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4<br />
4.1 Die KJM im System der<br />
»regulierten Selbstregulierung«<br />
Internet, Handy und Computerspiele sind aus<br />
dem Leben vieler Kinder und Jugendlicher nicht<br />
mehr wegzudenken. Sie bilden eine wichtige<br />
Größe im Prozess der Identitätsentwicklung, in<br />
ihrer Lebens- und Erfahrungswelt. Dabei werden<br />
die jugendschutzrelevanten Themen, mit denen<br />
sich die Kommission für Jugendmedien schutz<br />
(KJM) auseinandersetzen muss, angesichts der<br />
zunehmenden Konvergenz der Me dien immer<br />
vielfältiger. Abzuwägen zwischen der Kunst- und<br />
Informationsfreiheit auf der einen Seite und<br />
dem Schutz von Kindern und Jugendlichen auf<br />
der anderen Seite ist die Herausforderung an<br />
die KJM.<br />
J U G E N D S C H U T Z I N R U N D F U N K<br />
U N D I N T E R N E T<br />
Ob Fotohandy, Spielkonsole oder das<br />
gute alte Fernsehen: Mattscheiben und Moni-<br />
tore buhlen um unsere Aufmerksamkeit. Die<br />
Faszi nation ist verständlich: Wir kommunizie-<br />
ren, spielen und lernen mit den Bilderwelten.<br />
Abb.<br />
9<br />
Gewaltdarstellungen<br />
➔ Genretypische Darstellung von Gewalthandlungen<br />
➔ Realitätsnähe des Genres<br />
➔ Grundstimmung der Sendung<br />
➔ Ausprägung der Gewaltaktionen<br />
➔ Spannungspotenzial der Sendung<br />
➔ Kontext der Gewaltausübung: Identifikationsangebote<br />
durch Gewalt ausübende Figuren<br />
➔ Filmtechnische Gestaltung<br />
Für Kinder und Jugendliche wächst aber auch<br />
die Gefahr negativer Medienerfahrungen. Ziel<br />
des Jugendmedienschutzes ist es, Einfl üsse der<br />
Erwach senenwelt, die dem Entwicklungsstand<br />
von Kindern und Jugendlichen noch nicht ent-<br />
sprechen, möglichst gering zu halten und min-<br />
derjährige Mediennutzer bei ihrer Persönlich-<br />
keitsentwicklung zu unterstützen. Es ist Aufga-<br />
be des Jugendmedienschutzes, Medieninhalte<br />
aufgrund ihres Gefährdungspotenzials zu be-<br />
urteilen und deren öffentliche Verbreitung zu re-<br />
geln. Auf der Basis gesetzlicher Regeln und re-<br />
levanter Forschungserkenntnisse prüft die KJM<br />
Medieninhalte auf die Einhaltung gesellschaft-<br />
licher Werte und Normen.<br />
Umgesetzt wird der Jugendmedienschutz<br />
nach dem System der »regulierten Selbstregulie-<br />
rung«. Das bedeutet, dass sich Aufsicht und An-<br />
bieter gemeinsam für den Schutz von Kindern<br />
und Jugendlichen einsetzen. Die KJM wacht als<br />
zentrales Aufsichtsorgan über die Einhal tung<br />
der gesetzlichen Bestimmungen zum Jugend-<br />
Beurteilungskriterien für Entwicklungsbeeinträchtigung<br />
im Rundfunk<br />
Sexualdarstellungen<br />
➔ Sexualdarstellungen, die nicht dem Entwicklungsstand<br />
von Kindern und Jugendlichen entsprechen<br />
wie außergewöhnliche Sexualpraktiken<br />
➔ Stereotype Geschlechterrollen mit diskriminierenden<br />
Verhaltensmustern<br />
➔ Verknüpfung von Sexualität und Gewalt, insbesondere,<br />
wenn Kinder oder Jugendliche betroffen sind<br />
➔ Verharmlosung oder Idealisierung von Prostitution<br />
Quelle: Kriterienkatalog der KJM für die Aufsicht im Rundfunk und in den Telemedien<br />
schutz im privaten Rundfunk und in Telemedi-<br />
en; die Landesmedienanstalten beobachten die<br />
Angebote und setzen die Maßnahmen um. Die<br />
KJM arbeitet dabei eng mit der Bundesprüfstel-<br />
le für jugendgefährdende Medien (BPjM) zusam-<br />
men; das Länderorgan jugendschutz.net ist or-<br />
ganisatorisch an die KJM angebunden. Mit der<br />
Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und<br />
den obersten Landesjugendbehörden fi ndet ein<br />
regelmäßiger Austausch statt.<br />
4.2 Problemfelder im Rundfunk<br />
Ob gewalthaltige Spielfi lme, Erotikthemen am<br />
Nachmittag oder der Start eines neuen Extrem-<br />
formats – die Landesmedienanstalten erreichten<br />
eine Vielzahl von Beschwerden über das Pro-<br />
grammangebot deutscher Fernsehanbieter. Um<br />
den Beschwerden nachzugehen, sichtet und<br />
bewertet die für die Aufsicht des betreffenden<br />
Fernsehanbieters zuständige Landesmedien-<br />
anstalt das Angebot. Besteht ein Verdacht auf<br />
einen Jugendschutzverstoß, legt die Landes-<br />
medienanstalt den Fall der KJM vor, die eine<br />
abschließende Prüfung und Entscheidung über<br />
den Verstoß und die zu treffenden Maßnah-<br />
men trifft. Daneben führt die KJM-Stabsstelle<br />
auch eine stichprobenweise Programmbeob-<br />
achtung durch, um bei aktuellen Fällen, die in<br />
der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert werden,<br />
schnell handeln zu können.<br />
DSDS: Entwicklungsbeeinträchtigende<br />
Auftritte ■ Ein Fernsehformat, das seit Jahren<br />
regelmäßig nicht nur in der KJM, sondern auch<br />
in der Öffentlichkeit für Aufregung sorgt, ist das<br />
Format »Deutschland sucht den Superstar« (DS-<br />
DS). Die KJM hat im Februar <strong>2008</strong> ein Bußgeld<br />
in Höhe von 100.000 Euro gegen RTL verhängt,<br />
wegen wiederholter Jugendschutzverstöße in<br />
den Castingsendungen von DSDS. »Beleidi-<br />
gende Äußerungen und antisoziales Verhalten<br />
werden in dem TV-Format als Normalität darge-<br />
stellt. So werden Verhaltensmodelle vorgeführt,<br />
die Erziehungszielen wie Toleranz und Respekt<br />
widersprechen. Das kann vor allem auf Kin-<br />
der unter zwölf Jahren desorientierend wirken«,<br />
begrün dete der KJM-Vorsitzende Prof. Dr. Wolf-<br />
Dieter Ring die Sanktionen.<br />
Die KJM kritisierte insbesondere auch die<br />
redaktionelle Gestaltung der Castingauftritte<br />
durch RTL, die die Kandidaten durch Einblen-<br />
dungen von Untertiteln und Animationen ge-<br />
zielt lächerlich machte und sie damit dem Spott<br />
eines Millionenpublikums aussetzte. Hinzu kam,<br />
dass die entsprechenden Szenen nicht nur im<br />
Fernsehen ausgestrahlt wurden, sondern auch<br />
als Clips über mehrere Internetplattformen ver-<br />
breitet wurden. Die KJM forderte RTL mehrfach<br />
auf, sich dafür einzusetzen, entsprechende Clips<br />
aus den Internetportalen zu entfernen. Der Fall<br />
zeigt, dass sich die Verantwortung der TV-An-<br />
bieter im Jugendschutz aufgrund der fortschrei-<br />
tenden Konvergenz der Medien nicht mehr nur<br />
auf im Fernsehen, sondern auch auf im Internet<br />
oder über mobile Medien ausgestrahlte Inhalte<br />
erstrecken muss.<br />
4.3 Problemfelder bei Telemedien<br />
Der Begriff Telemedien fasst die zum Teil<br />
schwierig abgrenzbaren Teledienste und Medi-<br />
endienste zusammen. Als Oberbegriff für elek-<br />
tronische Informations- und Kommunikations-<br />
dienste wurde er erstmals im JMStV gebraucht.<br />
Neben einer Reihe von Internetdiensten wer-<br />
4 6 ALM <strong>Jahrbuch</strong> <strong>2008</strong> ALM <strong>Jahrbuch</strong> <strong>2008</strong> 47<br />
M E D I E N P O L I T I K U N D R E G U L I E R U N G J U G E N D S C H U T Z