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Ukraine1.950.000 tIran880.000 t (Rüben:75%/Rohr: 25 %)Machtfaktor derherrschenden SchichtFürstenhöfe setzten Zucker sogar alsZahlungsmittel ein. Im Verl<strong>auf</strong> solcherTransaktionen entstanden parallelzu den Handelshäusern die Banken.Zucker wurde immer mehr zumMachtfaktor. Sein Besitz und Konsumwaren mit der herrschenden Schichtverknüpft. Sie verliehen sozialenStatus, Prestige, Geld und K<strong>auf</strong>kraft,Waffen und Macht. Der gewöhnlicheBürger hatte vom Zucker nurVorstellungen und Träume. Für dieReichen und Mächtigen dagegenwar Zucker ein Gewürz wie Pfefferoder Muskat, mit dem sie die eintönigeKost belebten und die Zersetzungüberlang <strong>auf</strong>bewahrtenFleisches und überfälligen Fischesgeschmacklich überdeckten.Königliche Verabschiedung vonColumbus zur ersten Amerika-Reise am 3. August 1492Christoph Columbusals Wegbereiter desAgrobusinessDie Route von Madeira nach Genuakannte Christoph Columbus wieseine Kajüte. Verheiratet mit einerFrau aus Madeira, war er mit demRohranbau und der Zuckergewinnungwohl vertraut. Kein Zufall also,dass er 1493 <strong>auf</strong> seiner zweitenAmerikareise Zuckerrohrstecklingemit an Bord nahm. Die Folge war,dass <strong>auf</strong> San Domingo (heute Haitiund Dominikanische Republik) zumersten Mal jenseits des AtlantiksZuckerrohr angebaut wurde.Columbus legte damit den Grundsteinfür eine Industrie, die jahrhundertelangdie wirtschaftliche undpolitische Entwicklung der NeuenWelt bestimmte.Im feuchtwarmen Klima der Karibikgedieh die Tropenpflanze besser, alsin der Alten Welt. Die Erobererverpflanzten das Rohr nach Kuba,Mexiko, Jamaika, Puerto Rico,Guadeloupe, Barbados, Guayanaund Brasilien – und waren damit dieWegbereiter der ersten Industrialisierung,des Agrobusiness.Während man in Europa – mitAusnahme des Schiffbaus – noch inManufakturen arbeitete, entstandenin <strong>Mit</strong>tel- und Südamerika die erstenGroßunternehmen und die erstenFabriken. Hunderte Menschen musstenkoordiniert arbeiten und Anbauund Ernte wegen der Verderblichkeitder Pflanzen zeitlich abgestimmtwerden. Mindestens sieben Fabrikgebäudebrauchte jede Plantage:Mühle, Zuckersiederei, Reinigungskammer,Trockenkammer, Lagerhaus,Brennerei (um Rum herzustellen)und Labor.Neben Spanien, Portugal, Frankreich,Holland und England beteiligtensich auch Schweden und Dänemarkan dem neuenWirtschaftsboom. Er stimulierte dieWeltwirtschaft ähnlich wie später dasErdöl, wobei die Nutznießer sichnicht immer gentlemanlike verhielten:Bis England in eigenen KolonienZucker erzeugen konnte, stahl es ihnanderswo. So berichtet 1591 ein spanischerKundschafter: „Die vonEngländern in Westindien geraubteZuckermenge ist so groß, dass derZucker in London billiger zu habenist als in Lissabon oder <strong>auf</strong> den Inselnselbst.“ Zwei Jahrhunderte langfochten die Europäer jede wichtigeSeeschlacht um Zucker aus.Apothekerzucker: Wunderdrogeund AllheilmittelIn Europa galt das exotische Importgutzunächst als Wunderdroge undAllheilmittel; „Apothekerzucker“(Saccarum officinarum) ist denn auchdie wissenschaftliche, botanischeBezeichnung für Zuckerrohr. Mannahm Zuckerpulver für die Augen,Zuckerrauch gegen Schnupfen,Zuckermehl zur Wundheilung.Gegen Husten, Heiserkeit undAtembeschwerden, bei Ohrensausen,Wassersucht und Wechselfiebersollte Zucker helfen. Und im späten18. Jahrhundert empfahl derenglische Arzt Dr. Frederick SlareZucker sogar als Zahnputzmittel.Königlicher Luxus für denBürgerBald wurde aus einem Luxus derKönige der königliche Luxus derBürger. Könige und Erzbischöfe hattenbei Festessen riesige Zuckerburgenund Ritter aus Zucker alsSymbol von Macht und Reichtum zurSchau gestellt. Die neue Kundschaftder Zuckerbäcker begnügte sich mitZierrat aus Zucker, den man Jahrfür Jahr wieder verwenden konnte:kleine chinesische Tempel, arkadischeSchäfer, wilde Tiere und neckischeGestalten aus der Mythologie.Seinen Rang als Machtsymbol verlorder Zucker, als er billiger wurde undreichlicher rieselte. Im 18. Jahrhundertverteilte der britische StaatSüßigkeiten in Armenhäusern. UndZucker wurde rasch zum wichtigstenBestandteil im Speiseplan des frühenindustriellen Proletariats, gleichsamals „Opium“, als Seelentröster, derden grauen Alltag versüßte und zudemschnell die notwendigen Kalorienlieferte: Zunächst als Beigabe zumbitteren Kaffee und bitteren Tee,dann in Süßspeisen und vor allem inder Marmelade.Bald dominierte die Süße in der europäischenGeschmacksskala. Schnelleingenommene Kaffee- und Teemahlzeitenseit dem 18. Jahrhundertund die im 19. Jahrhundert <strong>auf</strong>kommendeMarmeladenschnitte verändertendie tägliche Mahlzeitenordnung.Der Zucker bahnte somit demFastfood, dem Schnellimbiss der Gegenwart,und der Industrialisierungder Ernährung den Weg. Inzwischenhat sich der Zuckerverbrauch in allenIndustrienationen weiter erhöht.Mehr als die Hälfte aller industriellhergestellten Nahrungsmittel enthaltenheute Zucker, ob sie süßschmecken oder nicht. Dekor, Gewürz,Medizin, später Süßstoff undKonservierungsstoff – diese Nutzungsartenmarkieren die Stationen eineskulturgeschichtlichen Prozesses mitumwälzenden sozialen und ökonomischenFolgen.Der Weg der ZuckerrübeZuckerrohr diente schon seit Urzeitenals Zuckerlieferant. Warum kam danndie Zuckerrübe ins Spiel? Die ersteErwähnung der als Beta bekanntenPflanzengattung (Familie der Gänsefußgewächse)stammt aus der griechischenLiteratur um 420 v. Chr. Dortist sie als ‚vielseitige Gartenpflanze'beschrieben, und es werden dunkleund helle Varianten erwähnt. DerAnbau von Zuckerrüben verbreitetesich allmählich über Frankreich undSpanien, oftmals durch Klöster aberauch durch Kleinbauern. Im fünfzehntenJahrhundert wurden in ganzEuropa Zuckerrüben angebaut.Ursprünglich wurde die Rübe wegenihrer Blätter angebaut, die wahrscheinlichals Spinat jener Zeit dienten.Später wurde die Wurzel zumbeliebten Gemüse, vor allem die roteSorte, besser bekannt als Rote Beete.Im Jahre 1600 berichtete der französischeAgronom Olivier de Sererres‚dass dieses Lebensmittel einenzuckerähnlichen Sirup liefert, wennman es kocht. Doch zu dieser ZeitUSA7.530.000 t (Rüben:54 %/Rohr: 46 %)Mexico4.990.000 tGuatemala1.179.000 tKolumbien2.350.000 tPeru680.000 tChile505.000 tKuba3.200.000 tVenezuela600.000 tBrasilien22.750.000 tArgentinien1.550.000 tachtete noch niemand <strong>auf</strong> das, wasden Wurzeln ihre Süße verlieh.Süße EntdeckungDer erste Meilenstein in der Geschichtedes europäischen Zuckersist die Entdeckung des deutschenWissenschaftlers Andreas Marggraf.Im Jahre 1747 fand er heraus, dassdie süß schmeckenden, aus Rübensaftgewonnenen Kristalle diegleichen waren wie die aus Zuckerrohr.Sein Schüler Franz CarlEU17.826.000 tÄgypten1.195.000 t (Rüben:21%/Rohr: 79 %)Zuckerproduktion aus Rübe und Rohr, 2002> 4.000.000 t Zucker aus Rohr> 100.000 t Zucker aus RohrNapoleon war vonZuckerhüten beeindrucktAchard baute 1801 in Cunern inUnterschlesien die erste Rübenzuckerfabrikder Welt.Napoleon probiertRübenzuckerTrotz der Entdeckung Marggrafswar Zuckerrohr noch immer dieHauptquelle für Zucker im frühenneunzehnten Jahrhundert. Erst dieBlockade der französischenPolen2.000.000 tSüdafrika2.785.000 t> 4.000.000 t Zucker aus Rüben> 100.000 t Zucker aus RübenTürkei2.330.000 tSudan630.000 tSimbabwe584.000 tPakistan3.778.000 tKenia500.000 tSwasiland520.000 tHandelswege während der napoleonischenKriege gab der Zuckerrübeden nötigen Auftrieb.Bereits 1806 war Zuckerrohr ausden Regalen europäischer Geschäfteso gut wie verschwunden. 1811schenkten zwei WissenschaftlerNapoleon zwei aus Zuckerrübenhergestellte Zuckerhüte. Napoleonwar so beeindruckt, dass er denAnbau von 32 000 Hektar Zuckerrübenveranlasste und Hilfestellungbei der Gründung von Fabriken leistete.In Deutschland entstanden 200,in Frankreich 150 Zuckerfabriken.In der <strong>Mit</strong>te des 19. Jahrhundertsbreitete sich die Rübenzuckerherstellungweiter aus – über Österreich-Ungarn bis Polen und Russland.Der Aufschwung der europäischenZuckerindustrie war das erste Beispiel,in dem der Einsatz modernertechnischer Methoden den Marktfür ein wichtiges tropisches Erzeugnisernsthaft unterhöhlte. Heutzutagestammen fast 90 Prozent des inEuropa konsumierten Zuckers ausheimischem Anbau, eine Leistung,die noch vor zweihundert Jahrenundenkbar gewesen wäre.Chemischer Süßstoff <strong>auf</strong>dem VormarschInzwischen ist ein Konkurrenzkampfzwischen Rohr und Rübeentbrannt. Zucker ist zu einer Massenwaregeworden, die in immerIndien16.826.000 tMauritius670.000 tThailand5.227.000 tRussland1.700.000 tIndonesien1.800.000 t> 4.000.000 t Zucker aus Rohr und Rüben> 100.000 t Zucker aus Rohr und RübenVietnam580.000 tChina8.410.000 t (Rüben:19%/Rohr: 81 %)Japan800.000 t (Rüben:79%/Rohr: 21 %)Philippinen2.000.000 tAustralien5.027.000 t(Quelle: USDA: Sugar World Markets and Trade)< 100.000 t Zuckergrößeren Mengen zu immer niedrigenPreisen verk<strong>auf</strong>t wird. Wer denSieg davontragen wird, ist bislangnicht abzusehen. Den Fiskus lässtdas kalt. Hatte er um 1850 dieEinfuhr von Rohrzucker mit Zöllenbelegt, besteuerte er später dieRüben, dann den Rübenzucker. DieZuckersteuer zahlen wir heute noch.Längst ist freilich „ein dritterZucker“ <strong>auf</strong> dem Vormarsch, derchemische Süßstoff. Wieder war einDeutscher der Entdecker, derChemiker Constantin Fahlberg. Erspürte 1878 die Substanz Saccharin<strong>auf</strong> – die dritte Zuckerrevolution.Zucker als alternativerTreibstoff?Den vierten Umbruch hat dasZuckerrohr bereits in Brasilieneingeleitet. Aus ihm gewinnt manEthanol als Beimischung zumBenzin. Noch mehr Ethanol ließesich aus der Zuckerrübe holen. Sieliefert pro Hektar die höchstenErträge an Trockenmasse, die vergorenund destilliert wird. Ethanolkönnte der Zuckerrübe als Grundstofffür die chemische Industriewie als Treibstoffzusatz eine ganzneue Bedeutung verschaffen – fallswir den Zucker aus Rübe und Rohrnicht lieber selber essen – süß wieer ist! ■8Kurier 1/2003Kurier 1/20039

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