11.07.2015 Aufrufe

Familienwappen - Eine Identitätsstärkende Methode in der ... - IHP

Familienwappen - Eine Identitätsstärkende Methode in der ... - IHP

Familienwappen - Eine Identitätsstärkende Methode in der ... - IHP

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Anke Kaulen<strong>Familienwappen</strong> -<strong>E<strong>in</strong>e</strong> Identitätsstärkende <strong>Methode</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong>Arbeit mit angehenden Pflegeeltern<strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G * ISSN 0721 7870<strong>IHP</strong> Bücherdienst * Schubbendenweg 4 * 52249 EschweilerTel 02403 4726 * Fax 02403 20447 * eMail office@ihp.dew w w . b u e c h e r d i e n s t . i h p . d e


Anke Kaulen<strong>Familienwappen</strong> -<strong>E<strong>in</strong>e</strong> Identitätsstärkende <strong>Methode</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong>Arbeit mit angehenden PflegeelternGlie<strong>der</strong>ung1. E<strong>in</strong>führung2. Standortbeschreibung2.1 Persönlicher Bezug2.2 Rechtlicher Rahmen2.3 Alltagsbeobachtungen2.4 Schlussfolgerungen für Vorbereitungskurse3. Vorbereitungssem<strong>in</strong>ar für angehende Pflegeeltern3.1 Auftraggeber und Ziel3.2 Curriculum3.3 Grundhaltung Councelor4. Ressourcenbildende Übungen4.1 B<strong>in</strong>dungsprägung4.1.1 Bezugsperson4.1.2 Beziehungsmerkmale4.1.3 B<strong>in</strong>dungsgestaltung4.2 Kont<strong>in</strong>genzpr<strong>in</strong>zip4.3 E<strong>in</strong>zigartig „Schwe<strong>in</strong> gehabt“5. Arbeit mit dem <strong>Familienwappen</strong>5.1 Voraussetzungen und Materialien5.2 Aufgaben des Councelor6. ResümeeLiteraturverzeichnis1. E<strong>in</strong>führung2009 hat me<strong>in</strong>e Kolleg<strong>in</strong> auf Anfrage e<strong>in</strong>es Jugendamtes e<strong>in</strong> Kurskonzept zurVorbereitung für angehende Pflegeeltern entwickelt und mich gebeten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Umsetzungmitzuwirken.Bei <strong>der</strong> Vorbereitung des Sem<strong>in</strong>ars stellte ich mir u.a. die Frage: Wie e<strong>in</strong>Abschlusswochenende mit Eltern und K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong>haltlich gestaltet werden kann? Ziel ist,die Ergebnisse <strong>der</strong> Ressourcenarbeit des Sem<strong>in</strong>ars zu bündeln und die Familienabschließend <strong>in</strong> ihrem familiären Verbund noch mal zu stärken.In unterschiedlichen Sett<strong>in</strong>gs (Familien-, E<strong>in</strong>zel- und Paarberatung) habe ich guteErfahrungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit mit dem <strong>Familienwappen</strong> sammeln können. Das<strong>Familienwappen</strong> ist e<strong>in</strong> gutes Medium, <strong>in</strong>dem Eltern und K<strong>in</strong><strong>der</strong> geme<strong>in</strong>sam aktivwerden können. Es bietet die Möglichkeit über Werte, Normen und Traditionen <strong>der</strong>Familie <strong>in</strong>s Gespräch zu kommen. Was jeden E<strong>in</strong>zelnen und die Familie ausmacht, kanngebündelt dargestellt werden. Die Visualisierung eröffnet den Familien e<strong>in</strong>e weitereSeite 1 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


Perspektive. Im <strong>Familienwappen</strong> werden die familiären Ressourcen noch mal deutlichund wirken entsprechend Identitätsstärkend.Ich entschied mich für die Gestaltung e<strong>in</strong>es <strong>Familienwappen</strong>s als Abschluss<strong>in</strong>tervention<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppenarbeit. Die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> familiären Identität ist ke<strong>in</strong>e<strong>in</strong>facher reflexiver Prozess. In <strong>der</strong> Großgruppe erfor<strong>der</strong>t die Anwendung <strong>der</strong> <strong>Methode</strong>e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Vorbereitung als im E<strong>in</strong>zelsett<strong>in</strong>g. Im Folgenden werde ich anhand e<strong>in</strong>esSem<strong>in</strong>arbeispiels von 2010 vorbereitende Bauste<strong>in</strong>e und me<strong>in</strong>e Vorgehensweise alsCounselor darstellen.2. Standortbeschreibung2.1 Persönlicher BezugIm Rahmen me<strong>in</strong>er langjährigen Tätigkeit als Sozialpädagog<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong>K<strong>in</strong><strong>der</strong>-, Jugend- und Familienhilfe b<strong>in</strong> ich immer wie<strong>der</strong> Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong>n und ihrenHerkunfts- o<strong>der</strong> Pflegefamilien begegnet. Me<strong>in</strong>e Arbeit umfasste <strong>in</strong> <strong>der</strong> stationärenHeimunterbr<strong>in</strong>gung e<strong>in</strong>erseits die Vorbereitung und Vermittlung von Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong>entsprechende Pflegefamilien und an<strong>der</strong>erseits die Begleitung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n undJugendlichen aus „gescheiterten Pflegeverhältnissen“, die stationär im Heimuntergebracht wurden.Im jetzigen Tätigkeitsfeld <strong>der</strong> ambulanten Jugendhilfe arbeite ich alsSozialpädagogische Familienhilfe. Me<strong>in</strong> Auftrag ist die Klärung <strong>der</strong>K<strong>in</strong>deswohlgefährdung und des weiteren Verbleibes <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie.Weiterh<strong>in</strong> begleite ich Pflegefamilien und Erziehungsstellen beratend im familiärenLebensraum. Seit drei Jahren gestalte ich Vorträge und Vorbereitungskurse fürPflegeeltern.2.2 Rechtlicher RahmenGesetzliche Grundlage für die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Pflegefamilie bietet das K<strong>in</strong><strong>der</strong>undJugendhilfegesetz mit dem § 33 SGB VIII: Vollzeitpflege. Vollzeitpflege(Pflegefamilie) ist bestimmt für K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche, bei denen die Erziehung <strong>in</strong>ihrer Herkunftsfamilie vorübergehend o<strong>der</strong> dauerhaft nicht ausreichend gewährleistet istund an<strong>der</strong>e Arten <strong>der</strong> Hilfe zur Erziehung nicht geeignet s<strong>in</strong>d. Die Vollzeitpflegeumfasst die Unterbr<strong>in</strong>gung, Erziehung und Betreuung e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des o<strong>der</strong> Jugendlichen <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em familiären Lebenszusammenhang außerhalb <strong>der</strong> Herkunftsfamilie.Beson<strong>der</strong>e Merkmale s<strong>in</strong>d verlässliche Bezugspersonen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em überschaubaren undkont<strong>in</strong>uierlichen Familienverband. Die enge, elternähnliche Beziehung zwischen K<strong>in</strong>dund Erziehungsperson und die daraus resultierende B<strong>in</strong>dungsdynamik unterscheidet dieVollzeitpflege von an<strong>der</strong>en Formen <strong>der</strong> Fremdunterbr<strong>in</strong>gung. Sie wird deshalb<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für jüngere K<strong>in</strong><strong>der</strong> angestrebt.Ziel ist die soziale Integration <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en familiären Rahmen, die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> k<strong>in</strong>dlichenEntwicklung sowie die Sicherung <strong>der</strong> Beziehungskont<strong>in</strong>uität zu se<strong>in</strong>er Herkunftsfamilie.(siehe K<strong>in</strong>dler; Helm<strong>in</strong>g; Meysen: S.48ff)2.3 AlltagsbeobachtungenIn me<strong>in</strong>er Arbeit beobachte ich, dass immer mehr K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> Pflegefamilienuntergebracht werden und es schwieriger wird Pflegefamilien zu f<strong>in</strong>den. Die Zahl <strong>der</strong>Rückläufer aus Pflegefamilien <strong>in</strong> die Heimerziehung ist steigend. Die Erwartungen <strong>der</strong>Pflegeeltern zum Leben mit e<strong>in</strong>em Pflegek<strong>in</strong>d kollidieren oftmals mit <strong>der</strong> Realität.Seite 2 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


Weiterh<strong>in</strong> ist die Integration e<strong>in</strong>es Pflegek<strong>in</strong>des, mit se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellenFamiliengeschichte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Pflegefamilie, e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver Entwicklungsprozess.Das Pflegek<strong>in</strong>d, als “K<strong>in</strong>d zweier Eltern“ zu verstehen und mit se<strong>in</strong>en Wurzeln <strong>der</strong>Herkunftsfamilie anzuerkennen und wertzuschätzen, for<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e professionelle Haltung<strong>der</strong> Pflegeeltern. Immer mehr Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d geprägt durch Vernachlässigung,Misshandlung o<strong>der</strong> Missbrauchserfahrungen.Sie zeigen bereits im frühen K<strong>in</strong>desalter vielfältige Verhaltensauffälligkeiten,emotionale Problemlagen, bis h<strong>in</strong> zu B<strong>in</strong>dungsstörungen und Traumatisierungen. Nebenallgeme<strong>in</strong>en Entwicklungsverzögerungen, wird vor allem das B<strong>in</strong>dungsverhalten vonPflegek<strong>in</strong><strong>der</strong>n als irritierend und verunsichernd erlebt. Die vielfältigen Anfor<strong>der</strong>ungenkönnen Pflegeeltern an ihre persönliche Belastungsgrenze als Pflegemutter, -vater, Paaro<strong>der</strong> Familie führen.In den Beratungen zeigt sich, dass Pflegeeltern die Interaktion und Kommunikationvom Pflegek<strong>in</strong>d aus als persönlich kränkend erleben. Pflegemütter erleben sichohnmächtig, hoffnungslos und an ihren Grenzen. E<strong>in</strong>ige bedauern die Aufnahme e<strong>in</strong>esPflegek<strong>in</strong>des und fühlen sich betrogen:„Wenn ich das vorher gewusst hätte; me<strong>in</strong>eeigenen K<strong>in</strong><strong>der</strong> leiden, und das muss ich mir nicht gefallen lassen; ich b<strong>in</strong> am Ende...“.Es zeigen sich deutliche emotionale Belastungen <strong>der</strong> Pflegeeltern, bei denen negativeBeziehungsemotionen, e<strong>in</strong> eigenes Versagenserleben und Schuldgefühle, imVor<strong>der</strong>grund stehen. Zu ihren Ressourcen haben sie kaum noch Zugang.2.4 Schlussfolgerungen für VorbereitungskurseDiese Erfahrungen zeigen, dass bei <strong>der</strong> Vorbereitung von Pflegeeltern <strong>der</strong> Fokus nichtnur auf die Grundbedürfnisse des K<strong>in</strong>des gesetzt werden darf, son<strong>der</strong>n gleichberechtigtdie Pflegeeltern und ihre K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit ihren Bedürfnissen <strong>in</strong> den Blick zu nehmen s<strong>in</strong>d.Die Anfor<strong>der</strong>ungen an Pflegeeltern s<strong>in</strong>d sehr hoch. In <strong>der</strong> Regel wird erwartet, dass sieüber e<strong>in</strong> Wissens- und Fertigkeitsprofil verfügen, das auf <strong>der</strong> Ebene qualifizierterpädagogischer Fachkräfte liegt. Hier kommen Vorbereitungssem<strong>in</strong>are deutlich an ihreGrenzen!Basierend auf me<strong>in</strong>e Erfahrungen richte ich me<strong>in</strong>en Schwerpunkt auf folgende Bereiche:- die persönlichen, familiären, sowie als Paar bestehende Ressourcen bewusst zumachen und die Familien <strong>in</strong> ihrer familiären Identität zu stärken- Wissensvermittlung zu B<strong>in</strong>dungsverhalten, B<strong>in</strong>dungsstörungen undAuse<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> eigenen B<strong>in</strong>dungsprägung- Persönliche Grenzen anerkennen- Perspektivenerweiterung – Blickwechsel- Sensibilisieren zur eigenen Achtsamkeit- Authentische, Realitätsnahe Praxisvermittlung- Motivation, sich diesen beson<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n anzunehmen3. Vorbereitungssem<strong>in</strong>ar für angehende Pflegeeltern3.1 Auftraggeber und ZielAuftraggeber des Sem<strong>in</strong>ars für angehende Pflegeeltern s<strong>in</strong>d zwei Jugendämter.Der Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong>dienst führt vorab Bewerbergespräche, prüft die formalenVoraussetzungen und stellt die Teilnehmergruppe zusammen.Seite 3 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


Die Durchführung des Vorbereitungskurses mit e<strong>in</strong>em freien Träger eröffnet denTeilnehmern die Möglichkeit sich möglichst unbefangen auf PersönlichkeitsbezogeneThemen e<strong>in</strong>zulassen. Offene Fragen, Bedenken und Grenzen können frei formuliertwerden.Formale Schnittstellen, wie <strong>der</strong> Abend zum Thema Rechtliche Grundlagen, werden vonden Mitarbeitern des Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong>dienstes mitgestaltet.Ziel ist, die Pflegeeltern zu befähigen, fundierte Entscheidungen bezüglich ihrerBereitschaft, ihrer Fähigkeit und ihrer Ressourcen zur Übernahme von Pflegeaufgabenzu treffen.3.2 CurriculumDas Vorbereitungssem<strong>in</strong>ar besteht aus 9 Modulen und umfasst 30 Zeitstunden. Eskönnen 10 Bewerberpaare teilnehmen.Über e<strong>in</strong>en Zeitraum von 10-12 Wochen f<strong>in</strong>den die Module mit zweistündigenAbendterm<strong>in</strong>en <strong>in</strong> <strong>der</strong> Woche statt. Der Abschluss be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong> Wochenende, an demauch die leiblichen K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit <strong>in</strong>tegriert werden.Die Themenmodule setzen sich wie folgt zusammen:ModulThema1 Die Familie stellt sich vor2 Phasen <strong>der</strong> Integration; Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong>: K<strong>in</strong><strong>der</strong> zweier Eltern3 Austausch mit erfahrenen Pflegeeltern4 Rechtlicher Rahmen; Besuchskontakte5 Biografiearbeit6 B<strong>in</strong>dung - B<strong>in</strong>dungsstörungFamilientag mit leiblichen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n: Ressourcenpool; Lebensbuch;7Standortbestimmung; Vorbereitung auf e<strong>in</strong> Pflegek<strong>in</strong>dFamilientag mit leiblichen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n: <strong>Familienwappen</strong>; Netzwerk;8AbschlussFür Bewerber mit unerfülltem K<strong>in</strong><strong>der</strong>wunsch wird e<strong>in</strong> Abend zusätzlich e<strong>in</strong>gerichtet. Imgeschützten Rahmen wird dieses Thema <strong>in</strong> Bezug zum Pflegeverhältnis gesetzt.E<strong>in</strong> weiteres Modul ist thematisch offen und wird je nach Bedarf <strong>der</strong> Gruppe gestaltet.Das Lehrkonzept be<strong>in</strong>haltet Vortragsform, Gruppendiskussion, Rollenspiel,Skulpturarbeit und gruppendynamische und selbsterfahrungsbezogene Übungen.3.3 Grundhaltung CounselorJede Intervention wirkt nur durch den Berater selbst. <strong>E<strong>in</strong>e</strong> wertschätzende, empathischeund ressourcenorientierte Haltung des Beraters ist Voraussetzung für das Gel<strong>in</strong>gen.Ausgehend von <strong>der</strong> systemischen Grundhaltung, dass alle Ressourcen zu weiterenDenk- und Handlungsweisen <strong>in</strong> jedem vorhanden s<strong>in</strong>d, rege ich die Teilnehmer mitAchtsamkeitsübungen und systemischen Interview-Techniken zu selbstreferentieller(Selbstbezug) Weiterentwicklung an. Das System entscheidet selbst, was es aufnimmtund zu ihm passt. Je<strong>der</strong> geht dar<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en eigenen Weg, und es gibt ke<strong>in</strong> richtig o<strong>der</strong>falsch.Das setzt voraus, das ich für me<strong>in</strong>e Kraft und Energie sorge und mit möglichst hoherAuthentizität im Kontakt mit me<strong>in</strong>em Gegenüber b<strong>in</strong>. Das be<strong>in</strong>haltet auch, mir selbstimmer wie<strong>der</strong> im Arbeitsprozess die Zeit zunehmen zur <strong>in</strong>neren Achtsamkeit,wahrzunehmen und nachzuspüren was mich o<strong>der</strong> die Gruppe o<strong>der</strong> den E<strong>in</strong>zelnen bewegtSeite 4 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


und welche Resonanzen sich bilden. Darauf richte ich me<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle weitereVorgehensweise, mit Blick auf das Thema, weiter aus.4. Ressourcenbildende ÜbungenDie Erstellung des <strong>Familienwappen</strong>s als Abschluss<strong>in</strong>tervention <strong>in</strong> <strong>der</strong> Großgruppeerfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong> Umdenken <strong>in</strong> <strong>der</strong> Umsetzung. In <strong>der</strong> Großgruppe besteht nicht dieMöglichkeit, mit den e<strong>in</strong>zelnen Familien zu ihrem Wappen <strong>in</strong>haltlich <strong>in</strong>s Gespräch zukommen und ihre Ressourcen rauszuarbeiten. Aus diesem Grund verän<strong>der</strong>e ich me<strong>in</strong>Vorgehen: Ich lade die Teilnehmer im Kursverlauf zu verschiedenen reflexivenÜbungen e<strong>in</strong>, die ihre persönlichen und familiären Ressourcen verdeutlichen.Gleichzeitig bilden sie dabei wichtige Kompetenzen für die Arbeit mit Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong>n.Diese Ergebnisse fließen dann <strong>in</strong> die Arbeit mit dem <strong>Familienwappen</strong> e<strong>in</strong>.Im Folgenden stelle ich exemplarisch drei Übungen vor.4.1 B<strong>in</strong>dungsprägungAus me<strong>in</strong>er Sicht liegt die Grundbasis für den Erfolg e<strong>in</strong>es Pflegeverhältnisses <strong>in</strong> <strong>der</strong>Art und Weise, wie es den Pflegeeltern gel<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e vertrauensvolle Beziehung zumK<strong>in</strong>d aufzubauen. Angst, Unsicherheit, Sehnsucht und Hoffnung führen oft zuwie<strong>der</strong>kehrenden Mustern <strong>in</strong> <strong>der</strong> neuen Familie: Zu Beg<strong>in</strong>n zeigen sich Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong>den Familien eher ängstlich, angepasst. Nach e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>gewöhnungsphase können sieihre negativen Erfahrungen, Trauer, Selbstvorwürfe und/o<strong>der</strong> Aggressionen ausleben.Erleben die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> solchen Situationen ihre Pflegefamilien als verlässlich undliebevoll, kann Vertrauen wachsen, neue B<strong>in</strong>dungen e<strong>in</strong>gegangen und Entwicklungenmöglich werden. (siehe Spangler und Bovenschen 2008)Die Übung ist am Sem<strong>in</strong>arabend zum Thema B<strong>in</strong>dung und B<strong>in</strong>dungsstörungene<strong>in</strong>gebunden.4.1.1 BezugspersonNach e<strong>in</strong>er kurzen Übersicht <strong>der</strong> heutigen Inhalte bitte ich die Teilnehmer aufzustehenund e<strong>in</strong>en Kreis zu bilden. Die Gruppe kommt zur Ruhe und ich gebe behutsam Fragen<strong>in</strong> die Runde: „Bevor wir <strong>in</strong> die Theorie e<strong>in</strong>steigen, möchte ich Sie zunächst e<strong>in</strong>malfragen, wer war für Sie die Hauptbezugsperson? Wer kommt Ihnen spontan <strong>in</strong> den S<strong>in</strong>n?Ist es die Person, die Sie am meisten geprägt hat? O<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d es verschiedene Personen?Antworten sie nur für sich und versuchen Sie nachzuspüren, zu wem sie sich <strong>in</strong> guterB<strong>in</strong>dung fühlen. Wer sich entschieden hat notiert den Namen auf e<strong>in</strong>e Karte.“Die Konzentration ist während <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung stark gestiegen. Die Teilnehmer s<strong>in</strong>dsichtbar (Blick fixiert, Augen schließen) mit sich <strong>in</strong> den Dialog getreten und nehmensich die Zeit, die sie brauchen. Die Atmosphäre ist ernst geworden. Ich entscheide mich,die Intimität zu wahren, <strong>in</strong>dem die Namen nicht offen gemacht werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Runde.Ich bitte die Teilnehmer, die Karte unter ihren Stuhl zu legen. Das Thema wird an dieserStelle angearbeitet und später wie<strong>der</strong> aufgenommen. Ich gehe davon aus, dass dasThema <strong>in</strong>nerlich weiter arbeitet, während wir <strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Form weiterarbeiten.4.1.2 BeziehungsmerkmaleEs folgt e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung zum Thema B<strong>in</strong>dung und B<strong>in</strong>dungsstörung. (siehe Hand Out <strong>in</strong><strong>der</strong> Anlage)Mit ergänzenden Beispielen aus <strong>der</strong> Praxis zu B<strong>in</strong>dungsdynamiken gehe ich mit denSeite 5 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


elästigt an<strong>der</strong>e Fahrgäste, er geht sprichwörtlich über Tische und Bänke. Die Fahrgästekommentieren laut das unmögliche Betragen des Jungen. Der Vater reagiert nicht, erblickt weiter aus dem Fenster.“ An <strong>der</strong> Stelle stoppe ich und richte an die Gruppefolgende Fragen: „Was für Gedanken haben Sie zu dieser Situation? Welche Gefühleentstehen, wenn sie dies hören? Was würden Sie tun?“Die Teilnehmer s<strong>in</strong>d erregt, dass <strong>der</strong> Vater nicht e<strong>in</strong>greift und den Jungen gewährenlässt. Es sei unmöglich ihn grenzenlos aufwachsen zu lassen. Der Vater sei e<strong>in</strong>deutigüberfor<strong>der</strong>t, vielleicht sei er Alkoholiker, da ihm alles egal sei. Wut, Trauer undOhnmacht werden beschrieben. <strong>E<strong>in</strong>e</strong>r schil<strong>der</strong>t, wie aggressiv er <strong>in</strong>nerlich sei. Esentsteht e<strong>in</strong>e Diskussion ob man als Fahrgast den Jungen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Grenzen weist, <strong>der</strong>Vater anzusprechen ist o<strong>der</strong> nichts tut.Die Gruppe e<strong>in</strong>igt sich nicht auf e<strong>in</strong>e Position. Ich erzähle die Geschichte zu Ende: „ E<strong>in</strong>Mann steht auf, geht zu dem Vater und spricht ihn an, ob er nicht mitbekomme, was se<strong>in</strong>Sohn macht. Der Vater schaut den Mann an und antwortet: „Oh Entschuldigung, wirkommen gerade aus dem Krankenhaus und haben erfahren, dass me<strong>in</strong>e Frau gestorbenist. Ich glaube das hat ihn ganz schön durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gebracht.“ Er steht auf, geht zuse<strong>in</strong>em Sohn und spricht mit ihm.“ Betroffenheit ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe spürbar. Ich wartekurz, gebe den Teilnehmern Zeit zum nachspüren und nachdenken. Wenn dieAufmerksamkeit sich wie<strong>der</strong> auf die Gruppe richtet, wie<strong>der</strong>hole ich me<strong>in</strong>e Fragen: „Wasfür Gedanken haben Sie zu dieser Situation? Welche Gefühle entstehen, wenn sie dieshören? Was würden Sie tun?“.Reaktionen <strong>der</strong> Teilnehmer: „Ich habe gelernt, nicht so schnell zu urteilen und zuverurteilen. Ich b<strong>in</strong> betroffen, habe Mitleid mit den beiden. Ich glaube ich sollte öfter dieBrille wechseln. Das Wissen verän<strong>der</strong>t mich.“4.3 E<strong>in</strong>zigartig „Schwe<strong>in</strong> gehabt“Diese Übung f<strong>in</strong>det zum E<strong>in</strong>stieg am ersten Tag des Abschlusswochenendes statt. DieFamilien haben ihre sechs K<strong>in</strong><strong>der</strong> im Alter von 3-12 Jahren mitgebracht. Diese Übungfor<strong>der</strong>t auf, über sich selber nachzudenken, was e<strong>in</strong>en auszeichnet. Weiterh<strong>in</strong> ermöglichtsie die Erfahrung, dass <strong>in</strong> jedem etwas E<strong>in</strong>zigartiges steckt und stärkt dasSelbstbewusstse<strong>in</strong>.Die Gruppe bildet e<strong>in</strong>en Kreis. Heute habe ich mir Unterstützung mitgebracht. Ich zeigeme<strong>in</strong> Glücksschwe<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Stofftier, das uns beim Kennenlernen hilft. DasGlücksschwe<strong>in</strong> möchte jeden heute Morgen persönlich begrüßen. Es möchte den Namenerfahren, und wissen, warum wir alle “Schwe<strong>in</strong> gehabt haben“ dich hier kennen zulernen! Verrate uns, was <strong>in</strong> dir steckt und was nur du alle<strong>in</strong>e hier im Raum geschaffthast o<strong>der</strong> kannst. E<strong>in</strong> Satz könnte lauten: „Ihr habt Schwe<strong>in</strong> mich zu kennen, weil ichb<strong>in</strong> … o<strong>der</strong> ich b<strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige hier im Raum, <strong>der</strong> … kann o<strong>der</strong> erlebt hat.“Überlege, womit du im Gu<strong>in</strong>ess Buch <strong>der</strong> Rekorde stehen könntest. Die Gruppe f<strong>in</strong>detlangsam über die K<strong>in</strong><strong>der</strong> Ideen.Das Schwe<strong>in</strong> wird rund gereicht und je<strong>der</strong> f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Beson<strong>der</strong>heit: mit 3 Jahren den Bamb<strong>in</strong>i Pokal im Tennis erworben; Didgeridoo Spieler; 7 Län<strong>der</strong> <strong>in</strong> 3 Tagen mit e<strong>in</strong>er Gruppe beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ter Menschen bereist; meisten Geschwister 9; Hot Wheel Autosammlung, Tanztra<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>er 50 K<strong>in</strong><strong>der</strong> starken Truppe, schweren Unfall überlebt; Aquarellmaler<strong>in</strong>; raus aus <strong>der</strong> Hooligan Szene geschafft hat; … “Seite 7 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


Diese Übung löst bei e<strong>in</strong>igen Teilnehmern Druck aus: „ Ke<strong>in</strong>e Ahnung, da fällt mirnichts zu e<strong>in</strong>“, s<strong>in</strong>d die ersten spontanen Reaktionen. Ich beobachte die Teilnehmer undihre Reaktionen und spüre nach, was es an Unterstützung braucht. Was kann ich alse<strong>in</strong>ziger <strong>in</strong> diesem Raum o<strong>der</strong> was habe ich erlebt, braucht Zeit. Es s<strong>in</strong>d die K<strong>in</strong><strong>der</strong>denen am leichtesten was e<strong>in</strong>fällt. <strong>E<strong>in</strong>e</strong> Frau hatte gar ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fall. Hier konnte dieGruppe sie auf ihre Beson<strong>der</strong>heit br<strong>in</strong>gen!5. Arbeit mit dem <strong>Familienwappen</strong>Am letzten Tag des Vorbereitungssem<strong>in</strong>ars für angehende Pflegeeltern wird das<strong>Familienwappen</strong> als Abschluss<strong>in</strong>tervention e<strong>in</strong>gesetzt.E<strong>in</strong> Wappen ist e<strong>in</strong> Identitätssymbol und Aushängeschild e<strong>in</strong>er Person o<strong>der</strong> Familie.Was e<strong>in</strong>e Familie ausmacht, an Handwerk, Werten und Fähigkeiten wird im Wappensymbolisch zum Ausdruck gebracht. Es soll nach außen demonstrieren, wer <strong>der</strong> Trägerist und wofür er steht. Für e<strong>in</strong>e Familie o<strong>der</strong> früher Ritterschaft, symbolisierte es dieentsprechende Zugehörigkeit.Die Erstellung e<strong>in</strong>es <strong>Familienwappen</strong>s ist e<strong>in</strong> gutes Medium, die Familien zu ihrerIdentität <strong>in</strong>s Gespräch zu br<strong>in</strong>gen. Bei <strong>der</strong> Erstellung können alle Familienmitglie<strong>der</strong>aktiv mitwirken und sich darstellen. Es kann als Projektionsfläche für Erlebnisse,Gefühle und Wünsche genutzt werden, die oftmals nicht <strong>in</strong> Worte gefasst werdenkönnen.Das Wappen bietet den Pflegeeltern für ihre anstehenden Aufgaben undHerausfor<strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerungssymbol sowohl ihrer Identität, als auch ihrerRessourcen.5.1 Voraussetzungen und MaterialienFür die Gestaltung des <strong>Familienwappen</strong>s erhält jede Familie DIN-A3- Blätter, Bunt- undFilzstifte, Wachsmalstifte, Bleistifte, L<strong>in</strong>eal und Radiergummi.Jede Familie erhält e<strong>in</strong>en Tisch mit den entsprechenden Materialien. Die Tische s<strong>in</strong>dmöglichst e<strong>in</strong>zeln im Raum verteilt. Die Anordnung ermöglicht den Familien Raum zureigenen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung und Gestaltung.5.2 Aufgaben des CounselorFür die Familien ist es wichtig, sich erstmal mit dem Begriff <strong>Familienwappen</strong> vertrautzu machen. Ich spreche die K<strong>in</strong><strong>der</strong> an und stelle e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zum Thema Ritter mitihren Wappen her. Ich erfrage, wer Wappen kennt und wofür sie da s<strong>in</strong>d. Die K<strong>in</strong><strong>der</strong>erzählen vom Stadtwappen, se<strong>in</strong>er Symbole und <strong>der</strong>en Bedeutung. E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d malt dieGrundform e<strong>in</strong>es Wappens auf Flip-Chart. Unterschiedliche Aufteilungsmöglichkeitendes Wappens werden erarbeitet und visualisiert.** Bild 1 **„Wappenformen“Nun lade ich die Familien e<strong>in</strong>, ihr eigenes <strong>Familienwappen</strong> zu gestalten. „Entwerftgeme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong> Wappen <strong>der</strong> Familie, <strong>in</strong>dem die Beson<strong>der</strong>heiten und Stärken <strong>der</strong> Familiezum Ausdruck kommen!“Die Auffor<strong>der</strong>ung zur Gestaltung e<strong>in</strong>es eigenen <strong>Familienwappen</strong>s löst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel beiden Teilnehmern Stress aus. Gerät e<strong>in</strong> Teilnehmer <strong>in</strong> Stress, kann er den Inhaltenerstmal nicht mehr folgen. Ich nehme den Unruhepegel <strong>der</strong> Gruppe wahr und richtedanach me<strong>in</strong>e weitere Vorgehensweise aus. Ich beruhige und Ermutige, <strong>in</strong>dem ichzustimme, dass es ke<strong>in</strong>e leichte Aufgabe ist. Und ich weiß, dass sie es wie bisher gutSeite 8 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


schaffen werden. Nachdem erste Wi<strong>der</strong>stände sich legen und die Teilnehmer wie<strong>der</strong>zuhören, wie<strong>der</strong>hole ich die Aufgabenstellung und ergänze mit unterstützenden Fragen:- Bes<strong>in</strong>nen Sie sich auf ihre Familie, wer gehört alles dazu?- Wo und wie wohnen Sie?- Wie ist ihre geme<strong>in</strong>same Atmosphäre? Welche Farbe würden sie ihr geben?- Welche Rituale leben sie o<strong>der</strong> welche Familienfeste, Traditionen pflegen sie?- Haben sie e<strong>in</strong> Familienmotto?- Was machen sie am liebsten?- Gibt es Symbole die zu ihnen passen o<strong>der</strong> ihre Fähigkeiten zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen?Ich setze Er<strong>in</strong>nerungsanker zum Sem<strong>in</strong>ar bei den Eltern und beziehe mich bei denK<strong>in</strong><strong>der</strong>n auf Ereignisse aus ihren Lebensbuch Gestaltungen vom Vortag.Die offenen Fragen ermöglichen den Teilnehmern ihrer Intuition zu folgen.E<strong>in</strong> weiterer Aspekt ist die Hürde des Malens zu überw<strong>in</strong>den. Ich ermuntere es zuprobieren, ohne viel nachzudenken. Malen sie so, wie sie es können! Und das ist gut so,wie es ist!Die Familien beg<strong>in</strong>nen ihre Wappen zu erstellen. Als Zeitvorgabe wird 60 m<strong>in</strong>.angegeben. Ich bleibe im Raum als Ansprechpartner zur Verfügung. Die Familienbeg<strong>in</strong>nen ihre Wappen zu gestalten. Nach <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stiegsphase gehe ich rund und bestärkemit Komplimenten über die Werke. Komplimente dienen <strong>in</strong> <strong>der</strong> systemischen Beratung<strong>der</strong> Stärkung des guten Kontaktes zwischen Berater und Klient und <strong>der</strong> Stärkung desKlienten selbst. Die Komplimente bestärken den Klienten selbst <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Erfolg und <strong>in</strong>den Stärken, die sich h<strong>in</strong>ter dem Erfolg vermuten lassen.Ich beobachte, wie Symbole aus vorherigen Übungen <strong>in</strong> den Wappen entstehen:Didgeridoo, Tanzen, Musik, Familiengröße und Werte wie Zusammenhalt, Offenheit.Die Zeit ist ausreichend kalkuliert und es wird jede Familie gebeten, <strong>der</strong> Gruppe ihr<strong>Familienwappen</strong> vorzustellen. Ich würdige das Wappen <strong>der</strong> Familie entsprechend, unddie Gruppe applaudiert anerkennend. Individuell werden hier Ressourcen <strong>der</strong> Familienhervorgehoben. E<strong>in</strong> Foto wird gemacht, das <strong>der</strong> Familie im Anschluss des Sem<strong>in</strong>ars zurEr<strong>in</strong>nerung zugesendet wird.Das Wappen bietet Ihnen für ihre anstehenden Aufgaben und Herausfor<strong>der</strong>ungen alsPflegefamilie e<strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerungssymbol zu ihren Ressourcen und zu diesem Sem<strong>in</strong>ar. Ichb<strong>in</strong> sicher, sie werden e<strong>in</strong>en guten Ort, für ihr Wappen f<strong>in</strong>den. Zum Abschluss danke ichallen Familien für die <strong>in</strong>tensive Mitarbeit, ihre Offenheit und den bee<strong>in</strong>druckendenErgebnissen!6. ResümeeDie <strong>Methode</strong> des <strong>Familienwappen</strong>s stärkt das Selbstbewusstse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Familien deutlich.Je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne kann se<strong>in</strong>en Raum erhalten und die Familie als ganzes <strong>in</strong> den Blickgenommen werden. Auch Hoffnungen und Wünsche werden visualisiert.<strong>E<strong>in</strong>e</strong> Familie lässt im Wappen e<strong>in</strong>en Bereich frei, den möchte sie mit dem kommendenPflegek<strong>in</strong>d gestalten. Es ermöglicht <strong>der</strong> Familie bildlich zu betrachten, „was <strong>in</strong> ihnensteckt“ und erfüllt sie mit Stolz: „Anfangs dachten wir, wir f<strong>in</strong>den zwei, drei Sachen,jetzt ist das ganze Wappen voll. Ich hätte nicht gedacht, das wir das schaffen!“ Sie s<strong>in</strong>dbee<strong>in</strong>druckt, über die Tiefe die entstanden ist:„ Me<strong>in</strong> Mann hat sich an unser erstes Dateer<strong>in</strong>nert“ o<strong>der</strong> „die K<strong>in</strong><strong>der</strong> wollten das Gute Nacht Ritual malen, weil sie es so schönf<strong>in</strong>den und den traditionellen Geburtstagskuchen“, „<strong>der</strong> Hund und die Hühner gehörenebenfalls dazu, ohne die geht nichts!“ Familien haben zurückgemeldet, dass sie ihrenWappen e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en Platz, im Wohnraum gegeben haben. <strong>E<strong>in</strong>e</strong> Familie hat ihrSeite 9 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


Wappen <strong>in</strong> Metall erstellen lassen und an ihr E<strong>in</strong>gangstor montiert. Inhaltlich erfolgt dieRückmeldung, das sie sehr <strong>in</strong>s nachdenken gekommen s<strong>in</strong>d und me<strong>in</strong>e Übungen undFragen sie nachhaltig bee<strong>in</strong>flusst haben. Sie s<strong>in</strong>d sich ihrer Möglichkeiten und Grenzenklarer geworden. <strong>E<strong>in</strong>e</strong> Familie entschied sich bewusst gegen die Aufnahme e<strong>in</strong>esPflegek<strong>in</strong>des zum jetzigen Zeitpunkt. Ihnen ist klar geworden, dass ihr leibliches K<strong>in</strong>dnoch nicht reif genug ist. In e<strong>in</strong>er weiteren Familie konnte das Wappen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erNacharbeit genutzt werden. Die Familie hat <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Phase mit Pflegek<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erKrise das Wappen genommen und Ideen gefunden neue Wege zu gehen (Zeiten für sichund als Paar e<strong>in</strong>zuräumen).Der Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong>dienst gibt die Rückmeldung, dass die Pflegeeltern über e<strong>in</strong>e guteSelbste<strong>in</strong>schätzung verfügen und die Selbstreflexionsfähigkeit höher ist. Positiv wird dieEntwicklung beschrieben, dass die Pflegeeltern nicht alles schön reden und sichdeutlicher positionieren, <strong>in</strong>dem auch Unterstützung angefragt wird.Mich fasz<strong>in</strong>ieren immer wie<strong>der</strong> die Ergebnisse <strong>der</strong> <strong>Familienwappen</strong>, wie sie hier auchim Rahmen <strong>der</strong> Gruppenarbeit entstanden s<strong>in</strong>d. In Ihnen steckt e<strong>in</strong>e hohe Aussagekraft<strong>der</strong> Familien, die sprachlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form gar nicht fassbar gewesen wäre. Der Dialogüber die Gestaltungsform und <strong>der</strong>en Inhalt ist e<strong>in</strong> Identitätsstärken<strong>der</strong> Prozess für dieBeteiligten. Das Selbstbewusstse<strong>in</strong> jedes E<strong>in</strong>zelnen und <strong>der</strong> Familie erfährt e<strong>in</strong>eStärkung. Die Verbundenheit als Familie ist durch das <strong>Familienwappen</strong> visualisiert,erfahrbar und kann nach außen dokumentiert werden. Die E<strong>in</strong>fachheit dieser <strong>Methode</strong>für K<strong>in</strong><strong>der</strong>, Jugendliche und Erwachsene, lädt mich e<strong>in</strong> weiter zu arbeiten. Vielleichts<strong>in</strong>d sie als Leser ebenfalls <strong>in</strong>spiriert die <strong>Methode</strong> des <strong>Familienwappen</strong>s für sich zuerproben o<strong>der</strong> weiter zu verbreiten! Über Rückmeldungen zu ihren Erfahrungen würdeich mich freuen!LiteraturverzeichnisBRISCH, Karl-He<strong>in</strong>z: B<strong>in</strong>dungsstörungen Von <strong>der</strong> B<strong>in</strong>dungstheorie zur Therapie,Stuttgart (Klett-Cotta) 2003.CAMPANA, Remo:“ Das <strong>Familienwappen</strong>: <strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>Methode</strong> zum besseren Verständnis<strong>der</strong> emotionalen Situation und dem familiären Umfeld von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen“,<strong>in</strong> Z.f. Kontext Zeitschrift für systemische Therapie und Familientherapie, Band 412/2010, S. 102 -116.KINDLER, He<strong>in</strong>z; HELMING Elisabeth; MEYSEN, Thomas; JURCZYK, Kar<strong>in</strong> (Hg.):Handbuch Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong>hilfe, München (Deutsches Jugend<strong>in</strong>stitut e.V.) 2011.NIENSTEDT, Monika; WESTERMANN, Arm<strong>in</strong>: Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong> und ihreEntwicklungschancen nach frühen traumatischen Erfahrungen, Stuttgart (Klett-Cotta) 2007.SPANGLER, Gottfried; BOVENSCHEN, Ina: Effekte von psychosozialenInterventionen zur Vorbereitung von Pflegeeltern auf ihre Aufgabe: Ergebnisse e<strong>in</strong>ersystematischen Literaturrecherche, Erlangen (Expertise im Auftrag des DeutschenJugend<strong>in</strong>stituts) 2008.VON SCHLIPPE, Arist; SCHWEITZER, Jochen: Lehrbuch <strong>der</strong> systemischen Therapieund Beratung, Gött<strong>in</strong>gen (Vandenhoeck und Ruprecht) 1998.ZWERNEMANN, Paula: Praxisbuch Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong>wesen wir gehen geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> dieZukunft, Düsseldorf (PAN Pflege- und Adoptivfamilien NRW e.V.) 2009.Seite 10 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


Anlage 1Hand-Out für angehende Pflegeeltern zum Thema B<strong>in</strong>dung von Anke KaulenB<strong>in</strong>dungB<strong>in</strong>dung ist die Bezeichnung für e<strong>in</strong>e enge emotionale Beziehung zwischen Menschen.Sie ist e<strong>in</strong> elementares Grundbedürfnis e<strong>in</strong>es jeden Menschen, welches die Entwicklungüber die gesamte Lebensspanne prägt und begleitet.B<strong>in</strong>dungsverhaltenDas B<strong>in</strong>dungsverhalten besteht aus verschiedenen beobachtbaren Verhaltensweisen wieWe<strong>in</strong>en, Lächeln, Schreien, Festklammern, suchen <strong>der</strong> Bezugsperson o<strong>der</strong> nachfolgenusw.Sehr schnell bilden sich beim Säugl<strong>in</strong>g dann <strong>in</strong> Bezug auf verlässliche undkont<strong>in</strong>uierliche Personen sog. ver<strong>in</strong>nerlichte Erwartungen heran.Aus diesen Kontakten bilden sich schließlich B<strong>in</strong>dungsqualitäten, die lebenslang vonBedeutung s<strong>in</strong>d.Aktiviert wird das B<strong>in</strong>dungssystem <strong>in</strong> Stresssituationen, beispielsweise wenn das K<strong>in</strong>dängstlich, unsicher, misstrauisch, krank, müde, hungrig, e<strong>in</strong>sam, verlassen ist, wenn esSchmerz empf<strong>in</strong>det o<strong>der</strong> sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er fremden Umgebung bef<strong>in</strong>det.Das K<strong>in</strong>d versucht Nähe zur B<strong>in</strong>dungsperson herzustellen und das Gefühl vonSicherheit zu erlangen.Aus dieser Nähe und <strong>der</strong> vom K<strong>in</strong>d selbst bestimmten Distanz zum erforschen desdirekten Umfeldes entsteht die B<strong>in</strong>dungssicherheit.Phasen <strong>der</strong> B<strong>in</strong>dungsbeziehung• nach <strong>der</strong> Geburt ist <strong>der</strong> Säugl<strong>in</strong>g offen für verschiedene Bezugspersonen• bis zum 6. Monat hat er se<strong>in</strong>e wichtigsten Bezugspersonen e<strong>in</strong>deutig erkennengelernt• am Ende des 1. Lebensjahres hat das K<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dungsbeziehungenentwickelt. Es sucht von sich aus die Nähe zur B<strong>in</strong>dungsperson und lässt sich beiBelastungen nur von dieser trösten• Bis zum 3. Lebensjahr entwickelt sich e<strong>in</strong>e Partnerschaft, bei <strong>der</strong> beide Beteiligtedie Erwartungen des an<strong>der</strong>en bei den eigenen Plänen berücksichtigenB<strong>in</strong>dungstypenMary A<strong>in</strong>sworth und ihre Kollegen entwickelten Ende <strong>der</strong> 1960er Jahre mit <strong>der</strong> sog.„Fremden Situation“ e<strong>in</strong> Sett<strong>in</strong>g zur Erforschung k<strong>in</strong>dlicher B<strong>in</strong>dungsmuster.Hierbei f<strong>in</strong>den 12 bis 18 Monate alte K<strong>in</strong><strong>der</strong> die typischen Gegebenheiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erannähernd natürlichen B<strong>in</strong>dungssituation vor: Bezugsperson verlässt kurzfristig denRaum, Stressituation Trennung und Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung.Seite 11 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


Dadurch können Unterschiede im B<strong>in</strong>dungs- und Spielverhalten beobachtet werden,wobei sich verschiedene B<strong>in</strong>dungstypen zeigen.B<strong>in</strong>dungstypen Abkürzung BeschreibungVerhalten <strong>in</strong> <strong>der</strong>TestsituationSichere B<strong>in</strong>dungB-TypDiese K<strong>in</strong><strong>der</strong> haltene<strong>in</strong>e angemesseneBalance zwischenNähe zurBezugsperson undexplorativemVerhalten.- Sie s<strong>in</strong>d irritiert, wenn dieBezugsperson den Raumverlässt;- beruhigen sich aber schnellwie<strong>der</strong>;- Spielen im Raum auch mit<strong>der</strong> Tester<strong>in</strong>;- begrüßen die Bezugspersonbei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kehr und s<strong>in</strong>dleicht zu beruhigen.UnsichervermeidendeB<strong>in</strong>dungA-TypDiese K<strong>in</strong><strong>der</strong> zeigene<strong>in</strong>ePseudounabhängigkeitvon <strong>der</strong> Bezugsperson.Sie wirken aufAußenstehende eherunauffällig. Dennochleiden sie heftigerunter <strong>der</strong> Trennungvon <strong>der</strong> Bezugspersonals sicher gebundeneK<strong>in</strong><strong>der</strong>.- Sie wirken bei <strong>der</strong> Trennungmit <strong>der</strong> Bezugspersonunbee<strong>in</strong>druckt;- sie spielen eher mit <strong>der</strong>Tester<strong>in</strong> als mit <strong>der</strong>Bezugsperson;- bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kehr <strong>der</strong>Bezugsperson ignorieren siediese meist o<strong>der</strong> lehnen siedeutlich ab.UnsicherambivalenteB<strong>in</strong>dungC-TypDiese K<strong>in</strong><strong>der</strong> verhaltensich sehr anhänglich andie Bezugsperson.- wirken bei <strong>der</strong> Trennungdeutlich irritiert;- zeigen Kontaktsuche,Kontakthalten aber auchGefühlsausbrüche mitAnklammern aber auchVerweigerung bei <strong>der</strong>Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung mit <strong>der</strong>Bezugsperson;- dabei s<strong>in</strong>d sie nur schwer zuberuhigen.DesorganisierteB<strong>in</strong>dungD-TypDiese K<strong>in</strong><strong>der</strong> zeigenZeichen vonDesorientierung und<strong>der</strong> FluktuationverschiedenerB<strong>in</strong>dungsstrategien.- zeigen Komb<strong>in</strong>ationen ausverschiedenen B<strong>in</strong>dungstypenund bizarreVerhaltensweisen;- auch erstarren, im-Kreisdrehen,- das <strong>in</strong>tensive Suchen nachNähe bei ebenso starkerAblehnung <strong>der</strong> Nähe.Seite 12 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


B<strong>in</strong>dung und Interaktion im K<strong>in</strong>desalterSichere B<strong>in</strong>dung• gute Er<strong>in</strong>nerungsfähigkeit <strong>in</strong> Bezug auf die Beziehungen, Kontakte undAktivitäten mit den Eltern• ausgewogene Darstellung positiver und negativer Erfahrungen <strong>in</strong> Bezug auf dieEltern• Wertschätzung <strong>der</strong> Beziehungen mit den Eltern• kognitive und affektive Aspekte <strong>in</strong> Bezug auf die Beziehungen mit den Elternwerden <strong>in</strong>tegriert(Stichwort: Gute Zeiten – schlechte Zeiten)• Beschreibung <strong>der</strong> Kontakte mit den Eltern ist zusammenhängendUnsicher-ambivalente B<strong>in</strong>dung• Berichterstattung zu Beziehungen, Kontakten und Aktivitäten mit den Eltern iste<strong>in</strong>e unausgewogene Darstellung• Es überwiegen affektive Aspekte von Wut, Ärger, Hilflosigkeit o<strong>der</strong> Ratlosigkeit• Das Denken ist durch Passivität gekennzeichnetUnsicher-vermeidende B<strong>in</strong>dung• Berichterstattung zu Beziehungen, Kontakten und Aktivitäten mit den Eltern istgeprägt durch e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Er<strong>in</strong>nerungsfähigkeit• Idealisierungen <strong>der</strong> Eltern tauchen auf• Gleichzeitig kommt es zu Abwertungen von Beziehungspersonen undBeziehungen überhaupt• kognitive Aspekte überwiegenDesorganisierte B<strong>in</strong>dung• Berichterstattung zu Beziehungen, Kontakten und Aktivitäten mit den Eltern istgeprägt durch e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ges Sprachvermögen. Die Sprache wirkt z.T. zerfallen(z.B. stottern, abgehackt sprechen, nach Worten r<strong>in</strong>gen)• magisches Denken• poetischer Sprachgebrauch (z.B. altklug, theoretisieren)• extrem unausgewogene Darstellung bei <strong>der</strong> Beurteilung von BeziehungenSeite 13 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


B<strong>in</strong>dungsstörungenGrundlegend bei allen B<strong>in</strong>dungsstörungen ist, dass frühe Bedürfnisse des K<strong>in</strong>des nachNähe und Schutz <strong>in</strong> Bedrohungssituationen und bei ängstlicher Aktivierung <strong>der</strong>B<strong>in</strong>dungsbedürfnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em erheblichen Ausmaß- nicht adäquat,- unzureichend o<strong>der</strong>- wi<strong>der</strong>sprüchlichbeantwortet wurden.Dies kann entstehen bei:• vielfältigen abrupten Trennungserfahrungen des K<strong>in</strong>des durch Wechsel <strong>der</strong>Betreuungssysteme und <strong>der</strong>en Bezugspersonen• bei erheblicher chronischer sozialer Belastung• bei psychisch kranken Eltern• bei sonstiger Überfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> ElternBei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n mit e<strong>in</strong>er B<strong>in</strong>dungsstörung s<strong>in</strong>d ganz erhebliche Verän<strong>der</strong>ungen imVerhalten mit den verschiedensten Beziehungspersonen zu beobachten.Dieses Verhalten zeigt sich als stabiles Muster über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum (m<strong>in</strong>d. 6Mon.).Ke<strong>in</strong> Anzeichen von B<strong>in</strong>dungsverhalten• ke<strong>in</strong> zuwenden auch bei offensichtlicher Bedrohung• ke<strong>in</strong>e Bezugsperson als Ort <strong>der</strong> Sicherheit• <strong>in</strong> Trennungssituationen ke<strong>in</strong> Protest• selten prosoziales Verhalten• Extrem vermeidendes B<strong>in</strong>dungsverhalten• K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit vielfältigen Beziehungsabbrüchen und Beziehungswechsel• Abgrenzung zu Autistischen Verhalten (Körperkontakt, stereotypeVerhaltensweisen, Sprachentwicklung)Undifferenziertes B<strong>in</strong>dungsverhalten• Freundlich zu allen Bezugspersonen• Ke<strong>in</strong> Unterschied zwischen fremden und bekannten Personen, auch <strong>in</strong>Trostsituationen• K<strong>in</strong>d lässt sich nur begrenzt beruhigen• Variante Unfall-Risiko-Typ: häufige Unfälle mit Selbstgefährdung undSelbstverletzung. Getriebenes, ausgeprägtes Risikoverhalten. Das K<strong>in</strong>d vergissto<strong>der</strong> unterlässt es, sich bei ihrer Bezugsperson <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gefährlichen Situationrückzuversichern. Es ist ke<strong>in</strong> Lernprozeß festzustellen.• K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit vielfältigen Beziehungsabbrüchen und Beziehungswechsel,vernachlässigte K<strong>in</strong><strong>der</strong>Übersteigertes B<strong>in</strong>dungsverhalten• Exzessives Klammern• Auf fremde Umgebung / Situationen /Personen reagieren sie (im Vergleich zumAuslöser) extrem überängstlichSeite 14 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


• Spiel o<strong>der</strong> Neugier wird aufgegeben• Selbst auf dem Arm wirken sie noch ängstlich angespannt und misstrauisch• In Trennungssituationen reagieren sie übermäßig emotional gestresst, we<strong>in</strong>en,Toben, Panik und untröstlich• Bezugsperson weiß um die Reaktionen und vermeidet diese• K<strong>in</strong><strong>der</strong> stellen für die B<strong>in</strong>dungsperson e<strong>in</strong>e emotionale sichere Basis dar(Angststörungen)Gehemmtes B<strong>in</strong>dungsverhalten• Bei Trennung ger<strong>in</strong>ger o<strong>der</strong> gar ke<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>stand• Übermäßige Anpassung• Auffor<strong>der</strong>ungen werden ohne Protest erfüllt• Bei Abwesenheit <strong>der</strong> Bezugsperson können bei fremden Personen Gefühle freierund offener gezeigt werden• B<strong>in</strong>dungswünsche werden vorsichtig und zurückhaltend geäußert, Wunsch nachSchutz und Geborgenheit – Angst vor Gewalt• K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit Erfahrungen fortdauern<strong>der</strong> körperlicher Gewalt o<strong>der</strong>GewaltandrohungAggressives B<strong>in</strong>dungsverhalten• B<strong>in</strong>dungsbeziehung wird durch körperliche und/o<strong>der</strong> verbale / non-verbaleAggression gestaltet• Das Beziehungsangebot wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel abgelehnt, aufgrund e<strong>in</strong>er erwartendenZurückweisung• Die Aggression drückt den Wunsch nach Nähe aus, <strong>der</strong> B<strong>in</strong>dungswunsch bleibtoft unerkannt• Familienklima durch aggr. Verhaltensweisen unter den Mitglie<strong>der</strong>n geprägt. Dieaggressive Spannung wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel, seitens <strong>der</strong> Familie nichtwahrgenommen o<strong>der</strong> nach außen verleugnet• „Störenfriede“ im K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten o<strong>der</strong> SchulklassenB<strong>in</strong>dungsverhalten mit Rollenumkehrung• „Parentifizierung“: Rollenumkehr zwischen <strong>der</strong> Bezugsperson und dem K<strong>in</strong>d• das K<strong>in</strong>d ist überfürsorglich zu se<strong>in</strong>er B<strong>in</strong>dungsperson und übernimmt für diesedie Verantwortung mit Kontrolle• Verhalten zeigt sich <strong>in</strong> vertrauter und unbekannter Umgebung• Verhalten orientiert sich nach den Signalen <strong>der</strong> Bezugsperson, bleibt immer <strong>in</strong><strong>der</strong> Nähe• Eigenes Entdecken <strong>der</strong> Umwelt ist zweitrangig und e<strong>in</strong>geschränkt• Angst vor realem Verlust <strong>der</strong> B<strong>in</strong>dungspersonSeite 15 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


Anlage 2** Bild 1 **„Wappenformen“Seite 16 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870


Anke Kaulen<strong>Familienwappen</strong> -<strong>E<strong>in</strong>e</strong> Identitätsstärkende <strong>Methode</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitmit angehenden PflegeelternZusammenfassungDie Autor<strong>in</strong> stellt die <strong>Methode</strong> des <strong>Familienwappen</strong>s im Rahmen e<strong>in</strong>esVorbereitungskurses für angehende Pflegeeltern vor. Der Beitrag zeigt, wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emGruppenkontext die <strong>Methode</strong> angewendet werden kann. Ressourcenbildende Übungenzu B<strong>in</strong>dung, Kont<strong>in</strong>genz und E<strong>in</strong>zigartigkeit werden vorgestellt. Das <strong>Familienwappen</strong>bietet Pflegeeltern für ihre anstehenden Aufgaben und Herausfor<strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>Er<strong>in</strong>nerungssymbol sowohl ihrer Identität, als auch ihrer Ressourcen.Biographische NotizAnke Kaulen; EschweilerDiplom Sozialpädagog<strong>in</strong>, Sozialtherapeut<strong>in</strong>, Systemische Berater<strong>in</strong> und Councelorgrad. BVPPT Fachrichtung Supervision; Mitarbeiter<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es ambulanten Fachdienstesim Bereich <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>-, Jugend- und Familienhilfe; Mitarbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Elternschule;Lehrtätigkeit an <strong>der</strong> Katholischen Hochschule Nordrhe<strong>in</strong>-WestfalenLehrcounsel<strong>in</strong>gLehrtra<strong>in</strong>er <strong>der</strong> WeiterbildungHe<strong>in</strong>z Son<strong>der</strong>mann; HerzogenrathMonika Kösters; DüsseldorfDagmar Lumma; EschweilerDieter Dicke; BonnSeite 17 <strong>IHP</strong> Manuskript 1117 G ISSN 0721 7870

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!