüfungen zu<br />
bestehen: die Startprüfung, die Zuverlässigkeitsfahrt auf Straßen <strong>und</strong> im Gelände<br />
<strong>und</strong> die Geschw<strong>in</strong>digkeitsprüfung im Gelände. Für letzteres wurde der obere Steiger<br />
genutzt. Ansonsten wurden zwei R<strong>und</strong>kurse von jeweils 165 km um <strong>Jena</strong>, e<strong>in</strong>mal rechts<br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong>mal l<strong>in</strong>ks herum, gefahren. 95% der Strecke waren Wald- <strong>und</strong> Feldwege. Unter<br />
den Teilnehmer war auch der später legendäre DDR-Autorennfahrer He<strong>in</strong>z Melkus.<br />
Die Motorräder aus der jungen DDR-Industrie, wie die IFA-RT 125, konnten zwar<br />
leistungsmäßig gut mithalten, verloren aber häufig die vorderen Schutzbleche, wie aus<br />
e<strong>in</strong>em Zeitungsbericht <strong>in</strong> der „Volkswacht“ zu entnehmen war. Auf erste Plätze kamen<br />
die Thür<strong>in</strong>ger Wendel <strong>und</strong> Patzke aus Gera <strong>und</strong> Pohlan aus Eisenach. <strong>Jena</strong>er Fahrer<br />
waren nicht unter den Siegern. Günther Baumann, der e<strong>in</strong>zige <strong>Jena</strong>er, der namentlich<br />
benannt wurde, stürzte <strong>und</strong> verlor dadurch den Anschluss an se<strong>in</strong>e Gruppe.<br />
95
Anfangs waren die Motorsportler noch <strong>in</strong> den Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaften organisiert.<br />
Mit der Gründung des MC Carl Zeiss <strong>Jena</strong> 1957, der damals 185 Mitglieder hatte,<br />
g<strong>in</strong>gen dann die vielen Motorsportler <strong>und</strong> Motortouristen <strong>in</strong> diesen Motorsportclub.<br />
Dieser verfügte später über eigene Zeltplätze an den Saaletalsperren, was die<br />
Mitgliedergew<strong>in</strong>nung sehr positiv bee<strong>in</strong>flusste. 1983 waren hier 1.700 Motorsportfre<strong>und</strong>e<br />
organisiert. In den ersten 25 Jahren se<strong>in</strong>er <strong>Geschichte</strong> gewannen die Aktiven des MC<br />
Carl Zeiss <strong>Jena</strong> 45 DDR-Meistertitel <strong>in</strong> den verschiedensten Wertungsklassen.<br />
Das Foto stammt vermutlich von der Geschw<strong>in</strong>digkeitsprüfung 1952. Die Teilnehmer nahmen <strong>in</strong><br />
der Höhe des Kupferhütchens Aufstellung um dann <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Gruppen bis zum Start am heutigen<br />
Fürstengraben vorzurollen.<br />
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Eishockey auf dem Schleichersee<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 4. August 2010 Nr. 197<br />
Bereits Mitte 1949 berichtete der damalige <strong>Jena</strong>er Oberbürgermeister Herdegen vor<br />
den Stadtverordneten, dass es im Zusammenhang mit der Entwicklung von <strong>Jena</strong> als<br />
e<strong>in</strong>er <strong>Sport</strong>metropole <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen u. a. Pläne für den Bau e<strong>in</strong>er Rollschuhbahn auf<br />
dem „Eichplatz“ gäbe. Man hätte aber nicht genügend Platten. Seitdem wird immer<br />
wieder der Nimbus der „<strong>Sport</strong>stadt <strong>Jena</strong>“ <strong>in</strong> den Medien <strong>und</strong> von Politikern zitiert.<br />
E<strong>in</strong>er der wesentlichen Träger war neben der BSG (Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaft) Motor<br />
<strong>Jena</strong> seit 1950 die neue BSG Chemie <strong>Jena</strong>. H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> dieser Ausgründung aus der<br />
BSG Schott waren Beschlüsse der Regierung der jungen DDR, dass die Chemie<strong>in</strong>dustrie<br />
zügig aufgebaut werden sollte. Dadurch erhielten Mitarbeiter <strong>und</strong> Betriebe dieses<br />
Zweiges der Volkswirtschaft e<strong>in</strong>e besondere Förderung. Von der BSG Chemie <strong>Jena</strong><br />
wurde der Bau oben schon genannter Rollschuhbahn für diese neue <strong>Sport</strong>art <strong>in</strong> <strong>Jena</strong><br />
geplant. E<strong>in</strong> Herbert Schneider (Holzmarkt 3), der sich selber als Schlittschuhläufer<br />
<strong>und</strong> mehrfacher Meister im Kunstlaufen bezeichnete, schlug 1951 der Stadtverwaltung<br />
vor, e<strong>in</strong>e Rollschuhbahn <strong>in</strong> den Abmessungen von 20x40m <strong>und</strong> umgebender Laufbahn<br />
zu bauen. 1953 legte e<strong>in</strong> Projektant e<strong>in</strong>en entsprechenden Plan vor. Davor hatte sich<br />
der zuständige Rollschuhlaufchef von Chemie, Max Schröder, mehrfach mit Schreiben<br />
an die Stadt gewandt. Als Standort war der geplante Pionierpark, der im Zuge des<br />
Baus e<strong>in</strong>es Zentralbahnhofs im Bereich der heutigen Rasenmühlen<strong>in</strong>sel entstehen<br />
sollte, im Gespräch. Die Kostenplanung lag bei 12.000 Mark. Die <strong>Sport</strong>ler der BSG<br />
Chemie boten an, im Nationalen Aufbauwerk (NAW) 2.500 Arbeitsst<strong>und</strong>en leisten zu<br />
wollen. Chemie hatte <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>e aktive Rollkunstlaufgruppe, die <strong>in</strong> der <strong>Sport</strong>halle<br />
der Paradiesschule tra<strong>in</strong>ierte. Außerdem gab es e<strong>in</strong>e Rollhockeymannschaft, die<br />
erfolgreich <strong>in</strong> der DDR-Liga spielte <strong>und</strong> mit dem Aufstieg <strong>in</strong> die Oberliga spekulierte.<br />
Als Spielfläche schlugen die Hockeysportler die Betonfläche des Knebelbunkers<br />
vor, dort wo derzeit der Busbahnhof gebaut wird. Dies wurde aber 1955 von der<br />
Stadtverwaltung mit dem H<strong>in</strong>weis auf den <strong>in</strong> Arbeit bef<strong>in</strong>dlichen <strong>Sport</strong>stättenplan<br />
abgelehnt, der e<strong>in</strong>e Zersplitterung der <strong>Sport</strong>stätten verh<strong>in</strong>dern sollte. Nach 1955<br />
wurden bisher ke<strong>in</strong>e weiteren Quellen zur Rollschuhbahn im Stadtarchiv gef<strong>und</strong>en,<br />
was etwa mit der E<strong>in</strong>schränkung der Leistungssportförderung bei Chemie e<strong>in</strong>herg<strong>in</strong>g.<br />
Während <strong>in</strong> anderen Städten, wie <strong>in</strong> Weimar oder Gera Rollschuhsport weiter ausgebaut<br />
wurde, konzentrierte man sich <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> auf die Leichtathletik. Weimar erreichte <strong>in</strong> den<br />
folgenden Jahren mehr als zehn Meistertitel im Rollkunstlauf. Zwei bekannte <strong>Jena</strong>er<br />
<strong>Sport</strong>ler<strong>in</strong>nen, die zusammen <strong>in</strong> der erfolgreichen Jugendbasketballmannschaft<br />
der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft spielten, s<strong>in</strong>d zwischen 1952 <strong>und</strong> 1954 aktive<br />
Rollkunstläufer<strong>in</strong>nen bei Chemie <strong>Jena</strong> gewesen. Marlies Wagner, heute Goldammer <strong>und</strong><br />
Ingrid Dahmen, heute Unangst, gehörten zur Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsgruppe von Edith <strong>und</strong> Rolf Müller.<br />
Neben der <strong>Sport</strong>halle <strong>in</strong> der Paradiesschule nutzten sie e<strong>in</strong>e Rollschuhbahn, die auf der<br />
Fläche des K<strong>in</strong>derplanschbeckens im geschlossenen Lichtenha<strong>in</strong>er Bad existierte. Außer<br />
Rollkunstlauf <strong>und</strong> Rollhockey sollte <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> auch e<strong>in</strong>e Eishockeymannschaft aufgebaut<br />
werden. Bereits seit 1948 ist <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>e Eishockeymannschaft mehr oder weniger<br />
aktiv. Auf e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Eisbahn auf dem Schleichersee trafen sich e<strong>in</strong>ige <strong>Sport</strong>ler zum<br />
ersten Eishockey-Spiel. In Apolda nahmen sie an e<strong>in</strong>em Turnier teil, wo sie gegen<br />
die Gastgeber haushoch verloren. Gegen e<strong>in</strong>e junge Weimarer Mannschaft gewannen<br />
97
sie dagegen 5:0. Für das Roll- <strong>und</strong> Eishockeyfeld auf der Rasenmühle wurden sogar<br />
Pläne geschmiedet, diese als Kunsteisbahn auszubauen <strong>und</strong> dafür die Kühlaggregate<br />
der <strong>Jena</strong>er Brauerei am Felsenkeller zu nutzen. Warum diese Projekte dann Mitte der<br />
1950er Jahre e<strong>in</strong>geschlafen s<strong>in</strong>d, ist nicht bekannt. Die Leistungssportentwicklung<br />
konzentrierte sich zunehmend auf den neu gegründeten <strong>Sport</strong>club Motor <strong>Jena</strong>, wo<br />
weder Eis- noch Rollschuhsport e<strong>in</strong>e Rolle spielten.<br />
Rollkunstlaufgruppe von Chemie <strong>Jena</strong> Mitte Anfang der 1950er Jahre, rechts vorne Marlies Wagner.<br />
98
Vom Abendschauturnen im Abbe-Stadion<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 16. September 2010 Nr. 203<br />
In den 1950er Jahren hatten fast alle <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften Turnabteilungen.<br />
Die leistungsstärksten waren bei der BSG Motor Zeiss, bei Motor Schott <strong>und</strong> bei der<br />
HSG der Uni. Viele Turnwettkämpfe fanden noch im Freien statt. Bereits 1948 gab<br />
es im Stadion mit e<strong>in</strong>em Abendschauturnen den ersten Höhepunkt nach Kriegsende.<br />
Die Ostzonenriege <strong>und</strong> die Kreisfrauenturnriege, sowie alle Gruppen der Turnabteilung<br />
von Ernst Abbe <strong>Jena</strong> (später BSG Motor Zeiss) waren beteiligt. Die Altmeister Müller<br />
(Leuna), Limburg (Ruhla), W<strong>in</strong>kler (Schmölln) <strong>und</strong> Kästner (Weimar) waren mit dabei.<br />
Für 1950 s<strong>in</strong>d die Landeshochschulmeisterschaften im Gerätturnen <strong>in</strong> Gotha belegt. Im<br />
Achtkampf der Frauen gewann Edith Hüther vor Wiltrud Seifert (alle Uni <strong>Jena</strong>). In der<br />
E<strong>in</strong>zelwertung belegte Hüther an allen Geräten Platz 1. Sie wurde im gleichen Jahr auch<br />
DDR-Vizestudentenmeister<strong>in</strong> im Kunstspr<strong>in</strong>gen vom 3m-Brett. Bei der BSG Motor Zeiss<br />
entwickelte sich vor allem aus guten Nachwuchsturner<strong>in</strong>nen <strong><strong>Jena</strong>s</strong> leistungsstärkste<br />
Frauenriege. So kamen alle<strong>in</strong> vier Mädchen aus der Ostschule (Müller, Maul, Freyer,<br />
Kregelius). Dazu stieß 1952 die <strong>Sport</strong>student<strong>in</strong> Feo Weibel, die beim I. Deutschen<br />
Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>fest <strong>in</strong> Leipzig im Geräte-Achtkampf Turnfestsieger<strong>in</strong> wurde. Kurzzeitig<br />
starteten die Leistungsturner<strong>in</strong>nen für die HSG, bevor dann die bessere Förderung beim<br />
SC Motor dazu führte, dass sie samt Tra<strong>in</strong>er Gutewort <strong>und</strong> Wesiger wechselten. Bei<br />
den Männern war die BSG Motor Zeiss <strong>und</strong> ab 1955 der SC Motor Zeiss e<strong>in</strong>e führende<br />
Mannschaft im DDR-Leistungsturnen. Mit Gerhard Braune, Lothar Heil <strong>und</strong> Fritz Böhm<br />
waren zeitweilig drei DDR-Meister <strong>in</strong> diesem Leistungszentrum, was sich auch auf die<br />
Frauenriege positiv auswirkte. Bei Vergleichskämpfen waren immer Männer <strong>und</strong> Frauen<br />
gleichberechtigt am Start. 1954 fanden z. B. <strong>in</strong> der <strong>Sport</strong>halle der Muskelkirche die<br />
Vorkämpfe zum Interzonenvergleichskampf im Geräte-Kunstturnen der Männer <strong>und</strong><br />
Frauen zwischen der Frankfurter Turn- <strong>und</strong> Fechtgeme<strong>in</strong>de „E<strong>in</strong>tracht 1861“ <strong>und</strong> der<br />
Stadtmannschaft <strong>Jena</strong> statt. Die Endkämpfe wurden im Palast-Theater organisiert.<br />
Für <strong>Jena</strong> starteten: Siegrid Kregelius, Margit Maul, Gisela Freyer, Gisela Menzel, Feo<br />
Waibel, Renate Müller <strong>und</strong> Gisela Rath. Bei den Männern turnten Fritz Porges, Peter<br />
Kröpl<strong>in</strong>, Re<strong>in</strong>hard Gräf, Kurt Rosemann, Harry Pippardt, He<strong>in</strong>z Franke <strong>und</strong> Gerhard<br />
Braune. Frankfurt gewann bei den Männern <strong>und</strong> bei den Frauen gewann <strong>Jena</strong> mit 18<br />
Punkten Vorsprung. Wenig später hatte der Vater von Siegrid Kregeluis Verb<strong>in</strong>dungen<br />
nach Kassel hergestellt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Nationalen Vergleichskampf im Kunstturnen gegen<br />
den KSV „Hessen“ Kassel <strong>in</strong>itiiert. Die Besetzung der <strong>Jena</strong>er war ähnlich wie gegen<br />
Frankfurt. Diesmal gewannen die <strong>Jena</strong>er Männer mit 306,05 : 303,15 <strong>und</strong> die <strong>Jena</strong>er<br />
Frauen mit 207,05 : 185,4. Beste <strong>Jena</strong>er Turner<strong>in</strong> wurde Renate Müller. Insgesamt<br />
25 Mannschaftswettkämpfe im Turnen s<strong>in</strong>d zwischen 1951 <strong>und</strong> 1955 registriert. Mit<br />
der Gründung vom <strong>Sport</strong>club (SC) Motor <strong>Jena</strong> wurde Wolfgang Gutewort offizieller<br />
Frauentra<strong>in</strong>er <strong>und</strong> Wilfried Wesiger se<strong>in</strong> Assistent. Als Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsstätte stand die Turnhalle<br />
des Instituts für Körpererziehung zur Verfügung, wo beide als Lehrkräfte arbeiteten.<br />
Gutewort beschäftigte sich auch sportwissenschaftlich mit dem Turnen. Se<strong>in</strong> erster<br />
Artikel <strong>in</strong> der Zeitschrift Gymnastik <strong>und</strong> Turnen unter der Überschrift „Beiträge zur<br />
Leistungssteigerung im Frauenturnen“ erschien 1955 <strong>und</strong> setzte neue Maßstäbe.<br />
Gute Turner<strong>in</strong>nen wurden von auswärts nach <strong>Jena</strong> geholt. Es gab relativ günstige<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs- <strong>und</strong> Wettkampfbed<strong>in</strong>gungen, die sich u. a. durch tägliche Freistellungen für<br />
99
das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g auszeichneten. Die Turnhalle des Instituts wurde bis 1958 e<strong>in</strong>e wichtige<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsstätte <strong>und</strong> im Hof des Instituts gab es e<strong>in</strong>e Turnanlage im Freien.<br />
100<br />
Die Turner<strong>in</strong>nen von Motor <strong>Jena</strong> mit Wolfgang Gutewort auf dem Turnplatz im Hof<br />
der „Muskelkirche“.
E<strong>in</strong>en Schrebergarten für den Rektor<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 1. April 1940<br />
Dass auf den Wiesen <strong>in</strong> der Nähe der Teufelslöcher, wo jetzt die USV-<strong>Sport</strong>halle steht,<br />
<strong>Sport</strong> getrieben wird, geht bis auf die Zeit um 1920 zurück. Damals etablierte sich hier die<br />
Turngeme<strong>in</strong>de, e<strong>in</strong>er von <strong><strong>Jena</strong>s</strong> fünf Turnvere<strong>in</strong>en. 1921 gehörte die Turngeme<strong>in</strong>de mit<br />
510 Mitgliedern zu den größten Vere<strong>in</strong>en <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. „Der Spielbetrieb fand auf dem schön<br />
e<strong>in</strong>gerichteten Spielplatz an der Wöllnitzer Straße statt“, hieß es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em damaligen<br />
Zeitungsbericht. 1924/1925 bauten der Turnvere<strong>in</strong> <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> die Turngeme<strong>in</strong>de <strong>Jena</strong><br />
hier zwei <strong>Sport</strong>plätze parallel zur Wöllnitzer Straße, die dann später von der Universität<br />
bzw. dem Land Thür<strong>in</strong>gen gegen Entschädigung für den Bau der Landesturnanstalt<br />
(Muskelkirche) übernommen wurden. Seit 1928 tra<strong>in</strong>ierten h<strong>in</strong>ter der noch im Bau<br />
bef<strong>in</strong>dlichen Landesturnanstalt zusätzlich die Freie Turnerschaft <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> die Freie<br />
<strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>igung <strong>Jena</strong>, die zum Arbeiter Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>b<strong>und</strong> gehörten. Um diese<br />
Zeit plante die Stadt im Anschluss an die Landesturnanstalt den Bau e<strong>in</strong>es städtischen<br />
Stadions. In den 1930er Jahren versuchte das <strong>in</strong> der Muskelkirche gegründete Institut<br />
für Leibesübungen h<strong>in</strong>ter dem Gebäude mit Hilfe des Reichsarbeitsdienstes e<strong>in</strong>en<br />
<strong>Sport</strong>platz zu bauen, was aber daran scheiterte, dass die von Schott angelieferte<br />
Schlacke zu viele Glassplitter be<strong>in</strong>haltete. Im Zweiten Weltkrieg wurden e<strong>in</strong>zelne<br />
Flächen zum Anbau von Gemüse genutzt. Nach Freigabe durch die Rote Armee, die<br />
ab Juli 1945 die Muskelkirche als „Kaserne“ nutzte, machte die Universitätsleitung<br />
1948 den Vorschlag, auf diesem 28.000qm großen Gelände e<strong>in</strong>e Schrebergartenanlage<br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Werksküchengarten anzulegen. Das Uni-Gut Zwätzen hatte dann e<strong>in</strong>en Teil<br />
des brachliegenden Geländes umgeackert. Der Kurator der Universität, was etwa dem<br />
heutigen Kanzler entspricht, nutzte 1948 diese Gartenfläche, um bei Rufverhandlungen<br />
die Übergabe von Kle<strong>in</strong>gärten an Professoren mit aufzunehmen. Er bat auch bei der<br />
zuständigen Vergabekommission der Kle<strong>in</strong>gärten „…um die Berücksichtigung von<br />
Magnifizenz“, d. h. dem damaligen Rektor Prof. Dr. Friedrich Zucker. Da Zaunmaterial<br />
für die Schrebergärten h<strong>in</strong>ter der Landesturnanstalt schwer zu beschaffen war, wurde<br />
überlegt, ob man e<strong>in</strong>e Wachbaracke bis zur Frühgemüseernte errichten könne. Am 12.<br />
Februar 1948 verloste die Kommission die auf dem Gelände der Landesturnanstalt<br />
vermessenen 26 Kle<strong>in</strong>gärten unter Universitätsangehörigen, darunter die Professoren<br />
Ernst Kordes, Karl Griewank, Albert Preedek, Friedrich Zucker, Franz He<strong>in</strong>, Mart<strong>in</strong><br />
Kersten, Eduard v. Jahn, Stefan W<strong>in</strong>kle <strong>und</strong> Direktor Walter Wolf. 1950 gerieten diese<br />
Gärten noch e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> den Fokus der Universitätsverwaltung. Es wurde der Befall des<br />
Gartenlandes mit Kartoffelkäfern festgestellt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Kartoffelkäfer-Ableseaktion<br />
angeordnet. Auf der Restfläche wurde ab 1950 vom wieder gegründeten Institut für<br />
Körpererziehung <strong>in</strong> freiwilliger „Aufbauarbeit“ der Lehrkräfte <strong>und</strong> Studenten e<strong>in</strong>e<br />
schöne <strong>Sport</strong>anlage mit Volleyball-, Fußball <strong>und</strong> Basketball- <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Turnplatz mit<br />
R<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Reck geschaffen. Leichtathletik wurde von den <strong>Sport</strong>studenten auf dem<br />
1931 geschaffenen <strong>Sport</strong>platz der Turngeme<strong>in</strong>de nord-westlich vor dem Institut, wo<br />
heute die Schnellstraße verläuft, tra<strong>in</strong>iert. Die strenge B<strong>in</strong>dung der Gärten an die<br />
Universitätszugehörigkeit wurde bei den Kle<strong>in</strong>gärten nach <strong>und</strong> nach aufgehoben, so<br />
dass zunehmend Anlieger aus dem Kernbergviertel hier Gärten erhielten. Es entstand<br />
e<strong>in</strong> Schrebergartenheim, welches sich zu e<strong>in</strong>er beliebten Kneipe der <strong>Sport</strong>studenten<br />
entwickelte. Ab 1967 wurde <strong>in</strong> mehreren Schritten die Gartenanlage aufgelöst, um<br />
101
e<strong>in</strong>en <strong>Sport</strong>platz für das <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut zu bauen, welches die ehemaligen Plätze der<br />
Turngeme<strong>in</strong>de wegen dem Schnellstraßenbau verlor. Die Restgartenfläche verschwand<br />
dann beim Bau der K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendsportschule, dem heutigem <strong>Sport</strong>gymnasium.<br />
Der <strong>in</strong> der Wöllnitzer Straße wohnende Willi Tettweiler, der bei <strong>Jena</strong>pharm arbeitete, hatte um 1953<br />
e<strong>in</strong>en Kle<strong>in</strong>garten h<strong>in</strong>ter der Muskelkirche bekommen. Die markante Silhouette erkennt man im<br />
H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>.<br />
102
Die Wurzeln des Basketballs<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 3. Dezember 2009 Nr. 162<br />
Die Basketballgeschichte <strong>in</strong> der DDR ist mit knapp 50 Jahren relativ jung. Obwohl bereits <strong>in</strong><br />
Vorbereitung der Olympischen Spiele 1936 <strong>in</strong> Deutschland gezielt Basketball als <strong>Sport</strong>art<br />
entwickelt wurde, da dieses schnelle Ballspiel auf der Liste der Demonstrationssportarten<br />
stand, konnte es sich nicht richtig durchsetzen. Nach erfolgreicher Vorführung während<br />
der Spiele erhielt es den Status e<strong>in</strong>er Olympiasportart. Von <strong>Jena</strong> ist bekannt, dass <strong>in</strong><br />
dieser Zeit <strong>in</strong> der großen Halle der „Muskelkirche“ Basketballkörbe <strong>in</strong>stalliert waren<br />
<strong>und</strong> alle Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrerstudenten mit der <strong>Sport</strong>art vertraut gemacht wurden.<br />
1940 g<strong>in</strong>g sogar e<strong>in</strong>e Basketball-Studentenmannschaft der Uni <strong>Jena</strong> bei den Deutschen<br />
Hochschulmeisterschaften <strong>in</strong> Braunschweig an den Start. So richtig g<strong>in</strong>g es <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> mit<br />
dem Basketball aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg los, als 1951 der <strong>Sport</strong>student<br />
<strong>und</strong> Volleyballer Wolfgang Hercher von e<strong>in</strong>em Basketball-Übungsleiterlehrgang zurück<br />
kam. Er gründete <strong>in</strong> der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft sowohl e<strong>in</strong>e Männer- als auch<br />
e<strong>in</strong>e Frauenmannschaft. Die Mehrzahl der Mannschaftmitglieder, bei den Frauen sogar<br />
alle, waren ursprünglich Volleyballspieler. Ihr erstes offizielles Spiel hatten die Männer<br />
Anfang Dezember 1950 <strong>in</strong> Wurzen. Basketball gehörte damals zu den Ballsportarten,<br />
die weltweit am verbreitetsten waren. Immerh<strong>in</strong> umfasste der <strong>in</strong>ternationale<br />
Basketballverband damals 60 Nationen, im Fußball waren es nur 28 <strong>und</strong> im Handball<br />
sogar nur neun. Die Studentenzeitung der Freien Deutschen Jugend (FDJ) „Forum“<br />
begrüßte das 1. DDR Basketballturnier mit den <strong>Wort</strong>en: „Deshalb ist es zu begrüßen,<br />
dass die demokratische <strong>Sport</strong>bewegung <strong>in</strong> richtiger E<strong>in</strong>schätzung der sportlicherzieherischen<br />
Werte sich zu e<strong>in</strong>er Hauptaufgabe gestellt hat, e<strong>in</strong>e größere Anzahl von<br />
<strong>Sport</strong>fre<strong>und</strong>en für Basketball zu <strong>in</strong>teressieren.“<br />
Zum ersten Basketballturnier <strong>in</strong> Wurzen waren <strong>in</strong>sgesamt die besten acht<br />
Mannschaften der DDR e<strong>in</strong>geladen worden. Die Mehrzahl der Mannschaften stammte<br />
von Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaften (HSG). Aus Berl<strong>in</strong>, Halle, <strong>Jena</strong>, <strong>und</strong> Rostock kamen<br />
Universitätsmannschaften angereist, dazu kam noch die Deutsche Hochschule für<br />
Körperkultur (DHfK) Leipzig. Stahl Lauchhammer, Rotation Dresden <strong>und</strong> die Gastgeber<br />
E<strong>in</strong>heit Wurzen kamen aus dem „nichtakademischen“ Bereich. Die Gebrüder Viktor<br />
<strong>und</strong> Georg Ziegler aus Wurzen waren die Initiatoren des Turniers <strong>und</strong> e<strong>in</strong> ausgebauter<br />
Produktionsschuppen diente als Spielhalle. Ähnlich wie die Gebrüder Weise gehörte<br />
auch der <strong>Jena</strong>er Hauptakteur Wolfgang Hercher zur gerade erst gebildeten DDR-<br />
Auswahlmannschaft. Der Autor des Zeitungsartikels im „Forum“, der <strong>Jena</strong>er<br />
<strong>Sport</strong>student Manfred Danker, hob die <strong>Jena</strong>er Mannschaft trotz des nur fünften<br />
Platzes lobend hervor: „In diesem auserlesenen Feld von Mannschaften, die zum Teil<br />
schon auf e<strong>in</strong> 1 ½ jähriges Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g zurückblicken, war der 5. Platz der jungen <strong>Jena</strong>er<br />
Vertretung…e<strong>in</strong>e Überraschung. Durch schlechte Hallenverhältnisse – <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> herrscht<br />
e<strong>in</strong> erschreckender Mangel an geeigneten Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>hallen – konnten die <strong>Jena</strong>er<br />
Studentensportler <strong>in</strong>sgesamt nur sechs Mal „tra<strong>in</strong>ieren.“ Turniersieger wurde die HSG<br />
Halle, die Anfang der 1950er Jahre zu den Spitzenvere<strong>in</strong>en im Studentensport der DDR<br />
zählte.<br />
103
Vom Spiel 1950 <strong>in</strong> Wurzen wurde noch ke<strong>in</strong> Foto gef<strong>und</strong>en, allerd<strong>in</strong>gs von der ersten Punktspielserie.<br />
Die HSG „Wissenschaft“ <strong>Jena</strong> Mannschaft (dunkles Trikot) hier Anfang 1953 nach e<strong>in</strong>em Punktspiel<br />
gegen E<strong>in</strong>heit Wurzen. L<strong>in</strong>ks vorn (Nr. 7) Wolfgang Hercher, der sowohl Spieler als auch Tra<strong>in</strong>er der<br />
<strong>Jena</strong>er Studentenmannschaft war, daneben Ziegler <strong>und</strong> Deltow, h<strong>in</strong>ten rechts Bertram Schnorr.<br />
104
E<strong>in</strong> Deutscher Meister im Zwölfkampf<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 28. Januar 2010 Nr. 170<br />
Als „Gründungsort“ des Turnens wird oft der von Friedrich Ludwig Jahn errichtete<br />
Turnplatz <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er Hasenheide benannt. Man kann aber auch <strong>Jena</strong> zu e<strong>in</strong>em der<br />
wichtigen Ausgangsorte des Turnens zählen. Aufenthalte von Friedrich Ludwig Jahn <strong>in</strong><br />
<strong>Jena</strong> s<strong>in</strong>d spätestens seit 1801 nachgewiesen, wo er als Privatgelehrter an der Universität<br />
sprach- <strong>und</strong> geschichtswissenschaftliche Studien für se<strong>in</strong> Buch „Deutsches Volkstum“<br />
(1805 erschienen) betrieb. Bei der Gründung der Urbuschenschaft 1815 <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> soll er<br />
se<strong>in</strong>e Hände im Spiel gehabt haben, zum<strong>in</strong>dest die Turnordnung der Burschenschaft<br />
geht auf ihn zurück. 1816 erhielt Friedrich Ludwig Jahn sogar die Ehrendoktorwürde<br />
der <strong>Jena</strong>er Universität für se<strong>in</strong>e patriotischen <strong>und</strong> sprachwissenschaftlichen Verdienste.<br />
Zwischen 1858 <strong>und</strong> 1900 entstanden <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> fast zehn Turnvere<strong>in</strong>e, wenn man die<br />
akademischen Turnerschaften mitrechnet. Neben den <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>en 1. SV <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> VFB<br />
<strong>Jena</strong> waren die Turnvere<strong>in</strong>e bis 1945 die größten Vere<strong>in</strong>e der Stadt. Nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg gründeten sie sich zum Teil unter neuem Namen wieder, wurden aber 1949<br />
per Dekret <strong>in</strong> Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaften umgewandelt. Dazu gehörte auch die<br />
<strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft Schott, die neben Zeiss schon 1947 über e<strong>in</strong>e Turnabteilung verfügte.<br />
Hier turnte auch Gerhard Braune, der schon vor 1945 als Schüler e<strong>in</strong> erfolgreicher Turner<br />
war <strong>und</strong> von e<strong>in</strong>em der rührigsten Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>förderer bei Schott, Paul Duphorn,<br />
aktiv unterstützt wurde. Wer Braunes erste Übungsleiter waren, ist noch nicht ermittelt<br />
worden, aber Namen wie Herbert Menzel <strong>und</strong> Max Kirsten spielen e<strong>in</strong>e wichtige Rolle.<br />
Seit 1949 turnte Gerhard Braune <strong>in</strong> der Stadtmannschaft bei verschiedenen Vergleichs-<br />
<strong>und</strong> Schauwettkämpfen. Dass er 1951 als Glasbläser bei Schott e<strong>in</strong>gestellt wurde,<br />
ist sicher Paul Duphorn zu verdanken. Dieser Arbeitsstellenwechsel war u. a. damit<br />
verb<strong>und</strong>en, dass er für se<strong>in</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g oder Wettkampffahrten auch mal e<strong>in</strong>e Freistellung<br />
von der Arbeit erhielt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e bessere Lebensmittelkarte bekam. Ab 1952 begann<br />
se<strong>in</strong> steiler Aufstieg als erfolgreichster Leistungsturner <strong><strong>Jena</strong>s</strong> mit zwei Silbermedaillen<br />
(Barren <strong>und</strong> Bodenturnen) bei DDR-Meisterschaften. Bis 1957 stand er jedes Jahr bei<br />
DDR-Meisterschaften auf dem Treppchen. Se<strong>in</strong> bestes Jahr war 1954, als er gleich<br />
drei Deutsche Meistertitel am Reck, im Pferdsprung <strong>und</strong> vor allem im Zwölfkampf, der<br />
Königsdiszipl<strong>in</strong> des Turnens, errang. Es gab <strong>in</strong> der Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>geschichte <strong><strong>Jena</strong>s</strong><br />
nur e<strong>in</strong>en „Jenenser“, der für <strong>Jena</strong> startend Deutscher Meister im Zwölfkampf wurde.<br />
Lothar Heil <strong>und</strong> Fritz Böhm, die ebenfalls für <strong>Jena</strong> turnend Meister wurden, waren ke<strong>in</strong>e<br />
gebürtigen Jenenser. Vielleicht waren die Erfolge von Braune <strong>und</strong> Heil ausschlaggebend,<br />
dass bei der Gründung des <strong>Sport</strong>clubs (SC) Motor <strong>Jena</strong> 1954 e<strong>in</strong>e Turnabteilung mit<br />
angegliedert wurde. In dieser wurden im Laufe der Jahre 1954 – 60 viele Spitzenturner<br />
aus den Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaften der DDR zusammengezogen. Gerhard Braune<br />
war <strong>in</strong> dieser Gruppe der Beste <strong>und</strong> so etwas wie der „Vorturner“. Als erster Turner <strong>in</strong><br />
Deutschland turnte er das schwierige Element der Riesenfelge-Ellgriffs, wofür er vom<br />
DDR-Turnpräsidenten e<strong>in</strong>en extra ausgelobten Fotoapparat erhielt. Er gehörte bis Ende<br />
der 1950er Jahre zur DDR-Nationalmannschaft <strong>und</strong> kam u. a. bei e<strong>in</strong>em Länderkampf<br />
<strong>in</strong> Bulgarien <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Länderkampf gegen Ch<strong>in</strong>a, der <strong>in</strong> Greiz ausgetragen wurde,<br />
zum E<strong>in</strong>satz. 1960 beendete er se<strong>in</strong>e Laufbahn als Leistungsturner, blieb aber bis zu<br />
se<strong>in</strong>em plötzlichen Tode 1991 dem <strong>Sport</strong> bei der BSG Motor Schott eng verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
war bei vielen Betriebssportfesten <strong>in</strong> den verschiedensten <strong>Sport</strong>arten aktiv.<br />
105
Se<strong>in</strong>e größten Erfolge:<br />
1952 DDR-Meisterschaft 2. Platz am Barren <strong>und</strong> am Boden<br />
1953 Deutscher Meister am Reck, 2. Platz DDR-Meisterschaft, Zwölfkampf Dritter Platz<br />
1954 DDR-Meisterschaft 1. Platz Zwölfkampf, Reck <strong>und</strong> Pferdsprung<br />
1955 DDR-Meister Pferdsprung <strong>und</strong> Reck, 2. Platz Boden<br />
1956 2. Platz Boden, 3. Platz Reck<br />
Erich Braune erhielt 1954 aus den Händen von Walter Ulbricht die Ehrenurk<strong>und</strong>e für den Titel „Meister<br />
des <strong>Sport</strong>s“. Dies war damals e<strong>in</strong>e der höchsten Auszeichnungen für aktive <strong>Sport</strong>ler <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>er<br />
Prämie von 1000 Mark verb<strong>und</strong>en, was etwa drei Monatslöhnen e<strong>in</strong>es Normalverdieners entsprach.<br />
106
E<strong>in</strong>e Turnlegende wird 80<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 6. Oktober 2009<br />
Er ist wahrsche<strong>in</strong>lich das letzte noch lebende Mitglied des 1859, also vor über 150<br />
Jahren gegründeten <strong>Jena</strong>er Turnvere<strong>in</strong>s. Harry Pippardt wurde am 6. Oktober 1929<br />
geboren. Se<strong>in</strong> Vater war Vorturner im <strong>Jena</strong>er Turnvere<strong>in</strong>, auch Jahnturnvere<strong>in</strong> genannt.<br />
Se<strong>in</strong>e Mutter gehörte zur Damenriege. Es ist daher nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass er e<strong>in</strong>en<br />
Großteil se<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit <strong>in</strong> der Turnhalle oder auf dem Turnplatz verbrachte. Er war<br />
dabei, als die Turner auf dem Forst e<strong>in</strong>en neuen Turnplatz anlegten <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>sheim<br />
bauten. Er erlebte auch, dass 1945 die Rote Armee <strong>in</strong> der Turnhalle Pferde unterstellte<br />
<strong>und</strong> viele Geräte von der Bevölkerung geplündert wurden. Das Archiv des Turnvere<strong>in</strong>s<br />
wurde vernichtet <strong>und</strong> die letzten <strong>in</strong> den 1970er Jahren auf dem Boden der Turnhalle<br />
gef<strong>und</strong>enen Urk<strong>und</strong>en gerieten <strong>in</strong> Privathand. Se<strong>in</strong> Vater war es, der bereits Anfang<br />
1946 mit dem städtischen <strong>Sport</strong>wart Robert Mailand e<strong>in</strong>en Aufruf über die Zeitung<br />
verbreitete, dass sich alle ehemaligen <strong>Sport</strong>ler <strong>und</strong> Turner sammeln sollten, um den<br />
Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>betrieb wieder <strong>in</strong> Gang zu br<strong>in</strong>gen.<br />
Als guter Jugendturner g<strong>in</strong>g Harry Pippardt zur <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft Ernst Abbe, aus der<br />
später der <strong>Sport</strong>club (SC) Motor <strong>Jena</strong> wurde. Er gehörte bald zur ersten Leistungsriege,<br />
die sich ganz dem Kunstturnen verschrieben hatte. Nach Ablegung des Abiturs <strong>und</strong> der<br />
Lehre als Fe<strong>in</strong>mechaniker nahm er <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong> <strong>Sport</strong>studium auf. In dieser Zeit turnte<br />
er auch für die Universitätsmannschaft. Vor allem trat er aber mit den Zeiss-Turnern<br />
bei Vorführungen <strong>und</strong> Wettkämpfen auf. Trotz e<strong>in</strong>er fehlenden eigenen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gshalle<br />
entwickelte sich <strong>Jena</strong> bis Ende der 1950er Jahre zu e<strong>in</strong>er Turnhochburg <strong>in</strong> der DDR,<br />
woran Harry e<strong>in</strong>en wesentlichen Anteil hatte. Se<strong>in</strong> größter E<strong>in</strong>zelerfolg war beim 2.<br />
Deutschen Tun- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>fest 1956 <strong>in</strong> Leipzig der Turnfestsieg im Deutschen<br />
Zwölfkampf (neun Turnübungen, drei Leichtathletikdiszipl<strong>in</strong>en).<br />
Nach dem <strong>Sport</strong>studium <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> wurde Harry 1956 <strong>Sport</strong>lehrer an der neu gegründeten<br />
K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendsportschule <strong>in</strong> Bad Blankenburg, turnte aber bis Ende der 50er<br />
Jahre <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er <strong>Jena</strong>er Mannschaft weiter. An der <strong>Sport</strong>schule erreichte er mit<br />
se<strong>in</strong>en Nachwuchsturnern e<strong>in</strong>e Vielzahl von Medaillen, wofür er mit dem Titel e<strong>in</strong>es<br />
„Verdienten Meister des <strong>Sport</strong>s“ ausgezeichnet wurde. Neben se<strong>in</strong>en sportlichen<br />
Ergebnissen, die er mit se<strong>in</strong>en Meisterschülern <strong>und</strong> späteren Spitzenturnern<br />
der DDR, wie Wolfgang Thüne (Olympiasieger München 1972), Lothar Müssig,<br />
Helmut Otto, Gerd Diesler u.a. erreichen konnte, war er viele Jahre im zentralen<br />
Kampfrichterstab des Turnverbandes tätig <strong>und</strong> führte als Fachgruppen- <strong>und</strong><br />
Sektionsleiter über viele Jahre e<strong>in</strong>e leistungsstarke Turnsektion. Da nach dem<br />
Umzug der K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendsportschule nach <strong>Jena</strong> das Gerätturnen zu Gunsten der<br />
Leichtathletik <strong>und</strong> anderer <strong>Sport</strong>arten immer mehr an Bedeutung verlor, wechselte<br />
Harry an die Universität, wo er bis zu se<strong>in</strong>em Ausscheiden am heutigen <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut<br />
geme<strong>in</strong>sam mit Rolf Ziegler <strong>und</strong> Dr. Helmut Stürmer die zukünftigen <strong>Sport</strong>lehrer im<br />
Turnen ausbildete. Der Turnabteilung der BSG Carl Zeiss <strong>Jena</strong> blieb er aber treu. Nach<br />
der politischen Wende 1990 gehörte Pippardt zu denjenigen, die ankurbelten, dass<br />
sich im Jahr 1991 die Bereiche Gerätturnen der ehemaligen BSG Carl Zeiss <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> des<br />
Leistungsgerätturnens des SC Motor <strong>in</strong> der Turnabteilung des TuS <strong>Jena</strong> vere<strong>in</strong>igten.<br />
Harry Pippardt nannte diesen Tag der Wiedervere<strong>in</strong>igung von Leistungsturnen <strong>und</strong><br />
Gerätturnen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong> e<strong>in</strong> historisches Ereignis im <strong>Jena</strong>er Turnen. Se<strong>in</strong> großer<br />
107
Wunsch, das 1945 enteignete Eigentum des alten <strong>Jena</strong>er Turnvere<strong>in</strong>s – Turnhalle,<br />
Vere<strong>in</strong>shaus <strong>und</strong> Turnplatz auf dem Forst – wieder rückübertragen zu bekommen<br />
scheiterte, da er nicht mal die vorgeschriebenen M<strong>in</strong>destzahl von fünf Mitgliedern<br />
des alten Turnvere<strong>in</strong>s zusammenbrachte, die e<strong>in</strong>en Nachfolgevere<strong>in</strong> hätten gründen<br />
können. Ab Mitte der 1990er Jahre war Pippardt erst kommissarisch, dann offiziell bis<br />
2001 Leiter der Sektion Turnen im TuS. Danach übergab er se<strong>in</strong>e Aufgaben an e<strong>in</strong>e<br />
jüngere Generation.<br />
108<br />
Dieses Foto wurde um 1954 auf dem Jenzig aufgenommen<br />
<strong>und</strong> zeigt rechts Harry Pippardt neben Rolf Ziegler <strong>und</strong> Hugo<br />
Weschenfelder, die zusammen studierten.
Die Chef<strong>in</strong> war auf dem Feld die Kle<strong>in</strong>ste<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 18. Juni 2009 Nr. 139<br />
Als 1955 die DDR-Nationalmannschaft der Frauen im Basketball gegen Ch<strong>in</strong>a<br />
antrat, war Annemarie Weigt Mannschaftskapitän. Sie war damals Lehrkraft an der<br />
Friedrich-Schiller-Universität <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> <strong>in</strong> der Abteilung „Studentische Körpererziehung“<br />
<strong>und</strong> mit zuständig für den Pflichtsport der Student<strong>in</strong>nen. Basketball hatte sie als<br />
<strong>Sport</strong>student<strong>in</strong> 1951 <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> kennengelernt. E<strong>in</strong> Kommilitone, Wolfgang Hercher, hatte<br />
nach Besuch e<strong>in</strong>es Übungsleiterlehrganges das Basketballspiel <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>geführt. In<br />
der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) wurde auch gleich e<strong>in</strong>e Männermannschaft<br />
gegründet, die es 1953 bei den DDR-Meisterschaften immerh<strong>in</strong> zur Bronzemedaille<br />
brachte, ebenso wie e<strong>in</strong>e HSG-Mädchenmannschaft, die von Annemarie Weigt<br />
tra<strong>in</strong>iert wurde. Die Frauenmannschaft der HSG wurde Ende 1952 gegründet <strong>und</strong> von<br />
Manfred Dressler als Tra<strong>in</strong>er betreut. Die meisten Spieler<strong>in</strong>nen waren vorher aktive<br />
Volleyballer<strong>in</strong>nen gewesen. Die Basketballer der HSG trennten sich erst 1952 von der<br />
Abteilung Volleyball <strong>und</strong> gründeten e<strong>in</strong>e eigene Abteilung, deren erster Abteilungsleiter<br />
Wolfgang Hercher wurde. Annemarie Weigt kümmerte sich als Übungsleiter<strong>in</strong> um die<br />
Schüler<strong>in</strong>nen. Alle <strong>Sport</strong>studenten <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>student<strong>in</strong>nen, die aktiv Basketball spielten,<br />
sahen es als Verpflichtung an, <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>er Schulen Basketballmannschaften aufzubauen.<br />
Innerhalb kürzester Zeit entstanden so e<strong>in</strong>e Vielzahl von Mannschaften. Auch die<br />
Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaften (BSG) konnten sich diesem Trend nicht entziehen <strong>und</strong> bis<br />
Mitte der 1960er Jahre gab es ke<strong>in</strong>e größere BSG <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> ohne Basketballmannschaft.<br />
Sogar beim <strong>Sport</strong>club Motor <strong>Jena</strong> wurde extra e<strong>in</strong> Tra<strong>in</strong>er, Manfred Rosemann, angestellt.<br />
Dieser Trend wurde aber bereits 1968 durch e<strong>in</strong>en Beschluss des Präsidiums des<br />
Deutschen Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>b<strong>und</strong>es (DTSB) jäh unterbrochen. In der Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
um e<strong>in</strong>e weltweite diplomatische Anerkennung der DDR hatte der Leistungssport<br />
e<strong>in</strong>en neuen Stellenwert bekommen. Olympische Medaillen galten dabei <strong>in</strong> den Augen<br />
der DDR-Politiker <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>funktionäre als „Spiegelbild“ der Leistungsfähigkeit des<br />
Staates. Nachdem es seit 1968 ke<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Deutsche Mannschaft bei den<br />
Olympischen Spielen mehr gab, konzentrierte die DDR-<strong>Sport</strong>führung unter Leitung<br />
von Manfred Ewald alle Kapazitäten im <strong>Sport</strong> auf „medaillen<strong>in</strong>tensive“ <strong>Sport</strong>arten. Die<br />
Spielsportarten gehörten nicht dazu.<br />
Es ist der Universität zu verdanken, dass der Basketballsport sich <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> trotzdem<br />
dynamisch weiterentwickelte. Sie übernahm Manfred Rosemann <strong>in</strong> den Bestand<br />
der <strong>Sport</strong>lehrer im Studentensport <strong>und</strong> er sorgte mit se<strong>in</strong>en <strong>Sport</strong>studenten <strong>und</strong><br />
Student<strong>in</strong>nen, die als Übungsleiter oder später als Lehrer an den <strong>Jena</strong>er Schulen<br />
wirkten, dafür, dass bis Mitte der 1990er Jahre <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>e Basketballhochburg war.<br />
Zu Annemarie Weigts Zeit stellte die HSG Uni <strong>Jena</strong> mit Christa Kuhles, Annemarie Weigt<br />
<strong>und</strong> Helga Zumpf gleich drei Nationalspielerr<strong>in</strong>nen. Heute gibt es beim USV, dem<br />
Nachfolger der HSG zwar noch leistungsstarke Männermannschaften im Basketball, bei<br />
den Frauen existiert aber nur noch e<strong>in</strong>e „Volkssportmannschaft“ um Elke Lackner. Die<br />
Konzentration aller spielstarken Mädchen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong> hat sich ansche<strong>in</strong>end nicht<br />
ausgezahlt, wie man <strong>in</strong> dem ergebnislosen Versuch sehen kann, durch Zusammenlegung<br />
von <strong>Jena</strong>er, Erfurter <strong>und</strong> Gothaer Spieler<strong>in</strong>nen wenigstens e<strong>in</strong>e Spitzenmannschaft <strong>in</strong><br />
Thür<strong>in</strong>gen zu stellen.<br />
109
Annemarie Weigt als Mannschaftskapitän der DDR-Frauen Nationalmannschaft (rechts) vor e<strong>in</strong>em<br />
Spiel gegen die ch<strong>in</strong>esische Nationalmannschaft <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Gespielt wurde dabei im Stadion vor<br />
mehreren tausend Zuschauern.<br />
110
<strong>Jena</strong> war e<strong>in</strong>e W<strong>in</strong>tersporthochburg<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 14. Januar 2010 Nr. 168<br />
Der älteste Nachweis e<strong>in</strong>er W<strong>in</strong>tersportabteilung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong> stammt<br />
aus dem Jahre 1912. Der seit 1911 bestehende Vere<strong>in</strong> für Bewegungsspiele, VfB, der als<br />
Vorläufer des USV anzusehen ist, meldet <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Jahresbericht, dass er <strong>in</strong>sgesamt<br />
200 Mitglieder hat <strong>und</strong> auch die Skiabteilung habe Zuwachs erhalten. Sie hätte sich<br />
e<strong>in</strong>en Vere<strong>in</strong>sbob namens „Horrido“ zugelegt, der sich an Rennen <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen <strong>und</strong><br />
im Harz beteiligen soll. Zwischen dem Ersten <strong>und</strong> Zweiten Weltkrieg hatten fast alle<br />
größeren <strong>Jena</strong>er Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>e W<strong>in</strong>tersportabteilungen <strong>und</strong> es gab sogar<br />
e<strong>in</strong>en „Skiclub <strong>Jena</strong>“. Die Universität führte jährlich Skimeisterschaften, meist <strong>in</strong><br />
Gehlberg, wo sie e<strong>in</strong> W<strong>in</strong>tersportheim hatte, durch. Der österreichische Student He<strong>in</strong>z<br />
Miller erkämpfte für die <strong>Jena</strong>er Uni e<strong>in</strong>e Silber- <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Bronzemedaille bei Deutschen<br />
Hochschulmeisterschaften 1935 <strong>in</strong> der alp<strong>in</strong>en Komb<strong>in</strong>ation <strong>und</strong> im Slalom. Richtigen<br />
Aufschwung nahm aber der Skisport <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> <strong>in</strong> den 1950er Jahren. Nachdem 1949 die<br />
DDR gegründet worden war, begann schrittweise die Auflösung der fünf Länder der<br />
ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone. 1952 wurde dies per Erlass abgeschlossen<br />
<strong>und</strong> die DDR <strong>in</strong> Bezirke aufgeteilt. Aus Thür<strong>in</strong>gen entstanden die drei Bezirke Erfurt, Gera<br />
<strong>und</strong> Suhl. Dabei wurden vielfach politisch gewollt traditionelle B<strong>in</strong>dungen zwischen<br />
Städten <strong>und</strong> Regionen beseitigt. So wurde die historisch gewachsene Verb<strong>in</strong>dung<br />
zwischen <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> Weimar gekappt <strong>und</strong> <strong>Jena</strong> wurde dem Bezirk Gera zugeordnet.<br />
Als W<strong>in</strong>tersportzentrum wurde für den Bezirk Gera die höchstgelegene Kreisstadt der<br />
Region, Lobenste<strong>in</strong>, entwickelt. Ab 1953 wurden hier die Bezirkmeisterschaften im<br />
alp<strong>in</strong>en <strong>und</strong> nordischen W<strong>in</strong>tersport durchgeführt. <strong>Jena</strong> war damals e<strong>in</strong>e leistungsstarke<br />
<strong>Sport</strong>stadt. Durch den Wegfall der konkurierenden Orte im Thür<strong>in</strong>ger Wald <strong>und</strong> vor<br />
allem von Erfurt, hatten <strong><strong>Jena</strong>s</strong> <strong>Sport</strong>ler auf e<strong>in</strong>mal gute Chancen im W<strong>in</strong>tersport vordere<br />
Plätze zu erreichen. Besonders die <strong>Sport</strong>ler der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft <strong>und</strong> der<br />
BSG Motor Schott waren erfolgreich. Bei den Bezirksmeisterschaften 1955 gab es z. B.<br />
folgende Medaillenplätze für <strong>Jena</strong>er Uni-W<strong>in</strong>tersportler: Im 15km-Skilanglauf wurden<br />
die Plätze 1 bis 4 von Unisportlern belegt. Bezirksmeister wurde Detlev W<strong>in</strong>tzer. Bei<br />
den Frauen kam die <strong>Sport</strong>student<strong>in</strong> Brigitte Sp<strong>in</strong>dler auf Platz zwei. Im Abfahrtslauf<br />
gewann der Rothenste<strong>in</strong>er Karl Klimsch, der für Motor Schott startete. Hier wurde<br />
übrigens die „Wurflegende aus <strong>Jena</strong>“, Arthur Fleischhauer, Sieger <strong>in</strong> der Altersklasse<br />
II. Im Sprunglauf wurde Werner Kühnert (HSG Uni) zweiter vor Karl Klimsch. Die Alp<strong>in</strong>e<br />
Komb<strong>in</strong>ation gewann bei den Männern Karl Klimsch <strong>und</strong> bei den Frauen Sonja Friedel.<br />
Beide gewannen auch die Torlaufwettbewerbe. In der nordischen Komb<strong>in</strong>ation siegte<br />
der <strong>Jena</strong>er Rudolf Eichhorn. Insgesamt holten die <strong>Jena</strong>er sechs Mal Gold, drei Silber-<br />
<strong>und</strong> zwei Bronzemedaillen bei diesen Wettbewerben.<br />
111
Die Männermannschaft der HSG <strong>Jena</strong>. Detlev W<strong>in</strong>tzer dritter v. l.,<br />
der Tra<strong>in</strong>er Hans Weckel rechts h<strong>in</strong>ten.<br />
112
Sechs B<strong>und</strong>esbrüder beim Waldlauf<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 6. Januar 2010 Nr. 156<br />
Crossläufe gehören heute fest <strong>in</strong> das Jahresprogramm der Leichtathletik. Sie werden<br />
aber auch schon seit Generationen von anderen <strong>Sport</strong>arten organisiert. So wie jetzt am<br />
16. Januar die Radsportler die Standardstrecke im Universitätssportzentrum nutzen,<br />
so war es <strong>in</strong> den 1950er Jahren feste Tradition, dass die Ruderer <strong>und</strong> W<strong>in</strong>tersportler<br />
jedes Jahr e<strong>in</strong>en Crosslauf im <strong>Jena</strong>er Forst auf die Be<strong>in</strong>e stellten. Der älteste Nachweis<br />
für e<strong>in</strong>en solchen Wettkampf konnte <strong>in</strong> der Verb<strong>in</strong>dungszeitung „Tapir“ vom 20. März<br />
1920 gef<strong>und</strong>en werden. Damals beteiligten sich sechs B<strong>und</strong>esbrüder der Akademischen<br />
Turnerschaft „Salia“ an e<strong>in</strong>em Waldlauf, um sich mit Mannschaften <strong>Jena</strong>er Vere<strong>in</strong>e<br />
zu messen. Der englische Begriff Cross setzte sich im Zuge der Übernahme solcher<br />
Veranstaltungen durch die Leichtathletik Anfang der 1970er Jahre durch. Bis dah<strong>in</strong><br />
wurde von Waldlauf gesprochen. Wie <strong>in</strong> dem Buch „<strong>Jena</strong>er <strong><strong>Sport</strong>historie</strong> <strong>in</strong> <strong>Wort</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Bild</strong>“ von Hans-Georg Kremer <strong>und</strong> Michael Ulbrich nachzulesen, fand nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg bereits im November 1946 die erste Universitäts-Waldlaufmeisterschaft <strong>in</strong> der<br />
Oberaue statt. In den 1950er Jahren gab es dann sowohl von der Universität als auch<br />
von der Stadt Waldlaufmeisterschaften. E<strong>in</strong>er der damals erfolgreichsten „Waldläufer“<br />
aus <strong>Jena</strong> war der <strong>Sport</strong>student Wolfgang Ittershagen, der für die BSG Carl Zeiss 1951<br />
den Titel e<strong>in</strong>es DDR-Waldlaufmeisters über 7,5 km errang. Die Universität bevorzugte<br />
für ihre Wettkämpfe das Gelände <strong>in</strong> der Oberaue <strong>und</strong> die Stadtmeisterschaften fanden<br />
meist auf dem Forst mit Start <strong>und</strong> Ziel auf dem Otto-Schott-Platz statt. Ab 1979 s<strong>in</strong>d<br />
dann die ersten Universitätsmeisterschaften im Crosslauf nachgewiesen <strong>und</strong> es gab<br />
folgende Sieger: Frauen 1,5 km Heike Schwenzer <strong>und</strong> 2,5 km Heidrun Garlipp; Männer<br />
3 km Gunnar Gohlisch <strong>und</strong> 5 km Gert Meyenberg. Diese Crossläufe entwickelten<br />
sich dann zu e<strong>in</strong>er Pflichtveranstaltung für alle Studenten <strong>und</strong> Student<strong>in</strong>nen. Es<br />
ist daher ke<strong>in</strong> W<strong>und</strong>er, dass es im Zuge der politischen „Wende“ 1989/90 zu den<br />
Hauptforderungen der Studentenschaft gehörte, nicht mehr am „Wehrsport <strong>und</strong> an<br />
Crossläufen“ teilnehmen zu müssen. Da die Abteilung Leichtathletik beim USV nach<br />
1990 e<strong>in</strong>schlief, drohte der Crosslauftradition das Aus. Es kam daher 1997 zur rechten<br />
Zeit die Anfrage vom Allgeme<strong>in</strong>en Deutschen Hochschulsportverband, ob die Uni <strong>Jena</strong><br />
nicht Cross-Weltmeisterschaften übernehmen wolle. Als Test gab es 1999 Deutsche<br />
Hochschulmeisterschaften, bei denen die <strong>Jena</strong>er Starter<strong>in</strong>nen Sarah Sjögrehn, Juliane<br />
Starke, Claudia Seidel <strong>und</strong> T<strong>in</strong>a Giebner e<strong>in</strong>e Bronzemedaille <strong>in</strong> der Mannschaftswertung<br />
gewannen. 2000 fanden dann sehr erfolgreich die Weltmeisterschaften <strong>in</strong> der Oberaue<br />
statt, für die e<strong>in</strong>e spezielle Strecke gebaut wurde, die auch zukünftig als Stammstrecke<br />
für Meisterschaften dienen sollte. Diese Idee wurde aber leider von den <strong>Jena</strong>er<br />
Leichtathleten nicht aufgenommen. Dafür waren Hochschulsportler der Uni, wie<br />
Dom<strong>in</strong>ik Burkhardt mit je e<strong>in</strong>mal Gold, Silber <strong>und</strong> Bronze <strong>und</strong> Ulrike Schwalbe mit<br />
Bronze zwischen 2004 <strong>und</strong> 2006 bei Deutschen Hochschulmeisterschaften im Cross<br />
sehr erfolgreich.<br />
113
Hans Weckel von der HSG Uni <strong>Jena</strong> bei den Kreiswaldlaufmeisterschaften 1954 mit Start <strong>und</strong> Ziel<br />
auf dem Otto-Schott-<strong>Sport</strong>platz.<br />
114
Duell mit Schalker Athleten<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 21. Januar 2009 Nr. 121<br />
Wenn der B<strong>und</strong>esligist Schalke 04 zum Pokalspiel nach <strong>Jena</strong> kommt, ist dies nicht<br />
das erste Mal, dass Schalker im Ernst-Abbe-Stadion auflaufen. Bereits 1955 waren<br />
<strong>Sport</strong>ler des Traditionsvere<strong>in</strong>s Schalke 04 <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>, allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e Fußballer sondern<br />
Leichtathleten. Als nach dem Amtsantritt von Nikita Chrustschow <strong>in</strong> der Sowjetunion<br />
für kurze Zeit e<strong>in</strong> politisches Tauwetter zwischen Ost <strong>und</strong> West e<strong>in</strong>setzte, griff die DDR-<br />
Staatsführung auf den <strong>Sport</strong> zurück, um das Thema e<strong>in</strong>er deutschen Wiedervere<strong>in</strong>igung<br />
<strong>in</strong> der Öffentlichkeit im Gespräch zu halten. Bereits nach der Gründung der BRD <strong>und</strong> der<br />
DDR 1949 gab es immer wieder Versuche, e<strong>in</strong>en regelmäßigen <strong>Sport</strong>verkehr zwischen<br />
Ost <strong>und</strong> West auszubauen. Damit sollte nachgewiesen werden, dass im täglichen<br />
Leben e<strong>in</strong> Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Menschen <strong>in</strong> Ost <strong>und</strong> West auch<br />
nach der Teilung Deutschlands weiter existiere <strong>und</strong> der Wunsch nach geme<strong>in</strong>samen<br />
kulturellen <strong>und</strong> sportlichen Vergleichen von beiden Seiten praktische Realität sei. Dies<br />
wurde dann zunehmend von der westdeutschen <strong>Sport</strong>führung unterb<strong>und</strong>en, worauf<br />
die DDR versuchte, regelmäßige Kontakte besonders zu „West-<strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>en“ zu<br />
entwickeln, die der Kommunistischen Partei Deutschlands oder der Arbeiterklasse<br />
nahe standen. 1955 verstärkte sich dieser offiziell geförderte Trend. Besonders um<br />
den „Tag der Republik“ gab es e<strong>in</strong>e Vielzahl solcher <strong>Sport</strong>veranstaltungen. In <strong>Jena</strong><br />
fand am 13. Oktober 1955 e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>ladungswettkampf des SC Motor <strong>Jena</strong> statt, zu dem<br />
Leichtathleten vom 1. FC Nürnberg, dem FC Schalke 04 <strong>und</strong> dem TV Erle e<strong>in</strong>geladen<br />
waren. Wie immer bei großen Leichtathletikwettbewerben <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>, waren e<strong>in</strong>ige<br />
tausend Zuschauer gekommen.<br />
Sowohl zu den Schalkern als auch zu den Nürnbergern bestanden schon vorher<br />
Kontakte. So hatten Schalker an e<strong>in</strong>em Betriebssportfest von Zeiss teilgenommen <strong>und</strong><br />
die erste Männermannschaft des FC Nürnberg war der Vorr<strong>und</strong>engegner von Motor <strong>Jena</strong><br />
im Rahmen der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft <strong>in</strong> der Leichtathletik gewesen.<br />
Der sehr bekannte westdeutsche Meister Karl-Friedrich Haas gewann bei diesem<br />
<strong>Sport</strong>fest <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> die 400 <strong>und</strong> die 800m. He<strong>in</strong>z Niebergall von Motor <strong>Jena</strong> bekam viel<br />
Beifall, weil er über 5000m im Schlussspurt Kießl<strong>in</strong>g aus Nürnberg noch schlagen<br />
konnte. Niebergall gehörte von 1950 bis 1957 zu den erfolgreichsten Mittelstrecklern<br />
<strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. 1953 <strong>und</strong> 1954 wurde er über 1500m DDR-Vizemeister.<br />
115
Niebergall (Motor <strong>Jena</strong>) besiegt Kießl<strong>in</strong>g (Nürnberg) beim Ziele<strong>in</strong>lauf über 5000m.<br />
116
<strong>Jena</strong> als Schmiede für Ski-Nationalkader<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 11. März 2010 Nr. 177<br />
Mitte der 1950er Jahre begann die DDR-Staatsführung verstärkt <strong>in</strong> den Leistungssport<br />
zu <strong>in</strong>vestieren. Es wurden <strong>Sport</strong>klubs gebildet, wo die Kader e<strong>in</strong>er <strong>Sport</strong>art<br />
zusammengezogen wurden. In <strong>Jena</strong> war dies u. a. <strong>in</strong> der <strong>Sport</strong>art Leichtathletik <strong>und</strong><br />
Turnen beim SC Motor. W<strong>in</strong>tersport bot sich <strong>Jena</strong> schon wegen der geografischen Lage<br />
nicht an. Die großen Thür<strong>in</strong>ger Klubs lagen <strong>in</strong> Zella-Mehlis <strong>und</strong> Oberhof. Mitglieder der<br />
DDR-Auswahlteams anfangs als „Kernmannschaft“ bezeichnet, waren ausschließlich<br />
Klub-<strong>Sport</strong>ler. Sie hatten den „Leistungsauftrag“, möglichst <strong>in</strong>ternationale Spitze zu<br />
erreichen. Anfangs starteten die Klub- <strong>und</strong> die BSG-<strong>Sport</strong>ler bei DDR-Meisterschaften<br />
noch zusammen. Später konnten bei den „olympischen <strong>Sport</strong>arten“ die besonders<br />
gefördert wurden, zu DDR-Meisterschaften nur noch Klubsportler starten <strong>und</strong> für die<br />
BSG-<strong>Sport</strong>ler gab es Bestenermittlungen.<br />
In <strong>Jena</strong> gab es <strong>in</strong> verschiedenen Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaften W<strong>in</strong>tersportabteilungen.<br />
Beim <strong>Sport</strong>klub Motor <strong>Jena</strong> gab es e<strong>in</strong>e solche <strong>Sport</strong>art nicht <strong>und</strong> es rief bei den<br />
<strong>Sport</strong>historikern der Uni Verw<strong>und</strong>erung hervor, als im Archiv des USV Fotos auftauchten,<br />
wo <strong>Jena</strong>er Skiläufer<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Wettkampfkleidung der „DDR-Auswahlmannschaft“<br />
zu sehen waren. Zu den erfolgreichsten Skilauf-Gruppen <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> gehörten die Uni-<br />
<strong>Sport</strong>ler, da viele Studenten aus dem Thür<strong>in</strong>ger Wald stammten <strong>und</strong> oft schon<br />
vorher gute W<strong>in</strong>tersportler waren, wie z. B. Werner Kühnert, Lothar Eichhorn-Beyer<br />
<strong>und</strong> Horst Baacke. Die Skiabteilung der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) hatte<br />
engste Beziehungen zum Institut für Körpererziehung (IfK). Die für die Skiausbildung<br />
am IfK zuständigen Mitarbeiter waren immer auch die Hauptakteure bei den HSG-<br />
<strong>Sport</strong>lern. Nach zeitweiligen „Auflösungsersche<strong>in</strong>ungen“ der Skigruppe der HSG<br />
begann 1955 e<strong>in</strong> Neuaufbau. Erich Blum als Sektionsleiter, Hans Weckel als Tra<strong>in</strong>er<br />
<strong>und</strong> Aktiver im Männer-Langlauf <strong>und</strong> Lothar Köhler als Tra<strong>in</strong>er für die Frauen <strong>und</strong> den<br />
alp<strong>in</strong>en Skisport, verbanden von Beg<strong>in</strong>n an den Aufbau der Fachschaft W<strong>in</strong>tersport<br />
am IfK mit der Entwicklung der Ski-Sektion <strong>in</strong> der HSG. Köhlers Idee war: Wer <strong>Sport</strong><br />
studiert, der sollte zunächst e<strong>in</strong>mal selbst im <strong>Sport</strong> aktiv <strong>in</strong> der HSG dabei se<strong>in</strong>.<br />
Eigene Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs- <strong>und</strong> Wettkampftätigkeit sollte dazu dienen, die „Zusammenhänge<br />
des <strong>Sport</strong>s besser zu begreifen“, wie er e<strong>in</strong>mal schrieb. Als Ausbildungsbestandteil<br />
unter der Bezeichnung „Spezialfach-Ausbildung“ bekam dieser Schwerpunkt über<br />
den späteren E<strong>in</strong>satz als <strong>Sport</strong>lehrer <strong>in</strong> der Schule h<strong>in</strong>aus auch e<strong>in</strong>en Bezug zur<br />
Arbeit <strong>in</strong> den <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften. Die <strong>Sport</strong>lehrer wurden somit Multiplikatoren<br />
im späteren E<strong>in</strong>satzbereich für den W<strong>in</strong>tersport. E<strong>in</strong>e Entwicklung, die sich auch <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>igen anderen <strong>Sport</strong>arten durchsetzte. Als positiver Nebeneffekt konzentrierten<br />
sich talentierte <strong>und</strong> engagierte <strong>Sport</strong>studenten <strong>in</strong> den jeweiligen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsgruppen<br />
der HSG <strong>und</strong> erhielten hier e<strong>in</strong> für damalige Zeiten hochmodernes Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Das<br />
machte sich zunehmend auch <strong>in</strong> guten Wettkampfergebnissen bemerkbar. Die Uni-<br />
W<strong>in</strong>tersportler dom<strong>in</strong>ierten für e<strong>in</strong>ige Zeit im Bezirk Gera, besonders bei den Frauen.<br />
So stellten sie für die DDR-Studentenauswahl zu den XI. Internationalen Akademischen<br />
W<strong>in</strong>tersportmeisterschaften 1956 <strong>in</strong> Zakopane mit Brigitte Sp<strong>in</strong>dler <strong>und</strong> Ingeborg<br />
Fleischer zwei der vier Läufer<strong>in</strong>nen der DDR-Mannschaft. Fleischer errang mit der<br />
DDR-Frauenstaffel über 3x5 km e<strong>in</strong>en hervorragenden 4. Platz. Von diesem Wettkampf<br />
stammt auch das aufgef<strong>und</strong>ene Foto.<br />
117
Ganz l<strong>in</strong>ks Ingeborg Fleischer <strong>und</strong> dritte von l<strong>in</strong>ks Brigitte Sp<strong>in</strong>dler mit<br />
der DDR-Studentenauswahl 1956 <strong>in</strong> Zakopane.<br />
118
Mit dem Sanka zum Volleyballturnier<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 19. März 2009 Nr. 128<br />
Als die Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) der Universität im April 1949 gegründet<br />
wurde, befanden sich unter den knapp 100 Mitgliedern fast nur Studenten. Bereits<br />
zwei Monate später, zu Pf<strong>in</strong>gsten, konnte die HSG <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bericht auf 400 Mitglieder<br />
– wieder fast alles Studenten <strong>und</strong> Student<strong>in</strong>nen – verweisen. Gleichzeitig musste die<br />
Leitung der jungen <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft e<strong>in</strong>schätzen, dass sie fast nicht handlungsfähig<br />
war, da sie kaum Geld hatte. Nach damaligen Festlegungen durfte der Mitgliedsbeitrag<br />
<strong>in</strong> den <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften der Ostzone nur 1,20 Mark pro Monat betragen. Später<br />
wurde dies auf 1,30 für Erwachsene <strong>und</strong> 0,80 für Studenten geändert <strong>und</strong> dies blieb<br />
der Beitrag bis 1989.<br />
Innerhalb weniger Jahre gehörte die HSG mit über 1000 Mitgliedern zu den größten<br />
<strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> Ostthür<strong>in</strong>gen. Die F<strong>in</strong>anzsituation für den eigentlichen<br />
<strong>Sport</strong>betrieb blieb aber weiter sehr bescheiden. Erst mit der Gründung e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>igung Wissenschaft im Sommer 1951 veränderte sich dies. Mit der Gründung<br />
der DDR im Oktober 1949 setzte auch im <strong>Sport</strong> e<strong>in</strong>e zunehmende Zentralisierung e<strong>in</strong>.<br />
Die bisherigen Länder wurden schrittweise aufgelöst <strong>und</strong> die neuen Bezirke hatten<br />
nur wenige Entscheidungskompetenzen. Wurde Anfangs versucht den organisierten<br />
<strong>Sport</strong> der Freien Deutschen Jugend (FDJ), der zentralen Jugendorganisation der<br />
DDR, zuzuordnen, zeigte sich sehr bald, dass diese politische Organisation die<br />
Aufgabe nicht erfüllen konnte. Daher wurde kurzerhand von Berl<strong>in</strong> beschlossen, alle<br />
<strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> der DDR Betrieben oder staatlichen Institutionen zuzuordnen.<br />
Seitdem sprach man von Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaften (BSG). Die Betriebe bzw. deren<br />
Gewerkschaften waren dann für die f<strong>in</strong>anzielle Ausstattung der <strong>Sport</strong>ler zuständig. Alle<br />
<strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften an Hochschulen hießen Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) <strong>und</strong><br />
waren <strong>in</strong> der <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>igung Wissenschaft (SV) zusammengeschlossen. Diese sorgte<br />
Anfangs dafür, dass die HSGn mit Personal wie Tra<strong>in</strong>er <strong>und</strong> Geld ausgestattet wurden.<br />
Mitte der 1950er Jahre lagen die Zuwendungen für den <strong>Sport</strong>betrieb HSG <strong>Jena</strong> bei etwa<br />
25.000 Mark.<br />
In mehreren <strong>Sport</strong>arten, wie Basketball, Volleyball <strong>und</strong> Tennis spielte HSG <strong>Jena</strong> <strong>in</strong><br />
den ersten Ligen der DDR, so dass man sich vorstellen kann, dass die Gelder bei den<br />
Unisportlern immer knapp waren. E<strong>in</strong> Lichtblick war, dass die Universität über eigene<br />
Fahrzeuge verfügte, die an den Wochenenden manchmal nicht e<strong>in</strong>gesetzt waren. So<br />
nutzten die Hochschulsportler fast alles was Räder hatte, um den Wettkampfbetrieb<br />
möglichst kostengünstig organisieren zu können. Dazu gehörten Sanitätsfahrzeuge<br />
(Sanka) genauso wie e<strong>in</strong> LKW, der mit e<strong>in</strong>em sogenannten Kofferaufbau versehen war.<br />
Das kurioseste Fahrzeug dürfte damals wohl e<strong>in</strong> Sanka gewesen se<strong>in</strong>, der ansonsten<br />
Patienten der Nervenkl<strong>in</strong>ik transportierte <strong>und</strong> auch e<strong>in</strong>e entsprechende Aufschrift<br />
„Nervenkl<strong>in</strong>ik Universität <strong>Jena</strong>“ hatte. Damit fuhren sehr oft die Volleyballer zu ihren<br />
Turnieren, was zu bissigen Kommentaren der Gegner führte.<br />
119
Der Uni-Kraftfahrer Karl Berkes wartet vor dem „Sanka“ der Nervenkl<strong>in</strong>ik 1957<br />
auf se<strong>in</strong>e Volleyballer.<br />
120
Als <strong>Jena</strong> noch e<strong>in</strong>e echte Turnhochburg war<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 3. September 2009 Nr. 150<br />
Als sich Anfang der 1950er die Vorläufer der späteren Leistungssportclubs <strong>in</strong> der<br />
DDR entwickelten, wurden <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> bei der Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaft „Carl Zeiss“,<br />
aus der sich später der „<strong>Sport</strong>club (SC) Motor <strong>Jena</strong>“ entwickelte, Leistungsturner<br />
zusammengezogen. E<strong>in</strong>er von ihnen war der Bäckerssohn Fritz Böhm aus Lauscha.<br />
Von 1952 – 54 hatte er mehrere DDR-Jugendmeistertitel im Turnen gewonnen. Da die<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Lauscha wegen fehlender Turnhalle <strong>und</strong> e<strong>in</strong>es Übungsleiters<br />
für Böhm schlecht waren <strong>und</strong> der Vater ihn <strong>in</strong> der Bäckerei brauchte, wollte er<br />
eigentlich mit dem Turnen aufhören. Da besuchte ihn Kurt Schneider <strong>und</strong> warb ihn<br />
für den im Aufbau bef<strong>in</strong>dlichen <strong>Sport</strong>club (SC) Motor <strong>Jena</strong>. Die Blütezeit des Turnens<br />
beim <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>clubs <strong>Jena</strong> lag zwischen 1955 <strong>und</strong> 1960, als so hervorragende Turner<br />
wie Gerhard Braune, Lothar Heil, Fritz Böhm u.a. für <strong>Jena</strong> starteten <strong>und</strong> mehrere<br />
DDR-Meistertitel holten. Ab Anfang 1955 fuhr Fritz Böhm jede Woche montags <strong>und</strong><br />
dienstags zum Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g von Lauscha nach <strong>Jena</strong>, die restlichen Tage arbeitete er <strong>in</strong> der<br />
väterlichen Bäckerei. Ab 1956 wurde Böhm, wie die meisten Spitzensportler des SC<br />
Motor <strong>Jena</strong>, bei Zeiss e<strong>in</strong>gestellt. Se<strong>in</strong>e Arbeit bei e<strong>in</strong>er staatlichen Konditorei g<strong>in</strong>g<br />
von 6.00 – 14.00 Uhr <strong>und</strong> danach war Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Anfangs wohnte er im Hotel „Zur<br />
Sonne“ am Markt <strong>und</strong> bekam alle Auslagen wie Fahrgeld, Hotelkosten usw. erstattet.<br />
Nachdem er <strong>in</strong> das Internat des SC Motor <strong>in</strong> der Westbahnhofstraße umgezogen war,<br />
wurden diese f<strong>in</strong>anziellen Zuwendungen gekürzt. Er zog wieder nach Lauscha <strong>und</strong> kam<br />
nur noch von Montag bis Dienstag nach <strong>Jena</strong>. Nach e<strong>in</strong>em Tra<strong>in</strong>erwechsel, Eberhard<br />
Pollrich wurde als Tra<strong>in</strong>er für die Männer e<strong>in</strong>gesetzt, begann ab 1957 der sportliche<br />
Aufstieg von Fritz Böhm. Er wurde <strong>in</strong> die DDR-Nationalmannschaft aufgenommen<br />
<strong>und</strong> absolvierte se<strong>in</strong>e ersten Auslandse<strong>in</strong>sätze (Bukarest <strong>und</strong> Moskau). Bei den DDR-<br />
Meisterschaften <strong>in</strong> Chemnitz wurde er <strong>in</strong> der Gesamtwertung Vierter <strong>und</strong> DDR-Meister<br />
am Pferd. 1958 wurde se<strong>in</strong> erfolgreichstes Jahr <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. Er wurde DDR-Meister im<br />
Zwölfkampf, am Barren <strong>und</strong> am Pferd. Dazu kamen noch drei Silbermedaillen (Reck,<br />
Boden, Sprung). Im Dreiländerkampf Jugoslawien-Ungarn-DDR wurde er Gesamtsieger<br />
<strong>und</strong> bei den Weltmeisterschaften <strong>in</strong> Moskau wurde Fritz Böhm auf Platz 18 bester<br />
„gesamtdeutscher“ Turner. In diesem Jahr nahm er e<strong>in</strong> <strong>Sport</strong>studium an der Uni <strong>in</strong><br />
<strong>Jena</strong> auf <strong>und</strong> vertrat die Universität auch bei e<strong>in</strong>igen Wettkämpfen im Rahmen der<br />
400-Jahrfeierlichkeiten. Im Volkshaus fand z. B. der Städtevergleich <strong>Jena</strong>-Leipzig<br />
im Turnen <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Gymnastik statt, <strong>und</strong> Böhm gewann die E<strong>in</strong>zelwertung bei<br />
den Männern. Für se<strong>in</strong>e sportlichen Erfolge wurde Fritz Böhm im Oktober 1958 als<br />
Meister des <strong>Sport</strong>s geehrt. Er gehörte zum Olympiakader 1960. Da es im Studium <strong>in</strong><br />
<strong>Jena</strong> ke<strong>in</strong>e Abstriche gab <strong>und</strong> die Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsbed<strong>in</strong>gungen auf Gr<strong>und</strong> des Fehlens e<strong>in</strong>er<br />
guten Turnhalle mit fest e<strong>in</strong>gebauten Geräten auch nicht optimal waren, g<strong>in</strong>g er an<br />
die Deutsche Hochschule für Körperkultur (DHfK) nach Leipzig. Gleich beim ersten<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>in</strong> Leipzig verletzte er sich so schwer, dass er durch längeren Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsausfall<br />
se<strong>in</strong>en Spitzenplatz <strong>in</strong> der Nationalmannschaft verlor. Trotz Zweifel der Ärzte nahm er<br />
das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g nach se<strong>in</strong>er Ges<strong>und</strong>ung wieder auf, verpasste aber die Aufnahme <strong>in</strong> die<br />
Olympiamannschaft um 0,4 Punkte im Zwölfkampf. 1962 konnte er se<strong>in</strong> Studium <strong>in</strong><br />
Leipzig als Diplomsportlehrer erfolgreich beenden <strong>und</strong> g<strong>in</strong>g als Tra<strong>in</strong>er <strong>und</strong> Lehrer an<br />
die K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendsportschule nach Bad Blankenburg. Heute lebt er als Rentner<br />
wieder <strong>in</strong> Lauscha.<br />
121
122<br />
Bis <strong>in</strong> die 1960er Jahre gab es noch viele Turnwettkämpfe im Freien; hier<br />
Fritz Böhm um 1958 am Barren.
Georg Buschner <strong>und</strong> das Uni-Jubiläum<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 2. Januar 2009 Nr. 118<br />
2008 ist nicht nur e<strong>in</strong> wichtiges Jubiläumsjahr für die Universität sondern auch für den<br />
<strong>Jena</strong>er Fußball. Anfang August 1958 wurde Georg Buschner Cheftra<strong>in</strong>er beim SC Motor<br />
<strong>Jena</strong>. Er führte <strong>in</strong>nerhalb relativ kurzer Zeit die Mannschaft bis <strong>in</strong> die DDR-Spitze, <strong>in</strong> der<br />
sie dann bis zur Wiedervere<strong>in</strong>igung auch blieb. Die Entscheidung, dass Buschner Tra<strong>in</strong>er<br />
wurde, fiel während e<strong>in</strong>er Fre<strong>und</strong>schaftsreise der Fußballer durch die Sowjetunion. Bei<br />
se<strong>in</strong>er erfolgreichen Tätigkeit konnte er sich ganz wesentlich auf die Hilfe mehrerer<br />
Kollegen des Instituts für <strong>Sport</strong>wissenschaft, wo er weiter als Oberassistent beschäftigt<br />
war, wie Manfred Dressler, Paul Dern, Lothar Köhler <strong>und</strong> Wilfried Wesiger stützen.<br />
Der Biologe <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer Manfred Dressler wurde <strong>in</strong> den folgenden Jahren e<strong>in</strong>er<br />
se<strong>in</strong>er wichtigsten tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gswissenschaftlichen Berater, der sogar für die Erarbeitung<br />
der Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gspläne der DDR-Nationalmannschaft verantwortlich war, die Buschner als<br />
Tra<strong>in</strong>er später noch übernommen hatte.<br />
Der aus Gera stammende Georg Buschner gehörte zur der Generation, die von der<br />
Schulbank weg als Soldat <strong>in</strong> den Zweiten Weltkrieg ziehen mussten. Nach der<br />
Gefangenschaft schlug er sich ab 1946 als Landarbeiter <strong>und</strong> Gerüstbauer durch.<br />
Damit war er sozusagen e<strong>in</strong> Vertreter der Arbeiterklasse, was se<strong>in</strong>e Bewerbung zu<br />
e<strong>in</strong>em Neulehrerstudium positiv bee<strong>in</strong>flusst hat. An der Pädagogischen Fachschule <strong>in</strong><br />
Gera hat er e<strong>in</strong>en Kurz-Lehrgang für Lehrer erfolgreich bestanden. Fast nahtlos g<strong>in</strong>g<br />
er, jetzt als SED-Mitglied, 1946 – 47 zum Studium an die Pädagogische Fachschule<br />
für <strong>Geschichte</strong> nach Me<strong>in</strong><strong>in</strong>gen. Gleichzeitig war er schon als Dozent für <strong>Geschichte</strong>,<br />
Erdk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Unterrichtsmethodik an der Pädagogischen Fachschule <strong>in</strong> Gera tätig. Ab<br />
W<strong>in</strong>tersemester 1948 wurde er <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> an der Gewifak (Gesellschaftswissenschaftliche<br />
Fakultät) der Universität immatrikuliert. Als erfolgreicher Fußballer <strong>in</strong> Gera benutzte<br />
ihn die FDJ gerne als „Aushängeschild“ <strong>in</strong> verschiedenen zentralen Funktionen im<br />
<strong>Sport</strong>. So besuchte Buschner im Herbst 1948 mit e<strong>in</strong>er FDJ-Delegation Prag. Über die<br />
„Gewifak“ wurde er im Frühjahr 1949 für die SED <strong>in</strong> den Studentenrat gewählt <strong>und</strong> war<br />
dessen letzter Vorsitzender, bevor der Studentenrat aufgelöst wurde.<br />
Mit der Gründung des Instituts für Körpererziehung <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> 1951 wurde Buschner,<br />
noch Student, als Hilfsassistent für Fußball, Handball <strong>und</strong> Basketball später auch<br />
Volleyball, e<strong>in</strong>gesetzt <strong>und</strong> nach dem Staatsexamen für Gesellschaftswissenschaften als<br />
„Leitungskader“ an das <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut delegiert. In e<strong>in</strong>er ersten Beurteilung durch se<strong>in</strong>e<br />
Direktor<strong>in</strong> Elly Tetschke kann man nachlesen, dass Buschner: „…die <strong>Geschichte</strong> der<br />
Körperkultur selbstständig bearbeitete; die Kampfspiele leitete <strong>und</strong> als Spitzensportler<br />
bei Motor Gera acht Mal im E<strong>in</strong>satz bei der Fußball-Nationalmannschaft…“ gewesen<br />
sei.<br />
Mehrere Versuche von Tetschke, Buschners Berufung zum Dozenten zu erreichen,<br />
scheiterten am fehlenden <strong>Sport</strong>examen. Das anfänglich gute E<strong>in</strong>vernehmen zwischen<br />
Tetschke <strong>und</strong> Buschner wurde ab 1953 zunehmend schlechter, da Tetschke, die den<br />
Posten als Direktor<strong>in</strong> im Wesentlichen auf Gr<strong>und</strong> ihrer politischen Biografie erhalten<br />
hatte, fachlich nicht <strong>in</strong> der Lage war, e<strong>in</strong> Institut an der Universität zu führen. Es ist daher<br />
nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass Buschner beim Sturz von Elly Tetschke als Institutsdirektor<strong>in</strong><br />
durch die Mitarbeiter im Jahre 1956 e<strong>in</strong>en Anteil hatte. Die Mitarbeiter des Instituts<br />
schlugen der Universitätsleitung sogar vor, dass Buschner doch ihr Nachfolger werden<br />
123
könnte, was der Rektor allerd<strong>in</strong>gs ablehnte. Die Berufung zum Cheftra<strong>in</strong>er von Motor<br />
<strong>Jena</strong> 1958 kam Buschner ganz gelegen, da e<strong>in</strong>e wissenschaftliche Karriere an der<br />
Universität nicht <strong>in</strong> Aussicht stand. Für den Fußball <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> der damaligen DDR war<br />
dies e<strong>in</strong> Glücksumstand.<br />
Georg Buschner (2.v.l.) bei der Verabschiedung als aktiver Spieler von Motor<br />
<strong>Jena</strong>, sechs Wochen später war er bereits Cheftra<strong>in</strong>er.<br />
124
1944 fiel die Zweimetermarke<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 1. Juli 2009 Nr. 141<br />
Wer im Internet unter „Oberweißbach“ nach berühmten Persönlichkeiten sucht,<br />
der stößt auf die Namen zweier <strong>Sport</strong>ler: den Spr<strong>in</strong>ter Siegfried Schenke <strong>und</strong> den<br />
Hochspr<strong>in</strong>ger Waldemar Schütz. Beide starteten zeitweilig für den SC Motor <strong>Jena</strong><br />
<strong>und</strong> hatten Verb<strong>in</strong>dung zum <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut der Universität. Siegfried Schenke brachte<br />
es bis zur Teilnahme an den Olympischen Spielen, wo er 1972 über 200m <strong>in</strong> 20,56s<br />
Sechster wurde <strong>und</strong> mit der 4x100m-Staffel kam er sogar auf Platz fünf. Später war<br />
er Lehrkraft am heutigen <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG)<br />
leitete Schenke zeitweilig die Leichtathletik.<br />
Die Traditionsbezüge des Hochsprungs <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> gehen bis auf das Jahr 1914 zurück, als<br />
<strong>Jena</strong>er Studenten <strong>in</strong> Leipzig e<strong>in</strong>en Vergleichswettkampf gegen die dortige Universität<br />
gewannen. Im Hochsprung wurde als Sieger e<strong>in</strong> Student Namens Kaisla mit 1,75m<br />
benannt. Er gewann außerdem noch den Speerwurf <strong>und</strong> das Kugelstoßen. Im Vere<strong>in</strong><br />
für Bewegungsspiele (VfB) gab es dann 1920 den ersten 1,80m-Spr<strong>in</strong>ger namens Fritz,<br />
ebenfalls Student an der Uni. 1926 reichte diese Höhe Fritz Huhn (VfB) für se<strong>in</strong>en vierten<br />
Deutschen Meistertitel. Se<strong>in</strong>e Bestleistung steht bei 1,885m die er mit der damals<br />
üblichen „Schersprungtechnik“ schaffte. Später wurde er Hochsprungtra<strong>in</strong>er der<br />
deutschen Auswahl <strong>und</strong> holte viele Hochsprungtra<strong>in</strong><strong>in</strong>gslehrgänge <strong>und</strong> Spr<strong>in</strong>ger nach<br />
<strong>Jena</strong>: U. a. Hermann Nacke, der 1944 als erster <strong>Jena</strong>er mit 2,017m die Zweimetermarke<br />
knackte. Ebenballs über zwei Meter kam Waldemar Schütz. Der <strong>Sport</strong>student Schütz<br />
qualifiziert sich mit 2,01m im Hochsprung für den Olympiakader der Gesamtdeutschen<br />
Mannschaft, konnte dann aber se<strong>in</strong>e Leistung bei den Ausscheidungswettkämpfen<br />
nicht abrufen. Die 2,01m schaffte er bei e<strong>in</strong>em Wettkampf <strong>in</strong> Garmisch-Partenkirchen.<br />
Zwischen 1949 (Gründung der DDR) <strong>und</strong> 1961 (Mauerbau) pflegten die Uni-<strong>Sport</strong>ler<br />
e<strong>in</strong>en regelmäßigen Austausch mit „West-<strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>en“ u. a. <strong>in</strong> Nürnberg. Im Mai<br />
1961 nahmen die Nürnberger die HSG <strong>Sport</strong>ler mit zu e<strong>in</strong>em Wettkampf nach Garmisch-<br />
Partenkirchen, wo Schütz die 2,01m sprang. Er war damit der erste DDR-Hochspr<strong>in</strong>ger,<br />
der über die zwei Meter kam. Bei e<strong>in</strong>em <strong>Sport</strong>fest <strong>in</strong> Geschwenda übersprang 1965<br />
Waldemar Schütz die 2,06m, was se<strong>in</strong>e persönliche Bestleistung blieb. Für den Sieg als<br />
DDR-Studentenmeister reichte ihm im gleichen Jahr 2,03m <strong>und</strong> für den DDR-Meister<br />
2,04m. Er beendete 1965 se<strong>in</strong> Studium <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Hochsprungkarriere <strong>und</strong> g<strong>in</strong>g als<br />
<strong>Sport</strong>lehrer nach Oberweißbach.<br />
Unter die namhaften <strong>Jena</strong>er Hochspr<strong>in</strong>ger muss man vollständigkeitshalber auf jeden<br />
Fall noch Joachim Kirst vom SC Motor <strong>Jena</strong> mit der persönlichen Bestleitung von 2,16m<br />
e<strong>in</strong>reihen (1967). Ungeschlagen bis heute ist der „höchste“ Spr<strong>in</strong>ger <strong><strong>Jena</strong>s</strong>, Rolf<br />
Beilschmidt (SC Motor) mit 2,31m, die er 1977 <strong>in</strong> Hels<strong>in</strong>ki schaffte.<br />
125
Die Leichtathleten von Post Nürnberg <strong>und</strong> der HSG Uni <strong>Jena</strong> <strong>in</strong> Garmisch-Partenkirchen, ganz l<strong>in</strong>ks<br />
Waldemar Schütz.<br />
126
Absolventen werden Lehrkräfte<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 10. Oktober 2007 Nr. 69<br />
Mit der Wiedereröffnung des Instituts für Körpererziehung (IfK) <strong>in</strong> der Muskelkirche<br />
im Januar 1951 stand die Frage, woher die notwendigen Lehrkräfte kommen<br />
sollten. Außer der späteren Direktor<strong>in</strong> Elly Tetschke gab es für das Fach <strong>Sport</strong> der<br />
Gr<strong>und</strong>schullehrerausbildung nur den Lektor Walter Wurzler <strong>und</strong> die Gymnastik- <strong>und</strong><br />
Tanzlehrer<strong>in</strong> Hildegard Nußbaumer. Dazu kamen die drei Hilfsassistenten Georg<br />
Buschner, Horst Götze <strong>und</strong> Wolfgang Gutewort. Um die <strong>Sport</strong>lehrerausbildung<br />
möglichst schnell aufzubauen bestand die erste Aufgabe dar<strong>in</strong>, möglichst schnell<br />
neue Lehrkräfte zu gew<strong>in</strong>nen. Man muss es Elly Tetschke als besonderen Verdienst<br />
anrechnen, das sie zuerst unter den Studierenden der ersten Matrikel nach potentiellen<br />
Mitarbeitern suchte. Der erste Jahrgang umfasste 25 Absolventen, von denen zwölf<br />
am neuen Institut e<strong>in</strong>gestellt wurden. Auch <strong>in</strong> den folgenden Jahren wurden immer<br />
wieder talentierte Student<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Studenten direkt durch das IfK oder die Abteilung<br />
studentische Körpererziehung (Studentensport) übernommen. Zu ihnen gehörten auch<br />
Alfred Wehner <strong>und</strong> Rolf Ziegler.<br />
Alfred Wehner stammt aus Vacha <strong>in</strong> der Rhön. Schon als Schuljunge war er aktiver<br />
Fußballer <strong>und</strong> Turner. Nach dem Krieg, als er zur Oberschule g<strong>in</strong>g, musste er häufig<br />
den Turnlehrer vertreten <strong>und</strong> spürte dabei, dass ihm der Beruf e<strong>in</strong>es <strong>Sport</strong>lehrers sehr<br />
zusagte. Er g<strong>in</strong>g folgerichtig zum <strong>Sport</strong>studium nach <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> kam <strong>in</strong> engen Kontakt<br />
zu Georg Pfeiffer, der Leiter des Studentensports war. Sie turnten häufig geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong><br />
der HSG-Mannschaft. 1954, unmittelbar nach se<strong>in</strong>em Studium, wurde Alfred Wehner<br />
von Georg Pfeiffer für den Studentensport e<strong>in</strong>gestellt. Er blieb bis Anfang der neunziger<br />
Jahre Hochschulsportlehrer. Außer im Turnen war er anfangs <strong>in</strong> fast allen <strong>Sport</strong>arten<br />
e<strong>in</strong>gesetzt. Ab Ende der siebziger Jahre des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts übernahm er zusätzlich<br />
zum Turnen <strong>und</strong> Schwimmen noch e<strong>in</strong>ige Ausdauerlaufgruppen. Statt e<strong>in</strong>er großen<br />
Geburtstagsfeier stiftete er 500 € für die USV-<strong>Sport</strong>halle, um späteren Generationen<br />
von Studentensportlern bessere Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsbed<strong>in</strong>gungen zu gewährleisten.<br />
Die Anfangsbiografie von Rolf Ziegler ähnelt der Alfred Wehners. In Bielen bei<br />
Nordhausen groß geworden, war er schon als Oberschüler <strong>in</strong> Nordhausen aktiver Turner<br />
<strong>und</strong> nahm erfolgreich an Wettkämpfen <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen teil <strong>und</strong> war als Übungsleiter tätig.<br />
Beim Besuch e<strong>in</strong>es Übungsleiterlehrganges lernte er die <strong>Sport</strong>art Volleyball <strong>und</strong> e<strong>in</strong>ige<br />
Lehrkräfte des neu gegründeten <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stituts kennen. Da <strong>in</strong> den Schulen starker<br />
Lehrermangel herrschte, wurde er nach dem Abitur <strong>und</strong> kurzer Lehre als Masch<strong>in</strong>enbauer<br />
1952 Neulehrer. Bereits im Herbst 1952 bewarb er sich für das <strong>Sport</strong>studium <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. Ab<br />
1953 spielte er <strong>in</strong> der erfolgreichen HSG-Volleyballmannschaft mit. Nach dem Examen<br />
wurde er 1955 Lehrer an der K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendsportschule <strong>in</strong> Nordhausen. 1961 holte<br />
ihn der neue IfK-Direktor Dr. Willi Schröder als Fachbereichsleiter Turnen nach <strong>Jena</strong>.<br />
Hier war er bis zu se<strong>in</strong>em Ausscheiden 1993 für die Turnausbildung der <strong>Sport</strong>studenten<br />
zuständig. Daneben betreute er jahrelang zusammen mit Alfred Wehner die HSG-<br />
Turnabteilung <strong>und</strong> war geme<strong>in</strong>sam mit diesem bei vielen Turn-<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>festen <strong>in</strong><br />
Leipzig an der Vorbereitung der <strong>Sport</strong>schau der <strong>Sport</strong>studenten beteiligt. Leider konnte<br />
er se<strong>in</strong>en Ruhestand durch se<strong>in</strong>en frühen Tod (1999) nicht lange genießen.<br />
127
Mit der Turnriege hatten Rolf Ziegler (l<strong>in</strong>ks) <strong>und</strong> Alfred Wehner (rechts) e<strong>in</strong>ige Erfolge. Dieses <strong>Bild</strong><br />
zeigt sie 1962 mit den Student<strong>in</strong>nen Mannschaftsmeister<strong>in</strong>nen im Turnen.<br />
128
„Oma Marlies“ als das große Vorbild.<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 26. Mai 2010 Nr. 187<br />
Beschäftigt man sich mit der <strong>Geschichte</strong> der „Rhythmischen <strong>Sport</strong>gymnastik“ <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>,<br />
fällt e<strong>in</strong>em sofort der Name Inge Riebel e<strong>in</strong>, die seit den 1960er Jahren bis heute<br />
mit Leib <strong>und</strong> Seele für diese <strong>Sport</strong>art tätig ist. Als sich Anfang der 1960er Jahre die<br />
„Künstlerische Gymnastik“, wie sie damals noch hieß, ausgehend von der Sowjetunion<br />
<strong>und</strong> anderen Ostblockstaaten zum <strong>in</strong>ternationalen Leistungssport entwickelte, gab es<br />
<strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>e wichtige Keimzelle. Die Turner<strong>in</strong>nenriege von Wolfgang <strong>und</strong> Feo Gutewort<br />
hatte e<strong>in</strong>ige ausgezeichnete Gymnast<strong>in</strong>nen. Spitzenturner<strong>in</strong> <strong>und</strong> -gymnast<strong>in</strong> war<br />
Irene B<strong>in</strong>der, die seit 1962 e<strong>in</strong>e Vielzahl von Medaillen bei Meisterschaften sowohl im<br />
Gerätturnen als auch <strong>in</strong> der Gymnastik für die Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) der<br />
Uni errang. Zu ihrer Turnriege gehörte als e<strong>in</strong>e der Jüngsten Marlies Wagner. Ihre Turn-<br />
<strong>und</strong> Gymnastikkarriere begann, als sie ihre <strong>Sport</strong>lehrer<strong>in</strong> ohne spezielle Vorbereitung<br />
zur Teilnahme an e<strong>in</strong>em Wettkampf mehrerer Schulen, vermutlich Kreismeisterschaften,<br />
überredete, bei dem Marlies auch gleich gewann. Als ausgesprochenes Bewegungstalent<br />
fielen ihr die Turnelemente an den verschiedenen Geräten nicht schwer <strong>und</strong> sie<br />
wurde Mitglied der Turner<strong>in</strong>nenriege der HSG. Sie brachte es bis zur Leistungsklasse<br />
I bei der Jugend. Zusätzlich war sie Eiskunst- <strong>und</strong> Rollkunstläufer<strong>in</strong>. Dann g<strong>in</strong>g sie<br />
wie e<strong>in</strong>ige Mitschüler<strong>in</strong>nen zur Basketballmannschaft der HSG, wo sie 1958 unter<br />
der Übungsleiter<strong>in</strong> Helga Zumpf bei den DDR-Meisterschaften im Basketball e<strong>in</strong>e<br />
Silbermedaille erreichte. Nach Ablegen des Abiturs erhielt sie e<strong>in</strong>en Studienplatz an<br />
der Deutschen Hochschule für Körperkultur <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> (DHfK) <strong>in</strong> Leipzig <strong>und</strong> kam 1959<br />
eher durch Zufall <strong>in</strong> die Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsgruppe der Gymnast<strong>in</strong>nen des SC DHfK. Sehr schnell<br />
erreichte sie e<strong>in</strong>en Stammplatz <strong>in</strong> der ersten Mannschaft, startete 1961 erstmals bei<br />
DDR-Meisterschaften <strong>und</strong> wurde <strong>in</strong> den Nationalkader aufgenommen. Bei e<strong>in</strong>em<br />
Länderkampf <strong>in</strong> Erfurt wurde sie sogar zum Kapitän der Nationalmannschaft berufen.<br />
1963 war sie bei den Europameisterschaften, die später zu den 1. Weltmeisterschaften<br />
<strong>in</strong> der Künstlerischen Gymnastik erhoben wurden, <strong>in</strong> Budapest am Start. E<strong>in</strong> technischer<br />
Fehler sorgte aber bereits <strong>in</strong> der Vorausscheidung für das vorzeitige Aus. Wegen ihrer<br />
Westverwandschaft wurde sie nicht für Starts <strong>in</strong>s westliche Ausland nom<strong>in</strong>iert. Zum<br />
Ende des Studiums bekam Marlies Goldammer, wie sie nach ihrer Heirat hieß, den<br />
Auftrag als Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong> der B-Nationalmannschaft tätig zu werden. Gleichzeitig g<strong>in</strong>g sie<br />
noch als Aktive mit Irene B<strong>in</strong>der, mit der sie schon <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> tra<strong>in</strong>iert hatte, an den<br />
Start. Noch als Student<strong>in</strong> im letzten Studienjahr durfte Goldammer <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> am Institut<br />
für Körpererziehung (IfK) e<strong>in</strong> Semester vertretungsweise die Gymnastikausbildung<br />
der <strong>Sport</strong>student<strong>in</strong>nen übernehmen. Durch Zuspruch von Dr. Wolfgang Gutewort<br />
erhielt sie 1964 e<strong>in</strong>e Assistent<strong>in</strong>nenstelle am IfK. Neben ihrer Lehrtätigkeit wurde<br />
sie vor allem als Verantwortliche bei der Vorbereitung der <strong>Sport</strong>student<strong>in</strong>nen auf die<br />
Deutschen Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>feste e<strong>in</strong>gesetzt. In der HSG Uni <strong>Jena</strong> übernahm Marlies<br />
Goldammer das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g der Leistungsgymnast<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> g<strong>in</strong>g auch selber noch an den<br />
Start, so 1968 bei e<strong>in</strong>em Vergleichskampf der Institute für Körpererziehung <strong>Jena</strong> gegen<br />
Halle. Für <strong>Jena</strong> starteten Sylvia Voigt, Heide Göbel, Gisela Triemer <strong>und</strong> Gisela Pester<br />
<strong>in</strong> der Leistungsklasse II <strong>und</strong> Marlies Goldammer, Helga Gör<strong>in</strong>g, Annerose Hofmann,<br />
Helga Junge, Marianne Büttner <strong>und</strong> Gabriela Bonack <strong>in</strong> der Leistungsklasse I. Dieser<br />
Wettkampf war ihr letzter E<strong>in</strong>satz als Aktive. In beiden Wertungsklassen siegte <strong>Jena</strong><br />
129
knapp vor Halle. Zu ihren erfolgreichsten Gymnast<strong>in</strong>nen gehörte Petra Kohlmorgen,<br />
die 1975 drei DDR-Meistertitel erreichte. Bed<strong>in</strong>gt durch die Konzentration auf die<br />
Lehrtätigkeit <strong>und</strong> den Abschluss der Promotion übergab sie das Leistungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>in</strong><br />
der HSG zunehmend an Inge Riebel, die bis dah<strong>in</strong> vor allem die Nachwuchsgruppe<br />
tra<strong>in</strong>ierte. Bis 2001 unterrichtete sie die <strong>Sport</strong>student<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>studenten <strong>in</strong><br />
Gymnastik <strong>und</strong> Tanz <strong>und</strong> gehörte zu den beliebtesten Lehrkräften am <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut. Als<br />
fast 70jährige tra<strong>in</strong>iert sie jetzt wöchentlich mehrmals Fitness <strong>und</strong> Schwimmen <strong>und</strong><br />
ist besonders stolz auf ihre sportliche Enkeltochter Solveig, die das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g bei Inge<br />
Riebel <strong>in</strong> der Rhythmischen <strong>Sport</strong>gymnastik aufgenommen hat.<br />
Marlies Goldammer (vierte von rechts) mit Irene B<strong>in</strong>der (vierte von l<strong>in</strong>ks) als Mitglieder der<br />
Nationalmannschaft „Künstlerische Gymnastik“ Mitte der 1960er Jahre.<br />
130
Dirk Enke – e<strong>in</strong> exzellenter Hürdenläufer<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 20. Mai 2010 Nr. 186<br />
In den letzten Tagen erschien Band 38 der Buchreihe „100 Jahre Leichtathletik <strong>in</strong><br />
Deutschland“. Der Autor ist Harry Themel <strong>und</strong> <strong>in</strong>haltlich beschäftigt sich der Band mit<br />
der statistischen Auswertung des Frauenhürdenlaufs <strong>in</strong> Deutschland. Berühmte <strong>Jena</strong>er<br />
Hürdenläufer<strong>in</strong>nen, wie Siegfriede Weber-Dempe <strong>und</strong> Gisela Birkemeier spielen dar<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e nicht unwesentliche Rolle. Harry Themel ist Absolvent des <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stituts<br />
<strong>in</strong> den 1950er Jahren. Kurzzeitig war er sogar hauptamtlicher Leichtathletik-Tra<strong>in</strong>er<br />
der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft der Uni (heute USV). In se<strong>in</strong>em umfangreichen<br />
Archiv gibt es auch <strong>in</strong>teressante Hürdenlaufergebnisse von Dirk Enke. Der 1943 <strong>in</strong><br />
Nordhausen geborene Enke war e<strong>in</strong> talentierter Leichtathlet. Auf Gr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er guten<br />
sportlichen Leistungen kam er schon als Schüler an die K<strong>in</strong>der-<strong>und</strong> Jugendsportschule<br />
<strong>in</strong> Nordhausen, wo Rolf Ziegler, später Turnlehrer am <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut, zu se<strong>in</strong>en<br />
Ausbildern zählte. Nach dem Abitur bewarb er sich an der Deutschen Hochschule für<br />
Körperkultur <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> <strong>in</strong> Leipzig. Diese hätten ihn gerne als Handballer genommen.<br />
E<strong>in</strong> Schulfre<strong>und</strong> überredete ihn mit zum SC Motor <strong>Jena</strong> zu gehen, wo man ihm sofort<br />
e<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> der Gruppe der Mittelstreckler gab <strong>und</strong> ihn bei e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternationalen<br />
Staffelwettkampf e<strong>in</strong>setzte. E<strong>in</strong>e Geburtstagskarte se<strong>in</strong>es Bruders brachte das vorzeitige<br />
Aus für se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternationale Karriere. Der Bruder hatte 1960 die DDR <strong>in</strong> Richtung Westen<br />
verlassen. So wurde Enke nur noch <strong>in</strong> der DDR e<strong>in</strong>gesetzt, durfte aber weiter beim SC<br />
Motor tra<strong>in</strong>ieren. Zu se<strong>in</strong>en Tra<strong>in</strong>ern gehörten Karl-He<strong>in</strong>z Friedrich <strong>und</strong> Klaus Dietrich.<br />
Zu se<strong>in</strong>en Spezialdiszipl<strong>in</strong>en zählten die 400m-Hürden, wo er mit 52,4 Sek<strong>und</strong>en<br />
se<strong>in</strong>e Bestzeit hatte. Nach eigenen Aussagen war er bei e<strong>in</strong>em Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gswettkampf<br />
auch schon unter 52 Sek<strong>und</strong>en gelaufen, da dies aber ke<strong>in</strong> regulärer Wettkampf war,<br />
taucht diese Zeit <strong>in</strong> den Bestenlisten von Harry Themel nicht auf. Damals habe er auch<br />
leistungsfördernde Tabletten bekommen, die später als Dop<strong>in</strong>gmittel von <strong>Jena</strong>pharm<br />
identifiziert wurden. 1963 wurde Enke DDR-Juniorenmeister im 400m-Hürdenlauf. Bei<br />
den letzten Ausscheidungswettkämpfen um e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same deutsche Mannschaft<br />
für die olympischen Spiele <strong>in</strong> Tokio 1964 wurde er trotz Spitzenleistungen wegen der<br />
„Westverwandschaft“ nicht nom<strong>in</strong>iert. Da se<strong>in</strong>e Abiturnoten ausgezeichnet waren,<br />
bekam er e<strong>in</strong>en Studienplatz für Psychologie <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> konnte sportlich weiter <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>er Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsgruppe tra<strong>in</strong>ieren. Als Student startete er für die Universität <strong>Jena</strong> bei<br />
drei DDR-Studentenmeisterschaften (1966,1967 <strong>und</strong> 1969), wobei er drei Meistertitel<br />
gewann. 1966 gewann er 400m-Hürden <strong>in</strong> 53,3s, was er 1967 mit 52,6s noch mal<br />
wiederholen konnte. 1967 kam noch e<strong>in</strong> Studentenmeistertitel mit Ulrich Demme<br />
<strong>und</strong> Ra<strong>in</strong>er Nordwig <strong>in</strong> der 3x1000m-Staffel mit 07:29,0 M<strong>in</strong>uten h<strong>in</strong>zu. In der<br />
gleichen Diszipl<strong>in</strong> lief er 1969 mit Henrich Misersky <strong>und</strong> Ulrich Helfricht noch auf e<strong>in</strong>en<br />
Vizemeisterplatz. Diese hervorragenden Ergebnisse brachten ihm e<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> der<br />
„Hall of Fame“ des <strong>Jena</strong>er Universitätssports e<strong>in</strong>. Nach se<strong>in</strong>em Studium arbeitete Enke<br />
u. a. 18 Jahre <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> Stadtroda, bevor er sich Anfang der 1990er Jahre als<br />
Psychologe <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> niederließ. 1995 versuchte er sich mal als Rennsteigläufer beim<br />
Halbmarathon (1:59,29) merkte aber, dass ihm die längeren Strecken nicht liegen.<br />
Heute ist er Fördermitglied des USV <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> Fitnesssportler beim TuS.<br />
131
Dirk Enke siegt über 400m Hürden bei den DDR-Studentenmeisterschaften<br />
1967 <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>.<br />
132
Die schlaffe verstaubte Volleyballhülle<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 11. Februar 2010 Nr. 172<br />
Wir haben <strong>in</strong> unserer Serie schon mehrfach über die Entwicklung des Volleyballs <strong>in</strong><br />
<strong>Jena</strong> <strong>in</strong> den 1950er Jahren berichtet, als <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>e Hochburg dieses <strong>Sport</strong>s <strong>in</strong> der DDR<br />
war. Dies kann man <strong>in</strong> dem Buch „<strong><strong>Jena</strong>s</strong> <strong><strong>Sport</strong>historie</strong> <strong>in</strong> <strong>Wort</strong> <strong>und</strong> <strong>Bild</strong>“ nachlesen.<br />
E<strong>in</strong>e zweite „große Zeit“ hatte der Volleyballsport, als die Männermannschaft der<br />
Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) im Juni 1962 mit e<strong>in</strong>em 3:0 Sieg über die HSG der<br />
Bergakademie Freiberg den Aufstieg <strong>in</strong> die DDR-Liga schaffte. Bis dah<strong>in</strong> spielten die<br />
Männer eher sporadisch als festes Team. Die erste Generation der Volleyballer hatte<br />
ihr Studium beendet <strong>und</strong> war beruflich bed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> alle W<strong>in</strong>de zerstreut. Zu besonderen<br />
Turnieren wurde, wie 1960 zu e<strong>in</strong>em Fre<strong>und</strong>schaftswettkampf gegen e<strong>in</strong>e Mannschaft<br />
der „Hohen Kommission der Sowjetischen Armee“ oder gegen die TH Darmstadt,<br />
die Mannschaft der HSG zusätzlich mit guten <strong>Sport</strong>studenten aufgefüllt. In e<strong>in</strong>em<br />
Artikel der Universitätszeitung unter der Überschrift „Es geht um den Massensport<br />
an der Universität“ wurde die schwache Rolle, die die staatlichen Leitungen bei der<br />
Entwicklung des Massensports spielten, kritisiert. „Uns sche<strong>in</strong>t die schlaffe verstaubte<br />
Volleyballhülle, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Pappkarton unter alten Zeitungen im FDJ-Sitzungszimmer<br />
ihr kümmerliches Dase<strong>in</strong> fristet, symbolisch zu se<strong>in</strong> für die E<strong>in</strong>stellung vieler<br />
Institutionen <strong>und</strong> Organisationen zu Körperkultur <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>.“ Ob dieser Artikel bei den<br />
Leitungen etwas bewirkte, ist unbekannt, dem Autoren, e<strong>in</strong>em Studentensportlehrer,<br />
gelang es jedenfalls, wieder e<strong>in</strong>e stabile <strong>und</strong> leistungsstarke Männermannschaft<br />
aufzubauen. Im Dezember 1960 gewann sie <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> gegen Olympia Wien 2:3. In den<br />
Folgejahren arbeitete sie sich an die DDR-Spitze bis zum besagten Aufstieg <strong>in</strong> die DDR-<br />
Liga. 1967 wurden diese Volleyballer mit D<strong>in</strong>jus, Bauer, Zeh, Valdick, Lott, Michel,<br />
Kirchner, Jauert <strong>und</strong> Bruchhaus Sieger bei der DDR-Studentenspartakiade <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>,<br />
was e<strong>in</strong>em Studentenmeistertitel entsprach. Diese Mannschaft, die nur aus Studenten<br />
bestand, bildete den Kern der HSG-Mannschaft, die noch viele Jahre unter Leitung von<br />
Manfred Danker <strong>und</strong> Dr. Ra<strong>in</strong>er Feustel die stärkste Volleyballmannschaft der Region<br />
war. In den 1990er Jahren wurde die enge B<strong>in</strong>dung zwischen den <strong>Sport</strong>studenten<br />
<strong>und</strong> dem Nachfolger der HSG, dem USV, im Volleyball zunehmend lockerer <strong>und</strong> die<br />
Männermannschaft spielten nur noch e<strong>in</strong>e zweitrangige Rolle. Dr. Hans Helmut Bauer,<br />
der vor kurzem se<strong>in</strong>en 65. Geburtstag feierte, war es dann zu verdanken, dass die<br />
<strong>Jena</strong>er Uni-Volleyballer<strong>in</strong>nen 2003 <strong>und</strong> 2004 mit je e<strong>in</strong>er Bronzemedaille bei Deutschen<br />
Hochschulmeisterschaften noch e<strong>in</strong>mal b<strong>und</strong>esweit auf sich aufmerksam machten.<br />
2005 gelang dem Männerteam, vor allem <strong>Sport</strong>studenten, ebenfalls von Bauer<br />
tra<strong>in</strong>iert, sogar der Sprung auf den zweiten Platz bei den Hochschulmeisterschaften.<br />
Volleyball ist heute im <strong>Jena</strong>er Hochschulsport mit über 30 Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsgruppen e<strong>in</strong>e<br />
der beliebtesten <strong>Sport</strong>arten überhaupt. Gespielt wird fast nur <strong>in</strong> Mix-Mannschaften,<br />
von denen beim traditionellen Hanfried-Turnier jeweils im Juni bis zu 100 Teams<br />
zusammenkommen.<br />
133
Die siegreiche Männer-Volleyballmannschaft bei der zentralen Studentenspartakiade 1967 <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>:<br />
Vorn ist Hans Helmut Bauer zu sehen.<br />
134
Die älteste Wettkampfsportart für Frauen<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 17. Januar 2009 Nr. 120<br />
Tennis ist die älteste <strong>Sport</strong>art <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>, bei der Frauen an Wettbewerben teilgenommen<br />
haben. Als der Gymnasiallehrer Hermann Peter für das noch heute stehende Tennishaus<br />
beim Geme<strong>in</strong>devorstand von Wenigenjena e<strong>in</strong>e Baugenehmigung beantragte, berichtet<br />
er, dass im Sommer 1902 <strong>in</strong>sgesamt 308 Dauerkarten für die Tennisplätze ausgegeben<br />
worden seien, davon 135 für Damen. Ob beim ersten öffentlichen Tennisturnier,<br />
welches 1905 <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> stattfand, auch Frauen dabei waren, ist nicht überliefert. E<strong>in</strong><br />
Fußballspiel des SV Carl Zeiss gegen den SC Erfurt wurde abgesagt, da e<strong>in</strong>ige Fußballer<br />
an diesem Tennisturnier teilnahmen. 1910 wurde zu der sportlichen Betätigung der<br />
Student<strong>in</strong>nen geschrieben: „Sehr beliebt ist auch das Tennisspiel, das, wo es möglich<br />
ist, auf den Tennisplätzen der Universität betrieben wird.“ Für e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternes Turnier des<br />
Tennis-Wettspiel-Vere<strong>in</strong>s im Jahre 1912, welches nach Zeitungsberichten vor großer<br />
Zuschauerzahl stattfand, ist im Damene<strong>in</strong>zel mit Vorgabe als Sieger<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Fräule<strong>in</strong> Vité<br />
benannt.<br />
Nach dem ersten Weltkrieg waren neben den studentischen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsgruppen bis zu<br />
fünf Vere<strong>in</strong>e mit Tennisriegen auf den Universitätssportplätzen e<strong>in</strong>gemietet. Anfangs<br />
konnten sie 32 Plätze nutzen, die größtenteils e<strong>in</strong>fache Rasenflächen waren. Zu Gunsten<br />
e<strong>in</strong>es Fußballplatzes <strong>und</strong> der Laufbahn wurde die Zahl der Plätze auf 12 reduziert.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden 1945 zunächst Kartoffeln auf den Tennisplätzen<br />
angebaut. 1946 begann der Übungsbetrieb im Tennis auf fünf Plätzen. Langfristig<br />
etablierten sich die <strong>Jena</strong>er Tennisspieler<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> zwei <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>en, der BSG Chemie<br />
<strong>und</strong> der HSG Wissenschaft <strong>Jena</strong>.<br />
Mitte der 1960er Jahre hatte die HSG e<strong>in</strong>e schlagkräftige Frauenmannschaft, die <strong>in</strong><br />
der Oberliga um Meisterschaftsehren stritt. 1963 wurden sie Vizemeister<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> der<br />
Besetzung Ell<strong>in</strong>or Schlonski, Heidrun Triller, Christiane Lesch, Ingrid Damen, Birgitt<br />
Hoffmann <strong>und</strong> Gudrun Bernewitz. Obwohl <strong>in</strong> der Spitzengruppe, wurden ihnen 1964<br />
vom Tennisverband alle Punkte aberkannt <strong>und</strong> sie zum Abstieg verdonnert, da die<br />
HSG nicht genügend Mädchenmannschaften hatte. Bereits im Jahr danach stiegen die<br />
HSG Frauen wieder auf. 1966 wurden sie Bronzemedaillen-Gew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> 1967<br />
DDR-Vizemeister. Im Jahr darauf gelang ihnen dann der Titelgew<strong>in</strong>n. Sie gewannen<br />
überraschend mit 7:2 gegen den Titelverteidiger, die HSG Humboldt-Universität<br />
Berl<strong>in</strong>. Bemerkenswert ist dabei, dass die Tennisspieler<strong>in</strong>nen diese über Jahre konstant<br />
guten Leistungen ohne Tra<strong>in</strong>er vollbrachten. Sie tra<strong>in</strong>ierten sich selber.<br />
135
Die DDR-Meister<strong>in</strong>nen 1968 v. l. Birgitt Hoffmann, Gudrun Bernewitz, Christiane Puschner,<br />
Ingrid Unangst, Ell<strong>in</strong>or Liebesk<strong>in</strong>d, Heidrun Triller, Steffi Pflaume.<br />
136
Frauenfechten hat <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>e lange Tradition<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 19. August 2010 Nr. 199<br />
Bereits um 1910 bot der Universitätsfechtmeister Christian Seemann-Kahne Übungszeiten<br />
eigens für Frauen an. Der Student<strong>in</strong>nenvere<strong>in</strong> der Universität schrieb 1910, kurz<br />
nach dem die ersten Student<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> immatrikuliert worden waren: „Die Stellung<br />
des <strong>Jena</strong>er Vere<strong>in</strong>s wird durch die Tatsache besonders deutlich gekennzeichnet,<br />
dass <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Statuten als Zweck auch die Pflege des <strong>Sport</strong>s aufgenommen ist. So<br />
betreibt er außer Tennis auch das Florettfechten. Dar<strong>in</strong> steht dieser Vere<strong>in</strong>, soweit<br />
ich es übersehen kann, <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>zig da. Vielleicht hält man das Fechten,<br />
auch wenn man es als re<strong>in</strong> körperliche Übung ohne Nebenzweck betreibt – <strong>und</strong> nur<br />
davon kann hier die Rede se<strong>in</strong> – für unweiblich, doch halte ich es für wahrsche<strong>in</strong>licher,<br />
dass man <strong>in</strong> allen Vere<strong>in</strong>en bestrebt war, fürs erste die gewöhnlichen turnerischen<br />
<strong>und</strong> sportlichen Veranstaltungen e<strong>in</strong>zubürgern <strong>und</strong> erst dann an die Pflege e<strong>in</strong>er<br />
speziell akademischen Leibesübung heranzugehen.“ Dabei unterscheidet sich zum<br />
damaligen Zeitpunkt das akademische Frauenfechten deutlich vom Männerfechten.<br />
Bei den Herren g<strong>in</strong>g es vor allem um Fechttra<strong>in</strong><strong>in</strong>g für die studentischen Verb<strong>in</strong>dungen.<br />
Dieses wurde bei sogenannten Mensuren, d. h. wo es um die Ehre der Fechter oder<br />
ihrer Verb<strong>in</strong>dungen g<strong>in</strong>g, mit scharfen Waffen ausgetragen, was nicht selten zu<br />
Verletzungen führte. Seemann-Kahne zählte zu den Universitätsfechtmeistern, die<br />
mehrfach versucht hatten, die Verb<strong>in</strong>dungen zu überzeugen, sich dem sportlichen<br />
Fechten zu widmen, was aber nicht gelang. Für das <strong>Sport</strong>fechten <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> steht der<br />
Name Re<strong>in</strong>hold Sev<strong>in</strong> vom Jahn-Turnvere<strong>in</strong>. Schon seit 1904 war er als Übungsleiter<br />
<strong>und</strong> Fechtwart tätig. Bei den 1. Deutschen Fechtmeisterschaften der Turner nach dem<br />
Ersten Weltkrieg, die 1921 <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> stattfanden, war er der Turnierleiter. Als Kampfrichter<br />
wird u. a. Prof. Dr. Hans Paul Kaufmann (später Leiter des Pharmazeutischen Instituts<br />
der Uni) genannt, der schon als Student zu den Spitzenfechtern des <strong>Jena</strong>er Turnvere<strong>in</strong>s<br />
zählte <strong>und</strong> sogar 1920 Akademischer Meister wurde. Das sportliche Fechten wurde<br />
vor allen, <strong>in</strong> <strong><strong>Jena</strong>s</strong> Turnvere<strong>in</strong>en, aber auch beim 1. SV <strong>und</strong> beim VfB gepflegt. Über<br />
das Frauenfechten gibt es aus dieser Zeit kaum Nachrichten. Nach 1945 gehörte das<br />
Fechten zu den <strong>Sport</strong>arten, welche am längsten durch die Alliierten verboten war.<br />
Erst Ende der 1940er Jahre, mit Gründung der DDR <strong>und</strong> der Gesellschaft für <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />
Technik wurde das Fechten wieder <strong>in</strong> den <strong>Sport</strong>artenkanon aufgenommen. In <strong>Jena</strong> war<br />
der bereits benannte Re<strong>in</strong>hold Sev<strong>in</strong> an der Gründung e<strong>in</strong>er Fechtgruppe bei Motor<br />
Zeiss beteiligt. Er galt damals deutschlandweit als der Fechtexperte, da die von ihm <strong>in</strong><br />
den 1920er Jahren aufgestellten Fechtregeln weitestgehend noch gültig waren. E<strong>in</strong>er<br />
der ersten Namen im Frauenfechten war der von Herta Prest<strong>in</strong>g, die 1950 die erste<br />
Mannschaftführer<strong>in</strong> bei Motor Zeiss war. Anfang der 1970er Jahre kam Beate Mäurer<br />
als Student<strong>in</strong> aus der Fechthochburg Eisenach zum Ökonomiestudium nach <strong>Jena</strong>.<br />
Während Dynamo Eisenach bis Ende der 1980er fast 20 DDR-Meistertitel erreichte,<br />
kamen auf das Konto vom SC Motor <strong>Jena</strong> mit Teichmann <strong>und</strong> Germanus lediglich drei<br />
Titel. Beate Mäurer wurde Mitglied der Fechtergruppe von Harald Seime bei der HSG<br />
der Uni. Sie focht aber auch für die BSG Motor Zeiss, so beim Verbandspokal 1974,<br />
wo sie mit 12:1 Siegen die Beste des Turniers wurde. Die <strong>Jena</strong>er Frauen gewannen<br />
dabei nach ihrem Sieg 1973 den zweiten Platz im Verbandspokal. Für die Universität<br />
<strong>Jena</strong> wurde Beate Mäurer, heute Eckart, 1971 die erste DDR-Studentenmeister<strong>in</strong> im<br />
137
Florettfechten. Als erste Fechter<strong>in</strong> der Uni überhaupt steht <strong>in</strong> der „Hall of Fame“ des<br />
Universitätssports im Jahre 1962 Monika Brüllke mit e<strong>in</strong>er Bronzemedaille bei den<br />
DDR-Studentenmeisterschaften. Beate Mäurer war dann nach ihrem Studium noch<br />
e<strong>in</strong>e Zeit lang Übungsleiter<strong>in</strong> bei der BSG Carl Zeiss, bis ihr Familie <strong>und</strong> berufliche<br />
Entwicklung ke<strong>in</strong>e Zeit mehr dafür ließen. Bei Deutschen Hochschulmeisterschaften<br />
wie 1998, die von der <strong>Jena</strong>er Universität ausgetragen wurden, übernahm sie gerne<br />
repräsentative Aufgaben z. B. bei der Siegerehrung <strong>und</strong> unterstützt den USV z. B. mit<br />
e<strong>in</strong>er Baumpatenschaft bei der Dreifelderhalle.<br />
Beate Mäurer (<strong>Bild</strong>mitte) bei der Siegerehrung zur den DDR-Studentenmeisterschaften<br />
1971 <strong>in</strong> Dresden.<br />
138
Schon immer Rennsteigläufer<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 13. Mai 2009 Nr. 135<br />
Der GutsMuths-Rennsteiglauf erlebt im Mai 2009 se<strong>in</strong>e 37. Auflage, vorausgesetzt<br />
man wertet den Lauf von vier <strong>Jena</strong>ern im Jahre 1973 als ersten Rennsteiglauf. Begonnen<br />
hatte aber alles bereits 1971, so dass man bereits im nächsten Jahr den 40. feiern<br />
könnte. In e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Zeitungsnotiz auf der Weimarer Lokalseite von „Das Volk“<br />
konnte man am 19. August 1971 lesen: „Rennsteig-Dauerlauf. Die BSG Lok Weimar,<br />
Sektion Wandern, Bergsteigen <strong>und</strong> Orientierungslauf, veranstaltet vom 20. – 24. August<br />
den 1. Rennsteig-Dauerlauf über 120 km. Start ist <strong>in</strong> Eisenach“. Im März 1971 hatten<br />
die Weimarer Orientierungsläufer sozusagen als Tochtersportgeme<strong>in</strong>schaft bei HSG Uni<br />
<strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>e Sektion Orientierungslauf gegründet. Unter den ersten 15 Mitgliedern waren<br />
vor allem Studenten, die aus Weimar kamen. Erste Sektionsleiter<strong>in</strong> war Barb Obstfelder.<br />
Diese Gruppe tra<strong>in</strong>ierte geme<strong>in</strong>sam mit den Weimarer <strong>Sport</strong>lern <strong>in</strong> Vorbereitung auf<br />
den Rennsteig-Dauerlauf. Am 20. August g<strong>in</strong>gen dann am Bahnhof <strong>in</strong> Eisenach für<br />
<strong>Jena</strong> der <strong>Sport</strong>student Gerhard Porsche, der Mathematikstudent Wolf-Dieter Wolfram<br />
<strong>und</strong> der wissenschaftliche Assistent der <strong>Sport</strong>wissenschaft Hans-Georg Kremer an<br />
den Start. Teilnehmer aus Weimar waren der Student der Hochschule für Architektur<br />
<strong>und</strong> Bauwesen Peter Baumann, der Oberschüler Michael Brehme, der Facharbeiter<br />
für Datenverarbeitung im Weimar Komb<strong>in</strong>at Karl-Eberhardt Gerlach <strong>und</strong> der Betreuer<br />
Lothar Erbs, der an der Mediz<strong>in</strong>ischen Akademie Erfurt studierte. Gestartet wurde am<br />
Bahnhof Eisenach <strong>und</strong> die erste Etappe führte bis auf den Inselberg. Die zweite endete<br />
<strong>in</strong> Oberhof, wo es e<strong>in</strong>en Ruhetag gab <strong>und</strong> die dritte hatte Neuhaus am Rennweg zum<br />
Ziel. Gelaufen wurde, sofern sich die Gruppe nicht verlief, auf dem Rennsteig.<br />
In der oben genannten Zeitung erschien jeweils am nächsten Tag e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Artikel<br />
über den Verlauf des Rennens <strong>und</strong> <strong>in</strong> dem Abschlussartikel konnte man lesen: „I.<br />
Rennsteigdauerlauf. Die Orientierungslaufgruppe von Lok Weimar veranstaltete – wir<br />
berichteten wiederholt darüber – e<strong>in</strong>en Orientierungslauf als I. Rennsteigdauerlauf<br />
über etwa 110 – 120 Kilometer. Diese Strecke wurde <strong>in</strong> drei Etappen <strong>in</strong> neun St<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> 55 M<strong>in</strong>uten zurückgelegt. Für das nächste Jahr ist e<strong>in</strong>e Wiederholung dieses Laufs<br />
geplant.“<br />
Wolf-Dieter Wolfram <strong>und</strong> Hans-Georg Kremer waren seitdem bei fast allen<br />
Rennsteigläufen teilweise als Organisatoren <strong>und</strong> immer als Läufer dabei, so dass sie<br />
<strong>in</strong> diesem Jahr schon auf ihren 39. <strong>und</strong> 40. Start schauen könnten, da es 1972 zwei<br />
weitere Testläufe gab. Gezählt wird der Rennsteiglauf aber erst seit 1973, so dass<br />
Wolfram <strong>und</strong> Kremer 2009 zum 36. <strong>und</strong> 37. Mal an den Start gehen.<br />
139
140<br />
Vom 1971er Rennsteiglauf gibt es außer dem oft veröffentlichten Gruppenfoto vor dem<br />
Start nur e<strong>in</strong> Foto von der Strecke. Es zeigt Wolfram (rechts) <strong>und</strong> Kremer (l<strong>in</strong>ks) auf der<br />
ersten Etappe nach ca. 20 Kilometern.
Die Wiege des 24-St<strong>und</strong>en-Laufs<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 20. August 2009 Nr. 148<br />
Die Orientierungslauf (OL) -Sektion der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) Uni<br />
wurde 1971 als Ableger e<strong>in</strong>er sehr aktiven OL-Gruppe von Lok Weimar gegründet.<br />
Schon vor dieser Gründung hatten sich die Initiatoren, die fast alle selber noch<br />
studierten, darum bemüht, DDR-Studentenmeisterschaften <strong>in</strong> ihrer <strong>Sport</strong>art <strong>in</strong>s Leben<br />
zu rufen. Dazu war erstmal die Gründung e<strong>in</strong>er entsprechenden Fachgruppe beim<br />
Präsidium für Hoch- <strong>und</strong> Fachschulsport der DDR notwendig. Im Herbst 1969 hatten<br />
die <strong>Jena</strong>er <strong>in</strong>teressierte <strong>Sport</strong>lehrer von Hochschulen der DDR <strong>in</strong> ihre Wanderhütte<br />
nach Obergneus bei Stadtroda e<strong>in</strong>geladen. Im Ergebnis wurde die Fachgruppe-OL<br />
gegründet <strong>und</strong> der Berl<strong>in</strong>er Günter Hert<strong>in</strong>g wurde als erster Vorsitzender gewählt. Er<br />
musste allerd<strong>in</strong>gs kurze Zeit später aus beruflichen Gründen den Vorsitz an den <strong>Jena</strong>er<br />
Assistenten der <strong>Sport</strong>wissenschaft, Hans-Georg Kremer übergeben. Günter Scharf von<br />
der Fachschule Unterwellenborn wurde se<strong>in</strong> Stellvertreter <strong>und</strong> Wolfgang Meier von<br />
der Hochschule für Architektur <strong>und</strong> Bauwesen der F<strong>in</strong>anzchef. Letzterer konnte als<br />
Organisator für die ersten Studentenmeisterschaften gewonnen werden. Im Frühjahr<br />
1971 fanden diese <strong>in</strong> den Wäldern um Bad Berka statt <strong>und</strong> die <strong>Jena</strong>er stellten mit der<br />
Mathematikstudent<strong>in</strong> Traute Schöll<strong>in</strong>g die Silbermedaillengew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong>. 1972 wurde<br />
Schöll<strong>in</strong>g DDR-Studentenmeister<strong>in</strong> <strong>und</strong> konnte mit den beiden <strong>Sport</strong>student<strong>in</strong>nen<br />
Erika Böhm <strong>und</strong> Gabriele Pannek im Staffel-OL den zweiten Rang belegen, genauso wie<br />
Wolf-Dieter Wolfram, Günter Krusch <strong>und</strong> Hans-Joachim Römhild bei den Studenten.<br />
Der größte Erfolg der OL-Gruppe der Uni <strong>Jena</strong> war der Mannschaftssieg bei den<br />
Studentenmeisterschaften 1974.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Erf<strong>in</strong>dung der <strong>Jena</strong>er Orientierungsläufer war der 24-St<strong>und</strong>en-<br />
Orientierungslauf. Der <strong>Sport</strong>lehrer Re<strong>in</strong>er Hecker führte die OL-Tradition ab Ende der<br />
1970er Jahre an der Uni weiter. 1985 kamen drei Jugendliche dieser Gruppe, Peter<br />
Vitztum, Erik Schütz <strong>und</strong> Lutz Spranger auf die Idee, e<strong>in</strong>e völlig neue <strong>und</strong> spektakuläre<br />
Wettkampfform im Orientierungslauf zu entwickeln, den „24-St<strong>und</strong>en-OL“, den sie<br />
geme<strong>in</strong>sam mit ca. zehn weiteren Helfern im <strong>Jena</strong>er Forst, mit dem Wettkampfzentrum<br />
„Am Stern“, organisierten. Insgesamt sechs Teams, bestehend aus sechs Läufern,<br />
davon m<strong>in</strong>destens zwei Frauen g<strong>in</strong>gen an den Start. E<strong>in</strong>e Mannschaft musste 24<br />
St<strong>und</strong>en ununterbrochen unterwegs se<strong>in</strong> <strong>und</strong> nach jeder absolvierten OL-Bahn, die<br />
ca. drei bis 6 Kilometern lang ist, musste gewechselt werden. Dieser Ablauf ist auch<br />
heute noch üblich. Heute s<strong>in</strong>d teilweise bis zu 150 Mannschaften am Start <strong>und</strong> die<br />
Zahl der Helfer hat sich entsprechend erhöht. Insgesamt läuft die Siegerstaffel über<br />
200km, <strong>und</strong> jeder Teilnehmer e<strong>in</strong>e Marathonstrecke, verteilt auf 24 St<strong>und</strong>en. Jürgen<br />
Ehms, der 1984 als Student nach <strong>Jena</strong> gekommen war, ist der e<strong>in</strong>zige Helfer, der<br />
von Beg<strong>in</strong>n an noch heute dabei ist. Ansonsten wurde das Organisationsteam von<br />
Jahr zu Jahr größer <strong>und</strong> heute beteiligen sich Ol‘er aus Ilmenau, Schmalkalden <strong>und</strong><br />
anderen Orten als Organisatoren an diesem e<strong>in</strong>maligen Wettkampf. Die Wälder um<br />
<strong>Jena</strong> waren bisher fünf Mal Schauplatz des „24-St<strong>und</strong>en-OLs“. Er f<strong>in</strong>det wegen des<br />
hohen Organisationsaufwandes gegenwärtig nur alle zwei Jahre statt. 2009 gab es<br />
bei Köthnitz die 17. Auflage. Es dürfte der bedeutendste <strong>in</strong>ternationale Wettkampf<br />
e<strong>in</strong>es <strong>Jena</strong>er Vere<strong>in</strong>s (USV <strong>Jena</strong>) mit e<strong>in</strong>er solch langen <strong>Geschichte</strong> se<strong>in</strong>. Er ist<br />
weltweit e<strong>in</strong>malig. Im Durchschnitt kommen Mannschaften aus bis zu 15 Ländern von<br />
141
Australien bis Japan, von den USA bis Norwegen, von Russland bis Israel. Die gesamte<br />
Organisation wird ganz im Ehrenamt <strong>und</strong> ohne städtische Zuschüsse organisiert. Wie<br />
wohl bei gegenwärtig ke<strong>in</strong>er anderen <strong>Sport</strong>veranstaltung trägt der „24-St<strong>und</strong>en OL“<br />
den Namen der <strong>Sport</strong>stadt <strong>Jena</strong> <strong>in</strong> alle Welt.<br />
Eröffnung der 2. DDR-Studentenmeisterschaften im OL 1972 <strong>in</strong> Remschütz bei Saalfeld; ganz rechts<br />
Gesamtleiter Günter Scharf, daneben Traute Schöll<strong>in</strong>g, am Mikrofon Vorsitzender der Fachgruppe<br />
OL, Hans-Georg Kremer.<br />
142
Von Eisenberg <strong>in</strong> die Muskelkirche<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 4. Februar 2010 Nr. 171<br />
Die Abteilung Orientierungslauf (OL) des USV <strong>Jena</strong> ist e<strong>in</strong>e der erfolgreichsten<br />
Abteilungen <strong>in</strong> der <strong>Geschichte</strong> des Universitätssports. Mit 212 E<strong>in</strong>trägen <strong>in</strong> der „Hall<br />
of Fame“ (www.usvjena.de) des Universitätssports rangieren die Medaillensieger<br />
des OLs gleich h<strong>in</strong>ter den Leichtathleten (355). Die Erstnennung dieser schönen<br />
Natursportart <strong>in</strong> der <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>geschichte liegt im Jahre 1955 als <strong>Sport</strong>studenten<br />
an e<strong>in</strong>em Geländeorientierungsmarsch teilnahmen. Diese <strong>Sport</strong>art, die bei der<br />
Gesellschaft für <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Technik (GST) angesiedelt war, konnte sich aber nicht<br />
durchsetzen. Anfang der 1960er Jahre entstand aus der „Tourismus-Bewegung“ zuerst<br />
im W<strong>in</strong>ter der Skiorientierungslauf, der anfangs als „Zweiermannschaftswettbewerb<br />
mit Gepäck“ organisiert wurde. So g<strong>in</strong>gen am 8. Januar 1961 W<strong>in</strong>tersportler der<br />
Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) der Uni mit Günter Scharf <strong>und</strong> Siegfried Melchert<br />
bei den 1. Bezirksmeisterschaften im Ski-Orientierungslauf <strong>in</strong> Ossla an den Start. Im<br />
gleichen Jahr organisierte die Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaft Motor Schott auf dem Forst<br />
den ersten <strong>Jena</strong>er Orientierungslauf mit 91 Teilnehmern. Bei den Männern siegte Deus/<br />
Klimas <strong>und</strong> bei den Frauen Deus/Vollrath (alle Motor Schott). Aus dieser <strong>Sport</strong>gruppe,<br />
die nach dem Fachverband <strong>in</strong> der DDR damals „Wandern <strong>und</strong> Bergsteigen“ hieß,<br />
stammt auch Barb Obstfelder (Jg. 1950), die mit ihrer Fre<strong>und</strong><strong>in</strong> Monika Braatz sich<br />
schon als Schüler<strong>in</strong> regelmäßig am Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g der Ol‘er <strong>und</strong> auch an der Organisation<br />
von Wettkämpfen beteiligte. So waren beide 1967 als Streckenposten bei den 1. DDR-<br />
Meisterschaften im Langstrecken-OL (30km) e<strong>in</strong>gesetzt, der von Eisenberg nach <strong>Jena</strong><br />
<strong>in</strong> die Muskelkirche führte. Hierbei lernte sie den <strong>Sport</strong>studenten Hans-Georg Kremer<br />
kennen, der <strong>in</strong> Weimar als technischer Leiter das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g bei der Thür<strong>in</strong>ger OL-Hochburg<br />
von Lok Weimar organisierte. Barb Obstfelder <strong>und</strong> Monika Braatz schlossen sich diesem<br />
Leistungszentrum an, wo sie <strong>in</strong> kürzester Zeit an die DDR-Spitze liefen. Barb Obstfelder<br />
gründete dann im März 1971 mit Kremer die Sektion Orientierungslauf bei der HSG der<br />
Uni. Insgesamt traten der Sektion 15 Mitglieder, davon sechs Studierende, bei. Erste<br />
Sektionsleiter<strong>in</strong> wurde Barb Obstfelder, technischer Leiter war der Student Wolf Dieter<br />
Wolfram; Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gskoord<strong>in</strong>ator war Hans-Georg Kremer <strong>und</strong> Kassierer<strong>in</strong> die Student<strong>in</strong><br />
Traute Schöll<strong>in</strong>g. Im gleichen Jahr holte Barb Obstfelder mit Monika Braatz <strong>und</strong> Traute<br />
Schöll<strong>in</strong>g ihren wertvollsten Preis, die Goldmedaille bei den DDR-Meisterschaften<br />
im Staffel-OL. Die Zahl der Siege <strong>und</strong> Platzierungen bei DDR-Ranglistenläufen usw.<br />
von Barb Obstfelder s<strong>in</strong>d nicht gezählt, sie sorgten aber dafür, dass sie <strong>in</strong> die DDR-<br />
Nationalmannschaft berufen wurde. Bed<strong>in</strong>gt durch ihr Studium zur Bau<strong>in</strong>genieur<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />
Gotha, übergab sie das Amt der Sektionsleiter<strong>in</strong> an die <strong>Sport</strong>student<strong>in</strong> Helke Feyler,<br />
blieb aber noch viele Jahre aktive Läufer<strong>in</strong>.<br />
Heute ist sie als Barb Wanke Fördermitglied des USV <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> freut sich über jeden<br />
Erfolg ihrer ehemaligen Abteilung OL beim USV <strong>Jena</strong> e. V.<br />
143
Barb Obstfelder bei den Deutschen Meisterschaften 1974 im Ski-OL <strong>in</strong> Jöhstadt.<br />
144
Es war als Orientierungslauf geplant<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 8. Oktober 2009 Nr. 154<br />
Die ersten Versuche zur Entwicklung e<strong>in</strong>er Laufveranstaltung, die über den gesamten<br />
Rennsteig führen sollte, begannen im Sommer 1971. Damals als Orientierungslauf<br />
geplant, waren Oberschüler aus Weimar, Studenten <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Assistent der<br />
<strong>Sport</strong>wissenschaft aus <strong>Jena</strong> die Hauptakteure. Bis dann 1973 vier Uniangehörige zum<br />
ersten Rennsteiglauf über knapp 100km starteten, gab es mehrere Versionen von<br />
Orientierungs-Etappenläufen <strong>und</strong> Langstreckenwanderungen, die aber alle auf Gr<strong>und</strong><br />
der sehr aufwändigen Organisation zeigten, dass dies nicht zum Erfolg führen würde.<br />
Die e<strong>in</strong>fachere Organisation bot e<strong>in</strong> Langstrecken-Ausdauerlauf. Allerd<strong>in</strong>gs sollten<br />
anfangs alle Teilnehmer die gesamte Strecke zusammen laufen. Durch regelmäßige<br />
Zeitungsberichte wurde dieses Projekt <strong>in</strong> der DDR-Laufszene bekannt. Für den 2.<br />
GutsMuths-Rennsteiglauf, der für den Mai 1974 geplant war, hatten sich Interessenten<br />
aus Leipzig <strong>und</strong> Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) angemeldet. Die Orientierungsläufer der<br />
Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG Uni <strong>Jena</strong>) traten als Organisatoren auf <strong>und</strong> Prof.<br />
Dr. Willi Schröder, der Vorsitzende der Universitätssportkommission, übernahm die<br />
Schirmherrschaft. Se<strong>in</strong> Sekretär, Hans-Georg Kremer, war schon seit 1971 der Initiator<br />
des Unternehmens. 12 Läufer g<strong>in</strong>gen am Heuberghaus auf dem Rennsteig an den<br />
Start. Vorher hatte Prof. Schröder im Schulhof der Salzmannschule <strong>in</strong> Schnepfenthal<br />
e<strong>in</strong>en Ehrenstart vollzogen. Der Lauf war nämlich e<strong>in</strong>e Rahmenveranstaltung der<br />
„GutsMuths-Gedenkspiele“. Dies war der zentrale vormilitärische Wettkampf aller<br />
Oberschulen des damaligen Bezirkes Erfurt, wo Schröder als Schirmherr fungierte.<br />
Acht Läufer, darunter vier „Fremde“ erreichten nach 82 Kilometern das Ziel <strong>in</strong><br />
Neuhaus. Die Presse berichtete wohlwollend <strong>und</strong> alle wollten im kommenden Jahr<br />
noch weitere Starter mitbr<strong>in</strong>gen. Noch im Mai wurde von Kremer e<strong>in</strong>e entsprechende<br />
Konzeption an Prof. Schröder übergeben, die für 1975 e<strong>in</strong>en offenen <strong>in</strong>ternationalen<br />
Wettkampf über 100km vorsah. Gr<strong>und</strong>lage dafür war, dass mit e<strong>in</strong>em ehemaligen<br />
Orientierungsläufer Herbert Weiß von Weimar, der jetzt <strong>in</strong> Heidersbach bei Suhl<br />
lebte, e<strong>in</strong> technischer Leiter für die Streckenorganisation gewonnen wurde. Prof.<br />
Willi Schröder schrieb daraufh<strong>in</strong> mehrere Briefe an den DTSB-(Deutscher Turn- <strong>und</strong><br />
<strong>Sport</strong>b<strong>und</strong>) Vizepräsidenten Johannes Rech <strong>und</strong> den Staatssekretär für Körperkultur<br />
<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>, Prof. Dr. Günter Erbach, <strong>und</strong> schlug vor, dass der DTSB e<strong>in</strong>en solchen<br />
Lauf 1975 <strong>in</strong> die GutsMuths-Gedenkspiele e<strong>in</strong>beziehen sollte, den die HSG Uni <strong>Jena</strong><br />
organisieren würde. Der DTSB Vizepräsident verwies am 10. Juni 1974 darauf, dass er<br />
nicht zuständig sei <strong>und</strong> den Brief zur Prüfung weiterzugeben habe. Der Staatssekretär<br />
Prof. Erbach schrieb an Schröder <strong>und</strong> Kremer, dass er die „Leistungsanforderungen“<br />
für e<strong>in</strong>en Volkssportlauf für weit überschritten hielte <strong>und</strong> nicht dafür sei. Anfang Juli<br />
schrieb dann der für den Volkssport zuständige Vizepräsident des DTSB, Werner Berg,<br />
dass man e<strong>in</strong>en solchen Lauf langfristig vorbereiten könne, zu den Streckenlängen aber<br />
noch Überlegungen notwendig seien. Diese nichte<strong>in</strong>deutige Zu- bzw. Absage nutzten<br />
die <strong>Jena</strong>er <strong>und</strong> änderten die Konzeption. Sie firmierten den Lauf um <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e 100km-<br />
Leistungswanderung im Rahmen des Studentensports. 100km-Leistungswanderungen<br />
besaßen <strong>in</strong> der damaligen DDR-<strong>Sport</strong>landschaft seit Anfang der 1970er Jahre e<strong>in</strong>en<br />
offiziellen Status <strong>und</strong> waren <strong>in</strong> der Klassifizierungsordnung Wandern fest verankert.<br />
Mit diesem Trick gelang es, bis Anfang 1975 die Organisation im „ruhigem Wasser“<br />
145
zu halten. Die ersten Ausschreibungen ließen aber auch „Nichtstudenten“ als Gäste<br />
zu. Geplant waren etwa 100 Teilnehmer, Anfragen kamen aber von fast 1000 <strong>und</strong><br />
die meisten wollten laufen, so dass die <strong>Jena</strong>er unwidersprochen vom „50-Meilen-<br />
GutsMuthslauf“ sprachen. Letztendlich g<strong>in</strong>gen dann am 10. Mai 1975 <strong>in</strong> der Nacht<br />
um 1.00 Uhr fast 900 Männer <strong>und</strong> e<strong>in</strong>ige wenige Frauen am Heuberghaus auf dem<br />
Rennsteig an den Start - das aber ist wieder e<strong>in</strong>e andere <strong>Geschichte</strong>.<br />
Prof. Dr. Willi Schröder (ganz rechts) verabschiedet 1974 die <strong>Jena</strong>er Teilnehmer<br />
des 2. GutsMuths-Rennsteiglaufs im Schulhof der Salzmannschule <strong>in</strong> Schnepfenthal.<br />
146
Ohne Organisatoren ke<strong>in</strong>e Wettkämpfe<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 9. Juli 2009 Nr. 142<br />
Wenn man unsere Serie „<strong><strong>Jena</strong>s</strong> <strong><strong>Sport</strong>historie</strong> <strong>in</strong> <strong>Wort</strong> <strong>und</strong> <strong>Bild</strong>“, von der die ersten<br />
100 Beiträge auch als Buch veröffentlicht wurden, regelmäßig liest, dann kann man<br />
tatsächlich feststellen, dass <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>e <strong>Sport</strong>stadt war <strong>und</strong> besonders <strong>in</strong> der Leichtathletik<br />
e<strong>in</strong>e Vielzahl von nationalen <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen Wettkämpfen organisierte. Dies war<br />
aber nur möglich, weil es über viele Jahrzehnte e<strong>in</strong>en Stab von gut ausgebildeten<br />
<strong>und</strong> motivierten Organisatoren, Kampfrichtern <strong>und</strong> Helfern gab. Der erste namentlich<br />
bekannte Organisator, sowohl <strong>in</strong> der Leichtathletik, als auch im Fußball, Tennis <strong>und</strong><br />
anderen zeittypischen <strong>Sport</strong>arten, war der Gymnasiallehrer Herrmann Peter, dem wir<br />
die <strong>Sport</strong>anlagen <strong>in</strong> der Oberaue verdanken. Er hat schon vor 1900 erste Wettbewerbe<br />
organisiert <strong>und</strong> auch das erste öffentliche Fußballspiel <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> am 30. Juli 1893 dürfte<br />
auf ihn zurückgehen. In der Leichtathletik machte sich dann ab 1910 der Student Oskar<br />
Leonhardt verdient. Sohn e<strong>in</strong>es <strong>Jena</strong>er Gastwirtes, war er 1911 Mitgründer des Vere<strong>in</strong>s für<br />
Bewegungsspiele (VfB) <strong>und</strong> langjähriger Organisationschef des „Nationalen Olympias“,<br />
<strong><strong>Jena</strong>s</strong> bekanntestem Leichtathletikwettkampf bis Mitte der 1930er Jahre. Dass nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg schon 1949 der Vorläufer der späteren DDR-Meisterschaften<br />
<strong>in</strong> <strong>Jena</strong> stattfand, ist auch dem Vorhandense<strong>in</strong> engagierter Organisatoren wie Ernst<br />
Weber, Artur Gl<strong>in</strong>iorz <strong>und</strong> vieler anderer zu verdanken.<br />
Erst 1972 kam der kürzlich im Alter von 88 Jahren verstorbene Erw<strong>in</strong> Schwarz<br />
nach <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> wurde gleich wenige Jahre später Leiter des Organisationsbüros der<br />
DDR-Studentenmeisterschaften <strong>in</strong> der Leichtathletik. Seit 1951 war <strong>Jena</strong> auch<br />
e<strong>in</strong>e Hochburg des Studentensports <strong>und</strong> die Uni organisierte regelmäßig DDR-<br />
Studentenmeisterschaften, von 1962 bis 1987 z. B. alle fünf Jahre <strong>in</strong> der Leichtathletik.<br />
Erw<strong>in</strong> Schwarz war schon als Schüler aktiver Leichtathlet, Fußballer, Handballer <strong>und</strong><br />
Tischtennisspieler. Bei se<strong>in</strong>er Neulehrerausbildung Ende der 1940er Jahre war <strong>Sport</strong><br />
e<strong>in</strong>es se<strong>in</strong>er Schwerpunktfächer. 1951 wurde er <strong>in</strong> der Verwaltung der Thür<strong>in</strong>ger<br />
Landesregierung <strong>Sport</strong>referent <strong>und</strong> 1954 bekam er den Auftrag, <strong>in</strong> Bad Blankenburg die<br />
K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendsportschule aufzubauen. Dies ist auch se<strong>in</strong> wichtigstes Lebenswerk,<br />
dem er sich 17 Jahre ganz verschrieben hatte. Als Verfechter von klassischen<br />
<strong>Bild</strong>ungsidealen nach Fröbel, Pestalozzi <strong>und</strong> GutsMuths geriet er aber Ende der 1960er<br />
Jahre zunehmend bei der DDR-<strong>Sport</strong>führung <strong>in</strong> Misskredit, da er die totale Ausrichtung<br />
auf den Hochleistungssport nicht mittragen wollte. So wurde er nach dem Umzug<br />
der <strong>Sport</strong>schule von Blankenburg nach <strong>Jena</strong> als Direktor abgelöst. Als Methodiker <strong>und</strong><br />
wissenschaftlicher Sekretär konnte er am <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut der Universität unterkommen.<br />
Hier übernahm er auch die Abteilung Leichtathletik der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft<br />
<strong>und</strong> wirkte bis zu se<strong>in</strong>er Pensionierung als Organisator bei vielen Wettkämpfen mit.<br />
Se<strong>in</strong> Lebenswerk ist aber der Aufbau der <strong>Sport</strong>schule <strong>in</strong> Bad Blankenburg, womit er als<br />
Gründungsvater des <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>gymnasiums gelten kann.<br />
147
Erw<strong>in</strong> Schwarz (vorn mit schwarzer Jacke) beim E<strong>in</strong>marsch der Teilnehmer<br />
zu den DDR-Studentenmeisterschaften 1974.<br />
148
Der Schnaps verh<strong>in</strong>derte e<strong>in</strong>e Verhaftung<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 4. November 2010 Nr. 210<br />
Im Oktober 2010 konnte Hermann Pfauch im Kreise der Familie <strong>und</strong> guter<br />
Fre<strong>und</strong>e se<strong>in</strong>en 90. Geburtstag feiern. Unter den Gästen befand sich auch der<br />
Hammerwurfchronist Klaus Brendel, mit dem er viele geme<strong>in</strong>same Er<strong>in</strong>nerungen beim<br />
<strong>Sport</strong>treiben <strong>in</strong> der BSG Motor Carl Zeiss austauschen konnte. Schon als Schüler fiel<br />
Hermann Pfauch als talentierter Leichtathlet auf. Er g<strong>in</strong>g auf e<strong>in</strong>e Oberschule <strong>in</strong> Gotha,<br />
wo er mit Werner Kühnert zusammentraf, mit dem er später <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> etliche Wettkämpfe<br />
bestritt. Da Hermann gleich nach dem Abitur zum Arbeitsdienst <strong>und</strong> anschließend zur<br />
Wehrmacht e<strong>in</strong>gezogen wurde, konnte er se<strong>in</strong> sportliches Talent nicht entfalten. Mit<br />
e<strong>in</strong>er Weite von 68 Meter beim Wurf mit der Übungshandgranate fiel er aber se<strong>in</strong>en<br />
militärischen Vorgesetzten auf, die ihn sportlich durch besondere Freistellungen bzw.<br />
die Abdelegierung zu e<strong>in</strong>er Art <strong>Sport</strong>e<strong>in</strong>heit nach Zella-Mehlis förderten. Im Mai 1945,<br />
nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges, konnte er sich nach Hause durchschlagen<br />
<strong>und</strong> gehörte im Herbst zum ersten Matrikel der wiedereröffneten Friedrich-Schiller-<br />
Universität. Eigentlich wollte er <strong>Sport</strong> studieren, was damals aber durch e<strong>in</strong> Verbot<br />
der Alliierten Kontrollmächte nicht möglich war. So begann er e<strong>in</strong> Pädagogikstudium<br />
bei Prof. Peter Petersen. Se<strong>in</strong> erster Versuch, auf den <strong>Sport</strong>plätzen <strong>in</strong> der Oberaue<br />
erneut e<strong>in</strong> Speerwurftra<strong>in</strong><strong>in</strong>g durchzuführen, endete fast mit e<strong>in</strong>er Verhaftung durch<br />
sowjetisches Militär. Speere galten als Waffen <strong>und</strong> durften nicht im Besitz von<br />
Deutschen se<strong>in</strong> bzw. <strong>in</strong> der Öffentlichkeit getragen werden. Nur mittels e<strong>in</strong>er Flasche<br />
Schnaps gelang es ihm, schlimmere Folgen zu verh<strong>in</strong>dern. Nach Wiederaufnahme des<br />
<strong>Sport</strong>betriebs 1946/47 tra<strong>in</strong>ierte Hermann Pfauch bei der <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft „Ernst<br />
Abbe“ <strong>und</strong> erregte wegen se<strong>in</strong>er guten Leistungen besonders bei den Wurfdiszipl<strong>in</strong>en<br />
die Aufmerksamkeit vom Tra<strong>in</strong>er Rudolf Klupsch. E<strong>in</strong>e besondere Wertungsform, die<br />
heute <strong>in</strong> der Leichtathletik kaum noch üblich ist, waren Mannschaftwettkämpfe,<br />
auch Mannschaftsdurchgänge genannt, bei denen e<strong>in</strong>e Mannschaft aus bis zu drei<br />
Wettkämpfern pro Diszipl<strong>in</strong> bestand. Bei e<strong>in</strong>em solchen Mannschaftswettkampf wurde<br />
Hermann Pfauch als Ersatzmann im Hammerwurf e<strong>in</strong>gesetzt. Später kamen weitere<br />
Diszipl<strong>in</strong>en, wie Stabhochsprung <strong>und</strong> Spr<strong>in</strong>t h<strong>in</strong>zu. Obwohl Pfauch auf Gr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Kriegsverletzung noch Granatsplitter z. B. <strong>in</strong> der Schulter hatte, vollbrachte er gute<br />
Leistungen <strong>und</strong> wurde regelmäßig bei Mannschaftswettkämpfen e<strong>in</strong>gesetzt. Die BSG<br />
Carl Zeiss war bei diesen Wertungen sehr erfolgreich <strong>und</strong> wurde 1951 <strong>und</strong> 1953 DDR-<br />
Meister im Mannschaftskampf. Die <strong>Jena</strong>er Männermannschaften sowohl von der BSG<br />
Carl Zeiss, als auch der BSG Schott <strong>und</strong> der HSG der Universität rangierten regelmäßig<br />
unter den ersten bei DDR-Meisterschaften. Die Meisterschaften 1953 waren sogar<br />
gesamtdeutsche Mannschaftsmeisterschaften, deren Endkampf <strong>in</strong> Koblenz stattfand.<br />
München <strong>und</strong> Hannover traten für Westdeutschland <strong>und</strong> die DHfK Leipzig <strong>und</strong> Motor<br />
<strong>Jena</strong> für Ostdeutschland an. Hermann Pfauch, der über mehrere Jahre erst <strong>in</strong> der<br />
Augenoptikerschule u. a. Russisch <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> später an der Grete Unre<strong>in</strong>schule<br />
unterrichtete, legte im Fernstudium se<strong>in</strong> Examen als <strong>Sport</strong>lehrer am Institut für<br />
Körpererziehung <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> ab. Regelmäßig tra<strong>in</strong>ierte er bei Rudolf Klupsch <strong>und</strong> Artur L<strong>in</strong>ß.<br />
E<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gspartner war Ende der 1960er Jahre Wolfgang Nordwig, dem er<br />
empfohlen hatte, es doch e<strong>in</strong>mal mit dem Stabhochsprung zu versuchen. 1972 wurde<br />
Nordwig Olympiasieger <strong>in</strong> dieser Diszipl<strong>in</strong>. Noch bis <strong>in</strong> die 1970er Jahre beteiligte sich<br />
149
Hermann Pfauch an Altersklassenwettkämpfen <strong>in</strong> der Leichtathletik mit sehr guten<br />
Leistungen. Als 50jähriger schaffte er z. B. 9,64m im Kugelstoß, 5,14m im Weitsprung,<br />
1,38m im Hochsprung <strong>und</strong> 12,7s über 100m.<br />
Seniorensportler der Abteilung Leichtathletik der BSG Carl Zeiss <strong>Jena</strong> 1975 im Ernst-Abbe-Stadion:<br />
v. l. n. r.: Artur Fleischhauer, Paul D<strong>in</strong>tner, Hermann Pfauch, Rudi Klupsch <strong>und</strong> Paul Schnappauf.<br />
150
Abschied nach über 52 Jahren<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 21. Juli 2010 Nr. 195<br />
Als die Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) der Universität 1949 gegründet wurde,<br />
war sie e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> studentische <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft. Schon bald fanden aber auch Uni-<br />
Mitarbeiter hier ihre sportliche Heimstadt. Mit der <strong>Bild</strong>ung des eigenständigen Instituts<br />
für Körpererziehung zum 1. Januar 1951 als Institution für die <strong>Sport</strong>lehrerausbildung<br />
<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen traten dann auch alle Mitarbeiter geschlossen der HSG bei. Sie brachten<br />
e<strong>in</strong>e neue Qualität <strong>und</strong> vor allem Kont<strong>in</strong>uität <strong>in</strong> die <strong>Sport</strong>arbeit, da Studenten ja<br />
auch heute noch nach Abschluss des Studiums die Universität <strong>und</strong> damit auch den<br />
universitären <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong> meistens verlassen. Bis Mitte der fünfziger Jahre bestand<br />
die Mitgliedschaft der HSG fast nur aus Erwachsenen. Mit der verstärkten Entwicklung<br />
des Leistungssports <strong>in</strong> der DDR setzte Mitte der 1950er Jahre der Aufbau von K<strong>in</strong>der-<br />
<strong>und</strong> Jugendgruppen <strong>in</strong> allen <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften der DDR e<strong>in</strong>. So wurde bei der HSG<br />
z. B. unter Leitung von Hans Weckel e<strong>in</strong>e Jugendgruppe im Rudern aufgebaut. Im<br />
Mädchenbasketball organisierten die <strong>Sport</strong>student<strong>in</strong>nen Helga Zumpf <strong>und</strong> Annemarie<br />
Hofmann an <strong>Jena</strong>er Schulen Übungsgruppen. Im W<strong>in</strong>tersport hatte Lothar Köhler e<strong>in</strong>ige<br />
Schüler im alp<strong>in</strong>en Skilauf, <strong>und</strong> im Schwimmen kümmerte sich Gerhard Hoecke um<br />
den Nachwuchs. Aus ganz anderen Gründen entstand 1958 das Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>derturnen der<br />
HSG. Ähnlich wie beim K<strong>in</strong>derschwimmen <strong>in</strong>itiierten <strong>Sport</strong>lehrkräfte, die selber K<strong>in</strong>der<br />
im Vorschulalter hatten, die <strong>Bild</strong>ung der Übungsgruppe, um den eigenen Nachwuchs<br />
sportlich zu fördern. Seit dem 15. April 1958 fand bis vor kurzem fast jeden Mittwoch<br />
von 15.30 Uhr – 17.00 Uhr das K<strong>in</strong>derturnen <strong>in</strong> der Turnhalle der Muskelkirche statt. Ab<br />
Oktober 1960 übernahm Inge Seemann von der Fachschaft Unterrichtspraxis von der<br />
bisherigen Übungsleiter<strong>in</strong> Feo Gutewort die Leitung des Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>derturnens. Sie setzte<br />
jeweils Student<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Studenten des zweiten Studienjahres als Übungsleiter e<strong>in</strong>,<br />
die hier ihre ersten Praxisst<strong>und</strong>en im K<strong>in</strong>derturnen selbstständig durchführen konnten.<br />
Dieses Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g gehörte damit fest zur Ausbildung der <strong>Sport</strong>studenten, ähnlich wie <strong>in</strong><br />
anderen Abteilungen der HSG, <strong>Sport</strong>studenten ihre Übungsleitertätigkeit absolvierten.<br />
Das wurde als Studienverpflichtung anerkannt. Ab 1968 wurde die Gruppe als<br />
eigenständige Sektion unter dem Namen „Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>derturnen“ <strong>in</strong> der HSG geführt.<br />
Als e<strong>in</strong>e Form der Öffentlichkeitsarbeit für die HSG <strong>und</strong> des <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stituts wurde<br />
von ihr <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit allen anderen Sektionen der HSG e<strong>in</strong>mal im Jahr e<strong>in</strong><br />
offenes K<strong>in</strong>dersportfest für ganz <strong>Jena</strong> auf dem Gelände der Muskelkirche organisiert.<br />
Manches Jahr kamen mehrere h<strong>und</strong>ert K<strong>in</strong>der zu <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel zusammen. Fast alle<br />
Institutsmitarbeiter<strong>in</strong>nen, die für Turnen oder Gymnastik zuständig waren, übernahmen<br />
zeitweilig die Leitung des Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>derturnens, durchgeführt meistens von Studenten<br />
<strong>und</strong> unterstützt von den Eltern. Besonders verdient machte sich hierbei Hella Richter,<br />
e<strong>in</strong>e Absolvent<strong>in</strong> des <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stituts, die jahrelang die Leitung der Gruppe hatte. Nach<br />
1990 gehörte das Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>derturnen zur Abteilung Turnen des Universitätssportvere<strong>in</strong>s<br />
(USV) <strong>und</strong> die Leitung hatte Dr. Car<strong>in</strong>a Wehr. Mit der Umstrukturierung der<br />
Studiengänge nach 1990, der Reduzierung der Mitarbeiter <strong>und</strong> der Neubesetzung der<br />
Lehrstühle am <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut geriet die traditionell enge B<strong>in</strong>dung zum USV zunehmend<br />
<strong>in</strong> Vergessenheit. E<strong>in</strong> Großteil der <strong>Sport</strong>arten, die vorher von Institutslehrkräften<br />
getragen wurden, wie die Leichtathletik, der W<strong>in</strong>tersport <strong>und</strong> der Handball, existieren<br />
heute im USV nicht mehr. Die Verantwortung für das Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>derturnen übernahm<br />
151
2007 der K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendwart des USV T<strong>in</strong>o Berg, dem es bis zum diesjährigen<br />
Sommersemester gelang, engagierte <strong>und</strong> an der Arbeit mit K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong>teressierte<br />
<strong>Sport</strong>studenten für das regelmäßige Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g zu gew<strong>in</strong>nen. Da jetzt auch noch die<br />
Traditions-Hallenzeit gestrichen werden soll, muss nach 52 Jahren der Übungsbetrieb<br />
e<strong>in</strong>gestellt werden. Vorschulsport im USV gibt es dafür seit Jahren <strong>in</strong> der Abteilung<br />
Judo, die für Eltern <strong>und</strong> K<strong>in</strong>der erfolgreich e<strong>in</strong>e Familiensportgruppe aufgebaut hat.<br />
Mitte der 1970er Jahre war die K<strong>in</strong>dersportfeste der Universität e<strong>in</strong>e beliebte Veranstaltung mit<br />
mehreren h<strong>und</strong>ert Teilnehmern aus ganz <strong>Jena</strong>.<br />
152
Nach dem Missgeschick gab’s Alum<strong>in</strong>iumblech<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 28. Oktober 2010 Nr. 209<br />
In der kürzlich eröffneten Ausstellung im <strong>Jena</strong>er Kunstvere<strong>in</strong> „Kunstgriffe“ bef<strong>in</strong>det sich<br />
e<strong>in</strong> Portrait von Harald Seime, welches vom Lauschaer Künstler Günter Dührkop 1981<br />
gemalt wurde. Das <strong>Bild</strong> gehört neben dem <strong>Bild</strong>nis e<strong>in</strong>er Fechter<strong>in</strong> zu den wenigen<br />
<strong>Bild</strong>ern der Sammlung der <strong>Jena</strong>er Universität, welches ke<strong>in</strong>en Universitätsprofessor<br />
darstellt. Ähnlich wie die zwei von ehemals vier noch vorhandenen <strong>Bild</strong>nissen der<br />
Universitätsfechtmeister der Familie Kreussler, ist auch das Seime-<strong>Bild</strong> nicht durch<br />
die Stiftung der dargestellten Personen <strong>in</strong> den Bestand der Uni gekommen. Bei den<br />
Professorenbildnissen war es e<strong>in</strong>e feste Regel, dass diese von Professoren selbst <strong>in</strong><br />
Auftrag gegeben <strong>und</strong> auch bezahlt wurden. Nicht so das Seimebild. Entstanden ist<br />
es als Ergebnis e<strong>in</strong>es Atelierbesuchs von Harald Seime mit <strong>Sport</strong>studenten bei Günter<br />
Dührkop <strong>in</strong> Lauscha. Das Atelier des vor e<strong>in</strong>igen Jahren verstorbenen Lauschaer<br />
Orig<strong>in</strong>als befand sich wenige 100 Meter vom Skilehrgangsobjekt „Mart<strong>in</strong> Hoop“<br />
oberhalb von Lauscha. Dem ersten Atelierbesuch folgten weitere <strong>und</strong> daraus ergab<br />
sich e<strong>in</strong>e langjährige Fre<strong>und</strong>schaft, die zu Gesprächen über Kunst <strong>und</strong> Pantomime<br />
führten. E<strong>in</strong> Skilehrer, der bei der ersten Begegnung zwischen Seime <strong>und</strong> Dührkop<br />
dabei war, pflegte diese Fre<strong>und</strong>schaft bis zu Dührkops Tod. Er gewann Dührkop auch<br />
für mehrere Aufträge mit sportlichen Motiven. <strong>Sport</strong>bilder s<strong>in</strong>d sehr selten im Oeuvre<br />
des Lauschaer Malers. In den 1960 Jahren ist e<strong>in</strong> <strong>Bild</strong>nis von „Schlittenfahrenden<br />
K<strong>in</strong>dern“ bekannt <strong>und</strong> für das Lauschaer Rathaus hat er e<strong>in</strong> Triptychon mit<br />
verschiedenen W<strong>in</strong>tersportarten, wie Skilauf, Skispr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Schlittenfahren gemalt.<br />
Das Seimebildnis lässt sich <strong>in</strong> die Reihe se<strong>in</strong>er zahlreichen Portraits e<strong>in</strong>ordnen,<br />
darunter auch das <strong>Bild</strong>nis e<strong>in</strong>es <strong>Jena</strong>er Professors. Der Botaniker Prof. Dr. Otto Schwarz<br />
wurde von Dührkop vor dem berühmten Hodlergemälde <strong>in</strong> der Aula gemalt. Kennen<br />
gelernt hatte er Schwarz durch die geme<strong>in</strong>same Liebe zu alp<strong>in</strong>en Pflanzen. Viele Jahre<br />
bewahrte er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Lauschaer Alp<strong>in</strong>um unter den rauhen klimatischen Bed<strong>in</strong>gungen<br />
des Mittelgebirges seltene Pflanzen für den Botanischen Garten der Universität. Als<br />
kle<strong>in</strong>es Dankeschön kaufte dafür die Uni das „Schwarz-<strong>Bild</strong>nis“. In den 1970er <strong>und</strong><br />
1980er Jahren übernahm er kle<strong>in</strong>ere Aufträge für den Universitätssport. So entwarf<br />
er die ersten drei Plakate des GutsMuths-Rennsteiglaufs, der damals von der <strong>Jena</strong>er<br />
Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft aufgebaut wurde. Er schuf emaillierte Medaillen <strong>und</strong><br />
Plakate für DDR-Studentenmeisterschaften <strong>und</strong> entwickelte mit Lauschaer Glasbläsern<br />
wertvolle Pokale für Universitätswettkämpfe. E<strong>in</strong>e ganze Pokalserie entstand für<br />
den Wettbewerb um „die sportlichste Student<strong>in</strong> <strong>und</strong> den sportlichsten Studenten“<br />
<strong>und</strong> für DDR-Studentenmeisterschaften im Orientierungslauf. Albrecht Gre<strong>in</strong>er-<br />
Mai schuf nach Dührkops Ideen Pokale aus hauchdünnem „Lampenglas“. Bei e<strong>in</strong>em<br />
Wettbewerb über e<strong>in</strong> ganzes Studienjahr konnten Student<strong>in</strong>nen, Studenten <strong>und</strong><br />
Institute um diese kämpfen. In die Wertung g<strong>in</strong>gen dabei die Anzahl der gelaufenen<br />
Kilometer im Rahmen der sogenannten „Meilenbewegung“, die Punktzahlen im<br />
<strong>Sport</strong>abzeichen <strong>und</strong> die Anzahl der Teilnahmen an Wettkämpfen für die Universität<br />
e<strong>in</strong>. Als bei der Pokalüberreichung durch den Rektor <strong>und</strong> anderer Honoratioren der<br />
Uni e<strong>in</strong> Pokal durch Ungeschick zu Bruch g<strong>in</strong>g, wurde von e<strong>in</strong>em „<strong>Sport</strong>funktionär“<br />
als Ersatz für den mehrere h<strong>und</strong>ert Mark wertvollen Pokal, e<strong>in</strong> für damals typischer<br />
Alum<strong>in</strong>iumblech-Pokal herbeigeschafft. Daran konnte Günter Dührkop erkennen,<br />
153
wie se<strong>in</strong>e künstlerischen <strong>und</strong> handwerklichen Fähigkeiten von Gre<strong>in</strong>er-Mai durch<br />
„<strong>Sport</strong>ler“ geschätzt wurden. Um zukünftigen „Glasbruch“ zu vermeiden, wurden<br />
dann weitere Pokale zusammen mit dem berühmten Glaskünstler Volkhard Precht<br />
aus massiverem Hüttenglas hergestellt. Ende der 1980er Jahre gab es den Versuch<br />
von Günter Dührkop, geme<strong>in</strong>sam mit dem Zella-Mehliser Medailleur Helmut<br />
König, Medaillen für den <strong>Sport</strong> zu entwerfen. Die e<strong>in</strong>schneidenden wirtschaftlichen<br />
Veränderungen nach der Wende 1989 führten dann dazu, dass diese Ideen nicht<br />
mehr zur Ausführung kamen. Helmut König hatte aber zwischenzeitlich z. B. für den<br />
Universitätssport die alten Universitätssportmedaillen von 1914 nachgeschnitten.<br />
154<br />
Glaspokal von Volkhard Precht nach e<strong>in</strong>em Entwurf von Dührkop<br />
für die DDR-Studentenmeisterschaft im Orientierungslauf. Die<br />
aufgesetzten Läufer s<strong>in</strong>d Emailarbeiten von Dührkop.
1000 Karpfen bei der Tombola<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 24. Dezember 2009 Nr. 165<br />
Anfang der 1970er Jahre wurden bei der <strong>Jena</strong>er Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (heute<br />
USV) wichtige Impulse für die Laufbewegung der damaligen DDR ausgelöst. Die<br />
Gründung des GutsMuths-Rennsteiglaufs 1973 <strong>und</strong> zwei Jahre später e<strong>in</strong>er Laufgruppe,<br />
die sich speziell auf die Teilnahme am Rennsteiglauf vorbereitete, veränderte die<br />
Laufszene gr<strong>und</strong>sätzlich. Der Ausdauerlauf gehörte bis dah<strong>in</strong> zur Kommission<br />
Straßenlauf des Deutschen Verbandes für Leichtathletik (DVfL) der DDR, <strong>und</strong> alle<br />
Wettkämpfe wurden hier e<strong>in</strong>geordnet. Die <strong>Jena</strong>er Rennsteigläufer waren aber von Haus<br />
aus Orientierungsläufer <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Anfrage von ihnen beim DVfL, ob er den Rennsteiglauf<br />
übernehmen wolle, wurde nicht mal beantwortet. Deshalb organisierten sich die<br />
Ostthür<strong>in</strong>ger Ausdauerläufer im damaligen Bezirk Gera außerhalb der Leichtathletik-<br />
Verbandsstrukturen <strong>in</strong> „Meilenkomitees“, was DDR-weit Schule machte. Die <strong>Jena</strong>er<br />
Laufgruppe unterstützte 1976 die Gründung e<strong>in</strong>er Laufgruppe bei Chemie Schwarza,<br />
aus der später der Schwarzatallaufvere<strong>in</strong> e. V. wurde <strong>und</strong> 1977 die Gründung e<strong>in</strong>er<br />
Laufgruppe bei der <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft Wismut Gera (heute 1. SV Gera). Der Geraer<br />
Silvesterlauf lehnte sich bis dah<strong>in</strong> an die „Stadion-Leichtathletik“ an. Die Strecke war<br />
genau vermessen, die Zeiten wurden mit der Hand gestoppt, <strong>und</strong> die Teilnehmerzahl<br />
konnte man anfangs an zwei Händen abzählen. Die Mitglieder der neuen Wismut-<br />
Laufgruppe wollten beim Silvesterlauf gerne mit starten. Ihnen war aber die bisherige<br />
Strecke zu kurz. Der Technische Leiter des Silvesterlaufs, Werner Scheffler, ließ sich<br />
überreden, e<strong>in</strong>e Zusatzstrecke von 10km anzubieten, die aus sechs R<strong>und</strong>en a 1.665m<br />
bestand. 82 Teilnehmer, davon über 20 von der Wismut-Laufgruppe, g<strong>in</strong>gen an den<br />
Start, was den Erfolg der Idee e<strong>in</strong>er Streckenverlängerung bestätigte. Im Jahr darauf<br />
waren die Ausdauerläufer schon selber an der Organisation aktiv beteiligt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Strecke führte erstmals <strong>in</strong> den Geraer Stadtwald. Ab 1978 s<strong>in</strong>d zwei anspruchsvolle<br />
Traditionsstrecken über 12 <strong>und</strong> 25 km im Programm. Die Teilnehmerzahlen stiegen<br />
von Jahr zu Jahr <strong>und</strong> Mitte der 1980er Jahre konnte der damalige Hauptübungsleiter<br />
der über 100köpfigen Laufgruppe, Dr. Hans-Georg Kremer, der Gesamtleiter des<br />
Silvesterlaufs geworden war, auf fast 2000 Teilnehmer verweisen. Damit war der<br />
Geraer Silvesterlauf nach dem Rennsteiglauf die größte Laufveranstaltung <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen.<br />
Das DDR-Fernsehen berichtete mehrfach über diesen Lauf. Schöne Traditionen, die<br />
zum Teil heute noch existieren, wurden damals entwickelt. Dazu gehörten die Nutzung<br />
der Panndorfhalle <strong>und</strong> des heutigen Hofwiesenbades. Besonderer Clou war die große<br />
Tombola, bei der es zu „DDR-Zeiten“ allerd<strong>in</strong>gs „nur“ Karpfen gab, davon aber sogar<br />
e<strong>in</strong>mal fast 1000 Stück. E<strong>in</strong>schneidende Änderungen brachte das „Wendejahr“ 1989<br />
für den Silvesterlauf. Das Organisationsteam hatte nach dem Mauerfall kurzfristig<br />
beschlossen, Läufer aus der Partnerstadt Nürnberg zum kostenlosen Start nach Gera<br />
e<strong>in</strong>zuladen. Unter den 526 Startern auf den Traditionsstrecken <strong>und</strong> 121 Wanderern waren<br />
48 „Franken“, die der E<strong>in</strong>ladung Folge leisteten. Sie brachten von e<strong>in</strong>igen Sponsoren<br />
sogar Geschenke für die Tombola mit. Im Gegenbesuch starteten dann Geraer Läufer zu<br />
e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Lauf <strong>in</strong> Helmbrechts. Die Verb<strong>in</strong>dung brach aber bald ab, da schon 1990<br />
das Geraer Organisationsteam vor großen Problemen stand. Die DDR-<strong>Sport</strong>strukturen<br />
hatten sich völlig aufgelöst, viele wichtige Helfer machten umfangreiche berufliche<br />
Veränderungen durch, <strong>und</strong> vor allem das traditionelle Läuferfeld aus den Bezirken<br />
155
der ehemaligen DDR blieb aus, da die Läufer erst Mal die Reisefreiheit nutzten, um<br />
möglichst viele Laufveranstaltungen jenseits der ehemaligen Grenze kennenzulernen.<br />
Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass e<strong>in</strong>e Handvoll Organisatoren um Dr. Detlef<br />
Ebert dem Lauf die Treue hielten <strong>und</strong> ihn weiter organisierten mit dem Ergebnis, dass<br />
die Teilnehmerzahlen nach e<strong>in</strong>igem „Auf <strong>und</strong> Ab“ jetzt wieder kont<strong>in</strong>uierlich ansteigen.<br />
Drei <strong>Jena</strong>er Rennsteigläufer (v. l.): Lothar Seifarth, Dieter Blechschmidt <strong>und</strong> Gerhard Rötzschke 1976<br />
als Paten bei der Gründung der Laufgruppe von Chemie Schwarza.<br />
156
Wie alles begann: Kernberglauf<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 16. August 2006 Nr. 27<br />
Am 21. Oktober 2006 fand zum 30. Mal der <strong>Jena</strong>er Kernberglauf statt. Obwohl<br />
dies historisch gesehen ke<strong>in</strong>e lange Zeitspanne ist, s<strong>in</strong>d doch e<strong>in</strong>ige historische<br />
Zusammenhänge <strong>und</strong> Ereignisse, die zum ersten Kernberglauf führten, fast vergessen.<br />
Begründer <strong>und</strong> Organisatoren des ersten Kernberglaufs waren Mitglieder e<strong>in</strong>er<br />
Laufgruppe bei der HSG Uni <strong>Jena</strong>, die sich im Herbst 1975 gebildet hatte <strong>und</strong> die sich<br />
unter Anleitung e<strong>in</strong>es rennsteiglauferfahrenen Übungsleiters <strong>und</strong> von <strong>Sport</strong>mediz<strong>in</strong>ern<br />
auf den 4. GutsMuths-Rennsteiglauf vorbereiteten. Die Initiative zur Gründung dieser<br />
Gruppe g<strong>in</strong>g von Studenten <strong>und</strong> Mitarbeitern der Sektion <strong>Sport</strong>wissenschaft aus, die bei<br />
der HSG <strong>in</strong> der <strong>Sport</strong>art Orientierungslauf aktiv waren. Diese Gruppe hatte schon den<br />
Rennsteiglauf entwickelt <strong>und</strong> im Sommer 1975 dessen Leitung an <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften<br />
entlang des Rennsteigs übertragen müssen.<br />
Der neu gebildeten Laufgruppe schlossen sich <strong>in</strong> kürzester Zeit über 50 Frauen <strong>und</strong><br />
Männer an, die Strecken von Marathonlänge <strong>und</strong> mehr nicht scheuten. Spätestens<br />
nach der Teilnahme am 4. GutsMuths-Rennsteiglauf 1976 setzten erste Überlegungen<br />
e<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en eigenen Lauf nach dem Muster des Rennsteiglaufs im Herbst zu gründen.<br />
Laufveranstaltungen mit Streckenlängen über 20 km waren <strong>in</strong> der damaligen DDR<br />
noch sehr selten. Der Rennsteiglauf lag im Mai <strong>und</strong> der neue Lauf im Herbst sollte<br />
Anreiz für e<strong>in</strong> ganzjähriges Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g se<strong>in</strong>. Für die Laufstrecke wurde anfangs das<br />
Waldgebiet um die Hohenwarte-Talsperre <strong>in</strong>s Auge gefasst, da hier die <strong>Sport</strong>studenten<br />
ihre Wasserwanderlager durchführten <strong>und</strong> sowohl geeignetes Gelände als auch<br />
Voraussetzungen für Start <strong>und</strong> Ziel vorhanden waren. Es zeigte sich aber nach zwei<br />
Testläufen, dass diese 50 km außerordentlich schwer <strong>und</strong> logistisch kaum zu<br />
beherrschen waren. Danach wurde das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsgelände <strong>in</strong> den Kernbergen auf<br />
Eignung h<strong>in</strong> untersucht. Zielstellung blieb weiter e<strong>in</strong> Lauf über 50 − 100 km. Als<br />
erster Test wurde die Ausschreibung für den <strong>Jena</strong>er Kernberglauf 1977 über e<strong>in</strong>e 50<br />
km lange Strecke entworfen, Als anfängerfre<strong>und</strong>liche Zugabe kam noch e<strong>in</strong>e 25km-<br />
Strecke h<strong>in</strong>zu. Die erfolgreiche Teilnahme an den 50km sollte die Voraussetzung se<strong>in</strong>,<br />
dass man im Jahr darauf 75km <strong>und</strong> noch e<strong>in</strong> Jahr später 100 km Laufen durfte. Diese<br />
Idee wurde nach massiver Kritik durch den DSTB wieder aufgegeben. Der 1. <strong>Jena</strong>er<br />
Kernberglauf hatte aber mit über 300 Meldungen alle Erwartungen der Organisatoren<br />
übertroffen, so dass der weiteren Entwicklung, wenn auch nur mit 50km, nichts mehr<br />
im Wege stand.<br />
157
Prof. Dr. Willi Schröder, Vorsitzender der Universitätssportkommission, auf dessen Vorschlag der<br />
Kernberglauf die Unterzeile „Zum Gedenken an Magnus Poser“ erhielt, begrüßt die Teilnehmer des<br />
1. Kernberglaufs vor der Muskelkirche.<br />
158
Das „<strong>Sport</strong>echo“ übte harsche Kritik<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 15. Oktober 2009 Nr. 155<br />
Wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vorigen Beitrag geschrieben, war an der Uni <strong>Jena</strong> die Keimzelle des<br />
größten Crosslaufs Europas, dem GutsMuths-Rennsteiglauf. 1975 hatte dieser den<br />
Durchbruch mit fast 1000 Teilnehmern geschafft. Im Herbst des gleichen Jahres<br />
wurde e<strong>in</strong>e Laufgruppe bei der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) gegründet, die<br />
mit Rüdiger Grunow, Bernd Löschner, Hans-Georg Kremer, Gerhard Rötzschke, Dr.<br />
Jochen Scheibe, Rolf Schoder, Prof. Dr. Willi Schröder, Wolf-Dieter Wolfram <strong>und</strong> Jens<br />
Wötzel zum Organisationsstab des Rennsteiglaufs gehörte. In dieser Gruppe entstand<br />
auch die Idee, als herbstliches Gegenstück zum Rennsteiglaufs <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>e eigene<br />
Laufveranstaltung zu gründen, den <strong>Jena</strong>er Kernberglauf. Das erste Konzept sah vor,<br />
dass dieser über drei Jahre zu e<strong>in</strong>em 100 km-Lauf entwickelt werden sollte. Wer im<br />
ersten Jahr die 50 km geschafft hatte, sollte im Jahr darauf die Genehmigung für 75<br />
km bekommen <strong>und</strong> im folgenden Jahr die 100 km laufen dürfen. Die Probleme bei der<br />
F<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>er organisatorisch machbaren 75-km-Strecke <strong>und</strong> die harsche Kritik des<br />
Deutschen Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>b<strong>und</strong>es (DTSB), wortstark im „Deutschen <strong>Sport</strong>echo“, dem<br />
Sprachrohr der DDR-<strong>Sport</strong>führung vorgetragen, veranlasste das Organisationsteam,<br />
sich von dieser Idee bereits beim zweiten Kernberglauf zu verabschieden. Im <strong>Sport</strong>echo<br />
konnte man damals u. a. lesen: „Der Bedarf …(Läufe)… von 100 km durchzuführen,<br />
ist ger<strong>in</strong>g <strong>und</strong> beschränkt sich bei allen Gelegenheiten dieser Art auf den gleichen<br />
Personenkreis. Womit erneut die Frage der Allgeme<strong>in</strong>gültigkeit <strong>und</strong> des Wertes auf der<br />
Tagesordnung steht. Wir nehmen dazu Stellung, weil am Wochenende e<strong>in</strong> jüngstes<br />
Beispiel bekannt wurde. Die lobenswerte Initiative, immer mehr Veranstaltungen<br />
auf die Be<strong>in</strong>e zu stellen, wollen wir den <strong>Jena</strong>er Organisatoren um Dr. Kremer nicht<br />
versagen. Der Begründung für den neuen „Kernberglauf“, daß er „e<strong>in</strong>e Lücke im<br />
Wettbewerbssystem der Laufbewegung“ schließe, können wir jedoch nicht folgen,<br />
wenn es im Gr<strong>und</strong>e genommen um e<strong>in</strong>e Vorstufe von überlangen Läufen <strong>und</strong> nicht um<br />
die Befriedigung allgeme<strong>in</strong>er Lauf-Bedürfnisse geht…“. Nach der politischen Wende<br />
<strong>in</strong> der DDR, nahm der Autor Manfred Seifert <strong>in</strong> dem Buch „Ruhm <strong>und</strong> Elend des DDR-<br />
<strong>Sport</strong>s“ zu se<strong>in</strong>em Artikel von 1977 entschuldigend Stellung. Ihm g<strong>in</strong>ge es damals<br />
weniger um e<strong>in</strong>e Diszipl<strong>in</strong>ierung der Laufbewegung <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>, als darum, eventuelle<br />
Fehlentwicklungen beim Langstreckenlauf zu verh<strong>in</strong>dern. Auf die Zielstellung von<br />
überlangen Läufen, die u. a. dar<strong>in</strong> zu suchen ist, dass Läufer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Läufern über<br />
e<strong>in</strong>en langen Zeitraum regelmäßig <strong>und</strong> systematisch tra<strong>in</strong>ieren <strong>und</strong> damit etwas für<br />
ihre Ges<strong>und</strong>heit tun, wurde von Seifert weder 1977 noch 1990 e<strong>in</strong>gegangen. Dies<br />
war aber genau der Hauptaspekt der <strong>Jena</strong>er Akteure, die immer im engen Kontakt zu<br />
den <strong>Sport</strong>wissenschaftlern <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>mediz<strong>in</strong>ern der Uni standen. Der Pressesprecher,<br />
des Kernberglaufs, Dr. Dieter Blechschmidt, formulierte treffend 1977 <strong>in</strong> der<br />
Universitätszeitung: „Doch für diesen Ausdauerlauf muss regelmäßig <strong>und</strong> ganzjährig<br />
tra<strong>in</strong>iert werden. Deshalb s<strong>in</strong>d weitere Laufstrecken erschlossen worden, um den<br />
Ausdauerläufern unserer Republik mehr Möglichkeiten zu bieten. In diese reiht sich<br />
der Kernberglauf…würdig e<strong>in</strong>.“ Um e<strong>in</strong>er weiteren zentrale Kritik am Kernberglauf den<br />
„W<strong>in</strong>d aus den Segeln“ zu nehmen, wurde für 1978 ke<strong>in</strong>e weitere längere Strecke<br />
ausgeschrieben. Die Organisatoren um He<strong>in</strong>rich Fricke bauten <strong>in</strong> den 1980er Jahren vor<br />
allem auf die damals „kurze Strecke“ von 25km. Die 50km Distanz wurde auf 40km<br />
159
gekürzt. Den Part e<strong>in</strong>es „Ultralangen Laufs“ <strong>in</strong> Ostthür<strong>in</strong>gen übernahm dann bis Ende<br />
der 1980er Jahre der Städtelauf von <strong>Jena</strong> nach Gera über 55km, an dem auch e<strong>in</strong>ige<br />
Kernberglaufmitgründer beteiligt waren.<br />
Auf dem Startband des 1. <strong>Jena</strong>er Kernberglaufs 1977 fand man noch das Logo des Rennsteiglaufs,<br />
hieß der Kernberglauf doch im Untertitel „GutsMuths-Rennsteiglauf-Revanche“.<br />
160
Zwei Gymnast<strong>in</strong>nen feiern Jubiläen<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 16. Juni 2010 Nr. 190<br />
Mit nur e<strong>in</strong>em Tag dazwischen feiern am Freitag, den 18. Juni Dr. Marlies Goldammer<br />
ihren 70. <strong>und</strong> am Mittwoch, den 16. Juni Inge Riebel ihren 75. Geburtstag. Beide<br />
haben e<strong>in</strong>en wichtigen Teil der Gymnastikgeschichte an der Universität geschrieben<br />
bzw. schreiben noch daran. Marlies Goldammer hat sich vor allem um die Ausbildung<br />
von <strong>Sport</strong>student<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>studenten an der <strong>Jena</strong>er Universität <strong>in</strong> Rhythmischer<br />
<strong>Sport</strong>gymnastik <strong>und</strong> im Tanz verdient gemacht. Sie war bis Anfang 2000 als Lehrkraft am<br />
Institut für <strong>Sport</strong>wissenschaft tätig <strong>und</strong> zählt unter den Absolventen dieser Zeit zu den<br />
beliebtesten Lehrkräften an der Muskelkirche. Inge Riebel, dienstrechtlich am gleichen<br />
Institut, war bis Anfang der 1990er Jahre tätig <strong>und</strong> gehörte zum Bereich Studentensport,<br />
heute Hochschulsport. Sie bestimmte das Profil der Gymnastikausbildung seit Anfang<br />
der 1960er Jahre bei den Student<strong>in</strong>nen aller Fakultäten <strong>und</strong> vor allem <strong>in</strong> der Abteilung<br />
Rhythmische Gymnastik des USV, früher HSG. Beide verb<strong>in</strong>den viele Geme<strong>in</strong>samkeiten.<br />
Als Jugendliche waren beide erfolgreiche <strong>Sport</strong>ler<strong>in</strong>nen, Marlies als Rollkunstläufer<strong>in</strong>,<br />
Basketballer<strong>in</strong> <strong>und</strong> Turner<strong>in</strong>; Inge als Leichtathlet<strong>in</strong>. Beide studierten an der Deutschen<br />
Hochschule für Körperkultur (DHfK) <strong>in</strong> Leipzig. Marlies brachte es als Schüler<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>Jena</strong><br />
bis zu e<strong>in</strong>er Silbermedaille im Basketball bei DDR-Meisterschaften. Inge, die talentierte<br />
Hochspr<strong>in</strong>ger<strong>in</strong>, hatte ihre größten sportlichen Erfolg als Student<strong>in</strong>, als sie zu der<br />
Leichtathletik-Mannschaft der DHfK gehörte, die e<strong>in</strong>en DDR-Meistertitel erkämpfte.<br />
Beide kamen durch ihr Studium zur Gymnastik.<br />
Kennengelernt haben sie sich erstmals Ende der 1950er Jahre an der Muskelkirche,<br />
als Marlies zur Turnerriege des SC Motor <strong>Jena</strong> gehörte <strong>und</strong> Inge Riebel als junge<br />
<strong>Sport</strong>lehrer<strong>in</strong> <strong>und</strong> ausgebildete Turntra<strong>in</strong>er<strong>in</strong> ihre ersten Gymnastikst<strong>und</strong>en im<br />
Studentensport unterrichtete. Außerdem unterrichtete Inge Riebel damals natürlich<br />
noch <strong>in</strong> der Leichtathletik <strong>und</strong> baute mit Harald Seime das Fechten im Studentensport<br />
auf.<br />
Inge Riebel übernahm den Gymnastikunterricht Anfang der 1960er Jahre von Hildegard<br />
Nußbaumer <strong>und</strong> Marlies Goldammer von Feo Gutewort. Feo Gutewort arbeitete später<br />
im Studentensport mit Inge Riebel zusammen. Marlies war entscheidend am Aufbau<br />
der heutigen Abteilung Rhythmische <strong>Sport</strong>gymnastik beteiligt, nachdem sich diese<br />
<strong>Sport</strong>art vom Turnen getrennt hatte. Goldammer war bis 1967 noch aktive Gymnast<strong>in</strong><br />
<strong>und</strong> wurde sogar DDR-Meister<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Leistungsklasse I. Nachdem sie sich zunehmend<br />
auf die Ausbildung der <strong>Sport</strong>studenten konzentrierte, übernahm Inge Riebel die<br />
Gymnastikabteilung <strong>in</strong> der HSG <strong>und</strong> leitet sie noch heute. Inzwischen ist ihre Tochter<br />
Annelore Waldhäusl engagierte Übungsleiter<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Abteilung, bei der auch Solveig,<br />
die Enkeltochter von Marlies Goldammer tra<strong>in</strong>iert.<br />
161
Inge Riebel (<strong>Bild</strong>mitte rechts) <strong>und</strong> Marlies Goldammer (<strong>Bild</strong>mitte l<strong>in</strong>ks) als junge <strong>Sport</strong>lehrer<strong>in</strong> an der<br />
Uni Ende der 1970er Jahre bei e<strong>in</strong>er Wasserskiübung an der Hohewartetalsperre.<br />
162
E<strong>in</strong>st bei Chemie Kahla<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 28. November 2009<br />
Am 29. November 1939 wurde Dr. Rüdiger Grunow <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> geboren. Als Initiator<br />
<strong>und</strong> jahrelanger „Chef“ der <strong>Jena</strong>er Karnevalsgala ist Dr. Rüdiger Grunow vielen <strong>Jena</strong>ern<br />
bekannt <strong>und</strong> auch die Kernbergläufer kennen ihn als Sprecher am Start <strong>und</strong> im Ziel.<br />
Weniger bekannt ist se<strong>in</strong>e sportliche Vita, die <strong>in</strong> Kahla begann. 1954 entdeckte se<strong>in</strong><br />
Mathematiklehrer, Helmut Große, beim außerschulischen <strong>Sport</strong>, dass Rüdiger über<br />
e<strong>in</strong>e erstaunliche Ausdauerleistungsfähigkeit verfügte. Schon e<strong>in</strong> Jahr später g<strong>in</strong>g er als<br />
Leichtathlet für Chemie Kahla an den Start <strong>und</strong> stand bei den Kreiswaldlaufmeisterschaften<br />
mit e<strong>in</strong>em zweiten <strong>und</strong> dritten Platz erstmals auf dem Treppchen. Als er 1955 mit<br />
se<strong>in</strong>en Eltern nach Wasungen umzog, wurde er beim dortigen <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>, Traktor<br />
Wasungen, Mitglied <strong>und</strong> gehörte zu den Mitbegründern des im gleichen Jahr <strong>in</strong>s Leben<br />
gerufenen Wasunger Silvesterlaufs. Dieser gilt als erster Silvesterlauf <strong>in</strong> Europa, <strong>und</strong><br />
Rüdiger siegte <strong>in</strong> der Jugendklasse. Nach erfolgreichem Abitur <strong>in</strong> Me<strong>in</strong><strong>in</strong>gen kam er<br />
1957 nach <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> wurde Mitglied der Leichtathletikabteilung beim SC Motor <strong>Jena</strong>.<br />
Wie damals üblich, bekam Rüdiger Grunow e<strong>in</strong>en Ausbildungsplatz als Lehrl<strong>in</strong>g beim<br />
VEB Carl Zeiss <strong>Jena</strong>. Schnell stieg er die Karriereleiter zum Meister auf, <strong>und</strong> da ihm der<br />
technische Beruf viel Spaß machte, nahm er 1965 e<strong>in</strong> Abendstudium an der Friedrich<br />
Schiller Universität <strong>Jena</strong> auf, um Ingenieur für Technologie <strong>und</strong> Automatisierung zu<br />
werden. Im Anschluss erwarb er noch se<strong>in</strong>en Diplom<strong>in</strong>genieur. 1982 promovierte<br />
Grunow zum Dr. Ing. In dieser Zeit begann auch se<strong>in</strong>e zweite sportliche Karriere. Nach<br />
kurzer Vorbereitung nahm er 1976 erfolgreich am GutsMuths-Rennsteiglauf über 75<br />
km teil. Seitdem ist er Europas längstem Crosslauf treu geblieben <strong>und</strong> hat ihn schon<br />
34 Mal erfolgreich gemeistert. Über den Rennsteiglauf kam er zur HSG Uni <strong>Jena</strong>, dem<br />
Vorläufer des USV <strong>Jena</strong> e. V. <strong>und</strong> gründete hier die Laufgruppe mit. Grunow half als<br />
Mitorganisator des Rennsteiglaufs, besonders im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Viele<br />
der lockeren Sprüche, die die Rennsteigläufer auf ihren Laufhemden damals trugen,<br />
stammen aus se<strong>in</strong>er Feder. Der bekannteste wurde, „Nur Lieben ist schöner“ <strong>in</strong><br />
Verb<strong>in</strong>dung mit dem Rennsteiglaufsymbol. So <strong>in</strong> der Laufszene engagiert, ist es nicht<br />
verw<strong>und</strong>erlich, dass er 1977 zu den Mitbegründern des Kernberglaufs gehörte. Auch<br />
sportlich war er damals ganz erfolgreich. Se<strong>in</strong>e Bestzeit über 100km erreichte er<br />
1983 <strong>in</strong> Grünheide mit 8:43 <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e beste Marathonzeit steht mit 2:56:00 (1984)<br />
zu Buche. Im gleichen Jahr hatte Grunow auch beim Rennsteiglauf über 65km mit<br />
5:59 se<strong>in</strong>e Bestzeit. 1982 übernahm er von Dr. Hans-Georg Kremer die Funktion des<br />
Vorsitzenden des Bezirksmeilenkomitees <strong>und</strong> wechselte dann nahtlos 1990 <strong>in</strong> die<br />
Funktion e<strong>in</strong>es Thür<strong>in</strong>ger Laufwarts, was er bis 2007 verantwortlich für ganz Thür<strong>in</strong>gen<br />
blieb. 2001 gründete er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Wohnort den Closewitzer Napoleonlaufs <strong>und</strong> ist<br />
seitdem Gesamtleiter. Se<strong>in</strong>e Kulturscheune dient den Läufern als Umkleide- <strong>und</strong><br />
Aufenthaltsraum. Als Gründer des Saalecups hat Dr. Rüdiger Grunow bis 2008 nicht<br />
unwesentlich zur Entwicklung der Laufszene <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> beigetragen. Noch heute vertritt<br />
er den USV als „Lauffachmann“ im Präsidium des GutsMuths-Rennsteiglaufvere<strong>in</strong>s.<br />
163
Rüdiger Grunow (h<strong>in</strong>ten 2. v. r.) 1978 beim 100km-Lauf von Grünheide.<br />
164
Bis zum Sonnenaufgang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wanderhütte<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 11. August 2010 Nr. 198<br />
Als sich <strong>in</strong> den 1970er Jahren <strong>in</strong> der DDR die Laufbewegung zu entwickeln begann,<br />
waren es spektakuläre Laufveranstaltungen, die wesentliche Impulse für e<strong>in</strong>en raschen<br />
Aufschwung gaben. Was für die ganze Republik der Rennsteiglauf wurde, war für <strong>Jena</strong><br />
der Kernberglauf. Im Herbst gelegen, als Strecke die Horizontalwege <strong>in</strong> den Kalkbergen<br />
des Saaletal nutzend <strong>und</strong> anfangs auch noch mit 50km e<strong>in</strong>e sehr anspruchsvolle Strecke<br />
habend, animierten sie <strong>Sport</strong>ler der verschiedensten Diszipl<strong>in</strong>en an den Start zu gehen.<br />
Ausdauerläufer als regelmäßige Wettkämpfer im heutigen S<strong>in</strong>ne gab es damals <strong>in</strong> der<br />
ganzen DDR kaum mehr als 500. Für den Rennsteiglauf liegen statistische Erhebungen<br />
vor, die besagen, dass sich 1977 nicht mal 10% der Teilnehmer als Dauerläufer o.<br />
ä. bezeichneten, aber z. B. 17,3% „Spielsportler“, vor allem Fußballer waren. Der<br />
Altersdurchschnitt der Teilnehmer lag bei 40 Jahren. 55% der Teilnehmer des<br />
Rennsteiglaufs waren älter als 30 Jahre. Trotzdem waren siebzigjährige Starter die<br />
Ausnahme. E<strong>in</strong>er, der bereits 1975 für Schlagzeilen auf dem Rennsteig gesorgt hatte,<br />
war der <strong>Jena</strong>er Eduard Malkolm. Jahrgang 1895, meldete er sich beim III. GutsMuths-<br />
Rennsteiglauf für die fast 100km lange Strecke. Versuche der Organisatoren ihn zu<br />
überzeugen, doch die 38km lange Frauenstrecke zu laufen, lehnte er brüsk ab <strong>und</strong><br />
verwies auf se<strong>in</strong>e sportlichen Erfolge als Turner, Leichtathlet, Schlittschuhläufer<br />
<strong>und</strong> Faustballer. So war er nach eigenen Angaben <strong>in</strong> den 1920er Jahren lettischer<br />
Landesmeister im Schlittschuhhoch- <strong>und</strong> -weitsprung <strong>und</strong> schlesischer Landesmeister<br />
im beidarmigen Speerwurf. Im Turnmehrkampf konnte er auf e<strong>in</strong>e Vielzahl von Siegen<br />
verweisen <strong>und</strong> im Faustball gehörte er damals e<strong>in</strong>er Altherrenmannschaft der BSG<br />
Motor Zeiss, die auf allen Ebenen erfolgreich war, an. Sozusagen als Beweis se<strong>in</strong>er<br />
körperlichen Fitness machte er dem Mitarbeiter des Meldebüros des Rennsteiglaufs,<br />
welches sich damals <strong>in</strong> der „Muskelkirche“ <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> befand, gleich noch e<strong>in</strong>en Handstand<br />
vor <strong>und</strong> lief e<strong>in</strong>ige Meter auf den Händen über die Laufbahn. Was darauf erfolgte, ist<br />
schon mehrfach publiziert worden. In Kurzfassung: Eduard hatte den Bus der Uni-<br />
Rennsteigläufer nach Schnepfenthal verpasst. Die Gruppe war schon früh losgefahren,<br />
da sie das Meldebüro besetzen musste. Am Abend tauchte er dann etwas erschöpft<br />
<strong>in</strong> der Salzmannschule auf <strong>und</strong> berichtete, dass er die mehr als 80km mit dem Rad<br />
gefahren sei. Bis zum Start konnte er sich noch etwas ausruhen, denn es g<strong>in</strong>g erst <strong>in</strong><br />
der Nacht um e<strong>in</strong> Uhr los. Da er ke<strong>in</strong>e Taschenlampe mithatte, verlor er nach ca. 20km<br />
den Anschluss an die Rennsteigläufergruppe <strong>und</strong> ließ sich von Helfern an der Strecke<br />
überreden, dass er sich bis zum Sonnenaufgang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wanderhütte an der Strecke<br />
ausruhen könne. Als er wieder aufwachte, war es immer noch dunkel. Da er Niemanden<br />
<strong>in</strong> der Hütte wecken wollte, lief er e<strong>in</strong>fach wieder los. In Oberhof wurde es dann hell<br />
<strong>und</strong> er traf e<strong>in</strong>ige Menschen. Auf die Frage, wo denn die Rennsteigläufer lang gerannt<br />
seien, bekam er die Erklärung, dass diese bereits am Vortag durchgelaufen wären. Er<br />
hatte also mehr als 14 St<strong>und</strong>en geschlafen. Kaum hörte er dies, so drehte er um <strong>und</strong><br />
lief zurück nach Schnepfenthal, wo er se<strong>in</strong> Rad untergestellt hatte. Mit dem fuhr er<br />
wieder nach <strong>Jena</strong>. Am Montagvormittag stand er wieder bei den Organisatoren <strong>in</strong> der<br />
Muskelkirche <strong>und</strong> fragte, wo er denn se<strong>in</strong>e Teilnehmerurk<strong>und</strong>e bekäme. Erfolgreicher<br />
war er beim Kernberglauf: 1978 kam er auf der 25 km langen Strecke nach 5:21:31 <strong>in</strong>s<br />
Ziel <strong>und</strong> 1979 brauchte er sogar für diese Strecke nur 4:25:48.<br />
165
166<br />
Eduard Malcolm 1978 beim Kernberglauf im Ziel. Se<strong>in</strong>e typische<br />
Laufkleidung war e<strong>in</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsanzug aus den 1950er Jahren <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Baskenmütze. Hier erhält er vom Gesamtleiter He<strong>in</strong>rich Fricke e<strong>in</strong><br />
Er<strong>in</strong>nerungsgeschenk als ältester Teilnehmer.
Vater des <strong>Jena</strong>er Badm<strong>in</strong>ton-<strong>Sport</strong>s<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 27. Januar 2010<br />
Dr. Siegfried Stange gilt <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>lerkreisen als Vater des organisierten Badm<strong>in</strong>tonsports<br />
an der Universität. 1991 gründete er beim USV e<strong>in</strong>e eigenständige<br />
Abteilung für diese schöne Spielsportart. Als er Mitte der 1960er Jahre als<br />
Hochschulsportlehrer an der Universität begann, war er <strong>in</strong> verschiedenen <strong>Sport</strong>arten<br />
e<strong>in</strong>gesetzt <strong>und</strong> besonders als Basketball-Übungsleiter der Uni-Frauenauswahl<br />
erfolgreich. In Gera war er vorher schon als Federballspieler aktiv, konnte dies aber<br />
<strong>in</strong> <strong>Jena</strong> auf Gr<strong>und</strong> der ger<strong>in</strong>gen <strong>Sport</strong>hallenkapazität an der Uni nicht fortsetzen.<br />
Zeitweilig amtierte Siegfried Stange als Leiter des Lehrbereichs Studentensport. 1976<br />
promovierte Stange zum Thema: „Objektive Kennwerte für Sprungkraft, Antritts-<br />
<strong>und</strong> Spr<strong>in</strong>tschnelligkeit – ihre Bedeutung für den Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsprozess <strong>und</strong> spezifische<br />
Situationen im Fußball“. Er war damit der erste Mitarbeiter des Studentensports, der<br />
den Doktortitel erwarb. 1978 gelang ihm erstmals als Basketball-Tra<strong>in</strong>er e<strong>in</strong> größerer<br />
Erfolg, als se<strong>in</strong>e Frauenmannschaft beim DDR-Pokal den zweiten Platz belegte. Seit<br />
1980 setzte er sich für Federballsport, wie Badm<strong>in</strong>ton zu DDR-Zeiten genannt wurde,<br />
e<strong>in</strong>. Er führte es im Studentensport e<strong>in</strong> <strong>und</strong> konnte mehrere Gruppen erfolgreich<br />
aufbauen. Als Spieler gewann er selber im Badm<strong>in</strong>ton die Universitätsmeisterschaften.<br />
1981, 1986 <strong>und</strong> 1989 war Siegfried Stanges Frauen-Basketballauswahl drei Mal auf den<br />
Bronzerang im DDR-Studentenpokal. Zu der Zeit war er außerdem e<strong>in</strong>er der drei Lektoren<br />
im Studentensport <strong>und</strong> Cheforganisator der zyklischen Weiterbildung der Hoch- <strong>und</strong><br />
Fachschulsportlehrer der DDR, die <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> stattfand. Nach der politischen Wende<br />
übernahm er im Hochschulsport die Aufgabe das Hochschulsportprogramm zu erstellen<br />
<strong>und</strong> für den Druck der jährlich zwei Mal ersche<strong>in</strong>enden Hochschulsportbroschüre zu<br />
sorgen. 1990 organisierte er mit Frau Dr. Justus die erste K<strong>in</strong>derfreizeit des USV. Die<br />
Abteilung Badm<strong>in</strong>ton wurde unter se<strong>in</strong>er Leitung e<strong>in</strong>e stabile Abteilung des USV, wofür<br />
er 2004 u. a. mit der höchsten Auszeichnung des USV, dem Pokal des Präsidenten<br />
ausgezeichnet wurde. Heute ist Dr. Siegfried Stange Fördermitglied des USV <strong>Jena</strong> e. V.<br />
167
Dr. Siegfried Stange 1979 mit „se<strong>in</strong>er“ HSG-Frauenbasketball-Mannschaft.<br />
168
Olympische Rodelmedaillen aus <strong>Jena</strong><br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 25. Februar 2010 Nr. 175<br />
In der <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>geschichte spricht man bei Olympiaerfolgen weitestgehend<br />
nur von den Medaillen der Leichtathlet<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -athleten. Wenn die Erfolge<br />
von Renate Stecher, Wolfgang Nordwig, Ruth Fuchs, Marlies Göhr bis zu Heike<br />
Drechsler u. a. auch spektakulär für e<strong>in</strong>e so kle<strong>in</strong>e Stadt wie <strong>Jena</strong> waren, so wird<br />
kaum über die vielen Medaillen im Rennschlitten <strong>und</strong> Bobsport gesprochen, deren<br />
wissenschaftliche Gr<strong>und</strong>lagen zum Großteil <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> gelegt wurden. E<strong>in</strong>e wichtige<br />
Gr<strong>und</strong>lage dafür schuf der <strong>Sport</strong>wissenschaftler Wolfgang Gutewort u. a. mit der<br />
Verwendung des Impulsmessverfahrens. Bereits <strong>in</strong> den 1960er Jahren konnte<br />
Gutewort erste Forschungsergebnisse zur Optimierung von Bewegungsabläufen im<br />
Turnen mit Hilfe dieser Forschungsmethodik vorlegen, bei der kle<strong>in</strong>e „Lampen“ am<br />
Körper von Turner<strong>in</strong>nen angebracht wurden, die <strong>in</strong> regelmäßigen kurzen Abständen<br />
an- <strong>und</strong> ausg<strong>in</strong>gen. Im verdunkelten Raum fotografiert ergaben sich dabei Kurven<br />
der Lichtpunkte. Diese wurden anfangs per Hand ausgewertet <strong>und</strong> im Vergleich<br />
verschiedener <strong>Sport</strong>ler mit der Idealkurve konnten wichtige Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsh<strong>in</strong>weise<br />
erarbeitet werden. Mit Hilfe von Zeiss-Präzisionstechnik konnte die Auswertung ständig<br />
verbessert <strong>und</strong> beschleunigt werden. Als die DDR-<strong>Sport</strong>führung Ende der 1960er Jahre<br />
die Nutzung des Hochleistungssport als „Diplomatie im Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsanzug“ vorantrieb,<br />
um e<strong>in</strong>e breite <strong>in</strong>ternationale diplomatische Anerkennung zu erreichen, bekamen<br />
auch das Rodeln bzw. der Rennschlittensport <strong>und</strong> später der Bobsport e<strong>in</strong>e erhöhte<br />
Aufmerksamkeit. Mit e<strong>in</strong>em relativ kle<strong>in</strong>en Kaderstamm konnten hier <strong>in</strong> kürzester Zeit<br />
Weltspitzenergebnisse erreicht werden. Hierfür wurde ständig an der Weiterentwicklung<br />
des <strong>Sport</strong>materials <strong>in</strong> speziellen Forschungs<strong>in</strong>stituten <strong>in</strong> Leipzig bzw. Berl<strong>in</strong> gearbeitet.<br />
Die genaue Analyse des Fahrverhaltens <strong>und</strong> dessen kont<strong>in</strong>uierliche Verbesserung im<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs- <strong>und</strong> Wettkampfprozess durch <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>wissenschaftler war der zweite<br />
wohl noch wichtigere Aspekt dafür, dass die „DDR-Rodler“ <strong>und</strong> später auch Bobfahrer<br />
allen anderen Nationen davonfuhren. Spitzenjahr war 1972, wo die DDR-<strong>Sport</strong>ler alle<br />
acht vergebenen Medaillen bei den Olympischen W<strong>in</strong>terspielen <strong>in</strong> Sapporo err<strong>in</strong>gen<br />
konnten. Die Ausstattung mit Material <strong>und</strong> Geräten für die Forschung <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> war für<br />
„DDR-Verhältnisse“ zwar „fürstlich“, trotzdem wurden immer wieder Improvisation<br />
<strong>und</strong> „Forschungsgeist“ der <strong>Sport</strong>wissenschaftler <strong>und</strong> technischen Mitarbeiter, die<br />
auch vor unkonventionellen Lösungen nicht zurückschreckten, notwendig. Die<br />
Personalausstattung war geradezu optimal. 1983 standen alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> der damaligen<br />
Sektion <strong>Sport</strong>wissenschaft der Uni 18 sogenannte Vollbeschäftigungse<strong>in</strong>heiten für den<br />
Leistungssport zur Verfügung. Vergleichsweise dazu zwei für die Schulsportforschung,<br />
e<strong>in</strong>e für die Forschung <strong>in</strong> der Hochschulpädagogik. Fast alle wissenschaftlichen<br />
Mitarbeiter des Instituts, damals ohne Studentensport etwa 50, waren anteilig <strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong> eigenes Techniker-Team für die Schlitten- <strong>und</strong> Bobsportforschung ganzjährig tätig.<br />
E<strong>in</strong> Großteil der Diplomarbeiten der Studenten bearbeiteten Forschungsthemen <strong>und</strong><br />
die Wissenschaftsbereiche Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gswissenschaften, Biomechanik, Psychomotorik <strong>und</strong><br />
<strong>Sport</strong>mediz<strong>in</strong> konzentrierten sich erfolgreich auf die „Medaillenschmiede“ Oberhof.<br />
Bis 1988 hatten die <strong>Jena</strong>er Forscher e<strong>in</strong>en nicht unwesentlichen Anteil an 34 Medaillen<br />
im Rodeln <strong>und</strong> 13 im Bobsport.<br />
169
170<br />
In e<strong>in</strong>er <strong>Sport</strong>schule wurde für Forschungszwecke extra e<strong>in</strong>e Startbahn<br />
aufgebaut, um unabhängig von der Jahreszeit <strong>und</strong> der Witterung<br />
Untersuchungen vornehmen zu können. Hier steht Prof. Dr. Wolfgang<br />
Gutewort um 1980 bei e<strong>in</strong>em Forschungse<strong>in</strong>satz am Ablauf.
Lehmann als starker Mann der HSG<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 26. März 2009 Nr. 129<br />
Gewichtheben gehört nicht unbed<strong>in</strong>gt zu den akademischen Traditionssportarten, wie<br />
z. B. Fechten oder Tennis. Trotzdem s<strong>in</strong>d auf der „Ehrentafel des Universitätssports“<br />
im Jahre 1981 gleich drei Medaillen im Gewichtheben verzeichnet.<br />
Mit der E<strong>in</strong>führung des Pflichtsports für alle Student<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Studenten der ersten<br />
vier Semester an allen Hochschulen der DDR Anfang der 1950er Jahre, veränderte<br />
sich schrittweise das Profil des traditionellen akademischen <strong>Sport</strong>s. Während typische<br />
<strong>Sport</strong>arten, wie Fechten oder Tennis eher e<strong>in</strong> Schattendase<strong>in</strong> führten, entwickelten sich<br />
andere fast explosionsartig. H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> war weniger e<strong>in</strong>e gezielte Neuentwicklung e<strong>in</strong>es<br />
<strong>Sport</strong>artenkanons im Studentensport, als vielmehr die ständige Suche nach weiteren<br />
Kapazitäten, wo möglichst viele Studenten regelmäßig ihrem Pflichtsport nachgehen<br />
konnten. Obwohl der Studentensport ähnlich dem gesamten Studienbetrieb komplett<br />
verschult war <strong>und</strong> im wöchentlichen St<strong>und</strong>enplan nach Fakultäten <strong>und</strong> Instituten,<br />
später Sektionen, fest zugewiesene sogenannte Komplexzeiten <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>stätten hatte,<br />
reichten die vorhandenen <strong>Sport</strong>hallen an der <strong>Jena</strong>er Universität nie aus. Daher waren<br />
die Universitätssportlehrer ständig auf der Suche nach <strong>Sport</strong>arten, <strong>in</strong> denen möglichst<br />
viele oder zusätzliche <strong>Sport</strong>treibende e<strong>in</strong>en regelmäßigen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsbetrieb auch ohne<br />
<strong>Sport</strong>halle nachgehen konnten. Anfang der 1970er Jahre machte das Motto vom<br />
<strong>Sport</strong>platz „Natur“ die R<strong>und</strong>e <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>arten, wie Orientierungslauf, Ausdauerlauf<br />
<strong>und</strong> Wandern fanden <strong>in</strong> Studentensport e<strong>in</strong>en festen Platz. Zeitweilig wurden bis zu 10<br />
Laufgruppen <strong>und</strong> über 300 Wanderer im <strong>Jena</strong>er Studentensport registriert.<br />
Ausgehend von der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) <strong>in</strong> Leipzig entstanden<br />
<strong>in</strong> verschiedenen Großstädten „Zentren für aktive Erholung“, wo man ähnlich wie heute<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fitness-Center, <strong>Sport</strong>kurse außerhalb der <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften besuchen<br />
konnte. Dafür wurden kle<strong>in</strong>e Gymnastikräume mit e<strong>in</strong>fachen Kraftsportgeräten<br />
gebaut. Auch <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> gab es dazu zwei Projekte: E<strong>in</strong>es wurde <strong>in</strong> den Kellerräumen der<br />
Muskelkirche <strong>und</strong> das andere im Freigelände realisiert. Als ausgewiesener Fachmann<br />
für Kraftsport wurde der <strong>Sport</strong>lehrer Dieter Lehmann e<strong>in</strong>gestellt, der im Frühjahr<br />
1977 <strong>in</strong> der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>e entsprechende Abteilung<br />
gründete. In jeder Komplexzeit konnte jetzt m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e Gruppe Kraftsport<br />
zusätzlich angeboten werden, was die Kapazitäten des Studentensports um mehrere<br />
h<strong>und</strong>ert Plätze erhöhte. Dieter Lehmann war von Haus aus Gewichtheber <strong>und</strong> blieb<br />
auch nach Tätigkeitsbeg<strong>in</strong>n an der Uni aktiv. Er startete für die sehr erfolgreiche DDR-<br />
Liga Mannschaft von Wismut Gera. In der E<strong>in</strong>zelwertung trat er 1981 bei den DDR-<br />
Meisterschaften e<strong>in</strong>malig für die HSG Uni <strong>Jena</strong> an <strong>und</strong> konnte <strong>in</strong> der Gewichtsklasse<br />
bis 51kg im Stoßen mit 92,5kg die Goldmedaille err<strong>in</strong>gen. Dazu kamen noch zwei<br />
Bronzemedaillen im Reißen mit 67,5kg <strong>und</strong> im Zweikampf. Dies blieb der e<strong>in</strong>zige<br />
Auftritt e<strong>in</strong>es HSG-<strong>Sport</strong>lers im Gewichtheben. Ende der 1980er Jahre startete Dieter<br />
Lehmann erfolgreich e<strong>in</strong>en Frauenkraftsportkurs, zu dem sich mehr als 100 Mädchen<br />
<strong>und</strong> Frauen anmeldeten.<br />
Nach 1990 schied Dieter Lehmann aus dem Universitätsdienst aus, <strong>und</strong> Wolf-Dieter<br />
Graf übernahm die Abteilung Kraftsport, die heute regelmäßig, besonders im<br />
Nachwuchsbereich, durch Spitzenleistungen auf sich aufmerksam macht.<br />
171
Dieter Lehmann (ganz l<strong>in</strong>ks) beim Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g von Studenten an der 1978 gebauten<br />
Freiluftkraftsportanlage, die noch heute genutzt wird.<br />
172
E<strong>in</strong> Haferschleim voller Geheimisse<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 6. Mai 2010 Nr. 185<br />
Wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em früheren Beitrag geschildert, gelang es 1990 beim Rennsteiglauf, erstmals<br />
Getränke, die man im Osten nur aus dem Westfernsehen kannte, als Sponsorleistung<br />
für alle Läufer auf der Strecke auszugeben. Mit Gatorade hatten dabei viele Läufer e<strong>in</strong><br />
wortwörtlich „durchschlagendes“ Problem. Die Getränkepaletten waren bereits am<br />
Abend vor dem Lauf an die Getränkestellen gebracht worden. Leichter Nachtfrost sorgte<br />
dafür, dass sie früh beim Ausschenken oft noch deutlich unter 5° C kühl waren, was<br />
dazu führte, dass nach den ersten Versorgungspunkten die Wälder rechts <strong>und</strong> l<strong>in</strong>ks der<br />
Strecke von Läufern bevölkert wurden, die eilig e<strong>in</strong>en Busch suchten. Üblicher Weise<br />
waren bis dah<strong>in</strong> warmer Tee <strong>und</strong> vor allem der legendäre „Rennsteiglauf-Haferschleim“<br />
die wichtigste Flüssigkeitsversorgung beim Rennsteiglauf. Der Haferschleim, der noch<br />
heute zur Standartversorgung an fast allen Verpflegungspunkten der langen Strecken<br />
gehört, war 1973 vom <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>mediz<strong>in</strong>er Jochen Scheibe entwickelt worden.<br />
Bei den vorangegangenen Testläufen hatten sich die Studenten <strong>und</strong> Oberschüler,<br />
die als Rennsteiglauf<strong>in</strong>itiatoren gelten, vor allem an publizierte Ernährungspläne<br />
der Friedensfahrer gehalten. Dies erwies sich aber teilweise als völlig ungeeignet,<br />
da z. B. feste Nahrung wie Geflügelfleisch beim Laufen stört. In Gesprächen mit<br />
<strong>Sport</strong>mediz<strong>in</strong>er Scheibe wurde dann e<strong>in</strong>e Lösung gesucht, die sowohl kurz- als auch<br />
langkettige Kohlenhydrate, M<strong>in</strong>eralsalze <strong>und</strong> Flüssigkeit vere<strong>in</strong>en sollte. In e<strong>in</strong>em<br />
Haferschleim nur mit Wasser gekocht, angereichert mit Kochsalz, Vitam<strong>in</strong>-C <strong>und</strong><br />
Traubenzucker fand man die Lösung. Tests bei Läufen von Neulobeda über Kahla nach<br />
Stadtroda <strong>und</strong> zurück zeigten, dass dies e<strong>in</strong>e magenverträgliche Lösung war. Beim<br />
ersten Praxise<strong>in</strong>satz 1973, als vier Läufer versuchen wollten, so weit wie möglich auf<br />
dem Rennsteig zu laufen, wurde diese Mischung dann an fast allen Verpflegungsstellen<br />
getrunken. Allerd<strong>in</strong>gs fiel es den Akteuren zunehmend schwerer, dieses mediz<strong>in</strong>isch<br />
durchdachte Stärkungsgetränk runterzuschlucken. Bei der Verzehnfachung der Menge<br />
gegenüber den Testläufen muss e<strong>in</strong> Rechenfehler bei der Mengenzusammensetzung<br />
passiert se<strong>in</strong>. Das Getränk war e<strong>in</strong>fach viel zu salzig. Da bekanntlich der Rennsteig e<strong>in</strong>e<br />
Wasserscheide ist, hatten die Läufer auch ke<strong>in</strong>e Chance, zwischendurch an e<strong>in</strong>er Quelle<br />
e<strong>in</strong>en fischen Trunk zu sich zu nehmen. Der Betreuer, Dietrich Saalfeld, erbarmte sich<br />
aber <strong>und</strong> besorgte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gaststätte alkoholfreie Getränke, die dann etwa nach 50<br />
km zusätzlich getrunken wurden. Wäre dies nicht geschehen, würde es vielleicht heute<br />
ke<strong>in</strong>en Rennsteiglauf geben, da die Akteure vielleicht vorher ihren Lauf verzweifelt<br />
abgebrochen hätten. So schafften sie es fast bis nach Masserberg. Vorher wurde aber<br />
mit diebischer Freude an der Schwalbenhauptwiese, wo <strong>in</strong> Reichweite des Rennsteigs<br />
e<strong>in</strong> Bach im Wiesengr<strong>und</strong> floss, der versalzene Schleim ausgekippt. In den folgenden<br />
Jahren, als aus den vier Rennsteiglaufgründern über 1000 Teilnehmer geworden waren,<br />
wurden die Schleim-Rezepte mehrfach nach neuesten ernährungswissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen abgewandelt <strong>und</strong> ab Mitte der 1980er Jahre e<strong>in</strong>e Babynahrung als<br />
Gr<strong>und</strong>lage verwendet. E<strong>in</strong>e Schwierigkeit war die Zubereitung am Rennsteig, wo oft die<br />
Möglichkeit fehlte, <strong>in</strong> nahe gelegenen Großküchen die benötigten Mengen (mehrere<br />
tausend Liter) zuzubereiten <strong>und</strong> die nötige Temperatur über St<strong>und</strong>en zu halten. Mit<br />
e<strong>in</strong>fachen emaillierten Waschkesseln, die es vor allem <strong>in</strong> den sogenannten „VdgB-<br />
Läden“ gab, <strong>in</strong> denen der Landbevölkerung alles angeboten wurde, was man so als<br />
173
Kle<strong>in</strong>bauer oder Gärtner benötigte, konnte auch dieses Problem gelöst werden. Heute<br />
s<strong>in</strong>d Fertigprodukte aus der Babyversorgung die Gr<strong>und</strong>lage des Rennsteiglaufschleims,<br />
die durch Anreicherung mit Obstsäften, Zitrone oder Heidelbeeren besonders<br />
schmachhaft gemacht werden. Die Rezepte werden von den Verpflegungsorten als gut<br />
gehütete Geheimnisse von Helfergeneration zu Helfergeneration weitergegeben.<br />
Im H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> die beschriebenen Waschkessel im Jahre 1983 an e<strong>in</strong>em Verpflegungspunkt auf der<br />
langenStrecke. L<strong>in</strong>ks Papiersäcke mit der Aufschrift Haferflocken.<br />
174
E<strong>in</strong> <strong>Sport</strong>funktionär mit Leib <strong>und</strong> Seele<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 8. Dezember 2010 Nr. 215<br />
Die Leichtathletikerfolge <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>ler <strong>und</strong> die <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> erfolgreich organisierten<br />
nationalen <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen Wettkämpfe waren wesentliche Bestandteile, dass<br />
sich <strong>Jena</strong> mit dem Nimbus „<strong>Sport</strong>stadt“ schmücken konnte. E<strong>in</strong>er der an dieser<br />
<strong>Geschichte</strong> mitgeschrieben hat, war Klaus Dietrich, der am 8. Dezember 2010 <strong>in</strong><br />
der Stadiongaststätte se<strong>in</strong>en 70. Geburtstag feiert. Geboren <strong>in</strong> Großenha<strong>in</strong>, kam<br />
er als Schüler über die jährlich organisierten Crossläufe zu Motor Großenha<strong>in</strong>, wo<br />
er zu e<strong>in</strong>em erfolgreichen Leichtathletik-Mehrkämpfer ausgebildet wurde. Das ließ<br />
den Berufswunsch „Tra<strong>in</strong>er“ bei ihm reifen, weswegen er nach dem Abitur zur DHfK<br />
nach Leipzig g<strong>in</strong>g <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> studierte. Hier entwickelte er sich zum erfolgreichen<br />
Hochspr<strong>in</strong>ger, der mit der Straddle-Technik bis 2,00m hoch sprang. Er wurde <strong>in</strong> den<br />
DDR-Anschlusskader aufgenommen <strong>und</strong> tra<strong>in</strong>ierte für die Olympischen Spiele <strong>in</strong> Tokio,<br />
schaffte aber den Sprung <strong>in</strong> die Auswahlmannschaft nicht. Nach dem Studium bekam er<br />
erst mal e<strong>in</strong>e Hochsprungtra<strong>in</strong>erstelle <strong>in</strong> Magdeburg. 1967 wechselte er zum SC Motor<br />
<strong>Jena</strong> als Tra<strong>in</strong>er, wo er verantwortlich für 110m-Hürden, 400m <strong>und</strong> 400m-Hürden<br />
wurde. Zu se<strong>in</strong>en Schützl<strong>in</strong>gen gehörten nach eigenen Angaben so erfolgreiche Athleten<br />
wie Ullrich Ludwig (DDR-Meister 400m), Waltraut Kämpf (Goldmedaillengew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong><br />
mit der 4x400m-Staffel bei den Junioren-EM) <strong>und</strong> Gerd Stecher (DDR-Meister 400m<br />
Hürden). 1979, im Zuge der Ausweitung des Studentensports an der Friedrich-<br />
Schiller-Universität bekam er dort e<strong>in</strong>e Stelle. Neben der Leichtathletik tra<strong>in</strong>ierte er<br />
noch Volleyball- <strong>und</strong> Ausdauerlaufgruppen. In der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft, die<br />
damals e<strong>in</strong>e der erfolgreichsten <strong>in</strong> der Leichtathletik der DDR war, arbeitete Dietrich<br />
als <strong>Sport</strong>funktionär <strong>und</strong> Übungsleiter. Mit der politischen Wende <strong>in</strong> der DDR <strong>und</strong> der<br />
Abschaffung des Pflichtsports der Studenten war se<strong>in</strong> Arbeitsplatz an der Uni gefährdet.<br />
Das Angebot von Rolf Beilschmidt, dass er Leiter des B<strong>und</strong>esleistungszentrums <strong>in</strong> <strong>Jena</strong><br />
werden könnte, nahm er gerne an. Er baute dies mit großem Engagement mit auf.<br />
Namen wie Heike Drechsler, Anja Rücker, Falk Balzer trugen damals dazu bei, dass<br />
die <strong>Jena</strong>er Leichtathletik weiter e<strong>in</strong>en guten Namen hatte. Erstere bekam durch Klaus<br />
Dietrichs geschickte Verhandlungsführung e<strong>in</strong>en sicheren Arbeitsplatz auf „Lebenszeit“<br />
bei e<strong>in</strong>er großen Krankenkasse. Besonderer Schwerpunkt der Tätigkeit von Dietrich war<br />
die ständige Gew<strong>in</strong>nung von Sponsoren <strong>und</strong> Förderern für das B<strong>und</strong>esleistungszentrum,<br />
den TUS <strong>und</strong> wichtige Wettkämpfe, wie das Zeiss-Meet<strong>in</strong>g. Die TEAG, Erdgas, die<br />
Köstritzer <strong>und</strong> die Stadtwerke, um nur e<strong>in</strong>ige wichtige zu nennen, waren se<strong>in</strong>e ständigen<br />
Verhandlungspartner. Klaus Dietrich war e<strong>in</strong>e der guten Seelen des <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong><br />
konnte bis Ende der 1990er Jahre weit über 7,5 Mio DM an Geld- <strong>und</strong> Sachleistungen<br />
für den TUS akquirieren. Es zeigte sich aber, dass die <strong>Jena</strong>er Bevölkerung, die früher als<br />
„Zuschauerhochburg“ <strong>in</strong> der Leichtathletik galt, zunehmend das Interesse an solchen<br />
Wettkämpfen verlor. Die Zuschauerzahlen beim Zeiss-Meet<strong>in</strong>g g<strong>in</strong>gen von anfangs<br />
fast 10.000 auf unter 3.000 zurück. Als sich dann auch noch der Hauptsponsor Zeiss<br />
zurückzog, war das Ende des Meet<strong>in</strong>gs absehbar. Aus ges<strong>und</strong>heitlichen Gründen gab<br />
Klaus Dietrich 2000 se<strong>in</strong>e Tätigkeit auf <strong>und</strong> g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> den Vorruhestand. Er ist aber auch<br />
heute noch eng verb<strong>und</strong>en mit dem <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>, <strong>und</strong> man kann ihn bei allen größeren<br />
Wettkämpfen im Ernst Abbe Stadion oder den Spielen der Basketballer sehen.<br />
175
Klaus Dietrich (4.v.l.) geme<strong>in</strong>sam mit Wolfgang Lecht (3.v.l.) 1984 mit HSG-Leichtathleten vor e<strong>in</strong>er<br />
Fahrt zu e<strong>in</strong>em Wettkampf.<br />
176
Für die Wahrung der Ideen GutsMuths<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 1. Juli 2010 Nr. 192<br />
Am 30. Juni 1990 wurde <strong>in</strong> Suhl-Goldlauter der GutsMuths-Rennsteiglaufvere<strong>in</strong><br />
e. V. gegründet. Mitglieder des USV <strong>Jena</strong> hatten daran e<strong>in</strong>en wesentlichen Anteil.<br />
Die Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) der Uni als Vorgänger des USV <strong>Jena</strong> war die<br />
Gründungssportgeme<strong>in</strong>schaft des Rennsteiglaufs <strong>und</strong> hatte <strong>in</strong> den ersten Jahren<br />
sowohl konzeptionell als auch organisatorisch alle Fäden <strong>in</strong> den Händen. Bis 1975,<br />
als die Teilnehmerzahl die 1000 überstieg, waren die Uni-<strong>Sport</strong>ler die Hauptakteure.<br />
Nach 1975 waren die <strong>Jena</strong>er vor allem für die Werbung, die Öffentlichkeitsarbeit,<br />
die mediz<strong>in</strong>ische Betreuung <strong>und</strong> die Wissenschaft zuständig. Veranstalter war der<br />
Deutsche Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>b<strong>und</strong> (DTSB) <strong>in</strong> Suhl. Er stellte ab Mitte der 1980er Jahre den<br />
Gesamtleiter Volker Kittel aus Schmalkalden, der hauptamtlich beim DTSB arbeitete.<br />
Fast die gesamte Organisation wurde von <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften am Rennsteig im<br />
Ehrenamt realisiert. 1990, mit der Auflösung des DTSB auch <strong>in</strong> Suhl, war Volker<br />
Kittel auf e<strong>in</strong>mal arbeitslos. Er war aber so mit dem Rennsteiglauf verb<strong>und</strong>en, dass<br />
er sich erfolgreich bemühte, die Organisationsstrukturen zu erhalten. Neben der<br />
Auswertung des 1990er Rennsteiglaufs, bestand die Hauptaufgabe dar<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en<br />
eigenständigen Vere<strong>in</strong> für den Lauf zu gründen. Die <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>wissenschaftler Dr.<br />
Dieter Töpfer, Dr. Hans-Georg Kremer <strong>und</strong> Prof. Dr. Manfred Thieß beteiligten sich<br />
an der Erarbeitung der Satzung. Kremer war Bereichsleiter Öffentlichkeitsarbeit des<br />
Rennsteiglaufs, Thieß war der Chef des <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stituts <strong>und</strong> Töpfer arbeitete zu diesem<br />
Zeitpunkt im Rennsteiglauf-Startort Neuhaus im <strong>Sport</strong>. An der letzten Fassung der<br />
Satzung beteiligte sich außerdem Volker Kittel aus Schmalkalden sehr aktiv. E<strong>in</strong>e<br />
der Besonderheiten der Satzung war die Regelung zur Mitgliedschaft. In Anlehnung<br />
an Vorbilder im Deutschen Alpenvere<strong>in</strong> – die <strong>Jena</strong>er hatten hier bereits Anfang 1990<br />
e<strong>in</strong>e entsprechende Sektion gegründet – gab es verschiedene Mitgliedergruppen. Als<br />
wichtigste wurden die A-Mitglieder e<strong>in</strong>gestuft. Dies waren die den Lauf organisierenden<br />
<strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften, damals über 20. Sie hatten die meiste Arbeit <strong>und</strong> sollten, durch<br />
die Satzung abgesichert, e<strong>in</strong> entscheidendes Mitspracherecht bei der Entwicklung des<br />
Laufs <strong>und</strong> der F<strong>in</strong>anzen bekommen. Als B-Mitglieder konnten e<strong>in</strong>zelne Organisatoren<br />
e<strong>in</strong>treten, die ansonsten ke<strong>in</strong>em Mitgliedsvere<strong>in</strong> angehörten. Als größte Gruppe<br />
waren die C-Mitglieder geplant, die aus den Rennsteigläufern bestand. Anfangs<br />
war sogar angedacht, möglichst alle Rennsteigläufer als Mitglieder zu gew<strong>in</strong>nen. Da<br />
hohe Mitgliederzahlen vom Landessportb<strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>gen aber nicht belohnt sondern<br />
f<strong>in</strong>anziell eher bestraft wurden, ließ man diese Idee wieder fallen. Zeitweilig hatte<br />
der GutsMuths-Rennsteiglaufvere<strong>in</strong> über 4.000 Mitglieder. In der dritten Fassung der<br />
Satzung war auch die Gründung e<strong>in</strong>er Stiftung „GutsMuths-Rennsteiglauf“ vorgesehen.<br />
Als Stiftungskapital waren die Rechte des vom <strong>Jena</strong>er Uni-Grafiker Klaus Hobrack<br />
entwickelten Rennsteiglauflogos <strong>und</strong> des vom <strong>Jena</strong>er Prof. Dr. Willi Schröder <strong>in</strong>itiierten<br />
Namen „GutsMuths-Rennsteiglaufs“ gedacht. Für deren Verwendung sollten 1% aller<br />
E<strong>in</strong>nahmen aus der Verwertung des Symbols <strong>und</strong> des Namens aus allen Verträgen mit<br />
Werbeagenturen <strong>und</strong> Sponsoren sowie dem Verkauf von Souvenirs an die Stiftung<br />
fließen. Das Stiftungskapital sollte mündelsicher <strong>und</strong> z<strong>in</strong>sgünstig angelegt werden. Die<br />
Z<strong>in</strong>serträge sollten für die „…weitere Entwicklung des Volkssports auf dem Rennsteig<br />
<strong>und</strong> zur Förderung des Landschafts- <strong>und</strong> Naturschutzgedankens…“ verwendet<br />
177
werden. Außerdem sollte e<strong>in</strong> Ehrenpreis für „…die Förderung <strong>und</strong> Wahrung der Ideen<br />
von GutsMuths jährlich ausgegeben“ werden. Alle<strong>in</strong> aus der 1%igen Umlage wäre bis<br />
heute e<strong>in</strong> Stiftungskapital von m<strong>in</strong>destens 50.000 € zusammengekommen, was für<br />
2010 zum 20 jährigen Jubiläum e<strong>in</strong>e auszuschüttende Fördersumme von m<strong>in</strong>destens<br />
2000 € ergeben hätte. Die Stiftungsidee wurde aber nach der Gründung des Vere<strong>in</strong>s<br />
nicht weiter verfolgt.<br />
Volker Kittel (rechts) mit e<strong>in</strong>igen Mitgliedern des Organisationsbüros Mitte der 1980er Jahre.<br />
Die meisten Organisatoren gehörten zu den Mitgründern des GutsMuths-Rennsteiglaufvere<strong>in</strong>s.<br />
178
<strong>Jena</strong>er Thesen zum <strong>Sport</strong><br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 2. Januar 2010 Nr. 166<br />
An der <strong>Jena</strong>er Uni hatte sich zu „DDR-Zeiten“ e<strong>in</strong>e zahlen- <strong>und</strong> leistungsstarke<br />
Abteilung Studentensport entwickelt. Fast 25 Mitarbeiter sicherten Ende der 1980er<br />
Jahre den obligatorischen <strong>Sport</strong>unterricht der Studenten <strong>und</strong> gleichzeitig auch die<br />
Entwicklung des Wettkampfsports <strong>in</strong> der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG). Es ist<br />
sicher dem Engagement des damaligen Leiters des Studentensport, Dr. Manfred Thieß,<br />
zu verdanken, dass Mitte der 1980er Jahre <strong>Jena</strong> zu e<strong>in</strong>em Zentrum der Weiterbildung<br />
für <strong>Sport</strong>lehrer der Hoch- <strong>und</strong> Fachschulen der DDR wurde. Unter der Bezeichnung,<br />
„Zyklische Weiterbildung“ fanden bis 1989 fünf Lehrgänge mit jeweils bis zu 50<br />
<strong>Sport</strong>lehrern <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> statt. Neben der obligatorischen politischen „R<strong>und</strong>erneuerung“<br />
standen vor allem sportwissenschaftliche <strong>und</strong> sportpraktische Vorträge <strong>und</strong><br />
Diskussionen auf der Tagesordnung. Es entwickelte sich daraus e<strong>in</strong> enges Netzwerk<br />
unter den Hochschulsportlehrern der DDR, welches auch nach dem „Mauerfall“ im<br />
November 1989 noch funktionierte. Die <strong>Jena</strong>er Kollegen sahen sich <strong>in</strong> der Führungsrolle<br />
für e<strong>in</strong>en Berufsstand, der vor umfangreichen Strukturänderungen stand. Bereits am<br />
21. Dezember 1989 schickten die <strong>Jena</strong>er deshalb e<strong>in</strong> R<strong>und</strong>schreiben an alle Hoch- <strong>und</strong><br />
Fachschulen der DDR um e<strong>in</strong>en Berufsverbandes zu gründen. In dem Schreiben hieß es:<br />
„Die Entwicklung <strong>in</strong> unserem Lande erfordert <strong>in</strong> allen Bereichen die Beantwortung<br />
vieler Fragen <strong>und</strong> die Formierung neuer Strukturen. Das trifft auch für den bisherigen<br />
Lehrbereich Studentensport an den Hoch- <strong>und</strong> Fachschulen zu. Im Mittelpunkt unserer<br />
zukünftigen Arbeit steht <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong>zig <strong>und</strong> alle<strong>in</strong> die Verb<strong>in</strong>dung von Körperkultur,<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit, wobei Ges<strong>und</strong>heit als E<strong>in</strong>heit von körperlichen <strong>und</strong> geistigen<br />
Komponenten betrachtet werden muss. Für uns <strong>Sport</strong>lehrer ergeben sich daraus ableitend<br />
veränderte oder neue Arbeits<strong>in</strong>halte <strong>und</strong> Arbeitsregims, d. h. unsere Arbeitsplätze<br />
bekommen e<strong>in</strong> neues Gesicht.“ Am 2. Januar 1990 trafen sich dann <strong>Sport</strong>lehrer von<br />
17 Hoch- <strong>und</strong> Fachschulen zur Konstituierung e<strong>in</strong>es Berufsverbandes <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. Als e<strong>in</strong><br />
Schwerpunkt wurde die gr<strong>und</strong>sätzliche Veränderung des Hochschulsports <strong>und</strong> damit<br />
auch des Anforderungsprofils an die <strong>Sport</strong>lehrer herausgearbeitet. So wurden vor allem<br />
völlig neue Organisationsformen, e<strong>in</strong> verändertes Arbeitszeitregimes <strong>und</strong> erhöhte<br />
Anforderungen an die eigene körperliche Fitness <strong>und</strong> Disponibilität der <strong>Sport</strong>lehrer<br />
diskutiert. Der damalige Leiter des neu konstituierten <strong>Jena</strong>er Hochschulsports, Dr. Peter<br />
Röhrig, stellte das „<strong>Jena</strong>er Modell“ vor, welches u. a. die Thesen enthielt, dass der<br />
Hochschulsport nur noch fakultativ organisiert wird <strong>und</strong> der Student stärker als bislang<br />
als Partner gewonnen werden muss. Mitte Februar sollte e<strong>in</strong>e Vorbereitungsberatung<br />
<strong>in</strong> Halle die Satzung für e<strong>in</strong>e Verbandsgründung diskutieren <strong>und</strong> am 6. April sollte dann<br />
der Berufsverband der Hoch- <strong>und</strong> Fachschulsportlehrer der DDR gegründet werden. Die<br />
politischen Ereignisse holten die Initiatoren allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Verbandgründung<br />
kam nicht mehr zu Stande, da mit den Ergebnissen der Volkskammerwahlen im März<br />
das „Verschw<strong>in</strong>den“ der DDR absehbar war <strong>und</strong> an vielen Hochschulen die <strong>Sport</strong>lehrer<br />
bereits entlassen wurden. Die Ergebnisse der umfangreichen Diskussionen über die<br />
weitere Entwicklung im Universitätssport schlugen sich aber Anfang des Jahres 1990 <strong>in</strong><br />
<strong><strong>Jena</strong>s</strong> <strong>Sport</strong>landschaft nieder. Am 8. Januar 1990 erschienen <strong>in</strong> der „Volkswacht“, der<br />
damals größten <strong>Jena</strong>er Zeitung, die <strong>Jena</strong>er Thesen zur Entwicklung des DDR-<strong>Sport</strong>s von<br />
Prof. Dr. Willi Schröder, Dr. Hubert Brühl, Dr. Hans-Georg Kremer <strong>und</strong> Eberhard Täubert<br />
179
(alles Mitarbeiter der Sektion <strong>Sport</strong>wissenschaft, heute Institut für <strong>Sport</strong>wissenschaft)<br />
der Uni. Dieses Papier wurde Handlungsrahmen des „R<strong>und</strong>en Tischs“ zum <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />
sicherte z. B. die Erhaltung <strong>und</strong> kostenfreie Weiternutzung der <strong>Sport</strong>stätten <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>.<br />
Gruppenfoto von der 1. Zyklischen Weiterbildung der Hoch- <strong>und</strong> Fachschulsportlehrer 1985 <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>.<br />
Der Org. Chef der Veranstaltung, Dr. Siegfried Stange ganz rechts erste Reihe stehend, Dr. Manfred<br />
Thieß 4. v. l. erste Reihe stehend.<br />
180
Kleppe – e<strong>in</strong> anerkannter umsichtiger Funktionär<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 26. August 2010 Nr. 200<br />
Leichtathletik Meisterschaften, ganz gleich auf welcher Ebene, mit ihrer Vielzahl an<br />
Diszipl<strong>in</strong>en, bedürfen zu e<strong>in</strong>er erfolgreichen Durchführung der Wettbewerbe e<strong>in</strong>es<br />
großen Stabes an Organisatoren. Der e<strong>in</strong>zelne Kampfrichter, der das Bandmaß, die<br />
Stoppuhr oder heute entsprechende moderne elektronische Geräte zur Ermittlung der<br />
sportlichen Leistung anwendet, wird von den Zuschauern meist noch wahrgenommen.<br />
Dazu kommen aber noch viele Helfer h<strong>in</strong>ter den Kulissen, ohne die e<strong>in</strong>e Meisterschaft<br />
kaum funktionieren würde, die man freilich nur <strong>in</strong> Fachkreisen kennt. Ganz wichtig ist<br />
dabei der Technische Leiter, der im Pr<strong>in</strong>zip den gesamten Ablauf <strong>in</strong> der Hand hat <strong>und</strong><br />
dafür sorgt, dass e<strong>in</strong> Wettkampf ohne große Pausen, zügig <strong>und</strong> für die Athleten auch<br />
machbar ohne Fehler abläuft. Für große Wettkämpfe, wie die DDR-Meisterschaften,<br />
hatte sich hierbei Hermann Kleppe über Jahre für die Leichtathletik verdient gemacht.<br />
Am 28. August 1920 <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen geboren, besuchte er <strong>in</strong> Heiligenstadt das Gymnasium.<br />
Immer sehr sportlich <strong>in</strong>teressiert, galt se<strong>in</strong>e große Liebe dem Segelflugsport, was ihn<br />
im Zweiten Weltkrieg auf e<strong>in</strong>e Flugzeugführerschule führte. Erst nach dem Krieg konnte<br />
er se<strong>in</strong> Abitur ablegen. Zum Studium g<strong>in</strong>g er nach Frankfurt/M., da <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen noch<br />
ke<strong>in</strong> <strong>Sport</strong>studium angeboten wurde. Als <strong>Sport</strong>lehrer kam er zurück nach Heiligenstadt<br />
<strong>und</strong> wurde aber bald, da er e<strong>in</strong>er der wenigen nach dem Krieg ausgebildeten<br />
<strong>Sport</strong>lehrer <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen war, mit Lehraufträgen bei Lehrgängen <strong>in</strong> der <strong>Sport</strong>schule Bad<br />
Blankenburg e<strong>in</strong>gesetzt. Die <strong>Sport</strong>anlagen <strong>in</strong> Bad Blankenburg waren <strong>in</strong> den 1920er<br />
Jahren als sportliche Ausbildungsstätte von den Studentischen Verb<strong>in</strong>dungen aufgebaut<br />
worden <strong>und</strong> hatten den Krieg ohne größere Schäden überstanden. Da es dort auch die<br />
Möglichkeit der Übernachtung <strong>und</strong> Versorgung gab, wurde es bald als Landessportschule<br />
für Thür<strong>in</strong>gen genutzt <strong>und</strong> nach Gründung der DDR als zentrale Ausbildungsstätte für<br />
die sich entwickelnden Nationalmannschaften vor allem <strong>in</strong> den Spielsportarten, im<br />
Turnen <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Leichtathletik. Hermann Kleppe war anfangs vor allem im Handball<br />
mit Edgar Federhoff <strong>und</strong> He<strong>in</strong>z Seiler tätig. Nachdem <strong>in</strong> Bad Blankenburg die K<strong>in</strong>der-<br />
<strong>und</strong> Jugendsportschule gegründet wurde, bekam Hermann Kleppe die Stelle e<strong>in</strong>es<br />
Stellvertretenden Direktors <strong>und</strong> begann sich zunehmend der Leichtathletik, sowohl <strong>in</strong><br />
der Ausbildung als auch im Ehrenamt, zu widmen. Im Fernstudium <strong>in</strong> Potsdam <strong>und</strong> an<br />
der DHFK Leipzig qualifizierte er sich weiter als Diplomsportlehrer. 1970 wechselt er <strong>in</strong><br />
die <strong>Sport</strong>lehrerausbildung an die <strong>Jena</strong>er Universität. Hier war er speziell <strong>in</strong> der Theorie<br />
<strong>und</strong> Praxis der <strong>Sport</strong>arten <strong>und</strong> der Leichtathletik als Lehrkraft tätig. Als Organisator <strong>in</strong><br />
der Leichtathletik wurde er nicht nur für den Bezirksfachausschuss Gera aktiv, sondern<br />
er bewährte sich als Technischer Leiter von großen Meisterschaften. Schon 1959 leitete<br />
Hermann Kleppe erstmals die DDR-Jugendmeisterschaften <strong>in</strong> Bad Blankenburg. 1981<br />
<strong>und</strong> 1986 folgten DDR-Meisterschaften <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> bis 1989 alle fünf Jahre die DDR-<br />
Studentenmeisterschaften. Von 1990 bis 1995 war es vor allem das Zeiss-Meet<strong>in</strong>g,<br />
bei dem er sich als umsichtiger Funktionär <strong>in</strong>ternational e<strong>in</strong>en Namen machte. Dafür<br />
wurde er hoch geehrt. Außer den Ehrennadeln des Thür<strong>in</strong>ger <strong>und</strong> des Deutschen<br />
Leichtathletikverbands zeichnete ihn der Landessportb<strong>und</strong> mit der GutsMuths-<br />
Ehrenplakette <strong>in</strong> Gold aus. Gegenwärtig ist er noch im Thür<strong>in</strong>ger Leichtathletik Verband<br />
<strong>in</strong> der Arbeitsgruppe Chronik tätig, <strong>und</strong> im USV <strong>Jena</strong> ist er Fördermitglied.<br />
181
182<br />
Herrmann Kleppe Mitte der 1980er Jahre im Stadion bei der Organisation von<br />
DDR-Studentenmeisterschaften im Gespräch mit Prof. Dr. Horst Götze.
Die erste 100-km-Wanderung um <strong>Jena</strong><br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 11. Juni 2006 Nr. 138<br />
Als 1986 die erste Wanderung über 100 Kilometer um <strong>Jena</strong> gestartet wurde, hatte<br />
ke<strong>in</strong>er der Organisatoren geglaubt, dass dies e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e so erfolgreiche Veranstaltung<br />
werden würde, dass sie bereits Wochen vor dem Start mit 850 Meldungen ausgebucht<br />
ist.<br />
Seit 1976 nahmen <strong>Jena</strong>er Ausdauersportler, vor allem Rennsteigläufer, an der<br />
Liberecer 100km-Wanderung <strong>in</strong> der Tschechoslowakei teil. Diese Wanderung war,<br />
wie auch der 50km-Skilanglanglauf von Liberec, <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung an e<strong>in</strong>e verunglückte<br />
Bergsteiger-Expedition entstanden. Um diese Zeit kamen auch die ersten 100km-<br />
Läufe <strong>in</strong> der DDR (Grünheide) auf <strong>und</strong> im Deutschen Verband für Wandern, Bergsteigen<br />
<strong>und</strong> Orientierungslauf wurde durch den Stadtrodaer Lehrer Dr. Bernhard Fisch <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er speziellen Klassifizierungsordnung das 100km-Leistungswandern „salonfähig“<br />
gemacht. Von diesen Auslösern bis zu den ersten Vorbereitungswanderungen <strong>in</strong> der<br />
Umgebung von <strong>Jena</strong> verg<strong>in</strong>gen allerd<strong>in</strong>gs noch fast acht Jahre. 1984 begannen dann<br />
Lothar Seifarth <strong>und</strong> Helga Hohmann mit Wanderungen um <strong>Jena</strong>, um e<strong>in</strong>e geeignete<br />
100km-Strecke zu f<strong>in</strong>den. Bis dah<strong>in</strong> war Lothar Seifarth als Rennsteigläufer aktiv, gehörte<br />
der Laufgruppe der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft <strong>Jena</strong> an <strong>und</strong> war Mitorganisator<br />
der ersten Kernbergläufe. Mit se<strong>in</strong>em Wechsel zur BSG Carl Zeiss <strong>Jena</strong> Süd schloss<br />
er sich dort der Lauf- <strong>und</strong> Wandergruppe an. Nach erfolgreicher Erk<strong>und</strong>igung e<strong>in</strong>er<br />
Wanderstrecke r<strong>und</strong> um <strong>Jena</strong>, die bis dah<strong>in</strong> noch nicht existierte, wurde 1986 der „1.<br />
<strong>Jena</strong>er H<strong>und</strong>erter“ ausgeschrieben. 18 Wanderer, darunter Lothar Seifarth, g<strong>in</strong>gen<br />
auf die Strecke. Seifarth war der Wanderleiter, da er als E<strong>in</strong>ziger die ganze Strecke<br />
kannte. Die Aktiven hatten sich am Freitag, den 6. Juni 19.00 Uhr an der Gaststätte<br />
„Satellit“ <strong>in</strong> Neulobeda e<strong>in</strong>gef<strong>und</strong>en. Verpflegung <strong>und</strong> Getränke waren im Rucksack<br />
<strong>und</strong> gewandert wurde zusammen. Über Maua, Zöllnitz, Lobdeburg <strong>und</strong> Ste<strong>in</strong>kreuz<br />
g<strong>in</strong>g es zum Fuchsturm. Es war e<strong>in</strong>e sehr stürmische Nacht, so dass die Wanderer ihre<br />
Mühe hatten, auf den Bergeshöhen vorwärts zu kommen. In der Nähe des Fuchsturms<br />
hätte der Jüngste, Stephan Müller, 12 Jahre, fast aufgegeben. Se<strong>in</strong>e Mutter Marion,<br />
die e<strong>in</strong>zige Frau bei dieser Unternehmung, konnte ihn aber immer wieder motivieren<br />
durchzuhalten. Weiter g<strong>in</strong>g es über den Jenzig zur Kunitzburg, Zwätzen, Landgrafen,<br />
Forst, Cospoth, Maua <strong>und</strong> zurück nach Neulobeda. An sieben Rastplätzen verteilte<br />
Lothar Seifarth zur Aufmunterung <strong>und</strong> Stimulierung Stempel <strong>in</strong> die Wanderbücher.<br />
Gegen 17.00 Uhr am Samstag landete die Gruppe wieder an ihrem Ausgangspunkt <strong>und</strong><br />
die Teilnehmer schworen sich nach der Überw<strong>in</strong>dung der ersten großen Erschöpfung,<br />
dass dies im nächsten Jahr wiederholt werden sollte.<br />
Zur zweiten Wanderung 1987, dann unter dem Namen „100km Langstrecken-<br />
<strong>Sport</strong>wanderung – Auf <strong><strong>Jena</strong>s</strong> Horizontalen r<strong>und</strong> um <strong>Jena</strong>“ kamen dann 17 Teilnehmer.<br />
Aus heutiger Sicht sieht dies eher bescheiden aus, aber damals war es e<strong>in</strong> normales<br />
Aktivenfeld bei Langstreckenwanderungen.<br />
Heute ist die „Horizontale – 100 km r<strong>und</strong> um <strong>Jena</strong>“ unter <strong><strong>Jena</strong>s</strong> Studenten <strong>und</strong><br />
Gymnasiasten e<strong>in</strong>e Kultveranstaltung. Wie es dazu kam, wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em späteren Beitrag<br />
näher beschrieben.<br />
183
Vom Start 1986 ist dieses Foto erhalten geblieben. Lothar Seifarth steht ganz l<strong>in</strong>ks. Zu den 18<br />
damals Gestarteten gehören noch heute zu den Organisatoren: Hans-Jürgen Hafner, Dieter Oehler,<br />
Rüdiger Ottma <strong>und</strong> Günter Müller.<br />
184
„Schwarzstarter“ beim Rennsteiglauf<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 7. Mai 2009 Nr. 134<br />
Als im Mai 1989 der GutsMuths-Rennsteiglauf zum 17. Mal gestartet wurde gab es<br />
e<strong>in</strong>ige Änderungen, die man heute als erste Vorboten der Wende ansehen könnte.<br />
Da war als erstes, für viele Teilnehmer gar nicht erkennbar, dass etwa 20 Läufer<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Läufer aus der „BRD“ an den Start gehen durften. Bis dah<strong>in</strong> stand <strong>in</strong> der<br />
Ausschreibung des Rennsteiglaufs e<strong>in</strong>deutig: Der GutsMuths-Rennsteiglauf ist e<strong>in</strong>e<br />
DDR-offene Lauf- <strong>und</strong> Wanderveranstaltung. Inoffiziell galt die Regel, dass Ausländer<br />
dann beim Rennsteiglauf starten durften, wenn sie <strong>in</strong> der DDR e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis<br />
hatten. Die 20 Teilnehmer aus dem Westen waren auf Bitte des DTSB-B<strong>und</strong>esvorstandes<br />
zum Rennsteiglauf zugelassen worden. Dieser hatte die limitierten Startkarten für<br />
„Ostmark“ erworben <strong>und</strong> über e<strong>in</strong> befre<strong>und</strong>etes Reisebüro <strong>in</strong> der BRD für Westmark<br />
als Läuferreise verkauften lassen. Wer dafür „harte Währung“ zur Verfügung gestellt<br />
bekam, ist nicht ermittelt worden, der Rennsteiglauf auf jeden Fall nicht. Bis dah<strong>in</strong><br />
war es Läufern aus dem Westen nur möglich, illegal unter falschem Namen zu starten.<br />
Bekanntester „Schwarzstarter“ dürfte Werner Sonntag, der Autor des Kultbuches<br />
„E<strong>in</strong>mal musst Du nach Biel“, gewesen se<strong>in</strong>, dem Lauflegende Roland W<strong>in</strong>kler aus<br />
Berl<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er Startmöglichkeit verhalf.<br />
E<strong>in</strong>e zweite Änderung, nur von den Startern <strong>in</strong> Neuhaus wahrgenommen, war die<br />
Anwesenheit des DTSB-Präsidenten zum Start der 45km-Strecke. Jahrelange hatte<br />
Manfred Ewald, DTSB-Präsident bis 1988 dem Rennsteiglauf Ste<strong>in</strong>e <strong>in</strong> den Weg gelegt.<br />
Häufig wird Ewald <strong>in</strong> der <strong>Sport</strong>geschichtsliteratur zitiert mit dem Ausspruch: „Die DDR<br />
braucht ke<strong>in</strong>en zweiten Wasalauf“, womit er die Entwicklung der Teilnehmerzahlen beim<br />
Rennsteiglauf me<strong>in</strong>te. Gegenüber der HSG Uni <strong>Jena</strong>, der Begründersportgeme<strong>in</strong>schaft<br />
des Rennsteiglaufs wurde die Aussage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schreiben dann etwas abgemildert<br />
<strong>in</strong> dem stand, dass der Lauf „massensportlich“ nicht s<strong>in</strong>nvoll sei. Nachdem er se<strong>in</strong><br />
Amt räumen musste – e<strong>in</strong> Zeichen des politischen Umschwungs im <strong>Sport</strong> – übernahm<br />
der ehemalige FDJ-Funktionär Klaus Eichler die Funktion des DTSB-Präsidenten <strong>und</strong><br />
meldete auch gleich se<strong>in</strong> Kommen zum Rennsteiglauf an. Zum e<strong>in</strong>en wollte er am<br />
Vorabend anlässlich des Geburtstags von Johann Christoph Friedrich GutsMuths <strong>in</strong><br />
Neuhaus e<strong>in</strong>en Gedenkste<strong>in</strong> e<strong>in</strong>weihen <strong>und</strong> zum zweiten wollte er den Start der größten<br />
Laufveranstaltung der DDR selber miterleben. Dass er dann auch etliche Kilometer<br />
nach dem Start mitlief, ergab sich eher zufällig. Se<strong>in</strong> privat geäußerter Wunsch, 1990<br />
mitlaufen zu wollen, hat die politische Wende verh<strong>in</strong>dert. Er verlor se<strong>in</strong>e <strong>Sport</strong>funktion<br />
mit der sang- <strong>und</strong> klanglosen Auflösung des DTSB.<br />
Die dritte Neuerung beim Rennsteiglauf war die Neuaufnahme der Wanderstrecke<br />
über 35km von Schnepfenthal nach Oberhof. Inhaltlich resultierte diese zusätzliche<br />
Strecke aus der Tendenz, dass durch die Verteilung der Startkarten über die DTSB-<br />
Kreisvorstände die Wanderer kaum noch zum Zuge kamen. Fast alle Karten g<strong>in</strong>gen an<br />
passionierte Ausdauerläufer. Das ärgerte auch die Organisatoren, da viele von ihnen<br />
Wandergruppen angehörten. Zudem konnte so die Festlegung, die noch von Manfred<br />
Ewald stammte, dass nicht mehr als 10.000 Startkarten für Läufer ausgegeben werden<br />
durften, geschickt umgangen werden.<br />
185
DTSB-Präsident Klaus Eichler (<strong>Bild</strong>mitte) bei der E<strong>in</strong>weihung e<strong>in</strong>es GutsMuths-Gedenkste<strong>in</strong>s <strong>in</strong><br />
Neuhaus. Ganz l<strong>in</strong>ks steht Dr. Hans-Georg Kremer.<br />
186
Es gehörte e<strong>in</strong>fach zum guten Ton<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 25. Juni 2009 Nr. 140<br />
Die Anfangsjahre der „100-km-Wanderung r<strong>und</strong> um <strong>Jena</strong>“ sahen gar nicht nach e<strong>in</strong>er<br />
Erfolgsgeschichte aus. Waren es bei der Erstauflage 18 Starter, beteiligten sich bei der<br />
zweiten Wanderung 1987 17 Wanderer, die vorwiegend aus <strong>Jena</strong> kamen. Allmählich<br />
begann aber e<strong>in</strong> rascherer Anstieg, wozu auch die 1988 e<strong>in</strong>geführte 35km-Strecke<br />
beitrug. Im Jahr 1989 beteiligten sich schon 98 über 100km <strong>und</strong> 36 auf der 35km<br />
Strecke.<br />
Wie bei vielen anderen <strong>Sport</strong>arten <strong>in</strong> der damaligen DDR, gab es auch bei der<br />
„Horizontale“ mit der politischen Wende nach 1989 „f<strong>in</strong>anzielle“ Probleme. Die<br />
Teilnehmerzahlen g<strong>in</strong>gen massiv zurück, <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> bei der 100km-Wanderung 1991 <strong>und</strong><br />
1992 auf unter 60 für beide Strecken. 1993 kamen nur ganze 12 „100er“ <strong>und</strong> sieben<br />
„35er“ <strong>in</strong>s Ziel, die niedrigste Zahl überhaupt <strong>in</strong> der <strong>Geschichte</strong>. Vergleichsweise<br />
ähnlich erg<strong>in</strong>g es dem <strong>Jena</strong>er Kernberglauf. Hier war 1990 wegen zu ger<strong>in</strong>ger Nachfrage<br />
bereits die lange Strecke von 40km aus der Veranstaltung genommen worden. Die<br />
Läuferzahl sank hier von etwa 1000 <strong>in</strong> der „Vorwendezeit“ auf 311 <strong>und</strong> 1991 sogar<br />
auf 287. E<strong>in</strong>e verstärkte Werbung <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit <strong>und</strong> die Gew<strong>in</strong>nung des<br />
damaligen Oberbürgermeisters Dr. Peter Röhl<strong>in</strong>ger als Schirmherrn halfen bei der<br />
Überw<strong>in</strong>dung dieser Krise bei der 100km-Wanderung. Die Organisatoren um Lothar<br />
Seifarth <strong>und</strong> Helga Hohmann hielten vor allem an der langen Strecke von 100km fest.<br />
Diese Strecke war das Markenzeichen <strong>und</strong> Alle<strong>in</strong>stellungsmerkmal der Wanderung, die<br />
dann ab 1994 wieder kont<strong>in</strong>uierlich wuchs. Ab 1996 wurden erstmals mehr als 200<br />
Wanderer im Ziel gezählt. Ab 2004 musste e<strong>in</strong>e Limitierung für die Gesamtstrecke bei<br />
850 Teilnehmern e<strong>in</strong>geführt werden.<br />
So richtig s<strong>in</strong>d die H<strong>in</strong>tergründe noch nicht erforscht, warum die „Horizontale“ damals<br />
zu e<strong>in</strong>er „Kultveranstaltung“ unter <strong>Jena</strong>er Studenten <strong>und</strong> Oberschülern wurde. Wenn<br />
auch dadurch die Aufgeberquote auf 50 <strong>und</strong> mehr Prozent stieg, so gehörte es doch<br />
unter sportlich <strong>in</strong>teressierten Studierenden zum guten Ton, dass man e<strong>in</strong>mal um<br />
<strong>Jena</strong> gewandert se<strong>in</strong> musste. Der Altersdurchschnitt um die 30 Jahre bestätigt diese<br />
Entwicklung <strong>und</strong> liegt deutlich unter dem des GutsMuths-Rennsteiglaufs, wo der<br />
vergleichbare Supermarathon von Eisenach nach Schmiedefeld (73km) bei deutlich<br />
über 40 Jahren liegt. So wie bei den ersten Rennsteigläufen zählt heute der „100er von<br />
<strong>Jena</strong>“ sche<strong>in</strong>bar zu e<strong>in</strong>er Mutprobe für Gymnasiasten <strong>und</strong> Studenten.<br />
Während bei der 100km-Wanderung 2009 die Teilnehmerzahl über 100km bei<br />
<strong>in</strong>sgesamt 77 Frauen (im Ziel) <strong>und</strong> 346 Männern, die Mehrzahl Studenten, lag, waren<br />
es <strong>in</strong> der Studentenwertung beim Supermarathon auf dem Rennsteig nur 18 Studenten<br />
<strong>und</strong> drei Student<strong>in</strong>nen. Offensichtlich ist das Konzept der Organisatoren <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>, dass<br />
man 24 St<strong>und</strong>en Zeit <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>en Leistungsdruck hat, genau der richtige Weg, um<br />
junge Menschen an eher extreme sportliche Leistungen heranzuführen. Die Tatsache,<br />
dass man ohne große Probleme auch aufhören kann <strong>und</strong> auf Gr<strong>und</strong> des R<strong>und</strong>kurses<br />
relativ schnell wieder <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> ist <strong>und</strong> mit der Straßenbahn oder dem Bus zu se<strong>in</strong>er<br />
Wohnung kommt, begünstigt sicher auch, dass die Hemmschwelle s<strong>in</strong>kt, die so e<strong>in</strong>e<br />
Langzeitausdauerbelastung sonst mit sich br<strong>in</strong>gt.<br />
Begünstigt wurde die 100km-Wanderung natürlich auch durch e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ges Startgeld,<br />
welches fast noch aus Nachwendezeiten stammte <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en zusätzlichen Studentenrabatt.<br />
187
Seit 2010 wird die Wanderung b<strong>und</strong>esweit als „adh-trophy“ ausgeschrieben, e<strong>in</strong><br />
Wertungsmodus des Allgeme<strong>in</strong>en Deutschen Hochschulsportverbandes (adh).<br />
Die niedrigen Startgelder werden möglich durch den unermüdlichen ganzjährigen<br />
ehrenamtlichen E<strong>in</strong>satz von bis zu 80 Helfern an den Tagen um die Veranstaltung.<br />
Bei den Organisatoren <strong>und</strong> Helfern ist der Altersdurchschnitt eher steigend <strong>und</strong> liegt<br />
<strong>in</strong>zwischen bei deutlich über 50. Viele stammen noch aus der ersten Generation der<br />
1980er Jahre.<br />
In den Anfangsjahren war der Start für die 100km immer <strong>in</strong> Neulobeda. Hier e<strong>in</strong> Foto von 1989,<br />
als fast 100 Wanderer die lange Strecke erfolgreich absolvierten.<br />
188
Gedanken zur Struktur des Studentensports<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 26. November 2009 Nr. 161<br />
Am 9. November 1989 fiel die Mauer. Der Wunsch nach politischen Veränderungen<br />
wirkte sich auf alle Bereich der Universität, so auch auf den <strong>Sport</strong> aus. Auf Antrag des<br />
neu gebildeten Studentenrates setzte der Rektor der Friedrich-Schiller-Universität,<br />
Hans Schmigalla, Ende November 1989 den Pflichtsport für alle Studenten ab.<br />
Vorausgegangen war e<strong>in</strong>e schriftliche Abstimmung der Studierenden, <strong>in</strong> der es e<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>deutiges Mehrheits-Votum gegen den Pflichtsport <strong>und</strong> dessen wehrsportliche<br />
Elemente gab. E<strong>in</strong> ganzer „Lehrbereich“ der damaligen Sektion <strong>Sport</strong>wissenschaft,<br />
der <strong>in</strong>sgesamt über 26 Planstellen verfügte, war damit „arbeitslos“. Trotz der<br />
umfangreichen Diskussionen über die Entwicklung <strong>in</strong> der DDR <strong>in</strong> den Monaten davor,<br />
gab es die ersten Anzeichen für Veränderungen im Studentensport erst ab Anfang<br />
November, als die Mediz<strong>in</strong>studenten des 5. Studienjahres, das Wehrsportfest im<br />
Rahmen des obligatorischen Tages der Wehrbereitschaft boykottierten. Wenige Tage<br />
später wies der Direktor des Instituts für <strong>Sport</strong>wissenschaft den Studentensport an, dass<br />
er zu offenen Formen im <strong>Sport</strong>betrieb übergehen solle. Alle Mitarbeiter des Bereiches<br />
erarbeiteten daraufh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Positionspapier zu den Perspektiven des Studentensports,<br />
die im Kern schon e<strong>in</strong>en freiwilligen <strong>Sport</strong> der Studierenden zum Ziel hatten aber noch<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Testat e<strong>in</strong>mündeten. Bis Ende November hatte es noch e<strong>in</strong>en fast normalen<br />
<strong>Sport</strong>betrieb gegeben. Alle Studenten des 1. bis 3. <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Bereichen auch<br />
höherer Studienjahre mussten pro Woche zwei St<strong>und</strong>en <strong>Sport</strong> besuchen, die von<br />
hauptamtlichen <strong>Sport</strong>lehrern angeleitet wurden. <strong>Jena</strong> gehörte aber schon seit Jahren<br />
zu den Vorreitern e<strong>in</strong>es sogenannten Wahlpflichtsports, bei dem die Student<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />
Studenten aus e<strong>in</strong>er großen Anzahl von <strong>Sport</strong>arten auswählen konnten. Voraussetzung<br />
war, dass sie <strong>in</strong> den ersten Wochen des Studienjahres sowohl die Bed<strong>in</strong>gungen für<br />
das <strong>Sport</strong>abzeichen als auch die Normen e<strong>in</strong>iger wehrsportlichen Übungen erfolgreich<br />
schafften. Noch Anfang November 89, nach Abschluss der E<strong>in</strong>führungswochen, wurden<br />
letztmalig Förderst<strong>und</strong>en zum Abbau von M<strong>in</strong>derleistungen vor allem beim F1-Wurf<br />
(Handgranatenattrappe) <strong>und</strong> beim 3000m-Lauf organisiert, d. h. man g<strong>in</strong>g von der<br />
Beibehaltung des Pflichtsports aus, für den es am Ende des Studienjahres e<strong>in</strong>en<br />
<strong>Sport</strong>testat-Stempel gab. Dieser war notwendig für die Zulassung zum Examen. Obwohl<br />
ohne Stempel die Zulassung verweigert werden konnte, ist aus den letzten Jahren<br />
vor 1989 ke<strong>in</strong> Fall bekannt, dass Studenten wegen des Fehlens e<strong>in</strong>es <strong>Sport</strong>stempels<br />
von e<strong>in</strong>er Prüfung ausgeschlossen wurden. Trotz der Aufhebung des „Pflichtsports“<br />
kamen ab Dezember mehr als 50% der Student<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Studenten zu „ihren“<br />
<strong>Sport</strong>st<strong>und</strong>en, die jetzt fakultativ angeboten wurden. Lediglich e<strong>in</strong>ige <strong>Sport</strong>kurse, die<br />
zeitlich besonders ungünstig lagen oder re<strong>in</strong>e Wehrsportarten waren, wurden nicht<br />
mehr besucht. E<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe wurde im Studentensport gebildet, um die weitere<br />
Entwicklung zu beraten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>ige neue <strong>Sport</strong>arten vom Yoga bis zum Volkstanz <strong>in</strong><br />
das Programm aufzunehmen. Auf e<strong>in</strong>er Klausurberatung im Uni-Erholungsobjekt<br />
Siegm<strong>und</strong>sburg wurde e<strong>in</strong> neues Konzept unter der Überschrift „Erste Gedanken zur<br />
Struktur des Studentensports“ diskutiert <strong>und</strong> verabschiedet. Es enthielt folgende<br />
Kerngedanken: 1. Die Palette der Angebote muss erweitert werden. 2. Die materielltechnischen<br />
<strong>und</strong> personellen Voraussetzungen s<strong>in</strong>d kont<strong>in</strong>uierlich <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich zu<br />
verbessern. 3. Die Planung des Studiums muss Freiräume für die sportliche Tätigkeit<br />
189
ermöglichen. 4. Jeder Student erhält die Möglichkeit, pro Semester an m<strong>in</strong>destens<br />
e<strong>in</strong>em Angebot teilzunehmen. 5. Dafür erhält er e<strong>in</strong>en Nachweis, der nicht Bestandteil<br />
der Prüfungsordnung ist. Außerdem nannte sich der Bereich „Studentensport“ ab<br />
sofort „Hochschulsport“.<br />
Nach Hospitationen an Universitäten im „Westen“, wie Münster <strong>und</strong> Erlangen gab es zu<br />
Beg<strong>in</strong>n des Frühjahrssemesters vom 20. Februar bis 2. März 1990 im „Uni-Hochhaus“ die erste<br />
E<strong>in</strong>schreibeaktion, die als „Konsultationspunkt-Hochschulsport“ bezeichnet wurde.<br />
190
Das „<strong>Jena</strong>er Modell“ wurde entwickelt<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 16. Dezember 2010 Nr. 216<br />
Wie im 214. Beitrag bereits beschrieben, begann der Umbau des Hochschulsports<br />
der Uni bereits Ende November 1989. Die erste Etappe wurde zum1. September<br />
1990 mit der Wahl e<strong>in</strong>er neuen Leitung des Hochschulsports abgeschlossen. In<br />
e<strong>in</strong>er 64-seitigen Broschüre wurde das neue Hochschulsportprogramm vorgestellt<br />
<strong>und</strong> mit dem USV im Unihochhaus e<strong>in</strong>e große E<strong>in</strong>schreibeaktion organisiert, bei<br />
der sich alle<strong>in</strong> für das W<strong>in</strong>tersemester 1990/91 3.400 Interessenten e<strong>in</strong>trugen. Der<br />
Vere<strong>in</strong>sausschuss des USV beschloss, dass die Sektionen Ausdauerlauf, Billard,<br />
Gymnastik, Judo, Kanu, Karate, Kegeln, Orientierungslauf, Rudern, <strong>und</strong> Tennis wie<br />
bisher K<strong>in</strong>dergruppen organisieren sollten. Die Universität sicherte noch bis 31.<br />
Dezember 1990 e<strong>in</strong>en Zuschuss für den <strong>Sport</strong>betrieb des USV zu. Ausgehend von<br />
den <strong>Jena</strong>er Unisportlehrern war e<strong>in</strong>e „Thür<strong>in</strong>ger Landeskonferenz Hochschulsport“,<br />
gebildet worden, die sich an den Thür<strong>in</strong>ger M<strong>in</strong>isterpräsidenten Josef Duchac mit<br />
der Bitte um e<strong>in</strong>e Gesprächsmöglichkeit mit dem Fachm<strong>in</strong>ister zu Problemen des<br />
Hochschulsports, wandte. Diese Landeskonferenz legte außerdem im November 1990<br />
der Thür<strong>in</strong>ger Rektorenkonferenz <strong>in</strong> Ilmenau e<strong>in</strong>e Konzeption zur weiteren Entwicklung<br />
des Hochschulsports <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen vor, die im Wesentlichen so bestätigt wurde. Trotz<br />
dieser Bemühungen um die Sicherung des Hochschulsports <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen strich am 7.<br />
Dezember 1990 die Thür<strong>in</strong>ger Landesregierung alle Zuschüsse für den Hochschulsport.<br />
Massive Proteste der Studierenden, der Hochschulen <strong>und</strong> des Allgeme<strong>in</strong>en Deutschen<br />
Hochschulsportverbandes (ADH) zwangen die Regierung zum E<strong>in</strong>lenken <strong>und</strong> zur<br />
Neufestlegung des Zuschusses, der dann nach hessischem Modell bis Ende der 1990<br />
Jahre bei 8 DM pro Studierendem lag. Der USV hatte im Herbst 1990 1270 Mitglieder, die<br />
ab 1. Januar 1991 durch eigene Beiträge selbstständig für ihre F<strong>in</strong>anzen sorgen mussten.<br />
Mit der Uni-Leitung gelang es, für e<strong>in</strong>ige ältere Mitarbeiter des Hochschulsports e<strong>in</strong>en<br />
Sozialplan zu erarbeiten, der e<strong>in</strong> schrittweises Ausscheiden vorsah <strong>und</strong> bis dah<strong>in</strong> die<br />
weitere Mitarbeit auch im USV sicherte. Forderungen der Landeskonferenz an den<br />
Thür<strong>in</strong>ger Landtag, e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Regelung für die Ausstattung des Hochschulsports<br />
an den Thür<strong>in</strong>ger Hochschulen nach dem Entwicklungskonzept des ADH zu garantieren,<br />
erwiesen sich als utopisch. In e<strong>in</strong>em Schreiben an alle Landtagsfraktionen war die<br />
Ausstattung für 2000 Studierende mit e<strong>in</strong>er Lehrkraft, e<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>anzausstattung von 15<br />
DM pro Studierenden <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Struktur als senatsunmittelbare Betriebse<strong>in</strong>heit gefordert<br />
worden. Für die Uni <strong>Jena</strong> sicherte der neue, aus Gießen berufene Kanzler, Dr. Klaus<br />
Kübel, dem Hochschulsport zu, dass er langfristig vier Stellen behalten dürfe <strong>und</strong> der<br />
USV weiter die Universitätssportstätten als Heimstadt kostenlos zur Verfügung hätte.<br />
Daraus entwickelte sich dann e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung, die 1994 zwischen dem damaligem<br />
USV-Präsidenten, Prof. Dr. Lutz Wenke <strong>und</strong> dem Kanzler abgeschlossen wurde <strong>und</strong> die<br />
Gr<strong>und</strong>lage für das neue noch heute praktizierte „<strong>Jena</strong>er Modell des Hochschulsports“<br />
darstellt. Damit konnte der USV zeitweilig bis auf 4.000 Mitglieder anwachsen. E<strong>in</strong><br />
Nachteil dieses Modells war allerd<strong>in</strong>gs, dass sich die städtische <strong>Sport</strong>verwaltung nicht<br />
mehr für den USV <strong>Jena</strong> als geme<strong>in</strong>nützigen Vere<strong>in</strong> der Stadt verantwortlich fühlte <strong>und</strong><br />
es zunehmend Probleme gab, kostenlose Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gszeiten <strong>in</strong> städtischen <strong>Sport</strong>hallen zu<br />
erhalten. Worauf sich die USV-Mitglieder gezwungen sahen, mit Hilfe der Universität<br />
eigene <strong>Sport</strong>stätten zu bauen. Obwohl die Stadt <strong>in</strong> ihren <strong>Sport</strong>berichten auch heute<br />
191
noch gerne die derzeitig 3.500 USV-Mitglieder, was fast 20% der organisierten <strong>Sport</strong>ler<br />
der Stadt s<strong>in</strong>d, als „Haben“ verbucht <strong>und</strong> der Stadtvorstand für se<strong>in</strong>e Rücklaufmittel<br />
vom Landessportb<strong>und</strong> diese Zahl mit e<strong>in</strong>bezieht, ist die kommunale Förderung des USV<br />
mit der Bereitstellung stätischer <strong>Sport</strong>stätten eher bescheiden. Nach Hochrechnungen<br />
hat die Stadt dadurch seit 1990 bis fünf Millionen Euro für Leistungen des USV <strong>und</strong><br />
der Universität beim „<strong>Sport</strong>angebot“ für die Bürger <strong><strong>Jena</strong>s</strong>, besonders für K<strong>in</strong>der,<br />
Jugendliche <strong>und</strong> Senioren gespart.<br />
Das fast vollständige Kollegium des Uni-Hochschulsports vom Mai 1990.<br />
192
Grenzöffnung am Rennsteig<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 8. April 2010 Nr. 181<br />
Am 8. April 1990 organisierten mehrere Wandervere<strong>in</strong>e Thür<strong>in</strong>gens <strong>und</strong> Bayerns e<strong>in</strong>e<br />
Rennsteigexkursion über den östlichen Rennsteig von Blankenste<strong>in</strong> nach Neuhaus am<br />
Rennweg. der spätestens seit dem 13. August 1961 hermetisch abgeriegelt war, da<br />
er hier die <strong>in</strong>nerdeutsche Grenze mehrfach passierte. Insgesamt nahmen etwa 50<br />
Rennsteig-Interessierte von beiden Teilen Deutschlands teil, darunter auch Rolf Becker,<br />
Volker Kittel, G<strong>und</strong>a <strong>und</strong> Hans-Georg Kremer von den Organisatoren des GutsMuths-<br />
Rennsteiglaufs. Die Grenzanlagen waren noch weitestgehend <strong>in</strong>takt <strong>und</strong> wurden<br />
für diese Exkursion extra geöffnet. In Gesprächen mit Vertretern der Grenzpolizei<br />
der DDR entstand die Idee, auf diesem Teil des alten Traditionswanderweges e<strong>in</strong>en<br />
Gesamtdeutschen-Rennsteiglauf zu organisieren. Die <strong>Geschichte</strong> des Rennsteigs im<br />
Thür<strong>in</strong>ger Wald geht bis auf das Jahr 1330 zurück, als er erstmals urk<strong>und</strong>lich als Grenze<br />
bei Georgenthal benannt wurde. Als Wanderweg nahm er im Jahre 1830 Gestalt an,<br />
als der Gothaer Offizier Julius von Plänkner ihn <strong>in</strong> 43,5 St<strong>und</strong>en abwanderte <strong>und</strong><br />
genau beschrieb. Insgesamt 167km bewältigte Plänckner <strong>in</strong> fünf Tagesmärschen. Da<br />
der Offizier jedoch bei se<strong>in</strong>en Recherchen auf alten Landkarten den Namen Rennsteig<br />
bei Hörschel nicht nachweisen konnte, benannte er den Höhenweg erst vom Förthaer<br />
Ste<strong>in</strong> so. Die richtige Geburtsst<strong>und</strong>e des Rennsteigwanderns schlug am 24. Mai 1896.<br />
Dr. Johannes Bühr<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Dr. Ludwig Hertel sowie weitere 11 Wanderer gründen im<br />
Waldhaus „Weidmannsheil“ bei Ste<strong>in</strong>bach a. W. den Rennsteigvere<strong>in</strong>. Im Zuge der<br />
Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Reformbewegungen hatte das Wandern <strong>in</strong> Mitteleuropa e<strong>in</strong>en<br />
starken Zulauf gewonnen <strong>und</strong> wurde bald der beliebteste Volkssport <strong>in</strong> Deutschland.<br />
Der Rennsteigvere<strong>in</strong> verbreitete sich über das ganze Deutsche Reich. Um Mitglied zu<br />
werden, musste man erfolgreich an der fünftätigen Wanderung nach Plänkners Vorbild<br />
über den ganzen Rennsteig teilgenommen haben. Bald hatte der Rennsteigvere<strong>in</strong> über<br />
1000 Mitglieder. Nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 wurde er, wie alle <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>e <strong>in</strong><br />
Deutschland von den Alliierten verboten aber später <strong>in</strong> Zapfendorf/Oberfranken wieder<br />
zum Leben erweckt. Hier hatten sich ehemalige Mitglieder zusammengef<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
pflegten das etwa 10km lange Teilstück, welches auf bayrischer Seite der Grenze lag.<br />
Von se<strong>in</strong>er Gründung an sah sich der Rennsteigvere<strong>in</strong> als Traditionsvere<strong>in</strong> mit starker<br />
kultureller Ausrichtung, der sich deutlich von <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>en abgrenzte. Erstmals<br />
deutlich wurde dies schon 1913, als Max Raebel aus Eisenach e<strong>in</strong>en Rekordmarsch auf<br />
dem Rennsteig vollbrachte. Er schaffte die Strecke von ca. 170km von Blankenste<strong>in</strong><br />
nach Hörschel mit e<strong>in</strong>er nur achtstündigen Nachtruhe <strong>in</strong> nur 42 St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> 21<br />
M<strong>in</strong>uten. Diese sportliche Leistung wurde vom Rennsteigvere<strong>in</strong> nie anerkannt <strong>und</strong> man<br />
verwehrte Raebel das „Ehrenschildle<strong>in</strong>“, welches sonst die Wanderer erhielten, die<br />
den gesamten Rennsteig durchwandert waren. Auch später stand der Rennsteigvere<strong>in</strong><br />
kritisch verschiedenen <strong>Sport</strong>veranstaltungen auf dem Rennsteig gegenüber. Die erste<br />
Wanderung über den östlichen Rennsteig 1990 wurde auch vom Rennsteigvere<strong>in</strong> mit<br />
organisiert. Es kam aber zu ke<strong>in</strong>er Kontaktaufnahme mit dem GutsMuths-Rennsteiglauf,<br />
immerh<strong>in</strong> die größte Lauf- <strong>und</strong> Wanderveranstaltung der DDR, die unendlich viel für<br />
den Bekanntheitsgrad des Rennsteigs geleistet hatte. Ende April 1990 wurde dann<br />
der Rennsteig offiziell für alle Bürger <strong>in</strong> Ost <strong>und</strong> West komplett geöffnet, <strong>und</strong> am<br />
Vorabend des Rennsteiglaufs Mitte Mai wurde der 1. Gesamtdeutsche Rennsteiglauf<br />
193
von Blankenste<strong>in</strong> nach Neuhaus am Rennweg organisiert. Für diesen Lauf hatte der<br />
bayrische M<strong>in</strong>isterpräsident, Dr. Max Streibel, die Schirmherrschaft übernommen,<br />
dessen Unterstützung allerd<strong>in</strong>gs nur aus e<strong>in</strong>em fre<strong>und</strong>lichen Brief bestand. Doch das<br />
ist dann schon die nächste <strong>Geschichte</strong> dieser Serie.<br />
Für die Wanderung am 8. März 1990 wurde extra an e<strong>in</strong>igen Stellen der ehemalige DDR-Grenzzaun<br />
geöffnet, damit der Orig<strong>in</strong>alrennsteig genutzt werden konnte.<br />
194
Er<strong>in</strong>nerung aus Grenzzaun-Stacheldraht<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 15. April 2010 Nr. 182<br />
Am 17. April 2010 s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Blankenste<strong>in</strong> an der Saale ca. 30 Männer <strong>und</strong> Frauen, darunter<br />
aus <strong>Jena</strong> Ina Braun, Dr. Hans-Georg Kremer, Anke Müller <strong>und</strong> Stephan Rabich zu e<strong>in</strong>em<br />
Erlebnislauf über 50km nach Neuhaus aufgebrochen. Mit Unterstützung des Laufladens<br />
<strong>Jena</strong> haben der USV <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> der GutsMuths-Rennsteiglaufvere<strong>in</strong> e. V. diesen Lauf <strong>in</strong><br />
Er<strong>in</strong>nerung an die Grenzöffnung von 1990 vorbereitet. Wie im letzten Beitrag berichtet,<br />
gab es bereits am 8. April 1990 e<strong>in</strong>e Wanderung über den östlichen Rennsteig, der<br />
als Grenzgebiet spätestens seit dem Mauerbau 1961 hermetisch abgeriegelt war.<br />
In Ernsttal stand sogar <strong>in</strong> Verfälschung der <strong>Geschichte</strong> e<strong>in</strong> offizielles Schild mit der<br />
Aufschrift „Hier endet der Rennsteig“. Bei der Wanderung am 8. April begleitete die<br />
etwa 50köpfige Wandergruppe e<strong>in</strong> Offizier der neu geschaffenen „DDR-Grenzpolizei“<br />
<strong>in</strong> Zivil. Er war wohl weniger als Kontrollorgan gedacht, sondern als Koord<strong>in</strong>ator<br />
für die Grenzpassagen, die zu dem Zeitpunkt noch nicht alle geöffnet waren. Dazu<br />
hatte er Werkzeug mit, um den z. T. noch unversehrten Streckgitterzaun zu öffnen.<br />
Da er <strong>in</strong> Zivil war, traute er sich auch die Passagen, <strong>in</strong>sgesamt vielleicht 10km, die<br />
durch den „Westen“ führten, mitzulaufen. Er bat allerd<strong>in</strong>gs die Wanderer, ihn bei<br />
Kontrollen durch den B<strong>und</strong>esgrenzschutz nicht zu enttarnen, da er sich nicht sicher<br />
war, ob er nicht e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>trag <strong>in</strong> der „zentralen Erfassungsstelle für DDR-Unrecht“<br />
Salzgitter habe, wo viele Offiziere der ehemaligen Grenztruppen der DDR archiviert<br />
seien. Der B<strong>und</strong>esgrenzschutz tauchte aber während der gesamten Wanderung nicht<br />
auf. Die Rennsteiglauforganisatoren, die an der Wanderung teilnahmen, diskutierten<br />
mit ihm, ob es möglich wäre, diesen landschaftlich reizvollen Teil des Traditionsweges<br />
zukünftig mit <strong>in</strong> ihren Lauf e<strong>in</strong>zubeziehen zu können. Im Pr<strong>in</strong>zip stand dem ab<br />
Mitte Mai 1990 nichts mehr im Wege, da bis dah<strong>in</strong> alle Rennsteigübergänge offen<br />
se<strong>in</strong> würden. H<strong>in</strong>weise von Naturschützern auf besonders seltene Biotope <strong>und</strong> der<br />
Widerstand des Rennsteigvere<strong>in</strong>s gegen e<strong>in</strong>e „Vermarktung“ dieses Stückes des<br />
Rennsteiges, ließen dann die Idee reifen, am Vorabend des Rennsteiglaufs nur e<strong>in</strong>en<br />
Gruppenlauf von Blankenste<strong>in</strong> bis Neuhaus zu starten. Organisiert wurde der Lauf<br />
von der BSG Wismut Gera, der HSG Uni <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> den Rennsteiglauforganisatoren.<br />
Privat unterstützt wurde er u. a. von zwei „Westläufern“, Hubert Becker aus Hof <strong>und</strong><br />
Eberhard M<strong>in</strong>zenmay aus Frankfurt/M., die e<strong>in</strong>heitliche T-Shirts für alle Teilnehmer zur<br />
Verfügung stellten. Insgesamt 23 Läufer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Läufer nahmen daran teil, darunter<br />
von der <strong>Jena</strong>er Laufgruppe Friedhelm Gebhardt, Heike Keil, Dr. Hans-Georg Kremer<br />
<strong>und</strong> Gerhard Rötzschke. Im Ziel gab es als Er<strong>in</strong>nerungsgeschenk e<strong>in</strong> Rennsteiglauf-R<br />
aus Orig<strong>in</strong>al-Grenzzaun-Stacheldraht. In den folgenden Jahren wurde aus diesem<br />
Lauf die noch heute bestehende 50km-Wanderung im Rahmen des Rennsteiglaufs<br />
entwickelt. Verb<strong>in</strong>dungen zum Rennsteigvere<strong>in</strong> gab es dabei nicht. 1994 kam es<br />
sogar zwischen dem GutsMuths-Rennsteiglaufvere<strong>in</strong> <strong>und</strong> dem Rennsteigvere<strong>in</strong> zu<br />
„medialen“ Ause<strong>in</strong>andersetzungen, bei denen der Rennsteigvere<strong>in</strong> sich als „Wahrer“<br />
des klassischen Rennsteigwandergedankens, der jenseits e<strong>in</strong>er kommerziellen Nutzung<br />
stand, verstanden wissen wollte. Der Rennsteiglauf, dessen Organisatoren über<br />
Jahrzehnte viel Arbeit <strong>und</strong> auch Geld <strong>in</strong> die Erhaltung des Rennsteiges gesteckt hatten,<br />
bot e<strong>in</strong>en geschlossenen Beitritt zum Rennsteigvere<strong>in</strong> an, was dieser aber ablehnte.<br />
1994 vermittelte der spätere bayrische Umweltm<strong>in</strong>ister, Werner Schnappauf, der als<br />
195
Landrat von Kronach im Präsidium des Rennsteiglaufvere<strong>in</strong>s tätig war, e<strong>in</strong> Gespräch<br />
von Vorstandsmitgliedern beider Vere<strong>in</strong>e, um die Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten zu<br />
beseitigen. Im Ergebnis gab es e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Willenserklärung, die aber <strong>in</strong> der<br />
Praxis kaum Wirkung hatte. Nachdem sogar die Aufnahme des Präsidenten des<br />
GutsMuths-Rennsteiglaufvere<strong>in</strong>s als Privatperson durch den Rennsteigvere<strong>in</strong> ebenfalls<br />
abgelehnt worden war, wurden die Beziehungen e<strong>in</strong>gefroren. Heute gibt es <strong>in</strong> Neustadt<br />
am Rennsteig e<strong>in</strong>en eigenständigen „Thür<strong>in</strong>ger Rennsteigvere<strong>in</strong>“ <strong>und</strong> von den etwa 15<br />
Ortsgruppen des Rennsteigvere<strong>in</strong>s kommen 14 aus Thür<strong>in</strong>gen. Diese arbeiten häufig mit<br />
den Organisatoren des Rennsteiglaufs zusammen. Der GutsMuths-Rennsteiglaufvere<strong>in</strong><br />
unterstützte bisher alle<strong>in</strong> mit mehreren Gedenkste<strong>in</strong>en, so für Julius von Plänckner,<br />
die Traditionspflege auf dem Rennsteig. Am Pläcknerste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Blankenste<strong>in</strong> werden<br />
die Teilnehmer des diesjährigen 3.Gesamtdeutschen-Rennsteiglaufs e<strong>in</strong>en kurzen<br />
Zwischenstopp e<strong>in</strong>legen.<br />
Beim Gesamtdeutschen Rennsteiglauf 1990 wurde auch das kle<strong>in</strong>e Stück „DDR“ passiert, was <strong>in</strong><br />
der Nähe von Kle<strong>in</strong>tettau mit etwa 10 – 20m Breite <strong>und</strong> 500m Länge <strong>in</strong> das Gebiet des „Westens“<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ragte <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>em doppelten Stacheldrahtzaun gesichert war, dessen Pfähle man noch<br />
erkennen kann.<br />
196
Werbung statt Parteilosungen<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 24. April 2010 Nr. 184<br />
Bekannt ist, dass die Wurzeln des GutsMuths-Rennsteiglaufs an der <strong>Jena</strong>er Universität<br />
liegen. Bereits 1971 begannen Angehörige des heutigen Instituts für <strong>Sport</strong>wissenschaft,<br />
sich mit dem Projekt e<strong>in</strong>es Laufs über den Rennsteig zu beschäftigen. Anfangs<br />
allerd<strong>in</strong>gs war e<strong>in</strong> Orientierungslauf geplant. Von 1973 – 75 lag die Gesamtleitung<br />
des Rennsteiglaufs bei der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG heute USV). In diese<br />
Zeit fiel der Durchbruch zum Massenlauf mit fast 1.000 Teilnehmern. Bereits damals<br />
konnte diese Veranstaltung nicht nur aus den Startgeldern f<strong>in</strong>anziert werden. E<strong>in</strong><br />
R<strong>und</strong>schreiben an viele Großbetriebe <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen, mit der Bitte um Unterstützung,<br />
brachte etliche Preise für die Siegerehrung <strong>und</strong> mehr als 2000 Mark e<strong>in</strong>. Trotzdem<br />
reichte es nicht ganz <strong>und</strong> die HSG musste 1975 fast 1000 Mark drauflegen. Nachdem<br />
die Leitung des Laufs an die <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft Goldlauter abgegeben worden war,<br />
kümmerten sich die Organisatoren aus <strong>Jena</strong> weiter um die Werbung, die Wissenschaft<br />
<strong>und</strong> die Traditionspflege. Der Deutsche Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>b<strong>und</strong> (DTSB) als Dachverband<br />
des DDR-<strong>Sport</strong>s hatte zwischenzeitlich „Bettelbriefe“ an die Großbetriebe verboten,<br />
sicher auch um die F<strong>in</strong>anzierung der eigenen politisch motivierten Leistungssportziele<br />
nicht zu gefährden. Die Großbetriebe sollten ihre Gelder lieber für den Leistungssport<br />
zur Verfügung stellen. Der Verkauf von <strong>Sport</strong>hemden mit Aufdruck, heute T-Shirt<br />
genannt, <strong>und</strong> anderer Souvenirs spülten manches Jahr bis zu 40.000 Mark <strong>in</strong> die<br />
Kassen der Rennsteiglauforganisatoren. Es erforderte aber alle F<strong>in</strong>digkeit, um<br />
überhaupt solche Artikel <strong>in</strong> der DDR-Mangelwirtschaft zu bekommen. Der hohe<br />
bürokratische Aufwand, der zunehmend von <strong>Jena</strong> aus nicht mehr realisiert werden<br />
konnte, führte dazu, dass diesen Part die Läufer von Wismut Gera übernahmen. Die<br />
hohen Starterzahlen von 8.000 – 9.000 Teilnehmern sicherten dem Rennsteiglauf<br />
aber e<strong>in</strong> sicheres F<strong>in</strong>anzpolster, so dass der DTSB ke<strong>in</strong>e Möglichkeit hatte, dem<br />
Rennsteiglauf den f<strong>in</strong>anziellen „Hahn“ zuzudrehen. Mit den rasant verlaufenden<br />
politischen Veränderungen <strong>in</strong> der DDR im Herbst 1989 veränderte sich auch die<br />
„Geschäftsgr<strong>und</strong>lage“ der Rennsteiglauforganisation schlagartig. Der Bezirksvorstand<br />
Suhl des DTSB, der den Rennsteiglauf unter se<strong>in</strong>e Fittiche genommen hatte <strong>und</strong> ihn oft<br />
gegen die Gängelei aus Berl<strong>in</strong> schützte, befand sich auf e<strong>in</strong>mal wie alle DTSB-Strukturen<br />
ab Frühjahr 1990 <strong>in</strong> Auflösung. Die erste frei gewählte DDR-Regierung streckte zusätzlich<br />
ihre Hände nach den E<strong>in</strong>nahmen des Rennsteiglaufs aus <strong>und</strong> versuchte zum<strong>in</strong>dest an<br />
die Startgelder heranzukommen, die Läufer aus dem „Westen“ e<strong>in</strong>zahlten. Dazu kam,<br />
dass die Lauforganisatoren bei ihren ersten Besuchen bei „Westläufen“ das e<strong>in</strong>e oder<br />
andere Organisationsdetail sahen, das sie gerne übernehmen wollten, wozu aber das<br />
Geld fehlte. Schreiben an mehrere große <strong>Sport</strong>artikelfirmen betreffs Sponsor<strong>in</strong>gs für<br />
den Rennsteiglauf brachten fre<strong>und</strong>liche Antwortschreiben aber ke<strong>in</strong>en Sponsorvertrag.<br />
Da war es e<strong>in</strong> Glücksfall, dass der letzte <strong>Sport</strong>amtsleiter der DDR <strong>in</strong> Leipzig, Rolf Becker,<br />
der ambitionierter Rennsteigläufer war, mit se<strong>in</strong>em Amtsbruder aus der Partnerstadt<br />
Hannover e<strong>in</strong>e Gesamtdeutsche Marathoncupwertung <strong>in</strong>s Leben rief. Dazu wurde<br />
e<strong>in</strong>e Werbeagentur aus Frankfurt/M., die bereits im Laufbereich tätig war, beauftragt,<br />
Sponsoren zu gew<strong>in</strong>nen. Rolf Becker vermittelte dem „Werbechef“ des Rennsteiglaufs<br />
e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> beim Chef dieser Werbeagentur, Edw<strong>in</strong> Heckelsberger. In Leipzig <strong>und</strong><br />
dann <strong>in</strong> Hannover gab es mehrere Gespräche, <strong>und</strong> vor allem Irmgard Heckelsberger<br />
197
war von den Erzählungen über den Rennsteiflauf so begeistert, dass sie sofort begann,<br />
mehrere Firmen zu überzeugen, dass sie trotz der verplanten F<strong>in</strong>anzen für 1990 noch<br />
den Rennsteiglauf unterstützten. Im Ergebnis gab es drei große <strong>und</strong> mehrere kle<strong>in</strong>e<br />
Sponsoren, die dem Rennsteiglauf mit Geld- <strong>und</strong> Sachleistungen halfen.<br />
An der Startertribüne, wo sonst DDR-typische Losungen für den Parteitag o.ä. h<strong>in</strong>gen, ersche<strong>in</strong>t<br />
1990 erstmals Werbung für Getränke <strong>und</strong> Computer.<br />
198
Mit e<strong>in</strong>em Mitgliedsbeitrag von fünf Mark<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 24. Juni 2010 Nr. 191<br />
Bis zum Frühjahr 1990 existierte die Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) als wichtige<br />
Institution für den Freizeit- <strong>und</strong> Wettkampfsport an der Friedrich-Schiller-Universität<br />
als f<strong>in</strong>anziell geförderte E<strong>in</strong>richtung, die vor allem von der Gewerkschaft jedes Jahr e<strong>in</strong>e<br />
feste Summe bekam. Nach 41 Jahren war 1990 das Weiterbestehen der HSG <strong>in</strong> Frage<br />
gestellt. Mit dem Wegbrechen der DDR-<strong>Sport</strong>strukturen war die f<strong>in</strong>anzielle Gr<strong>und</strong>lage<br />
der HSG, wie vieler anderer <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaften nicht mehr existent. Gesetzlich<br />
bestand <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> der „Noch-DDR“ die Möglichkeit, geme<strong>in</strong>nützige Vere<strong>in</strong>e zu<br />
gründen. Es waren aber Akteure notwendig, die dazu die Initiative ergriffen. Mit Hilfe<br />
von Partnern aus den „alten“ B<strong>und</strong>esländern, vor allem aus Hessen, g<strong>in</strong>g der bisherige<br />
Vorstand der HSG daran, e<strong>in</strong>e neue Satzung zu erarbeiten. Nicht unwesentlichen Anteil<br />
hatten neben dem Direktor des Instituts für <strong>Sport</strong>wissenschaft, Prof. Dr. Manfred<br />
Thieß, der an der Umstrukturierung des neu konstituierten Bezirksvorstandes Gera<br />
des Deutschen Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>b<strong>und</strong>es (DTSB) beteiligt gewesen war, die Mitarbeiter<br />
des Hochschulsports. Am 30. Mai 1990 war es dann so weit, dass im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />
Delegiertenkonferenz der Universitätssportvere<strong>in</strong> (USV) <strong>Jena</strong> e. V. als Rechtsnachfolger<br />
der HSG gegründet wurde. Zur Gründung waren Delegierte von 24 <strong>Sport</strong>sektionen, die<br />
1.300 Mitglieder vertraten, anwesend. Als Gründungsdatum wurde später der 31. Mai<br />
1990 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er entsprechenden Urk<strong>und</strong>e des Landessportb<strong>und</strong>es e<strong>in</strong>getragen. Erster<br />
Vorsitzender wurde der bisherige HSG Geschäftsführer Eberhard Täubert; Manfred<br />
Thieß wurde Stellvertreter. Zum Vorstand gehörten anfangs u. a. Wilhelm Tell, Manfred<br />
Rosemann <strong>und</strong> Kurt Grübner. Im Bereich des Studentensports hat sich wenige Tage<br />
später e<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>ger Landesverband für Hoch- <strong>und</strong> Fachschulsport begründet, <strong>in</strong><br />
dem der USV <strong>Jena</strong>, vertreten durch Eberhardt Täubert <strong>und</strong> Dr. Hans-Georg Kremer,<br />
entscheidend mitwirkte. Bereits wenige Tage nach der Gründung des USV nahm Täubert<br />
Kontakt zur Universitätsleitung auf, mit dem Ziel, e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung über die Nutzung<br />
der <strong>Sport</strong>stätten abzuschließen. Mit Hilfe des Verwaltungschefs, Dr. Rodeck, gelang<br />
es e<strong>in</strong>en entsprechenden Vertrag abzuschließen. Die bisherigen Sektionen der HSG<br />
wurden nach der neuen Satzung <strong>in</strong> Abteilungen umbenannt. F<strong>in</strong>anztechnisch erhielten<br />
sie die Hoheit über ihre E<strong>in</strong>nahmen bekamen aber ke<strong>in</strong>e zentralen Zuwendungen<br />
mehr. Die Beiträge wurden zur alle<strong>in</strong>igen f<strong>in</strong>anziellen Gr<strong>und</strong>lage des <strong>Sport</strong>betriebes.<br />
Alle Zuschüsse fielen erst e<strong>in</strong>mal weg, wodurch die Mitgliedsbeiträge von 1,30 Mark<br />
pro Monat, wie <strong>in</strong> der DDR-festgelegt, sofort auf bis zu 5 Mark anstiegen. Zum Ende<br />
des Studienjahres 1990 zogen sich alle Mitarbeiter der Abteilung Hochschulsport<br />
der Universität, vom 25. zum 26. Juni 1990 zu e<strong>in</strong>er Arbeitsklausur nach Wolfersdorf<br />
zurück. Da fast alle der damals noch über 20 Mitarbeiter im Ehrenamt im Vorstand des<br />
neuen USV oder e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er Abteilungen tätig waren, wurden auf dieser Beratung ganz<br />
wichtige Weichen für das noch heute praktizierte <strong>Jena</strong>er Modell des Hochschulsports<br />
gestellt. Der Vorteil dieses Modells, welches <strong>in</strong> der Übernahme von Verantwortung für<br />
die Universitätssportstätten lag, gab der zukünftigen Entwicklung wichtige Impulse.<br />
Trotz der deutlich höheren Mitgliedsbeiträge, die nach der Währungsunion 1:1 <strong>in</strong> DM<br />
umgewandelt wurden, verlor der USV kaum Mitglieder. Anfang Dezember 1990 wurden<br />
1.270 Mitglieder <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Jahresbericht genannt, womit der USV e<strong>in</strong>er der größten<br />
<strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen war. Bis 1995 verdreifachte der USV se<strong>in</strong>e Mitgliederzahl<br />
199
auf 3.617. Da der USV von der Stadt schon damals nicht genügend Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gszeiten <strong>in</strong><br />
städtischen <strong>Sport</strong>hallen bekam <strong>und</strong> sogar noch die Vere<strong>in</strong>e Glaswerk <strong>und</strong> <strong>Jena</strong>pharm<br />
das Universitätssportzentrum fast kostenlos nutzten, g<strong>in</strong>g die Mitgliederzahl später auf<br />
unter die 3.000 zurück. Nach der Sanierung <strong>und</strong> dem Neubau eigener <strong>Sport</strong>stätten muss<br />
heute der USV so gut wie ohne f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung durch die Stadt e<strong>in</strong>en Großteil<br />
se<strong>in</strong>er <strong>Sport</strong>stätten selber schultern. Ohne Investitionen haben Universität <strong>und</strong> USV<br />
den Vere<strong>in</strong>ssport der Stadt <strong>Jena</strong> seit 1990 mit fast fünf Millionen Euro subventioniert.<br />
Prof. Dr. Manfred Thieß überreicht Eberhardt Täubert die vorbereitete<br />
Gründungsurk<strong>und</strong>e des USV <strong>Jena</strong> e. V.<br />
200
E<strong>in</strong>e Anfrage mit der Bitte um Vermittlung<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 2. Dezember 2010<br />
Schon wenige Tage nach der friedlichen Revolution <strong>in</strong> der DDR, begannen im Herbst<br />
1989 die <strong>Sport</strong>ler der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) e<strong>in</strong> Konzept für ihre weitere<br />
Arbeit zu entwickeln. In der Präambel waren folgende Kernsätze enthalten: „Die HSG<br />
der Friedrich-Schiller-Universität stellt sich die Aufgabe, e<strong>in</strong>en konkreten Beitrag<br />
zu e<strong>in</strong>er sportlich aktiven Lebensweise ihrer Mitglieder <strong>und</strong> darüber h<strong>in</strong>aus aller<br />
<strong>in</strong>teressierten Studenten <strong>und</strong> Bürger unserer Stadt <strong>und</strong> des Kreises zu leisten. Die<br />
HSG will den Menschen nutzen <strong>und</strong> ihnen Anregung geben, ihre Lebensfreude <strong>und</strong><br />
Leistungsfähigkeit, ihr Streben nach Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> aktiver Erholung <strong>und</strong> ihre Wünsche<br />
nach Kommunikation, sportlicher Bewegung <strong>und</strong> Kräftemessen <strong>in</strong> den verschiedenen<br />
Formen des Wettkampfwesens organisieren, unterstützen <strong>und</strong> fördern. Die HSG will<br />
mithelfen, <strong>in</strong>sbesondere der jungen Generation <strong>und</strong> der studentischen Jugend mit den<br />
vielfältigen Möglichkeiten des <strong>Sport</strong>es wie Leistungsstreben, Kameradschaft, Fairness<br />
<strong>und</strong> kollektives <strong>und</strong> verantwortungsvolles Verhalten <strong>und</strong> nicht zuletzt Eigenschaften<br />
wie Mut, Risikobereitschaft, aber auch Ordnung <strong>und</strong> Diszipl<strong>in</strong> als wertvolle Bestandteile<br />
der Persönlichkeitsentwicklung anzuerziehen.“ Das war zum damaligen Zeitpunkt<br />
leichter gesagt als getan, fehlten doch alle praktischen Erfahrungen wie sich der <strong>Sport</strong><br />
<strong>in</strong> der „Noch-DDR“ entwickeln würde. Deshalb wurden <strong>in</strong> den nächsten Wochen<br />
Verb<strong>in</strong>dungen zu <strong>Sport</strong>e<strong>in</strong>richtungen im „Westen“ aufgenommen. Dr. Peter Röhrig<br />
richtete z. B. an das <strong>Sport</strong>amt Erlangen die Bitte um Vermittlung e<strong>in</strong>es Vere<strong>in</strong>es, der mit<br />
der <strong>Jena</strong>er Fußballmannschaft e<strong>in</strong> Vergleichsspiel durchführen möchte, worauf die noch<br />
heute existieren Kontakte zu den Fußballern der Uni Erlangen-Nürnberg entstanden.<br />
Bei e<strong>in</strong>er Klausurberatung der Unisportlehrer im Januar 1990 tauchte erstmals<br />
der Begriff des „<strong>Jena</strong>er Modells des Hochschulsports“ auf, der als Forderung e<strong>in</strong>e<br />
Übergangszeit zur Schaffung neuer Strukturen bis September 1990, forderte. Mit dem<br />
Hochschulsport der Uni Münster wurde Verb<strong>in</strong>dung aufgenommen. Erstmals starten<br />
<strong>Jena</strong>er Studentensportler um Uwe Kotkamp bei Deutschen Hochschulmeisterschaften<br />
im Ski im Allgäu. Im April 1990 lud der HSG-Vorsitzende Eberhardt Täubert die Uni<br />
Erlangen-Nürnberg zu der Universitätssportwoche <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>. Hochschulsportlehrer<br />
aus Münster besuchten im Mai 1990 ihre <strong>Jena</strong>er Kollegen. Am 23. Mai 1990 gab es nach<br />
Jahrzehnten der <strong>Sport</strong>pause erstmals wieder <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>en Wettkampf mit <strong>Sport</strong>lern aus<br />
dem „Westen“ <strong>und</strong> zwar aus Erlangen <strong>und</strong> Gött<strong>in</strong>gen. Diese nahmen im Rahmen des<br />
Universitätssportfestes an Wettkämpfen <strong>in</strong> der Leichtathletik, im Basketball, Fußball,<br />
Handball <strong>und</strong> Volleyball teil. Ende Mai wurde der USV <strong>Jena</strong> e. V. als Rechtsnachfolger<br />
der HSG gegründet. Parallel zu den direkten <strong>Sport</strong>kontakten strebte der USV e<strong>in</strong>e<br />
Vere<strong>in</strong>barung mit der Universitätsleitung über die weitere kostenlose Nutzung der<br />
<strong>Sport</strong>stätten an. Die USV-Abteilungen erhielten die F<strong>in</strong>anzhoheit über ihre E<strong>in</strong>nahmen,<br />
die sie entsprechend der Satzung eigenständig verwenden durften. Der Vorstand erhielt<br />
im Gegenzug e<strong>in</strong>e Umlage <strong>und</strong> von e<strong>in</strong>genommenen Sponsorengeldern bekam er 10%.<br />
Noch zu „DDR-Zeiten“ im Juni 1990 fuhren die USV-Volleyballer zu e<strong>in</strong>em Mix-Turnier<br />
der Uni Nimwegen <strong>und</strong> belegten unter 34 Mannschaften Platz zwei. Geme<strong>in</strong>sam mit dem<br />
USV <strong>und</strong> dem <strong>Jena</strong>er Alpenvere<strong>in</strong>, der ebenfalls von Unisportlehrern gegründet worden<br />
war, wurden <strong>in</strong> der Sommerpause 1990 im Hochschulsport als Neuerung 20 Lehrgänge<br />
angeboten, davon u. a. 12 Wanderungen <strong>in</strong> den Alpen, vier Wasserwanderungen,<br />
201
e<strong>in</strong>e Radtour <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Surfkurs. Die erste Alpenwanderung begann am 1. Juli 1990,<br />
dem Tag des Beg<strong>in</strong>ns der Währungsunion. Trotz vieler Irritationen, der Aufhebung<br />
des Pflichtsports <strong>und</strong> der Unsicherheit der Arbeitsplätze der Mitarbeiter konnte der<br />
Hochschulsport für das Studienjahr 1989/90 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bericht an die Unileitung<br />
schreiben, dass 21 Mitarbeiter 11.648 Übungsst<strong>und</strong>en <strong>in</strong> 181 Übungsgruppen mit<br />
2.674 Teilnehmern <strong>in</strong> 32 <strong>Sport</strong>arten organisiert hätten.<br />
Die Volleyballer des USV 1990 <strong>in</strong> Nimwegen warenwaren Heike Becker, Ines Koehnen, Michael Harz,<br />
Frank Eberhardt (<strong>Bild</strong>mitte h<strong>in</strong>ten), Antje Wesselowski, Mart<strong>in</strong> Pietschmann, Christiane Küster,<br />
Torsten Krause, Heike Pechmann-Meuser <strong>und</strong> Falk Altmann. Betreuer war Dr. Mart<strong>in</strong> Bölke (vorne<br />
l<strong>in</strong>ks).<br />
202
Prom<strong>in</strong>ente Teilnehmer beim Kernberglauf<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 7. Oktober 2010 Nr. 206<br />
Der <strong>Jena</strong>er Kernberglauf ist <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>e hoch geschätzte <strong>Sport</strong>veranstaltung, was man<br />
nicht nur an den jeweiligen Schirmherren bzw. -damen fest machen kann. Nach Lydia<br />
Poser, e<strong>in</strong>e Ikone der „DDR-Staatspartei“ SED <strong>in</strong> den 1980er Jahren, wären <strong>in</strong> den<br />
1990er Jahren besonders die Olympiasieger Renate Stecher <strong>und</strong> Waldemar Czierp<strong>in</strong>ski<br />
aber auch die <strong>Jena</strong>er Oberbürgermeister oder die Rektoren der Universität zu nennen.<br />
In diesem Beitrag soll es aber um die aktive Teilnahme von namhaften Spitzensportlern<br />
gehen. Mit se<strong>in</strong>em Gesamtsieg 2009 gehörte der diesjährige Vizeweltmeister im<br />
Triathlon, Steffen Justus, zu den bekanntesten Startern der letzten Jahre. Zu DDR-<br />
Zeiten war es e<strong>in</strong>e Ausnahme, dass aktive Hochleistungssportler an Volkssportläufen,<br />
wie dem <strong>Jena</strong>er Kernberglauf teilnahmen. Die <strong>in</strong> den <strong>Sport</strong>clubs zusammengefassten<br />
Athleten hatten ihr eigenes, nach strengen tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gswissenschaftlichen Überlegungen<br />
zusammengestelltes Wettkampfprogramm. Zudem sollte e<strong>in</strong> direkter Vergleich mit<br />
„Nichtclubsportlern“, die weit ger<strong>in</strong>gere oder ke<strong>in</strong>e Förderung erhielten, vermieden<br />
werden. Erst nach Ausscheiden aus der aktiven Laufbahn war es daher vielen<br />
Spitzenathleten möglich, sich an populären Laufveranstaltungen zu beteiligen.<br />
Besonders streng wurde dies beim Rennsteiglauf überwacht, wo nach bisherigen<br />
Recherchen bis 1990 ke<strong>in</strong> Spitzenläufer oder –läufer<strong>in</strong> offiziell startete. Beim<br />
Kernberglauf, der nicht ganz so im Rampenlicht der Medien stand <strong>und</strong> zeitlich nach<br />
den großen sportlichen Höhepunkten im Jahresverlauf lag, wurde dies etwas lockerer<br />
gesehen. Nicht unwesentlichen Anteil hatten hierbei auch die zuständigen Tra<strong>in</strong>er, wie<br />
z. B. Klaus Gottert (SC Motor <strong>Jena</strong>), der selber mit 2:25:01 e<strong>in</strong>e gute Marathonbestzeit<br />
(1972) aufzuweisen hatte. 1980 startete er erstmals beim Kernberglauf auf der „kurzen“<br />
25km-Strecke <strong>und</strong> gewann <strong>in</strong> der Altersklasse. E<strong>in</strong> Jahr später folgte Jörg Ludwig,<br />
Marathonbestzeit 2:17:29 (1983), der bis 1989 <strong>in</strong>sgesamt fünf Mal Gesamtsieger beim<br />
Kernberglauf wurde. Im gleichen Jahr g<strong>in</strong>g auch Krist<strong>in</strong>a Garlipp, ebenfalls von der<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsgruppe Gottert, beim Kernberglauf an den Start. Sie wurde fünfte unter 49<br />
Frauen ihrer Altersklasse. Insgesamt startete sie vier Mal bis 1984 <strong>und</strong> wurde von Jahr zu<br />
Jahr besser. Schaffte sie die 25km Strecke 1981 <strong>in</strong> 2:11:04, so waren es 1984 1:35:50,<br />
was ihr e<strong>in</strong>en Altersklassensieg e<strong>in</strong>brachte. Obwohl sie nie aufs oberste Treppchen bei<br />
DDR-Marathon-Meisterschaften kam, ist sie mit vier Silbermedaillen die erfolgreichste<br />
Marathonläufer<strong>in</strong> <strong><strong>Jena</strong>s</strong>. Noch heute steht sie mit 2:32:08, die sie im Oktober 1986 <strong>in</strong><br />
Budapest lief, auf Rang zwei <strong>in</strong> der ewigen Bestenliste von <strong><strong>Jena</strong>s</strong> Marathonläufer<strong>in</strong>nen.<br />
Auf Rang e<strong>in</strong>s steht Birgit We<strong>in</strong>hold mit ihren 2:29:19 (1988). Sie wurde auch DDR-<br />
Meister<strong>in</strong> im Marathon. Beim Kernberglauf erreichte sie 1983 den Altersklassensieg<br />
über 25km. Früher hatte schon Ute Möckel, DDR-Marathon-Meister<strong>in</strong> 1984 am<br />
Kernberglauf teilgenommen. Andrea Fleischer ist die vierte im B<strong>und</strong>e, die sowohl beim<br />
Kernberglauf als auch bei Marathon-Meisterschaften (1993 2. Platz) mitlief.<br />
Der Kernberglauf-Gesamtzweite von 1984, Jörg Valent<strong>in</strong>, war vier Mal <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> dabei.<br />
Se<strong>in</strong>e beste Marathonzeit, die er auch für den SC Motor <strong>Jena</strong> lief, schaffte er 1986<br />
mit 2:16:00, was Rang drei <strong>in</strong> der Liste der besten <strong>Jena</strong>er Marathonis bedeutet. Im<br />
Jahr davor hatte er auf der damals 40km langen Königsstrecke des Kernberglaufs den<br />
2. Platz <strong>in</strong> der Gesamtwertung geschafft <strong>und</strong> ist damit neben Dietmar Knies (1984)<br />
der zweite Clubsportler auf der „langen“ 40km-Strecke. Dritter Läufer <strong>und</strong> Sieger auf<br />
dieser Strecke war 1987 Eike Loch vom SC Motor.<br />
203
Krist<strong>in</strong>a Garlipp (l<strong>in</strong>ks) 1992 bei der Siegerehrung des Rennsteiglaufs. Sie schaffte bei der erstmals<br />
ausgetragenen Halbmarathon-Strecke mit 01:29:10 Platz zwei <strong>in</strong> der Gesamtwertung.<br />
204
Als das Saale-Wasser die Plätze flutete<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 3. Juni 2010 Nr. 188<br />
Als 1893 der Gymnasiallehrer Herrmann Peter die Gründung e<strong>in</strong>es „Vere<strong>in</strong>s zur<br />
Herstellung e<strong>in</strong>es Spielplatzes“ <strong>in</strong>itiierte, hatte er als Fläche die zur selbstständigen<br />
Geme<strong>in</strong>de Wenigenjena gehörenden Wiesen <strong>in</strong> der Oberaue als geeignetes Gelände<br />
im Auge. Es wurde e<strong>in</strong>e Genossenschaft aus honorigen <strong>Jena</strong>er Bürgern gegründet,<br />
die bis zu 20 Geschäftsanteile zu 100 Goldmark erwerben konnten. Noch 1893<br />
kaufte der Vere<strong>in</strong> 2,5 ha aus Privathand. Dies war die Keimzelle der heutigen<br />
umfangreichen <strong>Sport</strong>plätze <strong>in</strong> der Oberaue. Das Kerngebiet lag zwischen dem<br />
jetzigen Ruderbootshaus der Universität, dem Tennishaus der Universität <strong>und</strong> der<br />
Tribüne des Stadions. Fragen des Hochwassers spielten damals ke<strong>in</strong>e große Rolle, da<br />
es e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit war, dass die Saale <strong>in</strong> regelmäßigen Abständen über<br />
die Ufert trat. Die ersten Bauten waren daher auch Provisorien, die man nach e<strong>in</strong>em<br />
Hochwasser e<strong>in</strong>fach erneuerte. So standen zum Umkleiden <strong>und</strong> als Bootsschuppen<br />
z. B. ausgemusterte Reichsbahnwagons zur Verfügung. Gegen heutiges Baurecht, wo<br />
<strong>in</strong> der Saaleaue bis zur Schnellstraße ke<strong>in</strong>erlei Hochbauten mehr errichtet werden<br />
dürfen, wurde erstmals 1902 verstoßen, als der Vorsitzende des Spielplatzvere<strong>in</strong>s<br />
Hermann Peter e<strong>in</strong>e Baugenehmigung für das Tennishaus e<strong>in</strong>holte. Immerh<strong>in</strong> gab<br />
es damals schon 308 regelmäßig tra<strong>in</strong>ierende Tennisspieler, davon 135 Damen <strong>und</strong><br />
183 Herren, darunter 37 Schüler <strong>und</strong> 109 Studenten. Als dann die Universität <strong>in</strong> dem<br />
Gelände sogar e<strong>in</strong>e <strong>Sport</strong>halle bauen wollte, verwehrte 1913 die Stadt den Bau wegen<br />
des regelmäßigen Saalehochwassers. Das Frühjahrshochwasser 1922 betraf dann die<br />
<strong>Sport</strong>plätze besonders schlimm, so dass die Carl-Zeiss-Stiftung 115.000 M <strong>und</strong> der<br />
Fre<strong>und</strong>eskreis der Universität 50.000 M für die Wiederherstellung des <strong>Sport</strong>platzes <strong>und</strong><br />
der Tennisplätze zur Verfügung stellten. Die Summen dürfen aber nicht überschätzt<br />
werden, begann doch 1922 schon die Inflation <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Mark war vergleichsweise<br />
mit Zeiten vor dem Ersten Weltkrieg nur noch 0,01 Mark wert. Auf jeden Fall wurden<br />
<strong>in</strong> der Folge als erstes die Tennisplätze (1925), <strong>in</strong> den 1930er Jahren das Stadion <strong>und</strong><br />
Anfang der 1950er das heutige Universitätssportzentrum mit Wällen gegen Hochwasser<br />
geschützt, die gleichzeitig als Zuschauertraversen dienten. In dieser Zeit entstanden<br />
immer mehr Bauten <strong>in</strong> der Oberaue, da man davon ausg<strong>in</strong>g, dass die <strong>in</strong> den 1930er<br />
Jahren fertig gestellten Saaletalsperren zukünftig alle große Hochwasser verh<strong>in</strong>dern<br />
würden. Dass dies nicht so war, zeigte sich spätestens im Frühjahr 1994. Für den<br />
Universitätssportvere<strong>in</strong> entstand dabei e<strong>in</strong> Totalschaden an den 11 Tennisplätzen<br />
<strong>und</strong> auch e<strong>in</strong> Teil der Rasenplätze wurde schwer <strong>in</strong> Mitleidenschaft gezogen.<br />
Hochwasserhilfsgelder gaben den Startimpuls für umfangreiche Sanierungsarbeiten, bei<br />
denen Umweltaspekte weitestgehend berücksichtigt wurden. E<strong>in</strong> Teil der Wälle, die die<br />
Plätze umgaben, wurden niedergelegt, um bei Hochwasser der Saale Raum zu schaffen<br />
<strong>und</strong> die Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit zu verr<strong>in</strong>gern. Versiegelte Flächen wurden teilweise<br />
entsiegelt, e<strong>in</strong>e zentrale vollbiologische <strong>und</strong> hochwassergeschützte Kläranlage wurde<br />
e<strong>in</strong>gebaut. Der Wildwuchs von Kle<strong>in</strong>bauten, wie Garagen, Baracken <strong>und</strong> Conta<strong>in</strong>ern<br />
wurde beseitigt <strong>und</strong> dafür e<strong>in</strong> kompakter Baukörper mit der Kampfsporthalle errichtet.<br />
Insgesamt wurden an die 4 Mio Euro verbaut <strong>und</strong> viele St<strong>und</strong>en ehrenamtlicher Arbeit<br />
durch USV-<strong>Sport</strong>ler e<strong>in</strong>gebracht. Neues noch strengeres Baurecht führte dazu, dass<br />
der USV sogar e<strong>in</strong>e Strafe zahlen sollte, weil er aus e<strong>in</strong>em Teil der Erdmassen der<br />
205
niedergelegten Traversen zwei kle<strong>in</strong>e Hügel für die Studentenweltmeisterschaften<br />
im Cross 2000 aufgeschüttet hatte. Die Diskussionen um e<strong>in</strong>en Stadionneubau <strong>und</strong><br />
andere bauliche Veränderungen zeigen allerd<strong>in</strong>gs, dass man die Bestimmungen zum<br />
Hochwasserschutz heute nicht mehr ganz so scharf auslegt.<br />
Hochwasser 1994 zwischen dem Ernst Abbe <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> dem Universitätssportzentrum.<br />
206
E<strong>in</strong> prima Weltrekord von Gauder <strong>und</strong> Co.<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 2. September 2010 Nr. 201<br />
Die „<strong>Sport</strong>stadt“ <strong>Jena</strong> kann sich vor allem mit olympischen Goldmedaillen schmücken,<br />
die von Leichtathlet<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Leichtathleten errungen wurden, die beim SC Motor<br />
<strong>Jena</strong> bzw. se<strong>in</strong>em Nachfolgevere<strong>in</strong> tra<strong>in</strong>iert haben <strong>und</strong> für ihn gestartet s<strong>in</strong>d. Namen<br />
wir Renate Stecher, Ruth Fuchs, Wolfgang Nordwig, Marlies Göhr, Bärbel Wöckel,<br />
Petra Felke, Ingrid Auerswald, Heike Drechsler um nur e<strong>in</strong>ige zu nennen, s<strong>in</strong>d fest <strong>in</strong>s<br />
städtische „<strong>Sport</strong>gedächtnis“ e<strong>in</strong>geprägt. Andere, die nur zeitweilig <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> waren <strong>und</strong><br />
dann ihre Medaillen für andere Städte holten, wie der mehrfache Bob-Olympia-Sieger<br />
Dietmar Schauerhammer, der se<strong>in</strong>e <strong>Sport</strong>karriere als erfolgreicher Mehrkämpfer <strong>in</strong><br />
der Leichtathletik begann, dann aber als Bobfahrer <strong>in</strong> Oberhof zu olympischen Ehren<br />
gelangte, spielen <strong>in</strong> <strong><strong>Jena</strong>s</strong> <strong>Sport</strong>geschichte kaum e<strong>in</strong>e Rolle. Völlig unbekannt s<strong>in</strong>d<br />
erfolgreiche <strong>Sport</strong>ler, die nach ihrer aktiven Karriere nach <strong>Jena</strong> kamen. Der bekannteste<br />
dürfte Hartwig Gauder se<strong>in</strong>, der 1980 mit Olympiagold im 50km-Gehen se<strong>in</strong>en größten<br />
Erfolg hatte. Seit e<strong>in</strong>igen Jahren arbeitet er als Chef der Stabsstelle Ges<strong>und</strong>heitsmarket<strong>in</strong>g<br />
beim Unikl<strong>in</strong>ikum. Aber auch e<strong>in</strong>ige se<strong>in</strong>er sportlichen Aktivitäten lassen sich mit <strong>Jena</strong><br />
verb<strong>in</strong>den: So hat er 1994 mit der Skiläufer<strong>in</strong> Jana Leidenfrost, die damals <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> als<br />
Psycholog<strong>in</strong> promovierte, beim USV e<strong>in</strong>e Walk<strong>in</strong>g Gruppe gegründet, die noch heute<br />
regelmäßig beim Lauftreff des USV jeden Dienstag um 17.00 Uhr ihre R<strong>und</strong>en <strong>in</strong> den<br />
Kernbergen zieht. Zu se<strong>in</strong>en spektakulärsten nacholympischen sportlichen Leistungen<br />
dürfte die Teilnahme <strong>und</strong> aktive Mitorganisation e<strong>in</strong>es Gu<strong>in</strong>ness-Rekords se<strong>in</strong>, der<br />
heute noch als Rennsteig-Weltrekord ungebrochen ist. Zwischen Kopfweitsprung <strong>und</strong><br />
dem längsten Paar Laufski steht im „Gu<strong>in</strong>ness-Buch der Rekorde“ für das Jahr 1994:<br />
„Gruppenwandern: Das Sextett Matthias Schulze (Erfurt), Wolfgang Knaust (<strong>Jena</strong>), Dr.<br />
Hans-Georg Kremer (<strong>Jena</strong>), Jürgen Anhöck, Frank Zühlke <strong>und</strong> Hartwig Gauder (alle drei<br />
Erfurt) haben am 29./30. April den 168,3 km langen Thür<strong>in</strong>ger Höhenweg Rennsteig<br />
<strong>in</strong> der Rekordzeit von 37:21 St<strong>und</strong>en geme<strong>in</strong>sam durchwandert. Start: 29. April 1994<br />
um 10.00 Uhr <strong>in</strong> Hörschel; Ziel: 30. April um 23.41 Uhr <strong>in</strong> Blankenste<strong>in</strong>. Witterung:<br />
tagsüber 20° C, nachts um 5° C, trocken; ab dem 30.04.94, 22.00 Uhr Regen.“<br />
Die Organisation hatten der GutsMuths-Rennsteiglaufvere<strong>in</strong> <strong>und</strong> der USV <strong>Jena</strong>, der<br />
Bereich <strong>Sport</strong>mediz<strong>in</strong> des Institutes für <strong>Sport</strong>wissenschaft (Prof. Dr. Johanna Hübscher)<br />
<strong>und</strong> die Lehrstühle Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gswissenschaften (Prof. Dr. Hans-Alexander Thorhauer)<br />
<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>psychologie Prof. Dr. Dieter Teipel der <strong>Jena</strong>er Uni übernommen. In e<strong>in</strong>em<br />
wissenschaftlichen Protokollband wurden die umfangreichen Untersuchungsergebnisse<br />
publiziert <strong>und</strong> gelten heute noch als wissenschaftliche Spitzenleistungen. Zurück zu<br />
Hartwig Gauder – se<strong>in</strong>e nacholympische sportliche Laufbahn wurde jäh durch e<strong>in</strong>e<br />
komplizierte Krankheit abgebrochen, die nach vergeblichen Behandlungsversuchen<br />
e<strong>in</strong>e Herztransplantation verlangte. Seitdem engagiert er sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Freizeit unter<br />
anderem für Organspenden <strong>und</strong> viele andere soziale Projekte. Systematisch hatte er<br />
nach der Operation wieder mit e<strong>in</strong>em ges<strong>und</strong>heitsorientierten Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g angefangen,<br />
was ihm heute e<strong>in</strong> den Umständen entsprechendes „normales“ Leben erlaubt. Zu<br />
se<strong>in</strong>en besonderen sportlichen Leistungen <strong>in</strong> jüngerer Zeit zählt u. a. die erfolgreiche<br />
Teilnahme am New York Marathon <strong>und</strong> die Besteigung des höchsten Berges Japans,<br />
dem heiligen Fuji-san, im August 2003. Über letzteres hielt er am 25. August 2010<br />
207
unter dem Titel „Vom Olymp zum heiligen Berg - Leben mit fremden Organen” im<br />
Rahmen der <strong>Jena</strong>er Abendvorlesung der Ges<strong>und</strong>heitsuni-<strong>Jena</strong> im Kl<strong>in</strong>ikum Neulobeda,<br />
e<strong>in</strong>en Vortrag.<br />
Hartwig Gauder (ganz rechts) mit se<strong>in</strong>en fünf Mitwalkern 1994 <strong>in</strong> Blankenste<strong>in</strong>, nachdem sie über<br />
den 168,3 Kilometer langen Rennsteig e<strong>in</strong>en neuen Weltrekord aufgestellt hatten.<br />
208
Auf dem Postweg von <strong>Jena</strong> nach Biel<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung vom 11. November 2010 Nr. 211<br />
Nach der Wiedervere<strong>in</strong>igung vor 20. Jahren gerieten viele Laufveranstaltungen<br />
der ehemaligen DDR <strong>in</strong> größere wirtschaftliche Schwierigkeiten. Es gab zwei<br />
Hauptgründe dafür: 1. Die Teilnehmerzahlen g<strong>in</strong>gen gravierend zurück; 2. bisherige<br />
Organisationsstrukturen, meist <strong>in</strong> Betriebssportgeme<strong>in</strong>schaften, die bisher f<strong>in</strong>anziell<br />
durch VEB Großbetriebe oder andere Träger unterstützt wurden, mussten sich als<br />
Vere<strong>in</strong>e neu organisieren. Der <strong>Jena</strong>er Kernberglauf verlor von 1989 bis 1991 mehr als<br />
die Hälfte se<strong>in</strong>er Teilnehmer, ebenso der GutsMuths-Rennsteiglauf. In beiden Fällen<br />
sicherten die vielen ehrenamtlichen Helfer <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Handvoll, ebenfalls ehrenamtlich<br />
tätiger Hauptorganisatoren das Überleben der Veranstaltungen. Bei beiden Läufen<br />
wurden z. B. kürzere Strecken <strong>in</strong>s Programm aufgenommen, um neue Zielgruppen zu<br />
erschließen. So wurde beim Rennsteiglauf bereits 1991 begonnen, den Halbmarathon<br />
von Oberhof nach Schmiedefeld zusätzlich mit aufzubauen. Inzwischen hat diese Strecke<br />
mit bis zu 7.000 Meldungen (2010) mehr Teilnehmer als die beiden Traditionstrecken<br />
von Eisenach (ca. 2.100 Meldungen) <strong>und</strong> von Neuhaus (ca. 3200 Meldungen)<br />
zusammen. Beim Rennsteiglauf kam h<strong>in</strong>zu, dass die Werbe- <strong>und</strong> Market<strong>in</strong>gstrategie<br />
gr<strong>und</strong>legend verändert wurde. Im Organisationsbüro des Rennsteiglaufs wurden die<br />
Arbeitsfelder Öffentlichkeitsarbeit, Wissenschaft <strong>und</strong> Traditionspflege schon von<br />
Beg<strong>in</strong>n an von Vertretern der <strong>Jena</strong>er Universität bzw. der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft<br />
abgedeckt. Der erste Präsident des neu gegründeten GutsMuths-Rennsteiglauf<br />
Vere<strong>in</strong>s wurde durch den USV <strong>Jena</strong> gestellt. In <strong>Jena</strong> wurde die Idee des Europacups der<br />
Supermarathone entwickelt <strong>und</strong> die ersten Jahre aktiv begleitet. Der Rennsteiglauf war<br />
bis 1989 e<strong>in</strong>e Laufveranstaltung, die nur den <strong>Sport</strong>lern der DDR offen stand. Ausländer<br />
durften nur starten, wenn sie e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis <strong>in</strong> der DDR hatten. Das bedeutete,<br />
dass „Ostdeutschlands“ größter Lauf <strong>in</strong>ternational kaum bekannt war. Da sich die<br />
Organisatoren des Rennsteiglaufs auch nach der Wende vom Leichtathletikverband<br />
weitestgehend ignoriert fühlten, fragten sie 1991 auch nicht nach, ob man e<strong>in</strong>e<br />
europäische Pokalveranstaltung aufbauen dürfe. Als ersten Partner dachten die<br />
Rennsteigläufer aus <strong>Jena</strong> an den traditionsreichsten Ultralangstreckenlauf <strong>in</strong> Europa,<br />
an die „100 km von Biel“ <strong>in</strong> der Schweiz. Diese Wahl kam nicht von ungefähr. Schon<br />
beim Aufbau des Rennsteiglaufs Anfang der 1970er Jahre hatten die Gründer aus <strong>Jena</strong><br />
über Publikationen, die <strong>in</strong> der Bibliothek des heutigen Instituts für <strong>Sport</strong>wissenschaft<br />
zugängig waren, Kenntnis von dieser großen Laufveranstaltung. Über se<strong>in</strong>e Funktion <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Ausschuss der Internationalen Orientierungslauf Föderation hatte e<strong>in</strong> Assistent<br />
entsprechende Unterlagen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Adresse aus Biel besorgt. 1975 wurde der<br />
Rennsteiglauf öffentlich ausgeschrieben <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Ausschreibung g<strong>in</strong>g auf dem Postwege<br />
von <strong>Jena</strong> nach Biel. Anfang März 1975, zwei Monate vor dem nach heutiger Zählung III.<br />
GutsMuths-Rennsteiglauf wurde dieser Assistent zu se<strong>in</strong>em Institutsdirektor bestellt,<br />
der ihm zu se<strong>in</strong>er Verw<strong>und</strong>erung eröffnete, dass die <strong>Jena</strong>er Laufgruppe nicht zum „100<br />
km-Lauf“ <strong>in</strong> die Schweiz fahren dürfe. Erst e<strong>in</strong>e Woche später konnte er diesen H<strong>in</strong>weis<br />
zuordnen, als er e<strong>in</strong>en sche<strong>in</strong>bar ungeöffneten Brief aus der Schweiz erhielt. In diesem<br />
bek<strong>und</strong>ete Walter Tschiedel von der „Schweizerischen Veteranen Vere<strong>in</strong>igung“ Interesse<br />
an der Teilnahme am Rennsteiglauf <strong>und</strong> lud gleichzeitig e<strong>in</strong>e Gruppe von Läufern aus<br />
<strong>Jena</strong> <strong>in</strong> die Schweiz zum 100km Lauf nach Biel e<strong>in</strong>. Da ganz offensichtlich die „Stasi“<br />
209
den Vorgang schon im Visier hatte, haben die <strong>Jena</strong>er Rennsteiglauforganisatoren auf<br />
weitere offizielle Kontakte zur Schweiz verzichtet. Diese wurden aber 1990 gleich<br />
wieder aufgenommen <strong>und</strong> im Sommer 1991 gab es <strong>in</strong> Fischen im Allgäu e<strong>in</strong> erstes<br />
Treffen. Hier wurde über geme<strong>in</strong>same Werbemöglichkeiten beraten <strong>und</strong> die Idee des<br />
Europacups diskutiert. Der damalige Gesamtleiter von Biel, Franz Reist, unterstützte<br />
das Vorhaben stark <strong>und</strong> damit nicht nur zwei Läufe <strong>in</strong> die geplante Wertung kamen,<br />
wurde der gerade gegründete Schwäbisch Alb Marathon, der e<strong>in</strong>e knapp 50km lange<br />
„Landschaftslaufstrecke“ hatte, mit aufgenommen. Inzwischen ist der Europacup<br />
zwanzig Jahre alt <strong>und</strong> sechs Läufe <strong>in</strong> Deutschlands, Tschechien, Slowenien, Österreich<br />
<strong>und</strong> der Schweiz tragen mit dazu bei, dass der Rennsteiglauf auch International noch<br />
bekannter wurde.<br />
Der Gesamtleiter des 100 km-Laufs von Biel, Franz Reist (<strong>Bild</strong>mitte), 1994 mit e<strong>in</strong>em<br />
Informationsstand beim Rennsteiglauf.<br />
210
E<strong>in</strong> passionierter Hobby-W<strong>in</strong>zer wird 65<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 29. Juli 2010 Nr. 196<br />
Als der USV <strong>Jena</strong> e. V. zum Vere<strong>in</strong>sfest Mitte Juni erstmals für die 50- <strong>und</strong> 25-jährige<br />
Mitgliedschaft e<strong>in</strong>e Ehrennadel verlieh, gehörte zu denen mit der silbernen Nadel<br />
Ausgezeichneten auch Dr. Rolf Schoder. Bei ihm war es relativ e<strong>in</strong>fach, das E<strong>in</strong>trittsdatum<br />
zu bestimmen, gehörte er doch am 9. Oktober 1975 zu den Mitgründern der heutigen<br />
Abteilung Ausdauerlauf. Schwierig wurde es aber bei den vielen anderen langjährigen<br />
Mitgliedern, da es aus der Zeit bis Anfang der 1990er Jahre kaum Archivunterlagen des<br />
Vere<strong>in</strong>s gab. Obwohl der USV bzw. se<strong>in</strong> Vorläufer die HSG schon Anfang der 1980er<br />
e<strong>in</strong>en eigenen Archivar bestellt hatte, der se<strong>in</strong>e Arbeit sogar honoriert bekam, enthielt<br />
das Archiv kaum Akten sondern weitestgehend e<strong>in</strong> belangloses Sammelsurium an<br />
Urk<strong>und</strong>en, Zeitungen, <strong>Sport</strong>preisen u. ä. Mit Hilfe der Vere<strong>in</strong>smitglieder wurde von T<strong>in</strong>o<br />
Berg, dem gegenwärtig e<strong>in</strong>zigen halbtätig bezahlten Mitarbeiter des USV, seit Jahren<br />
versucht, e<strong>in</strong>e Mitgliederverwaltung zu <strong>in</strong>stallieren, <strong>in</strong> der z. B. auch die E<strong>in</strong>trittsdaten<br />
erfasst s<strong>in</strong>d. 19 Gold- <strong>und</strong> fast 100 Silberjubilare konnten bis jetzt ermittelt werden.<br />
Zu den „Silbernen“ gehört Dr. Rolf Schoder, der vor 35 Jahren der HSG beitrat. Als<br />
im Frühjahr 1976 die Rennsteiglauf-Erf<strong>in</strong>der aus der HSG die Gesamtleitung dieser<br />
größten <strong>Sport</strong>veranstaltung Thür<strong>in</strong>gens an den Bezirksvorstand Suhl des DTSB<br />
übergaben, behielten sie noch e<strong>in</strong>ige Jahre den Bereich F<strong>in</strong>anzen, den Schoder leitete,<br />
<strong>in</strong> ihrer Verantwortung. 1977 gehörte er auch zu den Mit<strong>in</strong>itiatoren des ersten <strong>Jena</strong>er<br />
Kernberglaufs, als herbstliches Gegenstück zum GutsMuths-Rennsteiglauf. Der erste<br />
Gesamtleiter wurde der Pathologe Dr. Andreas Schmidt. Mit der Gründung des <strong>Jena</strong>er<br />
Kernberglaufs bekam die ehrenamtliche organisatorische Arbeit <strong>in</strong> der Laufgruppe e<strong>in</strong>e<br />
neue Dimension. E<strong>in</strong>e Vielzahl von Helfern wurde benötigt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e gut funktionierende<br />
Leitung wurde erforderlich. Namen wie Dr. Andreas Schmidt, He<strong>in</strong>rich Fricke, Dr. Rolf<br />
Schoder, Dr. Dieter Blechschmidt, Dr. Günther Völksch, Bernd Löschner, Dr. Peter<br />
Fuchs, Dr. Rüdiger Grunow, Eckehard Gläßer, Jens Wötzel um nur e<strong>in</strong>ige zu nennen,<br />
gehörten <strong>in</strong> den nächsten Jahren zu den Hauptakteuren der Laufgruppe. Dr. Rolf<br />
Schoder wurde 1980 Abteilungsleiter dieses Teams, das am 25. September 1980<br />
e<strong>in</strong>e selbständige Sektion Ausdauerlauf der HSG mit über 40 Mitgliedern wurde. Bis<br />
dah<strong>in</strong> gehörten die Läufer zu den Orientierungsläufern, wo die Gruppe entstanden<br />
war. Im Frühjahr 1984 organisierten die Ausdauerläufer unter Leitung von Rolf<br />
Schoder, Jens Wötzel <strong>und</strong> Eckehard Gläßer nach dem Vorbild von der BSG Wismut<br />
Gera den ersten Anfängerlaufkurs. Prof. Dr. Jochen Scheibe <strong>und</strong> später Dr. Johanna<br />
Hübscher übernahmen die sportmediz<strong>in</strong>ische Betreuung der 125 Teilnehmer. 87 von<br />
ihnen beendeten übrigens den Kurs erfolgreich <strong>und</strong> wurden teilweise Mitglieder der<br />
Laufgruppe. Als Ende der 1990er Jahre, der spätere Rektor, Prof. Dr. Karl-Ulrich Meyn,<br />
den Pokal des Präsidenten des USV für besondere Verdienste im Ehrenamt stiftete,<br />
war Rolf Schoder e<strong>in</strong>er der Ersten, der ihn erhielt. Nach mehr als zwanzigjähriger<br />
erfolgreicher Tätigkeit übergab er 2001 die Leitung der Abteilung Ausdauerlauf an Dr.<br />
Peter Losso. Läuferisch blieb er weiter als Volkssportler aktiv <strong>und</strong> startet jedes Jahr beim<br />
GutsMuths-Rennsteiglauf. Bis 2010 schaffte er ihn 32 Mal. Heute ist er Fördermitglied<br />
des USV. Neben se<strong>in</strong>er umfangreichen ehrenamtlichen Tätigkeit im Universitätssport<br />
entwickelte sich der diplomierte Lebensmittelchemiker zum Käsespezialisten <strong>in</strong><br />
Thür<strong>in</strong>gen. Als geschätzter Mitarbeiter im Thür<strong>in</strong>ger Landwirtschaftsm<strong>in</strong>isterium<br />
211
f<strong>in</strong>det man manche wichtige Veröffentlichung unter se<strong>in</strong>em Namen, wie „65 Jahre<br />
Milchwirtschaftliches Untersuchungswesen <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen“. Am Wochenende wird<br />
der passionierte Hobbyw<strong>in</strong>zer im Partnerhotel des USV <strong>in</strong> Schmiedefeld, mit dem<br />
passenden Namen „Rennsteiglaufhotel“ mit Familie, Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Verwandten se<strong>in</strong>en<br />
65. Geburtstag feiern.<br />
212<br />
Dr. Rolf Schoder, hier rechts, Ende der 1990er Jahre beim legendären<br />
Medoc-Rotwe<strong>in</strong>-Marathon <strong>in</strong> Frankreich.
Der BRD-Bürger „Tarzan“ startet doch<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 24. September 2010 Nr. 204<br />
Der GutsMuths-Rennsteiglauf stand zu Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>er Entwicklung im Kreuzfeuer der<br />
DDR-<strong>Sport</strong>führung, die sich schwer tat, e<strong>in</strong>en großen Volkslauf zu akzeptieren, der<br />
so ganz ohne Auftrag sozusagen von der Basis der <strong>Sport</strong>bewegung entwickelt worden<br />
war. Sicher spielte dabei auch die “Nähe“ zur „westlichen“ Jogg<strong>in</strong>gbewegung e<strong>in</strong>e<br />
Rolle, wie man bei der Entwicklung des Triathlons, des Yoga oder der Aerobic später<br />
beobachten konnte. Hier mussten die Initiatoren neue Bezeichnungen kreieren.<br />
Aus Triathlon wurde <strong>in</strong> der DDR der Ausdauer-Dreikampf, aus Aerobic wurde<br />
Popgymnastik, um nur zwei Beispiele zu nennen. Aus der Jogg<strong>in</strong>gbewegung sollte die<br />
Meilenlaufbewegung werden, bei der e<strong>in</strong>e Laufstrecke von etwa 2000m zu laufen war.<br />
Die Initiatoren fanden e<strong>in</strong>en, auch von der <strong>Sport</strong>führung akzeptierten Term<strong>in</strong>us, <strong>in</strong><br />
dem sie von der Laufbewegung sprachen. Diese gehörte <strong>in</strong>teressanter Weise nicht <strong>in</strong><br />
den zuständigen Leichtathletikverband, sondern war selbstständig, meist koord<strong>in</strong>iert<br />
über sogenannte Meilenkomitees. Weniger Toleranz gab es bei den Streckenlängen<br />
<strong>und</strong> Teilnehmerzahlen beim Rennsteiglauf. Der Rennsteiglauf wurde auf 10.000<br />
Starter limitiert. Die Streckenlänge wurde auf 65km limitiert. Bei den Strecken kam<br />
auch der <strong>Jena</strong>er Kernberglauf, der am 16. Oktober se<strong>in</strong>e 34. Auflage startet, mit der<br />
<strong>Sport</strong>führung <strong>in</strong>s Gehege. So wurden die „<strong>Jena</strong>er Organisatoren“ 1977, nachdem<br />
die erste Auflage dieses schönen Landschaftslaufs mit großem Erfolg über die Bühne<br />
gegangen war, im „Deutschen <strong>Sport</strong>echo“, der DDR-<strong>Sport</strong>zeitung, kritisiert, dass sie<br />
zukünftig e<strong>in</strong>e Strecke bis 100km geplant hätten. Wörtlich hieß es: „Wir haben schon<br />
zahlreiche Läufe zwischen 50 <strong>und</strong> 100km für jene, die sich unbed<strong>in</strong>gt daran erproben<br />
müssen.“ Nach 1990 entschuldigte sich der Autor des Artikels, Manfred Seifert, <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>em Buch „Ruhm <strong>und</strong> Ehre des DDR-<strong>Sport</strong>s“ <strong>und</strong> unterstrich sogar die wichtige<br />
Rolle, die bei der Entwicklung der Laufbewegung der DDR die <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>mediz<strong>in</strong><br />
gespielt hatte. Die <strong>Jena</strong>er bewiesen nämlich, dass der Ausdauerlauf über längere<br />
Strecken bei systematischem Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g nicht nur nicht ges<strong>und</strong>heitsschädlich ist,<br />
sondern auf Gr<strong>und</strong> gesenkter Krankenausfalltage sogar volkswirtschaftlich wertvoll<br />
war. Welche Verstrickungen die Laufbewegung im Netz der Staatssicherheit hatte,<br />
ist bisher kaum untersucht worden. Interessanter Weise wurde für den größten Lauf<br />
<strong>in</strong> der DDR, den GutsMuths-Rennsteiglauf, bisher ke<strong>in</strong> „Vorgang“ <strong>in</strong> den Unterlagen<br />
der „Birthler-Behörde“ gef<strong>und</strong>en. E<strong>in</strong>e der wenigen „Stasi-Spuren“ betrifft den<br />
vor e<strong>in</strong>igen Jahren verstorbenen „Laufspaßvogel“ Alfred Pohlan aus München. Se<strong>in</strong><br />
Markenzeichen war e<strong>in</strong> Tarzankostüm mit freiem Oberkörper, mit dem er bei jedem<br />
Wetter se<strong>in</strong>e 336 Marathons <strong>und</strong> Ultraläufe absolvierte. Auch beim Rennsteiglauf war<br />
er im legendären Kostüm als Tarzan unterwegs, allerd<strong>in</strong>gs 1989 nicht, da er illegal<br />
mitlief. Wolfgang Löscher aus Bad Klosterlausnitz hatte ihm „illegal“ e<strong>in</strong>e Startkarte<br />
besorgt, da „Ausländer“ nicht starten durften. E<strong>in</strong> Jahr vor der Wende hatte die<br />
DDR-<strong>Sport</strong>führung erstmals Startkarten für den Rennsteiglauf nach dem „Westen“<br />
verkauft. Mit dem Verkauf sollte der Rennsteiglauf helfen, die Devisenknappheit der<br />
DDR zu mildern. Auf Gr<strong>und</strong> des hohen Preises (<strong>in</strong>kl. Hotel usw.) fanden sich aber nur<br />
30 Interessenten. E<strong>in</strong>ige „West-Läufer“, die von dieser zaghaften „Öffnung“ hörten,<br />
versuchten auf eigene Faust e<strong>in</strong>e Startberechtigung zu erwerben. Die Staatssicherheit<br />
erhielt die Information, dass drei „BRD-Bürger“ im Organisationsbüro diesen Versuch<br />
213
unternommen hätten. Darunter: „1. Person, rentner, soll aus münchen se<strong>in</strong> (spitzname<br />
„tarzan“)“. Stolz wurde berichtet, „obwohl die BRD-Bürger Westgeld angeboten<br />
hätten“, wäre ihnen der Start nicht gestattet worden. 1995 lief „Tarzan“ dann offiziell<br />
beim Rennsteiglauf mit. Er wurde beim Halbmarathon <strong>in</strong> der AK 70 Vierter.<br />
214<br />
Wolfgang Löscher, „Tarzan“ <strong>und</strong> He<strong>in</strong>z Florian Oertel (von l<strong>in</strong>ks)<br />
1996 beim Bautzener Stadtlauf.
Staffelläufe s<strong>in</strong>d der Renner<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 26. August 2009 Nr. 149<br />
Der 24-St<strong>und</strong>en-Orientierungslauf, von dem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em früheren Beitrag berichtet<br />
wurde, war ke<strong>in</strong> Vorläufer zur gegenwärtigen Entwicklung von Staffelläufen <strong>in</strong> der<br />
Laufbewegung. Nach 2000 setzte deutschlandweit e<strong>in</strong> Boom zur Gründung von<br />
Marathonläufen e<strong>in</strong>. Dieser Trend ist seit zwei bis drei Jahren abgeebbt, obwohl<br />
auch jetzt noch jedes Jahr e<strong>in</strong>ige neue Marathons, wie z. B. 2009 <strong>in</strong> Altenburg als<br />
Stadtmarket<strong>in</strong>gaktionen gegründet werden. Generell tendieren Laufneugründungen<br />
eher zum Halbmarathon bzw. noch kürzeren Strecken, wie bei den Team-Läufen.<br />
E<strong>in</strong> junger Trend ist der Aufbau von „Ultra-Staffelläufen“ über Distanzen vom mehr<br />
als 100km mit etwa 10 Startern pro Mannschaft. Zu den bekanntesten dürften der<br />
Rennsteigstaffellauf <strong>und</strong> der Lauf entlang des Nord-Ostseekanals se<strong>in</strong>, an denen sich<br />
tausende Läufer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Läufer beteiligen. Teilstrecken zwischen 5 – 15 Kilometer<br />
s<strong>in</strong>d hierbei die Regel <strong>und</strong> das Geme<strong>in</strong>schaftserlebnis der Laufgruppen steht dabei im<br />
Vordergr<strong>und</strong>. Neu ist <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen der „Schiller-Staffel-Lauf“ der am 29. August 2009<br />
von Rudolstadt als Teil des Stadtmarket<strong>in</strong>gs erstmals organisiert wurde. Die Strecke<br />
führt auf Schillers Spuren von Rudolstadt nach <strong>Jena</strong> (Maua), weiter nach Weimar <strong>und</strong><br />
dann zurück nach Rudolstadt. Nicht e<strong>in</strong> Fußballclub oder e<strong>in</strong>e Basketball-, Volleyball-<br />
oder Handballmannschaft sondern e<strong>in</strong> Staffellauf soll dazu beitragen, dass man<br />
Rudolstadt über Thür<strong>in</strong>gen h<strong>in</strong>aus wahrnimmt.<br />
Die Idee solcher Staffelläufe ist auch <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> nicht ganz neu. So organisierte bereits<br />
1913 der Vere<strong>in</strong> für Bewegungsspiele (VfB), der Vorläufer des USV, den ersten<br />
Mühltalstaffellauf. Nach dem Zweiten Weltkrieg dom<strong>in</strong>ierten <strong>in</strong> den 1950er Jahren vor<br />
allem Stadtstaffelläufe. 1947 fand der erste als „Lauf um die Altstadt“ <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> statt.<br />
Neun Läufer bildeten e<strong>in</strong>e Staffel. In jüngerer Zeit wären zwei Langstreckenstaffelläufe<br />
zu nennen. Zum 20jährigen Bestehen der Laufgruppe des USV organisierte diese<br />
1995 e<strong>in</strong>en Staffellauf über den gesamten Rennsteig (168,3km). Über 50 Läufer<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Läufer starteten am 6. Mai um 4.00 Uhr morgens <strong>in</strong> Blankenste<strong>in</strong> an der Saale.<br />
Jeweils 3 bis 5 Läufer wechselten sich nach Teilstrecken von 7 – 12km ab, um am<br />
Abend nach 15 St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> 45 M<strong>in</strong>uten Hörschel an der Werra zu erreichen. Nach<br />
alter Rennsteigtradition nahm jeder Starter e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Ste<strong>in</strong> von der Selbitz mit,<br />
der von Wechsel zu Wechsel weitergegeben wurde, um ihn am Ziel <strong>in</strong> die Werra zu<br />
werfen. Die ausgezeichnete Logistik, ausgearbeitet von Dr. Peter Fuchs <strong>und</strong> Dr. Rolf<br />
Schoder sorgte dafür, dass es für alle Teilnehmer e<strong>in</strong> schönes Erlebnis wurde. Ähnlich<br />
wurde e<strong>in</strong> Staffellauf am 16. September 2000 organisiert, als die Laufgruppe des USV<br />
ihr 25-jähriges Bestehen feierte. Diesmal wurde die Strecke, die durch die 100km-<br />
Leistungswanderung „Horizontale“ bekannt ist, genutzt.<br />
Zum 35. Geburtstag der USV Laufgruppe soll voraussichtlich die Idee des Stadtförsters,<br />
Olaf Schubert <strong>und</strong> des Laufladenchefs, Ralf Janke, genutzt werden <strong>und</strong> im Juni 2010<br />
e<strong>in</strong> Staffellauf über mehr als 70km auf der „Saalehorizontale“ von Neulobeda-Ost bis<br />
Dornburg <strong>und</strong> zurück zur Papiermühle stattf<strong>in</strong>den.<br />
215
Die erfolgreichen Teilnehmer des 100 km-Staffellaufs von 2000 im Ziel.<br />
216
Was Zahn, Drefahl <strong>und</strong> Meyn vere<strong>in</strong>t<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 10. Dezember 2009 Nr. 163<br />
In der <strong>Geschichte</strong> der <strong>Jena</strong>er Universität gab es bisher drei Rektoren, die überdurchschnittlich<br />
stark <strong>in</strong> sportlichen Funktionen an der Hochschule tätig waren.<br />
Der erste war der Geograph Prof. Dr. Georg von Zahn (1871 – 1946), der von 1929<br />
– 30 Rektor der Universität war. Schon vor dem Ersten Weltkrieg war er 1913<br />
Mitglied des Ehrenausschusses beim 1. Akademischen Olympia, dem Vorläufer des<br />
Universitätssportfestes. 1914 wurde v. Zahn Mitglied des akademischen Ausschusses<br />
für Leibesübungen der Universität, dessen Vorsitz er 1919 übernahm. Dieses Gremium<br />
bestimmte bis zur Machtübernahme durch die NSDAP (1933) an der Universität die<br />
Entwicklung des sportlichen Lebens. Der Ausschuss war direkt dem Senat unterstellt.<br />
Von eigenen sportlichen Aktivitäten v. Zahns ist nichts bekannt, da er aber zeitweilig<br />
Dozent an der königlichen Kriegsakademie gewesen war, kann man annehmen, dass er<br />
sich vor allem für Wehrsport <strong>in</strong>teressierte. Zu se<strong>in</strong>en Verdiensten muss man die Errichtung<br />
der Landesturnanstalt (1929) zählen, dem heutigen Institut für <strong>Sport</strong>wissenschaft. Da<br />
er nicht Mitglied der NSDAP gewesen war, wurde er trotz se<strong>in</strong>er rechtskonservativen<br />
E<strong>in</strong>stellung 1946 Gründungsord<strong>in</strong>arius des Meterologischen Instituts. Der zweite Rektor<br />
mit „<strong>Sport</strong>ambitionen“ war der passionierte Tennisspieler Prof. Dr. Günter Drefahl (geb.<br />
1922). Se<strong>in</strong> Engagement für den Universitätssport setzte im Wesentlichen nach se<strong>in</strong>er<br />
Amtszeit (1962 – 68) als Rektor e<strong>in</strong>, als er Vorsitzender der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft<br />
(HSG) wurde <strong>und</strong> es bis 1990 blieb. In dieser Zeit wurde die HSG (jetzt USV) zur<br />
zweitgrößten <strong>Sport</strong>geme<strong>in</strong>schaft im damaligen Bezirk Gera <strong>und</strong> Leistungsträger <strong>in</strong><br />
vielen <strong>Sport</strong>arten, die heute teilweise im USV nicht mehr existieren, wie Leichtathletik,<br />
Frauen-Basketball, Handball, Turnen oder W<strong>in</strong>tersport. Günter Drefahl ist heute noch<br />
Fördermitglied des USV <strong>Jena</strong> e. V.; Dritter im B<strong>und</strong>e ist Prof. Dr. Karl-Ulrich Meyn.<br />
1995 wurde Meyn Präsident des USV <strong>Jena</strong> e. V.. Damals war der Jurist Prorektor der<br />
Universität. Er übernahm das Amt von Lutz Wenke, dem ersten Präsidenten des USV<br />
mit dieser Amtsbezeichnung. Wenke hatte es geschafft, mit dem Uni-Kanzler, Dr. Klaus<br />
Kübel e<strong>in</strong>en noch heute gültigen Vertrag auszuhandeln, der sowohl dem USV langfristig<br />
se<strong>in</strong>e Entwicklung sicherte als auch den Universitätsangehörigen das Potential von<br />
Thür<strong>in</strong>gens größtem <strong>Sport</strong>vere<strong>in</strong> erschloss. Prof. Meyn konnte diesen Vertrag mit Leben<br />
erfüllen <strong>und</strong> das noch heute funktionierende „<strong>Jena</strong>er Modell des Hochschulsports“<br />
zum „Laufen“ br<strong>in</strong>gen. Die größte sportliche Veranstaltung des USV unter se<strong>in</strong>er<br />
Leitung waren die Weltmeisterschaften der Studierenden im Cross. E<strong>in</strong> Großteil der<br />
Umgestaltung des Universitätssportzentrums durch neue Kunstrasenplätze, den Bau<br />
e<strong>in</strong>er Kampfsporthalle, e<strong>in</strong>er neuen Leichtathletikanlage <strong>und</strong> e<strong>in</strong>es Fußballplatzes fiel<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Amtszeit als Präsident des USV bzw. dann <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Rektorat. Meyn war von<br />
Jugend an sportlich sehr aktiv. Im Fußball hatte er im A- <strong>und</strong> B-Juniorenbereich bei<br />
SV Grün-Weiß Hamburg gespielt. Später <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Zeit als Student <strong>und</strong> Doktorand <strong>in</strong><br />
Kiel war er Spieler der BSG Universität Kiel. Meyn war als Fußballer e<strong>in</strong> „Torjäger“ mit<br />
sehr guten koord<strong>in</strong>ativen Fähigkeiten, e<strong>in</strong>em ausgeprägtem Spielverständnis <strong>und</strong> sehr<br />
guter Schusstechnik. Diese Eigenschaften haben ihn dann auch später bis zu se<strong>in</strong>er<br />
Emeritierung <strong>in</strong> der <strong>Jena</strong>er Professoren-Mannschaft ausgezeichnet. Zudem war Meyn<br />
e<strong>in</strong> aktiver Tennisspieler. Se<strong>in</strong>e größten sportlichen Meriten hat er aber als jugendlicher<br />
Segler errungen. Geme<strong>in</strong>sam mit se<strong>in</strong>em Bruder Eckehart war er erfolgreicher<br />
217
Teilnehmer an vielen Regatten <strong>und</strong> zur Kieler Woche. 1960 wurden die Brüder sogar<br />
auf dem Balaton <strong>in</strong> Ungarn „Internationaler Ungarischer Meister“ <strong>in</strong> der Piratenklasse.<br />
Wenn er mit 70 Jahren auch kaum noch Fußball spielt, so ist er heute noch regelmäßig<br />
als Spieler auf dem Tennisplatz zu f<strong>in</strong>den. Noch heute ist Karl-Ulrich Meyn eng mit<br />
dem USV verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> der von ihm gestiftete Ehrenpokal wird jährlich als höchste<br />
Auszeichnung für ehrenamtliche Tätigkeit vergeben.<br />
Karl-Ulrich Meyn 2000 mit der erfolgreichsten Uni-Leichtathlet<strong>in</strong> der Vorkriegszeit, Siegfriede<br />
Weber-Dempe bei den Studentenweltmeisterschaften im Cross an der Strecke.<br />
218
Blumen für Karl Knüppel<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 23. August 2006 Nr. 28<br />
Anlässlich des 69. Todestages von Kurt Knüppel legte se<strong>in</strong>e Tochter Ursula Herbst im<br />
Jahr 2006 Blumen am neu aufgestellten Grabste<strong>in</strong> ihres Vaters nieder.<br />
Anfang der dreißiger Jahre entwickelte sich <strong>in</strong> Kahla e<strong>in</strong>e sehr aktive Segelfliegergruppe.<br />
F<strong>in</strong>anziell unterstützt vom Besitzer des Porzellanwerks konnten die Flieger <strong>in</strong> vielen<br />
St<strong>und</strong>en ehrenamtlicher Arbeit erst e<strong>in</strong>en Übungsgleiter <strong>und</strong> dann e<strong>in</strong> Segelflugzeug<br />
mit dem Namen Leuchtenburg selber bauen. Zu den Aktivsten <strong>in</strong> der Gruppe gehörte<br />
Kurt Knüppel, der als Leiter der Fliegergruppe auch e<strong>in</strong>er der besten Flieger war. In der<br />
Umgebung von Kahla gab es verschiedene Gelände, die von der Gruppe zum Segelflug<br />
genutzt wurden. So unterhalb der Leuchtenburg, bei Blankenha<strong>in</strong> <strong>und</strong> im Rhe<strong>in</strong>städter<br />
Gr<strong>und</strong>. Auf Gr<strong>und</strong> der günstigen thermischen Verhältnisse, die durch die Kalkhänge<br />
gesichert wurden, bevorzugten die Kahlaer Segelflieger die Wiesen oberhalb von<br />
Zwabitz. Hier schufen sie erst unterhalb des Steilhanges e<strong>in</strong>e Startpiste. Schon bald<br />
wollten sie höher h<strong>in</strong>aus <strong>und</strong> bauten sich e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Startplateau oberhalb der steilen<br />
Wand, <strong>in</strong>dem sie dort e<strong>in</strong>e Fläche planierten. Diese war gerade lang genug um mittels<br />
Gummiseilen e<strong>in</strong>e Art Katapultstart der Segelflugzeuge zu sichern. Gelandet wurde im<br />
Tal <strong>und</strong> die Segelflieger mussten dann manuell bzw. später mit e<strong>in</strong>em Seilzug wieder auf<br />
die Höhe geschafft werden. Im August 1937 passierte es dann. Kurt Knüppel, der schon<br />
viele Male mit der „Leuchtenburg“ gestartet <strong>und</strong> gelandet war, geriet plötzlich <strong>in</strong>s<br />
Trudeln <strong>und</strong> konnte das Segelflugzeug nicht mehr abfangen. Es zerschellte am Boden.<br />
Kurt Knüppel konnte sich selbst noch aus den Trümmern befreien. E<strong>in</strong> Fliegerfre<strong>und</strong><br />
brachte ihn mit dem Privat-PKW <strong>in</strong> das <strong>Jena</strong>er Universitätskl<strong>in</strong>ikum, wo er drei Tage<br />
später am 20. August 1937 im Alter von 31 Jahren verstarb. Se<strong>in</strong> bemerkenswerter<br />
Grabste<strong>in</strong>, den e<strong>in</strong> Segelflugzeug ziert, stand bisher auf dem Kahlaer Friedhof. Bei<br />
E<strong>in</strong>ebnung der Fläche sollte er entfernt werden, auf Wunsch der Tochter blieb er<br />
allerd<strong>in</strong>gs erhalten. Mit Alexander Pill<strong>in</strong>g vom Vere<strong>in</strong> „Gr<strong>und</strong> Genug e. V.“ wurde e<strong>in</strong><br />
Partner gef<strong>und</strong>en, der alle Hebel <strong>in</strong> Bewegung setzte, damit der schöne Grabste<strong>in</strong><br />
unweit der Absturzstelle wieder aufgestellt werden konnte. Wenige Meter von der<br />
landschaftlich reizvollen Aussichtsstelle Mart<strong>in</strong>sruh oberhalb von Zwabitz, dort wo<br />
früher die Segelflugzeuge starteten, er<strong>in</strong>nert jetzt der Ste<strong>in</strong> an e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes Stück<br />
Segelfluggeschichte Thür<strong>in</strong>gens.<br />
219
Ursula Herbst <strong>und</strong> Alexander Pill<strong>in</strong>g am Grabste<strong>in</strong>: Am 69 Todestag legte <strong>in</strong> aller Frühe Ursula Herbst,<br />
die Tochter von Karl Knüppel, am umgesetzten Grabste<strong>in</strong> Blumen nieder. Alexander Pill<strong>in</strong>g hatte die<br />
Umsetzung auf den ehemaligen Startplatz der Kahlaer Segelflieger im Re<strong>in</strong>städter Gr<strong>und</strong> organisiert.<br />
220<br />
Der Absturz von Karl Knüppel ist mit Fotos<br />
dokumentiert. Die „Leuchtenburg“ geriet<br />
<strong>in</strong>s Trudeln <strong>und</strong> stürzte wie e<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong> zur<br />
Erde.
Dem <strong>Sport</strong> verb<strong>und</strong>en<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 27. März 2010<br />
Frau Prof. Dr. Johanna Hübscher feiert am 27. März ihren 60. Geburtstag. E<strong>in</strong>en Teil<br />
ihrer K<strong>in</strong>dheit verlebte Johanna <strong>in</strong> Merseburg, wo ihre Eltern nach der Vertreibung<br />
aus dem Sudetenland gestrandet waren. Bereits hier war sie sportlich aktiv. Ihr Vater<br />
hatte vor 1945 <strong>in</strong> Prag u. a. <strong>Sport</strong> studiert <strong>und</strong> war auch e<strong>in</strong>ige Jahre als <strong>Sport</strong>lehrer <strong>in</strong><br />
Merseburg tätig. In <strong>Jena</strong> war Johanna als Jugendliche besonders <strong>in</strong> der Leichtathletik<br />
<strong>und</strong> im Basketball aktiv. Ihr größter Erfolg war e<strong>in</strong> Kreismeistertitel im Kugelstoßen.<br />
Besonders der <strong>Sport</strong>lehrer Rudi Berkes hat mit dazu beigetragen, dass sie immer e<strong>in</strong>e<br />
enge B<strong>in</strong>dung zum <strong>Sport</strong> behielt. Ansonsten lagen ihre außerschulischen Interessen<br />
breit gestreut bei künstlerischen Tätigkeiten, vom Ballett bis zur Malerei. Christlich<br />
erzogen, lehnte sie als Katholik<strong>in</strong> die Ablegung der Jugendweihe ab, was ihrem Vater,<br />
Ernst Stelzig, <strong>in</strong> den 1960er Jahren berufliche Schwierigkeiten e<strong>in</strong>brachte, so dass er die<br />
Universität verlassen musste. Als Bestschüler<strong>in</strong> bekam sie <strong>in</strong> den 1970er Jahren e<strong>in</strong>en<br />
Mediz<strong>in</strong>studienplatz <strong>und</strong> wollte eigentlich Chirurg<strong>in</strong> werden. E<strong>in</strong> Zufall brachte sie zu<br />
e<strong>in</strong>em sportmediz<strong>in</strong>ischen Praktikum <strong>und</strong> der Möglichkeit, bei Prof. Dr. Jochen Scheibe<br />
zu habilitieren. In der <strong>Sport</strong>mediz<strong>in</strong> an der Sektion <strong>Sport</strong>wissenschaft der Universität<br />
fühlte sie sich sehr wohl, zumal ihr Chef damals immer <strong>in</strong> der Opposition zu vielen<br />
von der SED verordneten Maßnahmen stand. Sie engagierte sich auf vielen sportlichen<br />
Gebieten <strong>und</strong> war maßgeblich an den umfangreichen Forschungen von Prof. Scheibe zu<br />
Problemen der Langzeitbelastungen von Rennsteigläufern beteiligt. Geme<strong>in</strong>sam mit Dr.<br />
Rolf Schoder entwickelte sie <strong>in</strong> der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft die Anfängerlaufkurse<br />
als neue Form des organisierten Freizeitsports. Zur politischen Wende um 1990 stand<br />
Johanna Hübscher voll h<strong>in</strong>ter ihrem Chef, der versuchte e<strong>in</strong> eigenständiges Institut für<br />
<strong>Sport</strong>mediz<strong>in</strong> an der Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät der Uni aufzubauen. Umso enttäuschter<br />
war sie menschlisch, als er sich ihr gegenüber als Mitarbeiter der Staatssicherheit zu<br />
erkennen gab. Nachdem Prof. Scheibe die Universität <strong>in</strong> Richtung „alte B<strong>und</strong>esländer“<br />
verlassen hatte, übernahm sie lange Zeit (1991 – 99) die volle Verantwortung für<br />
den vakanten Lehrstuhl <strong>Sport</strong>mediz<strong>in</strong> am Institut für <strong>Sport</strong>wissenschaft. Hugo<br />
Weschenfelder hatte sie um 1990 als Mannschaftsärzt<strong>in</strong> für die junge Mannschaft<br />
der Frauenfußballer<strong>in</strong>nen gewonnen. Bei der Ausgründung des FF USV aus dem USV<br />
wurde sie die erste Präsident<strong>in</strong>. Nach dem Aufstieg <strong>in</strong> die B<strong>und</strong>esliga übergab sie diese<br />
zeitaufwändige Funktion an Dr. Ralf Schmidt-Röh. 2002 wurde Prof. Hübscher zur<br />
Vizepräsident<strong>in</strong> des Deutschen Beh<strong>in</strong>dertensportverbandes gewählt. Wissenschaftlich<br />
war <strong>und</strong> ist sie auf vielen Gebieten tätig. Erwähnung sollen hier ihre umfangreichen<br />
Untersuchungen im Langzeitausdauerbereich mit Rennsteigläufern <strong>und</strong> Walkern, die sie<br />
mit dem USV <strong>Jena</strong> unternahm <strong>und</strong> ihr jetziges Liebl<strong>in</strong>gsgebiet, die Magnetfeldtherapie,<br />
erwähnt werden. Politisch engagiert sie sich u. a. im Stadtrat <strong>und</strong> wurde 2000 zum<br />
Mitglied des Thür<strong>in</strong>ger Verfassungsgerichtes gewählt. Für die CDU kandidierte sie<br />
sogar e<strong>in</strong> Mal für die Funktion des Oberbürgermeisters. Sie ist Fördermitglied des USV<br />
<strong>und</strong> möchte bis zu ihrem nächsten r<strong>und</strong>en Geburtstag zwei größere Publikationen zur<br />
Magnetfeldtherapie <strong>und</strong> zu ihrer Biografie fertigstellen.<br />
221
Mehr als nur Blumen gibt es für Prof. Dr. Johanna Hübscher heute von ihrem<br />
langjährigen Wegbegleiter Prof. Dr. Werner Riebel.<br />
222
Brühl unterstützte im Besonderen „se<strong>in</strong>en“ W<strong>in</strong>tersport<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 21. Juli 2009 Nr. 144<br />
In der <strong>Geschichte</strong> des Instituts für <strong>Sport</strong>wissenschaft gehörte es bis Anfang der<br />
1990er Jahre dazu, dass sich so gut wie alle Lehrkräfte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Sport</strong>art <strong>und</strong> <strong>in</strong> dem<br />
dazugehörigen Fachverband als Organisatoren <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>funktionäre engagierten.<br />
Das M<strong>in</strong>deste war die Mitgliedschaft <strong>in</strong> der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) dem<br />
heutigen USV, wo sie als Übungsleiter oder <strong>in</strong> den Abteilungsleitungen die Entwicklung<br />
mitbestimmten. E<strong>in</strong>er, der es am „weitesten“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Sport</strong>fachverband gebracht<br />
hat, war Dr. Hubert Brühl. Er war bis zu se<strong>in</strong>em im Alter von 56 Jahren unerwarteten<br />
Tode im Juli 2009 Direktor Breitensport im Deutschen Ski Verband (DSV).<br />
Die Verb<strong>in</strong>dung zum W<strong>in</strong>tersport war an der <strong>Jena</strong>er Universität Tradition. Bereits der<br />
erste 1914 e<strong>in</strong>gestellte hauptamtliche Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer an der Uni, Hermann Eitel,<br />
war aktiver W<strong>in</strong>tersportler. Er war fachlich so kompetent, dass er 1921 zum 1. Lehrwart<br />
des Deutschen Skiverbandes berufen wurde. Damit unterstand ihm die Ausbildung<br />
aller haupt- <strong>und</strong> ehrenamtlichen Skilehrer <strong>und</strong> Kampfrichter <strong>in</strong> Deutschland. Seit<br />
1920 war er im Land Thür<strong>in</strong>gen auch als Kampfrichter sowohl beim Skispr<strong>in</strong>gen, im<br />
alp<strong>in</strong>en Skisport <strong>und</strong> bei Skilangläufen tätig <strong>und</strong> sogar Hauptkampfrichter bei vielen<br />
Meisterschaften <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen Wettkämpfen. Bei den Olympischen W<strong>in</strong>terspielen<br />
1936 wurde er zum „ehrenamtlichen Amtswalter für die Organisation der skisportlichen<br />
Wettbewerbe“ <strong>in</strong> Garmisch-Partenkirchen berufen.<br />
Zu DDR-Zeiten nahm Dr. Lothar Köhler e<strong>in</strong>e ähnlich wichtige Funktion im Deutschen<br />
Skiläuferverband (DSLV) e<strong>in</strong>. Absolvent e<strong>in</strong>es der ersten Matrikel am Institut für<br />
Körpererziehung der Uni <strong>Jena</strong> übernahm er bereits 1954 die Fachschaft Ski <strong>und</strong> damit die<br />
Ausbildung aller <strong>Sport</strong>studenten <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> <strong>in</strong> dieser <strong>Sport</strong>art. Er begründete besonders die<br />
sogenannte „bodenständige“ Skiausbildung der <strong>Sport</strong>lehrer, die davon ausg<strong>in</strong>g, dass<br />
die DDR über ke<strong>in</strong>e günstigen geographischen Bed<strong>in</strong>gungen für den alp<strong>in</strong>en Skisport<br />
verfügte <strong>und</strong> daher vorrangig die nordischen Diszipl<strong>in</strong>en Langlauf <strong>und</strong> Skispr<strong>in</strong>gen<br />
pflegen sollte. Bereits als junger Assistent wurde Köhler Mitglied des Tra<strong>in</strong>errates<br />
Skilanglauf des DSLV, später <strong>in</strong> verschiedenen zentralen Gremien des Verbandes war er<br />
1990 Mitgründer des Thür<strong>in</strong>ger Skiverbandes <strong>und</strong> dessen Vizepräsident.<br />
Bei Lothar Köhler <strong>und</strong> Manfred Thieß erhielt auch Hubert Brühl se<strong>in</strong>e Skiausbildung.<br />
Hubert Brühl (geb. Bechstädt) stammte aus dem Altenburger Land, was nicht gerade<br />
e<strong>in</strong>e W<strong>in</strong>tersporthochburg war <strong>und</strong> ist. In den 1970er Jahren studierte er an der Sektion<br />
<strong>Sport</strong>wissenschaft <strong>und</strong> schloss se<strong>in</strong> Studium als Diplomlehrer für <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Biologie ab.<br />
Se<strong>in</strong>e Spezialfachausbildung absolvierte er im W<strong>in</strong>tersport, wo ihn die Skilehrer Hugo<br />
Weschenfelder <strong>und</strong> Eberhardt Täubert ganz wesentlich mit prägten. Nach dem Studium<br />
wurde er Assistent an der Sektion <strong>Sport</strong>wissenschaft bei Prof. Dr. Willi Schröder,<br />
bei dem er auch promovierte. 1978 übernahm Hubert Brühl die Sektionsleitung der<br />
W<strong>in</strong>tersportler <strong>in</strong> der HSG. Ihm lagen besonders die Wettkampfsportler <strong>in</strong> der HSG am<br />
Herzen. Er übernahm hier die Traditionen von Dr. Manfred Thieß <strong>und</strong> sorgte dafür,<br />
dass <strong>Jena</strong>er Skiläufer besonders bei DDR-Studentenmeisterschaften im Skilanglauf<br />
<strong>und</strong> im „Militärischen W<strong>in</strong>termehrkampf“, dem Vorläufer des Biathlons, immer wieder<br />
Meisterschaftsmedaillen erkämpften. Anfang der 1990er Jahre folgte er dem Ruf des<br />
DSV <strong>und</strong> nahm e<strong>in</strong>e hauptamtliche Tätigkeit <strong>in</strong> München auf. Er stieg rasch bis zur<br />
Funktion des Direktors für Breitensport auf. Se<strong>in</strong> Herz h<strong>in</strong>g sehr an Thür<strong>in</strong>gen <strong>und</strong><br />
223
se<strong>in</strong>er Universität <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>. Im USV war er Fördermitglied <strong>und</strong> als solches unterstützte<br />
er alle Aktivitäten, besonders im W<strong>in</strong>tersport. Es tat ihm immer sehr weh, dass<br />
„se<strong>in</strong>e“ Skiabteilung ähnlich wie die Traditionssportarten Leichtathletik, Handball<br />
<strong>und</strong> Gerätturnen im USV nicht mehr existierten. Daher war er besonders positiv<br />
davon angetan, dass der USV das Nordic Walk<strong>in</strong>g, welches zu se<strong>in</strong>em Arbeitsfeld im<br />
DSV gehört, so <strong>in</strong>tensiv förderte. Se<strong>in</strong>e letzte geme<strong>in</strong>sam mit dem USV organisierte<br />
Veranstaltung waren die Deutschen Hochschulmeisterschaften Ski-nordisch, die im<br />
Januar 2009 <strong>in</strong> Schmiedefeld stattfanden <strong>und</strong> wo er die Patenschaft übernommen<br />
hatte.<br />
224<br />
Dr. Hubert Brühl startete<br />
bei den Deutschen<br />
Hochschulmeisterschaften 2009<br />
<strong>in</strong> Schmiedefeld <strong>in</strong> der Klasse<br />
Altakademiker“ für die <strong>Jena</strong>er<br />
Universität.
E<strong>in</strong>er der besten se<strong>in</strong>es Jahrganges<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 6. April 2010<br />
Der <strong>Sport</strong>wissenschaftler Prof. Dr. Hans-Alexander Thorhauer feierte am 05. April<br />
2010 se<strong>in</strong>en 65. Geburtstag. Er wurde <strong>in</strong> Bleicherode geboren <strong>und</strong> legte 1963 se<strong>in</strong><br />
Abitur an der K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendsportschule <strong>in</strong> Nordhausen ab. In diese Zeit fällt auch<br />
se<strong>in</strong>e aktive Zeit als Geräteturner. Zu se<strong>in</strong>en Übungsleitern gehörte an der <strong>Sport</strong>schule<br />
zeitweilig Rolf Ziegler, bei dem er dann als <strong>Sport</strong>student <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> Turnunterricht hatte.<br />
Ziegler wurde später se<strong>in</strong> Kollege am <strong>Sport</strong>s<strong>in</strong>stitut. Als Turner gelangen Thorhauer<br />
se<strong>in</strong>e größten sportlichen Erfolge im Kreis- <strong>und</strong> Bezirksmaßstab, was ihn bis zur<br />
Teilnahme an DDR-Meisterschaften brachte. Von 1963 – 67 studierte er an der<br />
Friedrich-Schiller-Universität <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> Lehramt <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschichte</strong>. Als e<strong>in</strong>er der<br />
besten Studenten se<strong>in</strong>es Jahrganges bekam er nach erfolgreichem Studienabschluss<br />
e<strong>in</strong>e Aspirantur am Lehrstuhl für <strong>Sport</strong>physiologie des Staatlichen Zentral<strong>in</strong>stituts<br />
für Körperkultur <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> <strong>in</strong> Moskau. 1970 legte er hier se<strong>in</strong>e Promotion zum<br />
Thema „Untersuchungen der Effekivitätsbed<strong>in</strong>gungen der Schnell<strong>in</strong>formation –<br />
über zeitliche Parameter bei Kurzzeitbewegungen“ vor. Mit dieser Themenstellung<br />
wurde er sofort an der Sektion <strong>Sport</strong>wissenschaft der <strong>Jena</strong>er Universität als Assistent<br />
e<strong>in</strong>gestellt, wo damals der Forschungsbereich „Rennschlitten- <strong>und</strong> Bobsport“<br />
profiliert wurde. Bei den Professoren Wolfgang Gutewort <strong>und</strong> später Rilo Pöhlmann<br />
spezialisierte er sich zunehmen auf die tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gswissenschaftliche Forschung. 1980<br />
legte Thorhauer se<strong>in</strong>e Habilitationsschrift zum Thema „Biomechanische Aspekte der<br />
Leistungsstruktur <strong>und</strong> Leistungsdiagnostik im Rennschlittensport“ vor <strong>und</strong> wurde<br />
1985 Hochschuldozent am heutigen Institut für <strong>Sport</strong>wissenschaft der Uni <strong>Jena</strong>.<br />
Von 1980 bis 1990 war er Leiter der Forschungsgruppe Schlittensport. Die politische<br />
Wende <strong>in</strong> der DDR brachten für Thorhauer, wie für alle Mitarbeiter des Instituts für<br />
<strong>Sport</strong>wissenschaft e<strong>in</strong>schneidende Änderungen mit sich. Thorhauer wurde 1991 im<br />
Rahmen e<strong>in</strong>er Mitarbeitervollversammlung zum Institutsdirektor gewählt, was er<br />
bis 1994 blieb. In dieser Zeit mussten nach Reduzierung der bisherigen geförderten<br />
Leistungssportforschung viele Stellen gekürzt werden. In den folgenden Jahren wurden<br />
alle Lehrstühle des Instituts neu besetzt, die Zahl der Mitarbeiter kont<strong>in</strong>uierlich reduziert<br />
<strong>und</strong> vor allem mussten die bisherigen Lehramtsstudiengänge neu konzipiert <strong>und</strong> neue<br />
Studiengänge (Diplom <strong>und</strong> Magister) aufgebaut werden. Das gelang den Mitarbeitern<br />
des Instituts für <strong>Sport</strong>wissenschaft so gut, dass <strong>Jena</strong> zum zweitstärksten <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut<br />
nach Leipzig (ehemalige Deutsche Hochschule für Körperkultur) <strong>in</strong> den neuen Ländern<br />
mit über 1000 <strong>Sport</strong>studenten wurde. In Thorhauers erste Amtszeit als Institutsdirektor<br />
fielen auch umfangreiche Vorbereitungsarbeiten <strong>und</strong> der Beg<strong>in</strong>n der kompletten<br />
denkmalgerechten Sanierung des Institutsgebäudes, auch als Muskelkirche bekannt,<br />
was sich stark auf die Organisation des Lehrbetriebes auswirkte. 1992 erhielt Thorhauer<br />
se<strong>in</strong>e Berufung zum Professor für Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gswissenschaft. Er arbeitete erfolgreich <strong>in</strong> den<br />
Vorständen verschiedenster sportwissenschaftlicher Gremien, so <strong>in</strong> der Deutschen<br />
Vere<strong>in</strong>igung für <strong>Sport</strong>wissenschaft <strong>und</strong> legte e<strong>in</strong>e Vielzahl von Veröffentlichungen,<br />
besonders zur Ausbildung, für den <strong>Sport</strong>unterricht <strong>und</strong> der Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gswissenschaft<br />
vor. <strong>Sport</strong>lich pflegt er heute vor allem den Ausdauerlauf, wo man ihn häufig mit<br />
Studentengruppen <strong>in</strong> den Kernbergen treffen kann. Bis zum Ende des Studienjahres<br />
225
wird er se<strong>in</strong>e Lehrverpflichtungen am Institut für <strong>Sport</strong>wissenschaften wahrnehmen,<br />
um sich dann von se<strong>in</strong>en ehemaligen Mitstreitern, Kollegen <strong>und</strong> Schülern mit e<strong>in</strong>em<br />
kle<strong>in</strong>en Kolloquium zu verabschieden.<br />
226
In neun St<strong>und</strong>en<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 20. April 2010<br />
Zwanzig Männer <strong>und</strong> sieben Frauen starteten am Samstag zum 3. Gesamtdeutschen<br />
Rennsteiglauf <strong>in</strong> Blankenste<strong>in</strong> an der Saale. Hier beg<strong>in</strong>nt bzw. endet der alte<br />
Traditionsweg, der über fast 170km quer durch den Thür<strong>in</strong>ger Wald bis nach Hörschel<br />
bei Eisenach führt. Hier beg<strong>in</strong>nen aber auch jene fast 50km, die seit dem Mauerbau<br />
1961 durch Stacheldraht <strong>und</strong> Todesstreifen e<strong>in</strong>en Teil der deutschen <strong>Geschichte</strong> hautnah<br />
zeigten. Nach der politischen Wende <strong>in</strong> der DDR nahmen die Rennsteigläufer Mitte Mai<br />
1990 dieses Rennsteigstück <strong>in</strong> Augensche<strong>in</strong>. Mit e<strong>in</strong>em Gruppenlauf erk<strong>und</strong>eten sie<br />
Rennsteiggeschichte <strong>und</strong> prüften, ob man diese 50km <strong>in</strong> die Organisation von Europas<br />
größtem Crosslauf e<strong>in</strong>beziehen könne. Dieser Gruppenlauf wurde von den Läufern der<br />
BSG Wismut Gera <strong>und</strong> den Uni-Läufern aus <strong>Jena</strong>, mit Unterstützung des Rennsteiglaufs<br />
organisiert. Aus dieser Idee entstand beim Rennsteiglauf die 50km-Wander- <strong>und</strong> Nordic-<br />
Walk<strong>in</strong>g-Strecke. Zehn Jahre später, 2000, führte der USV <strong>Jena</strong> den Gesamtdeutschen-<br />
Rennsteiglauf zum zweiten Mal durch, damals mit fast 50 Aktiven <strong>und</strong> 2010 startete<br />
die dritte Auflage erfolgreich. Die Teilnehmer kamen aus ganz Deutschland <strong>und</strong> der<br />
Schweiz. Die weiteste Anreise hatten He<strong>in</strong>z-Olaf Müller aus Zürich <strong>und</strong> Karl-He<strong>in</strong>z<br />
Jost aus Kiel. Prom<strong>in</strong>entester Teilnehmer war der Präsident des Rennsteiglaufs Lange<br />
Jürgen mit se<strong>in</strong>er Frau Sab<strong>in</strong>e. Dr. Peter Ullrich aus Gera <strong>und</strong> Matthias Greifenhagen<br />
aus Schlettau haben zum dritten Mal erfolgreich am Gesamtdeutschen Rennsteiglauf<br />
teilgenommen, genauso wie Dr. Hans-Georg Kremer aus <strong>Jena</strong>, der die Laufgruppe<br />
sachk<strong>und</strong>ig über den östlichen Rennsteig führte. Der Organisationsleiter Maik Masuhr<br />
vom USV <strong>Jena</strong> konnte bei der Abschlussveranstaltung, die stilecht im Rennsteiglaufhotel<br />
im Zielort des Rennsteiglaufs Schmiedefeld stattfand, allen 27 Startern e<strong>in</strong>e Urk<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Medaille überreichen, da alle nach genau neun St<strong>und</strong>en Gesamtzeit vor der<br />
GutsMuthshalle <strong>in</strong> Neuhaus ankamen, was von der Neuhäuser Bevölkerung allerd<strong>in</strong>gs<br />
ignoriert wurde. Lediglich der Hallenwart zeigte Präsenz <strong>und</strong> Unterstützung für diesen<br />
besonderen Lauf, der auch e<strong>in</strong> Stück Werbung für den Rennsteiglauf war. Ansonsten<br />
waren am Start <strong>in</strong> Blankenste<strong>in</strong>, <strong>in</strong> Rodacherbrunn, <strong>in</strong> Brennersgrün <strong>und</strong> an der Kalten<br />
Küche bei Spechtsbrunn Rennsteiglauforganisatoren helfend zur Stelle. Am Start waren<br />
sogar die Rennsteigetappenläufer unter Leitung von Ulli Röder erschienen, die am<br />
Vorabend ihren Etappenlauf, der von Hörschel nach Blankenste<strong>in</strong> führte, erfolgreich<br />
beendet hatten. Das Präsidiumsmitglied des Rennsteiglaufvere<strong>in</strong>s Falk Wick aus Tettau<br />
ließ es sich nicht nehmen, gleich an mehreren Verpflegungspunkten Maik Masuhr <strong>und</strong><br />
G<strong>und</strong>a Kremer bei der Ausgabe von Getränken <strong>und</strong> Verpflegung zu helfen. Abzüglich<br />
der Pausenzeit von 93 M<strong>in</strong>uten betrug die re<strong>in</strong>e Laufzeit der Gruppe für die exakt<br />
vermessenen 51km bei 7:27 St<strong>und</strong>en.<br />
227
Glücklich im Ziel: Die 27 Gesamtdeutschen Rennsteigläufer.<br />
228
2010 E<strong>in</strong>e Wette über e<strong>in</strong>e R<strong>und</strong>e<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 3. Januar 2011<br />
Der am 3. Januar 1926 <strong>in</strong> Gera geborene Paul Dern begann se<strong>in</strong>e sportliche Laufbahn<br />
als Segelflieger. Dem Zeitgeist folgend <strong>und</strong> auch zu den militärstrategischen Vorstellungen<br />
des nationalsozialistischen Regimes passend, gehörte es fast zum guten Ton,<br />
dass sportlich <strong>in</strong>teressierte Jugendliche Segelflieger werden wollten. Paul hatte dazu<br />
den Vorteil, dass se<strong>in</strong> Vater nicht nur aktiver Flieger, sondern sogar Fluglehrer war.<br />
Mit 14 Jahren absolvierte Paul se<strong>in</strong>en ersten Start mit e<strong>in</strong>em Gleiter, der mit dem Seil<br />
von se<strong>in</strong>en Kameraden hochgezogen wurde. In se<strong>in</strong>em Flugbuch s<strong>in</strong>d alle Flüge verzeichnet,<br />
auch wenn sie nur 10m weit waren. Mehr als h<strong>und</strong>ert Flüge absolvierte er bis<br />
Ende 1943 vor allem bei Lotschen, Rochlitz <strong>und</strong> Rockau, bis er se<strong>in</strong>en Segelflugzeugführersche<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong> den Händen halten konnte. Nach dem Schulabschluss wurde er gleich<br />
zum Kriegsdienst e<strong>in</strong>gezogen, hatte aber Glück, dass er nur bei den Bodentruppen der<br />
Luftwaffe dienen musste, was se<strong>in</strong>e Überlebenschancen deutlich erhöhte. Nach e<strong>in</strong>er<br />
schweren Verw<strong>und</strong>ung kam er über mehrere Lazarette zurück nach Gera, wo er das<br />
Kriegsende erlebte. Im Herbst 1945 ließ er sich an e<strong>in</strong>em Lehrerbildungs<strong>in</strong>stitut <strong>in</strong> Gera<br />
zum Neulehrer ausbilden. Hier gab es die ersten engeren Kontakte zu Georg Buschner,<br />
dem späteren legendären Fußballtra<strong>in</strong>er des FC Carl Zeiss <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> der Nationalmannschaft<br />
der DDR, der ebenfalls aus Gera stammte. Diese persönliche, berufliche <strong>und</strong><br />
sportliche Verb<strong>in</strong>dung blieb bis zum Tode von Buschner, der später auch Wohnnachbar<br />
Derns war, erhalten. <strong>Sport</strong>lich kam Dern <strong>in</strong> dieser Zeit zur Handballmannschaft<br />
von Gera-Untermhaus, die zu den führenden Mannschaften <strong>in</strong> Ostthür<strong>in</strong>gen zählte.<br />
E<strong>in</strong>e Wette im jugendlichen Leichts<strong>in</strong>n brachte ihn zur Leichtathletik. Er hatte beim<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g der Handballer, die damals üblicherweise ihre <strong>Sport</strong>art nur im Freien meist<br />
auf Fußballplätzen durchführten, gewettet, dass er die 400m lange <strong>Sport</strong>platzr<strong>und</strong>e <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Zeit unter 60 Sek<strong>und</strong>en schaffen würde. Ohne spezielles Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g schaffte er es<br />
tatsächlich <strong>in</strong> 59 Sek<strong>und</strong>en. Als er diese relativ gute Zeit auch Tage später mehrmals<br />
wiederholte, wurde e<strong>in</strong> Leichtathletiktra<strong>in</strong>er auf ihn aufmerksam, der ihn an Thür<strong>in</strong>gens<br />
Mittelstreckentra<strong>in</strong>er, Ewald Mertens, vermittelte. Mit speziellen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsplänen<br />
ausgestattet verbesserte Dern kont<strong>in</strong>uierliche se<strong>in</strong>e Laufergebnisse, blieb se<strong>in</strong>er<br />
Handballmannschaft aber weiter treu. Die Untermhäuser Handballer waren Ende der<br />
1940er Jahre e<strong>in</strong>e Spitzenmannschaft <strong>und</strong> standen 1949 gegen Magdeburg sogar im<br />
Endspiel um den Ostzonenmeistertitel. Dieses Spiel verloren sie aber mit 7:15. Paul<br />
Dern arbeitete nach Abschluss des zehnmonatigen Neulehrerstudiums dann sofort als<br />
Lehrer an der Ostschule <strong>in</strong> Gera. Georg Buschner, der <strong>in</strong>zwischen an der <strong>Jena</strong>er Uni<br />
an der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät e<strong>in</strong>e Ausbildung als Führungskader erhielt,<br />
<strong>in</strong>formierte Dern 1949 über die Eröffnung e<strong>in</strong>es Studienganges für <strong>Sport</strong>lehrer.<br />
Buschners E<strong>in</strong>fluss als Vorsitzender des Uni-Studentenrats sorgte dafür, dass Dern sofort<br />
e<strong>in</strong>en Studienplatz im ersten Matrikel am der <strong>Sport</strong>lehrerausbildung bekam. Nach<br />
Studienabschluss wurde Dern sofort Assistent Institut für Körpererziehung, wo Buschner<br />
rechte Hand der Direktor<strong>in</strong> war. <strong>Sport</strong>lich war Dern <strong>in</strong>zwischen ganz bei der Leichtathletik<br />
gelandet <strong>und</strong> Spitzenmittelstreckler des frühen DDR-<strong>Sport</strong> geworden. Mehrere<br />
DDR-Meistertitel für die BSG Motor Carl Zeiss <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> Studentenmeistertitel für die<br />
<strong>Jena</strong>er Uni gehen auf se<strong>in</strong> Konto. Lange Zeit hielt er den Stadionrekord über 1000m<br />
mit 2.30,8 M<strong>in</strong>uten. Se<strong>in</strong>e schnellen Starts sicherten ihm regelmäßig den E<strong>in</strong>satz als<br />
229
Startläufer bei Staffeln über 400 <strong>und</strong> 1000m. Beruflich blieb er nach dem Studium bis<br />
zur Pensionierung am <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stitut der Uni als Lektor tätig. Über se<strong>in</strong>e Verdienste als<br />
Tra<strong>in</strong>erassistent bei Buschner <strong>und</strong> Organisationstalent beim FC Carl Zeiss wurde schon<br />
viel geschrieben. Heute tritt se<strong>in</strong> Sohn Uwe hier <strong>in</strong> die Fußstapfen des Vaters, <strong>und</strong> Pauls<br />
sportliche Liebe gilt immer noch <strong><strong>Jena</strong>s</strong> Fußballern <strong>und</strong> den Uni-<strong>Sport</strong>lern.<br />
Dr. Paul Dern mit se<strong>in</strong>er Frau Gertje <strong>in</strong> den 1970er Jahren.<br />
230
Dank an alle, die Fotos für das USV-Fotoarchiv zur Verfügung stellten.<br />
Bisher konnten namentlich erfasst werden:<br />
Andrea Altmann, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Horst Baacke, S<strong>und</strong>ern<br />
Marlene Bähr<strong>in</strong>g, Neuhaus<br />
Marianne Bernste<strong>in</strong>, Dresden<br />
Gisela Bonatz, Wernigerode<br />
Dr. Kar<strong>in</strong> Berkes, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Erich Blum, Dresden<br />
Frau Blumenste<strong>in</strong>, <strong>Jena</strong><br />
Ingeborg Braune, <strong>Jena</strong><br />
Klaus Brendel, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Hubert Brühl, Gilch<strong>in</strong>g<br />
Dr. Oskar Brunken, Cloppenburg<br />
Helga Burghoff, Apolda<br />
Manfred Danker, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Paul Dern, <strong>Jena</strong><br />
Gerje Dern, <strong>Jena</strong><br />
Ruth Dorsch, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Manfred Dressler, <strong>Jena</strong><br />
Wolfgang Dröse, Erfurt<br />
Ingried Driefer, Weimar<br />
Helga Dumke, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Beate Eckart, <strong>Jena</strong><br />
Marianne Fichtner, Witzschendorf<br />
Ingo Fiedler, <strong>Jena</strong><br />
Luise F<strong>in</strong>ke, Hannover<br />
Inge Fischer, Neustadt<br />
Hugo Forkel, Suhl<br />
Barbara Friedrich, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Peter Fuchs, <strong>Jena</strong><br />
Hildegard Franke, <strong>Jena</strong><br />
Siegrid Gablick, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Marlies Goldammer, Müchenroda<br />
Karl Geisbe, Soest<br />
Dr. Sigurd Griefan, Freilass<strong>in</strong>g<br />
Werner Gröbe, Weimar<br />
Prof. Dr. Wolfgang Gutewort, <strong>Jena</strong><br />
Feo Gutewort, <strong>Jena</strong><br />
Elisabeth Gutschera, Gotha<br />
Dr. Peter Große, <strong>Jena</strong><br />
Kurt Grübner, <strong>Jena</strong><br />
Isolde Grün, Wogau<br />
Gudrun Gründler, Erfurt<br />
Kerst<strong>in</strong> Händel, Schöngle<strong>in</strong>a<br />
Juliane Haase, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Erich Hasenöhrl, <strong>Jena</strong><br />
He<strong>in</strong>z Hamberger, Heilbronn<br />
Frau Hellmann, Stadtmuseum, <strong>Jena</strong><br />
Frau Hentschel, Universitäts-<strong>Bild</strong>stelle, <strong>Jena</strong><br />
Waltraut Herger, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Wolfgang Herscher, Leipzig<br />
Dr. Jürgen Herold, Wutha-Farnroda<br />
Antje Höchel, Müllrose<br />
Werner Hoffmann<br />
Hans Hottenrott, <strong>Jena</strong><br />
Prof. Dr. Johanna Hübscher, <strong>Jena</strong><br />
Prof. Dr. Junghähnel, Potsdam<br />
Dr. Bet<strong>in</strong>a Justus<br />
Dr. Lothar Köhler, Coburg<br />
Prof. Dr. Klaus Keil, Hawaii<br />
Ruth Knuth, Taucha<br />
Dr. Herbert Koch, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Hans-Georg Kremer, <strong>Jena</strong><br />
Werner Kühnert, <strong>Jena</strong><br />
Herr Krieg, Erfurt<br />
Wolfgang Lecht, <strong>Jena</strong><br />
Prof. Dr. Erich Leitel, <strong>Jena</strong><br />
Frau Licht, Frankfurt<br />
Simone L<strong>in</strong>s, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Jana Leidenfrost, Waibl<strong>in</strong>gen<br />
Dr. Jörg Lölke, <strong>Jena</strong><br />
Silke Lölke, <strong>Jena</strong><br />
Maik Masuhr, Gera<br />
Dr. Me<strong>in</strong>l, Isserstedt<br />
Prof. Dr. Siegfried Melchert, Potsdam<br />
Dr. Wolfgang Möhr<strong>in</strong>g, Hachenburg<br />
Helga Mothes, Schwer<strong>in</strong><br />
M<strong>in</strong>na Mühlfeld, Groß-Bieberau<br />
Rudolph Müller, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Erw<strong>in</strong> Obermeier, Eut<strong>in</strong><br />
Hanna Peters, Kahla<br />
Harry Pippardt, <strong>Jena</strong><br />
He<strong>in</strong>z Plotzki, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Gerhard, Rauschenbach, <strong>Jena</strong><br />
Hedwig Rentzsch, <strong>Jena</strong><br />
Prof. Dr. Werner Riebel, <strong>Jena</strong><br />
Inge Riebel, <strong>Jena</strong><br />
231
Gerhardt Rötzschke, <strong>Jena</strong><br />
Willi Rössel, Erfurt<br />
Manfred Rosemann, <strong>Jena</strong><br />
Ursula Rossner, Bad Sulza<br />
Felix Rübsam, <strong>Jena</strong><br />
Günter Scharf, <strong>Jena</strong><br />
Andreas Schäfer, Hohwald<br />
Günther Scheibe, Tanna<br />
Dr. Schlensog, <strong>Jena</strong><br />
Dr. Eberhard Schlonski, Rostock<br />
Friedrich Schmiedl, Gotha<br />
Dr. Rolf Schoder, <strong>Jena</strong><br />
Mart<strong>in</strong> Scholz, Bad Blankenburg<br />
Ferd<strong>in</strong>and Schrön, Menterode<br />
Prof. Dr. Willi Schröder, <strong>Jena</strong><br />
Harald Seime, Vierzehnheiligen<br />
Elisabeth Ste<strong>in</strong>bach, <strong>Jena</strong><br />
Hansjörg Strobel, Briselang<br />
Dr. Helmut Stürmer, <strong>Jena</strong><br />
Dr. S<strong>und</strong>erdick<br />
Frau Täubert, Reudnitz<br />
Dr. Jürgen Teubner, Talbürgel<br />
Wilhelm Tell, <strong>Jena</strong><br />
Manfred Tettweiler, <strong>Jena</strong><br />
232<br />
Harry Themel, Dresden<br />
Prof. Dr. Manfred Thieß, Gernewitz<br />
Dr. Wolfgang Timpel, Erfurt<br />
Dr. Dieter Töpfer, Lauscha<br />
Jutta Trübner, <strong>Jena</strong><br />
Ingrid Unangst, <strong>Jena</strong><br />
Harro Voss, Ludwigshafen<br />
Re<strong>in</strong>hard Voss, <strong>Jena</strong><br />
Barb Wanke, <strong>Jena</strong><br />
Siegfriede Weber-Dempe, Weimar<br />
Dr. Hans-Georg Weckel, <strong>Jena</strong><br />
Helga Weckel<br />
Alfred Wehner, <strong>Jena</strong><br />
Re<strong>in</strong>hold Weider, <strong>Jena</strong><br />
Kurt Wegener, Reichenwald<br />
Annemarie Weigt, Kirch Jesar<br />
Hans-Jürgen Wolf, <strong>Jena</strong><br />
Wolf-Dieter Wolfram, Weimar<br />
Volker Wendrich, Hannover<br />
Jens Wötzel, Goslar<br />
Herr Wurzler, <strong>Jena</strong><br />
Georg Zange, Döbern<br />
Hartwig Zörner, Lebus
In eigener Sache<br />
Mit dem zweiten Bändchen der Artikelserie <strong>in</strong> der Thür<strong>in</strong>gischen Landeszeitung unter<br />
der Überschrift „<strong><strong>Jena</strong>s</strong> <strong><strong>Sport</strong>historie</strong> <strong>in</strong> <strong>Wort</strong> <strong>und</strong> <strong>Bild</strong>“ kommen wir dem vielfachen<br />
Wunsch nach, die Beiträge noch mal zusammengefasst zu drucken. Besonders<br />
ehemalige <strong>Sport</strong>ler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>ler, die heute nicht mehr <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> leben <strong>und</strong> daher<br />
die Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung lesen können, haben damit die Möglichkeit noch mal<br />
alles „am Stück“ zu studieren.<br />
Nachfolgende Zeilen sollen auch dazu dienen, die Methodik der Zusammenstellung der<br />
Beiträge kurz zu erläutern. Bevor ich dies mache, möchte ich aber e<strong>in</strong>e Danksagung<br />
vorausschicken.<br />
E<strong>in</strong> Dank geht erst mal an die Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung, <strong>in</strong>sbesondere me<strong>in</strong>em<br />
journalistischen Coautor, Michael Ulbrich, die für e<strong>in</strong>e solche spezielle Artikelserie ihre<br />
Seiten geöffnet hat.<br />
Zweiter Dank an alle, die durch Bereitstellung von Fotos <strong>und</strong> als Zeitzeugen oder als<br />
Betroffene mit Material <strong>und</strong> Gesprächen diese Serie überhaupt erst ermöglicht haben.<br />
E<strong>in</strong> drittes <strong>und</strong> deshalb nicht weniger wertvolles Dankeschön an Dr. Paul Dern <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e<br />
Frau Gertje, die nicht nur durch Bereitstellung von Fotos <strong>und</strong> Fakten e<strong>in</strong>ige Beiträge<br />
angeregt haben, sondern vor allem, weil sie durch e<strong>in</strong>e sehr großzügige Spende die<br />
Drucklegung ganz wesentlich unterstützten.<br />
Als viertes soll auch e<strong>in</strong> Dank an me<strong>in</strong>e Frau G<strong>und</strong>a <strong>und</strong> me<strong>in</strong>e Tochter Birgit gehen,<br />
die beide <strong>in</strong> vielen St<strong>und</strong>en mit Korrekturlesen <strong>und</strong> Gestaltung ganz wesentlich dazu<br />
beigetragen haben, dass auch der zweite Band wieder <strong>in</strong> guter Qualität möglich wurde.<br />
Bei me<strong>in</strong>er Frau muss ich auch danke sagen, dass sie mich viele St<strong>und</strong>en entbehrt hat,<br />
die ich beim Sammeln <strong>und</strong> Schreiben verbracht habe, um die Artikel zu erstellen.<br />
In e<strong>in</strong>er Zeit wo man auf wissenschaftliche Arbeit bei Veröffentlichungen zunehmend<br />
Wert legt, muss ich noch anfügen, dass es sich hier um den Abdruck von Zeitungsartikeln<br />
handelt, wo die Quellenangaben nicht üblich s<strong>in</strong>d. Im E<strong>in</strong>zelfall habe ich wichtige<br />
Quellen direkt benannt. Ansonsten gibt es e<strong>in</strong>e ausführliche Datenbank, wo die<br />
Quellen der e<strong>in</strong>zelnen Beiträge nachvollzogen werden können. Dies wäre sicher e<strong>in</strong>e<br />
dankenswerte Arbeit für me<strong>in</strong>en „Ruhestand“, sofern ich dann noch Zeit für so was<br />
habe.<br />
233
Nachfolgend e<strong>in</strong>ige Anmerkungen zur Artikelserie <strong>in</strong>sgesamt:<br />
Seit dem 14. Dezember 2005 ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> der Thür<strong>in</strong>gischen Landeszeitung fast jede<br />
Woche e<strong>in</strong> Artikel unter der Überschrift „<strong><strong>Jena</strong>s</strong> <strong><strong>Sport</strong>historie</strong> <strong>in</strong> <strong>Wort</strong> <strong>und</strong> <strong>Bild</strong>“. Zum<br />
Redaktionsschluss s<strong>in</strong>d wir bei Nr. 240 angelangt. Entstanden ist die Idee zusammen<br />
mit dem damaligen Geschichtsstudent <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>journalisten Michael Ulbrich nach<br />
Sichtung von Material im Fotoarchiv des Universitätssportvere<strong>in</strong>s <strong>Jena</strong> e. V. (USV<br />
<strong>Jena</strong>). Die Ursprünge des Archivs gehen auf Manfred Danker, bis Anfang der 1990er<br />
Jahre <strong>Sport</strong>lehrer im Studentensport <strong>und</strong> dienstlich für das Archiv zuständig, zurück.<br />
Leider war das Archiv weder aufgearbeitet noch systematisch aufgebaut <strong>und</strong> es<br />
fehlten viele wichtige Fotos <strong>und</strong> Dokumente. Im Jahr 1998, als die Vorbereitungen<br />
auf den 50. Geburtstag des USV begannen, wurde e<strong>in</strong> neuer Anfang gemacht. Bisher<br />
unsortiertes Fotomaterial des Vere<strong>in</strong>sarchivs, Material aus den Negativsammlungen<br />
des Instituts für <strong>Sport</strong>wissenschaft, der <strong>Bild</strong>stelle der Universität, dem Universitäts-<br />
<strong>und</strong> dem Stadtarchiv legten die Gr<strong>und</strong>lage zu e<strong>in</strong>er Fotosammlung, die heute über<br />
40.000 digitalisierte Fotos umfasst. Die meisten Fotos stammen aber aus privaten<br />
Fotoalben oder Beständen von Absolventen des <strong>Sport</strong><strong>in</strong>stituts <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Vorläufer,<br />
von ehemaligen Lehrkräften <strong>und</strong> Mitgliedern der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft Uni<br />
<strong>Jena</strong> (HSG Uni) bzw. des USV <strong>Jena</strong>. Seit 1999 versuche ich, dieses Material durch<br />
Publikationen der Öffentlichkeit zu erschließen. E<strong>in</strong>ige Veröffentlichungen, besonders<br />
<strong>in</strong> der Zeitschrift „<strong>Jena</strong>er Beiträge zum <strong>Sport</strong>“ sorgten dafür, dass die <strong>Geschichte</strong> des<br />
<strong>Sport</strong>s an der Universität auch durch <strong>Bild</strong>er fassbar wurde. In fast allen Büchern der<br />
letzten Zeit, die zur <strong>Geschichte</strong> der Universität erschienen s<strong>in</strong>d, angefangen bei „Macht<br />
<strong>und</strong> Milieu“ 2000, „Kämpferische Wissenschaft“ 2003, die zwei Bände „Hochschule<br />
im Sozialismus“ 2007 bis zu „Tradition, Brüche, Wandlungen 2009 f<strong>in</strong>den sich Foto-<br />
Belege aus dem USV Fotoarchiv.<br />
E<strong>in</strong> erster umfassender Versuch, die Universitätssportgeschichte durchgängig an Hand<br />
von <strong>Bild</strong>ern zu belegen, war das Buch „Zur <strong>Geschichte</strong> des <strong>Sport</strong>s an der Universität<br />
<strong>Jena</strong>“ 2002. Alle Publikationen haben aber nur e<strong>in</strong>en Bruchteil des Fotobestandes<br />
zeigen können. Zudem war es außer e<strong>in</strong>er <strong>Bild</strong>unterschrift meist nicht möglich, das<br />
<strong>Bild</strong>material im Kontext zur <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Ereignisgeschichte zu br<strong>in</strong>gen. Diese Lücke wurde<br />
mit der Artikelserie <strong>in</strong> der Thür<strong>in</strong>gischen Landeszeitung jetzt teilweise geschlossen. Hier<br />
besteht die Möglichkeit, sowohl das dargestellte Ereignis bzw. die Personen auf dem<br />
Foto ausführlicher zu beschreiben, Zusammenhänge zur <strong>Sport</strong>geschichte <strong><strong>Jena</strong>s</strong>, bzw.<br />
der <strong>Sport</strong>geschichte <strong>in</strong>sgesamt, zur Stadtgeschichte <strong>und</strong> zur Universitätsgeschichte<br />
herzustellen.<br />
234
In der vorliegenden Zusammenstellung wurde wie beim ersten Bändchen die Ver-<br />
öffentlichungschronologie aufgehoben. Diese resultierte im Wesentlichen aus drei<br />
Aspekten:<br />
1. Aktuelle Bezüge von Fotos zu bestimmten Ereignissen im <strong>Jena</strong>er oder<br />
Thür<strong>in</strong>ger <strong>Sport</strong>, wie Jubiläen, die Organisation von Meisterschaften, das<br />
Aufblühen oder auch der „Untergang“ e<strong>in</strong>zelner <strong>Sport</strong>arten usw.<br />
2. Bezüge zu herausragenden Persönlichkeiten des <strong>Jena</strong>er <strong>Sport</strong>s, wie r<strong>und</strong>e<br />
Geburtstage, Nachrufe oder über die regionale <strong>Sport</strong>geschichte h<strong>in</strong>aus<br />
reichende Aspekte, die den imag<strong>in</strong>ären Titel e<strong>in</strong>er „<strong>Sport</strong>stadt“ <strong>Jena</strong> für die<br />
Vergangenheit belegen.<br />
3. Eher zufällige F<strong>und</strong>e von Fotomaterial, auf welchen nach heutigem Forschungs-<br />
stand entsprechende belegbare <strong>Geschichte</strong>n erzählbar s<strong>in</strong>d.<br />
In diesen beiden Publikation wurde versucht e<strong>in</strong>e chronologische Reihenfolge der<br />
abgebildeten Fotos herzustellen, um damit vor allen denjenigen, die die Artikelserie<br />
<strong>in</strong> der Thür<strong>in</strong>gischen Landeszeitung noch nicht verfolgen konnten, das erschlossene<br />
Material als e<strong>in</strong>e Art Sachbuch mit vielen <strong>Sport</strong>geschichten zur Verfügung zu stellen.<br />
Dabei kommt es allerd<strong>in</strong>gs vor, dass zu Fotos aus gleichen Zeiträumen <strong>in</strong> den<br />
e<strong>in</strong>leitenden Bemerkungen Wiederholungen vorkommen können.<br />
Zum Schluss e<strong>in</strong> Dank an alle Mitglieder des Förderkreises Universitätssport, die mit<br />
ihrem Mitgliedsbeiträgen <strong>und</strong> Spenden e<strong>in</strong>en wichtigen Anteil an der Vorf<strong>in</strong>anzierung<br />
geleistet haben. In Zukunft wollen wir auch die Stiftung <strong>Jena</strong>er Universitätssport mit<br />
e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den. Sollte es gel<strong>in</strong>gen außer den Herstellungskosten, die nur aus der Gestaltung<br />
<strong>und</strong> dem Druck entstehen, da ich auf jede Honorierung me<strong>in</strong>er Arbeit zu Gunsten<br />
der Sache verzichtet habe, durch Verkauf e<strong>in</strong>en Überschuss zu erwirtschaften, dann<br />
werden wir dies <strong>in</strong> die Stiftung e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen.<br />
Dr. Hans-Georg Kremer<br />
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Antrag auf Mitgliedschaft<br />
im USV <strong>Jena</strong> e.V. - Förderkreis<br />
USV <strong>Jena</strong> e.V.<br />
Oberaue 1<br />
07745 <strong>Jena</strong><br />
Name, Vorname:<br />
Geburtsdatum:<br />
Anschrift:<br />
Absolventenjahrgang:<br />
Beruf / Tätigkeit:<br />
Telefon (p./d.):<br />
E-Mail:<br />
bei Absolventen das Abschlußjahr:<br />
Die e<strong>in</strong>malige Aufnahmegebühr beträgt 10,00 Euro. Die Zahlung des<br />
Mitgliedsbeitrages erfolgt durch Abbuchung vom Konto des Antragstellers.<br />
Ich zahle den M<strong>in</strong>destbetrag von jährlich 40,00 Euro.<br />
Ich zahle e<strong>in</strong>en jährlichen Förderbetrag von Euro.<br />
Kontonummer:<br />
BLZ.:<br />
Kredit<strong>in</strong>stitut:<br />
Konto<strong>in</strong>haber:<br />
(wenn abweichend vom Antragsteller)<br />
Mit me<strong>in</strong>er Unterschrift erkenne ich die Satzung des Vere<strong>in</strong>s <strong>und</strong> die Beitragsordnung<br />
an. Bei Abbuchung me<strong>in</strong>es Mitgliedsbeitrages ermächtige ich den USV <strong>Jena</strong> e.V., bis auf<br />
Widerruf (Abmeldung), den von mir zu entrichtenden Betrag zum Fälligkeitsterm<strong>in</strong> zu<br />
Lasten me<strong>in</strong>es Kontos durch Lastschrift e<strong>in</strong>zuziehen. Wenn me<strong>in</strong> Konto die erforderliche<br />
Deckung nicht aufweist, besteht seitens des kontoführenden Instituts ke<strong>in</strong>e Verpflichtung<br />
zur E<strong>in</strong>lösung. Teile<strong>in</strong>lösungen s<strong>in</strong>d im Lastschrifverkehr nicht möglich.<br />
(H<strong>in</strong>weis laut Datenschutzgesetz: Ihre Daten werden masch<strong>in</strong>ell gespeichert!)<br />
Datum, Ort: Unterschrift: