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Artikel 3 hier als pdf-Datei (2,9 MB) - Wald & Klima

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suchen, die statt einer eindimen sionalen,klimabezogenen Analyse auch die Einbeziehungweiterer Standortsparameterermöglicht.Leitwaldgesellschaften mit Hilfedes BERN-ModellsDie Erarbeitung langfristig tragfähigerBaumartenempfehlungen erfordert aufgrundder Komplexität und der Tragweitedes <strong>Klima</strong>wandels einen Ansatz, dernicht mehr allein auf den forstlichenGrundlagen zur Standortskunde und zuBaumartenansprüchen basieren kann. DieVeränderungen der klimatischen Einzelparameterund ihre (z. T. Neu-) Kombinationverlangen konzeptionell eine grundlegendüberarbeitete Herangehensweise.Nur ein ökosystemarer Ansatz, der aufvegetationskundlichen Zusammenhängenaufbaut, pflanzensoziologische sowiephytozönologische Aspekte in einer statistischund methodisch abgesichertenForm berücksichtigt, erscheint daher ausgegenwärtiger Sicht geeignet, über vegetationsökologischabgeleitete <strong>Wald</strong>gesellschaftendie Grundlage für die Erarbeitungvon Baumartenempfehlungen und-mischungen für eine nachhaltige, multifunktionaleForstwirtschaft zu bilden.Es gibt genügend veröffentlichtesExpertenwissen über die Beziehungeneiner Pflanzengesellschaft zu dem vonihr bevorzugten Standort- und <strong>Klima</strong>typ.Entscheidend ist die Aufbereitungdieses Wissens mit dem Ziel, die vielfachnur verbal beschriebenen Parameternumerischen Wertebereichen zuzuordnenund über exakte mathematische Formelnbeschreiben zu können.Hierfür scheint das von dem UmweltbüroÖKO-DATA Strausberg entwickelteBERN-Modell (Bioindication forecosystem regeneration towards naturalconditions/Bioindikatorische Ermittlungvon Regenerierungspotenzialen), wie esbereits auch in Sachsen zur Anwendunggekommen ist, sehr gut geeignet.Ausgehend von einer Vielzahl erfassterVegetationsaufnahmen werden inden BERN-Datenbanken Pflanzengesellschaftenihrer Präferenz für die Standortsparameter<strong>Klima</strong>regionaltyp, Relieftyp,Expositionstyp, Bodentyp, Hydromorphietypund Substrattyp zugeordnet. Dieausgewerteten Aufnahmen naturnaherweitgehend unbeeinflusster Standorte(vor 1960 aufgenommen) enthieltenklassifizierte oder verbal beschreibendeAngaben zu den Standortsparametern.Daraus lassen sich Bodenfeuchte, Basensättigung,C/N-Verhältnis im Oberboden,sowie der klimatische Wasser- und Wärmehaushaltder Aufnahme-Standorteableiten. Die z. T. unscharfen verbalenAnga ben zu den Standortsfaktoren werdendurch Referenzmessdaten konkretisiertund <strong>als</strong> Wertespannen in die Datenbankübernommen.Unscharfe Beziehungen zwischenStandortstypen und hochsteten Artender Pflanzengesellschaften (hochstetentspricht existent in mehr <strong>als</strong> 70 %aller betreffenden Aufnahmen) werdenanschließend unter Berücksichtigungder auf die genannte Weise empirisch ermitteltenKenntnisse über die Pflanzen-Physiologie und die Pflanzen-Konkurrenzmit einem Fuzzy-Ansatz umgeformt. Esfolgt die Berechnung von Möglichkeitsfunktionenbzw. Existenzmöglichkeitsgradeneinzelner Pflanzen und Pflanzengesellschaftenin Abhängigkeit voneinem oder mehreren Standortsfaktoren.Danach werden die fundamentalenNischen der gesellschaftstypischen hochstetenPflanzenarten kombiniert, um aufdiese Weise die realisierte Nische einerPflanzengesellschaft bestimmen zu können(Abbildung 1).Auf diesem Weg können für jedenStandortstyp unter Berücksichtigung dereinzelnen Standortsparameter die <strong>Wald</strong>gesellschaftenmit ihren Möglichkeitsgradenbestimmt werden (n-dimensionaleNischen). Da damit Konkurrenzbeziehungenzwischen Baumarten und anderenhochsteten Begleitarten integrativerfasst sind, lassen sich realistischegraduelle Vitalitätsstufen, Produktivitätsstufen,latente Schadstufen und andereSchlüsselparameter sowie Empfehlungenfür die waldbauliche Steuerungder Entwicklungsphasen der <strong>Wald</strong>-Ökosystemeableiten.Auch wenn mitunter mehrere Pflanzengesellschaftenmit unterschiedlichemZugehörigkeitsgrad einem Standortstypzugeordnet werden können und sichdabei die Existenzmöglichkeitsbereicheder einzelnen Pflanzengesellschaftenüberlappen, so gibt es nur eine Pflanzengesellschaftmit dem höchsten Möglichkeitsgrad(Optimum). Diese <strong>Wald</strong>gesellschaftist aus Sicht einer natürlichen,unbeeinflussten Entwicklung die an denentsprechenden Standortstyp am bestenangepasste <strong>Wald</strong>gesellschaft. Sie bieteteine optimale ökologische Funktionsfähigkeitund wird daher im Rahmen desBERN-Konzepts auch <strong>als</strong> Leitwaldgesellschaftbezeichnet.Neben der Erstellung von Nährkraft-Ökogrammen, die die Existenzmöglich-forst und holz 64, He f t 4 [2009]33


<strong>Wald</strong>bauAbbildung 2: Ökogramme der Nährkraftstufe M (mesotroph)mit mäßig trockener bis mäßig feuchter Wasserversorgung derSubstratgruppen Sandstein und skelettärmere Silikatgesteine(MS2, MS3, MG2, MG3) im ebenen Gelände.Figure 2: Ecogram for nutritional class M and specific siteclasses MS2 (mesotrophic moderately moist sandstone), MS3 (mesotrophicmoderately dry sandstone), MG2 (mesotrophic moderatelymoist less skeletal silicate) and MG3 (mesotrophic moderatelydry less skeletal silicate).Abbildung 3: Verhältnis von fundamentaler Nische der BaumartRotbuche (Fagus sylvatica) und realer Nische in der <strong>Wald</strong>gesellschaftam Beispiel der Blaubeer-Buchenwaldgesellschaft (Vaccinio myrtyllo-Fagetum) oligotropher, mäßig trockener Sandsteinstandorte (Z-ZS3) ).Figure 3: Fundamental niche of the tree species Fagus sylvatica andreal niche of the related forest community Vaccinio myrtilli-Fagetum,specific site class Z-ZS3 (oligotrophic moderately dry sandstone) accordingto the German soil classification.keitsbereiche der <strong>Wald</strong>gesellschaften inAbhängigkeit von der Nährkraft (parametrisiertdurch C/N-Verhältnis und Basensättigung)für die einzelnen <strong>Klima</strong>stufen darstellen,wurden auch <strong>Klima</strong>-Ökogrammefür alle <strong>Klima</strong>bereiche Thüringens erstellt.Die Abbildung 2 zeigt beispielhaft die Möglichkeitsräumeeiniger Leitwaldgesellschaftenin Abhängigkeit von der Vegetationszeitlänge,der mittleren klimatischenWasserbilanz im Vegetationsmonat, ineiner für Thüringen typischen Standortklassengruppeund einer Exposition.Parallel zu diesem synökologischenAnsatz auf Basis der <strong>Wald</strong>gesellschaftenund der Konkurrenzbeziehungen zwischenihren Arten können auch füreinzelne Baumarten entsprechendeMöglichkeitsgrade abgeleitet werden.Diese baumartenbezogenen Existenzmöglichkeitsbereichestellen die fundamentalenNischen im autökologischenSinne dar. Sie sind aufgrund der Vernachlässigungvon Konkurrenzeffektengrößer <strong>als</strong> die Existenzmöglichkeitsbereicheder Baumarten unter Berücksichtigungder Konkurrenzkraft der anderenBaumarten im <strong>Wald</strong>ökosystem (= realeNische im synökologischen Sinne; Abbildung3).Anwendung des BERN-Modellsfür <strong>Wald</strong>standorte ThüringensInsgesamt wurden mit Hilfe des BERN-Modells 14585 Vegetationsaufnahmenaus Deutschland sowie 2914 Vegetationsaufnahmenaus Südost-Europa analysiertund nach den spezifischen Gegebenheitenin Thüringen ausgewertet. Für insgesamt1530 Pflanzenarten sind auf Basis der Vegetationsaufnahmendie fundamentalen,das heißt die phänologisch potenziellenNischenbreiten der leicht veränderlichenStandortsparameter Basensättigung,C/N-Verhältnis, Bodenwassergehalt, Kontinentalität(vergleichbar zur <strong>Klima</strong>tischenWasserbilanz in der Vegetationszeit) undVegetationszeitlänge aus den Standortsangabenzu den Fundorten der Gesellschaften,in denen sie hochstet vertretensind, ermittelt worden (SCHLUTOWu. HÜBENER, 2004).Über die Verschneidung der <strong>Klima</strong>undStandortsinformationen wurdeninsgesamt 1726 in Thüringen vorkommendeStandort-<strong>Klima</strong>-Kombinationstypenermittelt (Tabelle 1). Mit Hilfe desBERN-Modells sind für diese Kombinationendie Leitwaldgesellschaften und dieWirtschaftsbaumarten mit ihren jeweiligenExistenzmöglichkeitsgraden erarbeitetworden.In Anlehnung an die Arbeiten in Sachsen(SCHLUTOW u. GE<strong>MB</strong>ALLA, 2008)stehen für Thüringen auf der Ebene derforstlichen Makroklimaformen neue <strong>Klima</strong>stufenzur Verfügung, die sich an denParametern Vegetationszeitlänge (Anzahlder Tage im Jahr mit mehr <strong>als</strong> 10 °C Tagesmitteltemperatur)und durchschnittlicheklimatische Wasserbilanz pro Vegetationsmonat(VOßHAGE et al., 2008) orientieren.Die daraus hervorgegangene <strong>Klima</strong>gliederungThüringens ist kompatibel zurDatensituation der BERN-Datenbanken.Die <strong>Wald</strong>standorte Thüringens sindflächendeckend standortskundlich kartiert.Aus dieser Kartierung gingen dieStandortsklassifizierung Thüringensso wie die Ausweisung von Lokalbodenformenhervor. Aus der Standortsklassifizierungsind folgende Einzelparameterfür die Arbeit relevant:1. Feuchtebereich (z. B. terrestrischeStandorte, mineralische Nassstandorte,Auenstandorte)2. Trophie in einem fünfstufigen Systemaus A,Z, M, K und R3. Substratgruppe (z. B. Sand und Sandstein,Karbonatgestein)34forst und holz 64, Heft 4 [2009]


Tabelle 1: Beispiel für einen Eingangsdatensatz füreinen Standort-<strong>Klima</strong>-Kombinationstyp.Table 1: Example for a climate and soil sitecombination data for BERN model based developmentof plant communities for Thuringia.Komponente„<strong>Klima</strong>“Komponente„Boden“Bisherige <strong>Klima</strong>stufenklassifizierung:Neue <strong>Klima</strong>stufenklassifizierung:Gegenwart:Periode 2041-2070, A1B:Makroklimaform:Standortsklassifizierung: Lokalbodenform:Bodenform nach KA4: Hügelland mit mäßig trockenem<strong>Klima</strong> (Vm) (bisheriger<strong>Klima</strong>stufenrahmen)Tabelle 2: Bodenwasserhaushaltstypen im Untergrund.Table 2: Soil water classes.Bezeichnungintermediär-mäßig warmgering subkontinent<strong>als</strong>ommerwarmRottenbacher Makroklimaformterrestrischer, mäßig frischerSandsteinstandort mitreicherer Trophie (StandortseinheitRS2)Schmerfelder Sandstein-BraunerdeBBn (Klasse: Braunerden, Typ:Braunerde, Subtyp: Normalbraunerde)Kurz-ZeichennachFSKGrund-/Stauwasserflurabstand (dm)nutzbareFeldkapazität(%)Vol. Wassergehalt(m 3 /m 3 )von / bisgrundwasserfern trocken (T) 3, (T)…X >20 20 15–20 0,222–0,332grundwasserfern frisch (T) 1, (T)…F >15 >20 0,333–0,443grundwasserbeeinflusst B 2, Ü 2, 15–10 0,444–0,554grundwasserbestimmt N 2, Ü 1 10–6 0,555–0,666grundwasserbeherrscht N 1, O 3 6–2 0,667–0,777sumpfig O 2, O 1 0–2 0,778–0,890stauwasserbeeinflusst W 3 15–10 0,444–0,554stauwasserbestimmt W 2 10–6 0,555–0,666stauwasserbeherrscht W 1 38,4(40)29,4–41,6(36)22,7–31,2(27)17,8–23,8(21)14,2–18,5(16)11,6–14,7(13)BS(Mittelwert)64(77)4. Feuchtestufe (abgeleitet aus der Wasserhaushaltsstufe)sowie5. Zusatzkennzeichnung (z. B. Staunässeim Unterboden, Verhagerung).Diese bodenbezogenen Daten bildeten einewesentliche Eingangsgröße für die Ableitungvon Bodenwasserhaushaltstypenim BERN-Modell. Die verbalen Angabenzum Hydromorphietyp des Standorteseiner Pflanzengesellschaft wurden denAngaben der forstlichen Standortskartierungunter Zuhilfenahme der WasserhaushaltsparameterNutzbare Feldkapazitätund Grund- bzw. Stauwasserflurabstandzugeordnet (Tabelle 2).Ergänzend zur Standortsklassifizierungwurden zusätzlich die entsprechendenLokalbodenformen mit denjeweiligen Angaben zu Bodenform nachKA4, Bodenart und Bodentyp einbezogen.Über die Bodenformen nach KA4 konntenweitere, für das BERN-Modell erforderlicheParameter hergeleitet werden(z. B. C/N-Verhältnis, Basensättigung).Da einige besondere Standortseinheitenin Thüringen vorkommen, wiebei spielsweise die nährstoffreichen Kalkstein-Rendzinenextrem trockener Sonnhänge,waren Vorort-Aufnahmen im Rahmendes Projektes notwendig. Dabei wurdenneben den pflanzensozio logischenAufnahmen an unbelasteten Standortenauch folgende Parameter gemessen:Die Basensättigung, d. h. derAnteil der Summe aus Kalzium-, Kalium-,Magnesium- und Natrium-Ionen an dergesamten Kationenaustauschkapazität(in %) wurde für jeden Horizont gesondertbis in eine Tiefe, bei der die aktuelleHaupt-Durchwurzelungszone endet (enthält85 % der Wurzeltracht der dominantenArten) gemessen (SCHLUTOW, 2003).In der BERN-Datenbank werden nurV-Werte (nach KAPPEN-ADRIAN oderMEHLICH) <strong>als</strong> Basensättigungswerte aufgenommen,da nur diese eine signifikanteKorrelation zum Vorkommen von Artenaufweisen. Ersatzweise wurde auch dieBasensättigung (AK BODEN, 2005) aus dempH-Wert abgeleitet.Als ein Summenindikator für C/N undBasensättigung im Oberboden (unter Berücksichtigungvon Jahresdurchschnittstemperaturund Feuchte) wurde auch dieHumusform an den Erhebungsstandortenaufgenommen. Dabei ergab sich anweitgehend unbeeinflussten Standortenein harmonisches Nährstoffgleichgewichtin Abhängigkeit von der Humusform(Tabelle 3).forst und holz 64, He f t 4 [2009]35


<strong>Wald</strong>bauNeben der Zuordnung der in denBERN-Datenbanken erfassten Vegetationsaufnahmenzu den Standortsparametern<strong>Klima</strong>regionaltyp, Bodentyp,Hydromorphietyp und Substrattyp werdendiese auch hinsichtlich des Parameters„Exposition“ nach den drei Typen„Standorte der Ebene“ (bei durchschnittlicherGlob<strong>als</strong>trahlung), „sonnenexponierteStandorte“ (mit überdurchschnittlicherGlob<strong>als</strong>trahlung) und „Schatthänge“(mit unterdurchschnittlicher Strahlungsintensität)klassifiziert, so dass dieserStandortsparameter <strong>als</strong> vegetationsökologischrelevante Größe in die Ableitungvon Möglichkeitsgraden für <strong>Wald</strong>gesellschaftenauf Basis realer Standortsinformationeneinfließen kann.Das BERN-Modell lieferte für die gegenwärtigenund zu erwartenden <strong>Klima</strong>-Standorts-Kombinationen Thürin gensinsgesamt 114 repräsentative Assoziationenund Subassoziationen der natürlichen<strong>Wald</strong>gesellschaften bzw. entsprechendeBaumartenzuordnungen.Bodeneigenschaften galten dabei <strong>als</strong>unveränderlich. Die Auswertung vonOBERDORFER (1979) zu den natürlichen<strong>Wald</strong>gesellschaften der Oberrhein ebeneund die Analyse südosteuropäischerAufnahmen aus der Slowakei(MICHAL KO, 1986), aus Tschechien(NEUHÄUSL u. NEUHÄUSLOVA, 1976–1998), aus Ungarn (JAKUCS, 1961; KE-VEY u. BORHIDI, 2005), aus der Schweiz,Österreich und Slowenien (WILLNER,2002) ermöglichten Zuordnungen vonLeitwaldgesellschaften für <strong>Klima</strong>bereiche,die heute in Thüringen noch nicht auftreten,zukünftig jedoch erwartet werden(sommerwarm-subkontinental). Dabeiwur den folgende Aspekte beachtet:1. Die Leitwaldgesellschaft muss früheroder später mitsamt ihrer vergesellschaftetenFauna über ihren natürlichenAusbreitungsweg in Thüringeneinwandern können. D. h., Gesellschaftenaus Übersee kommen nichtin Frage, da die Einfuhr immer nureinzelne Arten, nie ökosystemtreueArtengemeinschaft betrifft.2. Relevant sind ausschließlich Leitwaldgesellschaften,deren Hauptbaumartenbereits unter gegenwärtigen <strong>Klima</strong>bedingungenetabliert werden können.Das heißt, die Hauptbaumarten müsseneine so breite <strong>Klima</strong>nische aufweisen,dass auch <strong>Klima</strong>extreme (wie Spätfrösteund Dürre) vertragen werden.Ausgehend von den realen Standortsverhältnissenin Thüringen und den betrachteten<strong>Klima</strong>bedingungen zur Gegenwartund projiziert für die Periode 2041–2070erfolgte im Rahmen der <strong>hier</strong> vorgestelltenZusammenfassungIm vorliegenden Beitrag wird ein Bausteinfür die Erarbeitung neuer Baumartenempfehlungenfür Thüringen dargelegt.Kern dieses <strong>Artikel</strong>s ist die Ableitung derExistenzmöglichkeiten für Baumartenund <strong>Wald</strong>gesellschaften für die Standort-<strong>Klima</strong>-KombinationThüringens zurGegenwart und zur Zukunft (Periode2041–2070, Szenario A1B) auf Basisvegetationsökologischer Zusammenhängemit Hilfe des vom Umweltbüro ÖKO-DATAStrausberg entwickelten BERN-Modells.Basierend auf den ermittelten Möglichkeitsfunktionenwerden Leitwaldgesellschaftenfür die Standorte Thüringensdefiniert und Baumarten vorgeschlagen,die im Anschluss disziplinübergreifendbewertet werden sollen und letztlich zurFormulierung neuer Bestandeszieltypenund deren Baumartenzusammensetzungführen.Arbeiten die Ableitung der Leitwaldgesellschaftenfür die spezifischen Standort-<strong>Klima</strong>-KombinationThüringens. Bezüglichder Berücksichtigung der Standortskomponente„Exposition“ erfolgte <strong>hier</strong>bei dieErstellung von drei separat voneinanderzu betrachtenden Ergebnisdateien für diedrei Exposi tionsausrichtungen „Standorteder Ebene“, „sonnenexponierte Standorte“und „Schatthänge“.Wertung und AusblickAbstractDespite a long tradition, forestry and itsassociated research activities has hithertobeen unable to provide sufficient and satisfactoryinformation about mitigation andadaptation in terms of climate change.Becauseof the immediate need to develop adaptationstrategies for forestry, itis not viable to postpone decisions untilmore and better information regarding treespecies and their long term potential areavailable. Alternatively, the BERN modelcan be used to derive potential tree speciessuitability for Thuringia. Within thismodel, and associated vegetation surveys,the existence of plant species, and theirdependence on various site factors, is assessedand potential distribution functionsof plant communities and their relatedspecies are developed. These functionshave been applied for present and futureconditions (based on scenario A1B for2041–2070) in Thuringia to define forestcommunities and related tree species forspecific soil and climate conditions. Theseresults take into account the projected effectsof climate change and the presumedconsequences for forest ecosystems. Theywill be used in the assessment of presenttree species recommendations and forthe development of new recommendationswithin a complex evaluation processinvolving ecological, economic as well aswelfare and social aspects.Die Aufbereitung von vegetationsökologischbasierten Verbreitungsbereichenund Vorkommensmöglichkeitenfür <strong>Wald</strong>gesellschaften und Baumartenfür die Gegenwart und für den zukünftigenZeitraum 2041–2070 bietet eineMöglichkeit, auf Basis vorhandenenWissens zu Pflanzengesellschaften undderen Standortsansprüchen Grundlagenfür langfristig tragfähige Baumartenempfehlungenfür die Forstwirtschaft zuentwickeln, die auch die klimatischenVeränderungen infolge des <strong>Klima</strong>wandelsin angebrachter Weise widerspiegeln.Hierbei darf die vergleichendeBetrachtung beider Perioden jedochnicht <strong>als</strong> erhoffte natürliche Entwicklunghin zu den für die Periode2041–2070 ausgewiesenen Leitwaldgesellschafteninnerhalb dieser kurzen Zeitspanneinterpretiert werden. Auch einenatürliche, spontane <strong>Wald</strong>umwandlungim Zuge des <strong>Klima</strong>wandels würde sichüber Jahrhunderte hinziehen, sofern dieGeschwindigkeit auftretender klimatischerVeränderungen sukzessionaleProzesse nicht gravierend behindert.Insbesondere die natürliche Immigrationnoch nicht heimischer Arten unddie Ausbildung neuer, stabiler, regenerierungsfähiger<strong>Wald</strong>gesellschaften, würdenoch viel Zeit benötigen. Eine Einflussnahmeder Forstwirtschaft mit dem Ziel,<strong>Wald</strong>entwicklungen durch <strong>Wald</strong>umbaugezielt zu beschleunigen, kann sichdaher <strong>als</strong> sinnvoll erweisen.Die Übertragbarkeit von Erfahrungenzur Standortsangepasstheit von <strong>Wald</strong>gesellschaftenund Baumarten auf zukünf-36forst und holz 64, Heft 4 [2009]


tige Standortsbedingungen wird nichtselten kritisch hinterfragt, da weder dieKausalitäten der heutigen Zusammensetzungnatürlicher <strong>Wald</strong>gesellschaftenvollständig geklärt sind, noch die Wechselwirkungenzwischen <strong>Klima</strong> und Pflanzenvitalitätwirklich ausreichend beschriebensind (LINDNER, 1999; WAGNER, 2008). Zumgegenwärtigen Zeitpunkt und wahrscheinlichauch noch mittelfristig stehen jedochkeine anderen verlässlichen Methodenzur Verfügung, mit deren Hilfe die Auswirkungenklimatischer Veränderungenauf Wachstum und Leistungsfähigkeitder <strong>Wald</strong>ökosysteme gebührend berücksichtigtwerden. Aus mehreren Gründenstellt die Zuordnungen von Leitwaldgesellschaftenund deren Hauptbaumartenzu Standort-<strong>Klima</strong>-Kombinationen derZukunft nur eines von vielen Instrumentendar, das genutzt werden soll.In den folgenden, auf den Leitwaldgesellschaftenaufbauenden Arbeiten giltes nun, diese naturnahen Grundlagenwaldbaulichen, ertragskundlichen, forsttechnischenund betriebswirtschaftlichenErwägungen gegenüberzustellen und imKontext einer multifunktionalen NachhaltsvorsorgeBaumartenempfehlungenzu definieren, die die verschiedenstenAspekte bestmöglich vereinen. So sollendurch die BERN-Methodik z. B. Fragendes Fremdländeranbaus nicht beantwortetwerden. Ein prinzipieller Ausschlussuntergeordneter Mischungsanteile bewährter,standortsangepasster und nichtinvasiver, fremdländischer Baumarten istdagegen weder im öffentlichen (BUNDES-REGIERUNG, 2008) noch im forstlichenInteresse (SPELLMANN et al., 2007; STAHLu. GAUCKLER, 2007; BROSINGER u. BAIER,2008). Die Thüringer Landesanstalt für<strong>Wald</strong>, Jagd und Fischerei widmet sich imMoment besonders intensiv der Bewertungund Fusion dieser verschiedenstenAspekte für die neuen Baumartenempfehlungenfür Thüringen und wird darübernach Abschluss der Arbeiten berichten.Das Literaturverzeichnis kann <strong>als</strong> <strong>pdf</strong>-Dokument <strong>als</strong> Download unter dem Linkwww.waldundklima.net/service/profft_et_al.php geladen werden.Dr. Angela SchlutowÖKO-DATA, StrausbergE-Mail: angela.schlutow@oekodata.comIngolf Profft,Nico FrischbierThüringer Landesanstalt für <strong>Wald</strong>, Jagd undFischerei, Projektgruppe „<strong>Klima</strong>schutz & <strong>Klima</strong>folgen“,Abteilung 2 „<strong>Wald</strong>bau“E-Mail: Ingolf.Profft@forst.thueringen.deNico.Frischbier@dforst.thueringen.deforst und holz 64, He f t 4 [2009]


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